Prof. Dr. Jan-R. Sieckmann Grundlagen des öffentlichen Wirtschaftsrechts SS 2007 Gliederung: 1. Teil: Grundlagen § 1 Einführung: Wirtschaftsaufsicht, -lenkung, -förderung § 2 Verfassungsrechtliche Grundlagen § 3 Europarechtliche Grundlagen § 4 Wirtschaftsorganisation 2. Teil: Wirtschaftsaufsicht § 5 Allgemeines Gewerberecht § 6 Besondere Gewerbearten nach der Gewerbeordnung § 7 Spezielle Regelungen des besonderen Gewerberechts 3. Teil: Wirtschaftsförderung § 8 Begriff und Arten von Subventionen § 9 Subventionsvergabe § 10 Aufhebung und Rückforderung von Subventionen 4. Teil: Andere Bereiche der Wirtschaftsverwaltung § 11 Rechtliche Grundlagen der Wirtschafts- und Währungspolitik § 12 Vergabe öffentlicher Aufträge § 13 Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand § 14 Außenwirtschaftsrecht Gesetzestext: Wichtige Wirtschaftsverwaltungs- und Gewerbegesetze, hg. v. R. Stober (NWB) oder Öffentliches, Privates und Europäisches Wirtschaftsrecht, hg. v. H. Sodan (NOMOS). Beachte: Keine Anmerkungen, Paragraphenverweise, Unterstreichungen oder Markierungen in den Gesetzestexten! Lehrbücher: Frotscher, Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, 4. Aufl., 2004; Schliesky, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2003; Schmidt/Vollmöller, Kompendium Öffentliches Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2004; Stober, Allg. Wirtschaftsverwaltungsrecht, 15. Aufl., 2006; ders., Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, 13. Aufl. 2004. Weiterführende Literatur: Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Aufl., 2 Bde., 1953/54; Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allg. Teil, 1990; Schmidt (Hg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 1, 1995; Schmidt/Ehlers/Bryde, in: Achterberg/Püttner (Hg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 1, 1990; Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, 1989; Stober, Grundrechtsschutz der Wirtschaftstätigkeit, 1989. Sieckmann, Öffentliches Wirtschaftsrecht 2 1. Teil: Grundlagen § 1 Einführung: Wirtschaftsaufsicht, -lenkung, -förderung Lit.: Frotscher 2004; Schliesky 2003, 1. Teil, Abschn. 1 u. 2. 1. Begriff des Wirtschaftsverwaltungsrechts Öffentliches Wirtschaftsrecht: Rechtssätze, die auf den wirtschaftlichen Prozeß und die wirtschaftliche Tätigkeit des einzelnen einwirken und dabei nicht jedermann, sondern nur einen Träger hoheitlicher Gewalt berechtigen oder verpflichten. 2. Systematik: Wirtschaftsrecht privates Wirtschaftsrecht öffentliches Wirtschaftsrecht (WiVwR i.w.S.) Wirtschaftsverfassungsrecht i.e.S. Wirtschaftsverwaltungsrecht (i.e.S.) i.w.S. Wirtschaftsverwaltungsrecht i.e.S.: Regelungen der Einrichtung und Tätigkeit von Verwaltungsorganen hinsichtlich der Wirtschaftsverwaltung. Wirtschaftsverwaltungsrecht i.w.S.: auch verfassungsrechtliche Regelungen der Wirtschaftsverwaltung; ferner wirtschaftlich relevante, aber nicht spezifische Regelungen (z.B. Immissionsschutz). Wirtschaftsverfassungsrecht i.e.S.: nur die für den Wirtschaftsprozess und die wirtschaftliche Betätigung maßgebenden Bestimmungen des Grundgesetzes. Wirtschaftsverfassungsrecht i.w.S.: auch einfachgesetzliche Regelungen, die für die rechtliche Grundordnung der Wirtschafts- und Währungspolitik ausschlaggebende Bedeutung haben. Bereiche des Wirtschaftsverwaltungsrechts i.e.S.: - Wirtschaftsaufsicht (gewerberechtliche Ordnung i.w.S.), - Wirtschaftsförderung (Subventionsrecht; auch Vergabe öffentlicher Aufträge); - Wirtschaftslenkung (Globalsteuerung; Währungspolitik, Lenkungsabgaben), - Wirtschaftsorganisation (insb. Selbstverwaltung der Wirtschaft); - Eigenwirtschaftliche Betätigung des Staates; - Außenwirtschaftsverwaltungsrecht. 3. Geschichtliche Entwicklung der Wirtschaftsverwaltung - Merkantilismus des absolutistischen Staates. Merkmale: Kontrolle der Wirtschaftstätigkeit durch den Staat, u.a. mit dem Ziel staatlicher Einnahmen; Autarkiestreben und Protektionismus; starke eigenwirtschaftliche Betätigung; Fortführung von Zunft- und Gildenwesen. Sieckmann, Öffentliches Wirtschaftsrecht 3 - Liberalismus des bürgerlichen Verfassungsstaates. Merkmale: Wirtschaftsfreiheit (laissez fairePrinzip; invisible hand (Adam Smith)); Außenhandelsfreiheit; Rückzug des Staates aus der wirtschaftlichen Betätigung; Kammerfreiheit. - Wohlfahrtsstaat der parlamentarischen Demokratie: grds. Wirtschaftsfreiheit bei Anerkennung der Verantwortung des Staates für Wohlergehen, jedenfalls die Abwehr existentieller Risiken der Bürger. § 2 Verfassungsrechtliche Grundlagen Fall: InvestitionshilfeG (BVerfGE 4, 7) Der wirtschaftliche Aufschwung in der BRD erfolgte ungleichmäßig. Teile der gewerblichen Wirtschaft konnten aufgrund steuerlicher Vergünstigungen oder Freigabe der Preise Investitionen in erheblichem Umfang vornehmen. Dem Kohlenbergbau und der eisenschaffenden Industrie, die noch an Höchstpreise gebunden waren, fehlten Investitionsmittel. Ein Sinken der Produktion drohte. Nach dem IHG vom 7.1.1952 sollte die gewerbliche Wirtschaft für die "Engpaßindustrien" einen einmaligen Beitrag von 1 Mrd. DM aufbringen. Bemessungsgrundlage sollte für die einzelnen Betriebe aus Gewinn und Umsatz der Jahre 1950 und 1951 errechnet werden. Aufbringungssatz war 3,5 % der Bemessungsgrundlage. Die Einziehung erfolgte durch die Finanzämter. Das Aufkommen bildete ein rechtsfähiges Sondervermögen, dessen Vorstand die Industriekreditbank war. Aus dem Sondervermögen werden Darlehen zu Investitionszwecken gewährt. Als Ausgleich müssen diese Betriebe Aktien oder Schuldverschreibungen im Nennbetrag des Darlehens zur Zeichnung anbieten. Die Aufbringungsbeträge sind bis zur Zuteilung der Wertpapiere mit 4 % zu verzinsen. Machen die Erwerbsberechtigten von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch, werden ihnen Wertpapiere zugeteilt. A. Die Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes Lit.: Frotscher 2004, § 2; Schmidt/Vollmöller 2003, § 2 A; Schliesky 2003, 1. Teil, 3. Abschn. Wirtschaftsverfassung: verfassungsrechtliche Gestaltungselemente der Wirtschaftsordnung. Problem: Enthält das Grundgesetz eine Festlegung auf ein bestimmtes Wirtschaftssystem (insbesondere eine "Marktwirtschaft"), die nicht marktkonforme staatliche Maßnahmen der Wirtschaftslenkung ausschließt? Wirtschaftssysteme: z.B. freie Marktwirtschaft (Manchester-Liberalismus, Laissez-faire-Prinzip), OrdoLiberalismus (nur Wettbewerbspolitik), soziale Marktwirtschaft (Schutz freien Wettbewerbs, aber sozialer Ausgleich), sozialistische Marktwirtschaft, gemischte Wirtschaftsverfassung (Ausgleich zwischen entgegengesetzten Wirtschaftsideologien), zentralistische Planwirtschaft. I. Der Grundsatz der wirtschaftspolitischen Neutralität des GG BVerfGE 4, 7 (17f.): "Das GG garantiert weder die wirtschaftspolitische Neutralität der Regierungsund Gesetzgebungsgewalt noch eine nur mit marktkonformen Mitteln zu steuernde `soziale Marktwirtschaft'. Die 'wirtschaftspolitische Neutralität' des GG besteht lediglich darin, daß sich der Verfassungsgeber nicht ausdrücklich für ein bestimmtes Wirtschaftssystem entschieden hat. Dies ermöglicht dem Gesetzgeber, die ihm jeweils sachgemäß erscheinende Wirtschaftspolitik zu verfolgen, sofern er dabei das GG beachtet." Vgl. aber Art. 4 (ex-Art. 3a) EGV. II. Gegenmeinungen (1) Garantie der sozialen Marktwirtschaft (Arg.: Zusammenschau von GG-Bestimmungen) (2) Offenheit des GG (Abendroth, GG, 1976). (3) gemischte Wirtschaftsverfassung (Huber, Frotscher). Sieckmann, Öffentliches Wirtschaftsrecht 4 (4) Institutionelle Garantie der Wirtschaftsordnung (Badura/Rittner/Rüthers, Gemeinschaftsgutachten MitbG 1976 und GG; Rupp, GG und Wirtschaftsverfassung, 1974). Dagg. BVerfGE 50, 290 (336f.). (5) Wirtschaftsverfassung der globalgesteuerten Marktwirtschaft (Zuck, Wirtschaftsverfassung und StabG, 1974). Arg.: Art. 109 II, IV GG. III. Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion v. 18.5.1990: Art. 1 III: Verpflichtung der Wirtschaftsunion auf die soziale Marktwirtschaft als gemeinsame Wirtschaftsordnung. Aber kein Verfassungsrang. Keine authentische Verfassungsinterpretation (Art. 79 I 1 GG). B. Finanzverfassungsrechtliche Grundlagen Fall: Ein Gesetzentwurf sieht vor, daß Betriebe, die nicht eine ihrer Größe entsprechende Zahl von Ausbildungsplätzen bereitstellen, eine Ausbildungsplatzförderungsabgabe zahlen sollen. Wäre das Gesetz verfassungsgemäß? (BVerfGE 55, 274) I. Öffentliche Abgaben (Geldleistungspflichten) (1) Steuern: Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein (Definition gemäß § 3 I AO, der für die Interpretation der Kompetenzvorschriften zugrunde zu legen ist, BVerfGE 7, 244 (251)). Steuern sind zulässig formell: aufgrund Art. 105 GG, materiell: nach der Leistungsfähigkeit der Steuersubjekte. (2) Beiträge: Abgabe für eine potentielle Inanspruchnahme einer öffentlichen (staatlichen) Einrichtung. Zulässig aufgrund allgemeiner Gesetzgebungszuständigkeit, Art. 70ff. GG. Maßstab: Kostendeckung. Bsp.: Kammerbeiträge, Erschließungsbeiträge, Sozialversicherungsbeiträge, Rundfunkgebühren (str.). (3) Gebühr: Abgabe für die tatsächliche Inanspruchnahme einer öffentlichen (staatlichen) Einrichtung. Zulässig aufgrund allgemeiner Gesetzgebungszuständigkeit, Art. 70ff. GG. Maßstab: Kostendeckung, Äquivalenzprinzip. Bsp.: Verwaltungsgebühren, Strom-, Wasser-, Abfallgebühren, Kindergartengebühr. (4) Sonderabgaben: Abgaben, die ohne Gegenleistung erhoben werden und der Verwirklichung besonderer Sachaufgaben dienen; vgl. auch BVerfGE 75, 108 (147f.); 78, 249 (267)): Abgaben, die ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung nur von Angehörigen einer Gruppe zur Erfüllung einer besonderen Aufgabe ohne ausdrückliche Abgabenkompetenz erhoben werden und regelmäßig einem besonderen Fonds (Parafiscus) zufließen. Bsp.: BVerfGE 55, 274 - Ausbildungsplatzförderungsabgabe; 57, 139 - Schwerbehindertenabgabe; 67, 256 - Investitionshilfe zur Förderung des Wohnungsbaus; 82, 159 - Absatzfonds zur Förderung der Landwirtschaft; 91, 186 - Kohlepfennig; 92, 91 Feuerwehrbeitrag; 101, 141 - Ausgleichsfonds für Entgeltfortzahlung; 110, 370 Klärschlammentschädigungsfonds. Keine Sonderabgaben: BVerfGE 75, 108 - Künstlersozialversicherung; 78, 249 - Fehlbelegungsabgabe; 81, 156 - Vorruhestandsleistungen gem. § 128 AFG. II. Problem: Zulässigkeit von Sonderabgaben 1. Gesetzgebungszuständigkeit: gem. Art. 70ff. GG (z.B. Art. 74 Nr. 11 GG). 