PS Geschichtspsychologie Präsentation Handout Hlawacek, Colette Meraner, Johanna Untersberger, Cornelia 11.11.2002 9805481 0107662 0004218 Beliefs - Kollektive Identität und Gedächtnis 1 Beliefs 1.1 Definition von Beliefs Ein Belief-System ist ein Set von Überzeugungen und Anschauungen, das einer Gruppe von Individuen zueigen ist und sie verbindet. Es ist in sich logisch und geschlossen. Es dient einerseits als Orientierungshilfe im Alltag, andererseits ist es ein identitätsstiftendes Symbol für die Gruppe. 1.2 Belief-Systeme Belief System ist ein Begriff für Überzeugungen, Einstellungen und Glaubenssätze. Beliefs sind Verallgemeinerungen über die Welt, über andere Personen und über uns selbst. Verallgemeinerungen deshalb, weil der Mensch nie alles, was real ist, wahrnehmen kann, sondern herausfinden muss, was für ihn persönlich wichtig ist. Beliefs sind somit starke Wahrnehmungsfilter, die dem Menschen helfen, die Welt sinnvoll wahrzunehmen und diesen Wahrnehmungen Bedeutung zu geben. Alles, was wir denken und tun, ist somit von Beliefs strukturiert. Wir nehmen nicht das wahr, was ist, sondern das, was wir glauben, was ist. 1.2.1 Beliefs als Regeln Beliefs können als Regeln verstanden werden: Man unterscheidet nach Dilts präskriptive und deskriptive Regeln. 1.2.1.1 präskriptive Regeln sind Regeln, die ein Verhalten vorschreiben zB Normen, Werturteile, soziale Regeln. Sie sind rational nicht begründbar und werden meist nonverbal vermittelt. 1.2.1.2 deskriptive Regeln sind Interpretationsmuster über Zusammenhänge. Deskriptive Beliefs äußern sich sprachlich entweder als kausale Beziehungen oder als Bedeutungsbeziehungen. a) kausale Ursache-Wirkungs-Beliefs suggerieren, dass das Auftreten von A das Auftreten von B bewirkt. b) Bedeutungs-Beziehungen verbinden Beschreibung und Schlussfolgerung: wenn A wahr ist, dann ist auch der Schluss B wahr. 1.2.2 Wie entstehen Beliefs? Dazu gibt es verschiedene Theorien: Nach G. Kutschera entstehen sie : a) in intensiv empfundenen Situationen b) durch kognitives Wissen Universität Wien, Institut f. Psychologie, FB Allgemeine Psychologie, Dr. Ali Al-Roubaie Seite 1 von 7 c) durch Ergebnisse, die in der Vergangenheit erzielt wurden d) indem wir klare Ziele setzen. O`Connor und Seymour zur Herkunft von Beliefs: Glaubenssätze und Einstellungen entspringen vielen Quellen, wie z. B Erziehung und wiederholten Erfahrungen. Glaubenssätze entstehen durch Verallgemeinerung unserer Erfahrungen mit der Welt. Einige Einstellungen kommen fertig aus der Kultur und der Umgebung, in der wir leben. Die Erwartungen bedeutsamer Menschen prägen uns Glaubenseinstellungen ein. Hohe Erwartung bildet Kompetenz, niedrige Erwartungen fördern Inkompetenz. Diese Glaubenssätze können überdauern, ohne durch unsere späteren Leistungen modifiziert zu werden. 1.3 Mentale Modelle 1.3.1 Johnson-Laird Mentale Modelle sind psychologische Repräsentationen realer, hypothetischer oder imaginärer Situationen. Geistige Bilder beruhen auf zu Grunde liegenden Modellen, die als solche jedoch nicht visualisiert werden können. Modelle können auch abstrakte Vorstellungen, wie Negation oder Eigentum sein. Das Modell zeigt das wesentliche Allgemeine einer Situation, ohne auf Einzelheiten einzugehen. Mentale Modelle werden zum Schlussfolgern in verschiedenen Situationen eingesetzt. Den meisten Menschen unterlaufen systematische Fehler beim Schlussfolgern. Diese Fehler bilden eine neue kognitive Illusion. Man verlässt sich auf seine mentalen Modelle beim Schließen. Weiters gibt es die Tendenz in der Situation nur Dinge in Betracht zu ziehen, die im mentalen Modell präsent sind. Man konzentriert sich auf die im Modell vorgegebenen Möglichkeiten. Schlussfolgern ist eine Schlüsselkomponente des menschlichern