Nyack, 29. Dezember 2003 - 02. Januar 2004 Liebe Freunde und

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Nyack, 29. Dezember 2003 - 02. Januar 2004
Liebe Freunde und Verwandte,
das Jahr geht dem Ende zu und wenn ich den Jahresrückblick heute nicht im
Wesentlichen schreibe, dann wird es vielleicht gar keinen geben in diesem Jahr.... Der
Kamin ist noch heiß, die kleinen elektrischen Kerzen tief in Weihnachtsbaum versteckt
funkeln im „slow go“ mode, Maya schlummert schon im Bett, Tom und Jule haben sich
„sleepover“ bei Freunden besorgt. Kerstin sitzt am Computer und organisiert die
Kinderversorgung für die zweite Januarwoche, wo wir beide ein verlängertes
Wochenende in der Karibik (ohne Kinder) verbringen wollen... (aber das ist ja dann
schon 2004 und somit nicht Gegenstand dieses Rundbriefs). Johann Sebastian Bachs
„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden“ ertönt aus dem Lautsprecher und hilft
mir, mich in eine weihnachtliche Stimmung zu versetzen und die letzten 12 Monate noch
einmal Revue passieren zu lassen. Die Geschenke liegen noch teilweise unterm Baum.
Dieses Mal bestanden die Kinder darauf, dass die Eltern als erste auspacken... sie konnten
es nicht abwarten, Ihre Geschenke für Kerstin und mich endlich zu übergeben. Ein
sicheres Zeichen, dass sie nun schon bald „Große“ sind. Maya schenkte uns einen im
„dollar shop“ gekauften Plastikweihnachtsbaum mit aufgemaltem Weihnachtsmann und
goldenem Stern und einen Tannenbaumanhänger mit ihrem Foto aus der Schule. Jule hat
mit Tom in der „Mall“ ein paar Stunden verbracht, um „Christmas shopping“ zu gehen.
Dabei haben sie für Kerstin ein Satz kleiner Blumenvasen und für mich eine
Taschenlampe und ein Benzinsturmfeuerzeug erstanden. Stolz wie die Könige
präsentierten sie die Geschenke und wir haben uns sehr mit ihnen gefreut... natürlich war
besonders Maya dann doch sehr daran interessiert, endlich auch Ihre Geschenke vom
Christkind zu sehen. Den ganzen Tag war alles schon so geheimnisvoll im Wohnzimmer
hinter den abgehängten Türen gewesen... rascheln, klingeln, Stimmen, Blitze, Lichter...
Zum Glück sind Tom und Jule alt genug um ihr nicht den Glauben zu nehmen. Vielleicht
haben wir noch ein Jahr... mit der kindlichen Weihnachtsfreude.
Aber nun doch noch zum Jahresrückblick. Das Jahr begann mit der erneuten Unsicherheit
bezüglich meiner Arbeitserlaubnis. Durch ein Versehen des Anwalts hatten wir einen
Termin verpasst, und die Verlängerung der temporären Arbeitsgenehmigung nicht drei
Monate vor dem Ablauf der alten eingereicht. Der Antrag erreichte die Behörde „nur“ 3
Wochen vor Jahresende und damit hieß es bangen und hoffen auf ein Wunder... Aber
obwohl Weihnachten gerade vorbei war und alle doch gute Vorsätze für das Neue Jahr
haben, gab es doch kein Wunder... aber wer hätte denn auch schon wirklich an ein
Wunder von der Einwanderungsbehörde unter der momentanen Regierung erwartet? Ich
arbeitete noch bis Mitte Januar und wurde dann schriftlich vom „Provost“ der Columbia
Universität daran „erinnert“, dass ich keine Arbeitsgenehmigung habe und somit die
Universität nicht betreten dürfe, geschweige denn Vorlesungen halten etc. So mussten
Kollegen meine Vorlesung halten und ich verlegte meinen Arbeitsplatz in den
Dachboden unseres Hauses und alle Kommunikation auf elektronische Medien (zum
Glück waren sie dann doch nicht so konsequent und sperrten die e-mail nicht), und
machte nur spärliche „illegale“ Besuche in der Universität. Nach einigem Nachfragen
stellte sich auch raus, dass wir auch nicht mehr krankenversichert waren (und Kerstin
natürlich in dieser Zeit die Notaufnahme des Krankenhauses aufsuchen musste und mit
Krücken herauskam) und Gehalt gab es auch nicht mehr (und natürlich auch kein
