Die Siedlungsvoraussetzungen - die Entstehung unserer Landschaft Höchstberg in Geschichte und Gegenwart ein chronologischer Abriss zur 700-Jahr-Feier des Dorfes Dass die Gegenwart immer ein Ergebnis der Geschichte ist, ist unbestritten. Schwierig ist es nur manchmal, die Gegenwart aus der Geschichte herzuleiten, weil die Quellenlage dürftig ist, weil Überreste (fast) fehlen. Das gilt natürlich erst recht für ein so scheinbar unbedeutendes Dorf wie Höchstberg - oder doch nicht? Erstaunlich ist, wie viele erdgeschichtliche Befunde, Ausgrabungsergebnisse, Überreste, Urkunden, Akten etc. vorhanden sind und wie viele Menschen sich bereits damit beschäftigt haben und ihr Wissen dann auch in ihren Darstellungen zu Papier gebracht haben. Das Ergebnis ist respektabel. Die Erdgeschichte, die Prägung der Landschaft und damit die Siedlungsvoraussetzungen sind weitgehend erforscht, die Besiedlung und damit die kulturelle Prägung unseres Raumes lässt sich über Jahrtausende nachweisen und die schriftlich dokumentierte Geschichte des Dorfes und damit die seiner Individuen, deren Entscheidungen, Zielsetzungen, Wünsche, Probleme, deren Spielregeln und Lebensverhältnisse lassen sich seit 700 Jahren zwar nicht lückenlos verfolgen, aber für eine Vorstellung von dem, wie unsere Lebensgrundlagen geschaffen wurden, reicht es schon. Die Gemarkung Höchstberg ist geographisch nach Süden, Osten und Westen durch Jagst-, Schefflenz- und Tiefenbachtal klar abgegrenzt, nach Norden steigt das Gelände an, markantester Punkt ist der Stahlbühl. Dahinter fällt das Gelände wieder stark ab bis zur Senke von Bernbrunn. Höchstberg zählt mit den anderen Orten zwischen der Jagstmündung und dem Neckar zur "Krummen Ebene". Wie ist diese Landschaft entstanden, welche Siedlungsvoraussetzungen hatte/hat sie zu bieten? Als die Höchstberger nach dem 2. Weltkrieg von der Jagsttalaue her ihr 3. Wasserversorgungssystem gruben, artete das in Arbeit aus. Ca. 15 m über der Talsohle stießen sie auf Felsen, weiter oben aber auch schon von unten her bekamen sie es mit Muschelkalk und Keuper zu tun, erst danach wurde es komfortabler im Löß, der aber auch bis zur Oberfläche mit Geröll durchsetzt war. Den felsigen Untergrund hatten die Höchstberger der Jagst zu verdanken. Die hatte sich einfach durch das Urgestein so tief eingefressen, dass am nördlichen Talrand die Felssohle inzwischen 15m über dem Flussniveau lag. Und da vor ca. 75 Millionen Jahren unsere Gegend von einem Meer überflutet war, blieben davon abgestorbene Muscheln, Ammoniten etc. als Sedimentgestein zurück. Insoweit war das keine Überraschung, aber dass die unterhalb der Höchstberger Kirche zum Teil offen an der Oberfläche liegenden Wackersteine Überreste eines Flussbettes sind, ist nicht jedem bekannt. Und die wenigsten kämen darauf, dass hier - der Neckar seine Spuren hinterließ und nicht die Jagst (Wagner 1929; Diss.Olbert 1975). Die ganze "Krumme Ebene" ist nichts anderes als ein Gleithang des Neckars, der durch tektonische Bewegungen nach Norden ansteigt (vgl. Stahlbühl). Nach so viel Geröll und Steinen braucht es natürlich auch einen fruchtbaren Boden - am besten natürlich Löß. Und für den sorgten die Eiszeit bzw. der Wind seit etwa einer Million Jahren. In dem relativ schmalen Gebiet zwischen dem südlichen Ende der Eisgrenze aus Skandinavien und der Eisgrenze, die von den Alpen nach Norden geschoben wurde, blieb unser Gebiet vom Dauereis verschont. Sobald eine Zwischeneiszeit auftrat, konnte der Wind das Staubmaterial aus den Moränen in unser Gebiet transportieren, gleichgültig ob er von Norden oder Süden wehte. Damit waren alle Voraussetzungen für eine Besiedlung unserer Gegend durch Menschen damals wie heute geschaffen: - Der fruchtbare Boden ließ Pflanzen wachsen (inkl. Wälder). - Die Menschen der Steinzeit konnten hier also Tiere jagen. - Die Menschen der Jungsteinzeit konnten Ackerbau betreiben und fanden auch genügend Holz vor. - Ohne Wasser kein menschliches Leben: In erster Linie sorte dafür der Stahlbühl. Am (unteren) Dorfbrunnen – geschützt nach 3 Seiten – entstand Höchstberg dank dem Quellwasser der Rotwiesen und des Stahlbühls. - Wer Steine zum Bauen z.B. brauchte, fand sie auch: Die Steinbrüche auf unserer Gemarkung lieferten Muschelkalksteine und Sandsteine (z.B. 1946 für die Kirche); der Gundelsheimer Steinbruch bietet heute noch Arbeitsplätze. - Und schließlich sei noch an das Salz erinnert, das ganz in der Nähe auch für viele Menschen aus unserem Dorf für eine gesicherte Existenz sorgte. Die Besiedlung unseres Raumes und seine kulturelle Prägung Relativ günstige Voraussetzungen hatte die Natur also geschaffen. Die Frage war, wer sie zuerst nutzen würde. Klar war auch, dass die Täler zuerst besiedelt werden würden. Dort gab es genügend Wasser, die Täler waren verkehrstechnisch leichter zu erreichen, dort war der Nahrungserwerb (Jagd, Fische) leichter. Also finden sich die ersten Überreste menschlicher Besiedlung auch dort. Im Schefflenztal fand man Äxte aus der Steinzeit (Archäologisches Museum Heilbronn). Dieses Kulturvolk lässt sich noch nicht näher bestimmen, erst seit etwa 500 v.Chr. muss es hier die Kelten gegeben haben. Dann kamen die Römer. Da es für die Römer nicht zur Eroberung ganz Germaniens reichte – seit der Schlacht im Teutoburger Wald 9 n. Chr., wo 3 Legionen aufgerieben wurden, war ihnen das klar -, wollten sie wenigstens ihre Rhein-Donau-Grenze gegen die Germanen sichern. Dazu nahmen sie eine Grenzbegradigung vor und verkürzten zunächst mit dem Odenwaldlimes zwischen Schlossau und Duttenberg (Länge 35 km) um 90 n.Chr. ihre Grenzlinie: Das Höchstberger Gebiet lag also noch außerhalb. Den Limes verschoben sie um die Mitte des 2. Jahrhunderts um ca. 30 km nach Osten zwecks weiterer Streckenverkürzung ihrer Grenze. Dieser Obergermanische Limes verläuft von Miltenberg nach Lorsch. Für das Höchstberger Gebiet bedeutete das, dass es nun für gut 100 Jahre zum römischen Reichsgebiet gehörte. Und von den Römern finden wir reichlich Zeugnisse in unserer Gegend. Wimpfen im Tal steht praktisch auf einer römischen Stadt. Der Verlauf des Odenwaldlimes ist gut erforscht und dokumentiert. Südlich von Bachenau gibt es die Überreste eines römischen Gutshofes (19 m x 11,6 m) und 1,5 km nördlich von Tiefenbach den nächsten (27 m x 18 m). Sie versorgten die römische Garnison in Wimpfen. In Böttingen fand man 1952 eine zerschlagene Jupitergigantensäule in einem Brunnenschacht, ausgerechnet in der Kapelle auf dem Michaelsberg ist ein römischer Weihestein, Jupiter gewidmet, eingebaut und am oberen Ende der Schloßstraße in Gundelsheim kann man links vom Kriegerdenkmal zwei römische Steinreliefs bewundern. In Tiefenbach fand man eine römische Silbermünze. Der „Dallauer Weg“ und die „Hohe Straße“ stammen aus römischer Zeit. Flurnamen in Gundelsheim („Maueräcker“) und Obergriesheim („Mäurich“) weisen auf römische Gutshöfe hin. Im Gewann „Streitäcker“ in Gundelsheim hat man bei Grabungen auch einen römischen Helm gefunden. Also 100 Jahre römische Besatzung in und um Höchstberg? Das kommt darauf an, was man darunter versteht. Der Limes war keine Berliner Mauer, er war durchlässig, man verkehrte und handelte miteinander, aber die Grenze war deutlich markiert und eine Grenzkontrolle fand statt. Aber durch wen? In aller Regel nicht durch römische Soldaten aus Rom oder Italien, sondern aus Britannien, Südwestfrankreich und Spanien. Die waren in Wimpfen und Neckarburken stationiert. Und als dem römischen Heer Personalknappheit drohte, rekrutierte man den Nachwuchs kurzerhand seit Ende des 1. Jahrhunderts n.Chr. aus der Umgebung des jeweiligen Standortes, also auch Germanen und Kelten aus unserer Gegend. Das hinderte aber die Alemannen nicht, im zweiten Anlauf um 260 n.Chr. den Limes