Denkens. Eine Theorie dazu besagt, dass Schlussfolgerungen auf Grund vorangegangener Beispiele erfolgt; eine andere, dass allgemein bekannte Regeln zu diesen Schlüssen führen. Dies erklärt jedoch nicht, wieso man deduktive Schlüsse über unbekannte Sachverhalte ziehen kann. Unter den Psychologen gibt es im Wesentlichen zwei Theorien über das deduktive Schließen: Die eine geht davon aus, dass das Schlussfolgern auf formalen Regeln beruht; die andere nimmt an, dass es sich um einen semantischen Prozess handelt, der von mentalen Modellen abhängt. Johnson-Laird vertritt die zweite Theorie. Er geht von der Frage aus wieso Menschen in vielen Situationen eindeutig Fehlschlüsse ziehen und sich demgemäß falsch verhalten. Die Theorie der formalen Regeln lässt sich an einem einfachen Beispiel verdeutlichen. Am sogenannten modus ponens: Wenn A, dann B: A, also ist auch B. Schwieriger wird ist es beim modus tollens: Wenn A, dann B: nichtB, also nichtA Obwohl dieser Schluss logisch zwingend ist, ziehen wir häufig die falsche Konsequenz und halten A weiterhin für möglich. Dieses Fehlverhalten versucht Johnson-Laird mit Hilfe der Mentale-ModelleTheorie zu erklären. Die formal-logischen Konsequenzen der Prämissen sind nicht unmittelbar einsichtig, wir müssten mehrere Zwischenschritte vornehmen, um dazu zu gelangen. Tatsächlich bilden wir aber vereinfachte mentale Modelle und schließen auf Grund von diesen. Diese Schlüsse müssen nicht immer richtig sein. Das Gedächtnis ist nur in der Lage eine sehr begrenzte Anzahl von Informationen gleichzeitig präsent zu halten, deshalb müssen wir solche vereinfachten Modelle bilden, um Schließen zu können. Johnson-Laird ist der Auffassung, dass wir, um diese Reduktion vorzunehmen, nur das mental repräsentieren, was für uns wahr ist, und das ausklammern, was für uns falsch ist. Universität Wien, Institut f. Psychologie, FB Allgemeine Psychologie, Dr. Ali Al-Roubaie Seite 2 von 7 Wir beziehen uns also bei komplexen Schlussverfahren auf vereinfachte mentale Modelle, deshalb ist unser Schließen fehleranfällig. 1.3.2 Deduktives Schließen 1.3.2.1 modus ponens: Prämisse: Gegebene Aussagen: Wenn-Dann (sog. „wenn-dann-Beziehung“). z.B. Wenn es regnet (A), dann nehme ich einen Schirm (B) => Schlussregeln: Gegebene Prämisse: Wenn A, dann B; wobei A= Antecedens/ B= Konsequenz Beispiel: Wenn Sie den Stoff verstanden haben (A), dann bekommen Sie eine gute Note (B; wird als Gewissheit angenommen).Wenn nur A (Antecedens) gegeben, dann können wir auf B (Konsequens) schließen. zB Sie haben den Stoff verstanden (=Antecedens). Schluss: Sie bekommen eine gute Note (zwingende und daher gültige Ableitung) A ist gegeben, dann folgt B zwingend = modus ponens 1.3.2.2 modus tollens: Prämisse: Wenn A, dann B zB.: Sie haben den Stoff verstanden haben, dann bekommen Sie eine gute Note (wird als Gewissheit angenommen). Wenn A (=Antecedens) nicht gegeben ist, können wir dann darauf schließen, dass B (=Konsequens) nicht gegeben ist? zB.: „Sie haben keine gute Note bekommen“ => Schluss: Sie haben den Stoff nicht verstanden (zwingend und daher gültige Ableitung) B ist nicht gegeben, dann folgt zwingend A ist auch nicht gegeben = modus tollens ● Negationseffekt: Beschreibt die Schwierigkeiten beim modus tollens beim konditionalen Schließen. Ein Beispiel soll das illustrieren: WASON, JOHNSON-LAIRD Kartenselektionsproblem E K 4 7 Die Versuchspersonen hatten nun die Aufgabe folgende Regel zu überprüfen: Wenn auf der einen Seite ein Vokal abgebildet ist, dann steht auf der anderen Seite eine gerade zahl. Allerdings sollten so wenig Karten wie möglich umgedreht werden. Welche Karten müssen umgedreht werden, um diese regel zu überprüfen. Die Ergebnisse waren folgende: 46% drehen „E“ und „4“ um; 33% drehen nur „E“ um; 7% drehen „E“, „4“ und „7“ um; 4% drehen „E“ und „7“ um (korrekt) 10% andere Kombinationen Interpretation: Universität Wien, Institut f. Psychologie, FB Allgemeine Psychologie, Dr. Ali Al-Roubaie Seite 3 von 7 Der modus ponens wurde von der Mehrheit richtig angewendet: Karte „E“ umgedreht; Insgesamt 53% drehten „4“ um; dies ist ein Fehlschluss, weil aus gerader Zahl (B) nicht zwingend auf einen Vokal (A) geschlossen werdenm kann. Dasselbe gilt für die Karte „K“; auch diese muss nicht umgedreht werden. 