Arbeitslosengeld... wir leben ja hier nicht in einem Sozialstaat für Einwanderer). In den
letzten Februartagen kam dann endlich die ersehnte Karte in der Post (im einfachen
weißen Umschlag möglichst unauffällig, und natürlich nicht „certified“, denn wenn der
Staat nicht mehr „seiner“ Post traut....). Das Jahr zuvor war sie dann ja auch tatsächlich in
der Post verloren gegangen (Anm. oder von mir ,Kerstin, ungeöffnet wegen
Unauffälligkeit in den Müll geworfen) aber irgendwie konnte ich Columbia ja damals
überzeugen mich weiter zu beschäftigen. Als dann Ende März endlich die erste
Gehaltszahlung wieder auf das Konto kam wurde es auch höchste Zeit, da wir
mittlerweile unsere Kreditgrenze erreicht hatten und dann auf „private Kredite von
Freunden“ hätten umsteigen müssen. Zum Glück hat Columbia mir über die folgenden
Monate mein „verlorenes“ Gehalt as „Bonus“ draufgelegt.... Trotzdem, hat mir das meine
ersten grauen Haare gebracht und wird nicht zur Wiederholung empfohlen... (ha ha
ha...siehe unten), Die „greencard“ ließ weiterhin auf sich warten und im Mai schrieb man
uns, dass der Amtsarzt die Formulare falsch ausgefüllt hätte und da der Antrag ja schon
so alt sein würde, man gerne noch mal wissen wollte ob ich denn wirklich immer noch
für Columbia arbeite, und einen neueren Lohnsteuerbogen möchte ich bitte auch noch
beilegen ( den es in den ersten 3 Monaten des Jahres ja nicht gab ). Da kann einem schon
die Hutschnur hochgehen..., aber natürlich macht man am Ende dann doch alles so wie
sie es wollen... wer hat schon die Kraft gegen Windmühlen zu kämpfen. Im Juli kam
dann die Aufforderung noch mal einen „aktuellen“ Satz Fingerabdrücke abzuliefern
(Termin: Anfang September). Seit dem ist mal wieder Schweigen von Seite der
Einwanderungsbehörde angesagt und abwarten für uns. Ist ja auch erst fast drei Jahre her
seit wir den Antrag eingereicht haben... („welcome to the third world“). Nun haben wir
Ende Dezember und in drei Tagen bin ich mal wieder arbeitslos. Diesmal haben wir die
Formulare für die dritte Verlängerung drei Monate vorher eingereicht, aber auch das hat
offenbar nicht gereicht. So geht die „greencard“ Saga weiter und wer weiß wie viele
Kapitel sie am Ende haben wird ...
Trotz „offizieller“ Arbeitslosigkeit liefen natürlich meine Verpflichtungen in den
diversen Klimagremien weiter. Anfang Februar flog ich für eine Woche nach Brasilien
mir war dann nicht mehr so ganz klar wen ich denn dort eigentlich vertrat?
Wahrscheinlich mich persönlich... aber da man als Arbeitsloser ja mehr Zeit hat, hängte
ich auch prompt ein paar Tage Rio an die Reise an. Mein persönlicher Höhepunkt war ein
Tandemhängegleiterflug von einem der Granitfelsen zum Stand in Ipanema. Zu
Studentenzeiten hatte ich mal eine Woche einen Hängegleiterkurs in Österreich gemacht.
Damals war ich allerdings nie mehr als eine Minute in der Luft mit einer maximalen
Höhe von 3 Metern über Grund.... so wurde ein langer Traum erfüllt.
Der Winter in Nyack war sehr schneereich... Im Herbst hatte uns die Schneeräumfirma
gekündigt, und trotz besseres Fachwissen meinerseits, haben wir uns gedacht, na ja im
vorigen Winter gab es ja fast kein Schnee dann machen wir das mal selber.... Pech gehabt
und dicke Arm- und Rückenmuskeln antrainiert.... zum Glück hatte allerdings der
Nachbar eine Schneefräse. Wenn der Schnee dann mehr als 30 cm dick war durften wir
sie ausleihen. Kerstin nahm die Kinder wieder oft am Dienstag nach der Schule mit zum
Skilaufen zum Sparpreis, denn den vollen Liftticketpreis konnten wir uns als
„arbeitslose“ ohne einen Pfennig Einkommen dann doch nicht mehr leisten... Unser
einziges Einkommen kam durch den Verkauf von diversen alten und kaputten
Elektronikgeräten über EBAY. Erstaunlich, was man dabei verdienen konnte und
gleichzeitig mit mehr Platz im Haus belohnt wurde.
