Aufruf Marschall Kutusows vom 16.03.1813

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Geschichte Klasse 9
Gruppe 1
Rund zwanzig Jahre zuvor pries ein Abgesandter der französischen Regierung im folgenden
Schreiben die Vorteile, welche die Bewohner der von Frankreich eroberten Länder von der
Eingliederung ins französische Reich zu erwarten hätten.
An die Bewohner der eroberten Länder.
Ihr Bewohner der schönen Gefilde, die der Rhein, die Maas und die Mosel umgibt und
welche der Lauf ihrer Gewässer bereichert! Dies sind Frankreichs wohltätige
Gesinnungen in Rücksicht auf euch, dies ist der Wille seiner Regierung. Die Einstellung
der Feindseligkeiten stellt die Gelegenheit dar, euer Schicksal zu verbessern und voll
zärtlicher Sorgfalt für euer Wohl, gibt sie mir den Auftrag, mich zu euch zu verfügen ,
um euch der Wohltaten jener Gesetze teilhaftig zu machen, nach welchen Frankreich
regiert wird, und die auch euer Glück sichern sollen ...
So könnt ihr nun unter dieser neuen Regierungsform euch der ganzen Würde eures
Wesens freuen. Nur Gott allein werdet ihr von euren Glaubens-Meinungen
Rechenschaft zu geben haben, und eure bürgerlichen Rechte werden von diesen nicht
abhangen, jene Meinungen mögen sein wie sie wollen, so werden sie ohne Unterschied
geduldet werden und gleichen Schutz genießen. Nur der allein würde sich schuldig
machen, der durch ihren Missbrauch die Eintracht stören, und Zwietracht unter die
Gesellschaft ausstreuen wollte.
Merkwürdig wird das fünfte Jahr für diese Länder sein. Los von der drückenden Last
all der Privilegien, die der Stolz derjenigen gebar, welche sich eure Herren und Gebieter
nannten, werdet Ihr zugleich , vom ersten Tage dieses Jahres an zu rechnen, frei sein
vom Zehnten, die großen Teils den Ertrag eurer Arbeit verschlangen. So wie von jenen
Rechten die der Lehngeist erfand, um auf tausenderlei Wegen den Grund und die
Früchte eures Schweißes euch zu rauben. Sie sind verdammt, alle die Leid und
Belehnungen, welche die Eitelkeit schuf und die durch alberne Verträge dem Zufalle der
Geburt anklebten. ...
Aus dieser flüchtigen Darstellung könnt ihr die Vorteile beurteilen Bürger, die Euch die
neue Einrichtung darstellt; ich werde sie mit all dem Eifer bearbeiten, den meine
Pflicht, eure Bedürfnisse, und eure glücklichen Anlagen mir einflößen.
Bonn, am 21. Frimär des sechsten republikanischen Jahrs [11. Dezember 1792]
Arbeitsaufträge:
1. Unterstreiche in dem Schreiben die Vorteile, die nach Ansicht des Abgesandten der
französischen Regierung für die Andernacher aus einer Angliederung des Rheinlandes
an Frankreich entstehen.
2. Versetze dich in die Lage eines Andernacher Bürgers im Jahre 1814. General Blücher
verlangt, dass alle Verbindungen mit dem französischen Reich aufhören sollen. Du denkst
jedoch daran, dass die Zugehörigkeit Andernachs zu Frankreich auch viel Gutes hatte, und
überlegst, dich auf die Seite der Franzosen zu schlagen. Schreibe die Argumente, die
deine Ansicht untermauern, jeweils in eine der Sprechblasen.
3. Sucht einen aus eurer Gruppe aus, der diese Position in einem Rollenspiel (Diskussion
Andernacher Bürger in einem Wirtshaus) verteidigt.
