-1- Weltenspringer Buch 3 Licht und Dunkelheit Auf Leben und Tod von Blaudrachenstein Copyright 2002 by Alexander Schlor, Würzburg 1 -2- Die Nacht ist hereingebrochen im Universum und beginnt all seine Bewohner zu unterdrücken. Egal wo sie leben, ob in den Weiten des uns bekannten Alls, oder in den Weiten der bisweilen undurchdringlichen Steppen und Wälder von Skataris, ob auf der Oberfläche unserer Erde, oder auf den Oberflächen fremder Welten. Die Menschheit und ihre Verbündeten erheben sich und leisten Widerstand. Widerstand gegenüber einem allzu mächtigen Feind. 2 -3- Die Personen in alphabetischer Reihenfolge: Boral, Gan : Clark, Jason F.: Oberbefehlshaber der drakonianischen Streitkräfte und Captain der Kurg Commander der Jet-Ranger Dal, Niora: Junge Alamak, flieht mit Clark von der Rasool Ardehn zu den Menschen Deveraux, Branda: Lieutenant der Marines, immer noch gute Freundin von Snow u. Clark Duggen, James Ein Soldat Elkah, Ellimak tim Größer Zauberer und Erschaffer von Skataris Elkah, Muk-Tar tim jüngster und bösartigster Spross Ellimaks Elkah, Mao-Tin tim zweitgeborener Ellimaks Elkah, Ellimak jun tim drittgeborener Ellimaks und sein Nachfolger Gentis, Jeff: Chief im Maschinenraum der Perseús K-thal, Reed: Toter Alamak in der Kraftfeldzentrale Meyer, Regina: Elektrotechnikerin von der Ghost 3 -4Jackson, Steve: Ein Marine - Scharfschütze, später Deveraux´s Freund und letzte Liebe Ko In: Fischwesen von Xotha Ko, Omna: Alte Alamakfrau, Nubal ergeben McFadden: Kommandierender Offizier Marshall, Don: Erster Offizier auf der Perseús Maywather: Ein Soldat Nubal, Shak: Anführer der Alamak auf der Rasool Ardehn O´Reily, Shawn: Commander der Eagles Scott, Benjamin: Kommunikationsoffizier auf der Perseús Seidenfeder, Miguel: Bibliothekar in der Halle des geschriebenen Wortes Shigerah, Markus: Captain der Perseús St. George, Rupert: Admiral der Flotte und Kommandeur von Raumbasis 23 St. Tilly, James: Ein Soldat Taylor, Andrea: Technikerin von der Ghost Yashida, Tanaka: Samurai u. ehem. Gefangener v. Xotha Fischwesen von Xotha Zack: 4 -5- Kapitel 1: Vorbereitungen „Gwyndragsil, mein alter Freund!“ begrüßte Snow den blauen Drachen, als dieser in seiner verkleinerten Gestalt wieder auf den Balkon hinaus trat. „Ah, es tut gut, euch wieder hier zu wissen, Ritter. An was könnt ihr euch erinnern?“ fragte er und ließ sich neben dem Liegestuhl auf den Boden plumpsen. „Nun, an alles, mein Freund. An jede Einzelheit. Doch nun sagt mir, wie ist die Schlacht für uns gelaufen, und wie lange bin ich schon hier?“ Der Drache setzte sich auf sein breites Hinterteil und senkte das Haupt. „Euer Geist kehrte vor fast einer Woche wieder hierher zurück, doch der Zauber hat euren Körper viel Kraft gekostet, wie ihr vielleicht bemerkt habt.“ Snow stimmte ihm nickend zu. Er hatte sich tatsächlich sehr schwach gefühlt, bevor der Drachen hier aufgetaucht war. Doch nun schien es ihm schon wieder besser zu gehen. Gwyn fuhr fort: „Es war eine große Schlacht, aber sie forderte viele Opfer von uns. Zu viele.“ er atmete schwer, und man konnte sehen, dass es ihm nicht leicht viel darüber zu reden. Alex legte ihm die Hand auf den blau geschuppten Arm und drückte ihn leicht. „Erzählt mir davon. Von Anfang an.