§ 2 Gesetzliche Erbfolge

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§ 2 Gesetzliche Erbfolge
A. Das Verhältnis zwischen gesetzlicher und gewillkürter Erbfolge
§ 2 Gesetzliche Erbfolge
A. Das Verhältnis zwischen gesetzlicher zur gewillkürten Erbfolge
Der Erblasser kann den Erben durch „Verfügung von Todes wegen“ bestimmen
(§§ 1937, 1941) (= gewillkürte Erbfolge).
Verfügung von Todes wegen
Testament
§§ 1937, 2064 ff
Einzeltestament
§§ 1937, 2064 ff
Erbvertrag
§§ 1941, 2274 ff
Ehegattentestament
§§ 1937, 2265 ff
B. Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten
Nach § 1924 ff haben die Verwandten des Erblassers ein gesetzliches Erbrecht. Für den
Begriff der Verwandtschaft ist das Familienrecht heranzuziehen (§ 1589).
Fall 6: Die alleinstehende Frau Müller ist unheilbar krank und hat deshalb der Adoption
ihres Sohnes Thomas durch das Ehepaar Schneider zugestimmt. Der leibliche Vater des
Kindes ist schon vorverstorben. Als Frau Müller stirbt, vertreten die Eheleute Schneider
die Meinung, Thomas sei Alleinerbe seiner leiblichen Mutter geworden. Zu Recht? Ist
Thomas gesetzlicher Erbe des Ehepaar Schneiders?
I. Prinzipien des Verwandtenerbrechts
1. Parentelsystem
Der Begriff „Parentel“ kommt von parens (= Elternteil, d.h. Vater oder Mutter). Die
Parentel stellt ab auf einen und denselben Ahnen. Demnach kann sie als die Gesamtheit
derjenigen Personen bezeichnet werden, die von einer Person abstammen, einschließlich
dieser Person selbst. Das BGB spricht statt von Parentel von Ordnungen.
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Ordnung: Abkömmlinge (Kinder, Kindeskinder) des Erblassers (§ 1924 I)
Ordnung: Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (§ 1925 I)
Ordnung: Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (§ 1926 I)
Ordnung: Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (§ 1928 I)
Ordnung: Ururgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (§ 1929 I)
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§ 2 Gesetzliche Erbfolge
B. Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten
Parentelsystem
Ururgroßeltern
Urgroßonkel
Urgroßeltern
Großonkel
Urgroßtante
Großeltern
Onkel
Großtante
Eltern
Tante
Vetter
Bruder
Erblasser
.
Großneffe
Enkel
Enkel
Großnichte
.
Urgroßneffe
Urenkel
Urenkel
Urgroßnichte
Neffe
Schwester
Kind
Base
Nichte
.
.
Nach § 1930 ist ein Verwandter des Erblassers nicht zur Erbfolge berufen, solange ein
Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist.
Fall 7: Die Witwe Martha stirbt und hinterlässt nur ihre Mutter Karla, ihre Schwester
Birgit und ihre Enkelin Stefanie. Welche Erbteile erhalten die Mutter Karla, die
Schwester Birgit und die Enkelin Stefanie?
Fall 7
Karla
Martha
Birgit
Stefanie
2. Gradualsystem
Das Gradualsystem bestimmt den Erben nach dem Grad der Verwandtschaft mit dem
Erblasser; es gilt in den entfernteren Ordnungen (§§ 1928 III, 1929 II).
3. Repräsentationsystem
Repräsentation bedeutet, dass der Erbe die von ihm abstammenden Personen von der
Erbfolge ausschließt.
4. Stammes- und Liniensystem
Jedes Kind des Erblassers bildet einen Stamm, jedes Enkelkind einen Unterstamm etc..
In umgekehrter Richtung werden die Vorfahren des Erblassers in Linien eingeteilt.
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§ 2 Gesetzliche Erbfolge
B. Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten
Fall 8 (Leipold, ErbR13§4): Beim Tod des verwitweten Werner Überach lebt von seinen
Kindern nur noch die Tochter Christine, außerdem ein nichteheliches Kind seiner Frau,
Karl Überach. Sein Sohn Bernhard ist kinderlos verstorben. Die vorverstorbene
Tochter Alma hinterließ ihren Ehemann Karl Maler, zwei eheliche Kinder (Josef und
Josefine Maler) sowie eine nichteheliche Tochter Else Überach. Bei der Familie Maler
lebt auch Erwin Überach, den Alma Maler vor ihrer Verehelichung als Kind
angenommen hat. Erwin war damals 2 Jahre alt. Wie ist die gesetzliche Erbfolge nach
Werner Überach zu beurteilen?
Fall 8
Frau Überach
Werner Überach
Bernhard
Erwin Überach
adoptiert
§1754 II
Alma
Josef
Christine
Josefine
Karl Überach
nichtehelich
Else Überach
nichtehelich
Fall 9: Der Erblasser E hat keine Kinder. Seinen Eltern sind auch verstorben. Es leben
nur noch die Großmutter (C) mütterlicherseits und der Großvater (G) väterlicherseits.
Weiterhin lebt noch ein Onkel (O) väterlicherseits, der einen Sohn (D) hat, und eine
Kusine (S) väterlicherseits, die Tochter von dem verstorbene Sohn F der Großeltern
väterlicherseits.
