Donnerstag, 24 - der Jenaer Philharmonie

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Donnerstag, 24. Januar 2013
20 Uhr, Volkshaus
3. Philharmonisches Konzert Reihe B
Blick vom Olymp
Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Ouvertüre »Die Geschöpfe des Prometheus« op. 43
John Psathas (*1966)
»View from Olympus« – Doppelkonzert für Schlagzeug, Klavier und Orchester
Die Furien
Für Yelasto Paithi
Tanz der Mänaden
Pause
Benjamin Britten (1913-1976)
»The Rescue of Penelope« – für Sprecher, vier Solo-Stimmen und Orchester
Part I
Part II
Dirigent:
Schlagzeug:
Klavier:
Sprecherin:
Solisten:
Marc Tardue
Berkeley C. Williams
Camelia Sima
Natalie Huenig
Jana Havranova (Athene, Sorpan)
Katja Bildt (Artemis, Mezzosopran)
Michael Siemon (Hermes, Tenor)
Melih Tepretmez (Apollo, Bariton)
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Der Dirigent
Marc Tardue wurde als Sohn franko-italienischer Eltern in Amerika geboren. Er absolvierte
das Peabody Conservatory in Baltimore und studierte anschließend Klavier und Dirigieren,
darüber hinaus ist er ausgebildeter Gesangslehrer und Klavierbegleiter. Schon kurz nach
Beendigung seiner Studien erhielt er von amerikanischen Choral-, Sinfonie- und
Opernensembles Engagements als musikalischer Leiter und Chefdirigent. Von 1982 bis 1984
war Marc Tardue Chefdirigent der National Opera von Reykjavik, 1984 gewann er den
internationalen Dirigentenwettbewerb »Concours International d’Execution Musicale Ernest
Ansermet« (CIEM). 1985 übernahm er kurzfristig beim »Ensemble Instrumentale de
Grenoble« Aufführungen der 9. Sinfonie von Beethoven und wurde sowohl vom Publikum
wie auch den Musikern dermaßen umjubelt, dass das Orchester ihn umgehend zum
Musikdirektor wählte. Unter seiner Leitung wurde das Repertoire des Klangkörpers um große
Sinfonien sowie Chor- und Opernwerke erweitert. Zwischen 1991 bis 2002 war Marc Tardue
Chefdirigent des Sinfonieorchesters des Theaters Biel (Schweiz), von 1999 bis 2009 des
Orquestra Nacional do Porto (Portugal). Seit 2010 ist er Künstlerischer Leiter und
Musikdirektor der „Oper Schenkenberg“ (Schweiz). Als gern gesehener Gastdirigent arbeitet
er mit renommierten Orchestern im In- und Ausland zusammen. Für seine künstlerischen
Leistungen wurde Marc Tardue mit vielen Preisen und Auszeichnungen geehrt, u.a. erhielt er
1989 den französischen Kulturorden „Chevalier des Arts et des Lettres“ und 2004 die
»Medalha de Mérito Cultural«, eine der höchsten Ehrungen Portugals.
Die Solisten
Der in Amerika geborene Soloschlagzeuger der Jenaer Philharmonie Berkeley Williams
erhielt seinen ersten musikalischen Unterricht im Alter von 7 Jahren. Nach dem Abitur
begann er sein Studium bei dem Schlagzeug-Virtuosen Steven Schick, unterbrach dieses nach
einem Jahr, um in einer Rockband zu spielen. Zwei Jahre später studierte er an der DePaul
Universität in Chicago bei Al Payson (Schlagzeuger der Chicago Symphony), pflegte aber
weiterhin das Jazz- und Rock-Spiel und bekam einen Platz im “Civic Orchestra of Chicago
(Jugend Orchester der Chicago Symphony) als Pauker und Schlagzeuger. Eine weitere
„Auszeit“ vom Studium führte ihn mit dem “American Wind Symphony Orchestra” durch
Amerika, Jamaika und Peurto Rico. Nach seinem Abschluss in Chicago ging Williams nach
Boston an das “New England Conservatory of Music”. Dort studierte er Pauke und
Schlagzeug bei Vic Firth (Solo Pauker des Boston Symphony Orchestra). Von 1983 bis 1985
war er “Fellow” (Stipendiat) beim “Tangelwood” Summerfest und bekam die SoloSchlagzeugstelle am San Antonio Symphony Orchester. Im Jahre 1986 beendete er sein
Studium in Boston und bekam ein Stipendium beim Solo Pauker des Cleveland Orchesters
Paul Yancich an der “Cleveland Institute for Music. 1988 ging Berkeley Williams als SoloPauker im Orchester des NCOS nach England und beendete seine Diplomarbeit im
“Orchestral Studies” am “Goldsmith’s College, University of London” mit Auszeichnung.