11% lösten den modus tollens richtig indem sie die Karte „7“ umdrehten; so konnten sie folgenden validen und zwingenden Schluss überprüfen: Wenn Vokal, dann gerade Zahl. Nun keine gerade Zahl, also kein Vokal. 1.3.3 Analogien und Metaphern Ein zentrales Element bei der Bildung der mentalen Modelle sind Metaphern und Analogien. Diese sind ebenfalls eine Abbild-Original-Beziehung. Jedoch besteht bei einer Analogie nicht inhaltliche, sondern nur strukturelle Überlappung mit dem Zielbereich. So kann man bekannte auf unbekannte Bereiche übertragen, z, B Aufbau des Planetensystems – des Atoms. Bei der Metapher hingegen soll auf eine Analogie hingewiesen werden. Dazu müssen Metapher- und Zielobjekt mit Attributen beschrieben werden können, die unterschiedliche Bedeutungsvarianten zulassen. Eine Metapher ist nur wirksam, wenn sie als solche erkannt wird. Metaphern wirken durch die Ungewöhnlichkeit des Vergleichs. Ist dieser aber zu weit hergeholt, wird sie unwirksam. Eine Metapher ist um so wirksamer, je mehr Relationen von der Metapher auf den Zielbereich übertragen werden können, je mehr übertragene Relationen, desto nützlicher die Metapher. Um Metaphern und Analogien verstehen zu können, ist es notwendig, über den betreffenden Wissensbereich gewisse Kenntnisse zu haben. Diese Strukturen allgemeinen Wissens, die typische Zusammenhänge eines Realitätsbereiches enthalten, werden Schemata genannt. Sie sind wesentlich für die Rezeption neuer Informationen. 1.4 Das kollektive Gedächtnis Halbwachs, 1985 (franz. Soziologe): „Es gibt kein mögliches Gedächtnis außerhalb derjenigen Bezugsrahmen, derer sich die in der Gemeinschaft lebenden Menschen bedienen, um ihre Erinnerung zu fixieren und wiederzufinden.“ Er war somit der Ansicht, dass jedes noch so individuelle Gedächtnis kollektiv geprägt sei, denn jeder Einzelne konstituiert sich in der Kommunikation mit der Gruppe, die ein Bild oder einen Begriff von sich hat, und dies auf ein Bewusstsein gemeinsamer Vergangenheit stützt. Da jeder Einzelne in vielen Gruppen eingespannt ist, hat er auch an einer Vielzahl von kollektiven Gedächtnissen teil. Assmann (dt. Ägyptologe) kritisiert an dieser Theorie, dass sie sich nur auf die Alltagskommunikation beschränkte. Halbwachs´ kollektives Gedächtnis bezieht sich vor allem auf Familien, Nachbarschaften, Berufsgruppen, übergeht dabei aber den Bereich objektivierter Kultur. Assmann wirft Halbwachs vor, dass jedoch gerade dann, wenn sich lebendige Kommunikation (sog. Alltagskommunikation) in Formen von Texten, Riten, Bilder, Bauwerken verfestigt, gerade dann entsteht Kollektivgedächtnis. Dieses richtet sich auf die Vergangenheit, aber nicht auf die faktische, sondern auf die erinnerte Vergangenheit. Assmann erweitert Halbwachs Theorie und unterscheidet beim kollektiven Gedächtnis zwischen kollektivem und kulturellem Gedächtnis. 