Das argentinische Spanisch wird - bsp

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Ludwig-Maximilians-Universität
Institut Romanische Philologie
Hauptseminar: Varietätenlinguistik (Spanisch/Portugiesisch)
Dozentin: Dr.phil. habil. Barbara Schäfer-Prieß
Referenten: Jana Müller-Kress, Julia Campello, Marion Groß
21.01.11
Das argentinische Spanisch
„Das argentinische Spanisch wird (...) als die am weitesten vom Kastilischen entfernte
Variante innerhalb der Hispania angesehen,(...) weil sie vieles aufgenommen hat, was
in den übrigen Ländern Lateinamerikas nur als populäre, rustikale oder vulgäre
Variante gilt.“1
1. Sprachgeschichtliches
1.1. Die Ausgangslage2
-
Anteil an indianischer Bevölkerung im Vergleich zu Peru oder Mexiko gering (ca.
300.000)
Viele kleinere Stämme in den südlichen Regionen des Kontinents
Von Bedeutung nur drei indianische Sprachgruppen: Quechua, Guaraní, Mapudungun
Ihr Einfluss auf das Spanische Argentiniens dadurch belegt, dass sie als lenguas
generales von den spanischen Eroberern auch über das tatsächliche Siedlungsgebiet
ihrer Stämme hinausgetragen wurden und andere indianische Sprachen überlagerten,
z.B. tamal, „Maismehlkloß“ aus dem Nahuatl (Mexiko)
1.2. Der Zeitraum und die Wege der Eroberung und Kolonisierung3
Argentinien wurde in mehreren Etappen und von mehreren Richtungen aus erobert
1.2.1. Der Seeweg – der Norden
-
-
1
2
3
mehrere Eroberungsversuche der Spanier von den Indianern der La Plata-Region
erfolgreich abgewehrt
1536 große Expedition in das La Plata-Gebiet; Gründung der Befestigung „Puerto de
Nuestra Señora del Buen Ayre“ (später Buenos Aires) durch Pedro de Mendoza
vehementer Widerstandes der Indianer -> 1541 Aufgabe der Befestigung in großer
Hungersnot und mit erheblichen Verlusten
Überlebende zogen in den weiter nördlich gelegenen Stützpunkt „Casa Fuerte de
Nuestra Señora de la Asunción“, der 1537 gegründet worden war (heute Asunción del
Paraguay)
Von Asunción aus Gründung von Tucumán 1565, Santa Fé 1573 und Corrientes 1588
1580 weiterer Eroberungsversuch  zweite Gründung von Buenos Aires
Kubarth 1987, 171.
Güida 1993, 12.
Güida 1993, 14-16.
1.2.2. Vom Norden
-
über den Camino del Inca und die Quebrada de Humahuaca aus Peru
Gründung von Jujuy 1593, Salta 1582 und Córdoba 1573
Viele Städte entstanden auf der Route zwischen Buenos Aires und Potosí (Bolivien),
wo es viel Silber gab
1.2.3. Vom Nordwesten
-
Aus Santiago de Chile, über die Anden
Gründungen von Mendoza 1561, San Juan 1562 und San Luis 1596
1.2.4. Patagonien und der Süden
-
im 19.Jahrhundert von den Argentiniern selbst vollzogen, bis dahin „weißer Fleck“ auf
der Landkarte
Tierra del Fuego: 1520 entdeckt worden, erst im 19. Jahrhundert durch die Briten
systematisch durchforscht
Chilenen und Argentinier begannen 1880 mit der Besiedlung
1883 Aufteilung zwischen Argentinien und Chile; Ushuaia wurde Hauptstadt des
argentinischen Teils
1.3. Die Eroberer – die ersten Siedler4
Die Frage nach den ersten Siedlern Argentiniens ist nicht mit Präzision zu beantworten:
- Anteil der Spanier, die direkt aus dem Mutterland kamen, sehr gering; hatten sich
schon auf amerikanischem Boden aufgehalten -> sprachen ein „español con sello
americano“
- Criollos: Nachkommen spanischer Einwanderer
- Mestizen: Nachkommen aus Verbindungen zwischen Spaniern und Indianern
- zudem Schwarze, die man als Sklaven nach Buenos Aires brachte. Anzahl unklar
aufgrund des illegalen Handels (ca.350 000?); insbesondere in den Provinzen als
Arbeitskräfte eingesetzt
1.4. Die demographische Situation Argentiniens 1776
(= Jahr der Errichtung des Vizekönigreiches Río de la Plata)
Weiße
Schwarze Bevölkerung
Indianische Bevölkerung
Mestizen
38%
32%
22%
8%
Auswirkungen auf das argentinische Spanisch
- größter Anteil der Bevölkerung sind Weiße, hauptsächlich Criollos  sprachen eine
Varietät mit stark amerikanischer Prägung, da Kontakt zum Mutterland gering war,
gleichzeitig aber enger Kontakt zu indianischen Sprachen
4
Güida 1993, 16-19.
