CPR-Formular

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25. ÜBER ZWEI VERSIEGELTE KRÜGE UND ROSEN
P.Vindob. G 16117
Arsinoites oder Herakleopolites
15,3  19,4 cm
spätes 6. / frühes 7. Jh. n. Chr.
Tafel 23
Der obere, der linke und der untere Rand des hellbraunen Papyrus sind erhalten. Die Freiränder
betragen an diesen Seiten 1,5, 1 und 2 cm. Oben ist das Blatt nur rechts unversehrt mit dem Rand
erhalten; seine obere linke Ecke ist abgerissen. Der dadurch entstandene Textverlust macht das
Verständnis der beiden ersten Zeilen des Textes unmöglich. Der rechte Teil des Blattes fehlt. Da die
durchschnittliche Breite der Papyrusbriefe der Zeit 30–32 cm beträgt, kann man davon ausgehen, daß
das Fragment ca. zwei Drittel des ursprünglichen Blattumfanges ausmacht, während rechts ein Drittel
verlorengegangen ist (hierzu vgl. auch den Komm. zu Z. 1). Die elegante Schrift läuft gegen die
Faser, was nahelegt, daß das Stück transversa charta geschrieben wurde. Diese Annahme wird durch
das Vorhandensein einer Klebung bestätigt, die quer zu den Fasern und parallel zur Schrift in einem
Abstand von 0,5–1 cm vom unteren Rand verläuft. Die auf dem Verso in einem Abstand von ca. 2 cm
parallel zum oberen Rand verlaufende Adresse ist mit der Ausnahme von minimalen Tintenüberresten
verloren. Auf dem Blatt lassen sich keine Faltungen mehr erkennen, die zahlreichen, teilweise in
regelmäßigen Linien angeordneten Löcher legen jedoch nahe, daß das Blatt mehrfach horizontal und
vertikal gefaltet wurde. Die Faltungen dürften bei der Restaurierung des Papyrus geglättet worden
sein.
 1
2
3
4
5
6
7
8
[
vac.
] vac. π(αρά) vac.
[
± 18
]τ̣
ησ̣± 4 [ ̣ ̣
] ̣
ωτ̣ ̣
[- - -]
[ ±6 ] ̣ ̣
[ ± 6]σεν̣ ̣
[ ̣
] ̣
κ̣ ̣ ̣
ας̣λ̣
α̣
μπ̣
ρό̣
τ̣
[ητος (?) - -]
[ ± 5 ] ἐν ὑδρίαις δύο ἐσφραγισμέναις π[- - -]
ὅτι τριμησίου ἐστὶν ταῦτα ἕξ. ἔπιτα, τῆς παρ[- - -]
σχολαστικοῦ γενομένης, ἠγο̣
ράσθη κ[α]ὶ̣[- - -]
γνῶναι τὴν σὴν θαυμασιότητα γέγραφ̣
[α (?) - - -]
τοῦ καὶ ἀποκαταστήσαντος τὰ ῥόδα.
Verso:
 9
[- - -]
̣ ̣ο̣
κ̣ ̣
[- - -]
4. l. ϋδριαιϲ pap. 5. l. ἔπειτα
„Von. … Durchlaucht (?) … in zwei versiegelten Krügen …, daß diese sechs den Wert
von einem tremissis haben. Danach, nachdem … des Scholastikos stattgefunden hatte (?),
wurde … gekauft und … ich habe (?) geschrieben, damit (?) Deine Bewunderswürdigkeit
weiß, …, der auch die Rosen geliefert (?) hat.“
25. Über zwei versiegelte Krüge und Rosen
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Der Inhalt des Briefes läßt sich aufgrund seines fragmentarischen Zustandes nicht mehr
rekonstruieren. Im vorhandenen Teil ist von versiegelten Krügen und von Rosen sowie von
einem Scholastikos, einem Kauf und einem Geldbetrag die Rede. Aufgrund dieser
Textelemente ist man berechtigt anzunehmen, daß der Brief geschäftliche Angelegenheiten
zum Inhalt hatte. Die Informationen, die wir aus dem erhaltenen Teil des Briefes über die
Korrespondenten gewinnen, sind dürftig. Die wohl auf den Adressaten bezogenen
abstrakten Ehrenprädikate λαμπρότης (Z. 3) und θαυμασιότης (Z. 7) legen nahe,
daß dieser im Vergleich zum Schreiber gleichen oder höheren sozialen Ranges war. Diesen
Ehrenprädikaten sowie der Erwähnung eines Scholastikos in Z. 6 ist zu entnehmen, daß wir
uns eher in den gehobeneren Kreisen der lokalen Gesellschaft befinden.
