UHH – FB Sozialökonomie – Wulf D. Hund – Politische Soziologie 1

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UHH – FB Sozialökonomie – Wulf D. Hund – Politische Soziologie 1 – SoSe 2011 – Federalist 1
Sicherung der Klassenherrschaft:
The Federalist
The Federalist, Sammlung von 85 Beiträgen, die Alexander Hamilton, James Madison und John Jay
1787/88 für die New Yorker Zeitungen ›The Independent Journal‹, ›The New York Packet‹ und ›The
Daily Advertizer‹ schreiben; gezeichnet mit dem gemeinsamen Pseudonym Publius.
Alexander Hamilton, geb. am 11. 1. 1757 auf Nevis (Antillen) in einer Kaufmannsfamilie;
wissenschaftliche Ausbildung in Boston und New York; 1775 Eintritt in die Armee, ab 1777 Adjudant
und Privatsekretär Washingtons; nach dem Krieg Arbeit als Rechtsanwalt; 1786 Mitglied der
verfassunggebenden Versammlung; 1787/88: ›The Federalist‹; 1789 Finanzminister der Regierung
Washington; 1798 Generalinspektor der Armee; gest. am 11. 1. 1804 an den Folgen eines Duells.
James Madison, geb. am 15. 3. 1751 in Port Conway in einer wohlhabenden Grundbesitzerfamilie; ab
1769 Studium; 1776 Mitglied des Konvents von Virginia; 1780 Mitglied des Kontinentalkongresses;
1786 Mitglied der verfassunggebenden Versammlung; 1787/88:
›The Federalist‹; 1789 Mitglied des Kongresses; geht politisch zur Opposition über; 1801
Staatssekretär der Regierung Jefferson; 1809-1817 Präsident der USA; 1826 Rektor der Universität
von Virginia; gest. am 28. 6. 1836.
John Jay, geb. am 12. 12. 1745 in einer wohlhabenden New Yorker Kaufmannsfamilie; nach Schule
und Studium Rechtsanwalt; Mitglied des 1. u. 2. Kontinentalkongresses; 1776 Oberster Richter von
New York; 1779/84 Gesandter in Madrid und Paris; 1784 Staatssekretär für auswärtige
Angelegenheiten; 1787/88: ›The Federalist‹; 1789 Oberster Richter der USA; 1795-1800 Gouverneur
von New York; Rückzug aus dem politischen Leben; gest. am 17. 5. 1829.
Literatur:
[F] Der Föderalist. Hrsg. v. F. Ermacora. Wien 1958.
The Federalist Papers. Hrsg. v. I. Kramnick. London 1987 1951.
Die Federalist-Artikel. Politische Theorie und Verfassungskommentar der amerikanischen
Gründerväter. Alexander Hamilton, James Madison, John Jay. Hrsg. v. Angela Adams. Paderborn
1994.
D. F. Epstein: The Political Theory of ›The Federalist‹. Chicago 1984.
J. Gebhardt: ›The Federalist‹. In: Klassiker des politischen Denkens. Hrsg. v. H. Maier, H. Rausch, H.
Denzer. Bd. II. München 1968, S. 75-103.
K. v. Oppen-Rundstedt: Die Interpretation der amerikanischen Verfassung im Federalist. Bonn 1970.
D. Amrose (Hrsg.): The Many Faces of Alexander Hamilton. The Life & Legacy of America’s Most Exclusive Founding Father. New York 2006.
S. Kernell (Hrsg.): James Madison. The Theory and Practice of Republican Government. Stanford
2003.
W. Stahr: John Jay. Founding Father. New York 2006.
Der Federalist geht von der Notwendigkeit der Regierung aus. Sie entspringe dem
menschlichen Bedürfnis nach Sicherheit:
[1]
»Es ist unbestritten, daß ein Volk eine Regierung braucht, und ebenso wenig kann
geleugnet werden, daß das Volk, wo immer und in welcher Weise es eine Regierung
einsetzt, auf einen Teil seiner natürlichen Rechte verzichten muß, um sie mit den
erforderlichen Machtbefugnissen auszustatten« (F 37).