-
wenige Informationen über Einfluss der Schwarzen auf die Sprache, doch
wahrscheinlich durch den niedrigen sozialen Status gering
Auch indianische Bevölkerung hatte niedrigen sozialen Status, aber befanden sich in
ihrer Heimat; besonders die Jesuiten bemühten sich intensiv um eine religiöse
Bekehrung und lernten die indigenen Sprachen  enger Kontakt zwischen beiden
Kulturen
1.5. Das 19.und 20. Jahrhundert: Masseneinwanderung5
-
Bis ins 19. Jahrhundert war Argentinien ein riesiges Land mit sehr geringer
Bevölkerungsdichte
Bedingt durch ein Gesetz von 1876 gab es einen heftigen Einwanderungsschub von
europäischen Emigranten
während in Europa die Industrialisierung begann, blieb Argentinien ein Agrarland, das
Arbeitskräfte brauchte
Einwanderer kamen aus verschiedenen Gründen (Rassen-, bzw. politische Verfolgung,
Krieg, wirtschaftlicher Not, Suche nach neuen Horizonten,...)
Verhältnis Argentinier - Einwanderer
1869
100:12,1
1895
100:25,5
1914
100:30,3
Bevölkerung Argentiniens 1914
Argentinier
Italiener
Spanier
5.527.285
929.862
829.701
70,1%
11,8%
10,5%
Einfluss des Italienischen
- große Anzahl an Italienern bedeutete keine Gefährdung des Spanischen als
Nationalsprache
- dialektalen Zersplitterung des Italienischen: Neuankömmlinge mussten unter sich auf
das Spanische als Kommunikationssprache zurückgreifen, da sie sich untereinander in
den heimatlichen Dialekten nicht verstanden und den italienischen Standard nicht
ausreichend beherrschten
 es geht nicht um den Kontakt mit einer anderen romanischen Sprache, sondern um die
Einflüsse der Dialekte des Italienischen
5
Güida 1993, 21-23.
2. Indianersprachen in Argentinien
2.1.Quechua
Unter „Quechua“ oder auch „Quichua“ versteht man indigene Sprachvarietäten, die im
Andenraum Südamerikas gesprochen werden. Quechua belegt mit wahrscheinlich mehr als 7
Millionen Sprechern den dritten Platz unter den in Südamerika gesprochenen Sprachen und ist
Amtssprache in Bolivien und Peru und wird auch an den meisten großen Universitäten
Südamerikas gelehrt.
Die Geschichte des Quechua in Argentinien ist umstritten, Bisher war man der Meinung, dass
sie zum Zeitpunkt der Kolonialisierung nicht auf argentinischem Territorium vorhanden war.
Neuere Forschungen ergeben aber, dass sie möglicherweise schon vor der Kolonisierung im
Nordwesten Argentiniens (Provinz Santiago del Estero) existierte
Bis zu Beginn des 20. Jh. Auf einige Gebiete des Nordwestens Argentiniens verbreitet, heute
aber auf die Provinzen Santiago del Estero, Salta und Jujuy begrenzt.
