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Liebe Kommiliton(inn)en !
Da Jonas Kolb mir sein sehr übersichtliches, äußerst korrekt geschriebenes Protokoll schon
heute am Samstag früh zugesandt hat, stelle ich es auch gleich - mit nur wenigen
Ergänzungen innerhalb des Textes – gleich rüber in die Homepage. Es folgt also das
14. Protokoll von JONAS KOLB :
Freie Universität Berlin
Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften
Otto-Suhr-Institut
PS* 15012 Federalist Papers
Dozent Univ. Prof. Dr. Dieter Löcherbach
14. Sitzung am 28. Januar 2003
Protokoll
TOP I : Referat über die amerikanische Verfassung mit Zusatzartikeln
1. Struktur und Aufbau der US-Verfassung
2. weitere Zusatzartikel
3. einzelne Aspekte der Verfassung
4. Vergleich der US-Verfassung mit dem Bonner Grundgesetz
5. anschließende Diskussion
TOP II: Referat über die politologische Ausschöpfung des Internets
TOP III: Fragen zu möglichen Hausarbeitsthemen
TOP I : Referat über die amerikanische Verfassung mit Zusatzartikeln
1. Struktur und Aufbau der US-Verfassung:
Zuerst wiesen die Referenten daraufhin, dass sie sich mehr als Diskussionsleiter sehen, denn
als bloße Redner, und sie versuchen werden, den Vortrag so zu gestalten, dass sich daraus
eine Gruppendiskussion entwickeln kann.
Der Vortrag startet mit der Präambel, die der US-Verfassung vorangestellt ist:
„Wir, das Volk der Vereinigten Staaten, von der Absicht geleitet, unsere Union zu
vervollkommnen, Gerechtigkeit zu verwirklichen, die Ruhe im Innern zu sichern, für die
Landesverteidigung zu sorgen, die allgemeine Wohlfahrt zu fördern und das Glück der
Freiheit uns selbst und unseren Nachkommen zu bewahren, verfügen und erlassen diese
Verfassung für die Vereinigten Staaten von Amerika.“
Die einleitenden Worte der Articles of Confederation begannen hingegen mit der Wendung: „
Wir, das Volk jedes einzelnen Staates …“
(DL: Hier der Originaltext der Präambel der ‚Articles’:
“ To all to whom these Presents shall come, we the undersigned Delegates of the States affixed to our Names send
greeting. Articles of Confederation and perpetual Union between the States of New Hampshire, Massachusetts bay, Rhode
Island and Providence Plantations, Connecticut, New York, New Jersey, Pennsylvania, Delaware, Maryland, Virginia, North
Carolina, South Carolina and Georgia. “ (Herhorhebung durch DL – heißt das ‚Volk jedes Staates’ ?)
In jener Einleitung werden Werte und Ziele sehr allgemein und wenig detailliert ausgedrückt.
Somit ist die Abgrenzung zu der Verfassung auf dem generellen und grundlegenden
Charakter der Präambel begründet.
Die einzelnen Artikel wurden kurz mit einigen Stichworten über deren Inhalte
wiedergegeben:
→ Artikel I ( mit 10 Abschnitten)
die legislative Gewalt: Kongress – Repräsentantenhaus und Senat
( Qualifikation der Abgeordneten, Wahlen, Verteilung der Sitze auf die Bundesstaaten,
Kompetenzen und Restriktionen )
→ Artikel II ( mit 4 Abschnitten)
die exekutive Gewalt: der Präsident
( Wahl, Kompetenzen und Pflichten des Präsidenten, Amtsenthebungsverfahren )
→ Artikel III ( mit 3 Abschnitten)
die judikative Gewalt: das Oberste Bundesgericht und die nachgeordneten Gerichte
( Ausdehnung der rechtssprechenden Gewalt, Hochverrat )
→ Artikel IV ( mit 4 Abschnitten)
Beziehung der Union zu den Bundesstaaten
( Souveränität der bundesstaatlichen Zuständigkeit in Rechtsfragen, rechtliche Beziehungen
der Staaten untereinander, die republikanische Form der Regierung wird den Staaten
garantiert )
→ Artikel V ( ein Abschnitt )
Möglichkeit und Bedingungen für Verfassungsänderungen durch Zusatzartikel
→ Artikel VI ( ein Abschnitt )
Verfassung und alle auf ihrer Grundlage erlassenen Gesetze der Vereinigten Staaten sind das
höchste Recht des Landes
→ Artikel VII ( ein Abschnitt )
Ratifizierungsanforderung, um diese Verfassung in Kraft zu setzen.
