Globenmuseum deutsch - Vienna Guide Service

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GLOBENMUSEUM
Raum 1
Der Erdglobus
Der Erdglobus ist ein Modell der kugelförmigen Erde, das auf
seiner Oberfläche mit einer kartographischen Darstellung
versehen ist.
Diese zeigt die Verteilung der Landmassen und der Meere nach
dem jeweiligen Kenntnisstand. Die meisten alten und neuen
Erdgloben enthalten darüber hinaus Informationen zur
Erdoberfläche (Terrain, Gewässernetz, bedeutende Siedlungen).
Das kartographische Bild wurde und wird oft mit der
Darstellung politischer und administrativer Grenzen sowie mit
zusätzlichen Informationen, wie zum Beispiel zu Lagerstätten
von Bodenschätzen, Standorten bedeutender Wirtschaftszweige,
Verkehrswege sowie Kommunikationseinrichtungen ergänzt. Häufig
sind auch Angaben zu Klima, Pflanzen- und Tierwelt,
Meeresströmungen sowie Daten und Routen von Entdeckungsreisen
wiedergegeben.
Die Vorteile von Erdgloben liegen darin, dass sie die
Oberfläche maßstabsgetreu und unverzerrt, das heißt, längen-,
flächen- und winkeltreu, wiedergeben und dass sie die
Beziehungen von Orten und die Verhältnisse von Flächen
veranschaulichen. Auf Karten hingegen ist eine gleichzeitige
unverzerrte Abbildung von Flächen und Winkeln ausgeschlossen.
Globen bieten den Überblick über die kartographische
Darstellung im Verhältnis zum Kugelkörper, was bei Karten
schwer nachvollziehbar ist.
Ihr wesentlichster Nachteil liegt im relativ kleinen
Maßstab der kartographischen Darstellung. Um die
Übersichtlichkeit zu gewährleisten, beträgt der Durchmesser
einer Globuskugel üblicherweise zwischen 20 und 40 cm. Dies
bedingt eine relativ starke Generalisierung, das bedeutet,
eine bewusste inhaltliche und graphische Vereinfachung des
Kartenbildes. Bei einem üblichen Globusdurchmesser von 32 cm,
der einen Maßstab von 1:40 Millionen repräsentiert, entspricht
eine Strecke von 1 cm auf dem Globus einer Entfernung von 400
km auf der Erdoberfläche. Die Abplattung des Erdkörpers an den
Polen lässt sich auf Globen gar nicht darstellen: bei dem
genannten Durchmesser würde diese auf der Globuskugel nur etwa
1 mm betragen.
Erdgloben werden in die Kategorien Karten- und
Reliefgloben unterschieden, die Kartengloben wiederum in
physische und in Themagloben gruppiert. Zu den Themagloben
zählen auch Globen, die politische Einteilungen wiedergeben.
Im allgemeinen Bewusstsein sind diese politischen Globen
jedoch als die übliche Form der Erdgloben verankert.
Neben dem Kartenbild sind für den Aussagegehalt von Globen
die Beschriftung des Karteninhaltes, Angaben zu Autor,
Hersteller, (bei Seriengloben) Verleger sowie Ort und Jahr der
Herstellung von Bedeutung.
Alte Erdgloben enthalten oft Textfelder, in denen
Personen, denen das Werk gewidmet wurde, sowie Quellen der
wiedergegebenen Informationen, Hinweise für die Benützung,
Anmerkungen zu bestimmten geographischen Phänomenen oder
zu besonders wichtigen Ereignissen der Entdeckungsgeschichte
erwähnt werden.
Diese Textfelder sowie dekorative, bildliche Darstellungen
verdecken nicht selten absichtlich Gebiete, über die zur Zeit
der Anfertigung des Globus keine oder nur sehr wenige – und/
oder unsichere Informationen vorlagen.
Auf moderneren Globen werden die dargestellten
raumbezogenen Daten abstrahiert wiedergegeben und die dazu
verwendeten Kartenzeichen und Farbsignaturen in Legenden
erklärt.
Viele Hersteller publizierten zu ihren Erdgloben
Gebrauchsanleitungen, denen oft eine Einführung in die
Geographie vorangestellt war.
Der Himmelsglobus
Der Himmelsglobus ist ein Modell des scheinbaren
Himmelsgewölbes, dessen Oberfläche mit einer kartographischen
Darstellung versehen ist.
Dieses Kartenbild gibt die Positionen der Fixsterne und deren
Zusammenstellung zu Sternbildern wieder. Oft sind auch
astronomische Nebel und andere Himmelsobjekte sowie
Informationen zu astronomischen Phänomenen, zum Beispiel zu
Kometen und ihren Bahnen oder zu plötzlich aufgetretenen
Helligkeitsveränderungen von Sternen
(Novaausbrüche)abgebildet.
Von der Erde aus wird der nächtliche Sternenhimmel von
jedem Punkt aus so wahrgenommen, als würden sich alle
Himmelskörper in der gleichen Entfernung von ihr auf der
Innenseite einer Hohlhalbkugel befinden. Auf der Grundlage des
Wissens um die Kugelgestalt der Erde entstand so in der Antike
die Vorstellung eines kugelförmigen, die Erde umhüllenden
Firmaments. Der Himmelsglobus, als Modell dieser scheinbaren
Himmelskugel, bildet den Sternenhimmel jedoch auf dem Äußeren
einer Kugeloberfläche ab, wobei die Erde als im Zentrum
befindlich und die Kugel als transparent gedacht werden muss.
Auf diese Weise erscheinen die Sternpositionen und konstellationen auf der Globuskarte seitenverkehrt. Diese
übliche Form der Darstellung wird konvex genannt.
Eine zweite Variante der Himmelsgloben zeigt die
Sternpositionen und -konstellationen seitenrichtig – so, wie
sie sich im Inneren der gedachten Himmelskugel darstellen.
Diese Wiedergabeform ist jedoch problematisch, da das Bild
dennoch von außen auf der Oberfläche des Globus, und somit
falsch gewölbt, betrachtet wird. Diese, als konkav bezeichnete
Variante ist daher seltener hergestellt worden.
Himmelsgloben geben, im Gegensatz zu Karten, die Beziehungen
der Positionen von Himmelskörpern, wie sie sich von der Erde
aus darstellen, unverzerrt, in ihrer richtigen gegenseitigen
Lage und in ihren Winkelbeziehungen zueinander,
wieder.
In ein, mit zusätzlichen Ringen und Skalen versehenes
Gestell montiert, kann mit dem Himmelsglobus für jeden Ort der
Erde und für jede Tages- und Nachtzeit des Jahres der jeweils
sichtbare Ausschnitt des Sternenhimmels eingestellt werden. Um
seine Achse gedreht, macht er den scheinbaren Lauf der
Gestirne um die Erde, mit Auf- und Untergang sowie
Kulmination, nach-vollziehbar.
Neben den oft sehr dekorativ gestalteten, teilweise sogar
künstlerisch anspruchsvollen, bildlichen Darstellungen der
Sternkonstellationen befinden sich auf alten Himmelsgloben
häufig auch Textinformationen. In einem, zumeist eingerahmten
Textfeld, wird der Globus bezeichnet, Autor, Hersteller, (bei
Seriengloben) Verleger und oft auch Ort und Jahr der
Anfertigung angegeben. Diese Informationen sind, neben dem
Kartenbild, für die Interpretation der Globen von großer
Bedeutung.
Zusätzlich werden manchmal die Quellen der
kartographischen Darstellung – Sternkataloge, Himmelskarten
und -atlanten – genannt. Weitere Texte können bestimmte
astronomische Phänomene und/oder Ereignisse erläutern oder
auch Anmerkungen für die Benützung des Globus enthalten.
Das Kartenbild moderner Himmelsgloben weist in der Regel
keine Texte auf.
Viele Hersteller publizierten zu ihren Himmelsgloben
Gebrauchsanleitungen, denen oft eine Einführung in die
Astronomie vorangestellt war.
Globenherstellung
Globusinstrumente bestehen aus einer Globuskugel mit
Kartenbild, einem Gestell sowie zusätzlichen Messringen und
Skalen (Armierung).
Die Kugeln können aus unterschiedlichen Materialien, wie
Stein, Metall, Holz, Glas, Papiermaché, Karton oder
Kunststoff, hergestellt werden.
Seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts kam in
Europa üblicherweise folgendes Verfahren zur Anwendung: In
einer nach innen gewölbten Form werden zwei hohle Halbkugeln
aus Papiermaché modelliert, wobei die Schichtstärke in der
Regel nur wenige Millimeter beträgt. Diese Halbkugeln werden
nach dem Trocknen zu einem Kugelkörper zusammengefügt. Bei
Globen größeren Durchmessers erhöht eine Holzkonstruktion im
Inneren der Hohlkugel die Stabilität. Die Kugel wird mit Gips
oder einer gipsähnlichen Masse bestrichen und nach dem
Trocknen fein abgeschliffen. Auf die Oberfläche wird Papier
geklebt.
Um einen Einzel- oder Manuskriptglobus herzustellen, wird
das Kartenbild direkt auf diese Papierschicht gezeichnet
und/oder gemalt.
Bei Seriengloben werden nicht nur die Kugel sowie das Gestell
mit Armierung in Serie produziert, sondern die Oberfläche der
Kugel wird mit einer gedruckten Globuskarte versehen. Dazu
muss
das Kartenbild unter Anwendung einer speziellen Projektion auf
so genannte Globussegmente (sphärische Zweiecke) übertragen
werden. Diese Segmente werden auf Papier gedruckt und
ausgeschnitten.
In feuchtem Zustand sind die Papiersegmente elastisch und
können – ohne Falten zu bilden – auf die Kugel aufkaschiert
werden. Eine abschließend aufgetragene Firnis- bzw.
Lackschicht schützt die Globusoberfläche vor Beschädigungen.
Die in Holzschnitt, Kupferstich oder in Lithographie
gedruckten Globuskarten mussten aufwändig von Hand koloriert
werden, bis dies durch den Einsatz der Chromolithographie und
später anderer moderner Farbdruckverfahren nicht mehr
notwendig war.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die
Halbkugeln in großen Pressen maschinell und aus Karton
hergestellt. Bei diesem Verfahren entstand eine ausreichend
glatte Oberfläche, so dass auf das komplizierte Auftragen und
Schleifen der Gipsschicht verzichtet werden konnte.
Ab den 1950-er Jahren löste ein vollkommen neues
Herstellungsverfahren die Methode der Globenfertigung auf der
Basis von Kartonhalbkugeln ab. Thermoplastisch verformbare
Kunststofffolien werden in einer speziellen Projektion
bedruckt und danach in einem maschinellen Tiefziehverfahren zu
Halbkugeln geformt. Während dieses Verformungsprozesses
entsteht gleichzeitig das Kartenbild. Die Halbkugeln werden am
Äquator verklebt und auf ein, häufig auch aus Kunststoff
bestehendes, einfaches Gestell montiert.