Fall 9
Großvater G Großmutter
Onkel
Vetter D
F
Vater
Kusine S
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Großmutter C
Mutter
E
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B. Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten
Fall 10: Beim Tod des ledigen E leben als einzige Verwandte zwei Enkel (A, B) eines
Urgroßelternpaares mütterlicherseits sowie der Urenkel (C) eines Urgroßelternpaares
väterlicherseits. Wie ist die gesetzliche Erbfolge zu beurteilen?
Fall 10
Urgroßeltern
Großeltern
Eltern
C
A
B
E
II. Erhöhung des Erbteils (§ 1935)
C. Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten
Braga; Das Ehegattenerbrecht nach § 1931 IV BGB, FamRZ 1972, 105 - 117; Stöcker, Der Ausbau des
Ehegattenerbrechts, FamRZ 1970, 444 – 452; Brox, Erbrecht, § 5.
I. Allgemeine Voraussetzungen des Ehegattenerbrechts:
II. Umfang des Ehegattenerbrechts nach § 1931:
Der Umfang des Ehegattenerbrechts richtet sich gemäß § 1931 danach,
1) zu welcher Ordnung die neben dem Ehegatten ebenfalls zur gesetzlichen Erbfolge
berufenen Verwandten gehören und
2) in welchem Güterstand der überlebende Ehegatte mit dem Erblasser gelebt hat.
Fall 11: Andreas Mann, der mit seiner Frau Johanna Gütertrennung vereinbart hatte, ist
gestorben. Außer seiner Ehefrau Johanna hinterlässt er seine Großmutter
mütterlicherseits Helga, seine Tante mütterlicherseits Katharina (Schwester seiner
verstorbenen Mutter, Tochter der lebenden Großmutter) und seinen Onkel
väterlicherseits Dieter (Bruder seines Vaters). Wie ist die Rechtslage?
Fall 11
Großvater
X
Großmutter
X
Onkel Dieter
Großvater
X
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Tante Katharina
Eltern
X
Andreas Mann
Großmutter Helga
Ehefrau Johanna
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III.
C. Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten
Einfluss des Güterrechts auf das Ehegattenerbrecht
1. Gütertrennung
Fall 12: Albert Ahrens hatte mit seiner Ehefrau Elfriede im Ehevertrag Gütertrennung
vereinbart. Als er stirbt, leben außer Elfriede die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder
Markus, Klaus und Edith. Wie wird Albert Ahrens beerbt?
2. Gütergemeinschaft
3. Zugewinngemeinschaft
Fall 13: Der verstorbene Günter Erichson war mit Gisela verheiratet. Ein Ehevertrag
wurde nicht geschlossen.
a) aus der Ehe sind die Kinder Klaus und Gerhard hervorgegangen. Zu welchen
Erbquoten sind seine Witwe und die Kinder zur Erbfolge berufen?
b) Wie würde Günter Erichson beerbt werden, wenn er außer seiner Witwe nur seinen
Bruder Karl hinterlassen hätte?
Fall 13
Günter Erichson
Klaus
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Ehefrau Gisela
Gerhard
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E. Das gesetzliche Erbrecht des Staates, § 1936
D. Voraus, Dreißigster, Unterhaltsanspruch der werdenden Mutter
Der Voraus (§ 1932) und der Dreißigste (§ 1969) sind gesetzliche Vermächtnisse. Der
Unterhaltsanspruch der werdenden Mutter (§ 1963) ist eine Nachlassschuld.
Fall 14: Karin erhielt von ihren Eltern zu ihrer Hochzeit mit Andreas ein wertvolles 22teiliges Tafelservice. Gemeinsame Freunde schenkten dem Brautpaar zu Hochzeit eine
Tischdecke, ein 30-teiliges Besteck und einen Goldbarren. Andreas erwarb eine
umfangreiche Fachbibliothek. Den Haushalt ihres später gebauten Einfamilienhauses
statteten die Eheleute Karin und Andreas mit modernen Haushaltsgeräten aus. Beim
Tod des Andreas hinterläßt er seiner Ehefrau und seinen Vater Ernst.
a) Wie ist Andreas beerbt worden?
b) Karin beansprucht das Tafelservice, die Hochzeitsgeschenke, die Bibliothek und die
Haushaltsgeräte für sich. Mit Recht?
c) Wie wäre es, wenn Andreas außer seiner Ehefrau seinen Sohn Hans hinterlassen
hätte?
E. Das gesetzliche Erbrecht des Staates, § 1936
Fall 15: Egon hat in seinem Testament erklärt: „Mein Sohn Franz soll mein Erbe sein.
Mein Auto soll er aber auf keinen Fall erhalte.“ Beim Tod des Egon sind andere
gesetzliche Erben als Franz nicht vorhanden. Erbt der Staat das Auto?
F. Exkurs: Das Erbrecht des nichtehelichen Kindes vor dem Erbrechtsgleichstellungsgesetz 1997
Früher hatte das nichteheliche Kind beim Tode des Vaters gem. § 1934a a.F. nur einen
Erbersatzanspruch, d.h. einen schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme, die dem Wert des gesetzlichen Erbteils entsprach. Im Verhältnis zu seiner
Mutter und zu deren Verwandten hatte das nichteheliche Kind schon nach früheren
Recht dieselbe Stellung wie ein eheliches Kind.
Nach § 1943d I a.F. konnte das ne. Kind unter bestimmten Voraussetzungen von seinem Vater einen
vorzeitigen Erbausgleich in Geld verlangen. Dann hatte das Kind beim Tod des Vaters weder ein
gesetzliches Erbrecht noch einen Erbersatzanspruch noch einen Pflichtteilsanspruch.
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