Für die Datierung des Textes muß man sich auf die Paläographie stützen. Die flüssige
und regelmäßige Kursive, in welcher der Brief geschrieben wurde, ist im 6. Jh. besonders
verbreitet. Bei einzelnen Buchstaben (etwa dem λ und dem μ) lassen sich allerdings auch
paläographische Züge des 7. Jh. erkennen, die eine Abfassung um die Wende vom 6. zum 7.
Jh. wahrscheinlich machen.
Nach den Angaben des handschriftlichen Inventars von K. Wessely stammt der Papyrus
aus dem Ankauf des Jahres 1883. Er gehört also zum sogenannten „Ersten Fayumer Fund“,
der ausschließlich Papyri aus dem Arsinoites und dem Herakleopolites enthält. Eine präzise
Lokalisierung ist mangels genauerer Informationen nicht möglich.
1. Zu π(αρά) s. oben 8, Komm. zu Z. 1. Vor dem Hintergrund der Tatsache, daß das Symbol
in den spätantiken Briefen meistens zentriert wird, spricht der Umstand, daß es im vorliegenden Fall
an der rechten Seite des erhaltenen Fragmentes steht, dafür, daß etwa ein Drittel der ursprünglichen
Blattbreite verlorengegangen ist.
3. ]σεν̣
: Paläographisch wäre auch ]σευ̣vertretbar.
λ̣
αμ
̣π̣
ρό̣
τ̣
[ητος (?): Schwierigkeiten bei der Lesung bereiten vor allem das λ und das τ. Zu
λαμπρότης als Ehrenanrede s. etwa Koch, Byzantinische Beamtentitel 111 und Grünbart, Formen
der Anrede 41, 177 und 293.
4. ὑδρίαις: Von Krügen (ὑδρίαι) ist in der gesamten griechischsprachigen Zeit Ägyptens
mehrfach die Rede. Die papyrologische Evidenz für den Begriff erstreckt sich vom 3. Jh. v. Chr.
(P.Cair.Zen. I 59014, Fr. b 15 mit Komm. [259 v. Chr.] und PSI IV 428, 89.90.92 [3. Jh. v. Chr.]) bis
in die Abfassungszeit unseres Textes. Das vorliegende Testimonium gehört zu den drei spätesten
Zeugnissen in den Papyri. Die beiden anderen Belege sind: P.Prag. II 178, Kol. I 18 (5./6. Jh.):
[ξέ]στες (l. -αι) ὑδρήας (l. ὑδρίας) δύ[ο] und P.Oxy. I 155, 2–4 (6. Jh.): … λέγω δὴ
οἴνου κνίδια εἴκοσι … καὶ ὑδρίας ἄρτων πέντε καὶ κύθραν βουκίου
μίαν κτλ. Der einzige mir bekannte Text, in dem ähnlich wie hier von versiegelten Krügen die
Rede sein könnte, ist der fragmentarisch erhaltene Brief SB X 10559, 1 (5. Jh.): [- - -]ι̣
ον ἓν
καὶ ὑδρίας δύο ἐσφραγισμένα κτλ. Die Papyrusbelege zeigen eindeutig, daß das Wort
ὑδρία, obwohl es ursprünglich speziell den „Wasserkrug“ bezeichnete, sehr schnell die
allgemeinere Bedeutung „Krug“ annahm und zur Bezeichnung von Gefäßen verwendet wurde, die
andere Flüssigkeiten oder sogar nicht-flüssige Objekte wie z. B. Brote (vgl. z. B. den eben zitierten
P.Oxy. I 155) enthielten. Zum Begriff, der auch inschriftlich reichlich bezeugt ist (s. etwa Schlageter,
Wortschatz 22), sei ferner auf den Artikel „Hydria“ von E. Pottier in: C. Daremberg – E. Saglio
(Hrsg.), Dictionnaire des antiquités grecques et romaines d’après les textes et les monuments, Paris
1877–1919, bes. III, Paris 1900, 319–321 und auf den Aufsatz von J. Diethart, Dokumentarische
Texte aus dem 5.–7. Jahrhundert aus der Wiener Papyrussammlung, Anal.Pap. 5 (1993) 69–113
(bes. Komm. zu Nr. 3, 10 [S. 82–83]) verwiesen.