2. Ungeschriebene Kompetenzgrenzen für Sonderabgaben aufgrund der Finanzverfassung. Begründung: Verhinderung der Umgehung der eingeschränkten Steuergesetzgebungskompetenzen aus Art. 105 Abs. 2, 2a (BVerfGE 92, 113f., 115); ferner: Haushaltsrecht des Parlaments (Vollständigkeit des Haushaltsplans), Art. 110 I 1 GG; Ungleichheit und Kumulation von Belastungen der Bürger. Es werden unterschiedliche Anforderungen für Finanzierungssonderabgaben, Lenkungssonderabgaben oder Ersatzabgaben (Ausgleichsabgaben eigener Art) gestellt. (1) Finanzierungssonderabgaben: Abgaben mit primärer Finanzierungsfunktion, auch zum Ausgleich wirtschaftlicher Vor- oder Nachteile (BVerfGE 67, 256 (277)). Zulässigkeitsvoraussetzungen: Sieckmann, Öffentliches Wirtschaftsrecht 5 - Homogenität der belasteten Gruppe: Die zu einer Sonderabgabe herangezogene Gruppe muß durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit abgrenzbar sein. - besondere Sachnähe (Finanzierungs- oder Gruppenverantwortlichkeit). - gruppennützige Verwendung. (2) Ausgleichsabgaben eigener Art: Abgabe zum Ausgleich einer Belastung, die sich aus einer primär zu erfüllenden öffentlichrechtlichen Pflicht ergibt. Zulässigkeit: Ausgleichsabgaben müssen der Herstellung von Lastengleichheit dienen; der Finanzierungszweck darf nicht im Vordergrund stehen (BVerfGE 92, 117f.). (3) Lenkungssonderabgaben: Abgabe mit auf Verhaltenslenkung gerichteter Antriebs- und Sanktionsfunktion. Bsp. Schwerbehindertenabgabe. BVerfGE 57, 139 (169): Lenkungsabgaben müssen nicht in vollem Umfang den Anforderungen für Finanzierungssonderabgaben entsprechen. C. Grundrechtsschutz wirtschaftlicher Tätigkeit Fall: Verbot der Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe (BVerfGE 77, 84) § 12 a des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) sieht vor, daß die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes für Arbeiten, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden, unzulässig ist. Begründet wird diese Regelung damit, daß sich im Bereich des Baugewerbes, das durch häufig wechselnde Arbeitnehmer auf wechselnden Baustellen gekennzeichnet, der illegale Arbeitnehmerverleih ausgedehnt habe. Genehmigungspflicht, Kontrollrechte und Meldepflichten im Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung reichten im Baugewerbe nicht aus. Die soziale Sicherheit eines Teils der dort Tätigen sei gefährdet. Für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge im Baugewerbe seien auf Leiharbeitnehmer nicht anzuwenden. Ein Wettbewerbsvorsprung der Verleiher gegenüber Bauunternehmern ergebe sich daraus, daß erstere keine Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes zu entrichten hätten. V hat sich auf die Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe spezialisiert. Er hält diese Regelung für verfassungswidrig. Fall: Kündigung von Verkäuferin wegen Tragens islamischen Kopftuchs, BVerfG, EuGRZ 2003, 515. I. Berufsfreiheit, Art. 12 I GG: 1. Schutzbereich: a) "Deutschengrundrecht" (Problem: Anwendbarkeit auf EG-Ausländer?) b) Beruf: jede (grundsätzlich erlaubte,) auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Schaffung oder Erhaltung einer Lebensgrundlage. c) Berufswahlfreiheit/Berufsausübungsfreiheit: einheitlicher Schutzbereich und einheitlicher Regelungsvorbehalt. d) Problem: EG-Ausländer Diskriminierungsverbot des Art. 12 EGV (im Anwendungsbereich des EGV) Alternative: Art. 12 I analog oder Prüfung des Art. 2 I mit Rechtfertigungsanforderungen nach Art. 2 I GG. Besser ist Analogie zu Art. 12 I GG, weil im Rahmen des Art. 19 III GG ein Rückgriff auf Art. 2 I nicht möglich ist und eine einheitliche Lösung für natürliche und juristische Personen vorzuziehen ist. 2. Eingriff: Problem: mittelbare Eingriffe. Eingriff in die Berufsfreiheit wird bei mittelbarer Beeinträchtigung angenommen bei - objektiv berufsregelnder Tendenz, BVerfGE 16, 147 - Güterfernverkehr; - schwerwiegender Beeinträchtigung, BVerwG, NJW 1996, 3161 - Futtermitteltest durch Landwirtschaftskammer. Sieckmann, Öffentliches Wirtschaftsrecht 6 3. Schranken: Art. 12 I 2, Stufentheorie als Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgebots. (1) Berufsausübungsregelungen: Regelung der Art und Weise der beruflichen Tätigkeit. Rechtfertigung erfordert vernünftigen Gemeinwohlgrund. Bsp.: Ladenschlußzeiten, Nachtbackverbot, lebensmittelrechtliche Vorschriften, Werbeverbote für Angehörige freier Berufe, Berufsbezeichnungen, Jugendschutz. (2) Subjektive Berufszulassungsvoraussetzungen: Anknüpfung an persönliche Merkmale des Bewerbers, wie Eignung, Fähigkeiten, Zuverlässigkeit. Rechtfertigung zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsgutes. Problem: Rechtfertigung durch "relative" Gemeinschaftswerte, wie Förderung des Handwerksstands. Bsp.: Schul- oder Studienabschluß, Meisterprüfung (BVerfGE 13, 97), Sachkundenachweis im Einzelhandel (BVerfGE 19, 341), aber auch Altersgrenze (BVerfGE 9, 338). (3) Objektive Berufszulassungsvoraussetzungen: unabhängig von persönlichen Merkmalen des Bewerbers (Bedürfnisprüfung (7, 377 - Apotheken), Kontingentierung (40, 196 - Güterfernverkehr), Verwaltungsmonopole (früher für Arbeitsvermittlung, BVerfGE 21, 245). Rechtfertigung nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Keine bloße Vertretbarkeitskontrolle. (4) Modifikationen: BVerfGE 11, 30 - Kassenarzt: Berufsausübungsregelung, die sich faktisch wie Berufszugangsregelung auswirkt. BVerfGE 86, 28 - öffentlich bestellte Sachverständige: Bedürfnisprüfung als objektive Berufsausübungsregelung. II. Eigentumsgarantie, Art. 14 GG: 1. Schutzbereich: a) weiter verfassungsrechtlicher Eigentumsbegriff: Eigentum iSd Art. 14 I GG ist jedes vermögenswerte private Recht, das dem Berechtigten von der Rechtsordnung nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts zur privaten Nutzung und eigenen Verfügung zugeordnet ist; ferner vermögenswerte subjektive öffentliche Rechte, soweit sie überwiegend durch eigene Leistung erworben (und der Existenzsicherung dienen). b) Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis. c) Probleme: - Gewerbebetrieb: organisatorische Einheit als faktische/rechtliche Zusammenfassung von Betriebsmitteln; Substanz/Gewinnchancen. Problem: Kundenstamm. Vgl. BVerfGE 77, 84 (118); BGHZ 84, 223; 111, 349 (356f.). - Subventionsanspruch. Vgl. BVerfGE 45, 142 - Interventionspreis. - Vermögen als solches: Vgl. BVerfGE 93, 121 - Einheitswertbesteuerung. 2. Eingriffsarten: Inhaltsbestimmung iSd Art. 14 I 2 GG ist die generelle und abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten des Eigentümers. Enteignung iSd Art. 14 III 1 ist die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter Eigentumsrechte. 3. Eingriffsrechtfertigung: a) bei Inhaltsbestimmung: Ausgleich zwischen Eigentumsinteressen gem. Art. 14 I 1 GG und Sozialbindung des Eigentums gemäß Art. 14 II GG: Verhältnismäßigkeit, u.U. Entschädigungsgebot (BVerfGE 58, 137 - Pflichtexemplare; 83, 201 - bergrechtliches Vorkaufsrecht). b) bei Enteignung gem. Art. 14 III GG: nur zum Wohl der Allgemeinheit, Regelung der Entschädigung im Enteignungsgesetz ("Junktimklausel"), gerechte Entschädigung, Verhältnismäßigkeit. Problem: Enteignung zugunsten Privater, BVerfGE 74, 269 - Boxberg. 4. Sozialisierungsermächtigung gem. Art. 15 GG: "Gemeinwirtschaft"; Verstaatlichung vs. Vergesell- Sieckmann, Öffentliches Wirtschaftsrecht 7 schaftung. Anwendungsbereich: nur Produktionssektor, nicht Dienstleistungssektor (str.). III. Koalitionsfreiheit, Art. 9 III GG: Fall: Abwehraussperrung (BVerfGE 84, 212; Frotscher Fall 8) Während des Arbeitskampfes in der Druckindustrie im Jahre 1978 antworteten die Arbeitgeber auf die Streikaktionen der IG Druck und Papier u.a. mit einer bundesweiten, auf 48 Stunden befristeten Aussperrung. In einzelnen Betrieben wurde die Aussperrung auf Gewerkschaftsmitglieder beschränkt (selektive Aussperrung). Die betroffenen Gewerkschaftsmitglieder machen für die Zeit der Aussperrung Lohnforderungen für den Zeitraum geltend, in dem sie ausgesperrt waren. 1. Schutzbereich a) Koalition: Vereinigung zum Zweck der Wahrung und Förderung der Arbeitsbedingungen (wie Lohnhöhe, Arbeitszeit, Arbeitsschutz), die von der Gegenseite unabhängig und gegnerfrei organisiert ist, frei gebildet und überbetrieblich organisiert ist und eine gewisse Durchsetzungsfähigkeit aufweist (BVerfGE 88, 103 - Beamte auf bestreikten Arbeitsplätzen). b) individuelle und kollektive Koalitionsfreiheit; vgl. BVerfGE 93, 352; 92, 365. c) unmittelbare Drittwirkung gem. Art. 9 III 2 GG. 2. Eingriffsrechtfertigung: Kernbereichslehre; Notwendigkeit gesetzlicher Ausgestaltung; Verhältnismäßigkeit; Gebot staatlicher Neutralität. 3. Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen gem. § 5 TarifvertragsG. IV. Allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 I GG: 1. Schutzbereich: a) Recht, zu tun und zu lassen, was man will. BVerfGE 6, 32 - Elfes; 54, 143 - Taubenfüttern; 80, 137 Reiten im Walde; 90, 145 - "Recht auf Rausch" (Cannabis). b) Subsidiarität gegenüber anderen Grundrechten. Anwendungsbereiche: Vertragsfreiheit; Wettbewerbsfreiheit; Freiheit von Abgaben; Berufsfreiheit von Ausländern. 2. Eingriffsrechtfertigung (Schranken): Rechte anderer, Sittengesetz, verfassungsmäßige Ordnung. Verfassungsmäßige Ordnung = jede formell und materiell verfassungsgemäße Rechtsnorm (gesamte Rechtsordnung). Die materielle Verfassungsmäßigkeit der Eingriffsnorm hängt insbesondere davon ab, ob der Eingriff in die Handlungsfreiheit verhältnismäßig ist. V. Allgemeiner Gleichheitssatz, Art. 3 I GG: 1. Inhalt: Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentliches Ungleiches ungleich zu behandeln. Rechtsanwendungs- und Rechtsetzungsgleichheit. 2. Rechtfertigung von Ungleichbehandlung: Notwendigkeit hinreichenden Grundes. Die Anforderungen an die Rechtfertigung differieren: - bloßes Willkürverbot (Erfordernis sachlichen Differenzierungsgrunds) bei lediglich verhaltensbezogenen Differenzierungen; - Verhältnismäßigkeitsprüfung (Erfordernis angemessener Gründe, die nach Art und Gewicht die Ungleichbehandlung rechtfertigen können) bei Differenzierung zwischen Personengruppen. Um so strengere Bindung, je weniger die Differenzierungsmerkmale durch eigenes Verhalten beeinflußt werden können und je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Grundrechtsausübung auswirken Sieckmann, Öffentliches Wirtschaftsrecht 8 kann (BVerfGE 85, 191 - Nachtarbeit; 89, 15 - Steuerfreiheit von Zuschlägen für Nachtarbeit). § 3 Europarechtliche Grundlagen Lit.: Frotscher 2004, § 7; Schmidt/Vollmöller 2003, § 1; Schliesky 2003, 1. T., 3 Abschn. III-V. Fall: Die französische Brauerei Brasserie de Pêcheur exportierte Bier nach Deutschland. Ihre Ausfuhren kamen zum Erliegen, weil die zuständigen deutschen Behörden gegenüber den Importeuren das Bier mit der Begründung beanstandeten, es entspreche nicht dem Reinheitsgebot der §§ 9, 10 BiersteuerG. Die Brauerei möchte gegen die Behinderung ihrer Exporte vorgehen und zudem Schadenersatz für die ihr entstandenen Schäden. (EuGH, Slg. 1987, 1227 = NJW 1987, S. 1133; EuGH, NJW 1996, S. 1267) A. Rechtsgrundlagen Römische Verträge 1957; Einheitliche Europäische Akte 1986; Maastrichter Vertrag 1992; Vertrag von Amsterdam 1997; Vertrag von Nizza 2000. Europäische Gemeinschaften: Europäische (Wirtschafts)gemeinschaft, Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Europäische Atomgemeinschaft. BVerfGE 89, 155: keine Kompetenz-Kompetenz, d.h. EG kann sich nicht selbst neue Kompetenzen geben. Prinzip der begrenzten Ermächtigung. Vgl. Art. 5 (ex-E) EUV; Art. 5 (ex-3 b) I EGV; Art. 249 (ex-189) I EGV, Art. 166 I EAGV, Art. 14 I EGKSV: Die Gemeinschaft wird innerhalb der Grenzen der ihr in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse und gesetzten Ziele tätig. Subsidiaritätsprinzip, Art. 5 (ex-3 b) II EGV: In den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, wird die Gemeinschaft nach dem Subsidiaritätsprinzip nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können. Verhältnis zum nationalen Recht: Anwendungsvorrang des EG-Rechts vor den nationalen Rechtsordnungen. BVerfGE 73, 339: Solange die EGen einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaft gewährleisten, der dem vom Grundgesetz als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im wesentlichen gleichzuachten ist, wird das BVerfG EG-Recht nicht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes prüfen. B. Verfassungscharakter des EG-Rechts: Wirtschaftsverfassung: Grundsatz offener Marktwirtschaft und freien Wettbewerbs, Art. 4 (ex-3a) I EGV. Ausrichtung auf Gemeinsamen Markt (Art. 3 lit. g EGV) und Binnenmarkt (Art. 2 iVm Art. 3 lit. c und d, 4 (ex-3a) I, 14 (ex-7a) EGV). Interventionen sind rechtfertigungsbedürftig. Problem: Art. 295 (ex-222) EGV. Elemente: Gemeinsamer Markt/Binnenmarkt; Grundfreiheiten (s.u.); System unverfälschten Wettbewerbs (Art. 3 lit. g iVm Art. 81 (ex-85) ff., 87 (ex-92) ff. EGV; Diskriminierungsverbot (Art. 12 (ex-6) EGV); Rechtsangleichung (Art. 94 (ex-100) GG); Wirtschaftspolitik (Art. 98 (ex-102a) EGV) ; Beseitigung von Personenkontrollen (Schengener Abkommen I und II); Grundsatz freier Außenhandelspolitik (Art. 131 (ex-110) ff. EGV). C. Gemeinschaftsgrundrechte I. Rechtsgrundlagen: geschriebenes Gemeinschaftsrecht: Unionsvertrag von Maastricht: Präambel, Art. 6 (ex-F) Abs. 2 EUV; Diskriminierungsverbot und Grundfreiheiten des EGV; Sieckmann, Öffentliches Wirtschaftsrecht 9 allgemeine Rechtsgrundsätze; Verfassungsordnungen der Mitgliedstaaten (wertende Rechtsvergleichung); Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) von 1950; ferner: Grundrechtserklärungen von 1977 und 1989; EU-Grundrechts-Charta 2000. II. Wirtschaftsgrundrechte: Eigentumsgrundrecht: 1. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Berufsfreiheit: Bezugnahme auf Verfassungen der Mitgliedstaaten; Grundfreiheiten gem. Art. 28 (ex30) ff EGV: Freiheit des Warenverkehrs, Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit, Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs. Gleichheitsgrundsatz: Nichtdiskriminierungsklauseln, Art. 12 (ex-6), 34 (ex-40) III EGV; allgemeiner Rechtsgrundsatz. D. Die Grundfreiheiten nach dem EG-Vertrag I. Freiheit des Warenverkehrs 1. Zollunion, Art. 23 (ex-9) ff. EGV 2. Verbot mengenmäßiger Beschränkungen des Warenverkehrs, Art. 28 (ex-30) ff. EGV a) Schutzgegenstände Art. 28 (ex-30) EGV: Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkung oder von Maßnahmen gleicher Wirkung (Handelshemmnis), d.h. von Handelsregelung, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern. Art. 29 (ex-31 EGV): Ausfuhrbeschränkungen. b) Rechtfertigungsgründe Art. 30 (ex-36) S. 1 EGV: Gründe der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung, Sicherheit etc. oder (nach der Rechtsprechung) zwingende Erfordernisse einer wirksamen steuerlichen Kontrolle, des Verbraucherschutzes, der Lauterkeit des Handelsverkehrs ("Cassis de Dijon-Formel", EuGH, Slg. 1979, 649 (662)). Ferner: Arbeitnehmerschutz, Schutz mitgliedstaatlicher Einrichtungen, wie Sozialversicherung; Umweltschutz. Problem: kulturelle Interessen? c) Eingriffsschranken: kein Verstoß gegen Diskriminierungs- und Mißbrauchsverbot des Art. 30 (ex-36) S. 2 EGV; Verhältnismäßigkeit. II. Personenfreiheiten: Arbeitnehmerfreizügigkeit, Niederlassungsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit Ziel ist Herstellung von "Inländergleichheit", d.h. Gleichbehandlung mit Inländern. (1) Art. 39 (ex-48), Arbeitnehmerfreizügigkeit: Verbot der Ungleichbehandlung in bezug auf Beschäftigung, Entlohnung, Arbeitsbedingungen. Bsp: Tätigkeit von deutschem Reiseleiter in Italien. (2) Art. 43 (ex-52), Niederlassungsfreiheit: Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten und Gründung und Leitung von Unternehmen. Vorbehalt der öffentlichen Sicherheit etc. in Art. 46 (ex-56) EGV. (3) Art. 49 (ex-59), Dienstleistungsfreiheit: Freiheit von Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden. III. Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs, Art. 56-60 (ex-73 b-g) EGV: Kapitalverkehr: einseitiger Transfer. Zahlungsverkehr: Gegenleistung im Rahmen eines Vertrages. § 4 Wirtschaftsorganisation Lit.: Frotscher 2004, § 20; Schmidt/Vollmöller, § 3; Schliesky 2003, 2. Teil, Abschn. 1. A. Staatliche Wirtschaftsverwaltung Sieckmann, Öffentliches Wirtschaftsrecht 10 I. Gesetzgebungskompetenzen Art. 70, 71, 73 (ausschließliche Bundeskompetenz); 72, 74, 74a (konkurrierende); ferner Art. 105 GG. II. Verwaltungskompetenzen Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern: Art. 83ff. GG. Kommunale Selbstverwaltung: Art. 28 II GG. B. Selbstverwaltung der Wirtschaft Fall: A, B und C betreiben eine Steuerberatungs-GmbH. Die GmbH ist Mitglied in der Steuerberaterkammer und wird von dieser zu Kammerbeiträgen herangezogen. Nachdem das Finanzamt gegen die GmbH einen Gewerbesteuermeßbescheid erlassen hat, verlangt die zuständige Industrie- und Handelskammer die Zahlung des Kammerbeitrags für das Jahr ... (BVerwGE 55, 1; Frotscher, Fall 29) I. Rechtsstellung der Kammern: Beispiel Industrie- und Handelskammer (IHK): § 3 IHKG vom 18.2.1956: Körperschaften des öffentlichen Rechts. § 1 IHKG: Aufgabe, das Gesamtinteresse der kammerzugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrzunehmen und dabei die Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen. Abgrenzung zu Wirtschaftsverbänden: Wirtschaftsverbände sind Interessenvertretungen, nicht Hoheitsträger mit der Aufgabe der Förderung öffentlicher Interessen durch Wahrnehmung des "Gesamtinteresses" z.B. der gewerblichen Wirtschaft. II. Kammerzugehörigkeit: § 2 I IHKG: natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere nicht rechtsfähige Personenmehrheiten und juristische Personen des öffentlichen Rechts, welche im Bezirk der Kammer entweder eine gewerbliche Niederlassung oder eine Betriebsstätte oder eine Verkaufsstelle unterhalten. III. Verfassungsrechtliche Problematik: 1. Zwangsmitgliedschaft: Mitgliedschaft kraft Gesetzes (Ausnahmen nach § 2 II-IV IHKG), kein freiwilliger Zusammenschluß, daher Art. 9 I GG nicht anwendbar (BVerfGE 10, 89 (102)). 