Das Jahr 1989 führte den Schlagzeuger nach Berlin, wo er sein Studium in der Berliner
Philharmonie fortsetzte, als freischaffender Musiker tätig und Mitglied bei Spectrum Concerts
sowie des Boris-Blacher-Ensembles war und 1991 schließlich als stellv. Solopauker an die
Jenaer Philharmonie. Berkeley Williams ist gern gesehener Gast bei anderen Orchestern
Deutschlands u.a. beim NDR Hamburg, den Berliner Philharmonikern, dem Hessischen
Rundfunk sowie der Dresdner Staatskapelle, wo er in mehreren Fernseh-, Funk- und CDAufnahmen mitwirkte, sowie Tourneen durch Europe und Japan unternahm. 2008 reiste er mit
den Bochumer Symphonikern nach New York, um „Die Soldaten“ von Bernd Alois
Zimmermann aufzuführen. Sehr aktiv ist Williams auf dem Gebiet der Musikvermittlung
tätig; das zeigt sein Engagement beim Projekt „Musiker in der Schule“ sowie seine
pädagogische Tätigkeit der Musik- und Kunstschule Jena.
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Die Pianistin Camelia Sima wurde in Constanta (Rumänien) geboren und erhielt mit sechs
Jahren ersten Unterricht in den Fächern Klavier und Musiktheorie. Im Alter von 13 Jahren
wechselte sie nach Bukarest auf das Spezialmusikgymnasium »Dinu Lipatti« und später an
die Musikakademie. Ihre Ausbildung setzte sie in Prag, Wien und London fort. Ein Jahr später
debütierte sie als Solistin mit Johann Sebastian Bachs d-Moll-Konzert. Es folgten Auftritte
mit einem breiten Repertoire von Mozart bis hin zur Moderne.
Nach dem Studium wurde sie Pianistin der Philharmonie Brasov (Kronstadt) und lernte dort
ihren Kammermusikpartner und späteren Ehemann Marius Sima kennen. Zusammen als Duo
(Violine und Klavier) oder als Trio führen sie ein sehr aktives Konzertleben.
Seit 1990 lebt Camelia Sima in Jena. Konzertreisen führen sie jedoch regelmäßig in die
Musikmetropolen Europas, Asiens und den USA. Zahlreiche CD-Aufnahmen und Preise bei
verschiedenen Wettbewerben dokumentieren ihr breit gefächertes Schaffen.
Natalie Hünig wurde in Trier geboren. Ein erstes Engagement 1998 bei Armin Petras trat sie
am Theater Nordhausen an und hatte die Co-Leitung des dortigen Theaterjugendclubs inne.
Ab 2001 arbeitete sie ein Jahr freiberuflich mit Gastengagements am Theater Biel,
Staatstheater Kassel sowie am LOOFT in Leipzig. Unter Claudia Bauer war sie bereits von
2002 bis 2003 fest am Theaterhaus Jena engagiert. Zwischen 2003 und 2011 arbeitete sie als
freischaffende Schauspielerin, u. a. an den Theatern Aachen und Konstanz, am
TheaterschaffT Leipzig/Berlin, Theaterhaus Jena und am Staatstheater Kassel sowie als
Sprecherin für den MDR; außerdem ist sie Sängerin der »Maria-König-Kapelle«. Seit der
Spielzeit 2011/12 ist sie wieder Ensemblemitglied des Theaterhauses Jena.