Je nach Verwendungszweck spielt das Globusgestell eine
mehr oder weniger wichtige Rolle. Gestelle können aufwändig
als vierfüßige Holzkonstruktion oder einfach als Sockel mit
Säule
gestaltet sein. Für den Gebrauch des Globus als Instrument
muss die Globuskugel in einem Gestell ruhen, das mit mehreren
Ringen und Skalen und zusätzlich mit einem Kompass versehen
ist.
Die Holzarbeiten wurden in einer Tischlerei und die
aufwändige Metallbearbeitung in einer mechanischen Werkstatt
ausgeführt.
Globenherstellung um 1950
Bereits im frühen 20. Jahrhundert wurden Globen zu
Massenprodukten. Dennoch verlangte der Produktionsprozess
qualifizierte Handarbeit.
Der für die Herstellung von Erdgloben in der ersten Hälfte des
20. Jahrhunderts typische Fertigungsprozess gliedert sich in
fünf Bereiche: die Kugelherstellung, den Entwurf und den Druck
der Globuskarte, das Aufbringen der Karte auf die Kugel, die
Fertigung des Gestells und der Metallteile sowie die
Endmontage des Globus.
Globuskugel | Speziell gestanzte Rohlinge aus nur wenige
Millimeter starkem Karton werden in einer hydraulischen Presse
zu Hohlhalbkugeln geformt; jeweils zwei Halbkugeln zu einem
Kugelkörper zusammengesetzt, verleimt und die Naht verkittet.
Globuskarte | Das in einem kartographischen Verfahren
verebnete Bild der Erdoberfläche wird in die Form sphärischer
Zweiecke (Globussegmente) übertragen. Das Kartenbild wird
mittels Reproduktionsverfahren auf Papier gedruckt und die
Segmente aus den Druckbögen ausgeschnitten.
Aufbringen der Globuskarte auf die Kugel | Die Globussegmente
werden durch Befeuchten elastisch gemacht und können so auf
die Globuskugel geklebt werden. Dieses Verfahren setzt
Geschicklichkeit und Erfahrung voraus, da sich die Zweiecke je
nach Feuchtigkeitsgrad unterschiedlich stark ausdehnen. Die
mit dem Bild der Erdoberfläche versehene Kugel wird
anschließend
gewaschen, getrocknet und zum Schutz gegen Beschädigung mit
Lack überzogen.
Fertigung des Gestells und der Metallteile | In einer zur
Globenfabrik gehörenden Tischlerei und Drechslerei werden aus
Holz die Globusgestelle in unterschiedlichen Varianten, mehr
oder weniger aufwändig gefertigt. In der Regel bestanden
Globusgestelle im 20. Jahrhundert nur aus einer Säule
und einem Sockel. Die aus Metall gearbeitete Globusachse und
der mit einer Gradzählung versehene Voll- bzw.
Halbmeridianring werden in einer mechanischen Werkstätte
hergestellt.
Endmontage | Durch Öffnungen am Nord- und am Südpol der
Globuskugel wird die Metallachse gesteckt. Die Enden der Achse
werden (je nach gewählter Gestellform und Preisklasse) an
einen Voll- bzw. einen Halbmeridian geschraubt und dieser,
meistens in einer Neigung von 23° 27’, am Gestell befestigt.
Abschließend wird der Globus geprüft, verpackt und für den
Versand vorbereitet.
Der Erdglobus des Martin Behaim
Der in Nürnberg geborene Martin Behaim (1459 – 1507) unternahm
Handelsreisen in Europa, bis hin nach Lissabon. Er lebte
später
jahrelang in Portugal und nahm von dort aus angeblich an
mehreren Schifffahrten entlang der westafrikanischen Küste
teil. 1490 bis 1493 entstand unter seiner Anleitung und
Mitwirkung in Nürnberg die älteste erhaltene Darstellung
der Erde in Kugelform.
Der als Einzelstück gefertigte Globus zeigt Europa, Asien
und Nordafrika auf der Grundlage überlieferter
Erdbeschreibungen und Reiseberichte.
Bemerkenswert ist insbesondere die viel zu große Ost-WestErstreckung Eurasiens. Die Westküste Afrikas entspricht den 15.
Jahrhunderts, die Darstellung der Ostküste hingegen basiert
weitgehend auf Vermutungen. 1492 war der amerikanische
Doppelkontinent in Europa noch nicht bekannt, daher befinden
sich zwischen der Westküste Europas und der Ostküste Asiens
nur Inseln, unter anderem das aus Marco Polos Reisebericht
bekannte Zipangu (Japan).
Zahlreiche bildliche Darstellungen und Textfelder
erweitern die Aussage des Kartenbildes.
Geschichte der Globen
Erd- und Himmelsgloben sind seit der griechischen Antike
bekannt.
Da jedoch der Ausschnitt der bekannten Erdoberfläche im
Verhältnis zur gesamten Erdkugel sehr gering war, wurden kaum
Erdgloben angefertigt. Die Existenz antiker Himmelsgloben,
ihre Herstellung aus Stein, Metall oder aus Holz sowie
ihre Verwendung ist jedoch in zahlreichen schriftlichen und
bildlichen Quellen belegt.
Erhalten haben sich lediglich eine, der griechischen
Antike zugeschriebene, fast zwei Meter hohe Marmorstatue mit
einem Himmelsglobus und zwei kleine Metallgloben aus dem
römischen Altertum.
Der arabisch/islamische Kulturkreis (der zeitlich
unterschiedlich von Spanien bis nach Indien reichte) übernahm
die antike Tradition und entwickelte diese weiter. Die ersten
arabischen, zumeist aus hohlen Metallkugeln hergestellten
Himmelsgloben stammen aus dem 9. Jahrhundert.
In Europa erlangte die Lehre von der Kugelgestalt der Erde
erst am Vorabend der europäischen Expansion nach Übersee
wieder Bedeutung. Sehr wenige Objekte aus dem 15. Jahrhundert
sind überliefert. Das bedeutendste ist zweifellos der weltweit
älteste erhaltene Erdglobus aus dem Jahr 1492, der in Nürnberg
von Martin Behaim (1459 – 1507) als Einzelstück angefertigt
wurde. Dieser Globus repräsentiert den Stand der europäischen
geographischen Kenntnisse vor den Entdeckungsfahrten von
Christoph Columbus, John Cabot und Amerigo Vespucci und zeigt
den Ozean zwischen Afrika und Asien daher noch ohne den
amerikanischen Doppelkontinent.
Im 16. Jahrhundert erlebten Erd- und Himmelsgloben im Zuge
der europäischen maritimen und kolonialen Unternehmungen als
Modelle, als wissenschaftliche Instrumente, aber auch als
Lehrmittel, eine deutliche Aufwertung. Die Serienproduktion
von Globen auf der Grundlage von Holzschnitt- und (zumeist
handkolorierten) Kupferstichdrucken der Globuskarten setzte
ein.
Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19.
Jahrhunderts wurden Globen in der Regel paarweise hergestellt:
ein Himmels- und ein Erdglobus vom gleichen Hersteller, im
gleichen Stil, im gleichen Durchmesser und im gleichen
Gestell.
Globen entwickelten sich im 17. Jahrhundert einerseits zu
kommerziellen Verlagsprodukten, andererseits dienten sie als
symbolträchtige, barocke Prunkobjekte, die unter anderem in
den Repräsentationsräumen geistlicher und weltlicher
Autoritäten aufgestellt wurden.
Im 18. Jahrhundert ließ die Qualität der, vor allem in den
Niederlanden, in Frankreich, England, Deutschland und Italien
hergestellten, kommerziell erfolgreichen Serienprodukte nach.
Die in höheren Stückzahlen gefertigten Globen wurden jedoch
erschwinglicher und fanden weitere Verbreitung.
Bedeutsame Veränderungen auf dem Gebiet der Globen
erfolgten im 19. Jahrhundert. Wurden bisher Erd- und
Himmelsgloben in der Regel als Globenpaar angefertigt,
verzichteten die Hersteller ab etwa 1850 immer öfter auf den
Himmelsglobus.
Bei der Reproduktion der Globuskarten ersetzte
die Lithographie den wesentlich teureren Kupferstichdruck.
Gleichzeitig wurde der Funktion der Globen als Instrumente
weniger Bedeutung zugemessen; die Montage der Globuskugel
erfolgte daher immer häufiger auf einfachen, nur mit einer
Säule versehenen Sockeln statt in den teuren vierfüßigen
Gestellen. All dies führte zu billigeren Produkten und
förderte die Verbreitung der Globen, vor allem ihre Verwendung
in Schulen. Große Serien unterschiedlicher Durchmesser wurden
von nun an in vielen Ländern produziert.
Im 20. Jahrhundert entwickelte sich der Erdglobus zu einem
industriellen Massenprodukt. Insbesondere Kunststoffgloben
sind heute in vielen Haushalten der westlichen Welt zu finden.
An der Wende zum 21. Jahrhundert wurden virtuelle, auf
digitalen Technologien basierende Globen entwickelt. Mit
zahlreichen interaktiven und multimedialen
Nutzungsmöglichkeiten versehen, stellen diese eine qualitativ
neue Entwicklungsstufe in der Geschichte der Globenherstellung
dar.
Raum 2.1.
Vincenzo Coronelli (1650 – 1718)
Vincenzo Coronelli gilt als bedeutendster Globenkonstrukteur
und -hersteller und als würdiger Nachfolger der erfolgreichen
niederländischen Globenproduzenten aus der ersten Hälfte des
17. Jahrhunderts.
Er wurde am 15. August 1650 als Sohn eines Schneiders in
Venedig geboren und trat mit 15 Jahren in ein Minoritenkloster
ein. Danach studierte er Theologie und wurde 1674 zum
Doktor promoviert.
Coronelli entwickelte sich in der Folgezeit zu einem
vielseitigen Gelehrten; er betätigte sich nicht nur als
Theologe sondern auch als Kosmograph, Kartograph sowie
Globenkonstrukteur und er wirkte als Autor und Herausgeber
mehrbändiger Atlanten und Bücher – unter anderem eines
umfangreichen enzyklopädischen Werkes. Er interessierte sich
auch für technische Wissenschaften und ihre Anwendung.
Vincenzo Coronelli kompilierte vor allem das Wissen seiner
Zeit. Dabei nutzte er alle Möglichkeiten, die sich ihm als
einem hochgestellten Mitglied eines katholischen Ordens mit
hervorragenden überregionalen Beziehungen boten.
Seine organisatorischen Fähigkeiten und die Begabung, sich
Unterstützung zu verschaffen, ermöglichten ihm, sein Wissen in
Form von Büchern, Karten und Globen zu verbreiten.
1684 gründete Coronelli mit der „Accademia degli
Argonauti“ die erste geographische Gesellschaft der Welt,
deren Mitglieder aus ganz Europa seine Tätigkeit finanziell
unterstützten.
Aus bescheidenen Verhältnissen stammend, ermöglichten ihm
seine erfolgreichen, wissenschaftlichen Aktivitäten eine
beeindruckende Karriere: 1685 wurde er zum Kosmographen der
Republik Venedig ernannt und 1701 zum Generaloberen des
Minoritenordens gewählt.