Sprachlicher Einfluss auf das Spanische auch heute für die gesamte nordwestliche Region
Argentiniens zu verzeichnen, auch wenn heute die meisten Indianer eine Mischsprache
sprechen oder ihre Muttersprache vollends verlernen.
2.2. Guaraní
Guaraní: ist eine Sprache, die in Paraguay, im Nordosten Argentiniens, Teilen Boliviens und
im Südwesten von Brasilien gesprochen wird. Es gibt ca. vier bis fünf Millionen Sprecher.
Schon die christliche Missionierung verwendete Guaraní als Schriftsprache und sie war lange
Zeit vorherrschende Umgangssprache – auch der weißen Siedler. Noch heute ist Guaraní
Amtssprache in Paraguay, Statistiken zufolge sprechen über 80% der Paraguayer Guaraní.
2.3. Das Mapudungun
Das Mapudungun, auch Mapuche oder Arakaunisch genannt, erstreckte sich über die Region
Cuyo, die Provinzen Córdoba, Neuquén, La Pampa und die Kordillere entlang nach Süden an
der Grenze zu Chile. Es ist die Sprache der Mapuche, mit heutzutage noch etwa 440.000
Sprechern, wovon allerdings nur etwa 40.000 in Argentinien leben.
Der Einfluss des Mapudungun auf das argentinische Spanisch lässt sich vor allem an
zahlreichen Toponymen sowie Wörtern aus der Tier- und Pflanzenwelt ablesen.
Der Einfluss der indianischen Sprachen ist nicht immer einheitlich. Bezüglich des Spanischen
in Argentinien insgesamt ist er auf die Lexik begrenzt. Beim regionalen Spanisch der oben
skizzierten Regionen gibt es einen, wenn auch geringen, Einfluss auf die Intonation, die
Morphologie und die Syntax.
3.Phonetik und Phonologie 6
3.1. Ganz Argentinien:
-
das finale /n/ am Wortende ist alveolar
-
Liquide am Wortende werden teilweise neutralisiert oder modifiziert
-
Teils: Neutralisation von prekonsonantischen Liquiden
-
Lateralisierung von /r/ in der Umgangssprache (afrikanischer Einfluss ?)
Yo soy un neglito, niñas,
Que ando siemple pol acá,
Vendo plumelos, schicobas,
Y naide quiele complá.
-
das intervokale /d/ bleibt –anders als z.B. in Chile oder Paraguay- erhalten, nicht
jedoch in der „habla gauchesca“ und niedrigeren sozialen Schichten
-
das afrikative /č/ bleibt stets oklusiv, das es ansonsten wegen der Aussprache von /y/
als /š/ zu Homonymen kommen würde
-
In fast ganz Argentinien wird /s/ am Silbenende geschwächt oder nicht ausgesprochen
(in sozial höheren Schichten meist aspiriert)
3.2. Buenos Aires/ südliches Küstengebiet
-
/rr/ wird als alveolarer Vibrant ausgesprochen
-
Das Phonem /λ/ existiert nicht und /y/ wird frikativ ausgesprochen -> /ž/
-
/ž/ ist eigentlich stimmhaft, wird aber v.a. von der jüngeren Bevölkerung auch als
stimmloses /š/ ausgesprochen.
3.3. Nordosten / Gebiete mit Einfluss des „guaraní“
-
das Phonem /λ/ ist hier erhalten geblieben, obwohl auch der „yeismo“ exisitiert
/y/ ist –wie in Paraguay- afrikativ
das finale /r/ wird, v.a. in Infinitiven, nicht gesprochen
/rr/ wird teilweise als „flatternder“ Frikativ ausgesprochen
Um Hiate zu vermeiden, werden glotale Verschlüsse zwischen Wörtern gemacht
3.4. Nordwesten / Gebiete mit Quechua-Einfluss
- an der bolivianischen Grenze kommt es zur Assibilation von /r/
- In Santiago del Estero wird /y/ als [y] und /λ/ als [ž] ausgesprochen (wie in Quito)
-/tr/ wird in großen Teilen des Nordens fast afrikativ ausgesprochen
6
Lipski 2009, 189-194.