Jana Havranová wurde in der Slowakei geboren und erhielt ihre erste musikalische und
stimmliche Ausbildung am Konservatorium in Bratislava. Mit 21 Jahren debütierte sie als
Despina am Staatstheater Košice. Anschließend erwarb sie sich ein umfangreiches Repertoire
in den verschiedensten Rollen. Von 1995 bis 1998 war sie Ensemblemitglied an der
Staatsoper Prag, wo sie u.a. als Jenůfa in der gleichnamigen Oper von Leoš Janáček, als
Margarete in Goethes »Faust« sowie als Pamina in Mozarts »Zauberfllöte«
zu hören war. Gastspiele führten sie an die Theater in Ulm, Kiel, Münster und Bonn nach
Magdeburg, Weimar und Salzburg sowie nach Aachen und Wiesbaden. Von 2006 bis 2010
war Jana Havranová Ensemblemitglied am Theater Freiburg im Breisgau, wo sie u. a. Ciocio-San in »Madame Butterfly« sang. Dafür bekam sie eine Nominierung als »Sängerin des
Jahres 2008« in der Fachzeitschrift »Opernwelt«. Seit der Spielzeit 2010/11 ist sie
freischaffend tätig; neben ihrer Bühnentätigkeit tritt Jana Havranová regelmäßig auch als
Lied- und Oratorien Sängerin auf.
Katja Bildt, in Nürnberg geboren, erhielt ersten Gesangsunterricht bei Gabriele Czerepan
von Ullmann. 2004–2006 absolvierte sie die Berufsfachschule für Musik Kronach im
Hauptfach Gesang bei Helga Kutter, ab 2006 studierte sie an der Hochschule für Musik
FRANZ LISZT Weimar Gesang bei Prof. Siegfried Gohritz. Bereits 2009 gastierte sie mit
Beethovens 9. Sinfonie in Bangkok mit dem Thailand Philharmonic Orchestra. 2010 sang sie
Bachs h-Moll-Messe unter Leitung von G. Ch. Biller sowie mit der Jenaer Philharmonie die
Hexe in »Hänsel und Gretel« unter Leitung von Cornelius During und Dorabella in »Così
fan tutte« unter der Leitung von GMD Nicholas Milton. Am Theater Nordhausen war sie
2011 in »Der Raub der Lukrezia« mit der Titelpartie zu erleben. In der Spielzeit 2012/2013 ist
Katja Bildt Mitglied im Thüringer Opernstudio.
Michael Siemon wurde in Hessisch Lichtenau geboren und erhielt schon als Kind
grundlegenden Unterricht auf verschiedenen Instrumenten. Seinen Entschluss, den Gesang zu
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seinem Beruf zu machen, setzte er zunächst mit einem Studium an der Musikhochschule
Saarbrücken um, wo er als Schüler von Berthold Hirschfeld im Jahr 2006 sein Diplom
erwarb. Es folgten Engagements an den Opernhäusern in Bielefeld, Braunschweig, GeraAltenburg, Essen und Nordhausen sowie bei den Opernfestspielen in Merzig und Heidenheim.
Als Preisträger des Gesangswettbewerbs der Kammeroper Schloss Rheinsberg sang er dort in
2008 den Belmonte in »Die Entführung aus dem Serail«. Des Weiteren zählen Tamino in der
»Die Zauberflöte«, Belfiore in »Die Gärtnerin aus Lieb«e, Don José in „»Carmen“«, Walther
von der Vogelweide in »Tannhäuser«, Alfred in »Die Fledermaus« und Edwin in »Die
Csárdásfürstin« zu seinen wichtigsten Fachpartien. Seit der Spielzeit 2011/12 ist Michael
Siemon Mitglied des Ensembles der Theater Krefeld-Mönchengladbach. In der Spielzeit
12/13 debütiert er als Sou-Chong im »Land des Lächelns« und als Fenton in »Die lustigen
Weiber von Windsor«. Neben der Oper widmet er sich mit großer Hingabe dem Lied und
Oratorium. Er ist ein gern gesehener Gast bei zahlreichen Chören und Orchestern in ganz
Deutschland.
Der Bariton Melih Tepretmez studierte von 1994 bis 2001 Gesang an der Cukurova
Universität, Adana. Ab 2001 setzte er sein Studium an der Universität der Künste Berlin fort.