2. Kompetenzgrenzen (allgemeinpolitisches Mandat): BVerwGE 64, 298 (301): Ein Verband mit Pflichtmitgliedschaft darf sich nur insoweit betätigen, als ihm auch der Gesetzgeber ein Betätigungsfeld eröffnen darf. Anspruch des einzelnen Mitglieds auf Einhaltung des gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichs. Sieckmann, Öffentliches Wirtschaftsrecht 11 2. Teil: Wirtschaftsaufsicht § 5 Allgemeines Gewerberecht Lit.: Frotscher 2004, § 10-14; Schliesky 2003, 4. Teil, Abschn. 1; Schmidt/Vollmöller § 8. A. Gewerberecht als Teil des Ordnungsrechts I. Materien des Ordnungsrechts Neben dem Gewerberecht z.B. Ausländerrecht, Bauordnungsrecht, Straßenverkehrsrecht, Umweltrecht, Vereins- und Versammlungsrecht, Waffen- und Sprengstoffrecht. II. Allgemeine polizeiliche oder ordnungsrechtliche Befugnisse zur Gefahrenabwehr Polizeiliche Generalermächtigung zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit: nach Landesrecht, z.B. Art. 11 BayPAG. Generalermächtigung subsidiär gegenüber speziellen ordnungsrechtlichen Regelungen. Zuständigkeit der Polizeibehörde susidiär gegenüber der der Ordnungs- oder Sicherheitsbehörde. "Legalisierungswirkung" gewerberechtlicher Genehmigungen. B. Gewerbefreiheit Fall: Campingplatz als Gewerbebetrieb (BVerwG, NJW 1977, 772; Frotscher, Fall 13) A vermietet auf einem ihm gehörenden Gelände etwa 1200 Standplätze an Dauercamper. Die Standplätze werden in der Regel für 420,- je halbes Jahr vermietet. Jeder Standplatz hat Anschluß an die Strom- und Wasserleitung. Auf dem Gelände befinden sich Waschhäuser und ein Kiosk. Eines Tages erhält A von der Gemeinde die Aufforderung, die Vermietung der Campingplätze als Gewerbe auf einem besonderen Vordruck anzumelden. Ist die Aufforderung rechtmäßig? Fall: B kauft wiederholt verfallene Häuser, saniert sie mit Hilfe von ca. 16 sozialversicherungsfrei entlohnten Arbeitnehmern und verkauft sie weiter. VGH Mannheim, GewArch 1993, 339 Fall: C betreibt einen Bioland-Hof und verkauft seine Produkte sowie zugekaufte Produkte, die ca. 30 % des Umsatzes ausmachen, in einem Laden auf seinem Hof. VG Schleswig, SchlHA 1998, 296. I. Grundsatz der Gewerbefreiheit § 1 I GewO: subjektiv-öffentliches Recht auf ungehinderten Beginn und Fortsetzung von Gewerbe (Gewerbezulassungsfreiheit). Vgl. bereits § 1 GewO des Norddeutschen Bundes 1869. Vorläufer: z.B. Preußisches Gewerbesteueredikt 1811. Geltung unabhängig von Staatsangehörigkeit. Einschränkungen: nicht nur durch GewO (entgegen Wortlaut des § 1 I GewO), auch durch andere Bundesgesetze. Landesgesetze können nur Art und Weise der Gewerbeausübung regeln (z.B. verkehrs-, feuer-, bau-, gesundheitspolizeiliche Regelungen). Verfassungsrechtliche Verankerung: Art. 12 I GG, Art. 2 I GG. II. Grundbegriffe (1) Gewerbe: jede generell erlaubte, auf Dauer angelegte und auf Gewinnerzielung gerichtete selbständige Tätigkeit, ausgenommen Urproduktion, freie Berufe (freie wissenschaftliche, künstlerische oder schriftstellerische Tätigkeit höherer Art sowie persönliche Dienstleistungen höherer Art, die eine höhere Bildung erfordern), bloße Verwaltung eigenen Vermögens. Zu Beispielen vgl. § 6 GewO. Beachte: Es gibt keinen einheitlichen Gewerbebegriff in Gewerberecht, Steuerrecht, Handelsrecht, Verfassungsrecht. Interpretation unter Berücksichtigung ordnungsrechtlicher Aufgabe des Gewerberechts. Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 12 (2) Gewerbsmäßigkeit und Gewerbsfähigkeit: positive Elemente des Gewerbebegriffs: Gewerbsmäßigkeit; negative Elemente: Gewerbsfähigkeit. (3) Stehendes Gewerbe: Gewerbe, das nicht eine Sonderform des Reisegewerbes oder des Messe-, Ausstellungs- oder Marktgewerbes darstellt. (4) Gewerbetreibender/Stellvertreter (§ 45 GewO)/Gewerbegehilfe. C. Beschränkungen der Gewerbefreiheit (1) Regelungen der Zulässigkeit genehmigungsfreier Gewerbe: Anzeigepflicht (z.B. § 14 I GewO) und Untersagungsermächtigung (z.B. § 35 GewO). (2) Regelungen der Zulässigkeit genehmigungspflichtiger Gewerbe: Genehmigungspflicht (Erlaubnis, Konzession); Rücknahme oder Widerruf der Genehmigung; Untersagungsermächtigung (wenn genehmigungspflichtiges Gewerbe ohne Genehmigung betrieben wird); Auflagen und andere Nebenbestimmungen. D. Gewerberechtliche Kontrollbefugnisse I. Gewerbeaufsicht Fall (Meinecke, JA 1994, 565): Gewerbeaufsichtsbehörde erhält Hinweise, daß es in einer Diskothek zu ständiger Überfüllung der Räumlichkeiten komme, die zu einer drangvollen und gefährlichen Enge führe (Stolpergefahr) und Musik mit zum Teil schmerzhafter Lautstärke gespielt werde. Bediensteten des Gewerbeaufsichtsamts wird jedoch der Zutritt zur Diskothek zum Zweck einer "Betriebskontrolle" verwehrt, unter Hinweis auf das Hausrecht. Der Diskothekenbesitzer meint, die Behörde müsse den Besuch anmelden und über die beabsichtigten Maßnahmen informieren. Rechtsgrundlage: § 22 GastG, Nachschau. Problem: verfassungskonforme Auslegung im Sinne von Anmelde- und Informationspflicht? Nur soweit dadurch der Zweck der Kontrolle nicht gefährdet wird. Vgl. BVerwG, DVBl. 1988, 441. Vgl. ferner § 29 GewO. II. Sanktionen Insbesondere Bußgelder wegen Ordnungswidrigkeiten, vgl. §§ 144 ff. GewO. Ferner Strafen. § 35 OWiG: Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde. § 65 OWiG: Bußgeldbescheid. § 67 OWiG: Einspruch; § 68 OWiG: Zuständigkeit des Amtsgerichts. § 79 OWiG: Beschwerde zum OLG. III. Gewerbezentralregister: §§ 149 ff. GewO. § 6 Besondere Gewerbearten nach der Gewerbeordnung A. Stehende Gewerbe, §§ 33 a ff. GewO Lit.: Frotscher 2004, § 12; Schmidt/Vollmöller § 8; Schliesky 2003, 4. Teil, Abschn. 1. I. Anzeigepflicht, § 14 I GewO II. Gewerbeuntersagung, § 35 GewO Fall: Gebrauchtwagenhandel (Frotscher, Fall 14) A betreibt einen Gebrauchtwagenhandel. Die Geschäftsführung überläßt er weitgehend dem F. Die zuständige Behörde untersagt ihm die Weiterführung seines Gewerbes mit der Begründung, daß ihm Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 13 und dem F die zur Führung des Betriebs erforderliche Zuverlässigkeit fehle. A habe Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt. F habe mehrfach Kunden durch falsche Angaben zum Kauf von Pkw veranlaßt. Kann A gegen die Untersagung rechtlich vorgehen? 1. Anwendungsbereich des § 35 GewO: stehende Gewerbe, unabhängig von Erlaubnispflicht. Aber Subsidiarität des § 35 GewO (gemäß § 35 VIII GewO). Spezielle Regelungen z.B. in § 33d IV GewO; § 15 I iVm 4 I GastG; § 25 PBefG; § 20 II BImSchG; § 14 LbmG. 2. Voraussetzungen: (1) konkrete, beweisbare Tatsachen, aus denen sich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder der von ihm beauftragten Personen ergibt; (2) Erforderlichkeit der Untersagung (Gebot des mildesten Mittels): zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten. Problem: Verhältnismäßigkeit i.e.S. zu prüfen? 3. Der gewerberechtliche Begriff der (Un)zuverlässigkeit: Unzuverlässig ist, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, daß er das von ihm ausgeübte Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. (Prognosebegriff) Insbesondere ist die Beachtung einschlägiger gesetzlicher Vorschriften und Gefahrenabwehr gefordert; ferner ein Mindestmaß an Ehrlichkeit und Rücksichtnahme. Bsp. für Unzuverlässigkeit: Nichtabführung von Sozialabgaben und Lohnsteuer; Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer ohne Arbeitserlaubnis. Vgl. auch § 3 III Nr. 1 GüKG; § 4 I Nr. 1 GastG; BVerwGE 65, 1. - Nur konkret, in bezug auf bestimmte Gewerbe zu beurteilen. - Nur gewerbepolizeiliche Verantwortlichkeit (Bsp: private Trunkenheitsfahrt von an sich zuverlässigem Fuhrunternehmer). Sonderfall: während Insolvenzverfahren keine Untersagung, § 12 GewO. 4. Untersagungsarten: Einfache Untersagung, § 35 I 1 GewO. Erweiterte Untersagung, § 35 I 2 GewO. Untersagung gegenüber Vertretungsberechtigten, § 35 VIIa GewO. Problem: "Strohmann". 5. Untersagungsverfahren, § 35 IV GewO (mehrstufiger Verwaltungsakt) 6. Wiedergestattung nach Untersagung: § 35 VI GewO. a) Problem: Berücksichtigung nachträglich eintretender Umstände, die die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden begründen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuverlässigkeit: letzte Verwaltungsentscheidung. Später eintretende Umstände werden vor Gericht nicht mehr berücksichtigt, z.B. Nachzahlung von Steuern und Sozialversicherungsabgaben. b) Problem: vorzeitige Wiedergestattung. Ermessen oder gebundene Entscheidung? 7. Stellvertretung, §§ 45, 35 II GewO. Problem: Ermessen der Behörde. III. Regelungen der Zulässigkeit genehmigungspflichtiger Gewerbe 1. Regelungsformen: a) Genehmigung (Erlaubnis, Konzession); Nebenbestimmungen; Untersagung. Rücknahme oder Widerruf der Genehmigung; Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 14 b) Präventive und repressive Verbote. 