»Unter den vielen Gegenständen, denen ein verständiges und freies Volk seine
Aufmerksamkeit zuwendet, scheint die Sorge um seine Sicherheit einer der
wichtigsten zu sein« (F 41).
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Sicherheit muß zunächst gegen äußere Bedrohung gewährleistet werden. Dafür
bedarf es aus ökonomischen Gründen auch für Friedenszeiten einer starken
Regierung:
[2]
»So beschämend es auch für die menschliche Natur sein mag, ist es doch nur allzu
wahr, daß die Völker im allgemeinen geneigt sind, Kriege zu beginnen, wenn sie
Aussicht haben, irgend etwas dadurch zu gewinnen ...
Wir machen Frankreich und Großbritannien auf dem Gebiet der Fischerei
Konkurrenz ... Mit den oben genannten und anderen europäischen Ländern
rivalisieren wir in bezug auf die Frachtschiffahrt... Unser Handel mit China und Indien
stört so manche Nation ... Auf der einen Seite hält Spanien es für angebracht, uns
den Mississippi zu verschließen, auf der anderen verwehrt uns England die
Benützung des St. Lawrence-Stromes ... Das Volk von Amerika ist sich bewußt, daß
sowohl aus diesen Umständen wie auch aus anderen, die gegenwärtig nicht so klar
zutage treten, Anlässe zu Kriegen entstehen können« (F 45 f.).
»Unter einer starken nationalen Regierung könnte dieses Land ... alle Pläne
vereiteln, mit denen die Eifersucht der europäischen Mächte unsere Entwicklung zu
verhindern trachtet ... Aktiver Handel, Schiffahrt auf allen Meeren und eine
imponierende Flotte müßten sich dann theoretisch und praktisch ergeben ... Sind wir
jedoch nicht geeint, so werden ... (w)ir ... gezwungen sein, uns mit dem
Erzeugerpreis für unsere Produkte zu begnügen und zuzuschauen, wie unsere
Feinde und Verfolger den Profit aus unserem Handel einstecken« (F 82).
Von nicht minderer Wichtigkeit ist die innere Sicherheit. Um sie zu erreichen, muß die
Spaltung der Gesellschaft in Interessengruppen berücksichtigt werden. Das ist
befriedigend nur in der repräsentativen Republik, nicht jedoch in der reinen
Demokratie möglich:
[3 -a-]
»Eine starke Union ist für Frieden und Freiheit der Staaten von größter Wichtigkeit
als Schutz gegen innere Spaltung und gegen Aufruhr« (F 67).
»Unter den zahlreichen Vorteilen, die von einer richtig aufgebauten Republik
erwartet werden können, verdient keiner eingehender untersucht zu werden als die
Fähigkeit, Kämpfe zwischen Gruppen, die eigennützige Interessen verfolgen,
abzuschwächen und unter Kontrolle zu halten...
Aus dem Schutz verschiedener und ungleicher Fähigkeiten zum Erwerb von
Eigentum ergibt sich unmittelbar der Besitz von Eigentum verschiedener Art und
verschiedenen Ausmaßes, und aus seinem Einfluß auf die Gefühle und Meinungen
der Besitzer folgt eine Spaltung der Gesellschaft in verschiedene Interessengruppen
und Parteien ...
(D)ie Hauptquelle aller Spaltungen bildete stets die ungleiche Verteilung des
Eigentums. Die Besitzenden und die Besitzlosen haben seit jeher zwei verschiedene
Interessengruppen gebildet ... Die Grundbesitzer, die Fabrikanten, die Kaufleute, die
Finanzwelt und andere kleinere Kreise bilden in einer zivilisierten Nation
notwendigerweise verschiedene Interessengruppen und spalten die Nation in
verschiedene Klassen mit verschiedenen Gefühlen und Meinungen. Diese
verschiedenen einander widersprechenden Interessen miteinander in Einklang zu
bringen, ist die Hauptaufgabe der modernen Gesetzgebung. Parteigeist und
Spaltung in Interessengruppen haben also ihren Platz im normalen Ablauf der
Regierungstätigkeit« (F 72 ff.).