“ bat er und zog seine Hand wieder zurück. Gwyn fixierte ihn mit seinen gelben Drachenaugen und nickte. Gwyn berichtet ihm vom weiteren Verlauf der Schlacht, ab dem Zeitpunkt, da Alex durch diesen harten Treffer der Dämonenkönigin von sein seinem Rücken geschleudert worden war. 5 -6- „Eurer Freund, der Zwerg Jimson Kool und sein Freund Yomar, haben es nicht überlebt. Genau so wenig wie Hauptmann Sagunil und der Chronist Bartholomäus. Drei der Magier ließen ihr Leben im Feuer, sowie über 140 Soldaten. Sie alle haben tapfer gekämpft und ihr Bestes gegeben. Ihr Verlust wird nicht wieder gut zu machen sein.“ beendete der Drachen seinen Bericht. Alex senkte das Haupt und sann über das Berichtete nach. Dann hob er den Kopf, sah dem Drachen tief in seine gelben Reptilienaugen und fragte: „Und nun steht uns eine noch größere und noch stärkere Armee gegenüber?“ Gwyndragsil nickte nur. „Haben wir denn überhaupt eine Chance gegen einen so übermächtigen Gegner?“ „Das weiß ich noch nicht, mein Freund. Aber wir haben sehr viel Verstärkung bekommen. Die Katzenmenschen haben uns eine Menge Leute geschickt, ebenso wie die Trolle.“ er drehte sich zu Arathea herum, die eben noch einige Früchte und einen Krug mit Wasser auf den Balkon brachte. Sie hatte zwar nicht gehört, wovon der Drachen gesprochen, aber dennoch lächelte sie ihn freundlich an. Alex versuchte aufzustehen, schwankte aber sofort dabei. Arathea ließ beinahe ihr Tablett mit den Früchten fallen, nur um ihm zu Hilfe zu eilen, doch Snow wehrte ihr Engagement mit einer Handbewegung ab und fing sich und sprach: „Vielen Dank, aber ihr habt bereits genug für mich getan. Wenn ich in der nächsten Zeit eine Schlacht schlagen soll, dann muss ich langsam anfangen, meine eigene Schlacht zu schlagen und wieder auf die Beine kommen.“ 6 -7- Er betrachtete sich die aufgetragenen Speisen und vermisste ein gutes Stück Fleisch. Sollten diese Trolle etwa Vegetarier sein, ging es ihm durch den Kopf. Er nahm sich einen großen Tonkrug und suchte sich einige Früchte aus. Einige geschälte Orangen, Bananen und bereits von den Stielen abgezupfte Trauben, stopfte er in ein Gerät, das große Ähnlichkeit mit einer Nudelpresse hatte, nur dass es viel größer war. Er stellte den Tonkrug darunter und presste mit der ihm zur Verfügung stehenden Kraft die beiden Enden der Maschine zusammen, so dass eine dickflüssige Masse unten aus dem Gerät in den Krug troff. Ein großer Schuss Wasser verdünnte den Fruchtbrei zu einer trinkbaren Flüssigkeit, dann setzte er den Krug an die Lippen und trank alles auf ein Mal aus. Als er das Gefäß wieder absetzte, fühlte er die Blicke der Anwesenden auf sich ruhen und sah sie nacheinander fragend an. Arathea deutete mit ihrem Finger an ihre Oberlippe. Alex zog die rechte Augenbraue hoch und fasste sich mit der Hand an den Mund. In den kurzen Bartstoppeln, Clark hätte ihn wenigstens rasieren können, bevor er ihn verließ, und stellte fest, dass sich dort ein dicker Bart aus Fruchtfasern bebildet hatte. Langsam mit dem Zeigefinger darüber wischend, zog er den Brei ab und leckte ihn dann von den Fingern. Plötzlich fühlte er eine Druck in sich aufsteigen, und noch ehe er es sich versah, quoll ein mächtiger Rülpser über seine Kehle und erfüllte die Bergwelt mit dem Laut eines mächtig röhrenden Hirsches. Gwyndragsil schien sich ein wenig zu ducken, obwohl es nicht nötig war. „´tschuldigung. Aber jetzt fühle ich mich besser.