2. Genehmigungsvoraussetzungen: a) persongebundene oder subjektive Voraussetzung der Gewerbeausübung (z.B. Zuverlässigkeit, Sachkunde, fachliche Eignung); b) sachgebundene oder objektive Voraussetzungen (Eignung der Betriebsräume, Umweltverträglichkeit, Leistungsfähigkeit des Betriebs). Nach dem Gegenstand der Genehmigung werden Sach- und Personalkonzession unterschieden. Gewerberechtliche Genehmigungen sind i.d.R. gemischte Konzessionen (sachgebundene Personalkonzession). 3. Voraussetzungen für Untersagung genehmigungspflichtiger Tätigkeit: formelle und materielle Illegalität. Vgl. aber auch § 15 II GewO. Formelle Illegalität: Ausübung genehmigungspflichtiger Tätigkeit ohne Erlaubnis. Materielle Illegalität: Fehlen der sachlichen Voraussetzungen für Erteilung der Erlaubnis (insbesondere Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden). 4. Aufhebung von Genehmigung: a) gewerberechtliche Sonderregelungen: § 33 d IV, V GewO; § 25 PBefG; § 3 V GüKG; § 21 BImSchG; § 35 II KWG; § 15 GastG. b) subsidiär: §§ 48, 49 VwVfG. 5. Erlaß von Nebenbestimmungen: a) § 36 VwVfG: bei gebundener Entscheidung nur, wenn gesetzlich ausdrücklich zugelassen. Z.B. § 5 GastG; § 3 IV GüKG. b) Sonderregelungen (u.U. auch für nachträgliche Anordnungen). Vgl. §§ 3 II, 5 GastG; §§ 12, 17; 24 BImSchG. B. Reisegewerbe, §§ 55 ff. GewO I. Legaldefinition: § 55 I GewO Beachte: Ein Reisegewerbe kann auch unselbständig ausgeübt werden oder die Urproduktion betreffen. II. Zulässigkeitsvoraussetzung: Reisegewerbekarte, § 55 II GewO Problem: Reisegewerbekartenpflicht für den Vertrieb von Presseerzeugnissen. III. Voraussetzung für Erteilung der Reisegewerbekarte: Zuverlässigkeit, § 57 GewO IV. Entzug der Reisegewerbekarte: §§ 48, 49 VwVfG Zuständigkeit für Entzug: örtliche: § 61 GewO; sachliche: § 155 II GewO i.V.m. Landesrecht. V. Untersagungsmöglichkeit: § 59 GewO; Verhinderung der Ausübung: § 60d GewO. C. Marktgewerbe, §§ 64 ff. GewO (Ausstellungen, Märkte, Messen) I. Arten: Messe ( § 64 GewO); Ausstellung (§ 65 GewO); Großmarkt (§ 66 GewO); Wochenmarkt (§ 66 GewO); Spezialmarkt (§ 68 I GewO); Jahrmarkt (§ 68 II GewO). Abgrenzung zu: Volksfesten (§ 60b GewO); privaten Veranstaltungen (z.B. Flohmarkt); kommunalen Veranstaltungen, soweit nicht eine Festsetzung gemäß § 69 GewO erfolgt. II. Festsetzung: Die zuständige Behörde hat auf Antrag des Veranstalters Gegenstand, Zeit, Öffnungszeiten und Platz einer Veranstaltung festzusetzen, §§ 64, 69 GewO. Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 15 1. Problem: Rechtsnatur der Festsetzung gegenüber der Allgemeinheit: VA/Organisationsakt? 2. Anspruch auf Festsetzung: wenn kein Ablehnungsgrund gemäß § 69 a I GewO vorliegt. 3. Änderung und Aufhebung: § 69b GewO, subsidiär §§ 48, 49 VwVfG III. Rechtsfolgen der Festsetzung 1. Verpflichtung zur Durchführung, § 69 II GewO 2. Marktprivilegien: - Marktfreiheit: Teilnehmer unterliegen keiner Anzeige- oder Erlaubnispflicht. - Vorschriften über das stehende Gewerbe nicht anwendbar, aber § 71b i.V.m. § 29 GewO. Aber spezifische Erlaubnispflichten bleiben bestehen. Bsp. Erotikmesse: Genehmigung für Schaustellung von Personen gem. § 33 a GewO ist erforderlich, VG Stuttgart, GewArch. 1998, 114f. - Vorschriften über das Reisegewerbe nicht anwendbar (Ausnahme: § 60b II GewO) - Sonderregelungen gegenüber GastG, LadenschlußG, Arbeitszeitordnung, JugendarbeitsschutzG 3. Anspruch auf Zulassung a) Grundsatz der Marktfreiheit, § 70 I GewO: Anspruch auf Zulassung für jeden, der zum festgesetzten Teilnehmerkreis gehört. b) Einschränkungen: - zur Erreichung des Veranstaltungszwecks, § 70 II 1. Hs. GewO. Beachte aber § 70 II 2. Hs. GewO: Diskriminierungsverbot. - Ausschluß einzelner Teilnehmer, § 70 III GewO, insb. wegen Platzmangels. Problem: Auswahlkriterien. Ausschluß einzelner Teilnehmer ist Berufsausübungsregelung. Bsp. für Auswahlkriterien: Bevorzugung der Ortsansässigen; rollierendes System; zeitliche Priorität; Auslosung; Grundsatz "bekannt und bewährt" (darf aber nicht alleiniges Kriterium sein); Attraktivität der Angebote. c) Sonderfall: Gemeinde als Veranstalter. Anspruch der Einwohner auf Zugang zu kommunaler Einrichtung (Art. 21 GO Bay)? IV. Rechtsschutz. Probleme: Rechtsweg; Klageart; Konkurrentenklage. § 7 Andere Bereiche des Gewerberechts A. Gaststättenrecht Lit.: Frotscher 2004, § 15; Schmidt/Vollmöller 2003, § 10; Schliesky 2003, 4. Teil, Abschn. 3. Fall: Rauschgift in der Disko (Frotscher, Fall 18) A betreibt Disko, die sich zu Umschlagplatz für Rauschgifte entwickelt. A unternimmt dagegen nichts. Die zuständige Ordnungsbehörde entzieht A die Gaststättenerlaubnis. A meint demgegenüber, von ihm könne nicht erwartet werden, seine Gäste zu überwachen und zur Anzeige zu bringen. I. Ziele des Gaststättengesetzes Bekämpfung von Alkoholmißbrauch, Schutz von Gästen und Beschäftigten. II. Gaststättengewerbe: § 1 I GastG (1) Stehendes Gewerbe i.S.d. GewO (U.U. auch Reisegewerbe bei ortsfester Betriebsstätte, z.B. auf Volksfesten). (2) Schank- oder Speisewirtschaft oder Beherbergungsbetrieb. (3) Zugänglichkeit für jedermann oder bestimmte Personenkreise (Clubs oder Sportvereine, soweit nicht Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 16 auf festen Mitgliederstamm beschränkt sowie gewerbsmäßig betrieben). III. Zulässigkeitsvoraussetzungen und Beschränkungen: (1) Erlaubnispflicht: § 2 I GastG (form- und mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt). Ausnahmen von Erlaubnispflicht: § 2 II GastG. (2) Voraussetzungen der Erteilung einer Erlaubnis: § 4 GastG (sachgebundene Personalkonzession). Problem: Drittschutz, z.B. für Nachbarn? bejaht für § 4 I Nr. 3 GastG i.V.m. BImSchG, BVerwG, GewArch. 1998, 254. (3) Auflagen: § 5 GastG (auch nachträgliche Anordnung). Gemeint sind Auflagen i.w.S., d.h. auch andere Arten von Nebenbestimmungen. (4) Rücknahme, Widerruf: § 15 GastG (§ 48 VwVfG in nicht von § 15 I GastG erfaßten Fällen). § 15 III GewO ist hingegen abschließend. (5) Schließung der Gaststätte: § 31 GastG i.V.m. § 15 II GewO. IV. Spezielle Formen der Gaststättenerlaubnis: (1) Stellvertretungserlaubnis, § 9 GastG. (2) Hinterbliebenenprivileg, § 10 GastG. Problem: Gastwirt G stirbt während Rücknahmeverfahrens; F führt Betrieb weiter, ist aber unzuverlässig. Analoge Anwendung des § 15 GastG. (3) Vorläufige Erlaubnis, § 11 GastG. (4) Gestattung, § 12 GastG. B. Handwerksrecht Lit.: Frotscher 2004, § 16. Fall: B hat seine Gesellenprüfung als Bäcker abgelegt und möchte eine Bäckerei betreiben. Dazu möchte er zwei Backautomaten, wie sie auch in Großbäckereien verwendet werden, sowie eine Hilfskraft einstellen. Er möchte sich auf zwei Brotsorten, Brötchen und Croissants beschränken, die vor allem an Kaufhäuser und Betriebskantinen geliefert werden sollen. B zeigt seinen Betrieb der zuständigen Behörde als Gewerbe an. Nach Anhörung der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer untersagt die Behörde dem B die Aufnahme des Betriebs, weil es sich um einen selbständigen Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks handele. I. Begriff des Handwerks Vgl. § 1 I iVm II Handwerksordnung (HwO). Unterscheidung zulassungspflichtige/zulassungsfreie Handwerke/handwerksähnliche Betriebe (§ 18 HwO). (1) Stehendes Gewerbe (2) Handwerksfähigkeit § 1 II HwO: Tätigkeit muß vollständig oder in wesentlichen Teilen einer der in der Anlage A zur HandwO aufgeführten Tätigkeit entsprechen (Positivliste mit abschließendem Charakter). (3) Handwerksmäßigkeit Tätigkeit muß handwerksmäßig betrieben werden, § 1 II HwO. Gegensatz: industrielle Fertigung. Typische Merkmale: geringe Arbeitsteilung, geringer Kapitaleinsatz, dienende Funktion technischer Hilfsmittel (Unterstützungsfunktion vs. Ersatzfunktion), geringe Betriebsgröße, besondere fachliche Ausbildung des Betriebsleiters, umfassende Qualifikation der Hilfskräfte, ortsbezogener Absatz. II. Zulässigkeit der Ausübung eines Handwerks I. Grundsatz: Eintragung in die Handwerksrolle erforderlich, § 1 I HwO. Voraussetzung idR Meisterprüfung, § 7 HwO (die des Betriebsleiters genügt; Abkehr vom Inhaberprinzip). Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 17 Ausnahmen nach §§ 7a, 7b, 8, 9 HwO. Zweck der Regelung (nach der Reform): Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit Dritter. II. Sonderformen nicht eintragungspflichtiger Tätigkeiten: (1) Minderhandwerk, § 1 II HwO: Betrieb mit nur unwesentlichen handwerklichen Tätigkeiten. Fall: Rolladen- und Jalousieeinbau und -reparatur. (2) unerheblicher Nebenbetrieb, §§ 3 I 2. Halbs., 2 Nr. 3 HwO: handwerkliche Tätigkeit nur in unerheblichem Umfang. (3) Hilfsbetriebe, § 3 I, III HwO: Produktion hauptsächlich für den Hauptbetrieb. III. Betriebsuntersagung: § 16 III HwO, nach Ermessen. IV. Zum Problem der "Inländerdiskriminierung" 1. Anwendungsbereich der EG-Freiheiten: grenzüberschreitender Verkehr in der EG. 2. Umsetzung in das deutsche Recht: § 9 HwO i.V.m. VO Handwerk EWG: Ausnahmebewilligung zur Eintragung in Handwerksrolle bei Nachweis von bestimmter Berufserfahrung. 