2
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[3 -b-]
»Von diesem Standpunkt aus kann gefolgert werden, daß in einer reinen
Demokratie, ...deren Mitglieder sich versammeln und selbst die Regierung ausüben,
kein Heilmittel für das Übel der selbstsüchtigen Interessengruppen gefunden werden
kann. In fast allen Fällen wird die Mehrheit eine gemeinsame Leidenschaft oder ein
gemeinsames Interesse haben..., und es gibt nichts, was den Trieb, die schwächere
Partei ... den eigenen Interessen aufzuopfern, einschränken könnte... Politische
Theoretiker, die diese Art der Regierung befürworteten, waren der irrigen Meinung,
daß die Menschen, wenn man ihnen gleiche politische Rechte gibt, auch in bezug
auf ihre Eigentumsverhältnisse, ihre Meinungen und ihre Leidenschaften völlig gleich
gemacht werden könnten ...
[3 -c-]
Eine Republik, worunter ich eine Regierung verstehe, in der die Idee der Vertretung
des Volkes verwirklicht ist, eröffnet bessere Aussichten ... Die beiden großen
Unterschiede zwischen einer Demokratie und einer Republik sind folgende: Erstens
ist in der Republik die Regierung einer kleinen Zahl von Bürgern anvertraut, die von
den übrigen Bürgern gewählt werden. Zweitens kann die Staatsform der Republik auf
eine größere Anzahl von Bürgern und auf ein größeres Territorium ausgedehnt
werden.
Die Auswirkung des ersten Unterschiedes besteht ... darin, daß die öffentliche
Meinung geläutert und erweitert wird, indem sie den Filter einer ausgewählten
Gruppe von Staatsbürgern passiert, deren Einsicht die Gewähr bietet, daß sie die
wahren Interessen ihres Landes erkennen ... Auf diese Weise kann es geschehen,
daß die Stimme des Volkes dort, wo sie aus dem Munde der Volksvertreter spricht,
eher dem Wohl der Allgemeinheit dient als dort, wo das Volk selbst zusammentritt,
um seinen Willen kundzutun ...
Der zweite Unterschied besteht darin, daß eine republikanische Regierung auf
eine größere Zahl von Bürgern ... ausgedehnt werden kann als eine demokratische
... Erweitert man jedoch den Bereich, so umfaßt er eine größere Vielfalt von Parteien
und Interessengruppen ... Selbst wenn es korrupten Führern gelänge, in einem Staat
einen Aufruhr zu entfachen, wird derselbe kaum auf alle übrigen Staaten übergreifen
... Auch Forderungen ... nach gleichmäßiger Aufteilung des Besitzes oder irgend
welche andere unsinnige oder schädliche Ideen können, sollten sie auch in dem
einen oder andern Staat Macht erlangen, schwerlich die gesamte Union erfassen« (F
76 ff.).
Den Einwand, im repräsentativen System könnten nicht alle Interessen vertreten
werden, läßt der Federalist nicht gelten:
[4]
»Der Gedanke, daß tatsächlich alle Bevölkerungsklassen ... im Repräsentantenhaus
vertreten sein sollten, ist völlig phantastisch ... Handwerker und Gewerbetreibende
werden, mit wenigen Ausnahmen, stets eher geneigt sein, ihre Stimmen den
Kaufleuten zu geben statt Angehörigen ihres eigenen Berufes. Diese urteilsfähigen
Bürger sind sich wohl bewußt, ...daß der Händler ihr naturgegebener Freund und
Beschützer ist; und ... daß ihre Interessen ... durch den Kaufmann besser vertreten
werden können als durch sie selbst. Sie haben ein Gefühl dafür, daß ihre
Lebensweise sie nicht instand setzt, jene auf Erfahrung beruhenden Fähigkeiten zu
erwerben, ohne die in einer beratenden Versammlung die besten natürlichen
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Anlagen meist wertlos sind ... Was die geistigen Berufe anbelangt, so... werden (sc.
sie) einander ... gegenseitig vertrauen ... Bleiben noch die Grundbesitzer, und diese
halte ich in politischer Hinsicht ... für völlig miteinander einig vom reichsten
Gutsbesitzer bis hinunter zum ärmsten Pächter...
