o. Univ.-Prof. Dr. Reinhard Neck Institut für Volkswirtschaftslehre A-9020 Klagenfurt Universitätsstr. 65-67 T +43 (0) 463/ 27 00 4121 F +43 (0) 463/ 27 00 4191 E [email protected] www.uni-klu.ac.at/vwl Laudatio für Ewald Nowotny (Zusammenfassung) Es ist schwierig, die Leistungen von Ewald Nowotny in kurzer Form zusammenfassend zu würdigen, da er nicht nur eine, sondern drei bemerkenswerte Karrieren parallel durchlaufen hat. Wenn man sich auf den quantitativen Aspekt beschränkt, so ist bezüglich seiner wissenschaftlichen Laufbahn bemerkenswert, in welch jungem Alter er bereits herausragende wissenschaftliche Leistungen erbracht hat: Nach einem Studium der Rechtswissenschaft wurde er im Alter von 22 Jahren zum Doktor der Rechte promoviert und hat nach Tätigkeiten am Institut für Höhere Studien und als Assistent an der Johannes-Kepler-Universität Linz sowie einem Forschungsaufenthalt an der Harvard-Universität, der führenden Ausbildungs- und Forschungsstätte der Wirtschaftswissenschaften, bereits im Alter von 29 Jahren die Habilitation und auch eine Berufung an die Technische Universität Darmstadt erreicht. Er wurde im darauf folgenden Jahr nach Linz zurückberufen, hat ein Ludwig Boltzmann-Institut erfolgreich geleitet und wurde mit 37 Jahren als Nachfolger von Stephan Koren (damals als unbestritten bestqualifizierter Kandidat) Ordinarius für Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien. An dieser Universität hat er später auch die Funktion des Vizerektors innegehabt. Parallel dazu erfolgte eine zweite Karriere im Bereich der Politik, die ihn im Alter von 34 Jahren als Abgeordneten zum Nationalrat in das Zentrum des politischen Geschehens geführt hat, wobei er nach zwanzigjähriger Tätigkeit im österreichischen Parlament aus diesem freiwillig wieder ausgeschieden ist, um sich anderen Aufgaben zu widmen. Im Nationalrat hat Ewald Nowotny führende Funktionen innegehabt: Er war Mitglied des Wissenschaftsausschusses und hat als solcher auch die Alpen-AdriaUniversität Klagenfurt unterstützt; vor allem war sein Schwerpunkt aber im Finanzausschuss, dessen kompetenter Vorsitzender er mehrere Jahre hindurch war. Ferner war er stellvertretender Klubobmann der Sozialdemokratischen Fraktion des Nationalrates. Im Nationalrat war er einer der fleißigsten Redner und hat bei zahlreichen wichtigen Gesetzesbeschlüssen – vor allem im steuer- und finanzpolitischen Bereich – gestaltend mitgewirkt. Die dritte Karriere von Ewald Nowotny fand im Bankwesen statt, wo er bereits mit 27 Jahren Mitglied des Verwaltungsrats der Postsparkassa (PSK) und später kurzzeitig auch deren Präsident war – eine Funktion, die er wegen seiner politischen Tätigkeit –2– aufgeben musste. Anfang des laufenden Jahrhunderts war Ewald Nowotny Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank, der Hausbank der Europäischen Union, und hat als solcher EU-Kredite in Österreich, Ost- und Südosteuropa und der Türkei gemanagt. Vor wenigen Jahren schließlich wurde Ewald Nowotny die Aufgabe übertragen, die durch Fehlleistungen seiner Vorgänger geschädigte Bank für Arbeit und Wirtschaft, die BAWAG-PSK, als Generaldirektor zu leiten, und in dieser Funktion hat er diese Bank wieder in ruhigere Gewässer geführt. Im September dieses Jahres wird die Bankkarriere von Ewald Nowotny einen Höhepunkt erreichen: Er wird als Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) die höchste Funktion im österreichischen Bankwesen innehaben und auch in dieser Funktion seinem Vorgänger an der Wirtschaftsuniversität Wien Stephan Koren nachfolgen. Die dürren Daten der quantitativen Auflistung der Stationen von Ewald Nowotnys Karriere bedürfen aber unbedingt einer qualitativen Ergänzung. Dies kann für den Wissenschaftsbereich insbesondere dadurch geschehen, dass man seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen kurz zu charakterisieren versucht. Auch dies ist nur bruchstückhaft möglich, da Ewald Nowotny nicht nur die drei Karrieren parallel verfolgt hat, sondern insbesondere in seiner wissenschaftlichen Laufbahn weit Überdurchschnittliches geleistet hat, auch und gerade im Vergleich mit Wissenschaftern, die ihr Tätigkeitsfeld nur innerhalb des Wissenschaftsbereichs gefunden haben. Erwähnenswert ist unter anderem die Habilitationsschrift von Ewald Nowotny, die er in den