Meinen 40isten Geburtstag wollten Kerstin und ich kinderlos in Madrid feiern. Ich hatte
dort am 22isten einen eingeladenen Vortrag bei einem Klimasymposium. Leider kam
aber die Verlängerung von Kerstin’s Reisevisum nicht rechtzeitig an. Und da Amerika
just mit dem Krieg im Iran begann, erschien es uns als verantwortungslos, die Kinder in
Amerika alleine zu lassen. So verbrachte ich den Ehrentag alleine im Hotel in Spanien.
Allerdings „besuchten“ mich Kerstin und die Kinder am 20isten im Flughafen in Newark,
wo ich auf der Durchreise von LA nach Spanien ein paar Stunden Aufenthalt hatte. Dort
gab es dann eine verfrühten Geburtstags-cheese-cake und ein Geschenk zum Mitnehmen,
was natürlich sofort bei der Sicherheitskontrolle aufgemacht wurde. Tom und Jule waren
schwer beeindruckt von den Soldaten mit MP, die im Flughafengebäude auf- und
abmarschierten. Ich war froh am Sonntag danach wieder zu Hause zu sein. Ich saß jede
Nacht am Fernsehen und verfolgte das Kriegsgeschehen und hoffte nur, dass sich der
Konflikt nicht noch auf die umlegenden Länder ausweitete. Der ganze Weg hin zum
Krieg erregte viele unserer amerikanischen Freunde. Alle fühlten sich machtlos und von
der Regierung betrogen. Schon fast heimlich kamen einige in mein Büro und sagten dass
sie nicht hoffen, dass ich die amerikanische Staatsbürgerschaft annehme. Denn scheinbar
schaffen es nur die Franzosen, Deutschen und Russen dem amerikanischem Präsidenten
ein bisschen Parole zu bieten, wir sind machtlos. Keine öffentliche Person war in der
Lage, in den amerikanischen Medien etwas gegen den Krieg zu sagen. Das war schon
ganz schön bitter für viele Amerikaner. Nun sind die nächsten Generationen verschuldet
ohne das jemals eine echte Meinungsbildung darüber stattfand.... so ich glaube ich
schreibe mal besser nicht mehr über Politik, sonst bekomme wir wahrscheinlich nie eine
„greencard“...
Im April kam unsere „Kitty Fisch“ zu Wasser und wir haben sie tatsächlich viel gesegelt.
Ein typisches Wochenende verlieft etwas so: Wenn am Freitagabend oder
Sonnabendmorgens das Wochenende besprochen wurde, und Kerstin verkündigte, dass
wir ja zumindest an einem Tage segeln „müssten“ liefen Tom und Jule schnell zum
Telefon um sich „playdates“ zufällig für die geplante Segelzeit zu besorgen... Denn
segeln mit den Eltern ist ja nur langweilig und „uncool“. Gegen Ende des Sommers fing
auch Maya an sich öfter gegen das Segeln auszusprechen. Sie kam zwar immer gerne mit
uns mit, aber wenn Tom und Jule es „boring“ fanden, wollte sie dem natürlich nicht
widersprechen. Mein Trick war dann mit jedem der Kinder alleine segeln zu gehen und
eine Nacht zu ankern. Und dank eines DVD-spielers im Computer lies sich dann das auch
mit einer „movie night“ und popcorn auf dem Gasherd gemacht verbinden...
Maya genoss ihr letztes Jahr in der „Riverview Preschool“ und hatte unsere Freundin
„Miss Bonnie“ als Lehrerin. Aber sie konnte es natürlich auch kaum abwarten, endlich
auf die „große“ Schule nach den Ferien zu dürfen. Sie ist unsere „miss social“ und wenn
es sein „musste“, konnte sie auch drei oder mehr „play dates“ hintereinander haben. Sie
liebte den pool mit ihren Freundinnen,... was aber nicht heißt, das man dabei den Kopf
unter Wasser kriegen muss, dass überlässt sie doch besser den Fischen oder großen
Geschwistern ...