Es heißt, daß alle Bevölkerungsschichten ihre Vertreter in der gesetzgebenden
Körperschaft haben müßten ... Aber wir haben gesehen, daß dies unter keinem
System, das dem Volk die Freiheit der Wahl läßt, geschehen würde, denn wo das
Volk frei wählen kann, wird die Volksvertretung ... mit... wenigen Ausnahmen..,. aus
Grundbesitzern, Kaufleuten und Vertretern der geistigen Berufe zusammengesetzt
sein« (F 197 f.).
Dadurch ist eine weitere positive Seite des repräsentativen Systems gesichert:
»Das Volk weiß aus Erfahrung, daß es manchmal irrt; und es ist nur zu verwundern,
daß es so selten irrt. Ist es doch dauernd den Lockungen der Schmeichler und
Speichellecker, der Verführung durch die Ehrgeizigen, die Habgierigen und die
politischen Desperados ... ausgesetzt ... Wenn der Fall eintritt, daß die Wünsche des
Volkes seinen Interessen widersprechen, so sind die Männer, die es zu den Hütern
seiner Interessen ernannt hat, verpflichtet, der vorübergehenden Verblendung
Widerstand entgegenzusetzen, um dem Volk Zeit und Gelegenheit zu ruhiger und
kühler Überlegung zu geben“ (F 398).
Was den Aufbau der Regierung betrifft, so muß er vom Prinzip der Gewaltenteilung
ausgehen:
[5 -a-]
»(D)ie wichtigste Sicherung gegen die allmähliche Konzentration der verschiedenen
Gewalten in einem Zweig besteht darin, dafür zu sorgen, daß die Männer, welche die
einzelnen Zweige verwalten, die notwendigen verfasssungsmäßigen Mittel besitzen
und ein persönliches Interesse daran haben, sich den Übergriffen der andern Zweige
zu widersetzen ... Ehrgeiz muß durch Ehrgeiz unschädlich gemacht werden ... Die
Methode, das Fehlen edlerer Motive durch die Förderung rivalisierender Interessen
auszugleichen, kann durch alle menschlichen Angelegenheiten, seien sie privater
oder öffentlicher Natur, verfolgt werden« (F 296f.).
Die Legislative soll aus zwei Kammern bestehen. Der sozialen Differenzierung des
Volkes muß dabei Rechnung getragen werden: nicht alle können wählen, aber
manche, die nicht wählen dürfen, müssen repräsentiert werden:
[5 -b-]
»Der erste Gesichtspunkt, unter dem man ... (sc. das Repräsentantenhaus) zu
betrachten hat, sind die für die Wähler und die zu Wählenden erforderlichen
Qualifikationen.
Die Qualifikationen der ersteren sind die gleichen, die für die Wähler des an Zahl
größten Zweiges der Legislative eines Einzelstaates gefordert werden«1 (F 300).
1
Der Wahlzensus in den unterschiedlichen Bestimmungen der Einzelstaaten qualifiziert zu Wählern
allein erwachsene männliche Weiße mit bestimmtem Einkommen, Steueraufkommen oder Besitz.
Besonders drastisch sind die Bestimmungen z.B. in New York: »In New York konnten Senatoren nur
durch freie Grundbesitzer, die über Einkommen im Werte von mindestens 100 Pfund verfügten,
gewählt werden. An der Wahl zum Unterhaus konnten nur freie Grundbesitzer, die Eigentum im Werte
von mindestens 20 Pfund besaßen, teilnehmen. Im Jahre 1790 gab es in New York City bei einer
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[5 -c-]
»Ein weiterer Aspekt, unter dem ich das Repräsentantenhaus ... betrachten möchte,
bezieht sich auf die Aufteilung seiner Mitglieder auf die verschiedenen Staaten, die
nach der gleichen Regel erfolgt wie die Festsetzung der direkten Steuern ...