Weitergehend wurden noch die ersten zehn Zusatzartikel erläutert, die Bill of Rights, d.h. die
Bürgerrechtscharta der USA, die am 15.12. 1791 ratifiziert wurden.
Zusatzartikel 1 (1791)
Der Kongress darf kein Gesetz erlassen, das die Einführung einer Staatsreligion zum Gegenstand hat, die freie
Religionsausübung verbietet, die Rede- oder Pressefreiheit oder das Recht des Volkes einschränkt, sich friedlich
zu versammeln und die Regierung durch Petition um Abstellung von Missständen zu ersuchen.
Zusatzartikel 2 (1791)
Da eine gut ausgebildete Miliz für die Sicherheit eines freien Staates erforderlich ist, darf das Recht des Volkes,
Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden.
Zusatzartikel 3 (1791)
Kein Soldat darf in Friedenszeiten in ein Haus ohne Zustimmung des Eigentümers einquartiert werden und in
Kriegszeiten nur in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise.
Zusatzartikel 4 (1791)
Das Recht des Volkes auf Schutz der Person und der Wohnung, der Akten und des Eigentums vor willkürlicher
Durchsuchung, Verhaftung und Beschlagnahme darf nicht verletzt werden, und Haussuchungs- und Haftbefehle
dürfen nur bei Vorliegen eines eidlich oder eidesstattlich erhärteten Verdachts ausgestellt werden und müssen
die zu durchsuchende Örtlichkeit und die in Gewahrsam zu nehmenden Personen oder Gegenstände genau
bezeichnen.
Zusatzartikel 5 (1791)
Niemand soll eines Kapital- oder entehrenden Verbrechens wegen vor Gericht gezogen werden können, außer
auf eine Vorlage und Anklage der Grand Jury; solche Fälle ausgenommen, welche sich bei der Land- oder
Seemacht, oder bei der Miliz, wenn in aktivem Dienste, wie in Kriegszeit und in allgemeiner Gefahr ereignen.
Niemand soll aber für ein und dasselbe Vergehen zweimal in Gefahr von Leben und Freiheit gebracht werden;
ebenso wenig soll er gezwungen sein, in irgendeinem Kriminalfall als Zeuge gegen sich selbst auszusagen, noch
seines Lebens, seiner Freiheit oder seines Eigentums beraubt werden dürfen ohne das gehörige Rechtsverfahren.
Auch soll Privateigentum nicht ohne angemessene Vergütung zu offentlichem Gebrauche verwendet werden
dürfen.
Zusatzartikel 6 (1791)
In allen Strafverfahren hat der Angeklagte das Recht auf einen unverzüglichen und öffentlichen Prozess vor
einem unbefangenen Geschworenengericht des Staates und Bezirks, in welchem die Straftat begangen wurde,
wobei der zuständige Bezirk vorher auf gesezlichem Wege zu bestimmen ist. Er hat weiterhin Anspruch darauf,
über die Art und Gründe der Anklage unterrichtet und den Belastungszeugen gegenübergestellt zu werden, sowie
auf Zwangsvorladung von Entlastungszeugen und einen Rechtsbeistand zu seiner Verteidigung.