Geschichte Klasse 9
Gruppe 2
Ein ähnlicher Aufruf wie an die Bewohner des linken Rheinufers erging auch an die
Einwohner diverser norddeutscher Städte. Marschall Kutusow war Oberbefehlshaber der
preußisch-russischen Truppen im Kampf gegen Napoleon.
Aufruf Marschall Kutusows
vom 16.03.1813
Deutsche Freunde!
Ihr wisst, was Ihr waret, und was aus Euch geworden ist. Ihr waret Deutsche; man hat Euch
gezwungen, Franzosen zu werden. Oder, Ihr waret glückliche freie Bürger, und Ihr tragt jetzt
die Fesseln, unter welchen das Mitgefühl der ganzen Welt eines der gebildetesten Völker
Europas herabgewürdigt sieht. Aber - fasset Muth! schwer ist an den Ufern des Dnjeprs, der
Düna und der Berezina, das Rachschwert der göttlichen Gerechtigkeit auf das Haupt Eures
Feindes, des allgemeinen Feindes der Freiheit, der Rechte der Nationen, der Unabhängigkeit
Ihrer Fürsten ... gefallen.
Schwer gekränkte deutsche Freunde! Die Stunde Eurer Erlösung ist nahe. ... Im engsten
Bündnisse mit Preußen, England und seiner übrigen mächtigen Alliierten sendet mich
Alexander der Befreier, mein siegreicher Kaiser und Herr, zu Euch, um Eure Ketten zu
brechen, Euch Eure Sprache, Euch Eure teuren vorigen Verfassungen ... wiederzugeben.
Unwillig, sich rächend, hat das von Eurem Unterdrücker [Napoleon] gemissbrauchte Glück,
ihm plötzlich den Rücken zugewendet. Er hat eine Armee von einer halben Million geübter
Krieger verloren. Er kann noch einige Haufen unglücklicher Schlachtopfer seines Ehrgeizes
zusammentreiben; aber er wird keine furchtbare Armee mehr bilden.
Brave deutsche Männer! Nehmt die tapfern Russen als Eure Freunde, als Eure
Bundesgenossen auf. Vereinigt Euch mit ihnen und den mit ihnen zu Euch kommenden
Preußen, Euren Brüdern. ...
Ihr aber, ihr wenigen undeutschen verächtlichen Handlanger der ihren Geist ausatmenden
Tyrannei, zittert vor der Euch erwartenden göttlichen und menschlichen Rache. Wenn ich
jeden in meine Hände fallenden französischen Krieger nach den liberalen Gesetzen der
Kriegsgefangenschaft behandeln werde; so soll doch jeder mit den Waffen gegen sein
deutsches Vaterland ergriffener Deutscher es in den entferntesten Provinzen Russlands
beweinen, gegen die Freiheit seiner Mitbürger das Schwert gezogen zu haben.
Arbeitsaufträge
1. Unterstreiche im Text die Argumente, die für eine Parteinahme für die russischpreußischen Truppen und gegen die Franzosen sprechen.
2. Versetze dich in die Lage eines Andernacher Bürgers im Jahre 1814. Du bist
entschlossen, dich unter den Schutz der herannahenden preußisch-russischen
Truppen zu stellen. Schreibe die Überlegungen, die dich zu diesem Entschluss
gebracht haben, jeweils in eine der Sprechblasen.
3. Sucht einen aus eurer Gruppe aus, der diese Position in einem Rollenspiel (Diskussion
Andernacher Bürger in einem Wirtshaus) verteidigt.
Geschichte Klasse 9
Gruppe 3
Andernacher Chronik
24. Oktober 1794
Besetzung der Stadt Andernach durch französische Truppen.
4. November 1797
Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich.
30. März 1798
Französisch wird als Amtssprache eingeführt.
1797 – 1814
Die linken Rheinlande sind ein Teil Frankreichs.
Es werden Reformen durchgeführt:
1812/13