Es wird kein Einwand dagegen erhoben, daß die Einwohnerzahl jedes Staates als
Bemessungsgrundlage für die Zahl der Männer dienen soll, die dessen Bevölkerung
zu vertreten haben…
Darf aus der Tatsache, daß die Zahl zum Maßstab für die Volksvertretung
gemacht werden soll …, gefolgert werden, daß Sklaven in die als Maßstab für die
Volksvertretung dienende Zahl aufgenommen werden sollen? Sklaven gelten nicht
als Personen, sondern als Besitz; sie sollten daher in die Steuerveranlagung, die auf
dem Besitz basiert, aufgenommen und bei der Verteilung der Abgeordnetensitze, die
sich nach der Bevölkerungszahl richtet, nicht berücksichtigt werden. So lautet … (ein)
Einwand …
›D(ie) Kompromißlösung besagt, daß die Sklaven als Einwohner zu betrachten
sind, die jedoch durch ihre Knechtschaft unter das Niveau der freien Einwohner
herabgedrückt wurden; so daß der Sklave um zwei Fünftel weniger zählt als der freie
Bürger.‹... So oder ähnlich mag die Argumentation lauten, die ein Anwalt der
Interessen der Südstaaten zu diesem Gegenstand vorbringen könnte; und ... (d)ie
mich im großen und ganzen völlig mit der von der Versammlung vorgeschlagenen
Verteilung der Abgeordnetensitze aussöhnt« (F 309 ff.).2
Bei der Erläuterung der Funktion des Senats wird der Sinn des Zwei-KammernSystems klar:
[5 -d-]
»Ein Übelstand, der mit der republikanischen Regierungsform verbunden ist...,
besteht darin, daß die die Regierung ausübenden Männer ihre Verpflichtung den
Wählern gegenüber vergessen ... können. Von diesem Gesichtspunkt aus muß sich
ein Senat als zweiter Zweig der gesetzgebenden Körperschaft ... als segensreiche
Kontrolle über die Regierung erweisen ...
Bevölkerung von 30 000 Menschen nur 1209 freie Grundbesitzer mit einem Eigentum von mehr als
100 Pfund und 1221 freie Grundbesitzer mit einem Eigentum von mindestens 20 Pfund« (zit. n. K.H.Röder (Hrsg.): Das politische System der USA. Berlin 1980, S. 50).
In einem Brief von 1776 schreibt John Adams an James Sullivan: »Glauben sie mir, Sir, es ist
gefährlich, einen so endlosen Streit zu beginnen, wie ihn die Änderung des Wahlrechts auslösen
würde. Er wird kein Ende nehmen. Frauen werden das Wahlrecht verlangen. Burschen von 12 bis 21
werden ihre Rechte nicht mehr für ausreichend geschützt halten. Und Männer, die nicht einen Pfennig
besitzen, werden bei allen Maßnahmen der Regierung gleiche Mitsprache verlangen. Der
Verwischung und Zerstörung aller Unterschiede würde Vorschub geleistet, und alle Rangunterschiede
würden eingeebnet« (zit. n. W. P. Adams (Hrsg.): Die amerikanische Revolution in
Augenzeugenberichten. München 1976, S. 319).
2 Artikel 1 Abschnitt 2 der Verfassung von 1787/88 formuliert als Regel für die Feststellung der
Bevölkerungszahl in den Einzelstaaten: »Diese wird dadurch ermittelt, daß man der Gesamtzahl der
freien Bürger, ...ausschließlich der ... Indianer, drei Fünftel aller anderen Personen hinzuzählt« (zit. n.
Anspruch und Wirklichkeit. Zweihundert Jahre Kampf um Demokratie in den USA. Hrsg. v. E. Brüning.
Berlin 1976, S. 37). In der Diskussion gab es noch andere Rechenvorschläge. Einer stammte von
James Madison und lautete: »instead of proportioning the votes of the states in both branches to their
respective numbers computing the slaves in the ration of five to three, they should be represented in
one branch according to the number of free inhabitants only; and in the other according to the whole
n(umber) counting the slaves as (if) free. By this arrangement the southern scale would have the advantage in one House, and the northern in the other« (zit. n. A. W. u. R. G. Blumrosen: Slave Nation.