2003/2004 war er am Opernstudio in Marseille engagiert und debütierte am dortigen
Opernhaus. Im Februar 2002 wurde er beim Internationalen Gesangswettbewerb der
Kammeroper Schloss Rheinsberg ausgezeichnet. Im gleichen Jahr trat er an der
Zeitgenössischen Oper Berlin in »Le vin herbé« auf. Es folgte die Partie des Giovanni in
»Der Glockenturm« von Ernst Krenek. 2003/2004 spielte er an der Opéra de Marseille den
Hauptmann in »Eugen Onegin« und gastierte mit dem Orchestre d’Auvergne (Colas in
«Bastien und Bastienne«) und mit dem Orchestre National Bordeaux Aquitaine
(»Pulcinella«). In der Spielzeit 2006/2007 wechselte Melih Tepretmez an das Musiktheater
im Revier, Gelsenkirchen, und war dort u. a. als Don Giovanni, Frank (»Die Fledermaus«),
Escamillo
(»Carmen«) und Marcello (»La Bohème«) zu erleben. Seit der Spielzeit 2008/2009 ist Melih
Tepretmez am Staatstheater Nürnberg engagiert und sang hier Fieramosca in Berlioz’
»Benvenuto Cellini«, Le Camoens in »Don Sebastian«, Sir Riccardo Forth in »Die
Puritaner« und den Pharao in »Moses und Pharao«.
Die Komponisten und ihre Werke
Es erwartet sie heute ein Abend, der ganz der griechischen Mythologie gewidmet ist. Eine
Sagenwelt, die phantastische Geschichten von Abenteuern, Liebe und Familienintrigen in sich
birgt. Die Schicksale auch noch so verschiedener Akteure wie Götter, Ungeheuer und
liebliche Geschöpfe sind miteinander verknüpft. Die Werke des heutigen Konzerts
thematisieren die Unabhängigkeit der Menschen von den Göttern durch das prometheussche
Geschenk des Feuers (Beethoven), die Energie der Welt – symbolisiert durch die
Rachegöttinnen und Naturgeister (Psathas) und den Sieg des moralisch Guten über das
lauernde Böse durch Penelope und Odysseus mit Hilfe der Götter (Britten). Versinken sie in
eine lang vergessene Zeit.
Getreu ihrer Funktion eröffnet die Ouvertüre aus der Ballettmusik Die Geschöpfe des
Prometheus op. 43 von Ludwig van Beethoven das heutige Konzert. Ganz im Sinne der
Aufklärung benutzt Beethoven um 1800 das Sujet des aufsässigen, sich von der
Bevormundung durch die Götter emanzipieren wollenden Prometheus für eine Ballettmusik,
deren Ziel es sein sollte, den Menschen des 19. Jahrhunderts durch ein gutes Beispiel, nicht
durch Zwang, Kultur und Selbstbestimmung zu vermitteln. Prometheus ist für Beethoven das
Ideal eines Weltverbesserers, welches er zu diesem Zeitpunkt in Napoleon erkannte.
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Die Komposition beginnt mit mehreren wuchtigen Akkordstößen – ein echter Beethoven.
Gegen diesen Kraftausbruch wird nun eine ruhigere Überzeugungsrede gestellt. Die Streicher
treiben in der Folge das Geschehen voran, das Orchester stimmt heftig mit ein. Man hört
förmlich den Triumph des Titanensohns über die Götterwelt heraus.
Die Ouvertüre endet wie sie begonnen hat; mit mächtigen Akkordschlägen, die keinen
Widerspruch dulden. Die Szenerie ist eröffnet. Nun treten die Akteure auf:
John Psathas ist das Kind griechischer Einwanderer. Ähnlich wie heute, war die Wirtschaft
Griechenlands in den 1960er Jahren am Boden. Die Menschen führte die Not ins Ausland.
Psathas Eltern entschieden sich, ans andere Ende der Welt – nach Neuseeland zu ziehen. Dort
wurden er und seine Schwester Tania geboren. Die Familie besaß ein griechisches Restaurant,
in dem die Kinder bis in die Abendstunden mithalfen. Während seiner Kindheit war Psathas
aufgrund seiner griechischen Abstammung ein Fremder in seinem Geburtsland, ohne Freunde.
Am Abend zog er sich deshalb allein zurück, hörte sich Schallplatten seiner Eltern und Musik
im Radio an. Am meisten aber faszinierte ihn das Klavier, mit dem er selbst Musik erzeugen
und mit ihr Gefühle in anderen Menschen hervorrufen konnte – genauso, wie er es bei
Beethoven oder Bach empfand.