Jule hat nach einem guten „basketball“ Winter zum ersten Mal „softball“ im Frühsommer
gespielt. Das ist „baseball“ für Mädchen mit einem dickeren Ball. Sie war kein sehr guter
Schläger, aber dafür umso besser im Feld beim Fangen und Werfen der Bälle. Sie ist in
der Schule mit einer ganzen Klicke von Mädchen zusammen. Aber am Nachmittag muss
sie nicht ständig bei denen sein. Somit ist sie am meisten von den dreien zu Hause (wenn
wir nicht gerade segeln gehen...). Sie bastelt und malt gerne, malt sich oder Maya die
Fingernägel an, aber kann auch stundenlang am Computer spielen wenn die „blöden“
Eltern sie nicht davor wegholen würden.
Tom war „senior“ in der Grundschule (5te Klasse) und als „preteen“ kann man ja nicht
mehr alles so machen wie es die Eltern gerne hätten. Er arbeitete gut (nicht immer
freiwillig) für die Schule und wurde (glücklicherweise) auch mit guten Noten belohnt.
Ich glaube, dass er es zum ersten Mal erlebt hat, dass viel Arbeit sich lohnt. In der Schule
gab es ein Abschlusstheaterstück, in dem Tom eine „wichtige“ Rolle spielen durfte, er
hatte wirklich ein gutes letztes Jahr in „Upper Nyack Elementary School“.
Nach Schulschluss begann die „Visbeck’sche Sommerroutine“: Vier Wochen Segelkamp
für Tom und Jule (J: „most boring thing of the whole year“) gefolgt von erweiterter
Deutschlandreise. Jule wollte überhaupt nicht in das Segelkamp, die bösen Eltern hatten
sie angemeldet... „it was soooo boooring“, aber gelernt haben sie doch wieder etwas.
Tom ersegelte sich ein paar Trophäen und Jule bekam den „most improved award“.
Darauf war sie dann doch ein bisschen stolz. Unsere „Deutschlandreise“ begann diesmal
mit Tante Erdmute’s und Onkel Jochem’s 40isgten Hochzeitstag in Battenberg. Für uns
war es ganz klasse den Familienklan an einem Ort zu treffen und die Kinder haben sich
besonders mit den Kindern von meinem Cousin Andrew aus Ottawa (Kanada)
angefreundet. Die drei heißen Tage waren sehr fröhlich und vergingen im Fluge. Die
dann folgende „erweiterte Deutschlandreise“ brachte und über Rothenburg ob der Tauber
(als „Auf dem Weg zum Wahlamerikaner“ muss man ja mal das „richtige“ Deutschland
kennen lernen) nach Österreich in das große Walsertal auf eine Almhütte von unser
deutschen Nyacker Freundin Simone. Dort verbrachten wir eine Woche mit Simone und
Sohn Moritz, Maya’s bestem Freund („24/7 playdate“ besser geht es ja nun wirklich
nicht....). Für ausgiebige Wanderungen war es zu heiß, aber dafür gab es tägliche
Besuche im eiskalten Wildbach. Die ersten Tage war auch Jule’s Patenonkel Freddie dort
und Maya’s Patenonkel Kai mit Susanne besuchten und auch einen Tag zum „Nudelessen
auf der Alm“. Dann ging es weiter durch das dürregeplagte Deutschland (mit Stopp bei
den südlicheren Kortenhäusern und meinem Patenonkel Janos’ und Almut) nach Kiel, wo
uns der eher typische Kieler Sommer mit Regenschauern einholte.