Zusatzartikel 7 (1791)
In Zivilprozessen nach dem Common Law, in denen der Streitwert zwanzig Dollar übersteigt, besteht ein
Anrecht auf ein Verfahren vor einem Geschworenengericht, und keine Tatsachenfeststellung der Geschworenen
darf von einem Gericht der Vereinigten Staaten nach anderen Regeln als denen des Common Law erneut einer
Prüfung unterzogen werden.
Zusatzartikel 8 (1791)
Übermäßige Kautionen dürfen nicht gefordert, übermäßige Geldstrafen nicht auferlegt und grausame oder
ungewöhnliche Strafen nicht verhängt werden.
Zusatzartikel 9 (1791)
Die Aufzählung bestimmter Rechte in der Verfassung darf nicht dahingehend ausgelegt werden, dass durch sie
andere dem Volke belassene Rechte versagt oder eingeschränkt werden.
Zusatzartikel 10 (1791)
Die Kompetenzen, die von der Verfassung weder den Vereinigten Staaten übertragen noch den Einzelstaaten
entzogen werden, bleiben den Einzelstaaten oder dem Volk vorbehalten.
Besonders betont wurde der Arikel I, der eine Reihe von Grundrechten ( Religions-, Presse-,
Rede- oder Versammlungsfreiheit) enthält, ebenso wie die Artikel 9 und 10, die sich damit
befassen, dass durch die Bill of Rights keine nicht-genannten Rechte des Volkes
eingeschränkt werden, und dass die Grenzen der Kompetenzen der Vereinigten Staaten
gegenüber den Einzelstaaten garantiert werden.
Außerdem wurde noch auf die momentane Aktualität des Zusatzartikels 2 hingewiesen, der
US-Bürgern ausdrücklich zusagt, Waffen zu besitzen und zu tragen.
2. weitere Zusatzartikel
Der zweite Teil des Referates drehte sich um weitere Zusatzartikel, die der amerikanischen
Verfassung nachträglich angefügt wurden. Außer der Bill of Rights ( 10 Zusatzartikel )
wurden noch 17 weitere verabschiedet, mehrere hundert Verfassungsänderungsinitiativen
wurden jedoch nicht ratifiziert.
Der Referent griff die wichtigsten Artikel heraus und erläuterte deren Inhalt:
→ Zusatzartikel 12 (15. Juni 1804)
Festlegung des Verfahrens, nach dem Präsident und Vizepräsident zu wählen sind.
→ Zusatzartikel 13 (6. Dezember 1865)
Verbot der Sklaverei
→ Zusatzartikel 14 (28. Juli 1868)
Regelung von Fragen der Staatsbürgerschaft
→ Zusatzartikel 15 (8. Februar 1870)
Das Wahlrecht darf weder aufgrund der Rasse oder Hautfarbe der Wähler eingeschränkt
werden.
→ Zusatzartikel 16 (3. Februar 1913)
Kompetenz der Bundesregierung, Einkommenssteuer zu erheben.
→ Zusatzartikel 17 (8. April 1913)
Jeder Bundesstaat stellt zwei Senatoren, die direkt vom Volk gewählt werden und Klärung
von Sonderfällen.
→ Zusatzartikel 18 (16. Januar 1919)
Verbot des Alkoholbesitzes und –verbrauchs.
→ Zusatzartikel 19 (18. August 1920)
Aktives und passives Wahlrecht für Frauen
→ Zusatzartikel 20 (23. Januar 1933)
Regelung der Amtszeiten von Präsident und Kongress
→ Zusatzartikel 21 (5. Dezember 1933)
Aufhebung der Prohibition (Artikel 18)
→ Zusatzartikel 22 (27. Februar 1951)
Beschränkung der möglichen Amtszeit des Präsidenten auf zwei Amtsperioden.
→ Zusatzartikel 25 (10. Februar 1967)
Regelung des Verfahrens der Nachfolge des Präsidenten bei Todesfall oder Amtsunfähigkeit.