Er entschied sich deshalb frühzeitig für ein Musikstudium, welches er u.a. mit Auftritten in
einer Jazz-Gruppe finanzierte. Seine Studien setzte er in Belgien fort, wo er – ebenso wie
später bei Aufenthalten in den USA – auf andere Künstler und Komponisten traf und mit
diesen Erfahrungen, Stile und Können austauschte. Freundschaften entstanden. So auch die
zwischen John Psathas und der Schlagzeugerin und Komponistin Evelyn Glennie. Sie
erkannte schon frühzeitig, welche Energie in seinen Werken steckt. Deshalb nahm sie seine
Kompositionen in ihr Repertoire auf und spielte sie in ihren Konzerten auf der ganzen Welt,
wodurch er eine große internationale Popularität erlangte. Aus Dankbarkeit schrieb er ihr
einige Stücke für Schlagzeug, u.a. View from Olympus.
John Psathas’ Musik ist geprägt von den unterschiedlichsten Einflüssen. Er sagt, dass er alles
aufnimmt, was ihm im Alltag begegnet. So macht er keine Unterschiede zwischen den Stilen:
Klassik, Rock, Jazz oder Folklore und vermischt die musikalischen Merkmale der Kulturen
miteinander. Er sucht dabei jedoch nach Gemeinsamkeiten, nicht nach Unterschieden! Dies
können wir heute an seinem Stück »View from Olympus« verfolgen. Der Berg Olymp ist der
Treffpunkt der Götter für Versammlungen und Feiern. Diese Gesellschaft wird im ersten Satz
von den Furien versinnbildlicht. Dieser Satz stellt die göttliche Energie und Kraft sowie die
Rechtsprechung über den Menschen dar. Um uns den Inhalt besser verständlich zu machen,
benutzt er das Bild der drei Furien, die Göttinnen der Rache oder Gerechtigkeit: Alecto (die
Unablässige) könnte mit der Anfangs-Hektik dargestellt sein - Megeara (die Neidische) wäre
dann mit dem Violin-Solo und mit der Jazz-Sequenz Tisiphone (die Mord-Rächende) vertont.
Der gesamte Satz ist schnell und hektisch, man kann förmlich die Furien erkennen, wie sie
durch die Welt hetzen und für Gerechtigkeit sorgen.
Im zweiten Satz wird die Energie des Menschen (Individuums) ganz ursprünglich im Kind
beobachtet: das Lachen eines Kindes. Inhaltlich benutzt er für diese Atmosphäre die
Darstellung eines Hauses am Meer in Griechenland, das Haus seiner Eltern. Mit einem
Windspiel (Röhrenglocken) leitet er uns musikalisch in diese Szene über. John Psathas
schreibt über diesen Satz: »Hier drücke ich die Gefühle für meine Kinder Emanuel und Zoe
aus. In diesem Satz ist ebenfalls der Sommer verewigt, den ich im Haus meiner Eltern
verbracht und an diesem Konzert gearbeitet habe. Das Haus befindet sich außerhalb des
Dorfes von Nea Michaniona auf einem Felsen mit dem Blick auf das Ägäische Meer und den
Olymp.«
Diese fast ätherische Stimmung wird mit dem letzten Satz, dem Finale, aufgebrochen. In ihm
lässt Psathas der Naturgewalt freien Lauf. Ihre Kraft wird mittels des Tanzes der Mänaden,
der Naturgeister, versinnbildlicht. Dieser ist Dionysos, dem Gott der Natur und der
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Fruchtbarkeit gewidmet. Sein weibliches Gefolge ehrt ihn mit Gedichten, Gesängen und
Tänzen, wobei sie ihren Thyrsus, einen mit Efeu und Weinranken umwundenen, oben mit
einem Fichtenzapfen versehenen Stab, in die Luft heben. Sie streifen durch die Wälder, wobei
ihr Haar frei im Wind flattert und sie mit Reh- oder Pantherhaut bekleidet sind. Oft überkam
sie aber auch eine wilde und grausame Lust, in welcher sie junges Wild mit den Händen
zerrissen und das Blut der Tiere tranken. Die Folge des Energiestaus - wenn man etwas
unterdrückt oder sich einschränkt und es nicht in einer extatischen Kulthandlung herauslassen
kann – führt zum Ausbruch der Mänaden (z.B. in Form eines Krieges, entfesselte Naturgewalt
etc.). Hier findet die Verwandlung von positiver in negative Energie statt.