zu überrennen und nun unser Gebiet zu besiedeln. Ein alemannisches Kindergrab in Gundelsheim, entdeckt 1958, aus der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts n.Chr. belegt ihre Anwesenheit. Viel mehr als ihre Gräber in der Umgebung ist von ihnen nicht übrig geblieben. Die Germanen kannten keine Steinbauweise, und von anderen etwas zu lernen, hatten sie eigentlich nicht vor, von den Römern schon gar nicht. Aber lange konnten sich die Alemannen in unserer schönen Gegend nicht halten. Nach der verlorenen Schlacht bei Zülpich 496 n.Chr. gegen die Franken drängten diese in unser Gebiet und siedelten hier. Die alemannischen Dörfer (Endung – ingen) verschwinden und die fränkischen Gründungen (Endsilbe – heim) setzen sich durch. Beispielhaft seien genannt: Gundolfesheim (Gundelsheim), Bacherheim (Bachenau), Offenheim (Offenau), Greozisheim (Obergriesheim), Creitzheim (Untergriesheim), Heribotesheim (Herbolzheim) und überraschenderweise Huchelheim (Heuchlingen) auf der einen Seite, Denzlingen (bei Bachenau), Scherzlingen (bei Duttenberg), Mönsingen (bei Tiefenbach) und Deitingen (bei Neudenau) auf der anderen Seite. Damit waren nun endlich die da, die auch heute noch weitgehend die Gegend bevölkern, auch wenn sich durch die Flüchtlingsströme nach dem zweiten Weltkrieg, durch die Gastarbeiterzuzüge und durch die Migranten die Bevölkerungsstruktur in den letzten 60 Jahren noch einmal verändert hat. Und die Franken brachten etwas mit oder übernahmen das, was die Alemannen nicht anerkannten, nämlich das Christentum, mindestens ließ sich ihr Chef um 500 taufen. Damit wissen wir einiges darüber, wer in der Gegend um Höchstberg siedelte: - Nach Multi-Kulti während der Römerzeit in unserer Gegend kamen die heidnischen Alemannen. - Der Flurname „Heilige Eich“ auf unserer Gemarkung geht auf eine heidnische Namensgebung zurück, stammt also aus der Zeit vor 700. Das bedeutet aber nicht, dass Höchstberg damals schon gegründet war. - Die Besiedlung unserer Gegend erfolgte von Norden her. Wir sind also keine Schwaben, sondern Franken (Ortsnamen auf – heim, häufiges Verschwinden der alemannischen Ortsnamen, Dialekt, Siedlungsgeschichte). - Die Gegend um Höchstberg war immer Grenzgebiet (Durchzugsgebiet sowieso): römisch-germanisches, alemannisch-fränkisches, später kurmainzisch-kurpfälzisches und dann badisch-württembergisches, um nur einige Gegenspieler zu nennen. kungen in Gundelsheim, Böttingen, Offenau, Duttenberg und Tiefenbach an das Kloster Lorsch. Obergriesheim wird ebenfalls bereits für das 8. Jahrhundert im Codex Laureshamensis erwähnt, von Höchstberg ist nicht die Rede. Oder war Bernus womöglich der erste namentlich bekannte Bernbrunner = Brunnen des Bernus? Damit wäre Höchstberg zwar noch nicht gegründet, aber immerhin wäre das nach Höchstberg eingemeindete Bernbrunn belegt. Zwingend ist das aber nicht. Wahrscheinlicher wäre da schon, Bernus hatte Besitz in Höchstberg, wollte aber seinen schönsten Besitz nicht hergeben. Unser Verständnis wäre ihm gewiss. Aber am wahrscheinlichsten ist nun mal, dass es Höchstberg im 8. Jahrhundert gar nicht gegeben hat. Das prägt die Menschen auch, wie es eine Landschaft auch tut. Ob das zu einer stärkeren Wachsamkeit und Sensibilisierung oder zu einer ausgeprägten Abgrenzung führte, ob Rückzugsmentalität oder Offenheit für andere und anderes charakteristisch war, beide Möglichkeiten sind jeweils denkbar. Wir werden sehen, wie sich die Höchstberger jeweils im Laufe ihrer Geschichte verhielten und ob sich hier besondere Ausprägungen feststellen lassen. - Aber wer hat dann den Flurnamen „Heilige Eich“ verliehen? Wenn es die Höchstberger nicht waren, weil es sie in germanischer Zeit nicht gegeben hat, müssen es Bewohner des Tiefenbach-, Jagst- oder Schefflenztales gewesen sein. - Wie kommt dann das Gericht auf den Stahlbühl? Ein Ruggericht, also ein Rügegericht, stammte in seiner Form aus karolingischer Zeit. Und die exponierte Lage des Stahlbühls erinnert allzu sehr an eine germanische Thingstätte. Und überhaupt – derartige Möglichkeiten einer Selbstverwaltung, wie sie durch das Ruggericht gegeben waren, wurden im 14. Jahrhundert – der dokumentierten ersten Erwähnung Höchstbergs – durch die damals aufkommenden Landesherren nicht neu installiert, sondern möglichst abgeschafft, was maßgeblich zur Unzufriedenheit der Bevölkerung und schließlich zum Bauernaufstand beitrug. Trotzdem ist es sehr wahrscheinlich, dass die Hoche- Die Geschichte des Dorfes und seiner Bewohner (Rechts- und Herrschaftsverhältnisse) Die Entstehungszeit (Gründung). Nachdem hier kurz die Entstehung der Landschaft des Dorfes und die Besiedlungsgeschichte unserer Gegend skizziert wurde, fehlt nur noch die Geschichte des Dorfes Höchstberg und seiner Bewohner. Klar ist, dass das Dorf urkundlich 1305 zum ersten Mal erwähnt wird. Deswegen feiern wir dieses Jahr ja auch das 700-jährige Bestehen. Das bedeutet, dass wir zwischen der fränkischen Besiedlung unseres Raumes und der nachgewiesenen Dorfexistenz 700-800 Jahre zu überbrücken haben – oder doch nicht? - Im 8. Jahrhundert machte ein gewisser Bernus Schen- bene von Höchstberg eben doch erst ab dem 11.Jahrhundert gerodet und besiedelt wurde. Die Urkunde von 1305 gilt da fast noch als zeitnahe Erwähnung. Das Gericht auf dem Stahlbühl erklärt sich dann möglicherweise aus dem Fehlen eines unmittelbar zugriffsberechtigten Landesherren – in Höchstberg hatten vorwiegend Reichsritter das Sagen – aus der Stellung des reichsunmittelbaren Dorfes Höchstberg und vielleicht sogar ein wenig aus dem Respekt vor einer immer noch bewussten germanischen Tradition. Vielleicht nutzten die Höchstberger aber auch ein wenig die oben schon erwähnte Grenzsituation. - Was aber hat es mit der Gründung des Filialklosters der Komburg im Jahre 1136 auf dem Ilgenberg auf sich? Kommen wir mit der 700-Jahr-Feier nicht etwas zu spät? Hier ist ein klares Nein angebracht. Der Ilgenberg gehört erst seit 1853 zur Gemeinde Höchstberg, und zu dem Zeitpunkt war er auch schon seit Jahrzehnten nicht mehr bewohnt. - Auf Bernbrunn wollen wir hier nicht zurückgreifen. Eine Urkunde von 1270 bezieht sich wahrscheinlich auf Bernbrunn, ganz sicher sind wir aber erst bei einer Eintragung des Klosters Wimpfen für das Jahr 1308. Nachdem nun geklärt ist, dass wir uns mit der 700-JahrFeier als der dokumentierten Ersterwähnung begnügen müssen, lässt sich trotzdem das feststellen, was wir schon immer wussten: Höchstberg ist etwas Besonderes: - Mit Ilgenberg, St. Maria im Nußbaum, dem Dorf selbst, dem Stahlbühl, der Bachmühle und dem ehemaligen Kondominat Bernbrunn verfügt es über markante, historisch interessante Orte mit je eigener Geschichte, die sich aber dann doch vernetzt und verbindet. - Nur das reichsunmittelbare Dorf Höchstberg weist mit dem Gericht auf dem Stahlbühl und den 9 Richtern aus dem Dorf (dazu 3 aus Gundelsheim) diese Besonderheit der Mitwirkung auf. Die anderen Dörfer der Krummen Ebene hatten kein eigenes Gericht. - Höchstberg stellte sogar 2 Schöffen im Zentgericht von Mosbach. - Die pägstlichen Bullen von 1328 und 1699 unterstreichen die besondere Bedeutung Höchstbergs im kirchlich- religiösen Bereich. Der Name: In der Oberamtsbeschreibung heißt es, der Name „Villa Hechesbur“ für Höchstberg in der Urkunde von 1305 sei zu deuten als „Bauernsitz eines Hecho“, also als Höchstberg = Hechesbauer. Das erscheint mir nicht plausibel. Mir ist nicht bekannt, dass in der Ständegesellschaft des Mittelalters ein Bauer als Namensgeber eines Dorfes fungierte. Das ist eigentlich undenkbar. Viel eher dürfte es so sein, dass der erste Wortbestandteil „Hecks-"/ „Heches-" durchaus korrekt überliefert wurde. Dialektal wird „Höchst-" ja auch heute noch als „Hecksch-" gesprochen. Dass das Suffix – „bur“ bei