→ Zusatzartikel 26 (30. Juni 1971)
Senkung des Wahlalters auf 18 Jahre.
Als wichtigste Artikel erscheinen vor allem die Bestimmungen, die das Wahlsystem regeln,
z. B. Artikel 15, 19 & 26 oder die Abschaffung der Sklaverei ( Art. 13). Interessant ist
ebenso, dass ein Beschluss, die Verfassung zu ändern, wieder zurückgenommen werden kann,
indem man einen weiteren Zusatzartikel anfügt, der eine vorherige Änderung revidiert (
Artikel 18 & 21).
Auf die Frage des Dozenten, aus welchem Grund die Referatsgruppe die Bill of Rights als
Bürgerrechte und nicht als Menschenrechte bezeichnet hatten, unterschieden die Referenten
die beiden Kategorien damit, dass Bürgerrechte keinen universellen Charakter haben (wie
eine Menschenrechtscharta), sondern Exklusivrechte für Staatsbürger eines bestimmten
Landes sind und somit auch nicht für Ausländer gelten.
DL: Ich halte nach wie vor den Begriff ‚Grundrechte’ für die zutreffendere Bezeichnung
aller Amendments, weil er genau jene Unterscheidung in Menschenrechte (universal,
inklusiv für alle Menschen gültig) und Bürgerrechte (nur für die Staatsbürger der USA,
mit einem gewissen Exklusionscharakter) erlaubt. -- Man hätte nach diesem Kriterium
nochmal die einzelnen Amendments analysieren und bewerten können. Auch ein
Protokollant darf hier ein – zeitbedingt – zu kurz geratenes Referat durchaus ergänzen,
auch im Geiste unserer vielen vorangegangenen Diskussionen zu diesen Problempunkten.
3. einzelne Aspekte der Verfassung
In der Verfassung ist im Artikel V festgeschrieben, dass Zusatzartikel der Konstitution
angefügt werden können. Dabei wird zwischen zwei verschiedenen Vorschlagsmethoden
unterschieden:
- Vorschlag mit Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern der Legislative
- Oder ein Vorschlag durch einen Konvent, der von einer Zweidrittelmehrheit des
Kongresses einberufen wurde
(dieses Instrument wurde allerdings nie genutzt)
Die Ratifizierung der Änderungsvorschläge umfasst ebenso zwei verschiedene
Möglichkeiten:
- entweder Ratifizierung durch ¾ der Legislativen aller Einzelstaaten
- oder Ratifizierung durch eine ¾ - Mehrheit des einberufenen Konvents
(einmalige Benutzung dieser Option bei dem Zusatzartikel 21, der Aufhebung der
Prohibition)
Mit welcher Methode der Änderungsvorschlag ratifiziert werden soll, entscheidet der
Kongress.
Für die ersten zwölf Zusatzartikel existierte noch keine Zeitbestimmung darüber, wie schnell
die Vorschläge von den Einzelstaatslegislativen ratifiziert werden mussten, sodass der
Bundesstaat Michigan als 38. Staat mit 200 jähriger Verspätung den 27. Zusatzartikel am 7.
Mai 1992 ratifizierte. Diese Änderung war ursprünglich als zweiter Zusatzartikel
vorgeschlagen worden. Seit dem 13. Zusatzartikel gilt nun ein Siebenjahreslimit zur
Ratifizierung.
Auf die Frage, wieso verschiedene Optionen bei dem Vorschlag oder der Ratifizierung in die
Verfassung eingebaut wurden (obwohl diese Möglichkeiten kaum oder gar nicht genutzt
wurden), wurde eine Interpretation dieses Sachverhaltes in der Diskussion gefunden. Zum
einen geben die beiden Legislativkammern und die Einzelstaatslegislativen ihre Macht sehr
ungern aus der Hand, wenn es um die Frage der Vorschlagsmethode und der Ratifizierung des
Vorschlages geht. Zum anderen wurde jedoch auch das Vorgehen des Verfassungskonventes
aus dem Jahre 1787/88 im Nachhinein legitimiert, indem in den Artikel V eine hypothetische
Möglichkeit eingebaut wurde, Zusatzartikel oder eine neue Verfassung im Rahmen eines
weiteren Konventes zu beschließen.