Um diese Kraft und Energie musikalisch darzustellen, benutzt der Komponist ein stechendes
Melodie-Motiv zu Beginn dieses letzten Satzes. Der Tanz der Mänaden findet in der Heimat
seiner Eltern Nordost-Griechenland statt, das an die Türkei angrenzt. Mit Hilfe des
Hackbretts, welches zur Instrumentenfamilie der Zithern gehört, gestaltet er eine griechischorientalische Musikszene. Hinzu kommt die musikalische Nachahmung eines Tanzes: der
Klang eines Tamburins. Zum Schluss bäumt sich alles zu einem großen Wutausbruch auf, die
Vorstellung der aneinanderschlagenden Thyrsusstäbe wird vermittelt. Die Entladung aller
Energie - Die Naturgewalt.
Das alles verbindende Moment dieses Stückes ist die Energie und die Kraft, welche in allem
steckt. Energie hier als Äther, das die Welt im Innersten zusammen hält. Der Grundgedanke
befasst sich mit der Lebensenergie: lebe dein Leben im Jetzt und Hier und lasse dich nicht
von Erwartungen oder Vorurteilen einschränken. Behandle andere, wie du selbst behandelt
werden möchtest. Dies ist nicht nur Musik, dies ist eine von John Psathas vertonte
Lebenseinstellung.
Im zweiten Teil des Konzerts feiern wir einen Jubilar. Benjamin Britten wurde 1913 in
Lowestoft (Suffolk, England) geboren. In diesem Jahr finden weltweit Aufführungen seiner
bekanntesten Werke statt. Die Jenaer Philharmonie hat sich einen längst vergessen Edelstein
erwählt. Der schlechten Darbietung im Radio 1943 geschuldet, geriet das Stück in die Kritik
und wurde ad acta gelegt. Auch Britten selbst hatte nach den Querelen während der
Entstehungsphase keinen Anreiz mehr, sich je wieder der Rettung der Penelope
zuzuwenden. Das Stück geriet in Vergessenheit. Basierend auf diesem Radio-Drama, welches
über zwei Abende von der BBC ausgestrahlt wurde, erarbeitete Chris de Souza, ein
Komponist und Produzent, Anfang der 1990er Jahre eine Konzertversion. Er blieb dabei sehr
nah an der musikalischen Vorlage und am Text von Edward Sackville-West sowie Homer. Er
erfasst den Geist Brittens, nimmt die feinsinnige Orchestrierung auf und bringt ein Juwel
hervor. Bereits in seiner »Penelope« lässt sich Brittens musik-dramatisches Potential, welches
er später in seinen berühmten Opern ausprägt, erkennen.
»Die Rettung der Penelope« ist reich an einprägsamen Themen, die Figuren besitzen eigene
Motive. So spielt während Athene spricht die Trompete im Hintergrund. Die nicht artikulierte
Penelope wird mittels einer Solo-Saxophon-Melodie dargestellt. Die Musik zeichnet genaue
Abbilder der jeweiligen Situation: wie Odysseus bei seiner Heimkehr in einen alten Mann
verwandelt wird, um nicht erkannt zu werden oder wie er die schmarotzenden Freier tötet und
somit Penelope aus deren Händen befreit, die 20 Jahre treu und standfest auf seine Rückkehr
gewartet hatte.
Es fällt auf, dass Britten ohne die beiden Hauptakteure Penelope und Odysseus selbst zu Wort
kommen zu lassen, ihre Geschichte mit musikalischer Kunstfertigkeit in Bilder fassen kann.
Vier Götter, Athene (die Schutzgöttin des Odysseus), Artemis (die Verteidigerin der
Schwachen, Frauen und Kinder), Hermes (der Götterbote, Gott der Reisenden) und Apollo
(der für das Licht und den Frühling steht), geleiten uns durch die Handlung, welche in zwei
Teile (Part I und II) untergliedert ist; Zuerst die Ankunft und das Erwachen des Odysseus, der
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seine alte Heimat wiedererkennt und das Wiedersehen mit Penelope ersehnt. Es folgt der
zweite Teil, der vom Kampf für die Freiheit und der Rettung seiner Frau handelt.