Naperville 2005, S. 181).
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Die Notwendigkeit eines Senats ergibt sich auch aus der Tatsache, daß jede aus
einem einzigen Zweig bestehende Körperschaft mit zahlreichen Mitgliedern dazu
neigt, dem Antrieb plötzlich auftretender heftiger Leidenschaften zu erliegen ...
(E)in ... Senat (sc.könnte) hin und wieder auch von Nutzen sein ... ,um das Volk
gegen seine eigenen Irrtümer und Selbsttäuschungen zu schützen ... (E)s gibt
Augenblicke im staatlichen Leben, wo das Volk unter dem Einfluß irgend einer
ungezügelten Leidenschaft ... nach Maßnahmen verlangt, die es später selbst am
meisten bereut... Wie heilsam wird sich in solchen kritischen Momenten das
Eingreifen einer aus nüchternen und achtbaren Bürgern bestehenden Körperschaft
erweisen, die sich der Raserei in den Weg stellt und den Schlag aufhält, den das
Volk im Begriff steht, sich selbst zuzufügen, bis Vernunft, Gerechtigkeit und Wahrheit
wieder die Herrschaft über die öffentliche Meinung erlangt haben« (F 349 ff.).
Die Exekutive muß stark sein. Dies spricht für das Präsidialsystem:
[5 -e-]
»Eine energische Exekutive ist eines der Hauptmerkmale einer guten Regierung. Sie
ist wesentlich für den Schutz der Gemeinschaft gegen Angriffe von außen; sie ist
nicht minder wesentlich für die Stetigkeit in der Anwendung der Gesetze; für den
Schutz des Eigentums ... ; für die Sicherung der Freiheit gegen die Pläne und
Anschläge des Ehrgeizes, des Parteifanatismus und der Anarchie« (F 389).
Der Präsident soll gleichzeitig vom Volk und doch mit Sachverstand und in Ruhe
gewählt werden:
[5 -f-]
»Das wird dadurch erreicht, daß ... eine() Gruppe von Männern ... eigens zu diesem
Zweck ... vom Volke gewählt w(i)rd() ... Eine kleine Gruppe von Personen, die von
ihren Mitbürgern aus der großen Masse ausgewählt wurde, wird wahrscheinlich am
ehesten die Kenntnisse und das Unterscheidungsvermögen besitzen, die für so
komplizierte Untersuchungen nötig sind« (F 380).
Der richterlichen Gewalt kommt neben der Auslegung der Gesetze auch die Aufgabe
zu, das Volk gegebenenfalls gegen eine launische Mehrheit seiner Vertreter und
seiner selbst zu schützen:
[5 -g-]
»Die eigentliche Aufgabe der Gerichtshöfe besteht in der Auslegung der Gesetze.
Eine Verfassung ist ihrem Wesen nach ein grundlegendes Gesetz und muß von den
Richtern als solches angesehen werden. ... Die Verfassung muß über ein erlassenes
Gesetz gestellt werden, die Absicht des Volkes über die Absicht seiner Vertreter...,
(sc. so) daß die Richter dort, wo der Wille der Legislative, der sich in den von ihr
erlassenen Gesetzen kundgibt, mit dem Willen des Volkes, der in der Verfassung
niedergelegt ist, in Widerspruch geraten ist, die letztere zur Richtschnur nehmen
müssen ...
(J)enes Grundprinzip der republikanischen Regierung .... welches dem Volk das
Recht zugesteht, die bestehende Verfassung aufzuheben oder abzuändern, sobald
sie ihm mit seinem Wohl unvereinbar erscheint,'...darf... nicht dahin ausgelegt
werden, daß es gerechtfertigt wäre, wenn die Vertreter des Volkes die
Bestimmungen der bestehenden Verfassung verletzten, wann immer sich der
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Mehrheit der Wähler eine vorübergehende Laune bemächtigt, die sich mit diesen
Bestimmungen nicht verträgt« (F 430 ff.).
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