Von seinen zahlreichen Büchern sind in Bezug auf die
Globen zwei hervorzuheben: die 1693 publizierten „Epitome
cosmografica“, eine Art Lehrbuch, das seine Vorlesungen in
Kosmologie an der Universität Venedig zusammenfasst und unter
anderem auch eine Abhandlung über Globen enthält, und das ab
dem Jahr 1700 veröffentlichte, sehr seltene „Libro dei Globi“,
das die Globussegmente aller seiner in Serie produzierten
Globen beinhaltet.
Coronelli starb am 9. Dezember 1718 in Venedig. Er wurde
in der Kirche Santa Maria dei Frari beigesetzt, wo heute noch
seine Grabplatte besichtigt werden kann.
Die Globen des Vincenzo Coronelli
Wann Coronelli begann, sich erstmals mit der Herstellung von
Globen zu beschäftigen, ist nicht bekannt.
Überliefert ist aus dem Jahr 1678 die Anfertigung eines (nicht
erhaltenen) Manuskriptglobenpaares für Ranuccio Farnese,
Herzog von Parma. Diese Globen, jeweils im Durchmesser von 1,75
Metern, erregten die Aufmerksamkeit des außerordentlichen
Botschafters Frankreichs in Rom, Kardinal César d’Estrées, der
ihn daraufhin 1680 mit der Anfertigung eines prunkvollen
Globenpaares für den französischen König, Ludwig XIV.,
beauftragte.
Zu diesem Zweck übersiedelte Coronelli nach Paris und
verbrachte dort die Jahre 1681 bis 1683. Er erhielt vielfältige
Unterstützung und Zugang zu den aktuellsten geographischen
Daten. Die Globen, jeweils im Durchmesser von 3,85 Metern,
waren wiederum Einzelstücke. In Bezug auf ihren
Informationsgehalt, ihre Konstruktion und ihre Gestaltung
stellten sie Spitzenleistungen dar. Ihre eigentliche Funktion
lag jedoch im Symbolischen: sie sollten vor allem der
Verherrlichung des Sonnenkönigs dienen.
In seine Heimatstadt Venedig zurückgekehrt, begann
Coronelli, auf der Grundlage der für Ludwig XIV. entworfenen
Globuskarten, ab 1686 mit der Serienproduktion eines
repräsentativen Globen-paares im Durchmesser von jeweils 110
cm.
Der Erdglobus wurde 1688 in Venedig fertig gestellt. Die
erhaltenen Exemplare unterscheiden sich nur in der Kolorierung
und in der Gestaltung der Gestelle. Von den Himmelsgloben,
deren Segmente in Paris und in Venedig gestochen wurden,
existieren demgegenüber drei Ausgaben: zwei Konvex-Versionen
(Paris 1686 und Venedig 1699) und eine Konkavausgabe (Venedig
1692).
Montierte Globen im Durchmesser von 110 cm wurden nur in
Venedig und Umgebung verkauft. Für weiter entfernte
Interessenten wurden die Kugeln und die Gestelle nach
Konstruktionsplänen in der Umgebung des Käufers angefertigt.
Dann wurden die aus Venedig gelieferten Globussegmente
aufkaschiert und nach den Vorstellungen des Käufers von Hand
koloriert.
Coronellis repräsentative Prachtgloben im Durchmesser von
110 cm waren für den Adel und für kirchliche Würdenträger
gedacht. Sie verkauften sich gut und erreichten eine
bemerkenswerte Verbreitung in Europa. Die großen, attraktiven
Globen wirkten nicht nur als wissenschaftliche Instrumente und
als Sinnbilder für Bildung und Interesse an den Wissenschaften
sondern auch als Zeichen für die Einheit irdischen und
universellen Wissens und als Statussymbole.
Coronelli entwarf auch Globenpaare in kleineren
Durchmessern: 1693 Erd- und Himmelsgloben im Durchmesser von 5
und 15 cm, 1696 im Durchmesser von 48 cm und 1697 von 8,5 cm.
Somit verfügte er Ende der 1690-er Jahre über die Möglichkeit,
Globenpaare unterschiedlicher Durchmesser in Serie zu fertigen
und zu verkaufen.
Raum 2.2.
Bildliche Darstellungen auf den Globen Vincenzo Coronellis
Coronellis Prunkgloben im Durchmesser von 110 cm sind
reichhaltig mit bildlichen Darstellungen versehen. Nicht nur
ihr
astronomischer und geographischer Inhalt sondern insbesondere
die Gestaltung dieser Bildwelten waren ausschlaggebend für
die Funktion der Globen als Repräsentationsgegenstände und
Statussymbole „hochgestellter Persönlichkeiten“.
Den Himmelsglobus zieren künstlerisch anspruchsvoll im Stil
des Barock gezeichnete, außerordentlich detailreiche, figurale
Sternbilder, die qualitativ hochwertig in Kupfer gestochen und
auf Papier gedruckt wurden.
Auf dem Erdglobus befinden sich in außereuropäischen
Gebieten zahlreiche, von gängigen, zeitgenössischen Vorlagen
übernommene, bildliche Darstellungen, die den abstrakten
Karteninhalt deutlich erweitern. Sie erzeugen eine gezielte
Inszenierung exotischer Themen – Szenen, die es ermöglichten,
von Europa aus das Fremde „in den eigenen vier Wänden“ zu
erleben.
Seit der Umsegelung Afrikas, der Entdeckung und Eroberung
Amerikas und der Expansion der Europäer nach Asien bestand ein
Bedarf an Nachrichten aus diesen bislang unbekannten Regionen
und über die dort lebenden Völker, der durch teilweise reich
illustrierte Publikationen (Flugblätter, Kosmographien und
Reisebeschreibungen) gedeckt wurde.
Nicht alle dort wiedergegebenen Illustrationen waren der
Realität verpflichtet; die Verfasser und Herausgeber nahmen
durchaus Rücksicht auf den Erwartungshorizont ihrer Kunden. So
wurden nicht nur Personen, technische Gerätschaften,
menschliche Siedlungen, europäische und außereuropäische
Schiffe, exotische Tiere und Pflanzen sowie Jagd-, Fischfangund Schlachtenszenen abgebildet sondern auch
Phantasiegestalten, Fabelwesen und Meeresungeheuer.
Die Darstellung von in Amerika beheimateten Völkern, denen
die Zubereitung und der Verzehr von Menschenfleisch
zugeschrieben wurde, markierte auch auf dem Erdglobus von
Coronelli einen Höhepunkt der bildhaften Repräsentation des
Fremden.
Raum 3
Einleitung
Das Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek
präsentiert die weltweit umfangreichste öffentlich zugängliche
Sammlung von Globen und globenverwandten Instrumenten. Es ist
auch die einzige Institution, in der spezifisch Erd- und
Himmelsgloben, Globen des Erdmondes und verschiedener Planeten
sowie den Globen verwandte Instrumente erworben, erforscht und
ausgestellt werden.
In Österreich befinden sich weitere bedeutende
Globensammlungen in öffentlichem und in kirchlichem Besitz
sowie mehrere beeindruckende Privatkollektionen.
Universitäre und außeruniversitäre Forschung an und über
Globen lässt sich in Österreich bis ins 19. Jahrhundert
zurückverfolgen. Heute bezieht die Wissenschaft auch die
Entwicklung virtueller Globusmodelle auf der Basis digitaler
Technologien mit ein.
Wien ist Sitz der Internationalen Coronelli-Gesellschaft
für Globenkunde, einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft mit
Mitgliedern in allen Kontinenten, die sich die Aufgabe
gestellt hat, die Beschäftigung mit dem Globus als spezifische
kartographische Ausdrucksform, mit seiner Geschichte sowie
seiner Stellung im soziokulturellen Kontext zu pflegen und zu
befördern.
Das enge Zusammenwirken des Globenmuseums der
Österreichischen Nationalbibliothek mit der Globenforschung,
der Internationalen Coronelli-Gesellschaft und Privatsammlern
macht die Stadt Wien zu einem international bedeutenden
Zentrum der Globenkunde.
Globen und Globenkunde in Österreich
Von der Mitte des 18. bis in die erste Hälfte des 20.
Jahrhunderts wurden in Österreich Globen erzeugt und
theoretische und praktische Entwicklungsarbeit auf dem
Gebiet des Entwurfs und der Herstellungsmethoden geleistet.
Berühmt sind die Globen des ersten österreichischen
Globenherstellers, des Tiroler „Bauernkartographen“, Peter
Anich (1723 – 1766). Im 19. Jahrhundert wurden in Österreich
qualitativ hervorragende Erd- und Himmelsgloben entworfen und
in Serie erzeugt. Spitzenprodukte stammen insbesondere von
Joseph Jüttner (1775 – 1848). Ende des 19. Jahrhunderts
produzierten die Firmen Schöninger in Wien und Felkl in Prag
zehntausende Globen in mehreren Sprachversionen und deckten so
vor allem den Lehrmittelbedarf von Schulen. Darüber hinaus
erzeugten die kartographischen Verlage Freytag & Berndt und
Eduard Hölzel bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts
Globen.
In den 1930-er Jahren entwickelte Robert Haardt (1884 –
1962) in Wien den sogenannten „Rollglobus“, der jedoch nicht in
Österreich sondern in Deutschland produziert wurde.
Unter dem Begriff „Globenkunde“ wird die Beschäftigung mit
den Globen als kartographische Ausdrucksformen, aber auch mit
ihrer kultur- und wissenschaftshistorischen Rolle und
Bedeutung zusammengefasst. Dabei werden vor allem die
Geschichte, Erzeugung und Nutzung der Globen, aber auch die an
ihrer Herstellung beteiligten Personen und Firmen untersucht.
Studien zum Entwurf und zur Fertigung der Globuskarten, ihrer
Grundlagen und ihres Informationsgehaltes sowie Vergleiche mit
anderen kartographischen Produkten sind anspruchsvolle
Teilgebiete der Globenkunde. Weitere wichtige Aspekte stellen
die bibliographische Erfassung und exakte Beschreibung der
alten Objekte und die Entwicklung und Verbreitung von Methoden
ihrer Erhaltung und Restaurierung dar. Neu ist die
Beschäftigung mit virtuellen Globen.
In Österreich wurde und wird seit dem 19. Jahrhundert
sowohl universitär als auch außer-universitär auf dem Gebiet
der Globenkunde geforscht.
1952 gründete sich in Wien der „Coronelli-Weltbund der
Globusfreunde“ (heute: Internationale Gesellschaft für
Globenkunde). Diese Gesellschaft vereinigt
WissenschaftlerInnen, SammlerInnen, MuseumskuratorInnen,
RestauratorInnen und HändlerInnen aber auch viele
Institutionen und Bibliotheken, die Globen besitzen. Sie
veröffentlicht unter dem Titel „Der Globusfreund“, bzw. in der
englischsprachigen Version „Globe Studies“, die einzige
globenspezifische Fachzeitschrift.