Einteilung in hierarchisch gegliederte Verwaltungsbezirke.

Abschaffung der Adelsprivilegien.

Abschaffung des Zehnten und der Frondienste.

Gleichstellung aller vor Gesetz und Gericht.

Klöster gehen in staatlichen Besitz über.
Das Andernacher Franziskanerkloster an der Hochstraße wird
als Unterkunft für französische Soldaten und als Lagerraum
genutzt.
Die Unzufriedenheit wächst.
Viele Andernacher werden gezwungen mit Napoleons Armeen nach
Russland zu ziehen. Die Bürger müssen durch die Zahlung von
Kontributionsgeldern Napoleons Kriege mitfinanzieren.
Die anfängliche Begeisterung für die von den Franzosen geschaffenen politischen
Änderungen war gegen Ende der napoleonischen Herrschaft verflogen. Der damalige
Ortsvorsteher von Kruft (einer zum Verwaltungsbereich Andernach gehörenden
Gemeinde) berichtet:
„Die Franzosen beherrschten uns nun 19 Jahre, 2 Monate und 6 Tage, veränderten uns
Gesetz und Verordnungen; sogar die Sprache! Das Beste, was sie stifteten, war die
Abschaffung des lästigen Zehnten, welcher [was] uns jedoch auf verschiedene Arten
[durch] allerlei Forderungen, Abgaben und sonstige Lieferungen [an Frankreich] ... und
sogar unzählige Einquartierungen [von Soldaten der französischen Armee in
Privathäusern] ... teuer zu stehen kam.“
Arbeitsaufträge
1. Unterstreiche in rot alle positiven Auswirkungen, welche die rund 20-jährige Zugehörigkeit
des Rheinlandes zu Frankreich mit sich brachte. Markiere in blau die negativen
Auswirkungen der napoleonischen Herrschaft über Andernach.
2. Versetze dich in die Lage eines Andernacher Bürgers im Jahre 1814. Vieles, was die
Franzosen in Andernach eingeführt haben, hat dir gefallen. Du warst jedoch vor allem in den
letzten beiden Jahren recht unzufrieden mit der französischen Politik und kennst auch die
Schattenseiten der napoleonischen Herrschaft. Schreibe einige Argumente für und einige
gegen Napoleon jeweils in eine der Sprechblasen.
3. Sucht einen aus eurer Gruppe aus, der in einem Rollenspiel (Diskussion Andernacher Bürger
in einem Wirtshaus) die Position eines noch unentschlossenen Andernachers vertritt, der noch
nicht weiß, ob er sich auf die Seite der Franzosen oder der Preußen schlagen soll.
Lösungsvorschläge
Das Tafelbild wird durch Anheften der von den Schülern ausgefüllten Sprechblasen erstellt.
Andernach 1814 – Die Bürger vor einer wichtigen
Entscheidung
Für Frankreich?
Die Franzosen haben
die Errungenschaften der Französischen Revolution zu
uns gebracht.
Gegen Frankreich?
Man hat uns Deutsche
gezwungen, Franzosen zu
werden.
Wir wollen, dass
Deutsch wieder
unsere Amtssprache wird.
Dank der Franzosen
müssen wir keine
Frondienste mehr
leisten und keinen
Zehnten mehr zahlen.
Die Franzosen haben die
Adelsprivilegien abgeschafft.
Bei den Franzosen
sind alle Bürger vor
dem Gesetz gleich.
Für die Preußen?
Die Verbündeten befreien
uns von der französischen
Fremdherrschaft
Als Deutsche müssen
wir zu den Preußen
halten.
Napoleon kam nicht
als Befreier, sondern
als Eroberer.
Napoleons Armee hat
sowieso keine Chance
mehr.
Die Preußen sind
ohnehin die Stärkeren.
Wenn wir uns nicht
unterwerfen, droht uns
der Tod.
Meine Söhne wurden
gezwungen, mit Napoleons Armee nach
Russland zu ziehen.
Werden uns die Preußen unsere Freiheiten
lassen ?
Wir durften relativ frei
unsere Meinung
äußern.
Wir mussten hohe
Abgaben leisten, um
Napoleons Kriege
mitzufinanzieren.
Die französischen
Truppen haben unser
Kloster entweiht und
als Kaserne benutzt.
Kommen sie wirklich
als Befreier oder als
Eroberer ?
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