“ meinte er und stellte den Krug wieder beiseite. Dann fing der Drachen auf ein Mal an zu lachen und schien sich gar 7 -8- nicht mehr fangen zu können. Sein Lachen war richtig ansteckend, und so fielen die anderen mit ein. Es dauerte eine ganze Weile, bis man sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, aber auch nur, weil ihnen schon langsam die Bäuche weh taten. Auf ein Mal schien Gwyn ganz plötzlich ernst zu werden und meinte trocken: „Wir müssen uns jetzt auf den Weg machen.“ und da er nicht wieder mit dem Lachen begann, wusste Alex, dass er es völlig ernst gemeint hatte. Er nickte, und suchte seine Habseligkeiten zusammen. Clark war wohl in seiner Rüstung mit Gwyn hier her gekommen, und da er ja seinen, Snows Körper benutzt hatte, gab es ja keine Schwierigkeiten ein passendes Kleidungsstück zu finden. Vorsichtig schlüpfte er in das goldene Kettenhemd und zog den weißblauen Waffenrock darüber. Arathea half ihm mit dem Schwertgehänge, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan. Den geflügelten Helm nahm er in den linken Arm, dann wandte er sich zu der Trollfrau, die ihn mehr als einen Kopf überragte und meinte: „Ich danke euch für alles, was ihr für getan habt von ganzem Herzen, Arathea. Ich bin sehr froh darüber, dass eure Leute sich entschlossen haben uns zu helfen, und ich bin stolz, euch zu meinen Freunden zählen zu dürfen.“ Die Frau hatte schamvoll die Augen geschlossen und das Kinn fast bis auf die Brust gesenkt. Alex zog sich einen Stuhl heran, stieg auf dessen Sitzfläche und küsste sie auf die Wange. Erschrocken fuhr ihr Kopf hoch, und sie schien unter ihrer graubraunen Haut doch etwas rot zu werden. „Das ist zu viel des Dankes, für nichts das ich für euch tat, edler Drachenritter...“ begann sie, doch wie sie fortfahren wollte, fasste Alex sie bei den Händen, in denen seine gut zwei Mal hinein passen würden. 8 -9- „Es ist gut so, und ich wünsche keine weitere Diskussion. Wir müssen nun aufbrechen. Lebt wohl Arathea.“ Er ließ sie los und wand sich mit Gwyn zum Gehen. Nachdem sie schon einige Meilen geflogen waren, kam ihm eine Erinnerung in den Sinn und er fragte den Drachen: „Sagt mal, Gwyn, irre ich mich, oder haben wir uns in meiner Sprache mit Arathea unterhalten?“ „Nun, wenn ihr das meint, was ihr >deutsch< nennt, dann irrt ihr wirklich. Aber ihr habt Recht, wenn ihr die Sprache von Skataris meint.“ antwortete er. „Ich dachte, die Trolle wären keiner normalen Sprache fähig. Ilya unterhielt sich mit Norro doch immer nur in der Zeichensprache.“ „Das ist richtig. Aber der Vet ist auch noch ein Troll der ganz alten Generation. Er spricht aus Tradition nur die Sprache der Alten. Die Jünglinge, wie Arathea, sprechen meist mehrere Sprachen oder Dialekte, da sie hin und wieder mit ihren Waren auf benachbarte Märkte ziehen und dort die Sachen verkaufen. Außerdem meine ich mich zu erinnern, dass Norro bei unserem Eintreffen etwas davon erwähnte, dass Arathea vor einigen Jahrzehenten schon einmal in den Diensten des Palastes von Tolun stand. Deshalb spricht sie die Sprache so gut.