Mit dem Sommerbesuch in Kiel wurde die zweite Jahreshälfte eingeläutet, die
überschattet wurde von den Vorboten der „großen Entscheidung“. Im Frühsommer habe
ich mich in Kiel auf eine C-4 Professur beworben. Es ist die Stelle meines Doktorvaters,
der Anfang Oktober 2004 in Rente geht. Obwohl ich natürlich nichts wissen darf geht
man davon aus, dass ich Anfang Januar einen Ruf auf diese Stelle von der
Landesregierung in Kiel bekommen werde. Gleichzeitig bin ich hier in Columbia
begutachtet worden, um „tenure“ zu bekommen. Das ist die Entfristung meiner Professur
auf Lebenszeit (immer noch Associate). Das Verfahren wurde vor drei Wochen
abgeschlossen und ich soll dann ab Januar tenure haben (wenn ich nicht wieder arbeitslos
bin). Wie gesagt so verwandelten sich die Besuche bei Kieler Freunden in Fragestunden:
„Sorry, nehmt es nicht persönlich, aber was bezahlt Ihr für Strom/Wasser/Gas in eurem
Haus?“ „Wie viel Zinsen sind auf dem Kredit?“ „Was passiert so in der Schule?“ „Wie
viel Hausaufgaben müssen die Kinder machen“... Aber zum Glück habt Ihr alle unsere
dummen Fragen lieb beantwortet und wir haben dadurch ein etwas besseres Bild von
einem eventuellen Leben in Deutschland bekommen. Zurück in Amerika fragt natürlich
jeder, geht Ihr, bleibt Ihr? Columbia versucht mir ein gutes Angebot zu machen. Freunde
hier sind besorgt, dass wir gehen könnten, aber für viele wäre es nicht verwunderlich
wenn wir gingen. Man munkelt schon von Wetten, die auf unsere Entscheidung
abgeschlossen sind und Freunde wollen „Insiderinformationen“. Manche Tage wünschten
wir nur wir wüssten die Antwort, oder dass das eine oder andere Jobangebot durchfällt...
„Stay tuned to this channel for more information“.
Das neue Schuljahr brachte eine neue Schule mit Schulbus für Tom („Middle School“)
und den lang ersehnten (Vor-)Schulstart für Maya. Sie hat eine vollen Tag wie Jule von
9:00 bis 15:30. Ganz schön lang für eine 5jährige. Aber sie geht sehr gerne und lernt mit
Begeisterung. Jule ist nun „senior“ und hat eine nette Lehrerin und ist mit all ihren
Freundinnen zusammen. Tom ist ein stolzer „Middelschooler“ und wurde auch prompt
zum „student of the month“ von den Lehrern gewählt. Das ist eine hohe Auszeichnung
sein erstes Zeugnis war sehr gut ohne viel Hausaufgaben ....“live is good“. Sein neues
Hobby ist „skateboarding“, welches er mit seinen Freunden draußen auf einer Stange,
Strasse oder irgendwelchen Hindernissen verbringt. Tom „geht“ auch schon mal mit
einem Mädchen, aber zum Glück heißt das noch nicht sehr viel.
Ich hatte ein volles Semester mit viel Vorlesungen aber auch ein paar Reisen. Barcelona,
Ottawa, Seattle, Monterrey (Kalifornien) waren einige der Ziele und die 50.000 Meilen
Hürde bei United wurde diesmal mit Leichtigkeit genommen. Ich bin weiterhin in der
kirchlichen Jugendarbeit engagiert und „unterrichte“ 6-8 Klasse in der „sunday school“.
Im Herbst haben wir wegen recht häufigen Regens nicht so viel gesegelt (zur Freude der
Kinder!), und „Kitty Fisch“ steht an Land und wartet auf wärmere Zeiten.
„Thanksgiving“ haben wir zum ersten Mal nicht in unserem Hause verbracht sondern uns
auf den Weg nach Ottawa (über Lake Placid) gemacht. Das Treffen der 6 Kinder war
wieder so toll wie im Sommer und die 9 Stunden Autofahrt wert (plus eine Stunde
Grenzkontrolle ... ohne Visum haben wir ja immer das Vergnügen, den Dienst habenden
Oberinspektor persönlich kennen zu lernen).
Wir hatten schon zwei ordentliche Schneestürme, mit Stromausfall, Schulfrei und allem
was dazugehört. Die Vorweihnachtszeit war angefüllt mit diversen Veranstaltungen,
großes Krippenspiel in der Kirche, Schulkonzert und Winterfest bei der deutschen
Sprachschule, wo alle drei Kinder montags nach der „richtigen“ Schule hingehen, um
Deutsch lesen und schreiben zu lernen. So, Mitternacht ist lange vorbei, und ich soll noch
ein paar Stunden Schlaf bekommen bevor ich morgen mit meinem Anwalt die
Einwanderungs-/Arbeitserlaubnissituation bespreche.