4. Morphologie
4.1 Voseo
-
Voseo: grundsätzlich vos anstelle von tú
weder diastratisch noch diaphasisch markiert
Verbalparadigma: Verb in 2. Pers. Plural ohne Diphthong
Ausnahme subjuntivo: Form der 2. Person Singular (no me digás)
im Norden teilweise die Kombination aus vos und dem Verb der 2. Pers. Singular
im Norden durch Quechua-Einfluss zu –ís bei Verben auf -er (z.B. comís).
Präs., Ind.:
vos
Präs., Konj. :
Imperativ :
tomás
tomés
tomá
comés (-ís)
comás
comé
vivís
vivás
viví (kubarth 181)
4.2 Loísmo
- lo als direktes Objektpronomen bei Lebewesen und Sachen
¿Conoces a Roberto?
Sí, lo conozco. (Argentinien)
Sí, lo/le conozco. (Spanien)
- In Jujuy teilweise lo als Dativpronomen (lo (=le) di mi palabra)
5. Syntax7
- Gebrauch des redundanten Akkusativpronomens: Lo conozco a Juan.
- Im Nordosten durch den Einfluss des Quechua Gebrauch von lo auch bei weiblichem
Akkusativobjekt:
Lo quiere mucho a su hijita.
?Me lo va a firmar la libreta?
- Vermehrter Gebrauch des pretérito indefinido anstelle des pretérito perfecto auch bei Bezug
zum aktuellen Moment:
Juan no llegó kann den unveränderlichen Zustand bedeuten (s. Spanien), aber
auch Juan no ha llegado aún.
- Nichtbeachtung der Zeitenfolge: Juan me dijo que lo haga (=hiciera) enseguida.
- Yo ersetzt a mí in Dativkonstruktionen: Yo (= a mí) me parece que me voy.
- Veränderte Imperativkonstruktion im Norden: Nos sentemos [sentémonos].
-Gebrauch des Reflexivpronomens se ohne Bezug zur 3. Person:
7
Lipski 2009, 195-196.
Se [= nos] llevamos bien. Se [ = nos] vamos.
- Kombination von Personalpronomen und Infinitiv/gerundio auf dem Land, besonders in
Zentral-Argentinien: al yo venir, yo llegando.
- Einfluss von Indianer-Sprachen
a. Wegfall der Verbindung Subjekt-Verb verbunden mit einer Satzstellung in der
das Subjekt die letzte Stelle einnimmt: Muy malo vos [= vos sos muy malo].
b. Redundantes Possesivpronomen: De mi cabeza sufro [=sufro de la cabeza].
c. Doppelte Verneinung vorangestellt: Nadie no está [=no hay nadie].
d. Wegfall des Akkusativobjekts : Llevé los papeles para la farmacia y no sé si
[los] perdí.
e. Gebrauch von eso im Sinne von otro : las batatas eso [= las batatas y otras
cosas]; mi mamá eso[ = mi madre y otros]
f. Gebrauch von grande anstelle von mucho: Comió grande.
g. Gebrauch von ir en um eine Richtung auszudrücken: El se va en Corrientes
[=...va a...].
h. Gebrauch von mismo für eine Antwort im Sinne Sí, eso es correcto
- Einflüsse aus dem brasilianischen Portugiesisch in Misiones:
a. Diminutiv –iño wird an Nomen und Adjektive gehängt
b. tener wird als Hilfsverb anstelle von haber benutzt
6. Lexik
Lexikalische Besonderheiten des argentinischen Spanisch gehen auf verschiedene Ursprünge
zurück: dem Spanischen, dem Italienischen und dem lunfardo, der Mischsprache aus beiden.
6.1. Iberische Wortschatz
Einfluss aus Andalusismen: Cachetear –Bofetear
Empenoso – Perseverante
Einfluss aus den Kanadischen Insel: Che
pibe/piba – Junge/Mädchen
Vokativ che, dessen Ursprung umstritten ist und der so auffallend ist, dass ihn die Bewohner
der umliegenden Länder benutzen um die Argentinier zu bezeichnen (los che).