25. Über zwei versiegelte Krüge und Rosen
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5. ὅτι τριμησίου ἐστὶν ταῦτα ἕξ: Zu τριμίσ(σ)ιον bzw. τριμήσιον
(tremissis, 1/3 Solidus, „Drittelstück“) s. West – Johnson, Currency 134 und Maresch, Nomisma und
Nomismatia 1, 123–124, 138–140, 143. Zu Hinweisen auf die ältere Literatur s. CPR VI 85, Komm.
zu Z. 3. Zum vorliegenden Wandel des lateinischen trè zu τρι im Griechischen (wohl durch
Anlehnung an das griechische τρι- in Komposita), zur Wiedergabe des lateinischen -mi- mit -μηsowie zum einfachen σ bei τριμήσιον anstelle des doppelten ss bei tremissis s. entsprechend
Psaltes, Grammatik 118, 113 und 131. Der Begriff ist als Lehnwort auch in den koptischen
dokumentarischen Papyri in vielen verschiedenen Schreibvarianten reichlich bezeugt; s. Förster,
Wörterbuch s. v. (819–822).
Die Deutung der Stelle bereitet Schwierigkeiten. Ich verstehe ihren Sinn folgendermaßen: „daß
diese sechs (Stücke o. ä.) den Wert von einem tremissis haben“. Wollte man mit der Möglichkeit
eines grammatischen Fehlers rechnen, dann könnte man annehmen, daß τριμησίου für
τριμησίων steht. Die Phrase ὅτι τριμησίου (l. -ων) ἐστὶν ταῦτα ἕξ würde dann
bedeuten: „daß diese den Wert von sechs ‘Drittelstücken’ haben“. In jedem Fall ist anzunehmen, daß
ἐστίν hier für εἰσίν steht und daß die vorliegende Stelle ein Beispiel für die besonders aus der
attischen Dichtung und Prosa bekannte Verbindung des Neutrums im Plural mit dem Verb im
Singular liefert.
5.–6. τῆς παρ[- - -] | σχολαστικοῦ γενομένης: Bei τῆς ist die Schreibweise
des zweiteiligen η paläographisch interessant. Der Schreiber bildet erst die Oberlänge des η in einem
Zug mit dem vorangehenden Buchstaben (hier dem τ). Dann setzt er neu an und bildet den unteren
Teil des Buchstabens, der die Form eines lateinischen „n“ hat. Weitere Beispiele für solche η findet
man etwa in Z. 7 (τήν, σήν, θαυμασιότητα). An anderen Stellen verwendet der Schreiber das
gewöhnliche η dieser Zeit, d. h. in einem Zug (ohne abzusetzen); vgl. z. B. das η bei γενομένης
in Z. 6.
Bei παρ[ handelt es sich vermutlich um den Anfang eines Substantivs im Genitiv, welches das
Subjekt zum Partizip γενομένης darstellt und zusammen mit diesem einen genitivus absolutus
bildet. Vor dem Hintergrund von Parallelen wie P.Cair.Goodsp. 14, 11 (343): [… ὑπὲρ] τῆς
γενομένης ὑπ᾿ αὐτῶν παραδόσεως könnte man eine Rekonstruktion der Stelle wie etwa
τῆς παρ[αδόσεως ὑπὸ τοῦ] | σχολαστικοῦ γενομένης κτλ. in Betracht ziehen.