“ Alex gab sich mit dieser Antwort mehr als zufrieden, und genoss anschließend wieder den Flug auf dem Drachenrücken, den er schon so lange vermisst hatte wie er feststellen musste. „Ilya wird sich sehr freuen, euch wieder zu sehen, Alex.“ begann Gwyndragsil auf ein Mal wieder die Konversation, nachdem sie schon fast zwei Stunden unterwegs gewesen waren. 9 - 10 - Ilya, ja. Alex hatte vorhin schon einmal an sie gedacht. Doch auch Branda ging ihm nicht aus dem Kopf. Zu lange war er mit der farbigen Soldatin zusammen, und zu lange hatte es gedauert Ilya zu vergessen. Nein, nicht zu vergessen, sondern zu verdrängen. Sie in den hintersten Winkel seiner Gehirnwindungen zu verbannen, war schwer genug. Sie zu vergessen? Unmöglich. Und nun? Nun war er wieder hier und Ilya würde erneut in sein Leben treten. Würde es wieder so lange dauern bis er Branda in diesen Winkel seines Gehirn verbannen konnte? Denn vergessen konnte er sie ebenso wenig wie er Ilya vergessen konnte. Wie sollte er sich nun der Frau die er einst so geliebt hatte gegenüber verhalten? Würde sie wohl von ihm erwarten dass er während seines Aufenthalts in diesem anderen Raum und dieser anderen Zeit im Zölibat gelebt hatte? Doch dann stieg ihm ein Gedanke in den Kopf, dessen er selbst nicht gedacht hatte. Hatte Ilya während seiner Abwesendheit wohl mit Clark geschlafen? Er spürte den Funken der Eifersucht in sich aufblühen, riss sich dann aber wieder innerlich am Riemen und kam mit sich zu der Übereinkunft, wahrscheinlich war es Ilya während der ganzen Zeit nicht anders gegangen wie ihm, und so beruhigte er sich langsam wieder. Es wird sich alles klären, sagte er zu sich, und versucht sich wieder auf den Flug zu konzentrieren. „Hey, Drache an Reiter, Drache an Reiter. Seid ihr noch da?“ rief Gwyndragsil von vorne. „Wie? Ach ja. Ja ich bin noch da, Gwyn. Entschuldige bitte, aber ich war eben in Gedanken.“ „Das habe ich bemerkt. Ich sprach von Ilya zu euch. Erinnert ihr euch?“ 10 - 11 - „Ilya, ja, ich erinnere mich nur all zu gut.“ Seine Gedanken schienen wieder abzuschweifen. „Sie war sehr besorgt um euch, und wachte lange Zeit an der Röhre in die wir euch gesteckt hatten. Und ihr könnt es mir glauben, sie war ganz schön verdutzt, als nicht ihr aus der Röhre heraus kamt, sondern dieser Clark. Ich meine natürlich euren Körper mit dem Geist von Clark. Sie konnte ihn von Anfang an nicht richtig leiden. Nun, nicht dass es direkt an ihm lag, und sie respektierte ihn. unterstützte ihn, aber sie vertraute ihm nicht so wie sie euch vertraut hatte. Er war einfach nicht ihr. Und letztlich war sie auch der ausschlaggebende Grund, weshalb wir vor knapp zwei Wochen hier her in die Berge flogen, um an eurer Rückkehr zu arbeiten.“ Alex überlegte. „Das ist alles erst zwei Wochen her?“ „Nun, nein nicht ganz. Dass wir hier her gekommen sind, ja. Aber die Schlacht und das alles, liegt schon ein paar Monate zurück.“ erklärte ihm Gwyn. „Wieso fragt ihr? Gibt da Unterschiede zu der Zeit über die ihr euch in der anderen Welt aufgehalten habt?“ hakte der Drachen nach. „Den gibt es, mein Freund. Und der ist nicht zu knapp.“ „Erzählt mir davon.“ bat sein geschuppter Freund. „Noch nicht Gwyn. Ich denke, die anderen haben auch ein Recht auf diesen Bericht. Meinst du nicht auch.“ „Nun, ich denke ihr habt recht.