6.2. Afrikanischer Wortschatz
Die Afrikanische lexikalische Einfluss ist in den Bereichen Musik, Essen, Religion zu finden.
Zum Beispiel:
Milonga
Mucama
Macumba
Quilombo
Vudú
6.3. Indianischer Wortschatz
Cancha
Zapallo
Chancra
Pampa
6.4 Italienischer Wortschatz
Der Einfluss des Italienischen begrenzt sich auf das Umgangssprachliche und teilweise
überschneidet es sich mit dem lunfardo. Chau von dem Italienischen Ciao, benutzen alle
Argentinier im Sinne von adiós. Manche benutzen es auch als Begrüßung, wie in Italien.
6.5. Lunfardo8
Nennt man üblicherweise eine Art Sondersprache der Bewohner von Buenos Aires. Lunfardo
ist die Umgangssprache der Arbeiterklasse in Buenos Aires. Manche sind der Ansicht, dass es
sich als eine Art Jargon der Gauner entwickelt hat, was das Wort lunfardo („Gauner“)
bekräftigt. Andere sind der Meinung, dass nicht Gauner diese Sprache entwickelt haben,
sondern einfach die Arbeiterschicht der Stadt.
Man ist sich nicht sicher, woher das Wort lunfardo stammt. Eine Hypothese ist, dass es von
dem italienischen Wort lombardo stammt. Klar ist jedenfalls, dass das Italienische einen
großen Einfluss auf die Entwicklung des lunfardo hatte. Trotzdem sind auch viele Wörter
spanischen, portugiesischen, französischen und sogar englischen Ursprungs.
Der Lunfardo ist eine dynamische Sprache, ständig verschwinden Wörter und kommen neue
Wörter hinzu.
Viele Wörter des Lunfardo existieren heute in der Umgangssprache von Buenos Aires. Die
Tango-Texte haben dazu beigetragen, dass Wörter aus dem Lunfardo in die Alltagssprache
übernommen wurden.
bacán „hombre, tipo“
cana “policía, prisión”
falluto “hipócrita”
minga “no, nada”
farabute “loco”
menega “dinero”
manyar “entender,
gil/ otario “loco,
mamón”
sofaifa “hombre”
fiaca “pereza”
morfar “comer”
falopa “droga ilícita”
Gafas- anteojos
saber”
mina „mujer“
micho „pobre, marginado“
cafishio, cafisio “chulo”
Coger – sexuelle Konnoation
„[Lunfardo es] la denominación que se da al argot originado en Buenos Aires en la segunda
mitad del siglo XIX y que, con innovaciones y modificaciones, constituye el habla espontánea
8
Lipski 2009, 197.
de las masas populares de dicha ciudad y – en mayor o menor grado - de buena parte de la
población argentina.“ Mario Terrugi (kubarth 176)
7. Weitere Varietäten in Argentinien
7.1.Das „cocoliche“ 9
Die massenhafte Einwanderung von Italienern nach Buenos Aires, Montevideo und andere
große Städte im Bereich des Río de la Plata führte zu einem grundlegenden demographischen
Wandel. Während einiger Jahre waren 50% der Bevölkerung von Buenos Aires italienischer
Herkunft. Diese Einwanderer waren meist Analphabeten und nur wenige sprachen
Hochitalienisch. Deswegen, und weil viele italienische Dialekte mit dem Spanischen
verwandt sind, kam es zur Ausbildung einer Mischsprache aus Italienisch und Spanisch,
„cocoliche“, benannt nach einem Protagonisten in Jose Podestás Komödie „Juan Moreira“.
Der Begriff wurde anfangs eher despektierlich gebraucht um sich über die Bemühungen der
italienischen Migranten Spanisch zu sprechen lustig zu machen.
Das „cocoliche“ wurde daher eher von den unteren Bevölkerungsklassen gesprochen und
variierte aufgrund fehlender Normierung stark von Sprecher zu Sprecher.