Ende der 1940-er Jahre wurde in Wien das weltweit erste
(private) Globusmuseum gegründet und wenige Jahre später das
Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek
eingerichtet. Von diesen Museen gingen wichtige Impulse auf
dem Gebiet der Sammlung und Dokumentation der Globusobjekte
aus.
Robert Haardt und sein privates Globusmuseum
Der Wiener Privatgelehrte Ing. Robert Haardt (1884 – 1962)
machte es sich zur Lebensaufgabe, die Öffentlichkeit für die
wissenschaftlich, technisch und kulturgeschichtlich
interessanten sowie kunsthandwerklich oft anspruchsvoll
gestalteten Globusobjekte zu sensibilisieren.
Eines seiner Hauptziele ab den 1930-er Jahren lag
in der Errichtung eines staatlichen Museums, in dem alte
Globen zentralisiert und einer breiten Öffentlichkeit
präsentiert werden würden. Obwohl Haardt auf namhafte
Unterstützung zählen konnte, wurde sein Vorhaben bis zum Ende
der 1940-er
Jahre nicht realisiert. Daraufhin richtete er in seiner
Wohnung im vierten Wiener Gemeindebezirk ein privates
„Globusmuseum“ ein, in dem neben seiner eigenen Sammlung auch
Leihgaben aus öffentlichem Besitz präsentiert sowie
Sonderausstellungen veranstaltet wurden.
Robert Haardt gab nicht nur der Forschung über alte Globen
wichtige Impulse – er wirkte auch unermüdlich für die
Verbreitung von Globen in der Bevölkerung und insbesondere für
die Verwendung dieser anschaulichen Modelle im
Schulunterricht.
Robert Haardt erlangte darüber hinaus Bedeutung als
Erfinder des achslosen, mit Einrichtungen zum direkten Ablesen
von Entfernungen und Winkeldifferenzen versehenen, sogenannten
„Rollglobus“. 1952 initiierte er in Wien die Gründung des
„Coronelli-Weltbundes der Globusfreunde“ und wirkte bis zu
seinem Ableben als dessen Präsident.
Das Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek
1953 verfügte das Unterrichtsministerium die Einrichtung einer
staatlichen Globensammlung, organisatorisch und räumlich
angeschlossen an die Kartensammlung der Österreichischen
Nationalbibliothek am Josefsplatz. Die in öffentlichem Besitz
befindlichen Globen aus Robert Haardts Globusmuseum wurden in
die Kartensammlung transferiert und gemeinsam mit dem
Globenbestand der Bibliothek ab April 1956 öffentlich
zugänglich gemacht.
Kontinuierlich und systematisch wurde der Bestand der
Globensammlung erweitert, nach und nach errang die Sammlung
den Charakter eines Museums – unterstützt von privaten
Sammlern,
die mehrere seltene Globen als Leihgaben zur Verfügung
stellten.
1986 wurden für das Globenmuseum im Gebäude der
Österreichischen Nationalbibliothek am Josefsplatz neue
Räumlichkeiten adaptiert, die erstmals zeitgemäße
konservatorische Ansprüche erfüllten und die Präsentation der
Globen – einem didaktischen Konzept folgend – erlaubten.
In dem 2005 im Palais Mollard neu eröffneten Globenmuseum
werden den Besucherinnen und Besuchern Globen als spezifische
kartographische Ausdrucksformen aber auch als Objekte von
hoher künstlerischer und handwerklicher Qualität vorgestellt.
Neben den alten, wertvollen und unantastbaren Objekten wird
zum ersten Mal auch ein virtueller Globus präsentiert.
Der Bestand des Museums umfasst mehr als 420 Objekte
(2005). Er wird durch Ankäufe kontinuierlich erweitert. Das
Hauptgewicht der Sammlung liegt bei den vor 1850 angefertigten
Objekten – in dieser Hinsicht handelt es sich um die weltweit
zweitgrößte Kollektion nach der des National Maritime Museum
in Greenwich (UK).
Interessierten, die an und über Globen aus dem
Museumsbestand forschen möchten, steht in der Studiensammlung
des Globenmuseums ein Benutzerraum zur Verfügung.
(Terminvereinbarung am Infodesk)
Globenspezifische Fachliteratur wird von der
Kartensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek
gesammelt und kann dort von den Bibliotheksbenützerinnen und benützern konsultiert werden.
Teil des Globenmuseums im Palais Mollard ist das „Kabinett
der Sammlerinnen und Sammler“, in dem Dauerleihgaben aus vier
bedeutenden Wiener Privatsammlungen individuelle Formen der
Beschäftigung mit Globen in heutiger Zeit nach-vollziehbar
machen.
Raum 4
Armillarsphären
Armillarsphären sind seit der Antike bekannte astronomische
Instrumente zur Bestimmung der Positionen von Himmelskörpern.
Sie können aber auch als Modelle zur Darstellung der
astronomischen Koordinatensysteme verwendet werden. Seit dem
16. Jahrhundert werden Ringkugeln im Inneren manchmal mit
geozentrischen oder heliozentrischen Modellen des
Sonnensystems versehen.
Planetarium
Planetarien sind nicht maßstabsgetreue Modelle des
Planetensystems. Bei diesem Instrument wird durch Drehen der
Kurbel eine kreisförmige Bewegung der Planeten Merkur, Venus,
Erde (mit Erdmond), Mars, Jupiter (mit vier Monden), Saturn
(mit sieben Monden und Uranus (mit sechs Monden) um die Sonne
bewirkt. Das Modell kann mit den beiliegenden Zusatzgeräten
auch als Tellurium oder Lunarium verwendet werden.
Tellurium - Lunarium
Tellurien sind nicht maßstabsgetreue Modelle zur Demonstration
der Bewegung der Erde um die Sonne (Kerze). Mit einem Lunarium
kombiniert, können auch der Lauf des Mondes um die Erde und so
die mit diesen beiden astronomischen Bewegungen in
Zusammenhang stehenden Phänomene (zum Beispiel Jahreszeiten,
Tag und Nacht, aber auch Sonnen- und Mondfinsternisse)
veranschaulicht werden.
Raum 5
Gerard Mercator
Erd- und Himmelsglobus
Gerard Mercator (1512 – 1594) gilt als der bedeutendste
Kartograph des 16. Jahrhunderts. Er schuf zahlreiche Landkarten
und Stadtpläne und entwickelte eine Kartenprojektion, die
später nach ihm benannt wurde und heute noch verwendet wird.
Mercator half bereits seinem Lehrer an der Universität
Löwen (Leuven/Louvain), Gemma Frisius (1508 – 1555), bei der
Fertigung von Globuskugeln und Gestellen.*
Seine eigenen Globen repräsentieren den Stand der
geographischen und astronomischen Kenntnisse in der Mitte des
16. Jahrhunderts. Sie weisen darüber hinaus einige Neuerungen
auf. So zeichnete er auf seinem Erdglobus erstmals so
genannte Loxodromen ein – das sind spiralförmige Linien, die
sich asymptotisch einem Pol nähern und dabei alle Meridiane im
gleichen Winkel schneiden, und sein Himmelsglobus zeigt
zusätzlich zu den klassischen 48 Sternbildern die
Konstellationen „Antinous“ und „Cincinnus“ (Haar der
Berenike).
Mercators Globen sind sehr selten und außerordentlich
wertvoll.
* Gemma Frisius’ Erdglobus aus dem Jahr 1536 ist – als Dauerleihgabe der
Sammlung Rudolf Schmidt – im Kabinett der Sammlerinnen und Sammler zu
besichtigen.
Virtueller Globus
Dieses digitale Faksimile des Erdglobus von Gerard Mercator
wurde unter der Leitung von Andreas Riedl im Jahr 2005 von
einer Projektgruppe am Institut für Geographie und
Regionalforschung der Universität Wien, im Auftrag der
Österreichischen Nationalbibliothek, realisiert.
Dem wertvollen, unantastbaren Original als interaktives
Objekt gegenübergestellt, kann das digitale Modell am Monitor
in alle Richtungen bewegt werden. Das digitale Faksimile
ermöglicht einerseits eine genaue Betrachtung des
Globuskartenbilds in allen Einzelheiten und in stufenloser
Vergrößerung, andererseits kann es auf einer zweiten Ebene mit
einem Gradnetz und zeitgenössischen Raumdaten, so zum Beispiel
den Küstenlinien, dem Gewässernetz oder der Position wichtiger
Städte, überlagert werden.
Die Realisierung des Virtuellen Globus wurde von der
Gesellschaft der Freunde der Österreichischen
Nationalbibliothek gefördert.
Kartographische Aspekte des Erdglobus
Die Erdgloben zeigen nicht nur die Verteilung von Wasser und
Land, ihr Kartenbild enthält darüber hinaus zahlreiche
kartographische Elemente, wie zum Beispiel das Gradnetz, das
durch Breiten- und Längenkreise gebildet wird.
Durch die Angabe der geographischen Breite und Länge in Graden
und deren Unterteilungen in Minuten und Sekunden kann die Lage
eines jeden Ortes exakt bestimmt werden. Der Äquator teilt die
Erde in eine nördliche und in eine südliche Halbkugel. Seine
Lage ist eindeutig. Der Nullmeridian markiert den Beginn der
Zählung der Längenkreise. Dieser kann beliebig definiert
werden. So finden sich auf alten Globen unterschiedliche
Varianten der Festlegung des Nullmeridians – erst 1913
erfolgte die internationale Übereinkunft, die Greenwich als
verbindlich bestimmte. (Abb. 2 bis 5)
Oft ist auf alten Globen die Ekliptik dargestellt. Dieser
Großkreis markiert die Neigung der Erdachse gegenüber der
Ebene des Umlaufs der Erde um die Sonne, von der Erde aus
gesehen, die scheinbare Sonnenbahn. Die so genannte Schiefe
der Ekliptik (23° 27’) bedingt unter anderem die
unterschiedlichen Tageslängen und die klimatischen
Unterschiede der Jahreszeiten. (Abb. 1)
Die meisten Erdgloben geben auch das
Gewässernetz und die Oberflächenformen der Festländer wieder.
Im Laufe der Jahrhunderte wurden verschiedene Methoden der
Geländedarstellung entwickelt, zum Beispiel die so genannte
Maulwurfshügelmanier, die Darstellung mittels Schraffen und
Schummerung sowie die Differenzierung der Höhen und Tiefen auf
der Grundlage einer Farbenskala. (Abb. 6, 7 und 8) Manchmal
sind die Höhen und Meerestiefen auch durch Zahlenangaben
bestimmt.
Der Vergleich alter Globen macht die Geschichte der
Entwicklung der Kenntnisse von der Erdoberfläche
nachvollziehbar, da die kartographischen Darstellungen jeweils
das topographische Abbild der Erde enthalten, das zum
Zeitpunkt ihrer Anfertigung als gültig angesehen wurde – mit
allen zeitbedingten Beschränkungen und Fehlern.