Zum Begriff σχολαστικός s. oben 3, Komm. zu Z. 2 und 12, Komm. zu Z. 6–7. Es ist
denkbar, aber nicht sicher, daß im verlorenen rechten Teil der Z. 5 der Name des Scholastikos
erwähnt wurde. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, dann sollte man am Ende der Z. 5 den Artikel
τοῦ ergänzen, der sich dann auf σχολαστικοῦ zu Beginn der Z. 6 beziehen würde.
6. ἠγο̣
ράσθη: Zur Vorliebe für passive Konstruktionen in der Epistolographie dieser Zeit s.
Zilliacus, Passivität, bes. 130–134. Zu demselben Phänomen in den Urkunden aus derselben Periode
s. dens., Abundanz 25–29.
7. Der Infinitiv γνῶναι könnte Objekt eines Verbs wie βούλομαι, θέλω usw. gewesen
sein. In diesem Fall hätte unsere Stelle etwa folgendermaßen gelautet: … κ[α]ὶ̣ [βουλόμενος
ταῦτα] | γνῶναι τὴν σὴν θαυμασιότητα γέγραφ̣
[α ταῦτα (o. ä.) κτλ.] bzw. […
θέλων] | γνῶναι τὴν σὴν θαυμασιότητα γέγραφ̣
[α ταῦτα (o. ä.) κτλ.]; vgl. z.
B. P.Fay. 123, 3–7 (nach 110; s. BL IV 29): καὶ ἐκ|θές σοι ἔγραψα διὰ | Μάρδωνος
τοῦ σοῦ γ|νῶναί σε θέλων ὅ|τι κτλ. Phrasen wie γι(γ)νώσκειν σε θέλω ὅτι
oder γί(γ)νωσκε ὅτι sind sehr häufig in den Privatbriefen auf Papyrus; s. z. B. Ghedini, Lettere
cristiane 50–51 (Nr. 1, Komm. zu Z. 4–5); White, Light 207; Tibiletti, Lettere private 68 und
Naldini, Cristianesimo 69 (Nr. 2, Komm. zu Z. 4–5). Der Satz könnte freilich auch mit γνῶναι
begonnen haben; vgl. P.Oxy. XVI 1866, 1 (6./7. Jh.): γνῶναι τὴν ὑμετέραν ἀγαθὴ<ν>
δεσποτεία<ν> ὅτι κτλ.1 Eine letzte denkbare Möglichkeit wäre die Konstruktion: κ[α]ὶ̣
[πρὸς τὸ] | γνῶναι τὴν σὴν θαυμασιότητα γέγραφ̣
[α ταῦτα (o. ä.) κτλ.];
hierzu vgl. SB V 7656, 12 (byz. Zeit).
1 Zur Stelle s. auch Mandilaras, Verb 317, Anm. 2.
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θαυμασιότητα: Zur abstrakten Anrede θαυμασιότης in der kirchlichen literarischen
Epistolographie der ersten Jahrhunderte s. Dinneen, Titles 43–44; Zilliacus, Abstrakte Anredeformen
69 und 89 sowie Grünbart, Formen der Anrede 269. Der Begriff ist in den Papyrusbriefen des 6. Jh.
mehrfach bezeugt; s. etwa O’Callaghan, Tratamientos abstractos 31.
γέγραφ̣
[α (?): Je nach dem, ob der Schreiber nur für sich selbst spricht oder mit seinem
Schreiben eine größere Gruppe von Personen vertritt, könnte man bei der Ergänzung des Verbs
anstelle vom Singular γέγραφ̣
[α auch den Plural γεγράφ̣
[αμεν in Erwägung ziehen.