Ortsnamen aus dem Fränkischen stammt und gar nicht „Bauer“, sondern „Burg“ (= „befestigter Platz“) bedeutet, sei hier in aller Deutlichkeit erwähnt. Der zweite Wortbestandteil veränderte sich nach meinem Verständnis lautlich durch mündliche Überlieferung. Das darf vergleichsweise nicht überraschen. In den Urkunden lesen wir z.B. „Nusprun“ für „Nußbaum“ und im weiterentwickelten Dialekt sagen wir z.B. „Stahlbrüchel“ für „Stahlbühl“. Ich plädiere also dafür, dass der Name des Dorfes schon immer so hieß und schon immer das bedeutete, was er auch heute ausdrückt. Dass ein Mönch auf der hohenlohischen Komburg 1305 „Villa Hechesbur“ schreibt, sehen wir dem einfach nach. Schließlich war der ein paar Tagereisen von Höchstberg entfernt und im Hohenlohischen liebt man sowieso die dunklen Vokale. Besser machte es schon 1396 der Schreiber des Vertrages zwischen Heinrich von Bieringen und dem Deutschen Orden. Dort heißt es „Heckspur“. Und 1413 sind Friedrich von Berlichingen und das Stift Wimpfen bereits auf Linie. Dort wird ein Gut in „Höchsperg“ verpfändet. Eine zweite mögliche Variante, der Namensbedeutung wäre, dass mit „Hechesbur“ eine „Hechoburg“ gemeint war. Die Besiedlung von Höchstberg Die Besiedlung der bewaldeten Hochebene erfolgte, wie oben schon erwähnt, wahrscheinlich im 11. Jahrhundert. Es war aber nicht so, dass einfach jeder eine Brandrodung vornehmen konnte – die Flurnamen „Rotwiese“, „Schlag“, „Löhlesgraben“ deuten z.B. darauf hin -, sondern der Besitzer musste das erlauben bzw. wollen. Und das war in unserem Falle unmittelbar der deutsche König. Der „Königsrain“ nördlich von Bernbrunn weist noch darauf hin. Unmittelbarer Königsbesitz oder gar reichsunmittelbare Verwaltung war zwar über das Deutsche Reich in sehr unterschiedlichem Maße verstreut, aber einen flächendeckenden grundherrlichen Besitzanspruch des deutschen Königs gab es nicht. Vielmehr hatte jeder Adlige ein „Allod“, also Eigenbesitz. Das konnten riesige Grundherrschaften sein. In diesen Bereichen hatte der König allenfalls die oberste Rechtssprechung – und das auch nur bis ins 13. Jahrhundert. Es gibt im Mittelalter eben kein territoriales, flächendeckendes Staatsverständnis, sondern nur einen Personenverbandsstaat. Die einzelnen Rechtssubjekte standen in einem gegenseitigen Treueverhältnis mit gegenseitigen Rechten und Pflichten. Mit seinem Königsgut verfolgte der deutsche König im Wesentlichen zwei Ziele. Entweder er setzte es ein, um seine Pfalzen zu versorgen, die er als Aufenthaltsorte für sein Reisekönigtum brauchte – der deutsche König hatte ja keine Hauptstadt wie der englische oder französische König -, oder er verlieh oder verpfändete es an den Adel, um sich dessen Lehensdienste zu sichern. Mit der Besiedlung Höchstbergs gab es für den deutschen König also diese beiden Optionen. Eine zu versorgende Pfalz war eigentlich in der Nähe – nämlich Wimpfen. Aber er griff hauptsächlich zur zweiten Option. Zwar holten sich die deutschen Könige ihr Königsgut bis ins 14. Jahrhundert auf der Krummen Ebene immer wieder zurück – es war also nur verpfändet – aber die dem König liebsten Lehensleute, weil ungefährlich für ihn, Stifte und Reichsritter, hatten in Höchstberg schon immer das Sagen, bevor der Deutsche Orden das Dorf weitgehend übernahm. Woher aber kamen die Siedler? Wir dürfen vermuten, dass sie aus den benachbarten Tälern einwanderten, aber wahrscheinlich ist, dass sie auch aus dem Norden, also der Mosbacher Gegend, nach Höchstberg zogen. Die Herren von Nußbaum, die Gründer des Filialklosters auf dem Ilgenberg kamen wohl aus Untergriesheim, aber die Höchstberger Kapelle gehörte nie zum Ilgenberg, damit auch nicht das Dorf. Wohl wurde das Dorf Höchstberg bis 1713 seelsorgerlich vom Pfarrer in Untergriesheim betreut, aber die wesentlichen Rechte in Höchstberg lagen bei Herren im Norden und Osten. Bis 1688 hatte das Spital in Mosbach im Auftrag des Pfalzgrafen die hohe Gerichtsbarkeit, also die über Leben und Tod im Dorf, die Herren aus Berlichingen und Bieringen hatten viele Rechte in Höchstberg, und Höchstberg gehörte bis zur Gründung des Bistums Rottenburg bzw. bis nach der Auflösung der Deutschordensherrschaft 1805 zum Bistum Würzburg. Die Entstehung des Dorfes – ein Dorf wächst zusammen Wenn wir von der Gemeinde Höchstberg von 1975 ausgehen, gibt es 6 markante Orte, die historisch bedeutsam und dokumentiert sind, zunächst oft getrennte Wege gehen und schließlich bis 1962 zu einer Gemeinde zusammenwachsen: Der Ilgenberg: Seine Geschichte beginnt um 1136. Um 1350 berichtet ein Chronist aus Würzburg (Michael de Leone), dass zwei Ritter, Vater und Sohn, beide Marquart geheißen, ihre Burg bei Untergriesheim abreißen ließen. An gleicher Stelle ließen sie ein Kloster errichten. Sie traten selbst in das Kloster ein, das sie dem Kloster Komburg bei Schwäbisch Hall – 1090 gegründet – vermachten, mit dessen Abt Herwig sie verwandt waren. Auf dem Ilgenberg entstand also ein Filialkloster, eine Probstei. Die Kapelle war dem heiligen Aegidius geweiht. Von da leitet sich der Name Ilgenberg ab. Die Namen der Pröbste dieses Filialklosters sind z.T. überliefert. Um ihre Einkünfte zu vermehren, ließen sie den Wald z.T. roden. Die Weinberge, Äcker und Wiesen verpachteten sie an Höchstberger Bauern. Da das Kloster Komburg immer wieder in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, verkaufte es schließlich 1523 die gesamte Probstei Nußbaum an die Herren von Gemmingen, die gleich auch noch die Hälfte des Zehnten in Höchstberg erwarben. 153 Morgen Land (inkl. 60 Morgen Wald) verzeichnet das Lagerbuch des Schlosses Hornberg von 1579 für das Gut auf dem Ilgenberg. 1794 ließ Philip Dietrich von Gemmingen eine neue Zehntscheuer errichten, die heutige Bergscheuer. Sein Wappen hängt noch an der Ostseite. Schließlich mussten zum Beispiel 5% des Ertrages der Weinberge von den Höchstbergern an die Herren von Gemmingen abgegeben werden. Und sinnigerweise nahmen die Herren auch gleich 4% als Kelterwein fürs Pressen in der hauseigenen Presse im gegenüberliegenden Gebäude der heutigen Bergscheuer. Aber wo war eigentlich die Aegidienkapelle? Immerhin hatte sich zu ihrer Einweihung der Würzburger Bischof Embricho am 3. September 1136 persönlich auf den Ilgenberg begeben. Angeblich ist die Bergscheuer auf den Grundmauern der Hauskapelle errichtet worden. Das ist eher unwahrscheinlich. Kirchen zeigen eine Ost-WestAusrichtung und keine Nord-Süd-Achse. Außerdem hätte eine Ost-West-Richtung der Kapelle die militärisch notwendige Geschlossenheit der Anlage gestört. Ich meine, dass die erhaltene Karte von 1834 zeigt, wo diese Kapelle lag. Der östliche Teil des Hauptgebäudes ist deutlich abgegrenzt. Dort war meiner Meinung nach die Aegidienkapelle untergebracht. Spätestens mit der Übernahme der Probstei durch die Herren von Gemmingen 1523 endete das Klosterleben auf dem Ilgenberg, wobei fraglich ist, ob es nicht schon vorher lediglich ein klösterlicher Wirtschaftsbetrieb war, der von einem Probst und Brüdern betrieben wurde. Möglicherweise wurde auch gleich die Aegidienkapelle zweckentfremdet. Jedenfalls behaupten die Gemmingens 1601, in der Kapelle habe seit 70 Jahren kein Gottesdienst mehr stattgefunden und überhaupt sei die Gegend kirchlich gut versorgt. Ihnen war vom Deutschen Orden vorgeworfen worden, sie hätten aus der Kapelle vor 22 Jahren eine Scheune gemacht, was sie ja auch zugaben. Wahrscheinlich hatten sie als Protestanten neben dem wirtschaftlichen Interesse auch keine Lust, den katholischen Bewohnern der Gegend auch noch eine Kirche zur Verfügung zu stellen oder gar einen Kaplan zu finanzieren. Dass die Gemmingens 1853 das Gut – immerhin noch 73 Morgen – dann an die Höchstberger verkauften, hatte einen einfachen Grund. Nachdem die Pachtabgaben zu der Zeit durch einen Festbetrag von 3575 Gulden (ca. 25 000 €) abgelöst wurden, lohnte der Erhalt der Gebäude nicht mehr. Die Höchstberger überlegten zwar, ob sie die Wohnung für den Schäfer in das Hauptgebäude des Ilgenberggutes verlegen sollten, aber das war offensichtlich bereits derartig heruntergekommen, dass sie das bleiben ließen. Es verfiel. Auch für das Keltergebäude hatten sie keine Verwendung. Schließlich gab es im Dorf 2 Keltern. Allerdings sieht man auf einer Postkarte von 1900, dass das ehemalige Keltergebäude noch stand. Es verschwand also erst im 20. Jahrhundert. Dieses Schicksal blieb der Bergscheuer erspart. 