3. Verfassungsrechtliche Auswirkungen: (1) Verhältnismäßigkeit: Geeignetheit innerstaatlicher Beschränkungen? Erforderlichkeit? Verhältnismäßigkeit i.e.S.? (2) Vereinbarkeit von "Inländerdiskriminierung" mit Art. 3 I GG? C. Kredit- und Bankwirtschaft I. Rechtsgrundlagen: Gesetz über das Kreditwesen (KWG) und spezielle gesetzliche Regelungen. Ziel des KWG: Wahrung der Funktionsfähigkeit des Kreditgewerbes und Schutz der Gläubiger vor Verlusten. II. Begriff - des Kreditinstituts, § 1 I 1 KWG: Unternehmen, die Bankgeschäfte betreiben, wenn der Umfang dieser Geschäfte einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Abschließender Katalog von Bankgeschäften in § 1 I 2 KWG. 3-Säulen-Modell: private Kreditbanken/Genossenschaftsbanken/öffentliche Banken. - der Finanzdienstleistungen: § 1a KWG: keine Bankgeschäfte, aber Vermittlung von Kreditverträgen etc. III. Bankenaufsicht: durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, § 5 KWG. (1) Zulassung: Erlaubnispflicht gem. § 32 KWG. Zulassung nicht von "Einzelkaufleuten", also nur von Unternehmen, § 2 a KWG. (2) Kontrolle des laufenden Betriebs (insb. §§ 3, 13, 35ff. KWG). (3) Anforderungen an Eigenkapital (§ 10 KWG; Grundsätze des Bundesaufsichtsamts) und Liquidität (§ 11 KWG). (4) Erlöschen oder Aufhebung der Genehmigung, § 35 KWG (neben VwVfG). IV. EG-Liberalisierung: Art. 56-60 (ex-73b ff.) EGV. Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 18 3. Teil: Wirtschaftsförderung § 8 Begriff und Arten von Subventionen Lit.: Frotscher 2004, §§ 18, 19; Schmidt/Vollmöller 2003, § 7; Schliesky 2003, 1. Teil, Abschn. 3., V.2. I. Definition (1) BVerfGE 17, 210 (216); 72, 175 (193): Subventionen als finanzielle Zuwendungen des Staates zur Förderung eines bestimmten wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitisch erwünschten Verhaltens der Bürger. Allgemein: Form öffentlicher Leistung; nicht auf Wirtschaftssubventionen beschränkt; Wirtschafts-, Kultur-, Sozialsubventionen. (2) Legaldefinition für das Wirtschaftsstrafrecht in § 264 VII 1 StGB: Subvention im Sinne dieser Vorschrift ist eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht oder nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften an Betriebe oder Unternehmen, die wenigstens zum Teil 1. ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und 2. der Förderung der Wirtschaft dienen soll. Gilt auch für Subventionsgesetz (Gesetz gegen mißbräuchliche Inanspruchnahme von Subventionen v. 29.7.1976), aber nicht für das gesamte Wirtschaftsverwaltungsrecht (str.). (3) Komponenten des verwaltungsrechtlichen Subventionsbegriffs: Subventionsgeber: öffentliche Hand (Träger öffentlicher Verwaltung); Subventionsempfänger: natürliche oder juristische Person des Privatrechts; Subventionsleistung: finanzielle Zuwendung, die ohne wirtschaftliche Gegenleistung gewährt wird; Subventionszweck: wirtschafts- oder gesellschaftspolitisch begründeter Zweck (öffentliches Interesse). II. Subventionsarten (1) Direkte und indirekte Subventionen: Direkte Subventionen sind vermögenswerte Zuwendungen, die ein Träger öffentlicher Verwaltung Privaten unmittelbar gewährt, um sie zu befähigen, bestimmte öffentliche Zwecke zu erfüllen. Indirekte Subventionen liegen vor, wenn vermögenswerte Zuwendungen durch Verminderung der Abgabenlast erfolgen. Es fehlt in diesen Fällen jedoch an einem Subventionsverhältnis, d.h. einem Rechtsverhältnis zwischen Subventionsgeber und -empfänger. (2) Subventionszweck: Erhaltungs-, Anpassungs-, Produktivitäts-, sonstige Hilfen. (3) Handlungsformen: Verwaltungsakt; Verwaltungsvertrag; Verwaltungshandeln in privatrechtlicher Form. (4) Vergabeformen: zinslose und zinsverbilligte Darlehn; Zuschüsse, Zulagen, Prämien; Bürgschaften, Rückbürgschaften, Garantien. § 9 Vergabe von Subventionen A. Zulässigkeitsvoraussetzungen I. Vorbehalt des Gesetzes? 1. Grundrechtlicher Vorbehalt des Gesetzes Grds. stellt Subventionsvergabe keinen Eingriff in Grundrechte Dritter dar. Ausnahmsweise möglich, z.B. bei Pressesubventionen (OVG Berlin, NJW 1975, 1938; OLG Frankfurt a.M., NVwZ 1993, 706; dazu Püttner, JuS 1995, 1069ff.); Förderung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften (BVerwGE 90, 112; OVG Münster, NVwZ 1991, 174; a.A. OVG Berlin, NVwZ 1991, 798. Vgl. Heintschel von Heinegg/Schäfer, DVBl. 1991, 1341ff. Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 19 2. Totalvorbehalt? abgelehnt von BVerwGE 8, 155 (167f.), std. Rspr. 3. Wesentlichkeitstheorie Für das Gemeinwesen wesentliche Fragen müssen in grundlegenden normativen Bereichen vom Parlament getroffen werden (Parlamentsvorbehalt). Vgl. BVerfGE 40, 237 (249); 47, 46 (78ff.); 49, 89 (126); Bauer, DÖV 1983, 53 (56). II. Grundrechte: Art. 3 I GG; Art. 12 I, 2 I GG (Wettbewerbsfreiheit)? III. Das Beihilfenverbot des Art. 87 (ex-92) I EGV Fall: Nach der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion brach der Absatz und die Fertigung von Trabant-Fahrzeugen in Sachsen zusammen. Zur Erhaltung der Kraftfahrzeugindustrie in dieser Region trafen die Treuhandanstalt und die Volkswagen AG eine Grundsatzvereinbarung, der zufolge die Volkswagen eine Beschäftigungsgesellschaft gründete, die alte Motorenfertigung und Zylinderkopffertigung übernahm und ein neues Fahrzeugwerk in Mosel und ein Motorenwerk in Chemnitz errichten sollte. Dem Volkswagen-Konzern wurden für diese Vorhaben verschiedene Investitionszuschüsse auf Grundlage des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe, nach dem Investitionszulagengesetz sowie Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz 1991 bewilligt und teilweise ausgezahlt. Die EU-Kommission erklärte die Beihilfen teilweise für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt. (EuG, JZ 2000, 251 m. Anm. Koenig/Kühling) 1. Voraussetzungen (1) Beihilfe: jeder unentgeltliche wirtschaftliche Vorteil; weit auszulegen ("gleich welcher Art"). Maßgeblich ist objektive Wirkung der Begünstigung. Bsp.: Quersubventionierung in staatlichem Unternehmen; steuerliche Vorteile. (2) Staatliche Mittel: Vorteilsgewährung muß unmittelbar dem Staat zuzurechnen sein. Bsp.: Entgelt für Ökostrom nach dem StromeinspeisungsG keine Vorteilszuwendung durch den Staat, EuGH, EuZW 2001, 242. (3) Spezifische Begünstigungswirkung: Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige. (4) Wettbewerbsverfälschung: Beihilfe muß Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen. Die Stellung des begünstigten Unternehmens muß gegenüber seinen Konkurrenten voraussichtlich verbessert werden. Problem: Spürbarkeit (vgl. Art. 81 (ex-85) EGV). (5) Handelsbeeinträchtigung: Geeignetheit der Beihilfe, im innergemeinschaftlichen Handel die Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten zu erschweren oder die Ausfuhren in diese Mitgliedstaaten zu erleichtern. Problem: Spürbarkeit (s.o.). 2. Ausnahmen: (1) Obligatorische Ausnahmen: Sozialbeihilfen, Art. 87 (ex-92) II lit. a EGV; Katastrophenbeihilfen, Art. 87 (ex-92) II lit. b EGV; Beihilfen für durch Teilung Deutschlands betroffene Gebiete, Art. 87 (ex92) II lit. c EGV (Umfang str.). (2) Fakultative Ausnahmen: Art. 87 (ex-92) III EGV. Voraussetzung: (1) Beitrag zur Verwirklichung eines der in Art. 87 (ex-92) III EGV genannten Ziele, (2) Erforderlichkeit und (3) im Gemeinschaftsinteresse. 3. Kontrolle: durch die Kommission, Art. 88 (ex-93) EGV (1) Repressive Kontrolle bestehender nationaler Beihilfen, Art. 88 (ex-93) I EGV (2) Präventive Kontrolle gegenüber beabsichtigten Beihilfen, Art. 88 (ex-93) III EGV - Notifizierungspflicht - Sperrwirkung des Verfahrens nach Art. 88 (ex-93) III 2 EGV. Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 20 (3) Verfahren: SubventionsvergabeVO v. 22.3.1999. B. Rechtsgrundlagen Fall: Investitionszulagen (Frotscher, Fall 26) K und M wollen Subvention für Ausbau einer Bootswerft in Stralsund nach dem Investitionszulagengesetz (InvZulG) sowie Investitionszuschüsse aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". a) Gesetzliche Anspruchsgrundlagen, z.B. InvZulG. b) Subventionierung ohne gesetzliche Anspruchsgrundlage. aa) Z.B. aufgrund des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GRW) v. 6.10.1969: nur allgemeine Grundsätze, keine konkreten Förderungsmaßnahmen oder Subventionsansprüche; Ergänzung durch Rahmenplan. bb) Vergabe nach Verwaltungsvorschriften ohne gesetzliche Vergabebestimmungen. cc) Subventionsgewährung nach pflichtgemäßem Ermessen. Problem: Vorbehalt des Gesetzes. Anspruch nur bei Ermessensreduzierung. Selbstbindung der Verwaltung: gleichförmige Vergabepraxis führt über den Gleichheitssatz zu Ermessensbindung und Rechtsanspruch auf die Leistung. c) EG: Regionalförderung durch Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) (Art. 160 (ex130c) EGV). § 10 Aufhebung von Bescheiden und Rückforderung von Subventionen I. Rücknahme von Leistungsbescheid gemäß § 48 VwVfG Fall: A erhielt EG-Beihilfen für die Verarbeitung von Magermilch und Buttermilch zu Viehfutter. Nach den Feststellungen des Zolls enthielten die von A verarbeiteten Milchprodukte jedoch, entgegen den Angaben im Subventionsantrag, nicht nur Magermilch und Buttermilch, sondern auch Molke, die nicht beihilfefähig war, und zwar in einem so großen Umfang, daß der vorgeschriebene Mindestanteil an Magermilch und Buttermilch in dem Futtermittel nicht erreicht wurde. Die Behörde nahm daraufhin den Bewilligungsbescheid zurück und forderte insgesamt 1,8 Mio. DM zurück. BVerwGE 74, 357. a) Voraussetzungen nach § 48 VwVfG (1) Rechtmäßigkeit der Rücknahme? (1.1) Ermächtigungsgrundlage - § 48 VwVfG - kein EG-Recht; Verwaltung von EG-Subventionen durch nationale Behörden nach nationalem Recht - § 9 II 1 Beihilfen-VO Magermilch iVm Gesetz zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisation (MOG): ".. sind zurückzuzahlen" bedeutet Ausschluß des Ermessens gem. § 48 I 1 VwVfG, aber nicht des Vertrauensschutzes nach § 48 II, IV VwVfG - kein "vorläufiger VA" (vorbehaltlich des Ergebnisses einer noch durchzuführenden