Manchmal finden sich sogar imaginäre Landmassen. So sind
zum Beispiel auf Globen des 16. Jahrhunderts ein, von den
Geographen hypothetisch angenommener, riesiger Südkontinent
und auf Objekten aus dem 17. Jahrhundert das zwischen Asien und
Nordamerika als existent vermutete Land Yeso eingezeichnet.
Aber auch von bekannten Ländern sind Informationen
kartographisch wiedergegeben worden, die nicht der Realität
entsprechen. In Europa war bis ins 19. Jahrhundert vom Inneren
Afrikas nur sehr wenig bekannt. Dennoch zeigen die Globen des
17. Jahrhunderts dort eine Vielzahl von Bergen, Tälern, Flüssen
sowie Abbildungen von Menschen, Pflanzen und Tieren.
Im 18. Jahrhundert konnten sich die Kartographen dann dazu
durchringen, Bereiche auf der Karte zuzulassen, die keine
Informationen enthielten.
Im Zuge der Erforschung des afrikanischen Kontinents im
19. Jahrhundert füllten sich die „weißen Flecken“ wieder –
diesmal jedoch mit realistischen Daten. (Abb. 9, 10 und 11)
Ein weiteres Phänomen der kartographischen
Darstellung geographischer Informationen bietet die
Betrachtung Kaliforniens: die zunächst der Wirklichkeit
entsprechende Halbinselgestalt wurde im 17. Jahrhundert durch
eine falsche, aber aufgrund eines jüngeren Reiseberichtes als
richtig angenommene Inseldarstellung abgelöst. Bis zur
endgültigen Korrektur dieses Irrtums vergingen Jahrzehnte.
(Abb. 12, 13 und 14)
Das Kartenbild enthält oft zahlreiche, über die Topographie
hinausgehende, raumbezogene Themen bzw. Phänomene. Politische
und administrative Grenzen finden sich auf fast allen
Erdgloben; alte Objekte zeigen darüber hinaus oft auch
bildliche Darstellungen, wie zum Beispiel Schiffe, Tiere und
Pflanzen sowie Reiserouten von Entdeckungsfahrten und
Expeditionen. (Abb. 15 und 16)
Ein wesentlicher Aspekt der Gestaltung der Globuskarten
liegt in der Farbgebung. Diese wurde und wird von den
Globenherstellern sehr unterschiedlich gewählt – nicht einmal
die Weltmeere sind immer blau wiedergegeben.
Kartographische Aspekte der Himmelsgloben
Himmelsgloben zeigen neben Sternbildern und Sternpositionen
oft auch die Milchstraße, veränderliche Sterne, Sternhaufen
und Nebel sowie weitere astronomische Phänomene, wie zum
Beispiel Kometen.
Zur Positionsbestimmung von Himmelskörpern werden in der
Astronomie unterschiedliche Koordinatensysteme verwendet. Auf
Himmelsgloben sind zwei dieser Systeme, die jeweils ein
Gradnetz bilden, von Bedeutung:
1. Das Ekliptikalsystem | Die Grundebene dieses Systems bildet
die Ekliptik, die Ebene der Bahn der Erde um die Sonne. Die
Pole werden als ekliptikaler Nord- bzw. Südpol bezeichnet. In
diesem System werden die Positionen der Himmelskörper in
ekliptikaler Länge und ekliptikaler Breite bestimmt.
2. Das Äquatorialsystem | Die Grundebene dieses Systems bildet
die Ebene des Erdäquators, die das Himmelsgewölbe im
Himmelsäquator schneidet. Himmelsnord- und Himmelssüdpol
ergeben sich aus der gedachten Verlängerung der Erdpole in die
scheinbare Himmelskugel. In diesem System werden die
Positionen der Himmelskörper in Rektaszension und Deklination
bestimmt.
Manche Himmelsgloben zeigen beide Koordinatensysteme; die
Achse der Globen geht jedoch in der Regel durch Himmelsnordund Himmelssüdpol.
Schon im Altertum wurden am Himmelsgewölbe nahe
beieinander liegende Sterne zu Sternbildern zusammengefasst,
benannt und bildlich wiedergegeben. Diese Konstellationen sind
auf alten Globen oft sehr dekorativ gestaltet worden,
besonders im Barockzeitalter.
Die Darstellung der Sternbilder unterlag einem
stilistischen Wandel. Vom Beginn des 19. Jahrhunderts an trat
die dekorative, bildhafte Gestaltung in den Hintergrund. Sie
wurde zunächst durch unauffällige Konturendarstellungen
abgelöst, bis sie vollkommen aufgegeben wurde. Später erfolgte
die Darstellung der Sternbilder durch Wiedergabe der
Sternbildgrenzen und/oder durch, die Hauptsterne verbindende,
gerade Linien. (Abb. 3 bis 10) Es gibt auch Himmelsgloben, die
keine Konstellationen sondern nur die Sternpositionen zeigen.
Die Anzahl und Benennung der Sternbilder änderte sich im
Laufe der Jahrhunderte. 48 bereits in der Antike festgelegte
und der klassischen Mythologie zugeordnete Konstellationen
bildeten die Grundlage der europäischen Himmelskartographie.
Im Zuge der von Europa aus unternommenen Entdeckungsreisen in
südpolare Meere wurden bis dahin nicht bekannte Sterne
entdeckt und zu Sternbildern zusammengefasst. Diese waren
jedoch nicht verbindlich; die Astronomen nahmen immer wieder
neue Zusammenstellungen und Benennungen vor, die den
kulturellen Mustern der jeweiligen Epoche entsprachen.
Religiöse Hintergründe spielten dabei eine wichtige Rolle,
aber auch die Zeit der Aufklärung findet sich am Himmel
repräsentiert. So setzte der französische Astronom NicolasLouis Lacaille (1713 – 1762) technische Geräte an den Himmel,
zum Beispiel die Sternbilder „Elektrisiermaschine“ und
„Luftballon“. Oder es wurde weltlichen Herrschern ein
Sternbild gewidmet – der deutsche Astronom Johann Elert Bode
(1747 – 1826) führte zum Beispiel zur Verherrlichung des
preußischen Königs, Friedrich II., das Sternbild „Friedrichs
Ehre“ ein. (Abb. 11 bis 15)
Erst 1928 vereinbarte die Internationale Astronomische
Union eine verbindliche Einteilung der Sterne in 88
Sternbilder und legte deren Grenzen am Himmel fest.
Nicht alle Himmelskörper können auf Globen wiedergegeben
werden. Die Auswahl erfolgt in der Regel nach der scheinbaren
Helligkeit. Die am Nachthimmel sichtbare, ungleiche Helligkeit
der Sterne wird auf der Globuskarte durch unterschiedliche
Zeichen dargestellt und in Legenden erläutert. (Abb. 1 und 2)
Die wichtigsten Sterne und die Sternbilder sind auf
Himmelsgloben mit ihren Namen versehen, manchmal sogar in
mehreren, für die Geschichte der Astronomie wichtigen
Sprachen.
Ein wesentlicher Aspekt der kartographischen Gestaltung
von Himmelsgloben liegt in der Wahl der Grundfarbe. Bis zum
Einsatz von Farbdrucktechniken war diese in den meisten Fällen
die Farbe des Papiers, auf dem gedruckt wurde. Erst ab der
Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich der typisch blaue
Hintergrund durch.
Relief- und Themagloben
Reliefgloben stellen das Oberflächenprofil der Erdkugel
plastisch dar.
Um 1810 als Lehrmittel für den Blindenunterricht entwickelt,
setzten sie sich bald – als Einzelstücke und Seriengloben
gefertigt – als eigener Globustyp durch.
Ihre Herstellung war vor der Einführung moderner
Kunststoffverarbeitungstechnologien sehr aufwändig. Das
Geländeprofil musste mit einer gipsähnlichen Masse in
Handarbeit modelliert werden; die Beschriftung erfolgte oft
durch Aufkleben gedruckter Schriftstreifen. Erst im 20.
Jahrhundert wurden maschinell geformte Teile des Reliefs auf
die Kugel geklebt.
Auf Reliefgloben können die Geländeformationen nicht
maßstabsgetreu wiedergeben werden. Bei
einer, den Verhältnissen in der Realität entsprechenden
Darstellung des Himalaya-Gebirges auf einem Globus im
Durchmesser von 32 cm (das entspricht einem Maßstab von 1:40
Millionen), würde die Höhe des Mount Everest nur 0,22 mm
betragen – der höchste Berg der Erde somit nicht erkennbar
sein. Daher werden zur Darstellung auf Reliefgloben die
Erhebungen der Erdoberfläche mit einem Faktor, meist zwischen
20 und 40, überhöht.
Seit 1990 wird ein Reliefglobus hergestellt, der auch das
Relief des Meeresbodens wiedergibt.
Bei den Themagloben stehen ausgewählte, über die
Darstellung der Festländer und Inseln, der großen Stromsysteme
und Seen sowie der großen Gebirgszüge hinausgehende
erdraumbezogene Sachverhalte im Vordergrund der
kartographischen Aussage.
Schon seit Martin Behaims „Erdapfel“ bilden Erdgloben nicht
nur topographische Gegebenheiten sondern auch zusätzliche
Informationen, wie zum Beispiel Besitz- und Machtverhältnisse,
Informationen über Bodenschätze, Produktionsmethoden und
Transportbedingungen aber auch Tiere und Pflanzen in fernen
Weltgegenden und manchmal sogar Fabelwesen und Meeresungeheuer
ab. Die Anzahl dieser so genannten thematischen Darstellungen
auf Erdgloben kann außerordentlich umfangreich sein. So
enthält zum Beispiel Mang’s Neuer Erdglobus (1936/37) 91
derartige Themen, von kalten und warmen Meeresströmungen über
die Routen der Zeppelin-Luftschiffe bis hin zu
Opiumanbaugebieten.
Als Themagloben werden Globen bezeichnet, deren Karteninhalt
von erdraumbezogenen Sachverhalten im weitesten Sinn bestimmt
ist – zum Beispiel geologische und geotektonische sowie
meteorologische Globen, Klimagloben, wirtschaftspolitische
Globen, Weltverkehrs- und Welthandelsgloben.
Obwohl allgemein als die übliche Form der Erdgloben
angesehen, zählen – streng genommen – auch politischgeographische Globen, also Erdgloben, die Staatsgebiete bzw.
administrative Grenzen zeigen, zur Kategorie der Themagloben.
Besondere Globustypen
Globen weisen eine erhebliche Bandbreite in Bezug auf Größe
und Gestaltung sowie auf ihren Verwendungszweck auf.
Riesengloben mit Durchmessern von mehr als 10 Metern dienten
zum Beispiel als Wahrzeichen für Weltausstellungen;
Miniaturgloben wurden als Sammlerstücke hergestellt.
Aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammen mechanische
Weltmodelle mit beweglichen Erd- und Himmelsgloben. Ein
Uhrwerk treibt die Zeiger an und dreht gleichzeitig die
Globuskugel. Bewegliche, Sonne und Mond darstellende
Metallscheiben geben die jeweiligen Standorte dieser
Himmelskörper auf dem Firmament an.