1986 wurde sie für 90 000 DM renoviert, und wenn man sie heute sieht, hat sich das gelohnt. Abschließend bleibt für den Ilgenberg festzuhalten, dass er seit 1853 zu Höchstberg gehört. Die Bachmühle: Ihre Geschichte ist schneller erzählt. Sie wird in den Lagerbüchern des 15./16. Jahrhunderts bereits erwähnt. Der Lehensvertrag von 1475 ist überliefert. Sie gehörte allerdings nicht zum Ruggericht auf dem Stahlbühl, sondern war direkt dem Gericht in Gundelsheim unterstellt. Im 19. Jahrhundert verfügte sie über 3 Mahlgänge und einem Gerbgang. So klein war sie also nicht. Sie dürfte 1806 dem Dorf zugeschlagen worden sein. Bernbrunn: Bernbrunn hat seine eigene Geschichte, deshalb sollen hier nur seine Eckdaten erwähnt werden. Aber seine Geschichte war immer eng mit Höchstberg verbunden. Noch deutlicher als in Höchstberg war in Bernbrunn die Grenzlage ausschlaggebend und spürbar. Der Kondominatsstatus ist äußerst selten. Aber schließlich wurde der nach jahrzehntelangen Anläufen aufgelöst und mündete in der Eingemeindung nach Höchstberg im Jahre 1962. Ein kirchliches Relikt ist allerdings noch vorhanden. Bernbrunn gehört zur Pfarrei Allfeld und damit zur Erzdiözese Freiburg. Wenn der oben erwähnte Bernus aus dem 8. Jahrhundert nicht aus Bernbrunn stammte und wenn der in einer Urkunde von 1270 erwähnte Conradus de Steinach „miles dictus Berenbrunner“ (= Ritter genannt Bernbrunner) nicht von Bernbrunn war, dann ist Bernbrunn in einem Lagerbuch des Stiftes Wimpfen für das Jahr 1308 definitiv urkundlich abgesichert. Wie überall im damaligen Deutschen Reich tauschten, kauften, verpfändeten die adligen bzw. kirchlichen Besitzer ihre Rechte und Einnahmen, die meist zersplittert und konkurrierend noch bei den einzelnen Höfen zu finden waren. Das erwähnte Stift in Wimpfen, die Herren von Zwingenberg, das Kloster Seligental, die ritterliche Familie in Heuchlingen, der Mainzer Erzbischof, die Ritter von Eberstein, die Berlichingens, die von Bieringen, der Deutsche Ritterorden, das Hospital von Mosbach, der Kurpfälzer – sie alle waren Nutznießer der ursprünglichen 3 Höfe (Ordenshof, Spitalhof, Heuchlingshof). Wichtig und entscheidend für das Kondominat war, dass Bernbrunn aber immer als einheitliche Gemarkung angesehen wurde. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das bis dorthin offensichtlich blühende Dorf zerstört und erst wieder 1657 von Höchstberg aus besiedelt Die Hochgerichtsbarkeit über den Ordenshof, nicht aber über die beiden anderen Höfe, verkaufte 1688 Kurfürst Wilhelm von der Pfalz zusammen mit diesem Recht über Höchstberg an den Deutschen Orden für die horrende Summe von 15000 Gulden. Vergleichsweise günstig lösten die badischen Bauern von Bernbrunn ihr Lehensverhältnis vom Spital Mosbach 1856 ab, was de facto einer Eigentumsübernahme der Höfe gleichkam. 4000 Gulden waren fällig. Fast zur gleichen Zeit (s.o.) kaufte die Gemeinde Höchstberg den Ilgenberg für 3575 Gulden. Der badische Teil Bernbrunns wurde also von den Hofbauern geradezu als Schnäppchen erworben. Der Teil Bernbrunns, der bisher zum Deutschen Orden gehörte, wurde als Teilgemeinde von Höchstberg württembergisch. Bereits 1857 bis 1861, dann 1900 bis 1906 und von 1922 bis 1930 verhandelten Baden und Württemberg erfolglos über die Aufhebung des Kondominatsverhältnisses, erst 1955 stimmten die Bernbrunner für die Eingemeindung nach Höchstberg, die dann 1962 vollzogen wurde. Der Stahlbühl: Er gehörte zwar immer zum Dorf Höchstberg und war ja nicht selbst besiedelt. Aber er schuf nicht nur die natürlichen Voraussetzungen für die Entstehung Höchstbergs (seine Entwässerung lieferte das Quellwasser für Höchstberg beim Marienbrunnen), sondern seine (mögliche) Vergangenheit als germanische Thingstätte, an der uralte Verkehrswege vorbeiliefen, könnte auch noch in christlicher Zeit ein zusätzlicher Anreiz für eine Besiedlung am Fuße des Stahlbühls gewesen sein. Jedenfalls war er das Zentrum der dörflichen Selbstverwaltung. Viermal im Jahr trafen sich dort die 12 Richter des Ruggerichts. 9 Bewohner Höchstbergs ernannte der Deutsche Orden , 3 schickte er aus Gundelsheim. Die Delikte über die dort verhandelt wurden, waren z.B. Fluchen, Arbeit an Feiertagen, mangelnde Ehrfurcht vor den Eltern, Verleumdungen, einfacher Diebstahl, Grenzbeschädigung, Ehebruch, Verstöße gegen Gebote der Obrigkeit, falsche Maße und Gerichte, Vergehen gegen die Flurordnung. Die Rugartikel wurden vorgelesen, klageberechtigt bzw. klageverpflichtet war jeder. Die Geldstrafen wurden je nach Delikt aufgeteilt an den Orden, den Schultheiß, die Gemeinde etc. Weitere Gerichtstermine waren möglich. Dafür musste der Kläger aber dann auch extra zahlen. Einerseits nimmt Höchstberg damit eine Sonderstellung ein und stellte 9 der 12 Richter. Die 6 Dörfer der Ebene (Offenau, Duttenberg, Bachenau, Obergriesheim, Untergriesheim und Jagstfeld) z.B. hatten nur ein gemeinsames Niedergericht, zu dem jede Ortschaft zwei Richter abstellte. Diese Dörfer unterstanden auch gemeinsam einem Schultheißen, der auch Vorsitzender des Gerichts war. Andererseits war natürlich die soziale Kontrolle im Dorf Höchstberg selbst besonders präsent. Kläger von außen waren zwar möglich, stellten aber sicher nicht die Mehrzahl. Dennoch ist das Gericht auf dem Stahlbühl Ausdruck einer besonderen Eigenständigkeit und bot auch soziale Chancen, sich gegenseitig z.B. nicht zu verklagen. Mindestens ein Dorfrichter hat sich im Dorf so verewigt, dass wir ihn auch heute noch problemlos identifizieren können. Er wohnte im heutigen Haus Schefflenzstraße 4 und hieß Nicolaus Ehrhart. Die Inschrift ist dort heute noch zu sehen. Ein Grabstein an der Südseite der heutigen Sakristei verweist ebenfalls auf das Höchstberger Gericht. Dort hat sich 1634 ein Nikolaus Schmid des Gerichts zu „Hextberg“ in Sandstein meißeln lassen. Die Wallfahrtskirche: Mehr noch als das eigene Gericht auf dem Stahlbühl trug und trägt die Wallfahrtskirche zur Identität des Dorfes bei. Bereits in ihrer ersten urkundlichen Erwähnung in der päpstlichen Bulle von Johannes XXII (1316-1334) aus dem Jahre 1328 wird deutlich, dass die Wallfahrt schon in Blüte stand. Erbauer der Kapelle könnte Johann von Wittstatt gewesen sein, dessen Grabstein in der alten Kirche bis 1698 zu sehen war. Das sagt mindestens der Festprediger 1700 bei der Einweihung der Kirche. Welche überregionale Bedeutung diese Wallfahrtskapelle gehabt hat, lässt sich daran erkennen, dass der päpstlichen Bulle aus Avignon vom 16. Mai 1328 nicht nur vom Würzburger Bischof, Wolfram von Crumbach, sondern von 9 weiteren Bischöfen die geforderte Zustimmung und Unterschrift gegeben wurde. Das Patronatsrecht scheinen die Herren von Weinsberg im Auftrag des Würzburger Bischofs ausgeübt zu haben. 