Betriebsprüfung), vgl. BVerwGE 67, 99. (1.2) Formelle Rechtmäßigkeit: kein Problem. (1.3) Materielle Rechtmäßigkeit gem. § 48 I, II VwVfG (1.3.1) Anwendbarkeitsvoraussetzungen: rechtswidriger begünstigender Leistungsbescheid, § 48 I 2, II 1 VwVfG (1.3.2) Rücknahmevoraussetzungen: kein Ausschluß der Rücknahme durch Vertrauensschutz, § 48 II 2, 3 VwVfG. (1.3.3) Rechtsfolge: hier Pflicht zur Rücknahme. (2) Erstattungspflicht Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 21 (2.1) Rechtsgrundlage: § 49 a VwVfG (2.2) Voraussetzung: § 49 a I VwVfG (2.3) Umfang der Erstattungspflicht: § 49 a II VwVfG: Vorschriften über Herausgabe ungerechtfertigter Bereicherung. Problem: Wegfall der Bereicherung: § 818 III BGB. Ausschluß der Berufung auf Entreicherung: § 49 a II 2 VwVfG: Vorsatz oder grobfahrlässige Unkenntnis (enger als § 819 BGB); § 820 BGB: Wegfall des Rechtsgrunds als möglich angesehen? Verhältnismäßigkeit? b) Einwirkungen des EG-Rechts Fall: A erhält eine nationale Beihilfe vom Land L zur Rettung seines notleidenden Aluminiumbetriebs. Die Beihilfe wird vom Land L nicht der EU-Kommission mitgeteilt. Die EU-Kommission erklärt die Beihilfe für rechtswidrig und ordnet ihre Rückforderung an. Die Landesregierung bleibt zwei Jahre lang untätig, bis sie schließlich den Bewilligungsbescheid aufhebt und die Beihilfe zurückfordert. Die Beihilfe ist inzwischen verbraucht, der Betrieb immer noch notleidend. Muß A die Beihilfe zurückzahlen? Vgl. EuGH, DVBl. 1997, 951. EuGH zu Art. 87 (ex-92), 88 (ex-93) EGV: (1) Vertrauensschutz nicht EG-rechtswidrig, aber kein Schutz des Vertrauens bei EG-rechtswidrigen nationalen Beihilfen; EG-Interesse geht vor, gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung: Pflicht zur Erkundigung, ob Beihilfeverfahren eingehalten wurde. (2) keine Anwendung des § 48 IV VwVfG. (3) keine Verwirkung: Begünstigter muß sich über Einhaltung des Verfahrens nach Art. 87 (ex-92), 88 (ex-93) EGV vergewissern. (4) kein Einwand des Wegfalls der Bereicherung - kein Vertrauen bei Verfahrensverstoß - Rückforderung würde praktisch unmöglich - Wegfall der Bereicherung wäre die Regel. II. Widerruf von Leistungsbescheiden Fall: Kürzung der Ausbildungsplatzprämie (Frotscher, Fall 27) M hat finanzielle Zuwendungen im Rahmen eines Sonderprogramms zur Sicherung von Ausbildungsplätzen erhalten. Die Zuwendung wurde als Festbetragsfinanzierung als Zuschuß zu den Kosten für die Bereitstellung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen gewährt. Voraussetzung war die Einstellung von zwei Lehrlingen und deren Ausbildung über die Probezeit hinaus. Für den Fall vorzeitiger Beendigung des Ausbildungsverhältnisses war ein Vorbehalt der Prüfung einer Kürzung vorgesehen. Lehrling L löst Ausbildungsverhältnis vorzeitig auf. Behörde verfügt Rückerstattung eines Teilbetrags mit hektographiertem Formblatt mit Hinweis, daß der Zuschuß nur für die Dauer des Ausbildungsverhältnisses gewährt worden sei, ohne weitere Ausführungen zur Sach- und Rechtslage. Fall: A erhält vom Land L aus für Modernisierungsvorhaben im Haushaltsplan bereitgestellten Mitteln und entsprechend den Bewilligungsrichtlinien der Landesregierung eine Subvention für die Modernisierung seiner Textilfabrik im Land L. Nach Auszahlung der Subvention entschließt er sich, die Mittel zur Modernisierung einer Fabrik in einem osteuropäischen Land zu verwenden. a) Allgemeine Widerrufsvoraussetzungen: § 49 II VwVfG b) Widerruf von Leistungsbescheiden: § 49 III VwVerfG (n.F.) (oder entsprechendes Landesgesetz). Die Neuregelung in § 49 III VwVfG enthält gegenüber § 44 a BHO a.F. eine Erweiterung der Widerrufsmöglichkeit über Subventionsbscheide hinaus. aa) Voraussetzungen: Verwendung der Zuwendung entgegen dem im Zuwendungsbescheid bestimmten Zweck oder Nichterfüllung/nicht fristgemäße Erfüllung einer Auflage. bb) Mögliche Rechtsfolge: Aufhebung des Zuwendungsbescheids mit Wirkung ex tunc oder ex nunc. Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 22 4. Teil: Besondere Bereiche der Wirtschaftsverwaltung § 11 Rechtliche Grundlagen der Wirtschafts- und Währungspolitik Lit.: Frotscher 2004, §§ 6, 7; Schmidt/Vollmöller § 4. I. Globalsteuerung und Stabilitätsgesetz Fall: Konjunkturausgleichsrücklage (Frotscher, Fall 10) In der Zeit einer Hochkonjunktur mit verstärktem Preisauftrieb erläßt die Bundesregierung nach Anhörung des Konjunkturrates und mit Zustimmung des Bundesrats eine "VO über die Bildung von Konjunkturausgleichsrücklagen durch Bund und Länder im Haushaltsjahr 19...". Danach wird den Konjunkturausgleichsrücklagen insgesamt ein Betrag von 10,2 Mrd. DM zugeführt. Hiervon entfallen auf den Bund 6,8 Mrd. DM und auf die Länder 3,4 Mrd DM. Die ostdeutschen Länder bleiben wegen ihrer schwierigen finanziellen Lage ausgenommen. Der auf diese Länder entfallende Betrag der Konjunkturausgleichsrücklagen wird deshalb von den westlichen Ländern allein aufgebracht, und zwar im Verhältnis der von ihnen im vorangegangenen Haushaltsjahr jeweils erzielten Steuereinnahmen. Die Bundesregierung begründet die VO mit einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, die Maßnahmen zur Konjunkturdämpfung erforderlich mache. Land X verlangt demgegenüber unbedingten Vorrang für Vollbeschäftigung. Es will a) die von ihm für richtig erachtete Konjunkturpolitik fortsetzen, unter Berufung auf Selbständigkeit und Unabhängigkeit seiner Haushaltswirtschaft; b) die Rücklagen-VO vom BVerfG überprüfen lassen. Globalsteuerung a) Begriff: staatliche Einflußnahme auf die Makrorelationen der Wirtschaft über eine entsprechende Haushalts-, Steuer-, Geld- und Kreditpolitik bei gleichzeitiger Selbstregulierung des Mikrobereichs (Keynesianismus (Fiskalismus) vs. klassische/neoklassische Theorie (Monetarismus).) Keynesianismus: Forderung antizyklischer Wirtschaftspolitik (deficit spending/surplus saving). b) Rechtliche Grundlagen: Art. 109 GG, Stabilitätsgesetz; Art. 2 EGV. c) Ziele der Globalsteuerung: Art. 109 II GG, § 1 S. 2 StabG: Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts: Stabilität des Preisniveaus, hoher Stand der Beschäftigung, außenwirtschaftliches Gleichgewicht, stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum (magisches Viereck). II. Das Europäische System der Zentralbanken 1. ESZB und EZB Grundlage: Vertrag über die Europäische Union (Maastrichter Vertrag) v. 7.2.1992 Aufbau: Europäisches System der Zentralbanken (ESZB), Europäische Zentralbank (EZB) mit eigener Rechtspersönlichkeit (Art. 8 (ex-4a), 107 EGV). ESZB bestehend aus EZB und nationalen Zentralbanken, Art. 107 (ex-106) I EGV. Aufgaben: vorrangiges Ziel der Preisstabilität (Art. 105 I EGV). Geldpolitik, Devisengeschäfte, Verwaltung von Währungsreserven, Förderung des Zahlungsverkehrs. Übergang von währungspolitischen Befugnissen der nationalen Zentralbanken: Notenausgabe (Art. 106 I EGV); Offenmarktund Kreditgeschäfte (Art. 18 EZB-Satzung); Erlaß von Mindestreserveregelungen (Art. 19 ESZBSatzung). Unabhängigkeit der EZB gem. Art. 108 EGV; vgl. auch Art. 88 S. 2 GG. 2. Rechtsstellung und Aufgaben der Bundesbank a) Bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts (§ 2 BBankG). Organ: Vorstand (§ 7 BBankG). Unabhängigkeit der BBank von Weisungen der BReg, § 12 BBankG. Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 23 b) Aufgaben gem. § 3 BBankG: als Zentralbank integraler Bestandteil des ESZB. Sie wirkt an der Erfüllung seiner Aufgaben mit dem vorrangigen Ziel mit, die Preisstabilität zu sichern. Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Inland und mit dem Ausland. Währungspolitische Befugnisse: weitgehend auf Europäische Zentralbank übergegangen. § 12 Vergabe öffentlicher Aufträge Lit.: Schmidt/Vollmöller 2003, § 6; Schliesky 2003, 3. Teil, Abschn. 3 u. 4; Stober, Allg. Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 37. Fall: Die beklagte Stadt schrieb europaweit im offenen Verfahren die Rohbauarbeiten für die Erweiterung eines Klärwerks aus. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, daß der Zuschlag nach § 25 VOB/A auf das Angebot erteilt wird, das unter Berücksichtigung aller technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkte als das annehmbarste erscheint. Hinweise auf weitere Zuschlagskriterien gab es nicht. Die Klägerin hatte sich mit dem preislich niedrigsten Angebot an der Ausschreibung beteiligt. Gleichwohl wurde der Auftrag an die nächstrangige Bieterin vergeben. Die Beklagte machte geltend, das andere Unternehmen habe einschlägige Erfahrungen, die der Klägerin abgingen. BGH, NJW 1998, 3644. Fall: Die Bundesregierung legt durch Verwaltungsvorschrift fest, daß Bundesbehörden Aufträge bevorzugt an solche Betriebe vergeben sollen, die das berufliche Fortkommen von Frauen fördern. Fall: Stadt S erteilt ohne Ausschreibung einen Auftrag an eine Werbeagentur für 40.000,- EUR. Eine Verwaltungsrichtlinie sieht vor, dass Aufträge über 10.000 EUR ausgeschrieben werden müssen. I. Rechtsgrundlagen 1. GPA-Abkommen Government Procurement Agreement (im Rahmen der GATT/WTO-Vereinbarungen 1994). Plurilaterales Abkommen. Inkorporation in das EG-Recht in Art. 300 (ex-228) VII EGV. Anwendungsbereich: Beschaffungsaufträge jeder Art; zentralstaatliche, regionale oder kommunale Auftraggeber. 2. EG-Recht Einzelne Regelungen im EG-Vertrag (Art. 183 (ex-132) Nr. 4 EGV; ferner allg. Diskriminierungsverbot, Grundfreiheiten, Kartellverbot, Subventionsverbot, Rechtsangleichung (Art. 94 (ex-100), 95 (ex-100a) EGV). EG-Richtlinien. 