Pfarrer Dr. Andreas Fincke Ev. Hochschulpfarramt Erfurt fincke

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Pfarrer Dr. Andreas Fincke
auch mehr Kriminalität geben. Gibt es bereits – von Seiten
Ev. Hochschulpfarramt Erfurt
krimineller Deutscher, die Flüchtlingsunterkünfte in Brand
[email protected]
setzen und Spitzenpolitiker mit Morddrohungen
überziehen.
Gebet für Mitmenschlichkeit in der Andreaskirche Erfurt am
28.10.2015
Ja, unser Land wird sich verändern. Das ist jedoch als
solches kein misslicher Befund. Leben heißt Veränderung
Anrede
und unser Land hat sich immer verändert. Es kommt
jedoch darauf an, diese Veränderung zu gestalten. Und es
Wir sind hier zusammengekommen, um für
spielt schon eine Rolle, aus welchem Geist heraus wir diese
Mitmenschlichkeit, Frieden und ein gutes Zusammenleben
Veränderung gestalten. Ja, wir. Sie und Sie und Du. Es
zu beten.
spielt schon eine Rolle, aus welchem Geist heraus wir diese
Wir sind nicht zusammengekommen, um gegen irgendwas
Veränderung gestalten. Aus einem Geist der Angst und der
zu beten. Man betet nicht gegen etwas, sondern um
Abschottung, oder aus einem Geist der Mitmenschlichkeit
Verständnis, Frieden, ein gelingendes Miteinander.
und der Größe.
Wir brauchen das Gebet, wir brauchen gute Wünsche und
Wenn Menschen zu uns kommen, die vor Krieg und Hunger
neue Ideen für unser Land. Denn unser Land und Europa
fliehen, werden wir ihnen Obdach gewähren. Wenn
sind in eine schwere Lage geraten. Böse Parolen, Worte
Menschen zu uns kommen, die Frauen gering schätzen und
voller Verachtung und Hass sind auf der einen Seite zu
der Lehrerin nicht den angemessenen Respekt zollen,
hören, blauäugiges Gutmenschentum auf der anderen.
werden wir ihnen wiedersprechen und sagen: So nicht.
Doch so einfach ist das alles nicht.
Die vielen Flüchtlinge werden unser Land verändern. Es
Wenn Menschen zu uns kommen und einen islamistischen
wird auch Probleme geben – na, es gibt sie bereits. Es wird
Gottesstaat errichten wollen, so werden wir entschieden
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Widerstand leisten. Die Trennung von Staat und Kirche,
bis heute manchmal aus Angst tun, sie täuschen über ihre
von Staat und Religion ist eine große Errungenschaft. Sie
Identität. Abraham gibt Sarah als seine Schwester aus,
ist gut – für beide Seiten. Doch das wird alles nicht
statt sie richtigerweise als seine Ehefrau dem Pharao
einfach.
vorzustellen. (Genesis 20). Die Bibel ist ein Buch der
Deshalb sind wir hier und beten für unser Land. Wir bitten,
Migranten und Flüchtlinge - genauer: ein Buch derer, die
dass Gott uns Kraft, Weisheit und Einsicht geben möge.
eine Heimat finden.
Auch Fantasie.
Die Geschichte vom barmherzigen Samariter schließlich
Wir sind hier, weil wir als Christen wissen: Die freundliche
hat ihre Pointe ja gerade darin, dass der Samariter, also
Aufnahme des Fremden ist eines der Kernthemen der
der verachtete Fremde, der einzige ist, der hilft.
Heiligen Schrift. Immerzu ist in der Bibel von Fremden die
Die Weihnachtsgeschichte, mitunter zu einer rührselig-
Rede, die kommen, Aufnahme finden und Schutz
kitschigen Geschichte verkommen, spricht von Joseph und
verdienen. Abraham und Sarah waren Migranten, Josephs
Maria, die keinen Platz in der Herberge finden. Joseph und
Brüder die ersten Wirtschaftsflüchtlinge und selbst Jesus
Maria, heute heißen sie Mohammed und Aischa, suchen
wurde schon als Säugling zum Flüchtlingskind. Gott kommt
einen Platz zum Leben. Wer pauschal diesen Menschen
selbst als Fremder Abraham nahe (1. Mose 11-25), es sind
Hilfe verweigert, braucht nie mehr Weihnachtslieder
drei Gäste, die ihn aufsuchen (1. Mose 12). Sie sind es, die
anzustimmen. Wer pauschal gegen Ausländer ist, kann
die Verheißung bringen. Abraham nimmt die Fremden auf,
noch so viel vom Abendland reden: Er hat nicht begriffen,
bereitet ihnen ein Festmahl und wird dann mit Sarahs
dass das Abendland ja gerade die Summe vieler Einflüsse
Schwangerschaft beschenkt.
ist. Kaffee, Tee, Pizza, Weißbrot. Ach, so vieles wäre zu
Abraham und Sarah brechen auf, allein mit einer
nennen.
Verheißung im Herzen – und sie migrieren, verlassen den
heimatlichen Ort und suchen nach dem gelobten Land. Auf
Und dennoch: Die Menschen, die zu uns kommen, kommen
ihrem Weg tun sie das, was Migrantinnen und Migranten
nicht aus Begeisterung für Deutschland. Sie fliehen vor
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dem Elend in ihrer Heimat. Wir werden Ihnen unsere
Gerechtigkeit sich küssen. Ohne gerechtere Welt werden
Kultur erklären müssen. Mülltrennung wird noch relativ
die Flüchtlingsströme nicht enden.
leicht zu erklären sein. Auch, dass unverheiratete Frauen
kein Freiwild sind. Auch unsere Vorstellungen von
Gleichberechtigung, von sexueller Vielfalt, von
Religionsfreiheit werden wir erläutern müssen.
Doch Belehrung ist nicht alles. Wir werden uns auch
ändern müssen.
Wir müssen endlich aufhören, auf Kosten Afrikas und vieler
armer Länder zu leben. Wir exportieren wie ein
Weltmeister Waffen in viele Länder, verdienen an vielen
Kriegen, leben auf Kosten armer Näherinnen, die für H&M
und C&A und andere Modeketten in Pakistan und
Bangladesch schuften. Vor drei Jahren sind hunderte
jämmerlich verbrannt. Wir haben das längst vergessen.
Aber die Menschen dort nicht. Auch deshalb machen sie
sich auf den Weg.
Flüchtlinge aufnehmen ist das eine. Ihre Zahl irgendwie zu
begrenzen, wird Aufgabe der Politik sein. Wir jedoch sollten
mehr Gerechtigkeit auf der Welt anmahnen und uns selbst
dafür einsetzen. Dass, wie es im Psalm heißt, Friede und
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