Ich wünsche Euch allen ein frohe und friedliches Neues Jahr. Vielleicht schaffe ich es ja
auch noch morgen Abend die Webseite zu aktualisieren www.visbeck.net username und
password sind dort angegeben.
2. Januar 2004
Es ist 6:40 am Morgen. Ich sitze auf einer Bank vor der Einwanderungsbehörde in
Downtown New York. Musste um 4:40 aufstehen um rechtzeitig hier zu sein. Vor der
Tür des McDonalds am Broadway traf ich auf Tyrone (vom Anwaltsbüro), meinem
„Platzhalter“, der schon seit 2 Uhr morgens für mich in der Schlange steht. Wir sind an
Platz 4. Der erste rollt gerade seinen Schlafsack ein, er war schon um 23:30 gestern
Abend da. Mittlerweile haben wir es in das Gebäude geschafft, nach dem „screening“,
wie beim Flughafen. Zum Glück ist Tyrone hier, der scheinbar alle Angestellten und
Wächter kennt. Nun warten wir darauf, dass es bald weitergeht....
Leider ist der Brief dann doch nicht vor dem Neuen Jahr zu Euch gekommen, wir hatten
kurz entschlossen ein Hotel in den Catskills gebucht für einen Skikurzurlaub. Drei Tage
auf der Piste war super. Maya war zwei Tage im „kids camp“ und kann nun auch alleine
von der Bergspitze abfahren. Tom freute sich endlich, sein zum Geburtstag bekommenes
Snowboard ausprobieren zu dürfen. Jule will dann nächstes Jahr auf Snowboard
umsteigen. Alle drei waren dann gestern im „kids camp“, macht doch mehr Spaß als mit
den Eltern die Pisten zu fahren und so konnten Kerstin und ich die etwas schwierigeren
Pisten fahren. Und wir beide dachten, hmm... jetzt könnten wir auch ganz gut Helme
gebrauchen, wenn wir „unsere“ Geschwindigkeiten fahren... War jedenfalls ein toller
Start in das Neue Jahr.
So, nun hat es doch noch geklappt und ich bin nicht arbeitslos und kann am Sonntag
meine geplante Reise nach San Juan (Puerto Rico) antreten. Wir wünschen Euch allen
noch einmal ein frohes Neues Jahr 2004!
...und eigentlich sollte ja der Brief schon längst geschrieben und auf dem Weg sein,
diesmal ohne meinen Kommentar. Ich komme allerdings nicht darum herum, Euch meine
Sicht dieses Jahres darzustellen.
Im Wesentlichen vom Stress geprägt, die ersten 3 Monate mit Martins Arbeitslosigkeit,
dann 2 Monate „normales Leben“ und dann die Ungewissheit eines eventuellen Umzugs
dieses Jahr, welches uns immer noch und täglich beschäftigt. Nicht dass wir schon länger
wussten, dass Martinas ex-Chef in Rente geht, aber seit Martin auf Platz 1 steht, vergeht
kein Tag, an dem ich nicht vergleiche. Unsere Meinungen sind im Wesentlichen auf
einem Nenner, ich kann aber selbst nach alleiniger Reise nach Deutschland im November
nicht erkennen, in welchem Land es die Kinder besser haben und welche Ausbildung
besser ist. Es liegt ganz alleine an uns, wie wir das Alltagsleben unserer Kinder hier
gestalten, es ist nicht so wie beim „Durchschnittsamerikaner“, den es in Nyack kaum
gibt. Allerdings findet man diesen in Toms neuer Schule, Junior High oder Middle
School genannt für die nächsten 3 Jahre, in der die kids der umlegenden Gemeinde zur
Schule gehen.
Es bleibt weiterhin (ange-) spannend und auch ich wüsste gerne die Antwort. Der US $
fällt weiterhin, jeden Tag ein Rekordtief, bisher haben wir schon einen 25% igen
Wertverlust gegenüber dem Euro, diesbezüglich keine Motivation, umzuziehen! Ein
Ende auch hier nicht in Sicht.....
Mein Jahr war im Wesentlichen geprägt durch meine Rolle als Mutter, manchmal wusste
ich nicht was größeren Stellenwert hatte, Mutter oder Taxifahrer. Den Winter über sind
wir fleißig nach der Schule zum Skilaufen gegangen. Der Sport prägt auch weiterhin die
bleibende Zeit nach der Schule. Gleiches Schema wie jedes Jahr: Winter Basketball (für
beide), Frühjahr Baseball bzw. Softball und Jule hatte auch mal Lacrosse ausprobiert,
Sommer Segeln, Herbst Fußball, diesmal auch für Maya, nach anfänglicher Skepsis liebt
auch sie diesen Sport.