1371 wird eine Kaplanei zu Nußbaum erwähnt. Allerdings war die Kapelle, die möglicherweise auf einem germanischen Heiligtum oder in dessen Nähe errichtet wurde und deren Entstehung nach der Legende jeder Höchstberger kennt, nicht die Pfarrkirche für Höchstberg, sondern eine Wallfahrtskirche. Zuständig für das Dorf war bis 1713 der Pfarrer von Untergriesheim. Zu hohen Festtagen gingen die Höchstberger nach Untergriesheim, ihre Toten begruben sie zeitweise dort. Daher stammt der Name „Totensteige“ für den alten Verbindungsweg von Höchstberg nach Untergriesheim. Da der württembergische Herzog sich auch nach Norden ausdehnen wollte, beanspruchte er nach der Übernahme Weinsbergs (ca.1505) bis 1585 das Patronatsrecht über die Gnadenkapelle, was aber auf den entschiedenen Widerstand des Deutschen Ordens stieß. Und der schloss dann mit dem württembergischen Herzog 1585 einen Vertrag, wonach der Orden sie in seinen Besitz nahm, wofür er sich verpflichtete, dort wöchentlich eine Messe lesen zu lassen. Dass nach den Wirren und Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges bereits 1698 ein Kirchenneubau an den noch bestehenden Teil der alten gotischen Kapelle, der heutigen Sakristei, begonnen wurde, zeigt die ungebrochene Blüte der Wallfahrt und die fortbestehende Marienverehrung. Am 16. Mai 1700 wurde die Kirche eingeweiht, nachdem Papst Innozenz XII in einer Bulle vom 7. Februar 1699 aus Rom die Wallfahrt gefördert hatte. Interessant ist, dass weder in den beiden päpstlichen Bullen von 1328 und 1699 noch in der Festpredigt von 1700, die uns erhalten ist, von den Legenden die Rede ist. Sie wurden mündlich überliefert. Unbestritten ist aber, dass Maria seit über 700 Jahren in der Höchstberger Kirche verehrt wird und dass viele Menschen offensichtlich durch ihre Wallfahrt zu einer neuen Begegnung mit Gott kamen. Unbestritten ist auch, dass Höchstberg durch die Wallfahrer/innen immer gute Kontakte zur Außenwelt hatte, was wegen seiner Rückzugslage nicht selbstverständlich war. Im 18. Jahrhundert besuchten an den hohen Festtagen bis zu 1000 Gläubige die Wallfahrtskirche, nachdem Höchstberg seit 1713 eigenständige Pfarrei geworden war und 1758 das Pfarrhaus errichtet wurde. Dass die Kirche und das Pfarrhaus am 2. April 1945 durch Artilleriebeschuss zerstört wurden, die Dörfer der Krummen Ebene aber verschont blieben, grenzt an ein Wunder. Jedenfalls fühlten sich die Bewohner zur Dankbarkeit verpflichtet – auch die der anderen Dörfer – ,und bereits 1948 war die Kirche wieder aufgebaut. Insgesamt haben die Einwohner von Höchstberg nach dem 2. Weltkrieg nach heutiger Kaufkraft ungefähr 2,5 Millionen Euro aus eigener Kraft für ihre Kirche aufgebracht. Das Dorf Höchstberg : Die erste Urkunde, die das Dorf erwähnt, stammt aus dem Jahre 1305. Das Kloster Komburg verkaufte damals einen Hof in Waldmühlbach an das Stift in Mosbach und setzt sozusagen treuhänderisch seine Besitzungen in „Villa Hechesbur“ ein. Damit wissen wir, dass es Höchstberg im Jahre 1305 gegeben hat. Aber wem gehörte was? Im gesamten Mittelalter gab es kein Staatsverständnis, wie wir es heute haben. Es war nicht abstrakt oder territorial definiert, sondern bezog sich auf das Verhältnis zwischen Personen. Es bezog sich also nicht auf eine geschlossene Fläche, sondern auf jeweils einzelne Rechte und Ansprüche. Deshalb sprechen wir von einem Personenverbandsstaat. Erst mit der Schwächung des deutschen Königtums im 13. Jahrhundert versuchten mächtige Adlige geschlossene Territorien zu bilden, in denen sie allein das Sagen hatten. Was bedeutete das für Höchstberg? Ähnlich wie in Bernbrunn kennen wir verschiedene Herren, die gleichzeitig im Dorf ihre Rechte ausübten und in aller Regel mit anderen Herren im Dorf konkurrierten oder sich Rechte mit ihnen teilten. Bekannt sind uns die Herren von Bieringen, die z.B. 1396 ihre Wiesen im Schefflenztal (8 Morgen) und ihren Besitz in Bernbrunn an den Deutschen Orden für 300 Gulden verkaufen, oder als weitere Besitzer die Grecken aus Kochendorf. Die Berlichinger verpfändeten 1413 ihr Gut zu Höchstberg an das Stift zu Wimpfen. 1422 verkaufen sie dieses Gut zusammen mit einem Viertel des Zehnten, einem Sechstel der Vogtei und des Gerichts für 380 Gulden (nach Jooß 390 Gulden) an das Kloster Komburg. Bereits ein Jahr später erhält das Kloster die bischöfliche Erlaubnis, seinen Besitz in Höchstberg gegen Bares an den Deutschen Orden weiterzuverkaufen. Das Kloster macht davon aber erst 1463 Gebrauch, behält aber noch den Zehnten (Jooß). Damit ist die erste Phase der Besitzer in Höchstberg abgeschlossen. Waren bisher hauptsächlich die Herren von Berlichingen, die Herren von Bieringen und das Kloster Komburg im Besitz vieler Rechte und auch eines Teils des Grund und Bodens, so bemühte sich jetzt der Deutsche Orden erfolgreich darum, diese zu beerben. Mit dem Erwerb des Patronatsrechtes über die Höchstberger Kirche 1585 war diese Entwicklung abgeschlossen. Die Herrschaft des Ordens dauerte dann bis 1805, also fast 400 Jahre lang. Dass der Orden (1198 gegründet, seit etwa 1250 im Besitz der Burg Horneck) gerade um diese Zeit gezielt einkaufte, hing damit zusammen, dass der erste auf Horneck residierende Deutschmeister (Eberhard von Seinsheim 1420-1443) in seiner unmittelbaren Umgebung sein Territorium schaffen wollte. Oft begnügte sich der Orden mit dem Vogteirecht, dazu gehörte das Gerichtsrecht, er war nicht immer Besitzer des Bodens. Allerdings hatte der Orden in Höchstberg ein Herrschaftsproblem. Im ursprünglichen Reichsdorf war das Hochgericht vom König endgültig 1362 an den Pfalzgrafen übergegangen, in dessen Auftrag 38 Schöffen, darunter 12 aus dem Rat der Stadt Mosbach und 26 Schöffen, darunter 2 aus Höchstberg, aus 26 zugehörigen Dörfern Recht sprachen. Vorsitzender war der Schultheiß von Mosbach. Hier war Ärger vorprogrammiert. Was gehörte vor das Dorfgericht bzw. vor den Orden (im Berufungsfalle)? Was gehörte vor das Mosbacher Zentgericht? Eigentlich schien die Sache klar. Wenn es um Mord, schweren Diebstahl, Brandstiftung und Zauberei ging, ging es um Leben und Tod; also war das Mosbacher Gericht gefragt. 1571 einigte man sich vertraglich über eine klare Abgrenzung, 1688 kaufte der Orden das Hochgericht dem Pfalzgrafen ab. Deutlich wird hier noch einmal das bereits oben Gesagte: - Höchstberg gehörte in der Deutschordenszeit (mit Böttingen und Tiefenbach) zum Amt Horneck, nicht wie die anderen Dörfer der Krummen Ebene zum Amt Neckarsulm bzw. später Heuchlingen. - Während auf der Krummen Ebene das Hochgericht dem Orden zustand, war es in Höchstberg bis 1688 im Besitz des Pfalzgrafen. - Auch hier zeigt sich wieder Höchstbergs Ausrichtung nach Norden. Aber das war dann mit der Besetzung Gundelsheims durch württembergische Truppen 1805 und der Eingliederung ins Königsreich Württemberg 1806 beendet. Spätestens mit der Ablösung der grundherrlichen Lasten nach 1850 konnte sich Höchstberg als selbständige Gemeinde neu entwickeln zusammen mit dem schon genannten Ilgenberg, der Bachmühle, natürlich der Kirche und dem Stahlbühl, bis dann 1962 schließlich auch noch Bernbrunn dazukam. Die Eingemeindung von 1975 in die Stadt Gundelsheim war zwar alles andere als populär – bedeutete sie doch den Verlust der kommunalen Selbständigkeit -, aber wenn man registriert, was in den Dörfern seitdem alles geleistet wurde, muss man anerkennen, dass in einem guten Miteinander vieles erreicht wurde. Schicksalsjahre und Wendepunkte im Leben der Bewohner Höchstbergs Bisher wurden weitgehend die Rechtsund Herrschaftsverhältnisse in Höchstberg skizziert. Mindestens auswahlhaft sollen nun einschneidende Ereignisse für die Höchstberger betrachtet werden. Der Bauernkrieg: Revolutionen werden nicht dann gemacht, wenn die Not am größten ist, also die Unterdrückung am unerträglichsten ist, sondern wenn sie erfolgreich zu sein scheinen, weil die Macht der Herrschenden bröckelt oder wenn es mindestens den Anschein hat, dass es so ist. 1525 war ein deutsches Schicksalsjahr. Der Bauernaufstand war für 300 Jahre der letzte Versuch, die Herrschaftsstrukturen revolutionär zu verändern. Und die Höchstberger waren mit