“ Und so zog sich der Flug durch dieses wunderbare aber auch gefährliche Land Stunde um Stunde dahin. Sie überflogen Berge und Täler, zogen an Flussläufen und grünen Wäldern entlang, und wenn sie sich eine Rast gönnten, dann landeten sie auf einem kleinen Flecken Erde, der ihnen Schutz vor neugierigen Augen bot, der aber auch genug Wasser und Nahrung versprach, so 11 - 12 - dass es ihnen an nichts mangelte. Wenn es Zeit war zu Schlafen, rollte sich Gwyndragsil wie eine Schlange zusammen und Alex suchte die kühle Düsternis unter einem von Gwyns riesigen Flügel für die „Nacht“ in einem Land auf, in dem nie die Sonne unter ging. Zwischenzeitlich, weit, weit entfernt in einer anderen Zeit und einer anderen Galaxie... „Nun, Mr. „Duck“, haben sie es sich überlegt, mir die Wahrheit zu sagen?“ wollte Shak Nubal wissen. Jason F. Clark lag zusammengekrümmt auf dem Boden seiner kleinen Zelle und stöhnte unverständliche Worte. Vor etwa einer halben Stunde war Nubal mit zwei weiteren Wachen in den Zellentrakt gekommen, um zu versuchen, Clarks Verstand endlich zu brechen. Man hatte das Kraftfeld abgeschaltet, und die zwei Wächter waren über ihn hergefallen wie räudige Straßenköter, die sich mit einem Dritten um einen ergatterten Futterbrocken balgten. Dummerweise hatte hier der Dritte, nämlich Clark, nichts zu lachen, denn er war derjenige, der die Hiebe zu spüren bekommen hatte. Shak Nubal stand bei Jasons Füssen und wartete auf die Antwort. Doch Clark stöhnte nur wieder und das machte den Mann nur noch wütender. Jason versuchte sich ein wenig aufzurichten, schien es aber nicht zu schaffen. statt dessen bedeutete er Nubal mit der Hand, er möge näher kommen. Zur Verdeutlichung seiner Unfähigkeit, sich selbst zu erheben, spuckte Clark einen blutigen Schleimbrocken auf den Boden neben seinem Kopf und stöhnte erneut. Nubal sah sich gezwungen, sein Knie zu beugen und sich zu dem Gefangenen hinab zu bücken, um das Gestammel endlich verstehen zu können. Doch als der Kommandeur der Rasool Ardehn sich nur noch 12 - 13 - wenige Zentimeter von Clarks Kopf weg befand, zuckte auf ein Mal Jasons Hand unter seinem Körper hervor und schlang sich um Nubals Hals. Der Druck seiner Finger auf die Kehle des Mannes beraubte diesen jedweder Möglichkeit, einen Laut von sich zu geben, oder ausreichend nach Luft zu schnappen. Jason stemmte sich und sein Opfer mit der freien Hand vom Boden hoch und hielt es schützend vor sich. Die Wachen hatten bereits bemerkt, dass etwas nicht stimmte, und wollten ihrem Herrn natürlich helfen, doch Jason hielt sie auf Abstand: „Zurück mit euch, oder ich breche ihm das Genick!“ drohte er. Zur Verdeutlichung drückte er Nubals Kehle noch ein wenig weiter zu, so dass dieser mit weit aufgerissenem Mund nach Luft zu schnappen versuchte. Die Wachen versuchte derweil eine geeignete Schussposition gegenüber dem Gefangenen und seinem Opfer einzunehmen, hatten aber keine Möglichkeit, da die Zelle nur knapp zwei Meter breit war und sie ihren Kommandeur ja nicht verletzen wollten. „Sag ihnen sie sollen die Handschuhe ausziehen und nach rechts an die Wand zurück gehen, oder du bist tot.