8. Der Ausdruck ἀποκαθίστημι τὰ ῥόδα ist sonst nicht bezeugt. Das Verb hat zur
Abfassungszeit unseres Textes verschiedene Bedeutungen. So wird es mit Bezug auf Gegenstände
oder Tiere verwendet, die zurückerstattet werden sollen; vgl. P.Amh. II 146, 2–4 (5. Jh.): ποιήσατε
Κολλοῦχιν καὶ Σίριον τὸν αὐτοῦ ἀδελφὸν τοὺς | υἱοὺς Πενὸβ τοὺς
ἀποσπάσαντας τὰ δύο βοϊκὰ ζῷα Ἀνουφίου ἀποκαταστῆσαι αὐτῷ, | ἢ
ἀντιλέγοντας ἐκπέμψατε ἐπὶ τὴν πόλιν und P.Stras. I 40, 42–44 (569): … καὶ
ἀποκαταστῆσα̣
ι | ὑμῖν πάντα ἀβλαβῶς καὶ ἐκτελέσαι τὰ τῆ̣
ς ὑμετέρας
κελεύσεως δίχα | κλοπῆς καὶ ἀποφυγῆς κτλ. Ferner erscheint es auch in Miet- und
Paratheke-Verträgen mit Bezug auf die Rückerstattung des gemieteten oder in Verwahrung
gegebenen Objektes; s. etwa P.Cair.Masp. III 67303, 19–20 (553): καὶ ἑτοίμως ἔχομεν
τὴ[ν] εἰρημένην | ἅμαξαν ἀποκ̣
αταστῆσαι ὑμῖν ἐξηρ̣
τ̣
ισμένην ἀβλαβῶς ἀπὸ
παντὸς εἴδους ὡς `καὶ´ παρειλήφαμεν νῦν und P.Mich. XIII 671, 10–13 mit BL VII
117 (Mitte des 6. Jh.): … καὶ ὁμολογῶ κινδύνῳ ἐμῷ … τὴν προδεδηλωμ[ένην
ἄρουραν (?)] | [φυλάξαι] καὶ ἀποκαταστῆσαι ὑμῖν ἀβλαβῆ καὶ ἀκίνδυ[νον
κτλ.]. Außerdem begegnet es in Verträgen mit Bezug auf die Lieferung von Produkten und
Naturalien; s. P.Ant. I 42, 22–24 (557; s. BL VIII 9): … κ(αὶ) ἀποκαταστήσομεν αὐτᾷ (l. ῷ) τὼν (l. τὸν) οἶνου (l. οἶνον) ἕως ἀποκαθειστα εἰς τὰ[ς] | θύρας τῆς
οἰκείας τῆς κώμης ἰδίαις (l. -οις) μου ἀναλώμασι κ(αὶ) ν̣
α̣
ύλου (l. -ῳ) |
δίχα πάσης ὑπερθέσεως καὶ ἀντιλογίας. In T.Varie 3, 6–7 (7. Jh.) wird
ἀποκαθίστημι für den Transport von Wein zum vereinbarten Ort benutzt: … οἴνου κνίδια
πεντακεσχιλίας (l. πεντακισχίλια) ὀκτωκοσίας (l. ὀκτακόσια) εἴκουσι (l.
εἴκοσι) ἕξ … ἅπερ ὁμολογῶ ἐγὼ ὁ ναύτης καὶ ἑτοίμως ἔχω ἀποκαταστήσω
(l. -ειν) σοι μέχρι τοῦ ὅρμου Παυλίνου κτλ. Verwandt mit dieser Verwendung des
Verbs bei der Lieferung von Produkten ist auch der Gebrauch des Terminus in Klauseln über die
Ablieferung des Pachtzinses (φόρος); vgl. P.Herm. 34, 26–31 (7. Jh.): … ὅνπερ | φόρον ν̣
έον
καλὸν καθαρὸν κεκοσκινευμένο̣
ν̣ | ἀποδώσω σοι … καὶ ἀποκαταστήσω τὸν
αὐτὸν εἰς τὸν οἶκόν | σου ἐν Ἑρμουπόλει ἰδίοις μου ζῴοις καὶ
ἀνθρώποις | καὶ ἀναλώμασι. Ἀποκαθίστημι bezeichnet außerdem die Erstattung von
Ausgaben oder Schäden, die auf Grund eines Gerichtsverfahrens entstanden sind; vgl. P.Köln III 156
7–10 (582–602): … ἑτοίμω̣
ς ἔχω καὶ τὰ | [σ]υ̣
μβησόμενά σοι διὰ ταύτην τὴν
αἰτίαν ἀναλώματα ἢ [κ]αὶ ζημιώματα ἐν δικαστηρίοις | [ἢ] ἐ̣
κτ̣
[ὸ]ς
δ[ι]καστηρίων
…
ἀποκαταστῆσαί
σοι
πρὸς
τῷ
με
καὶ
τὸ
|
π̣
ρ̣
ο̣
γ̣
ε̣
[γ]ρ̣
[αμμένον χρέος ἀπο]δ̣
οῦναι καὶ ἐν ἅπασι ἀζήμιόν σε
ποιῆσ[α]ι. Bezeugt ist der Begriff auch im Sinne von „Zahlung von Buße bei Vertragsbruch“;
vgl. P.Oxy. I 140, 25–26 (550): εἰ δὲ τοῦτο ποιήσω, ὁμολογῶ τὰ | αὐτὰ τέσσαρα
ἥμισυ νομίσματα ἐν [τ]ῷ διπλῷ ἀποκαταστῆσαι αὐτῇ. Eine schöne Parallele für
die vorliegende Verwendung in einem frei formulierten Text (und nicht in Vertragsklauseln) liefert
SB IV 7449, 7–8 mit BL II.2 136 (2. Hälfte 5. Jh.): τοῦτο δὲ ποιῆσαι ἐσπούδασαν
ἡμέτερα | πράγματα ἔχοντες καὶ μὴ θέλοντες ταῦτά μοι ἀποκαταστ̣
ῆσαι.