(DL: So wie der Philadelphia-Konvent (5/1787-9/1787) im Ergebnis eine vollständige
Umkehrung (= Revolution) vieler Verfassungsbestimmungen, bewirkt hat, so würde auch
die Einberufung eines neuen Konvents, sowie die Aufrufung der Frage der Konstitution
als erneute und grundlegende ‚In-Gang-Setzung’ des Gemeinwesens USA: potentiell
revolutionäre Züge tragen, sowohl was das formale Verfahren angeht, wie auch, was die
eventuell neuen inhaltlichen Verfassungsbestimmungen angeht. Hierzu muß man natürlich
als Politologe sagen, daß so etwas nur in einer extremen Staats- und Gesellschaftskrise
überhaupt denkbar wäre. Normalerweise wird sich jedes Staats- und Gesellschaftswesen
an jene grundlegende Staatsräson gerade für eine Republik halten , die bereits ARISTOTES
in der Grundbemühung definiert hat, immer eine möglichst große Mehrheit der
Staatsbürger in grundsätzlicher Loyalität zur bestehenden Verfassungsordung zu halten.)
Der meist diskutierte Punkt der Verfassung stellt jedoch das Wahlmännerkollegium bei der
Präsidentenwahl dar. Während des Verfassungskonvents in Philadelphia wurde diese
Methode nach 60 Wahlgängen durchgesetzt und inzwischen wurden ungefähr 500
Änderungsvorschläge zu dieser Frage eingebracht. (DL. Und ?)
4. Vergleich der US-Verfassung mit dem Bonner Grundgesetz
Die US-Verfassung ist sehr kurz gehalten und enthält wenige detaillierte Regelungen oder
Restriktionen. Die Begriffe und Inhalte sind sehr weit gefasst und allgemein gehalten,
während sich das deutsche Grundgesetz vor allem durch Genauigkeit, Differenzierungen und
eine Reihe von speziellen Bestimmungen auszeichnet.
Die Frage, welches der beiden Modelle effektiver ist, muss natürlich unbeantwortet bleiben.
Das Grundgesetz ist zwar eine sehr stabile und sichere Variante, allerdings so festgelegt, dass
es fast zu einem Kompetenzenkatalog verkommt und weniger Wert auf die der Verfassung
zugrunde liegende Geisteshaltung gelegt wird.
Im Gegensatz dazu steht die amerikanische Verfassung, deren heraus stechendes Merkmal die
Flexibilität ist. Artikel können angefügt und wieder zurückgenommen werden, jedoch wird
durch diese fehlende Stabilität die Stellung des Obersten Gerichtshofes als Kontroll- und
Ordnungsinstanz gestärkt. (DL: Bitte ausfürlicher und vielleicht anhand von Beispielen)
5. anschließende Diskussion
Bei der Wiedergabe der Diskussionsthemen möchte ich mich auf die zwei Hauptgebiete, die
besprochen wurden, beschränken: zum einen die Frage, inwieweit man Verfassungen
miteinander vergleichen kann, und zum anderen der Charakter, den eine Konstitution auf die
Bevölkerung ausstrahlt.
Um verschiedenen Verfassungen überhaupt vergleichen zu können, muss man zuerst die
existenten Formen kategorisieren, sodass man Vergleichsmomente erhält. Der erste Versuch
der Einteilung in eine präsidentielle, parlamentarische und semipräsidentielle Demokratie
wurde von dem Vorschlag des Dozenten abgelöst, nicht die Frage nach der vorherrschenden
stärksten politischen Macht zu stellen, sondern mithilfe der Überlegung, durch welches
politische Organ, ein Zugehörigkeitsgefühl oder eine Ordnungs- und Stabilitätsinstanz
geschaffen wird, die vorhandenen Konstitutionen einzuteilen. Dieser Ansatz von Ulrich K.