Einfache mechanische Uhren mit sich drehenden Globen
wurden um 1900 hergestellt.
Im 18. Jahrhundert waren so genannte Taschen- oder
Sackgloben beliebt. Himmel und Erde symbolisierend, wird die
Erdkugel von einem Futteral umschlossen, auf dessen Innenseite
die Segmente eines Himmelsglobus eingeklebt sind.
In Größe, Robustheit und Gestaltung auf das Zielpublikum
abgestimmt, zeigt das Kartenbild eines im 19. Jahrhundert
gefertigten Kinderglobus Menschen, Tiere, Pflanzen, Schiffe,
Reiserouten und Meeresungeheuer.
Aufgrund hoher Herstellungskosten war die Verwendung von
Globen in allgemeinen Schulen vor dem Zeitalter der
industriellen Massenproduktion nicht möglich. Aus diesem Grund
wurden im 19. Jahrhundert billigere Globustypen entwickelt:
Faltglobus | Sechs auf biegsamen Karton aufkaschierte
Globussegmente werden mittels dünner Fäden so gespannt, dass
ein kugelähnlicher Körper entsteht.
Aufblasbarer Globus | Dieser wurde auf Basis dünnen und mit
dem Kartenbild bedruckten Papiers bzw. luftdichter Seide
gefertigt und gemeinsam mit einem Blasebalg und einer
Anleitung zum Gebrauch verkauft.
Aufspannbarer Globus | Ein regenschirmähnlicher Mechanismus
ermöglicht die Entfaltung der, aus einem mit der Globuskarte
bedruckten textilen Material bestehenden Oberfläche zu einem
kugelähnlichen Körper.
Als Lehrmittel für den Geographieunterricht
dienten folgende Globustypen:
Induktionsglobus | Zur Vermittlung von Grundbegriffen der
Geographie oder Astronomie konnten beispielsweise das Gradnetz
oder Lagebeziehungen von Kontinenten bzw. Sternbildern
zueinander mit Griffel oder Kreide direkt auf die Oberfläche
der Globuskugel aufgezeichnet und später wieder abgewaschen
werden.
Aufklappbarer Globus | Neben seiner Verwendung als
„gewöhnlicher Globus“ erleichterte dieser – in Halbkugeln
zerlegt und mittels zweier, im Inneren angebrachter Haken an
die Wandtafel gehängt – das Verständnis für die
Kartenprojektion.
Erdglobus mit Kugelhaube | Dieser veranschaulicht
geographische Phänomene, die mit dem Lauf der Erde um die
Sonne zusammenhängen.
In den 1930-er Jahren entwickelte Robert Haardt (1884•–•1962)
den so genannten „Rollglobus mit Haardt-Erdmesser“. Rollgloben
lassen sich, entweder auf Kugeln oder in einem Gestell auf
Filzstreifen gelagert, in alle Richtungen drehen und bieten so
einen ungehinderten Blick auf alle Erd- und Himmelsgegenden.
Mit einer Messskala können Entfernungen und Winkeldifferenzen
direkt abgelesen werden.
Eine vollkommen neuartige Entwicklung wurde erstmals gegen
Ende des 20. Jahrhunderts realisiert. Immaterielle, virtuelle
Globen auf der Grundlage digitaler Programme und Daten
ermöglichen nicht nur die Darstellung und Bearbeitung
aktueller raumbezogener Sachverhalte, sie können auch mit
interaktiven Funktionen ausgestattet werden. (Vitrine 1 in
diesem Raum)
Globen als Instrumente
Erd- und Himmelsgloben wurden in der Vergangenheit auch als
wissenschaftliche Instrumente verwendet.
Qualitativ hochwertig und präzise gearbeitet sowie mit
zusätzlichen Messeinrichtungen (Horizontring, Meridianring,
Höhenquadrant, Stundenring und Stundenzeiger sowie Kompass)
ausgerüstet, dienten sie als Analogrechner, mit denen
zahlreiche geografische und astronomische Fragestellungen mit
ausreichender Genauigkeit durch Direktablesen ohne langwierige
Rechnungen gelöst werden konnten.
Alte Anleitungen zum Gebrauch der Globen enthalten oft Listen
derartiger Aufgaben und Lösungsmöglichkeiten, zum Beispiel:
–
Ermittlung der Position der Sonne innerhalb der Ekliptik
für einen bestimmten Tag und einen bestimmten Ort
–
Bestimmung von Sonnenauf- und Sonnenuntergang und somit
auch der Tageslänge sowie der Zeit der Dämmerung für einen
bestimmten Ort
–
Bestimmung der Entfernung zweier Orte der Erdoberfläche
mittels Zirkel oder Messskala
–
Ermittlung der Himmelsrichtung von einem Ort zu einem
anderen
–
Bestimmung der Positionen von Himmelskörpern
–
Bestimmung des Zeitpunktes von Auf- und Untergang
bestimmter Sterne für einen bestimmten Ort
–
Bestimmung der Zirkumpolarsterne für einen bestimmten Ort
–
Bestimmung von Sternen, die an einem bestimmten Ort nie
sichtbar werden.
Diese wissenschaftliche Funktion ging im 19. Jahrhundert
verloren. Seitdem werden Globen zumeist ohne die dafür
notwendigen Messeinrichtungen hergestellt.
Raum 6
Mondgloben
Seit Beginn des 17. Jahrhunderts ermöglichte die Erfindung des
Fernrohres den Sternenhimmel, aber auch die Oberfläche des
Erdmondes genauer zu betrachten.
Die Beobachtungsergebnisse der Astronomen wurden auf Karten
dokumentiert.
1750 verfasste und veröffentlichte der in Nürnberg und
Göttingen wirkende Astronom und Kartograph Johann Tobias Mayer
(1723 – 1762) eine Publikation über die Serienfertigung von
„Mondkugeln“. Von Mayer sind einige Segmente für einen
Mondglobus, nicht jedoch ein montierter Globus überliefert.
Der früheste erhaltene Mondglobus stammt von John Russel (1745
– 1806), einem englischen Maler, der 1797 in London eine
geringe Anzahl von Exemplaren unter Verwendung gestochener
Segmente herstellte.
Die Serienfertigung von Mondgloben wurde in Wien
eingeleitet. Auf der Grundlage der Karten von Johann Heinrich
von Mädler und Wilhelm Beer entwarf Josef Riedl, Edler von
Leuenstern (1786 – 1856), die Segmente für einen Mondglobus,
der ab 1849 vom Wiener Globenfabrikanten Franz Schöninger
produziert wurde. Riedls Mondgloben sind heute außerordentlich
selten.
Aufgrund der gebundenen Rotation des Mondes um die Erde
kann von dieser aus immer nur eine Seite seiner Oberfläche
gesehen werden; die andere Hälfte blieb bis zur Umrundung
durch Weltraumfahrzeuge unbekannt. Das Kartenbild des in den
1880-er Jahren von dem Pariser Astronomen Camille Flammarion
(1842 – 1925) in Zusammenarbeit mit Casimir Marie Gaudibert
(1823 – 1901) entworfenen Serienglobus weist auf der
Vorderseite 343 nummerierte Formationen auf, die auf der
Rückseite alphabetisch geordnet aufgelistet sind.
Im Zuge der sowjetischen und der US-amerikanischen
Raumfahrtunternehmungen zur Erforschung des Mondes ab den
späten 1950-er Jahren nahm die Mondkartographie, aber auch die
industrielle Herstellung von Mondgloben einen markanten
Aufschwung. Die Umrundung des Erdtrabanten durch die
sowjetische Weltraumsonde „Luna 3“ im Oktober 1959 ermöglichte
erstmals die Übermittlung von, allerdings noch
unvollständigen, photographischen Aufnahmen der Rückseite.
Diese Bilder waren die Grundlage für den ersten, vom
staatlichen Sternberg-Institut in Moskau produzierten und
veröffentlichten Mondglobus, der zumindest einen Teil der bis
dahin unbekannten Seite des Mondes wiedergeben konnte.
Wenige Jahre später waren durch weitere
Weltraumunternehmungen die Lücken geschlossen.
Insbesondere nach der Landung der ersten Menschen auf dem
Mond wurden in den späten 1960-er und frühen 1970-er Jahren
zahlreiche Mondgloben in unterschiedlicher Qualität
produziert. Mit dem vorläufigen Ende der auf die Erforschung
des Mondes ausgerichteten Raumfahrtprogramme erlahmte jedoch
rasch das Interesse der Öffentlichkeit an Mondgloben. Heute
sind nur noch wenige Exemplare käuflich zu erwerben.
Planetengloben
Ab der Mitte des 17.Jahrhunderts begannen Astronomen auch die
Oberfläche von Planeten mit Fernrohren zu beobachten und ihre
Ergebnisse in Form von Karten und Globen zu verarbeiten.
Mars | Vom Mars, dessen Oberfläche 1841 vollständig kartiert
vorlag, wurden ab 1863 die ersten Manuskriptgloben in England
angefertigt. Der früheste, auf der Basis von gedruckten
Globussegmenten produzierte Marsglobus wurde von dem – auch
durch die Herstellung von Mondgloben bekannten – Pariser
Astronomen Camille Flammarion (1842 – 1925) und dem Direktor
der Sternwarte Mendon bei Paris, Eugène Michael Antoniadi (1870
– 1944) entworfen. Das Kartenbild zeigt unter anderem die
fiktiven Marskanäle, die Ende des 19. Jahrhunderts Anlass
gaben, über die Existenz intelligenten Lebens auf dem Planeten
nachzudenken, bis sie als optische Täuschungen erkannt wurden.
Aus der gleichen Periode stammt ein, von der bekannten
Berliner Globenfirma Ernst Schotte & Co. gefertigtes Objekt.
Ein Manuskriptglobus des Planeten Mars stammt von dem
Geologen Fritz Kerner-Marilaun (1866 – 1944). Er malte um 1910
eine Darstellung der Oberfläche über die Segmente des handelsüblichen Erdglobus der Firma Felkl, aus Rostok bei Prag. Die
Raumfahrtunternehmungen des späten 20. Jahrhunderts lieferten
realitätsnähere, auf unterschiedlichen Nah- und
Fernerkundungsverfahren basierende digitale Funkbilder von der
Marsoberfläche. Auf ihrer Grundlage wurden und werden von USamerikanischen und sowjetischen (jetzt russischen)
wissenschaftlichen Institutionen und auch von kommerziellen
Herstellern Karten und Globen veröffentlicht.
Venus | 1728 zeichnete und veröffentlichte der italienische
Universalgelehrte Francesco Bianchini (1662 – 1729?) nach
Fernrohrbeobachtungen eine fiktive Karte der, von einer
dichten Atmosphäre verdeckten, Oberfläche des Planeten Venus
und veröffentlichte seine Darstellung in Form von
Globusstreifen, die zumindest auf einem, in Bologna erhaltenen
Exemplar montiert wurden.
Ein der Realität mehr entsprechender Globus ist erst Ende
des 20. Jahrhunderts auf der Basis von elektronischen
Messverfahren gewonnener Bilddaten von der US-amerikanischen
Raumfahrtbehörde National Aeronautics and Space
Administration (NASA) erstellt und veröffentlicht worden.