dabei. Wenn die Bauern militärisch überhaupt eine Chance hatten, wurde sie im April 1525 in Gundelsheim verspielt. Die von Goethe in seinem „Götz von Berlichingen“ im 5. Akt dargestellte Szene (lokal nicht näher festgelegt) spielte sich nämlich tatsächlich in Gundelsheim ab. Am 27. April verpflichtete sich Götz den Bauern gegenüber, für 4 Wochen ihr Hauptmann zu sein. Vorher hatten es die Bauern abgelehnt, die nach der Schlacht von Pavia arbeitslos herumziehenden Söldner aufzunehmen. Sie wollten alleine plündern. Das war ein Fehler. Diese Landsknechte zogen nach Heidelberg. Der Pfalzgraf nahm sie gerne, um besser gegen die Bauern kämpfen zu können. Aber als Götz, der doch angeblich Hauptmann wurde, um die Bauern zu mäßigen, am 27. April den Oberbefehl übernahm, stand Schloss Horneck noch. Aber am 5. Mai brannte ein Kommandotrupp aus dem Lager Amorbach, wohin die Bauern inzwischen gezogen waren, das Schloss nieder. Alle anderen Schlösser des Ordens in unserer Gegend (auch Heuchlingen, Ausnahme Kirchhausen) wurden zerstört. Wie verhielten sich die Höchstberger? Man darf annehmen, dass sie im April in Gundelsheim dabei waren, aber insgesamt scheinen sie nicht zu den Scharfmachern gehört zu haben. Das Kloster auf dem Ilgenberg wurde nicht zerstört, den Schultheißen von Höchstberg wurde nach der Niederwerfung des Aufstandes wie den anderen Schultheißen der Ebene bestätigt, sie hätten sich nicht des Aufruhrs schuldig gemacht. Das schützte die Höchstberger aber nicht davor, für den Wiederaufbau von Horneck Frondienste leisten zu müssen. Auch waren pro Haus 6 Gulden fällig. Aber im Vergleich zu den Exzessen der Fürsten – über 100 000 Bauern sollen umgebracht worden sein – ging es den Bewohnern von Höchstberg noch glimpflich, weil der Deutschmeister so klug war, sein eigenes Gebiet nicht zu ruinieren. Insgesamt aber waren die Bauern gescheitert, politische Teilhabe an der Macht zu erhalten (was mindestens die Klügeren anstrebten), die Herausbildung der landesherrlichen Territorien und die Einführung des römischen Rechtes machte sie endgültig zu weitgehend recht- und machtlosen Untertanen. Das wog mehr als die Abgabenlast, die man in vieler Hinsicht mit der von heute vergleichen kann, auch wenn es damals für eine vergleichbare Abgabelast keine vergleichbare staatliche Gegenleistung gab. Es dauerte mehr als 300 Jahre, bis es wieder eine revolutionäre Bewegung gab und selbstverständlich waren die Höchstberger 1848/1849 aktiv dabei. Die Reformation: Bereits der Bauernkrieg war z.T. religiös motiviert gewesen. Luthers theologische Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ war von den Bauern politisch missverstanden worden. Aber eine protestantische Kirche in Höchstberg statt der Marienwallfahrtskirche? – Undenkbar, sollte man meinen. In Wahrheit war es eher verwunderlich, dass Höchstberg nicht protestantisch wurde. Seit 1555 war klar, dass der Landesherr die Religion seiner Untertanen bestimmte. Wie sah es damit aus? Der Ilgenberg gehörte den Gemmingens – die waren protestantisch. Die hohe Gerichtsbarkeit in Höchstberg hatte der Kurfürst von der Pfalz – und der war auch Protestant. Das Patronat über die Kapelle „Unserer Lieben Frau vom Nußbaum“ hatte von 1505 bis 1585 der Herzog von Württemberg – und der war Lutheraner. Und schließlich hatte der Deutsche Orden die eigentliche Dorfherrschaft und die niedere Gerichtsbarkeit in Höchstberg – aber der Hochmeister Albrecht hatte 1527 die Seiten zu Luther hin gewechselt, nicht aber der nach der Zerstörung Hornecks 1525 in Mergentheim residierende Deutschmeister. Und deshalb blieb Höchstberg katholisch. Der Dreißigjährige Krieg: Die eigentliche Katastrophe für Deutschland war nicht der Bauernkrieg von 1525 trotz seiner Gräueltaten, sondern der wegen der konfessionellen Spannungen ausbrechende Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648, der Schlacht von Wimpfen 1622 mit Tausenden von Toten, den Pestepidemien 1626/1627 und 1635, der Besetzung von Schloss Horneck durch die Schweden 1631, 1634 durch die Spanier, 1642 durch die Franzosen, 1643 durch die Kaiserlichen, 1646 durch die Schweden, 1647 durch die Bayern, 1648 durch die Schweden. Wenige von uns können sich vorstellen, was dieser ständige Durchzug und Besitzerwechsel bedeutete. Aber ob Freund oder Feind – sie waren sowieso kaum zu unterscheiden: Plünderungen, Mord, Raub, Vergewaltigungen – alles war erlaubt. Und der jeweilige Besatzer nahm, was er für seine Kriegsführung brauchen und erpressen konnte. Auch in Höchstberg dürfte nicht mehr als das sonst übliche gute Drittel der Einwohnerschaft übriggeblieben sein, wobei bis zur Pestepidemie von 1635 die Welt noch einigermaßen in Ordnung war, wie die beiden Grabsteine an der heutigen Sakristei beweisen. Noch existierte also eine entsprechende Infrastruktur im Dorf. Aber schon der Kriegkanzellist des Kaisers, Martin Bormann, der 1635 starb, dürfte ein Pestopfer gewesen sein. Mindestens flüchtete sein Chef, Kaiser Ferdinand II in diesem Jahr über Schloss Horneck (12. August) und Heuchlingen vor der Pest nach Ellwangen. Warum der Kriegskanzellist in Höchstberg begraben wurde, ist nicht überliefert. Aber da auch schon andere Adlige, z.B. Johann von Wittstadt die Kapelle als Begräbnisplatz nutzten, darf man davon ausgehen, dass die Höchstberger Kapelle berühmt war und einen guten Ruf genoss. Zwar zogen während der Napoleonischen Kriege, z.B. 1812, Truppen durch Höchstberg, immer wieder wurden hohe Kriegslasten eingetrieben, die Zivilbevölkerung war nicht geschützt, aber im Vergleich zum Dreißigjährigen Krieg waren die Verluste nicht ganz so furchtbar. Die Paulskirche und die Erhebungen von 1848/1849: Das 18. Jahrhundert: Trotz zahlreicher Kriege und Epidemien war es eine Zeit der Erholung. Eine geradezu intensive Bautätigkeit setzte ein. Die Höchstberger Kirche wurde 1698 bis 1705 gebaut, 1758 wurde das Pfarrhaus errichtet, 1794 die heutige Bergscheuer. Erstaunlich sind auch die vielen erhaltenen Heiratsverträge aus dieser Zeit, aus denen hervorgeht, welche Besitz- und Vermögensverhältnisse bestanden, wieweit privatrechtliche Kompetenzen bereits bestanden und dass eine Frau sich ihrem künftigen Ehemann eben nicht auf Gedeih und Verderb auslieferte. Die Napoleonischen Kriege und das Ende der Ordensherrschaft: Im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 ließ sich der württembergische Herzog seine Zugehörigkeit zum Rheinbund und damit sein Bündnis mit Napoleon vergüten, z.B. mit dem Königstitel, aber auch mit der Besetzung Gundelsheims 1805 und der Einverleibung Höchstbergs in das württembergische Oberamt Neckarsulm 1806. Die Ordensherrschaft war damit beendet, erst jetzt begann die Südausrichtung Höchstbergs und dessen Anbindung an die anderen Dörfer der „Krummen Ebene“. Nachdem mit der Beseitigung der Napoleonischen Herrschaft und nach dem Wiener Krongress 1815 viele Versprechungen an die Bevölkerung von den Fürsten nicht eingelöst wurden, 1847 durch eine Missernte eine Hungersnot ausbrach und in Paris 1848 durch einen Aufstand der König vertrieben wurde, zogen die Deutschen nach. Zur Unterstützung des gewählten deutschen Parlaments in der Paulskirche in Frankfurt gründeten auch die Höchstberger 1848 eine Bürgerwehr, die auch fleißig übte, aber die Schlachten wurden woanders geschlagen (z.B. in Rastatt) und endeten mit der Niederlage der demokratischen Bewegung. Aber es gab nun doch einen erkennbaren Fortschritt. Die Lasten und Abgaben konnten abgelöst werden. Und die Höchstberger taten das. Sie kauften sich von den grundherrlichen Lasten gegenüber Württemberg frei (1849-1855) und erwarben 1853 den Ilgenberg. Die industrielle Revolution sorgte auch in Höchstberg für einen wirtschaftlichen Fortschritt – man sieht das an Handel und Gewerbe, an