Ähnliche Bedeutungen hat das Verb auch in den literarischen Quellen. Im Neuen Testament etwa, das
den griechischen Wortschatz in den ersten christlichen Jahrhunderten entscheidend mitgeprägt hat,
bedeutet es „in den richtigen Zustand versetzen“, „zurückführen“ und „wiedergeben,
zurückerstatten“; s. K. Aland – B. Aland (unter Mitwirkung von V. Reichmann), Griechischdeutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur,
Berlin – New York 19886, s. v. (183–184).
Was die Deutung der vorliegenden Wendung ἀποκαθίστημι τὰ ῥόδα angeht, wäre man
auf der Basis der Parallelen berechtigt anzunehmen, daß der Ausdruck die Bedeutung „die Rosen
25. Über zwei versiegelte Krüge und Rosen
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liefern bzw. überbringen“ hat. Vertretbar erscheint im vorliegenden Kontext auch die Bedeutung
„zurückerstatten“. In diesem Fall könnte man den vorliegenden Ausdruck im Sinne von „die an den
Rosen entstandenen Schäden ersetzen“ interpretieren. Diese Deutung wäre wahrscheinlicher, wenn es
sich bei ῥόδα nicht um Rosen, sondern um Rosenstöcke handeln würde. In diesem Fall wäre zu
erwägen, daß ἀποκαθίστημι τὰ ῥόδα „die (beschädigten) Rosenstöcke ersetzen“ heißt. Dann
könnte ὁ ἀποκαταστήσας τὰ ῥόδα ein Gärtner gewesen sein, der die beschädigten Rosenstöcke (z. B. nach einer Flurverwüstung durch Tiere) in Ordnung bringen sollte.
τὰ ῥόδα: Die Rose war bereits in der Antike eine im Mittelmeerraum sehr verbreitete Pflanze
mit vielen Arten, die nicht selten auch in den Quellen genannt werden; s. etwa André, Lexique
s. v. rodon und rosa (274–275) und dens., Noms de plantes s. v. rosa (219–220). Neben der
bekannten Verwendung der Rose beim Binden von Kränzen und bei der Herstellung von Parfums
wurde sie auch als Geschmacksstoff für Gerichte und Getränke eingesetzt; s. Dalby, Food s. v. Rose
(284). Im pharaonischen Ägypten waren Rosensträuche noch kaum bekannt; s. Keimer, Rose
égyptienne und Germer, Flora des pharaonischen Ägypten 64. Mit Ankunft der Griechen in Ägypten
wurde der Anbau von Rosen verbreitet; zu literarischen und papyrologischen Belegen für Rosen aus
der frühhellenistischen Zeit, aber auch aus der römischen Epoche und der Spätantike s. Keimer, Rose
égyptienne, bes. 20–28. Für die Wertschätzung, die Verwendungsformen und den symbolischen Wert
der Rose in der nachklassischen Zeit s. die Bemerkungen von Lembach, Pflanzen 151–157.