Raum 7
Das Kabinett der Sammlerinnen und Sammler
Alte Globen sind sowohl Zeugnisse historischer geographischer
und astronomischer Vorstellungen als auch aufwändiger
künstlerischer Gestaltung und kunsthandwerklicher Fertigung.
Ihre Herstellung diente der Dokumentation und Verbreitung
wissenschaftlicher Kenntnisse aber auch repräsentativen und
dekorativen Zwecken.
Heute sind sie vor allem als wertvolle und dekorative
Sammlerstücke, als Ausstellungsobjekte und als Quellen für
historische Forschung von Bedeutung.
Das Kabinett der Sammlerinnen und Sammler präsentiert
Globen aus vier bedeutenden Wiener Privatsammlungen, die dem
Globenmuseum als Dauerleihgaben zur Verfügung gestellt wurden.
Auf diese Weise werden vier individuelle Annäherungen an das
Objekt Globus dokumentiert.
Sammlung Peter E. Allmayer-Beck
Die Sammlung Allmayer-Beck ist eine der ältesten
Privatsammlungen in Österreich. Begründer war der
seinerzeitige k.u.k. Ministerpräsident und nachmalige
jahrzehntelange Präsident des obersten österreichischen
Rechnungshofes, Max Vladimir Freiherr von Beck.
Etwa um 1880 bestellte Beck durch Vermittlung der Wiener
Nuntiatur verschiedene alte Globen in Rom. Nach längerer Zeit
erhielt er die Verständigung, dass für ihn eine größere Kiste
aus Rom eingelangt sei, die – laut Zolldeklaration –
„Maccaroni“ enthalte. Die Kiste war in der Tat sehr
umfangreich und Beck war über die Aussicht, in den Besitz
einer derartigen Quantität von Teigwaren zu gelangen, nicht
gerade erbaut. Die Eröffnung ergab aber, dass es sich in
Wirklichkeit um mehrere Globen handelte, und dass die
Zollbehörde das für sie unleserliche Wort „Mappamondi“ als
„Maccaroni“ gedeutet hatte. In dieser Sendung waren
vermutlich, unter anderen, die hier gezeigten Globen Giovanni
Maria Cassinis (1745 – 1824?) (Erdglobus von 1790 und
Himmelsglobus von 1792) [AB 2 und AB 3] sowie der Himmelsglobus
(1713) von Amanzio Moroncelli [AB 1] enthalten.
Amanzio Moroncelli (1652 – 1719), Angehöriger des
Silvestrinerordens und Zeitgenosse Coronellis, stellte Globen
verschiedener Größe (bis zu 2 Metern Durchmesser) her. Sein
Ruhm beruht vor allem auf seinen Manuskriptgloben, von denen
nur mehr wenige erhalten sind. Auch der hier gezeigte
Himmelsglobus ist ein derartiges Einzelstück (Durchmesser 48
cm). Das Besondere an ihm ist, dass die üblichen, der antikheidnischen Vorstellungswelt entstammenden Sternbilder im
Sinne der Religiosität der Barockepoche durch biblische
Gestalten ersetzt worden sind.
Beck erwarb auch das hier ausgestellte Globenpaar von John
Newton (Durchmesser je 31 cm) [AB 4 und AB 5], das aus der
ersten Serie von Newton-Globen größeren Durchmessers stammt.
Es ist erstaunlich, dass der Forschung kein weiteres Paar
dieses Herstellers aus dem Jahr 1801 bekannt ist.
Rund ein Jahrhundert nach der Sammeltätigkeit von Beck
begann nun ich mit dem Sammeln von Globen und konnte,
aufbauend auf dem alten Bestand, die Kollektion sukzessive
erweitern – auf den heutigen Stand von ca. 100 Objekten. Obwohl
ich wunderbare Sammlungen von Modellen aller Art kenne –
fasziniert es mich ungleich mehr, die „Modelle der Welt“ zu
sammeln.
Wenn auch der Erdglobus schon bald nach Mercator von der
geographischen Karte als Orientierungsmittel abgelöst wurde
und immer mehr zu einem bloßen Schau- und Museumsstück wurde –
in Bezug auf die flächentreue Darstellung der Erdoberfläche
kann die Karte dem Globus niemals ebenbürtig sein.
Betrachte ich die künstlerisch gestalteten, mythologischen
Sternbilder auf alten Himmelsgloben, dann erfüllt mich immer
auch ein wenig Wehmut – vermitteln doch die nach 1850
angefertigten Himmelsdarstellungen auf Globen nur noch einen
technisch-abstrakten Eindruck vom Universum.
Gerne zeige ich hier auch einen der kleinsten Globen
meiner Sammlung. Er hat einen Durchmesser von 4,3 cm und ist
um 1825 entstanden. [AB 11] Autor oder Hersteller sind nicht
bekannt. Vermutlich wurde der Globus in Nürnberg von
der Familie Bauer für den englischen Markt hergestellt. Zum
Globus gehört eine kleine Schachtel mit der Aufschrift „The
earth and it’s inhabitants“ und ein Leporello, das 32
„Volkstypen“ darstellt. Kurioserweise findet man dort neben
dem „Sandwich Insulaner“ dem „Irokesen“ dem „Österreicher“
auch den „Tiroler“!
Text: Peter E. Allmayer-Beck, Wien, 2005
Sammlung Rudolf Schmidt
Seltene oder bisher unbekannte ältere Globen
bieten zusätzliche Möglichkeiten zur Forschung: Wer hat
Globen wann, wo und wie gemacht; in welchem geistigen und
sozialen Umfeld und in welcher Weise wurden sie benutzt;
welche Vorbilder hatten sie und welche nachfolgenden
Objekte haben sie beeinflusst?
Daher ist die Seltenheit auch ein Kriterium für den Aufbau
meiner Sammlung.
Gemma Frisius (1508 – 1555) steht noch in der Tradition
der aristotelisch-ptolemäischen und der frühen christlichen
Weltansicht: Die Erde ist das alleinige, schwere Zentrum der
Welt, Wasser ist leichter, Luft ist noch leichter, am
leichtesten ist das Feuer, nämlich die Planeten, die Sonne,
die Sterne. Dem Menschen zu Diensten ist die Natur. Nun sollen
Nicolas d’Oresme, Nicolaus Cusanus und schließlich Nicolaus
Kopernikus diese Weltsicht umstoßen: Die Erde ist nicht mehr
das Gewichtszentrum, sie dreht sich um ihre eigene Achse,
wandert um die zentrale Sonne. Sie ist nur ein Planet unter
mehreren – die Sterne sind jeweils Sonnen, die wiederum
Planeten haben können. Der Mensch ist nicht mehr Beherrscher
des Mittelpunktes – all das war damals selbst für Gelehrte
schwer zu begreifen. Der junge Gemma Frisius zeichnet Teile
eines imaginären Südkontinentes, der die Erde
im Gleichgewicht halten sollte, wäre sie nicht feststehendes
Zentrum der Welt. [RS 13]
Bronze-, auch Silbergloben sind Einzelstücke – dieser
Bronzeglobus [RS 7] steht für die Lehrtätigkeit jesuitischer
Missionare in China, von denen manche hohen Beamtenrang
erreichten. Sie lehrten von der Kugelgestalt der Erde. Im
Gegensatz zur traditionellen chinesischen Kartographie, die
China im Mittelpunkt einer flachen Erde als „das Reich der
Mitte“ zeigt, ist auf diesem kartographisch sauber
ausgeführten Globus China überhaupt nicht in seinen Grenzen
eingezeichnet.
Ist der Globus unfertig, sollten Schüler nach ihrer Kenntnis
Flussläufe und Städte einzeichnen („Stummer Globus“) oder lag
die Absicht dahinter, die Chinesen nicht damit zu
konfrontieren, dass das „Reich der Mitte“ nur ein Teil der
überall gleichwertigen Landmassen sei?
Das Buch zeigt den Vorgänger Ferdinand Verbiests (1623 –
1688), Pater Adam Schall (1591 – 1666) als Mandarin gekleidet.
[RS 6]
Mit Willem Janszoon Blaeu (1571 – 1638) und seinen
Konkurrenten ist die niederländische Globusproduktion auf
ihrem Höhepunkt im 17. Jahrhundert angelangt. Durch Blaeu, der
den Zeichner Jan Pieterszoon Saenredam (1565 – 1607) mit der
Darstellung schöner Sternbilder beauftragt, werden aus Pappe
gefertigte Globen zu Kunstwerken, vergleichbar den für
hochgestellte Persönlichkeiten geschaffenen Silbergloben.
Blaeu und seine Konkurrenten haben – nach dem Stand des
Wissens der Zeit – auch auf Genauigkeit Wert gelegt. [RS 8 und
RS 9]
Der Elsässer Matthäus Greuter (1557 – 1638) arbeitet in
Rom und bringt die Kenntnisse der Niederländer in seine neue
Heimat. Sein Erdglobus trägt die Widmung an Jacobo
Buoncompagni, Enkel des im 70. Lebensjahr zum Papst gewählten
Gregor, Erneuerer des Kalenders. [RS 14, RS 1 und RS 2]
Nathaniel Hill (tätig 1746 – 1768), über den wenig bekannt
ist, zeichnet auf seinem Erdglobus Loxodromen ein, das sind
Linien, welche die Meridiane immer im gleichen Winkel
schneiden und spiralig zum Pol laufen. Loxodrome – auf der
ebenen Karte in Mercator-Projektion gerade Linien – bedeuten
für die Navigation eine wichtige Vereinfachung. Außer diesem
Paar ist von Hills Globen gleicher Größe nur ein Paar in
Greenwich bekannt. [RS 10 und RS 11]
Der Tiroler Peter Anich (1723 – 1766) und der
Nordamerikaner James Wilson (1763 – 1855) haben – wiewohl mehr
als eine Generation voneinander getrennt – viel gemeinsam:
Beide waren Autodidakten, die sogar ihre Werkzeuge zur
Globusherstellung selbst fertigten. Anich wurde ein
anerkannter Landvermesser und Kartenzeichner, Wilsons Familie
setzte nach seinem Tod die Globuserzeugung fort. Sowohl Anichs
als auch Wilsons Globen gelten als selten. [RS 17, RS 5 und RS
4]Franz Lettany (1793 – 1863), als Helfer Joseph Jüttners
bekannt, hat diesen Globus als wohl einziges eigenes Werk
hinterlassen – und das ist auch das einzige bisher bekannte
Exemplar. Lettanys Lebensweg ist für die k.k. Monarchie
bezeichnend: geboren als Sohn eines Militärschneiders brachte
er es zum Feuerwerker und beendete seine Karriere als Oberst –
seine Reitkünste wären mäßig, aber er sei ein guter Lehrer…
[RS 16]
Daniel Friedrich Sotzmann (1754 – 1840) und Johann Ehlert
Bode (1747 – 1826) – beide anerkannte Wissenschafter – brachten
gemeinsam ein Globuspaar von 31 cm Durchmesser heraus. Bode,
dessen Titius/Bodesches Gesetz das astronomische Wissen
bereicherte, ist aber auch Autor eines Büchleins über den
Gebrauch von Erdgloben. Sotzmann, führend in der Kartographie
der Erde, zeichnet, als Leiter des Geographischen Institutes
in Weimar, auch als Autor einen 20 cm Himmelsglobus. [RS 15]
In Leipzig gründete Johann Georg Schreiber (1676 – 1750)
einen Verlag, der unter anderem für den Gebrauch in Schulen
Karten, Atlanten und Veduten herausgab. Dieser „Schul“- Globus
ist bisher das einzige bekannt gewordene Exemplar. [RS 12]
Auch Eduard Selss’ (tätig Mitte 19. Jahrhundert) Globen
sind selten. Eine Besonderheit, neben seinen mit einer
besonders dicken Gipsschicht überzogenen Kugeln, ist auf dem
Horizontring zu sehen: Nur Selss und James Wilson zeichneten
beim Sternbild Waage die Waagschalen nach innen gerichtet. [RS
3]
Text: Rudolf Schmidt, Wien, 2005
Sammlung Walter Wiesinger
Der Globus war und ist das Ergebnis wissenschaftlicher
Forschung, handwerklicher Fertigkeit und technischen Könnens,
seine Bestimmung ist der alltägliche Gebrauch. Alte Modelle
verlieren den Zweck des „alltäglichen Gebrauchs“; sie werden
wieder zu Objekten wissenschaftlicher Forschung.