Preuß unterscheidet folgende Kategorien:
- englische Verfassung : Bindung der Real-Verfassung das Parlament (Legislative)
- franz. Verfassung : Bindung an die Nation, Staatlichkeit und Exekutive.
(am eindringlichsten dargestellt in der Schrift von
Emmanuel J. Sieyes, „ Qu’est-ce que le tiers etat ?“)
- amerikanische Verfassung : Bindung an die Judikative, an den Supreme Court.
(DL: Bitte vergegenwärtigen Sie sich die Situation von 1787:
Da 1) die USA sich weder auf eine eigene lange Tradition von
Parlamentarismus wie in GB beziehen konnte und damit die
legislative Prägung des ganzen Verfassungsgefüges als
Möglichkeit weitgehend ausschied,
da 2) die USA aber auch nicht – wie z.B. in Frankreich – auf
eine politisch weitgehend einige, nämlich gegen Adel
Klerus gerichtete, also im Negativen relativ einige
politische Nation beziehen konnte (Sieyes hatte einfach
die 97 % des tiers etat zur Nation erklärt), in der sich als
leitende Gewalt die Exekutive des Staates hätte ergeben
können,
3) deshalb blieb den USA fast nur der Rückgriff auf die
relativ abstrakteste Macht der Judikative übrig, deren
Medium des Rechts die Funktion zufallen mußte, die
(im Vergleich zu GB und F) viel heterogeneren Kräfte
der amerikanischen Gesellschaft in ein gewaltfreies und
kooperatives Verhältnis zu bringen und Konflikte nicht
aufgrund von gemeinsamer Erfahrungsgeschichte oder
aufgrund einer anderweitig gegebenen Werte-Übereionstimmung zu regeln, sondern aufgrund gemeinsam
vereinbarter Regeln und Wertentscheidungen in einer
Verfassung. Deshalb verstehen die Amerikaner noch heute
ihr Verfassungssystem als = eine rule of law )
Vergl.Sie hierzu bitte: Ulrich K. Preuß, Der Begriff der
Verfassung und ihre Beziehung zur Politik, in: Zum Begriff
der Verfassung, Die Ordnung des Politischen, hg. von U.K.
Preuß, Fischaer Tascheanbuch 12246, Fft.a.M. 1994,
S. 7 – 33.
In einem Protokoll sollte man solche Angaben selber nachrecherchieren und genau ausweisen.)
Das deutsche Grundgesetz knüpft an verschiedene Punkten dieser Traditionen an und stellt
somit eine Mischverfassung dar. Zum einen wird die Rechtsmoment der USA im
Bundesverfassungsgericht berücksichtigt, und zum anderen die Betonung des Bundestages,
als Aufgriff der englischen Tradition; aber inbezug auf die Exekutive wird in der Bundesrepublik nicht ganz zu Unrecht von einer Kanzler-Demokratie gesprochen.
Neben den Ursprüngen der Verfassungen muss allerdings auch verglichen werden, inwieweit
sich eine Konstitution an veränderte gesellschaftliche Entwicklung anpassen lässt. Dieser
Punkt ist immer abhängig von der jeweiligen Reform, die umgesetzt werden soll. Flexibiliät
ist das charakteristische Merkmal der US-Verfassung, allerdings konnten auch sehr sinnvolle
Vorschläge nicht ratifiziert werden, so z.B. Franklin D. Roosevelts Rede zur Lage der Nation
am 11. Januar 1944, in der er eine Economic Bill of Rights forderte (d.h. das Recht auf
medizinische Versorgung und Bildung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung und
Rentenversicherung sollten in der Verfassung festgeschrieben werden). Der Vorschlag
scheiterte am Widerstand des Kongresses und dem gleichzeitigen 2. Weltkrieg, der die
Regierung von der Innen- und Sozialpolitik abhielt. Allerdings sieht man diesem Beispiel
trotzdem, dass es fast unmöglich ist, nachträglich schwerwiegende Veränderungen in die
Verfassung aufzunehmen, die Grundlagen sind schon festgelegt.