Jahren 1972 und 1973 zum Thema Wirtschaftspolitik und Umweltschutz verfasst hat. Es handelt sich hierbei um eine echte Pionierarbeit, die noch vor dem heute als Standardwerk verwendeten Buch von Baumol und Oates wissenschaftlich begründen konnte, wie man mit wirtschaftspolitischen Instrumenten umweltpolitische Ziele erreichen kann, wobei insbesondere auch eine Operationalisierung dieser umweltpolitischen Ziele durchgeführt werden konnte. Dies geschah zu einer Zeit, in der diese Fragen bei weitem noch nicht so im Mittelpunkt standen, wie das heute der Fall ist. Diese Arbeit, die auch heute noch zitiert wird, ist der erste erfolgreiche Ansatz einer Versöhnung von Ökonomie und Ökologie – eine Zielsetzung, die später in der Politik eine große Rolle gespielt hat. Eine weitere Pionierarbeit ist die gemeinsam mit Kurt Rothschild und Gerhard Schwödiauer verfasste Studie zum österreichischen Arbeitsmarkt, in der Nowotny und seine Koautoren quantitative Analysen zur Lohnbildung in Österreich vorgenommen haben. Die gemeinsam mit Peter Mooslechner erstellte österreichische Finanzierungsrechnung ist eine weitere Pionierarbeit, die zum ersten Mal die Finanzströme in Österreich quantifizieren und damit für wirtschaftspolitische Entscheidungen Grundlagen schaffen konnte. Besonders bemerkenswert sind die wissenschaftlichen Beiträge Ewald Nowotnys in dem Bereich der österreichischen Wirtschaftspolitik und ihrer Institutionen. Hier ist er als Mitherausgeber und Koautor mehrerer Auflagen zuerst des Handbuchs der österreichischen Wirtschaftspolitik und später von dessen Nachfolgewerk, den Grundzügen der Wirtschaftspolitik Österreichs, einer der für die wissenschaftliche Aufarbeitung der österreichischen Wirtschaftspolitik bedeutendsten Wissenschafter geworden. Ebenso wie sein Beitrag zum Staatslexikon der Görres-Gesellschaft sind seine Beiträge zu diesen Publikationen, aber auch zum Handbuch der österreichischen Finanzpolitik unverzichtbare Bestandteile des wissenschaftlich erarbeiteten Wissens über die österreichische Wirtschaftspolitik, die sowohl Grundlagen für weitere Forschungen wie auch wesentliche Bestandteile des Curriculums von Studierenden der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften darstellen. Seine Lehrtätigkeit kommt schließlich in dem weit verbreiteten, im Springer-Verlag erschienen Lehrbuch der Finanzwissenschaft Der öffentliche Sektor zum Ausdruck, dessen 5. Auflage soeben –3– von Ewald Nowotny und Koautoren fertig gestellt wurde. Neben diesen Büchern und zahlreichen weiteren Publikationen in Buch- oder Artikelform, teilweise auch in hervorragenden internationalen wissenschaftlichen Journalen, ist zu erwähnen, dass Ewald Nowotny auch eine Vielzahl von journalistischen und politischen Beiträgen verfasst hat, die er bewusst von seiner wissenschaftlichen Tätigkeit getrennt hat. Da Ewald Nowotny in einem weiteren Sinn ein akademischer Lehrer und später ein lieber Freund von mir geworden ist, möchte ich auch einige seiner persönlichen Eigenschaften hervorheben, die mir im Kontakt mit ihm positiv aufgefallen sind. Ewald Nowotny kann in vielerlei Hinsicht geradezu als das Gegenbild eines im Elfenbeinturm verharrenden Wissenschafters gesehen werden. Er hat Wissenschaft stets mit Praxis verbunden, hat wichtige Fragestellungen aufgeworfen und beantwortet und sich immer und uneigennützig auch der Verbreitung relevanter wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Praxis und in der akademischen Lehre gewidmet. Wenn Wissenschafter manchmal als ineffektiv oder sogar faul bezeichnet werden, so ist Ewald Nowotny als einer der fleißigsten seines Faches auch hier ein Gegen- und Vorbild. Aber auch im Vergleich zu dem Zerrbild, das über die Politik oft in den Medien und in der Öffentlichkeit vermittelt wird, sticht Ewald Nowotny positiv hervor: Seine Integrität, seine Umgänglichkeit und seine Kompetenz beeindrucken nicht nur seine Parteifreunde sondern auch weit darüber hinaus die politisch interessierte Öffentlichkeit. Sowohl die Wissenschaft wie die Politik stünden wesentlich besser da, gäbe es mehr Persönlichkeiten wie Ewald Nowotny. Wir wünschen ihm auch in seiner künftigen Funktion in der OeNB viel Erfolg bei der wissenschaftlich fundierten Gestaltung der Geldpolitik in Österreich und der Europäischen Union.