1.5 Kollektive Identität Voraussetzung für kollektive Identität ist das kollektive Gedächtnis, denn durch die Erinnerung an die eigene Geschichte und die Vergegenwärtigung der Erinnerungsfiguren vergewissert sich eine Gruppe ihrer Identität, der sog. kollektiven Identität. Stützt sich somit das Individuum auf das kollektive Gedächtnis, so identifiziert es sich automatisch mit der für die Gruppe wichtig erscheinenden und vermittelten Werten und ist damit Teil der kollektiven Identität. Wie entsteht kollektive Identität? Assmann unterscheidet zwei grundlegende Begriffe: - Ich-Identität Universität Wien, Institut f. Psychologie, FB Allgemeine Psychologie, Dr. Ali Al-Roubaie Seite 4 von 7 - Wir-Identität (kollektive Identität) Nach Assmann ist kulturelles Zusammenleben ein natürlich gegebener Zustand, eine Grundstruktur. Durch dieses Leben in der Gruppe entsteht Identität, die durch die Gruppe auch geprägt wird, jedoch unbewusst. Durch das Bewusstwerden, das Reflektivwerden der gesellschaftlichen Zugehörigkeit entsteht kollektive Identität. Diese kann außerhalb der Individuen nicht existieren, denn sie tragen das wir, konstituieren es. Kollektive Identität ist somit eine Frage der Identifikation seitens der Gruppenmitglieder. Es gibt sie nicht „an sich“, sondern nur in dem Maße, wie sich bestimmte Individuen zu ihr bekennen, je nachdem ist sie stark oder schwach ausgeprägt. Zusammenfassend kann man sagen, dass es kein „Wir“ ohne ein „Ich“ gibt und umgekehrt. 2 Belief-System am Beispiel Judentum 2.1 Warum gerade das Judentum? Dieses Volk eignet sich deshalb so gut dafür, weil es sich durch sein kollektives Gedächtnis in außergewöhnlich hohem Maße identifiziert. Um die derartig ausgeprägte kollektive Identität zu verstehen, muss man das kollektive Gedächtnis und somit die erinnerte Vergangenheit, auf die es sich stützt verstehen. 2.2 Entstehung des kollektiven Gedächtnisses Das jüdische Volk hat mit Gott einen Bündnisvertrag geschlossen, in dem es darum geht, dass sie Gottes auserwählte Volk sind, das er ins „gelobte Land“ unter der Bedingung der absoluten Unterwerfung unter seine Gebote; andernfalls drohen schreckliche Strafen. Dieses gottgegebene Versprechen ist die alles beherrschende Sinnquelle des jüdischen Glaubens. Nach der 40-jährigen Wüstenwanderung waren die Gebote des Bündnisvertrages praktisch vergessen; während des Aufenthaltes im „gelobten Land“ brachen mehrere Katastrophen über das Volk herein. Durch Zufall wurde der Text des Bündnisvertrages (5.Buch Mose, Deuteronomium) wieder aufgefunden. Nun offenbarten sich all diese Katastrophen als Strafe Gottes für den Bruch des in Vergessenheit geratenen Bündnisvertrages. Daraufhin benutzten sie die kollektive Mnemotechnik aus dem Deuteronomium, um den Text des Bündnisvertrages und alle damit zusammenhängenden Gebote für immer im kollektiven Gedächtnis des Volkes zu verankern. 2.2.1 Die 8 Verfahren kultureller Erinnerung 1. Bewusstmachung, „ins Herz schreiben“ 2. Sichtbarmachung durch Umbinden von Körpermarkierungen um Handgelenk und Stirn 3. „limitische“ Symbolik: Inschrift auf dem das Eigentum Begrenzende, zB.: Tore, Türpfosten 4. Speicherung und Veröffentlichung: Auf dem Berg „Ebal“ wurden große gekalkte Steinplatten aufgestellt, auf denen der Vertragstext eingetragen wurde. 5.Feste der kollektiven Erinnerung: a) Pessach: erinnert an den Auszug aus Ägypten b) Schawuott: erinnert an den Aufenthalt in Ägypten c) Sukkott (Laubhüttenfest): dient zur Repetition des Textes des Bündnisvertrages (Torah) alle 7 Jahre. Daraus entwickelte sich die synagogale Torah-Lesung. 6. Erziehung der nachfolgenden Generation 7. mündliche Überlieferung: das Deuteronomium enthält ein Lied, das von den schrecklichen Folgen der Untreue erzählt. Universität Wien, Institut f. Psychologie, FB Allgemeine Psychologie, Dr. Ali Al-Roubaie Seite 5 von 7 8. Kanonisierung des Vertragstextes (Torah) als Basis buchstäblicher Einhaltung. Der Text wird zur letzten Instanz, unveränderlich und über jeder Kritik. 