Konstitutionen sind laut J. Madison für die Nachbesserungen von engagierten Staatsbürgern
offen, also für Änderungsvorschläge, die eine Anpassung an eine gesellschaftliche
Entwicklung, die Werteverschiebung oder Spachentwicklung beinhalten. (DL: was soll dieser
Satz besagen, nach den vorangegangeanen Sätzen? )
Anschließend wurde die Diskussion von dem Dozenten auf die Frage hin gelenkt, wie man als
Staatsbürger gegenüber seiner Verfassung stehen sollte. In den USA herrscht ein starker
‚Constitutional patriotism’ vor, der die Konstitution überhöht und fast zu einer sakralen Größe
werden lässt. Das wäre nicht unbedingt schlecht, wenn nicht hierdurch auch das Bewußtsein
verschwände, daß die Verfassung etwas von Menschaen Gemachtes ist und wie alles
Menschenwerk auch – je nach den gesellschaaftlichen und politischen Erfordernissen und
Bedürfnissen – auch wieder geändert werden kann.
Dieser Stolz und das Bewusstsein der amerikanischen Gründungsgeschichte, das sich
größtenteils durch obligatorische Handlungen wie der Zeremonie des Pledge of Allegiance
oder der Declaration of Independance am 4. Juli zeigt, ist ein mögliches Extrem.
In Deutschland herrscht aufgrund der Geschichte kein vergleichbarer Zustand vor, zwar hat
das Grundgesetz einen sehr hohen Stand in der Gesellschaft, aber ein richtig ausgeprägter
Verfassungspatriotismus hat sich gesamtgesellschaftlich noch nicht durchgesetzt.
Im Blick auf die künftige europäische Verfassung, die im EU-Verfassungskonvent bearbeitet
wird, muss hinsichtlich solcher Perspektiven überlegt werden, welche Tendenz bevorzugt
werden soll. Ob ein sakraler Charakter (also die gemeinsamen europäischen Ideale der
Aufklärung und soziale Vorstellungen) betont werden soll, oder man stattdessen
Bodenständigkeit und konkrete Ideen vorzieht.
Eine Vermischung dieser beiden Extreme ist wohl die beste Lösung des Problems. Auf der
einen Seite wird somit ein Zusammengehörigkeitsgefühl und eine loyale Verbundenheit
gegenüber Europa garantiert, auf der anderen Seite muss man jedoch ebenso die
Bodenständigkeit der Verfassung betonen, um dieses Werk nicht zu überhöhen. Es muss eine
Schrift geschaffen werden, vor der man große Achtung und Respekt hat, aber diese Loyalität
darf nicht in einen reinen Patriotismus ausarten, sondern man muss stetig in der Lage sein,
die Verfassung falls nötig in die richtige Richtung zu verändern.
TOP II : Referat über die politologische Ausschöpfung des Internets
Im zweiten Teil der Sitzung wurde über die Vorteile und Nachteile der politologischen
Internetrecherche referiert. Großen Wert legte die Referatsgruppe auf die Feststellung, dass
Texte, die online publiziert werden, kaum wissenschaftliche Belege aufweisen, sinnvolle
Fakten eher Mangelware sind und die Aktualität der Daten zu bezweifeln sind. Die Auflistung
der vorgestellten nützlichen Adressen steht auf der Homepage von Prof. Dieter Löcherbach.
TOP III : Fragen zu Hausarbeitsthemen
Zu Ende der Sitzung hatte man noch die Möglichkeit, Fragen zu Hausarbeitsthemen und der
jeweiligen Vorgehensweise zu stellen.
Für die Richtigkeit,
Jonas Kolb
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