Musik wird auch noch gespielt in diesem Haus, Jule hat endlich eine neue Klavierlehrerin
bekommen, nachdem meine Freundin Lucy weggezogen ist und sie keine andere mochte
nach vielen „tryouts“. Sie spielt und übt ohne Aufforderung und hat Spaß daran. Nach
dem Sommer hat sie auch noch mit Querflöte angefangen, mit ebensolcher Begeisterung
ist sie dabei. Tom spielt weiterhin Posaune, allerdings nur nach mehrfacher Aufforderung
zum Üben, mit Freunden spielen ist ihm um einiges wichtiger. Jule dagegen bleibt auch
mal gerne zu Hause und bastelt vor sich hin, hört Musik oder verwandelt ihr Zimmer in
kurzer Zeit in eine Chaoslandschaft. Sie liebt es, am Computer ihre „Neopets“ zu füttern,
mit Freunden zu „AIMen“ (Kommunikation in Schriftform am Computer) oder draußen
Körbe zu werfen.
Maya hat nach dem Schulstart im September kein Programm, kein Ballett, nur Fußball
am Wochenende, sonst nix. Schule ist anstrengend genug und mit diesem akademischen
Programm in der Vorschule nicht ganz ohne. Playdates werden auf ein Minimum
gehalten, wobei wir ihren deutschen Freund Moritz öfter mal nach der Schule für einige
Zeit haben. Die neue Direktorin an der Grundschule ist nicht alleine Schuld an diesem
Wechsel des Lehrplans, das kommt von oben und damit stimme ich nicht unbedingt
überein.
Wenn Tom nicht in der Schule ist, dann ist er bei seinen Freunden. Manchmal wenn ich
die Mädchen aus der Schule abhole, (sie könnten im Prinzip auch alleine laufen,
allerdings nur zusammen) ist Tom schon wieder weg, denn er kommt 30 Minuten eher
und muss auch früher raus (Bus fährt um 7:33, Schule fängt um 8:00 Uhr an).
Einmal die Woche macht er in der Bücherei „community service“, um auf die Liste des
Direktors zu kommen, 15 Stunden im Schuljahr. Kinder, die einen Durchschnitt von über
90% im Zeugnis haben, kommen auf die „high honor roll“, zwischen 80-90% auf die
„honor roll“. Wenn Tom in den nächsten 2 Zeugnissen dieses Schuljahres (insgesamt 4)
noch mal mehr als 90 % bekommt und auf der „principles list“ ist, bekommt er eine
besondere Auszeichnung (und die Eltern einen bumper sticker mit der Aufschrift „proud
parent of a honored Nyack Middle School student.....), was nicht besonders schwierig ist,
denn der Stoff der 6. Klasse läßt zu wünschen übrig. Ziel ist es, die Schüler auf das
Kurssystem vorzubereiten auf Kosten der Qualität. Kein Wunder, dass die kids die neue
Schule mögen, eigenes Schließfach, mehr Freiheiten, kaum Hausaufgaben und keine
Kleinkinder mehr in der Schule.
Ich versuche weiterhin dreimal die Woche schwimmen zu gehen, doch auch Skilaufen
steht auch wieder auf dem Programm während die kids in der Schule sind. So langsam
versuche ich mich mental auf Martins 10- wöchige Abwesenheit (Antarktis) ab Mitte
Februar vorzubereiten, nicht ganz einfach mit welcher Entscheidung auch immer,
vielleicht sogar mit einem Hausverkauf......
Eigentlich sollte dies nur ein kurzer Gruß werden nach einem eher „normalen“ Jahr......
Über Feedback Eurerseits wären wir natürlich sehr dankbar, ebenso für eine
Entscheidung.
Auch ich wünsche Euch alles Gute für 2004, vielleicht sehen wir uns ja demnächst bei
einer großen Party, entweder in Nyack oder in Kiel, Ihr seid immer herzlich willkommen!
2ter Weihnachtstag 2003 am Lincoln Center, New York City
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