2.3 Der Stellenwert der Religion Die Juden haben es fertig gebracht, die Erinnerung an ein Land und eine Lebensform, die sich mit ihrer jeweiligen Gegenwart nicht vereinbaren lassen, zu bewahren. Religion in diesem Sinne bedeutet an einer Bindung festzuhalten, die unter extremen Bedingungen eingegangen wurde, auch wenn sie in der Gegenwart keine Bestätigung findet. Ihr gesamtes kulturelles Erleben ist religiös geprägt. In ihrer Welt gibt es keinen Unterschied zwischen Religion und Kultur. Die Religion bestimmt ihr Leben; durch sie können sie sich identifizieren; zB.: wenn ein Franzose aus der Kirche austritt, bleibt er immer noch ein Franzose, nicht nur nach seiner Staatsangehörigkeit, sondern auch in seinem kulturellen Selbstverständnis. Aber was wird aus einem Juden, der sich von der Synagoge abwendet. Ein Beispiel für diese religiöse Verbundenheit kann man an den verschiedenen Vertreibungen der Juden aus Jerusalem ablesen: 1. Vertreibung: Babylonische Gefangenschaft, 587 v.Chr. erobert und zerstört König Nebukadnezar Jerusalem und führt das jüdische Volk in die babylonische Gefangenschaft. 2. Vertreibung: 70 n. Chr. wird Jerusalem durch Titus, einen röm. Feldherrn eingenommen und zerstört. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die DIASPORA, die Zerstreuung des jüdischen Volkes in der gesamten Welt. Aber trotz dieser räumlichen Getrenntheit, bilden sie durch die Religion eine Einheit, wobei die Sehnsucht nach Rückkehr in das gelobte Land ihrer Vorväter aufrecht bleibt. Ende des 19. Jhdts. kulminierte diese Sehnsucht im ZIONISMUS. Theodor HERZL, der Begründer dieser jüdischen Nationalbewegung, forderte in seinem Buch „Der Judenstaat“, die Gründung eines jüdischen Staates in Palästina und damit ein Ende der Diaspora. 2.4 Auswirkungen von Beliefs im israelisch-palästinensischen Konflikt Dieser Konflikt ist ein gutes Beispiel dafür, was geschieht, wenn zwei unterschiedliche BeliefSysteme aufeinander prallen. Der Konflikt entstand dadurch, dass zwei Bevölkerungs-Gruppen Anspruch auf ein und dasselbe Land erhoben. Dabei stößt man jedoch auf zwei völlig verschiedene Welten: Während auf der israelischen Seite die Diaspora, die Shoah (=Holocaust) und der Unabhängigkeitkrieg (israelisch-palästinensischer Krieg) eine zentrale Rolle für die Ausbildung des kollektiven Gedächtnisses spielten, sind auf palästinensischer Seite in erster Linie die Erinnerung an Palästina als angestammte Heimat, die Vertreibung in der Nakba (israelisch-palästinensischer Krieg) und das daraus resultierende Flüchtlingsproblem ausschlaggebend. Die gegenseitige Akzeptanz unterschiedlicher kollektiver Gedächtnisse soll zur Lösung des Problems beitragen, wenngleich dieser Aspekt nur einen kleinen Bruchteil des Problems erklären kann. 3 Literatur Assmann, J. (1992). Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München: Beck Assmann, J. (1994). Zeit der Erneuerung, Zeit der Rechenschaft: Mythos und Geschichte in frühen Kulturen. In: Huber, Jörg & Müller, Alois: Kultur und Gemeinsinn. Frankfurt/M.: Stroemfeld, pp 171-194 Universität Wien, Institut f. Psychologie, FB Allgemeine Psychologie, Dr. Ali Al-Roubaie Seite 6 von 7 Halbwachs, M. (1985a). Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen. Frankfurt Halbwachs, M. (1985b). Das kollektive Gedächtnis. Frankfurt Johnson-Laird, P.N. (1983). Mental models: Towards a cognitive science of language, inferences and consciousness. Cambridge: Cambridge University Press. Siehe auch: http://www.si.umich.edu/ICOS/gentleintro.html Niethammer, L. (2000). Kollektive Identität. Hamburg: Rowohlt “Erinnerungskultur im israelisch-palästinensischen Konflikt”. Internet: www.weltpolitik.net/texte/policy/israel/joggerst.pdf www.no-net.de/diplomarbeit/DA_Webnavigation_Noller.pdf www.nlp.at/lexikon/b2.htm Universität Wien, Institut f. Psychologie, FB Allgemeine Psychologie, Dr. Ali Al-Roubaie Seite 7 von 7