Pastor Marcus Antonioli am Sonntag Septuahesimae 2014 zu Römerbrief 9, 14-24 Die Gnade und die Güte Gottes seien mit uns allen. Amen Liebe Gemeinde, nichts ist unmöglich - so jedenfalls kommt es einem vor, wenn man die bunte Vielfalt der Sinn-und Lifestyleangebote ansieht - alles wird zum Produkt, das wir konsumieren können. Die Esoterikmesse hier in Rostock ist ein ziemlich gutes Beispiel in diesen Tagen! Und doch, wir leben eher in einer Zeit, in der viele Menschen mit Gott nichts mehr anzufangen wissen. Das Wissen und das Bedürfnis nach Religion scheint massenhaft zu verdunsten! - Doch es bleibt bei vielen das Gefühl zurück, dass da doch mal was anderes gewesen sein muss. Manche wollen diese Lücke in ihrem Dasein irgendwie schließen. Und so wird diese Leerstelle vermarktet und mit vielen kleinen Spielchen ausgefüllt - seien es bunte Steinchen oder übersinnliche Fähigkeiten. Hier bricht sich ein zu tiefst menschliches Bedürfnis Bahn, dem Geheimnis unserer Existenz zu huldigen, auch wenn wir sonst alles fest im Griff haben. Liebe Schwestern und Brüder, aber es gibt auch heute noch die anderen Geschichten, wo Menschen sich vom Glauben anstecken lassen, wo sie aller Fremdheit zum Trotz die Nähe des lebendigen Gottes suchen. So können auch heute Menschen noch Erfahrungen mit Gott machen! Und manchmal scheint es mir, dass Gott kein Weg zu weit und zu verschlungen ist: einer wird durch seinen Mitmenschen angesprochen, einem anderen eröffnet ein bestimmtes Erlebnis die Türen, manchmal ist es ein Bild oder eine Musik, kein Weg ist unmöglich! Im Grunde können wir viele Berichte in der Bibel genauso so verstehen! Hier wird immer wieder davon erzählt wie Gott sich in das Leben von Menschen einmischt. Und was sich daraus entwickeln kann, wenn wir uns darauf einlassen! Abraham - als Vater des Glaubens - wie er in den drei abrahamitischen Weltreligionen gemeinsam gesehen wird - ist der allererste mit dem Gott erfolgreich anbandelt! Und dieses Vertrauensverhältnis führt Abraham und seine Sarah in die Ferne, ins gelobte Land. Und die beiden gehen einen Bund ein, der in Zeiten in denen ein Wort nur noch wenig gilt, sehr archaisch wirkt. So verspricht Gott seinem Bundesgenossen: Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden! - Und diese bedingungslose Annahme gibt auch dem nicht mehr jungen Abraham den nötigen Schwung, um noch einmal etwas ganz neues zu wagen! Doch liebe Schwestern und Brüder, schnell kommt die Frage auf, warum geht Gott seinen Weg mit Abraham und mit anderen nicht. Später stellte sich auch Israel diese Frage, wieso sind ausgerechnet wir das erwähltes Gottesvolk? Und vielleicht stellen auch wir uns diese Frage, warum bin ausgerechnet ich Christ oder Christin? Der Apostel Paulus nimmt diese Frage auf und zitiert aus dem Buch Exodus "Gott spricht zu Mose: Wem ich gnädig gewesen bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich!" - Ich weiß nicht, ob mir diese Antwort wirklich weiter hilft. Noch schwieriger wird es, wenn Gott beim Auszug, bei der Befreiung der Hebräer aus der Knechtschaft die Frage, den Pharao und mit ihm das ganze Volk der Ägypter, das in der damaligen Welt zu den fortschrittlichsten und klügsten gehört hat, verstockt. Sie können den guten Willen Gottes nicht begreifen und verrennen sich so ganz tragisch. Kann es Gottes Wille sein, wenn Menschen sich gegen seinen guten Willen sperren? Wie kann es sein, dass Menschen, den guten Willen Gottes nicht erkennen und sich völlig verstockt dagegen wenden! Mir ist diese Frage bei einem Film deutlich vor Augen gekommen, der zur Zeit in den Kinos läuft. Twelf years a slave - z wölf Jahre als Sklave - erzählt die wahre Geschichte von Solomon Northup, der als Afroamerikaner bei New York mit seiner Familie ein beschauliches Leben führt, bis zu dem Tag als er 1841 gekidnappt wird und sich auf einem Sklavenmarkt in den damaligen Südstaaten wiederfindet. Er bekommt einen anderen Namen und muss fortan als Besitz von Plantagenbesitzern vegetieren, dazu gehören schwerste Sklaven-Arbeit und übelste Misshandlungen , selbst sein Name wird ihm genommen! Neben den grausamen Szenen war es mir besonders schwer erträglich wie der Plantagenbesitzer bei der Sonntagsandacht "seinen" Sklaven allen Ernstes die gute Botschaft Jesu predigte. - Betroffen fragt man sich, wie blind kann der Mensch sein, dass er diesen himmelschreienden Widerspruch nicht spürt! Und so frage ich mich, wo sind wir denn heute blind und verstockt? Was werden Generationen nach uns bei uns, als skandalös empfinden? In dem Film steht der verstockten Christlichkeit der Sklavenhalter die tiefe Kraft des Glaubens bei den Sklaven gegenüber. Sie singen in ihrem ergreifenden Gospeln von der Befreiung, von der Hoffnung auf den wahren Gott, der den unterdrückten und verlassenen beisteht! Und in diesem Gesang schwingt die verwandelnden Kraft des Glaubens mit! Hier ahnen wir etwas von der Gegenwart Gottes! Der Apostel PAULUS vergleicht im neunten Kapitel des Römerbriefes Gottes Möglichkeiten mit der Handwerkskunst eines Töpfers: Gott hat die Macht - wie ein Töpfer - aus einem Klumpen Ton ein schönes oder auch weniger edles Gefäß zu formen. Kein Mensch kann sich seiner formenden Kraft entziehen. Er will uns zu Gefäßen seiner Barmherzigkeit machen! Liebe Gemeinde, wir haben es nicht in der Hand, was Gott mit uns vor hat. Aber wir dürfen ihm vertrauen, dass er das Beste für uns will! Gott ruft uns, er will uns alle zu kostbaren Gefäßen seiner Barmherzigkeit machen. Wenn wir das glauben, dann ist sein Segen mit uns, ja dieser Segen wird viele Möglichkeiten in unserem Leben eröffnen. Martin Luther geht noch weiter, wenn er schreibt: “Ja, es ist auch nicht genug, dass du glaubst, er wolle mit anderen und nicht mit dir große Taten tun … „ – Gott traut Dir und mir großes zu! Und nichts spornt uns mehr an, wie wenn uns wirklich etwas zugetraut wird! Nun kommt es auf uns, ob wir als Menschen seines Vertrauens leben wollen. In jedem Falle freut sich Gott über aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten (Bonhoeffer). Wir sind tatsächlich eingeladen, selbst zum Segen zu werden ! - Wie soll das aber aussehen! Nun es sind oft kleine Schritte. Mit jedem guten Wort, mit jedem Tun für andere, mit jedem Versuch Versöhnung und Frieden zu stiften, mit jedem Wort der Wahrheit, das wir mutig sagen. Möge Gott sich jeden Tag wieder in unser Leben einmischen und uns dann und wann zum Gefäß seiner Barmherzigkeit werden lassen! Amen