Als Privatperson und individueller Globensammler war für
mich ursprünglich jedoch weniger die detaillierte,
wissenschaftliche Arbeit das Wesentliche sondern die Ästhetik
und die Vielfalt des Modells.
Durch andere Sammler wurde ich auf diese Vielfalt der
Globen aufmerksam gemacht und so begann ich, mich auf
Flohmärkten und in Antiquitätengeschäften umzusehen und auch
zu kaufen. Ich habe mich dabei auf Globen aus dem späten 19.
Jahrhundert und aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
spezialisiert.
Es ist erstaunlich, wie sehr sich das Kartenbild der
Erdgloben auch noch in diesen, eher späten Perioden der
Globenherstellung verändert hat. Die Globuskarten zeigen nicht
nur politische und geografische Einzelheiten sondern auch
wirtschaftliche Details und Verkehrswege zu Land und zur See.
Im deutschsprachigen Raum bestand eine
relativ große Nachfrage nach Globen, daher überwiegt auf
meinen Globen die deutsche Sprache. In vielen Ländern war aber
auch schon vor Jahrzehnten ein Bedarf an anderssprachigen
Globen
gegeben. Ich versuche, mit meinen relativ jungen Globen, die
hier ausgestellt sind, die Vielfalt der Sprachen, die
Verschiedenheit der Grafik auf Erdgloben sowie die Bandbreite
der Globusmodelle zu zeigen. Einige Objekte möchte ich
hervorheben:
Das Globenpaar für die Buchstützen [WW 5 und WW 6] ist
sprachlich unterschiedlich, eine französische Beschriftung
wurde für den Erdglobus und eine deutsche Beschriftung für den
Himmelsglobus verwendet.
Von besonderem Interesse ist der Globus der Firma Freytag
& Berndt [WW 12], der eine verstellbare, halbkugelförmige Haube
aus schwarzem Blech besitzt. Diese Haube stellt die
Nachthalbkugel dar und dient der Demonstration von Tages- und
Jahresablauf.
Ein in Wien hergestellter Globus [WW 9] zeigt als
Besonderheit die von Professor Hugl im Detail erforschte
Tages- und Datumsgrenze („Die Curve“), welche von der
Beringstraße über die Philippinen und weiter in Richtung
Neuseeland verläuft. Sie markiert hier die Grenze zwischen dem
31.12.1875 und dem 1.1.1876.
Der kleine Globus mit dem Holzgriff [WW 7] ist mit einer
englischen Beschriftung versehen. Der Holzgriff sollte das
Halten des Globus erleichtern. Angeblich wurde er in
Volksschulen verwendet.
Ein Globus meiner Sammlung stammt aus Indianapolis in den
USA. [WW 4] Er ist hervorzuheben, weil er ein so genanntes
Analemma aufweist, eine Grafik, die die Höhe des Sonnenstands
während des Jahres für jeden Tag sowie das Verhältnis
Sonnenstand zur Uhrzeit angibt (auf dem Globus westlich von
Amerika abgebildet).
Die Verwendung von Globen im Unterricht ist eine allgemein
anerkannte Methode, um einerseits echte Entfernungen zu zeigen
und um andererseits die Relation von Orten zueinander auf der
Erde verständlich zu machen. Die heute erzeugten Globen sind
meist beleuchtet und oft schon computerunterstützt. Sie sind
in Bezug auf Anschaulichkeit und besseres Vorstellungsvermögen
ein ideales Hilfsmittel.
Text: Walter Wiesinger, Wien, 2005
Die Sammlung Heide Wohlschläger
Der Globus ist ein sich stets veränderndes Spiegelbild der
Weltgeschichte –
Die drei, auf Martin Behaims Erdglobus aus dem Jahr 1492
folgenden Jahrhunderten blieben den großen Entdeckungen
vorbehalten: Nord- und Südamerika, damit verbunden die
Rückführung der West-Ost-Erstreckung Europas und Asiens auf
ihre richtige Größe, Australien, Neuseeland und viele Inseln.
Im 19. Jahrhundert wurden in zahlreichen Expeditionen die
Nord- und Südpolregionen erforscht, das Innere der Kontinente
erschlossen und vervollständigt, kartographische Irrtümer
korrigiert. Die Kartographen waren dadurch gezwungen, das
Kartenbild der Globen immer wieder zu verbessern. Seit
Einführung der Lithographie war dies auch kostengünstig
möglich. Das Entstehen von Nationalstaaten und die
Kolonialisierung durch die europäischen Großmächte zeigen die
Entwicklung der Machtverteilung auf der Erde.
Claude Buy de Mornas (gestorben 1783) war einer von vielen
französischen Globenherstellern des 18. Jahrhunderts, deren
Kupferplatten für die Herstellung von Globusstreifen, entweder
aus ihrer Verlassenschaft, oder weil sie in wirtschaftliche
Schwierigkeiten geraten waren, um 1785 von Charles François
Delamarche (1740-1817) aufgekauft wurden. Der Globus zeigt
Australien nach den Forschungsreisen Abel Tasmans, 1642-44,
einige Inseln, entdeckt in den Jahren 1756, 1767 und 1768,
nicht aber Cooks Reiserouten und seine zahlreichen
Entdeckungen. Eine spätere Ergänzung unterhalb der Insel
Owhyhee berichtet vom Tode Cooks am 14. 2. 1779. [HW 4]
Armillarsphäre und Horizontring mit Kalender und
Gradteilung geben die Möglichkeit, zum Beispiel die Tageslänge
betreffende Aufgaben einfach zu lösen, was vor Erfindung des
elektrischen Lichts von entscheidender Bedeutung war.
Denn nächtliche Finsternis war der absolute Schrecken aller
Wanderer (auch Heerführer). Stellt man die Achse der
Armillarsphäre auf die Polhöhe des Beobachters, markiert den
Sonnenstand auf der Ekliptik, und dreht dann die
Armillarsphäre (auch mit einem Globus möglich) um ihre Achse,
kann man für jeden Tag sowohl die geographische
Himmelsrichtung als auch die Zeit des Sonnenauf- und unterganges und damit die Tageslänge bestimmen. Der Stand der
Sonne in der Ekliptik macht dies mit dem Horizontring
ablesbar. Der auf dem Horizontring angebrachte
Dämmerungsstreifen (entspricht 18°), zeigt an, wie lange noch
Spuren von Tageslicht an einen bestimmten Tag erkennbar sind.
[HW 5]
Der Globus von Friedrich Piller wurde wohl kurz nach dem
sich Johann Baptist Carl Förtsch (1805-1870), 1829 in Würzburg
als Lithograph niedergelassen hatte. In Afrika ist der 1830 in
seinem Verlauf bereits recht gut bekannte Niger noch ungenau
dargestellt, im Norden Nordamerikas ist die von John
Richardson (1787-1865) 1825-27 befahrene Küste zwischen
Mackenzie und Coppermine River nur strichliert eingezeichnet.
Die jüngst eingetragenen Daten sind der Tod Napoleons am „6.
Mai 1820“ (richtig: 5. Mai 1821) auf St. Helena und die 1821
entdeckte Süd Orkney Insel. Bisher ist kein weiteres Exemplar
dieses Globus bekannt. [HW 2]
Der Kartograph Philippe Vandermaelen (1795-1869)
begründete 1830 in Brüssel das „Etablissement Géographique de
Bruxelles“ und stellte Globen im Durchmesser von 32 und 80 cm
sowie ein sechsbändiges Kartenwerk, bestehend aus
Globusstreifenteilen, her, welche zu einem Globus von 7,75 m
Durchmesser zusammengefügt werden konnten. Von Vandermaelens
32-cm-Globen ist bis jetzt nur noch ein Exemplar aus dem Jahr
1837 bekannt. [HW 1]
Die schottische Globusherstellung begann erst um die Wende
vom 18. zum 19. Jahrhundert. Der Globus von Alexander
Donaldson (tätig 1799 - 1828) zeigt in Zentralafrika eine
leere Fläche, noch war weder der Kilimandjaro (1848) und der
Mt. Kenia (1849) entdeckt, noch das große Seengebiet und das
Kongo-Flusssystem erforscht. Einige politische Änderungen, die
schon stattgefunden hatten, haben dennoch keinen Niederschlag
gefunden, zum Beispiel der Zerfall Großkolumbiens 1830 oder
die aus der Zentralamerikanischen Förderation 1838-1844
entstandenen mittelamerikanischen Staaten. Doch eine wichtige
Änderung wurde kurz vor Herausgabe des Globus vermerkt: 1846
wurde auch die westliche Grenze zwischen den USA und Kanada
auf den 49. Breitegrad festgelegt. [HW 3]
Globen verschiedener Größe geben einen Überblick über die
Produktion der Firma Ernst Schotte. Der 1855 gegründete Verlag
gehörte zu den bedeutenden Berliner Globusherstellern der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und bot Globen in zehn
verschiedenen Durchmessern und 15 Sprachen an. [HW 6 bis 13]
Von den beiden Tellurien Schottes zeigt das russische
Exemplar von ca. 1870 [HW 14] nur Tag und Nacht auf der Erde
während des Umlaufs um die Sonne, daher steht die Erdache
vereinfachend senkrecht zur Bahnebene. Das andere Tellurium
[HW 15] macht durch die schiefe Erdachse, die im Umlauf um die
Sonne stets zum Himmelsnordpol zeigt, die Sonnenstände und
damit die Jahreszeiten deutlich
Text: Heide Wohlschläger, Wien 2005
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