der wachsenden Einwohnerzahl, an einem hohen Stiftungsvermögen in der Gemeinde, einem jeweiligen Überschuss sowohl der Gemeindepflege als auch der Stiftungspflege, einem vergleichweise hohen Aufkommen bei der Gebäude- und Gewerbesteuer und den geringen Umlagen, die 1877/78 zu zahlen waren. Und trotzdem waren in den Jahrzehnten vorher 53 Personen (=ca.10 % der Bevölkerung) ausgewandert. Die „gute alte Zeit“ konnte also beginnen, auch wenn sie keinen Vergleich mit heutigen Ansprüchen aushält und auch wenn sie noch lange nicht für alle gut war. Zwar endeten die Auswanderungen, aber Arme, für die die Gemeinde bzw. deren Stiftungen sorgten, gab es durchaus. Das 20. Jahrhundert: Es zerfiel nicht nur rechnerisch in zwei verschiedene Hälften. In der ersten mussten die Höchstberger wie die anderen Deutschen drei Katastrophen über sich ergehen lassen: - den 1. Weltkrieg - das Ende der ersten deutschen Demokrotie - und den 2. Weltkrieg mit der Zerstörung der Wallfahrtskirche. Waren die Deutschen noch mit Hurra in den ersten Weltkrieg gestürmt – auch Höchstberg hatte seinen Kriegerverein – so waren sie mindestens teilweise dem 3. Reich gegenüber skeptischer. 22 Gefallene und Vermisste waren im 1. Weltkrieg zu beklagen, auch in Höchstberg waren die jahrelange Abwesenheit der Männer und die Kriegsfolgen mit dem Hungerwinter 1916/17 zu spüren. Die Inflation von 1923 vernichtete die Ersparnisse und Rücklagen. Es gab wieder Auswanderungen. Und trotzdem wussten die Höchstberger, welche Wurzeln sie hatten. An ihnen lag es nicht, dass 1933 Hitler an die Regierung kam. Solange sie wählen durften, entschieden sie sich gegen die Nationalsozialisten. Das schützte sie nicht vor der Gleichschaltung, aber immerhin gab es deutliche Zeichen des Widerstandes und des Unmutes vor allem aus religiösen Motiven. 1937 schied Karl Hornung aus dem Gemeinderat aus, weil er die Entfernung des Kreuzes aus dem Rathaus nicht akzeptierte, die Höchstberger ärgerten die Kreisleitung der NSDAP, weil sie bei der Fronleichnamsprozession einen Grasteppich gestreut hatten, und der Ortsbauernführer John verteidigte sich, als er Stellung nehmen musste, man habe nur minderwertiges Gras verwendet. Mütter protestierten 1939 förmlich gegen die Abschaffung des Religionsunterrichtes, der ehemalige Bürgermeister Lang wurde 1937 angezeigt, weil er einem Juden eine Kuh abgekauft hatte. Weniger politische Gründe dürften es gewesen sein, die den Gemeinderat 1938 bewogen, der NS-Kriegerkameradschaft die beim zweitägigen Jubiläum getrunkenen 2614 l Duttenberger Bier trotz Antrag nicht von der Biersteuer zu befreien. Der 2. Weltkrieg schlug dem Dorf furchtbare Wunden, 48 junge Männer von 170 Eingezogenen fielen, viele kehrten erst nach langer Gefangenschaft zurück, viele trugen schwere Verwundungen davon. Auffallend ist dabei, dass es in Höchstberg verhältnismäßig doppelt so viele Gefallene gab wie im statistischen Durchschnitt des Deutschen Reiches. Der zurückgebliebenen Bevölkerung ging es zunächst besser. Einerseits wurden die von den Deutschen besetzten Gebiete regelrecht ausgebeutet, andererseits gab es Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, die die abwesenden Männer mindestens teilweise ersetzten. In Höchstberg arbeiteten insgesamt 25 vorwiegend französische Gefangene von 1940-1944, die im unteren Stockwerk der Schule untergebracht waren. Die Wehrmacht erinnerte die Gemeinde nach einer Inspektion der Unterkünfte daran, dass auch Gefangene Soldaten seien und beim Militär Waschgelegenheiten üblich seien. Die Gemeinde, war der Meinung, die Gefangenen sollten sich da waschen, wo sie arbeiteten, also bei den Bauern. Aber gegen Ende des Krieges kam die Front immer näher: Bombenangriffe auf Heilbronn und Neckarsulm, Jagdfliegerangriffe auf arbeitende Zivilisten und schließlich 5 Wochen vor Ende des Krieges die Zerstörung der Wallfahrtskirche am 2. April 1945 und die Besetzung des Dorfes durch die Amerikaner. Wie durch ein Wunder, wenn man sieht, was damals in der Umgebung alles passierte, blieb das Dorf von weiteren Schäden, bis auf zwei unbedeutende Granateinschläge verschont. Damit konnte wenigstens ein neues Leben in einem unzerstörten Dorf begonnen werden, damit begann die zweite, die bessere Hälfte des 20. Jahrhunderts. Zwar mussten zunächst ungefähr 200 Flüchtlinge und Ausgebombte im Dorf aufgenommen und ernährt werden, was durchaus nicht konfliktfrei vonstatten ging, die Entnazifizierung wurde durchgeführt. Aber nach der Währungsreform 1948 und dem Beginn des Kalten Krieges begann das Wirtschaftswunder – auch in Höchstberg. Eine ganz neue Infrastruktur wurde geschaffen (Wiederaufbau der Kirche 1946-1948, Turmbau 1958, Wasserversorgung aus der Jagsttalaue 1950, Anbau an die Schule 1952, Pausenhalle 1963/64, Verlegung der Kinderschule in die unteren Schulräume, Ortskanalisation 1964/65, Ortsdurchfahrt 1967/70, Sanierung des Sportplatzes 1995, Bau des Sportheimes 1967/69, Bau der Halle 1978, Anlage eines Trainingsplatzes 1991, Erweiterung des Friedhofes, Bau der Leichenhalle 1971, Bau des Feuerwehrmagazins 1971 (modernisiert 1995). Das Dorf veränderte sich aber auch noch in ganz anderer Weise. Aus dem Bauerndorf, in dem jeder in irgendeiner Form auch noch Selbstversorger war, wurde immer mehr ein Dorf von Berufstätigen, die ihren Arbeitsplatz außerhalb des Dorfes hatten. Heute gibt es nur noch einen einzigen hauptberuflichen Landwirt in Höchstberg. Für das Zusammenleben brachte das einschneidende Veränderungen mit sich: - Freizeit war jetzt sehr viel eher möglich. - Der tägliche Umgang miteinander ergab sich nicht, sondern musste gesucht und organisiert werden. - - - - Die traditionelle Rollenverteilung zwischen Mann und Frau wurde mindestens teilweise aufgehoben. Außerhäusliche Arbeitsplätze gab es für beide. Die individuelle Rollenfindung – auch im Beruf – verschaffte Freiräume, forderte aber auch ein höheres Maß an Selbstverantwortung. Schulische Bildung und berufliche Ausbildung gewannen als Weichenstellung für das eigene Leben an Bedeutung. Die Aufgabe der Selbstversorgung, die nunmehr wetterunabhängigen geregelten finanziellen Einkommen führten zu einem ständig steigenden Lebensstandard. Der technologische Fortschritt (Auto, Fernseher, Internet, PC) und die finanzierbare Mobilität machten sowohl eine individuelle, private Freizeitgestaltung im häuslichen Bereich wie auch weit außerhalb des Dorfes möglich. Davon wurde auch in Höchstberg reger Gebrauch gemacht. Schien es aber zunächst so, dass sich daraus Auflösungserscheinungen für das gesellschaftliche dörfliche Leben ergeben würden – etwa in den 80er und 90er Jahren so zeigt sich heute, dass die Höchstberger nicht nur offener geworden sind, sondern dass das Bedürfnis nach Identifikation, Gesellschaft und Gemeinschaft offensichtlich weiter vorhanden ist: - Der TSV hatte noch nie so viele Mitglieder - Die Zahl der Musiker und Fußballer ist groß, fast rekordverdächtig - Die „Paniker“ als zweiter Verein bieten weitere Aktivitäten an. - Höchstberg hat mehr Chöre denn je. - Die Kegelbahn ist voll belegt. - Auch die Kirchengemeinde hat mehr aktive Gruppen und Mitglieder als in der Vergangenheit. Dieser Entfaltung an Aktivitäten und Engagement steht ein Verlust der Infrastruktur gegenüber, wie es sie noch nach dem 2. Weltkrieg gab: - - Die kommunale Selbstverwaltung endete 1975. Mit der Eingemeindung wurde die Verwaltung in Gundelsheim zentralisiert. Höchstberg hat keine Schule mehr im Dorf. Den eigenen Pfarrer gibt’s auch nicht mehr. Die örtlichen Handwerker und Dienstleister verloren ihre Kundschaft und gaben auf. Die Post, die Banken, Metzger, Schuhmacher etc. bieten keine Dienste in Höchstberg mehr an. Es existiert nur noch eine Dorfwirtschaft. Der öffentliche Nahverkehr ist deutlich