Pressemitteilung - Die Bayerische Staatsbibliothek

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Ansprechpartner:
Dr. Stephan Kellner
Bayerische Staatsbibliothek
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Peter Schnitzlein
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 089/28 638 2429
E-Mail: [email protected]
Pressemitteilung
9. Dezember 2015
Deutschland / Kultur
Bayerische Staatsbibliothek und Zentral- und Landesbibliothek Berlin
restituieren Bücher an das Abraham Geiger Kolleg Potsdam
Die Bayerische Staatsbibliothek und die Zentral- und Landesbibliothek Berlin haben heute
vier Werke aus der 1942 vom NS-Regime aufgelösten Bibliothek der Hochschule für die
Wissenschaft des Judentums an das Abraham Geiger Kolleg an der Universität Potsdam
übergegeben. Den Rahmen hierfür bot das Herbsttreffen des Arbeitskreises
„Provenienzforschung und Restitution – Bibliotheken“, das an der Universität Potsdam
stattfand.
Die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums wurde 1872 unter anderem von
Abraham Geiger (1810 - 1874) gegründet, um sich im Geist akademischer Freiheit
der jüdischen Tradition zu widmen. 1942 wurde die Hochschule von den
Nationalsozialisten geschlossen und die Bibliothek beschlagnahmt. Das Abraham Geiger
Kolleg an der Universität Potsdam versteht sich als Nachfolgeeinrichtung der Hochschule.
Es ist die erste Rabbiner- und Kantorenausbildungsstätte in Mitteleuropa nach der
Schoa.
Bei den Büchern, die die Bayerische Staatsbibliothek (BSB) an das Abraham Geiger
Kolleg übergab, handelt es sich um den neunten, elften und zwölften Band einer
insgesamt zwölfbändigen Ausgabe des babylonischen Talmuds. Die von 1930 bis 1936
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in Berlin erschienene Übersetzung des Privatgelehrten Lazarus Goldschmidt stellt bis
heute eine der maßgeblichen deutschen Fassungen dar. Die Titel gelangten nach der
Beschlagnahme der Hochschul-Bibliothek im Juli 1942 an die NS-Ordensburg Sonthofen
im Allgäu. Ab 1946 wurden die in Sonthofen verbliebenen Buchbestände von der
amerikanischen Militärregierung an die Staatsbibliothek übergeben. Dort wurden die Titel
ab 1948 in den Bestand eingearbeitet.
Das Buch, das die Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) überreichte, ist „Die
Apostelgeschichte und die Anfänge des Christentums. (Ursprünge und Anfänge des
Christentums)“ von Eduard Meyer. Es gelangte 1946 in den Bestand der Berliner
Stadtbibliothek. Lieferant war die Bergungsstelle für wissenschaftliche Bibliotheken, eine
Berliner Behörde, die von Juli 1945 bis Februar 1946 in Berlin unter anderem
verstreute Buchbestände sicherstellte und weiterverteilte. Das genannte und auf diesem
Weg in den Bestand der ZLB aufgenommene Buch stammt aus einem Depot des
Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) in der Eisenacher Straße. Das RSHA plante den
Aufbau einer „Gegnerbibliothek“ und schaffte dafür zwischen zwei und drei Millionen
Exemplare aus europaweit geplünderten Bibliotheken nach Berlin.
Zur Restitution an der BSB und an der ZLB:
Seit 2003 sucht die Bayerische Staatsbibliothek aktiv und zunächst in Eigeninitiative
nach NS-Raubgut in ihren Beständen. Bereits 2006 nahm Uri Siegel, stellvertretend für
seine Familie zwei Bücher aus dem Besitz seiner Tante Gabriele Rosenthal entgegen;
2007 erhielt das Thomas-Mann-Archiv-Zürich in Absprache mit Frido Mann 78 Bände
aus der Arbeitsbibliothek des Schriftstellers und Literaturnobelpreisträgers. Die Förderung
durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste trägt seit 2013 dazu bei, die Recherche
voranzutreiben und Rückgaben zügig durchzuführen: 2014 restituierte die BSB
beispielsweise Bücher aus dem Besitz des renommierten Kunsthändlers Dr. Ludwig
Bernheimer (1906-1967) an dessen Tochter Dr. Francisca Bernheimer.
Die heutige ZLB besteht aus der 1901 gegründeten Berliner Stadtbibliothek (BStB), der
1954 in West-Berlin errichteten Amerika-Gedenkbibliothek (AGB) und der
Senatsbibliothek Berlin (SeBi). Alle drei Teilbibliotheken haben NS-Raubgut im
Bestand. 2002 starteten erste Bestrebungen der ZLB, das NS-Raubgut im eigenen
Bestand aufzuspüren und zurückzugeben. Ab 2009 wurden diese intensiviert. Von 2009
bis 2013 wurde ein von der Arbeitsstelle für Provenienzrecherche und
Provenienzforschung, heute Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, gefördertes
Forschungsprojekt durchgeführt. Der Berliner Senat fördert die NS-Raubgutforschung der
ZLB seit 2010.
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