Von ῥόδα ist auch in medizinischen Rezepten nicht selten die Rede; s. etwa J.-L. Fournet, Un
papyrus médical byzantin de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres, T&M 12 (1994) 309–322
(bes. den Komm. zu den Z. 16–17 des Papyrus: Κολλύριον διάροδ[ο]ν | ῥόδων χύλου
(δραχμὰς) οβ auf S. 317–318, wo literarische Parallelen für die medizinische Verwendung von
Rosen zitiert werden); MPER N.S. XIII 8, 14 (5. Jh.): κολλούριον διὰ ῥό[δω]ν; 15: ῥόδον
χλορ Ç
o ν (οὐγκίαι) θ; 38: κολλούριον διὰ ῥόδων; 39: ῥό[δ]ον χλορ Ç
o ν
(οὐγκίαι) θ; MPER N.S. XIII 10, 16 (5. Jh.): ῥόδων̣ ξηρῶ̣
[ν; MPER N.S. XIII 12, 10 (6./7.
Jh.): ῥόδου ἄνθου(ς) (οὐγκία) α (im Zeilenkommentar zu diesen Belegen geben die
Herausgeber, H. Harrauer und P. J. Sijpesteijn, weitere wichtige Literatur zu den Rosen in der Antike
und ihrer medizinischen Verwendung an, die hier aus Platzgründen nicht ausführlich zitiert wird).
Für weitere Belege s. D. Fausti, Ricerche sul lessico botanico dei papiri medici, in: I. Andorlini
(Hrsg.), ‘Specimina’ per il Corpus dei Papiri Greci di Medicina. Atti dell’Incontro di studio (Firenze,
28–29 marzo 1996), Firenze 1997, 83–108 (bes. 104); darüber hinaus s. auch SB XX 14501 (Frag.
1+2), 17 (medizinisches [?] Rezept; 6. Jh.): ῥόδων. In den medizinischen Rezepten kommt auch
ῥόδινον vor, das nach V. Gazza, Prescrizioni mediche nei papiri dell’Egitto greco-romano II,
Aegyptus 36 (1956) 73–114 (bes. 95) ein „estratto di rose, ricavato dai petali del fiore della Rosa
gallica o rosa rossa, frutice spinoso delle Rosacee“ ist und bei der Behandlung von Augen- und
Hautkrankheiten eingesetzt wird (bei Gazza sind auch papyrologische und literarische Belege für die
Verwendung von ῥόδινον und von Rosen in medizinischen Behandlungen zu finden). Nicht
unerwähnt sollte im diesem Zusammenhang auch der Begriff ῥοσιτάριον // ῥωσιτάριον
bleiben; dabei handelt es sich nicht um einen aus Rosen gewonnenen Farbstoff (aus Rosen läßt sich
kein Farbstoff gewinnen, der dauerhaft färbt), sondern vermutlich um ein rosenfarbenes Färbemittel;
s. ausführlich die Diskussion bei Horak, Antike Farbenpracht 117–119 und F. Mitthof, Pigmente und
Farbstoffe für Malfarben im spätantiken Ägypten: Die papyrologische Evidenz, P.Horak Teil I, 289–
304 (bes. 296–298).
Die bereits erwähnten kaiserzeitlichen und spätantiken Belege und nicht zuletzt der vorliegende,
aus dem späten 6. bzw. frühen 7. Jh. stammende Papyrus zeigen, daß der seit frühhellenistischer Zeit
in Ägypten verbreitete Anbau von Rosen bis in die byzantinische Zeit hinein ununterbrochen
fortgesetzt wurde. Dies erklärt wiederum, warum die in der griechisch-römischen Zeit in Ägypten
sehr verbreitete Art Rosa richardii Rehd., die aber gleich nach der arabischen Eroberung aus Ägypten
verschwand, auch heute noch als Pflanze der Kloster- und Kirchengärten im Hochland von
Abessinien anzutreffen ist. Wie etwa Germer, Flora des pharaonischen Ägypten 64 vermutet, dürfte
diese Rosenart bereits in frühchristlicher Zeit von ägyptischen Mönchen in den Gärten der Kirchen
und Klöster Abessiniens gezüchtet worden sein.
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