3. Nationale Regelungen a) Vergabegesetz: 4. Teil des GWB, §§ 97ff. GWB (eingefügt durch Vergaberechtsänderungsgesetz VgRÄG - vom 26.8.1998, BGBl. I 2512), VO aufgrund § 127 Nr. 1 GWB. Gewährung subjektiven Rechts auf Einhaltung der Vergabevorschriften (zur Umsetzung EG-rechtlicher Vorgaben, vgl. EuGH EuZW 1995, 635). Geltung ab bestimmter Wertgrenze (Schwellenwert). b) §§ 57a ff. Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG), Vergabeverordnung, Nachprüfungsverordnung; § 55 II Bundeshaushaltsordnung (BHO) sowie entsprechende landesrechtliche Bestimmungen, Konkretisierung durch Verdingungsordnungen (Verwaltungsvorschriften). Grundsätzlich Pflicht zu öffentlicher Ausschreibung. Vergabe nach allgemeinen Richtlinien. Aber kein Rechtsschutz. c) VOB/A (Verdingungsordnung für Bauleistungen), VOL/A (Verdingungsordnung für sonstige Leistungen), VOF/A (für freiberufliche Leistungen). II. Vergabeverfahren bei Auftragswerten oberhalb der Schwellenwerte: Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 24 1. Öffentlicher Auftrag 2. Öffentlicher Auftraggeber Problem: Abgrenzung öffentlicher Auftraggeber. Merkmal: Nichtgewerblichkeit und Finanzierung oder Aufsicht durch Gebietskörperschaft oder öffentliche Sondervermögen. 3. Verfahrensarten: offene Verfahren, nicht offene und Verhandlungsverfahren. Regelvergabeform: offenes Verfahren. Nicht offenes oder Verhandlungsverfahren z.B., wenn besondere Qualifikation des Unternehmers gefordert wird. 4. Grundsatz öffentlicher Ausschreibung. Ziel: Eindämmung freihändiger Vergabe, Vorbeugung gegen Korruption, Gleichbehandlung. 5. Vergabegrundsätze und -kriterien: Neutralität, Gleichbehandlung. Problem: Anwendbarkeit der Vorschriften über den Ausschluß vom Verwaltungsverfahren (§§ 20, 21 VwVfG)? Vergabekriterien: Eignungs- und Zuschlagskriterien. Im deutschen Recht: Zuschlagskriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebots (Berücksichtigung nicht nur von Preis, sondern z.B. auch von Ausführungs- und Lieferfrist, Betriebskosten, Rentabilität, Qualität, etc.). Vgl. § 97 V GWB; § 25 VOB/A. 4. Bevorzugungen, Ausschluß vom Verfahren: Bevorzugungen nicht grundsätzlich ausgeschlossen, bedürfen aber gesetzlicher Grundlage, § 97 II GWB. Z.B. Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen durch Zerlegung von Großaufträgen in Lose. Bevorzugung von ökologisch arbeitenden Unternehmen (§ 37 KrW/AbfG) von Betrieben, die Behinderte beschäftigen (§ 56 SchwbG), Lehrlinge ausbilden, Frauen fördern; Tarifbindungsklauseln. 5. Überwachung und Nachprüfung: a) oberhalb der Schwellenwerte: subjektives Recht auf Einhaltung der Vergabevorschriften. Nachprüfung durch Vergabeprüfstellen und Vergabeüberwachungsausschüsse (Kammer beim Bundeskartellamt). Rechtsbeschwerde zum OLG. EG-Recht: Möglichkeit formloser Beschwerde an die EU-Kommission. Beanstandungsverfahren noch während des Vergabeverfahrens möglich. Vertragsverletzungsverfahren. Einstweilige Anordnung. b) unterhalb der Schwellenwerte: Vergabeverordnung und Nachprüfungsverordnung nicht anwendbar. Art. 3 I GG? 6. Schadenersatz: möglicherweise aufgrund Anspruch aus culpa in contrahendo (c.i.c.). Problem: Ersatz des positiven Interesses. Vgl. auch § 26 VOB/A zur Aufhebung einer öffentlichen Ausschreibung. III. Ausschreibungsbetrug und Ausschreibungsvergabebestechung vgl. „Straftaten gegen den Wettbewerb“ im Strafgesetzbuch. § 13 Wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand Lit.: Schmidt/Vollmöller 2003, § 5. A. Anwendungsbereich I. Beispiele für wirtschaftliche Betätigung des Staates: - wirtschaftlicher Erwerb des Staates (Wirtschaftsunternehmen in staatlicher Hand), Bsp. öffentliche Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 25 Banken, Energie- und Versorgungsunternehmen. - Monopolkontrolle (Versorgungsunternehmen) - Unterstützung der Verwaltung (Bundesdruckereien) - Wirtschaftsförderung (Messe-, Flughafengesellschaften) - Sozialpolitik (gegenüber Verbrauchern, Arbeitnehmern) II. Formen der wirtschaftlichen Betätigung: - öffentliche Unternehmen: ausschließlich in staatlichem Besitz. - gemischt-wirtschaftliche Unternehmen: Beteiligung der öffentlichen Hand neben Privaten. B. Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung Fall: BVerwGE 39, 329 - Kommunales Bestattungsunternehmen. Fall: Der Landkreis L unterhält im Gebäude der Kraftfahrzeugzulassungsstelle eine Verkaufsstelle für Kfz-Schilder. Zwei weitere Räume werden an private Kfz-Schilderhersteller vermietet, die durch Los ermittelt werden. Ein Bewerber, der nicht zum Zuge kommt, möchte, daß auch der vom Landkreis für den Schilderverkauf genutzte Raum in die Verlosung einbezogen wird. Fall: Das Land L läßt Landeskredite zur Wirtschaftsförderung über eine Abteilung seiner Landesbank abwickeln. Private Geschäftsbanken sehen sich dadurch benachteiligt, weil zu befürchten sei, daß Kreditnehmer des Landes auch ihre übrigen Kredite über die Landesbank abwickeln würden. Können sie etwas gegen das Land L oder die Landesbank unternehmen? I. EG-Recht: Art. 295 EGV. Kein Ausschluß von Staatsunternehmen durch EG-Recht. II. Verfassungsrecht 1. Vorbehalt des Gesetzes? Kein Totalvorbehalt. Ein Grundrechtseingriff liegt idR nicht vor, da Grundrechte keinen Schutz vor Konkurrenz bieten (h.M.). 2. Kompetenzordnung 3. Bundesrepublik als Abgaben- und Steuerstaat? III. Gesetzliche Grundlagen 1. Wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden: - Einrichtungen der kommunalen Daseinsvorsorge, etwa Wasser- und Energieversorgung, Verkehrsunternehmen: Art. 24 GO Bay; - sonstige Unternehmen: Art. 87 GO Bay: (1) durch öffentlichen Zweck erfordert, (2) in angemessenem Verhältnis zu Leistungsfähigkeit und Bedarf, (3) Aufgabe ist zur Übertragung an Unternehmen außerhalb der Verwaltung geeignet, (4) Zweck kann nicht ebenso gut durch anderen erfüllt werden (Subisidiarität). Vgl. auch Art. 86, 88, 89 zur Rechtsform (privat/öffentlich). Beachte Art. 87 II BayGO: Beteiligung an Wettbewerb mit Absicht der Gewinnerzielung entspricht grundsätzlich nicht einem öffentlichen Zweck. Vor 1.9.1998 existierende Unternehmen dürfen weitergeführt werden. 2. Wirtschaftliche Betätigung anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften: Spezialgesetzliche Regelungen, etwa § 65 BHO. III. Problem: Konkurrenzschutz 1. Errichtung öffentlicher Unternehmen (Ob des Tätigwerdens) a) Wirtschaftliche Konkurrenz, vgl. BVerwG NJW 1978, 1539f. - Kommunale Wohnungsvermittlung. Problem: faktischer (mittelbarer) Eingriff in Grundrechte? Drittschützende Wirkung Sieckmann, Wirtschaftsverwaltungsrecht 26 kommunalrechtlicher Regelungen? Bsp. Gebäudemanagement, Gartenbaubetrieb, §§ 107, 108 GO NW. b) Faktischer Entzug des Kundenstamms, z.B. durch Anschluß- und Benutzungszwang für Müllabfuhr (BGHZ 40, 355ff.; OVG Lüneburg, DÖV 1978, 44ff.) 2. Schutz gegen Tätigkeit öffentlichen Unternehmens (Wie des Tätigwerdens) Nach UWG (§§ 1 ff., unlauterer Wettbewerb) oder GWB (§§ 19 ff., Mißbrauch marktbeherrschender Stellung). Insbesondere gegen Subventionierung, die private Anbieter nicht mehr konkurrenzfähig macht. § 14 Außenwirtschaftsverwaltungsrecht Lit.: Stober, Allg. Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 16. Fall: Die Lieferung von Teilen zum Bau einer chemischen Anlage wird von der Zollbehörden an der Grenze zurückgewiesen, weil eine Ausfuhrgenehmigung nicht vorliege. Die Genehmigung ist erforderlich aufgrund einer Bestimmung der Außenwirtschaftsverordnung, die die Ausfuhr von Anlagen, die zur Herstellung chemischer Waffen eingesetzt werden können, von einer Genehmigung abhängig macht. BVerfGE 91, 148. I. Rechtsgrundlagen 1. Internationales Wirtschaftsrecht: Regelungen der WTO: GATT, GATS. Andere bilaterale und multilaterale Abkommen (Handelsverträge, Doppelbesteuerungsabkommen, Niederlassungsabkommen, Kooperationsabkommen, Investitionsschutzabkommen). 2. EG-Außenhandelsrecht, insb. Art. 133 (ex-113) EGV: Gestaltung gemeinsamer Handelspolitik nach einheitlichen Grundsätzen. Bisher keine umfassende EG-Regelung, aber verschiedene Richtlinien. 3. Außenwirtschaftsgesetz: AWG, AWVO mit Anlagen (Ausfuhrlisten, Einfuhrlisten, Länderlisten): Festlegung, welche Waren und Dienstleistungen Ausfuhr- oder Einfuhrbeschränkungen unterliegen. Anwendungsbereich: Verkehr mit fremden Wirtschaftsgebieten (hauptsächlich Nicht-EG-Länder). 4. Weitere Rechtsgrundlagen: BundesbankG, StabG, ZollG, MarktordnungsG, KriegswaffenkontrollG, AußenhandelsstatistikG. II. Ziel und Aufgaben des Außenhandelsgesetzes: 1. Freiheit des Außenwirtschaftsverkehrs, § 1 I AWG. Absage an staatliches Außenhandelsmonopol und Devisenbewirtschaftung. 2. Wirtschaftsüberwachende, wirtschaftslenkende und -fördernde Funktionen: - Aufrechterhaltung der Sicherheit, Vermeidung von Störungen des friedlichen Zusammenlebens; - Gewährleistung gesamtwirtschaftlichen und außenwirtschaftlichen Gleichgewichts; - Interesse an regem Außenwirtschaftsverkehr. III. Beschränkungen der Außenwirtschaftsfreiheit: Genehmigungsvorbehalte und Verbote, § 2 I AWG (Verordnungsermächtigung). Rechtsanspruch auf Genehmigung, wenn keine oder nur unwesentliche Beeinträchtigung des Gesetzeszwecks; im übrigen Ermessen, wenn volkswirtschaftliches Interesse an Genehmigung überwiegt (§ 3 I AWG). Ermächtigungen nach §§ 5 ff. AWG, insb. § 7 AWG: Beschränkung der Ausfuhr in "Embargoländer".