Jessica Brömel, M.A.
Die Rettung der Penelope – Benjamin Britten (Textauszug Singstimmen):
PART I
Athene: Hermes! Hermes!
Rühr’ die Luft!
Feg’ den Regen fort! Weit über das Meer!
Hör’ Athenes Ruf!
Hermes:
Ich hör’s, ich komm’!
Ich hör’s, ich komm’!
Westwind, sei mein Wort!
Heb’ mein Haupt! Bleib’ mir treu!
Hermes:
Er lebt! Er ist hier!
Er lebt! Er ist hier!
Odysseus, Odysseus
Kommt an Land im Schlaf!
Athene: Hermes! Hermes!
Erzplünd’rer! Verrat’ mich nicht!
Rasch! Sei still!
Ithaka fordert Recht.
Hermes:
Ich geh‘, Ich geh‘, Ich geh‘.
Athene: Lebt wohl! Ihr habt’s vollbracht.
Lebt wohl! Nun beginnt der letzte Wettkampf.
Wach’ auf aus dem tiefsten und längsten Schlaf!
Odysseus, heb’ die Lider!
Lerne neu: dies ist dein Heim.
Odysseus, Odysseus, Odysseus.
Apollo, Hermes, Artemis:
Geh hin! Zu dem leuchtenden Berg
Darunter Reben Weins
Geh hin, geh hin!
Kein Leid gescheh‘
Dem, der setzt auf blühend Grund
Auf Lotus und auf Marschringelblumen
Bedächtig seinen Fuß.
Hab Geduld!
Odysseus, Odysseus, Odysseus!
PART II
Hermes:
Befrei’ dein Gemüt
Und leg’ ab deine Lieb‘!
Streu’ aus den Flügelschwarm
Sternheller Worte!
Wehr’ dich rechts von dir!
Wehr’ dich links von dir!
Feind streckt ein Bein aus,
Dass du stolperst,
Streckt die Hand, dich zu fangen,
Greift dich beim Arm.
Geh’ und sei kühn!
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Athene: Vortreffliche Stunde
Fügt sich dem Pulsschlag des Gotts.
Hermes:
Folg’ meiner Stirn
in der Spalte im Fels,
im reißenden Strom,
der Biegung des Baums,
der Wolken Jagd.
Geh’ und sei kühn!
Athene: Vortreffliche Stunde
Fügt sich dem Pulsschlag des Gotts.
Hermes:
Sei so wie ich!
Herzlos, pfeilschnelles Haupt,
geschwung’ner Mund der Verachtung,
Antlitz falschen Würfels.
Lass nicht Raum dem Denken and’rer,
Sei der selbe, der immer du warst.
Geh’ und sei kühn!
Athene: Vortreffliche Stunde
Fügt sich dem Pulsschlag des Gotts.
Hermes:
Kühn!
15. Athene:
Telemachos! Telemachos!
Sei schnell und heimlich.
Find’ der Verräter Waffen.
Fass und versteck sie gut.
Einhalt gebiet ich der Dämm’rung,
und du gleit durch den Vorhang des Tags.
Allein: sei schnell! Allein: sei schnell!
Hermes:
Oh Blume der Sonn‘,
Bring’ Zweifeln Tod.
Lass’ Leben fließen neu.
Artemis:
Oh, der Parzen Dieb,
Stiehl’ Herzen du.
Tröstung und Glauben schenk’.
Apollo: Oh Rose des Winds,
entfalt’ Herzenssaat
in welker Seelen Hüll‘.
Hermes, Artemis, Apollo:
Oh Krone des Lichts,
Bau Mauern auf.
Sich’re und rüst‘ die Flut.
Athene: Ich schenke Trost.
Ich bring’ Zweifeln Tod.
Ich brech’ dem Frieden Bahn.
Ich klied‘ den Geist in Gold.
Athene, Artemis, Hermes, Apollo:
Krone des Lichts!
Rose des Winds!
Der Parzen Dieb!
Blume der Sonn‘!
Wir bau’n die Mauern auf!
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