ausgedünnt. Was aber zunächst paradox erscheint – schließlich ist die materielle Steigerung des Lebensstandards unverkennbar, ist in Wirklichkeit meist eine Folge gestiegener Erwartungen und Ansprüche. Dienstleistungen wurden teurer, Arbeitslöhne höher, die Ansprüche an Schulen und Verwaltung ebenso. Das führte eben zur Rationalisierung und Zentralisierung. Und im Zusammenhang mit einer individuellen Mobilität bedeutete das für die meisten mit Ausnahme älterer Mitbürger eben nur eine geringfügige Beeinträchtigung. Dass im Pfarrhaus jetzt Schwestern sind, hat das Gemeindeleben eher belebt als beeinträchtigt und geht ja auch nicht auf finanzielle Ursachen zurück. Zum derzeitigen Lebensstandard ist zu sagen, dass er historisch auf einem nie dagewesenen Niveau ist. Dass Eigentum verpflichtet, steht schon im Grundgesetz, und dass Solidarität überlebensnotwendig ist, zeigt auch die Höchstberger Geschichte. Gegenseitige Verantwortlichkeit war auch notwendig, weil individuelle Schicksale aufgefangen werden mussten und weil Höchstberg immer auch mit der Geschichte z.B. Deutschlands verknüpft bzw. darin eingebettet war. Bisher war immer ein hohes Maß an Mitverantwortung gegenüber den dörflichen Mitbewohnern, aber auch landes- und weltweit spürbar. Für die Zukunft lässt das hoffen und gibt das auch Orientierung. Zusammenfassung Abschließend lässt sich zur Geschichte Höchstbergs sagen: - Trotz mancher politischer und kriegerischer Katastrophen und trotz einiger Auswanderungswellen – materiell und als Existensgrundlage bot die Höchstberger Gemarkung seinen Bewohnern verhältnismäßig viel zum Überleben. - Die Grenzlage, aber auch die Verzahnung mit der Umgebung war Chance und Risiko zugleich. In Bezug auf Eigenständigkeit und Entwicklung nutzten die Höchstberger meist ihre Chancen. - Der relativ abgelegene Ort gewann durch seine Kirche überregionale Bedeutung. 2 päpstliche Bullen und eine 700 jährige Wallfahrt mit z.T. regelrechten Besucherströmen belegen das. - Durch diesen ständigen Kontakt mit der Außenwelt war Höchstberg nicht als Rückzugsgebiet isoliert, sondern offen für Kontakte und Begegnungen. Natürlich darf man das nicht mit heutigen Möglichkeiten messen. - Das bisherige christliche Wertefundament sorgte für Stabilität innerhalb der dörflichen Beziehungen und Strukturen und auch gegenüber der Umwelt. Trotz aller Identifikation mit ihrem Ort sind die Höchstberger weder durch allzu intensive Bemühungen in der hohen Kunst der Selbstdarstellung aufgefallen noch dur überzogene Ansprüche und Erwartungen. Solidität war gefragt. Demzufolge sei’s abschließend formuliert: Falls es in den nächsten 700 Jahren schlechter werden sollte, an den Höchstbergern dürfte das weniger liegen, wenn’s besser wird, schon eher. Bibliographische Anmerkungen Darstellungen: - - - - - - Beschreibung des Oberamtes Neckarsulm 1881. Berhard Demel, Der Deutsche Orden und die Stadt Gundelsheim 1981. Rolf Eiermann, Die öffentlichen Rechtsverhältnisse in der württembergisch-badischen Kondominatsgemarkung Bernbrunn 1952. Festschriften: TSV Höchstberg 1996 TSV Höchstberg 1971 Untergriesheim 1200 Jahrfeier 1971 Bachenau 782-1982 Obergriesheim 1200 Jahrfeier. Gundelsheim 2001 Schloss Horneck Hrsgg: Stadtverwaltung und Kulturetta e.V. Der Höchstberger Stahlbühl 21. Veröffentlichung im „Historischen Verein“ Heilbronn 1954. U. Hornung, Ein Dorf im Wandel der Zeiten 1995. U. Hornung, Ein Dörflein im Wandel der Zeit (Bernbrunn) 1997. Rainer Jooß, Kloster Komburg im Mittelalter 1987. A. Kolbeck, Ilgenbergscheuer vor dem Verfall bewahrt (Mitteilungsblatt der Stadt Gundelsheim) 1987. A. Kolbeck, 600 Jahre Stadt Gundelsheim, 1979 Günter Olbert, Talentwicklung und Schichtstufenmorphogenese am Südrand des Odenwaldes 1975. Erwin Wörner Chronik von Gundelsheim und Horneck nebst Umgebung 1925. Quellen: - - Päpstliche Bulle vom 16. Mai 1328 Päpstliche Bulle vom 7. Februar 1699 Predigt von Johann Jakob Lichtenstern zur Einweihung der Wallfahrtskirche am 16. Mai 1700 (Abschrift von Valentin Kolb aus Tiefenbach) Erlass zur Errichtung des Pfarrhauses (vermutlich 1755) Farblithographie aus dem Jahre 1899 Urkunde zur Grundsteinlegung für den Erweiterungsbau der Höchstberger Wallfahrtskirche (26. Mai 1946). Findbuch des Archivs der früheren Gemeinde Höchstberg Teil I 1984 Teil II 1990 darin: Verzeichnis der Akten und Quellen von 1620 bis 1975, die im Archiv der Stadt Gundelsheim aufbewahrt sind. Herzlichen Dank der Stadtverwaltung Gundelsheim, besonders Herrn Hauptamtsleiter Haag, der mir für die Erstellung der Chronik das Archivgut Höchstbergs zugänglich machte. Höchstberg in Geschichte und Gegenwart – ein chronologischer Überblick Zeit vor ca.75 Mio Jahren vor ca 30 Mio Jahren vor ca. 1 Million Jahren ca. 2500 v. C. ca 500 v.C. ca 50 n.C. ca 90 n.C. ca 150 n.C. um 260 n.C. ab 550 1945 ab 1960 seit 1990 11. Jhdt 1136 1305 1308 1328 1362 1396 1413 1422 1463 1475 Die Entstehung der Landschaft Muschelkalk und Keuper entstehen als Sedimentablagerungen eines Meeres Der Neckar bildet die „Krumme Ebene“ als Gleithang Der Wind weht Staubmaterial aus den Moränen in unsere Gegend – Bildung des fruchtbaren Lößbodens 1523 1525 1527 1539 1579 1585 1618-1648 1657 1688 Die Besiedlung unseres Raumes Bandkeramiker (Steinbeile) nachweisbar Kelten siedeln in unserer Gegend Römer dringen ein Odenwaldlimes Obergermanischer Limes Die Alemannen vertreiben die Römer Die Franken verdrängen die Alemannen Flüchtlinge aus dem Osten Gastarbeiter Aussiedler Die Geschichte des Dorfes und seiner Bewohner Entstehung des Dorfes: Besiedlung des Höhenrückens Gründung des Ilgenbergklosters erste urkundliche Erwähnung des Dorfes erste urkundliche Erwähnung Bernbrunns Ablassbulle durch Papst Johannes XXII Das Hochgericht in Höchstberg geht an den Pfalzgrafen über Heinrich v. Bieringen verkauft seine Rechte und Besitzungen an den Deutschen Orden Friedrich von Berlichingen verpfändet sein Gut in Höchstberg an das Kloster Wimpfen Derselbe verkauft sein Gut und seine Rechte an das Kloster Komburg Kloster Komburg tritt diesen Besitz an den Deutschen Orden ab Lehensvertrag der Familie Häffner mit dem Dt.Orden (Bachmühle) 1698-1705 1699 1700 1713 1758 1794 ________ 1806 1837 1848/49 1853 1871 1911 1914-1918 nach 1918 1921 1923 1939-1945 2.4. 1945 1946-1948 1950 Ilgenberggut samt Kloster wird vom Kloster Komburg an die Herren von Gemmingen verkauft Bauernaufstand Hohe Zahlungen der Bewohner zum Wiederaufbau Hornecks Das Kloster Billigheim gibt seinen Besitz in Höchstberg an den Deutschen Orden ab Umwandlung der Aegidienkapelle in eine Scheune Das Patronatsrecht über die Höchstberger Wallfahrtskirche geht an den Deutschen Orden (seit 1505 beim Württ. Herzog) Dreißigjähriger Krieg Neubesiedlung Bernbrunns von Höchstberg aus Der Kurfürst von der Pfalz verkauft seine Hochgerichtsbarkeit über Höchstberg und den Ordenshof in Bernbrunn an den Dt.Orden Bau der barocken Wallfahrtskirche Ablassbulle durch Papst Innozenz XII Einweihung der Wallfahrtskirche Höchstberg wird selbstständige Pfarrei Errichtung des Pfarrhauses Bau der Bergscheuer __________________________________________________ Höchstberg wird württembergisch Bau des Rathauses Gründung einer Bürgerwehr zur Unterstützung der Paulskirche (=demokratisch gewähltes Parlament) Ablösung der grundherrlichen Lasten; Erwerb des Ilgenbergs Reichsgründung Wirtschaftlicher Aufschwung Bau der Schule 1. Weltkrieg (22 Gefallene) Stromversorgung Höchstbergs Gründung des TSV Höchstberg Inflation - Auswanderungen 2. Weltkrieg (48 Gefallene) Zerstörung der Wallfahrtskirche Wiederaufbau der Wallfahrtskirche „Wirtschaftswunder“; Aufbau einer neuen Infrastruktur; Umwandlung des autonomen Bauerndorfes in eine Wohnsiedlung mit Berufstätigen, die auswärts ihren Arbeitsplatz haben.