Ein Textbeispiel für „cocoliche“:
El hombre se interesó michísimo e, ya había tomato informe, el dueño que me había tomato a
trabajar estaba muy contento diche que yo muchacho é un muchacho que trabaha entontse el
jombre me dijo, dice sí, dishe, hacete valere, diche, hacete valere porque el hombre sta muy
contento, muy conforme. A mí el hombre me había dicho, diche, Roque, dice, vo te quedá tre
día....
7.2. Die “habla gauchesca”
Als “argentinisches Spanische bezeichnet man heute die urbane Variante aus Buenos Aires, in
der Vergangenheit jedoch war das auf dem Land gesprochene „gaucho rural“ die linguistische
Norm, an der sich Argentinien und Uruguay in Hinblick auf Literatur aber auch im täglichen
Leben orientierten. Dies galt als einmaliges Phänomen literarischen Einflusses auf die
spanische Sprachnorm. Die Dichter des 19. Jahrhunderts nahmen die ländliche
Ausdrucksweise, die grammatikalisch wie auch stilistisch nicht korrekt war, in ihre Werke
auf.10. Auch wenn es heutzutage keine klassischen „gauchos“ mehr gibt, ist die „habla
gauchesca“ noch immer gebildeten Argentiniern bekannt und taucht auch in Filmen und im
Theater auf.
Sie besteht aus Kombination aus lexikalischen Besonderheiten, volkstümlicher Morphologie,
und phonetischem Verschleiß. Das Vokabular besteht vor allem aus archaischen Elementen
sowie aus Wörtern der Landwirtschaft und der Indianersprachen. Viele dieser Wörter gingen
auch in die argentinische Standardsprache sowie viele der Nachbarländer Argentiniens ein.
Die Grammatik der „habla gauchesca“ hat Ähnlichkeiten mit der in ländlichen Regionen
Spaniens und Lateinamerikas. Unregelmäßige Verben werden wie regelmäßige Verben
konjugiert, es gibt keine Standardverwendung von Präpositionen und Konjunktionen und
Volksethymologien führen zur Veränderung vieler Wörter.
9
Lipski 2009, 199.
10
http://www.grin.com/e-book/71782/spanisch-heute-am-beispiel-argentinien
Im Bereich der Phonetik lässt sich ein Verlust des intervokalischen /d/ feststellen, /b/ und /g/
vor /o/ und /u/ werden vertauscht. Der Halbkonsonant [w] verstärkt sich zu [gu]
(huevo>güevo).
Die größte Besonderheit der „habla gauchesca“ ist jedoch ihr bäuerlich geprägter Wortschatz,
ihre bildhafte Sprache sowie die vielen Metaphern, die einen klaren Bezug zu Natur und
Umwelt haben, sowie ihre Dichte an Archaismen.
Ein Textbeispiel:
No se trujera esta lonja
Que le he sacao a un francés,
Para vos, ahí la tenés:
Esto es querer no lisonja,
Ansí es que me acuerdo yo,
Tomá, y dejate de quejas;
Juntala con las orejas
Que Oribe de regaló.
8. Bibliographie
Güida, Eva-Maria (1993): Studien zum argentinischen Spanisch, Frankfurt am Main: Lang.
Gruber, Karoline (2007): Lexikalische Merkmale des argentinischen Spanisch, Grin.
Kubarth, Hugo (1987): Das lateinamerikanische Spanisch, München: Hueber.
Lipski, John (2009): El español de América, Madrid: Cátedra.
Noll, Volker (2009): Das amerikanische Spanisch, Tübingen: Niemeyer.
_____(2002): Romanische Sprachen in Amerika, Frankfurt am Main: Lang.
http://www.youtube.com/watch?v=moBXBNhPo7g&feature=related 18.01.2011
http://www.youtube.com/watch?v=QrJPeNnHLN4&feature=related 18.01.2011
http://www.aucel.com/pln/transbase.html
18.01.2011
http://spn346.wordpress.com/class-notes-unit-3/ 18.01.2011
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