“ raunte Jason in Nubals Ohr. Nubal krächzte einen Befehl, doch die Wachen kamen ihm nur zögerlich nach. Doch schließlich befolgten sie den Befehl ihres Herrn und Meisters doch noch, und auf einen weiteren Befehl hin, entledigten sich die Beiden auch noch ihrer silbernen Overalls. Der metallene Geschmack von Blut auf den Lippen, erinnerte Jason daran, wie die Zwei ihn vorhin zugerichtet hatten, und er erwog kurz, es ihnen heimzuzahlen. Doch er durfte den Bogen der Situation nicht überspannen. Statt dessen beorderte er sie in die Zelle, aus der er gerade entkommen war, stieß Shak Nubal hinterher und drückte den Knopf für die 13 - 14 - Kraftfeldaktivierung. Sofort nachdem er Nubal losgelassen hatte, sprangen ihm die Wachen entgegen, doch ihr Versuch war vergebens. Das aktivierende Kraftfeld warf die Beiden in die Zelle zurück und schleuderte sie gegen ihren Herrn, der darauf in ziemlich ungehaltener Weise mit Worten und mit seinen Fäusten antwortete. Clark betrachtete sich die kleine Konsole am Türrahmen, dort wo er das Kraftfeld eingeschaltet hatte. Seinen Gefangenen sollte es ebenso gut gehen wie ihm, und so schaltete er die Heizung an. Gut, die Temperatur bei 54° Celsius einrasten zu lassen, war für einen Raum mit nur zwei mal drei Metern ein wenig viel, aber dann würden sie auch so richtig schön und lange im eigenen Saft schmoren. Ohne die Gefangenen eines weiteren Blickes zu würdigen, schlüpfte er in einen der Overalls, dieser hatte ein merkwürdiges Zeichen auf der Brust, setzte sich die Maske auf und stellte den Kontakt zum Computer her. Danach stülpte er sich die Handschuhe über und verließ gemäßigten Schrittes den Gefängnistrakt. Eins zu Null für ihn. Auf dem Weg zu seiner eigentlichen Aufgabe, kam er noch an einer Menge gut gefüllter Zellen vorüber, und er überlegte kurz, die armen Leute daraus zu befreien, doch dann verschob er dieses Vorhaben erst ein Mal in eine Ecke seines Verstandes. Es wäre ja durchaus möglich, dass die Gefangenen auf ihrer Flucht mehr Aufmerksamkeit auf sich und ihn lenken könnten wie ihm gerade jetzt lieb wäre. Kurze Zeit später, hatte er wieder die Kreuzung erreicht, wo er den Wachen in die Arme gelaufen war. Nun erinnerte er sich auch langsam wieder an den Weg, den er auf Snows Zettel beschrieben fand, und ging zügiger 14 - 15 - weiter. Die kleine Kommandozentrale die sein anderes Ich ihm beschrieben hatte musste jetzt schon ganz in der Nähe sein. Und tatsächlich, kam er soeben an eine weitere Kreuzung, an der ein Schild in einer ihm zunächst unbekannten Sprache hing, Doch die Maske reagierte sofort und blendete ihm den Namen in einer ihm verständlichen Sprache auf das Display. Jason war wiedereinmal von der Technologie dieser Wesen überrascht, und er dachte sich; was hatten diese Außerirdischen wohl noch alles auf Lager. Das Display zeigte den Namen: Zentrale Kraftfeldkontrolle. Dies war genau das war er suchte. Er bog ab und stieß beinahe ein weiteres Mal mit ein paar Wachen zusammen. Doch zu seiner Überraschung, sprangen diese sofort beiseite und stellten sich in Habtachtstellung an die Wand, um ihn passieren zu lassen. Langsamer als zuvor setzte er seinen Weg an ihnen vorüber fort, sah kurz hinüber zur Wand und nickte anerkennend mit einer knappen Kopfbewegung, bevor er durch eine rettende Tür am Ende des Ganges verschwand. Die beiden Wachen lösten sich erleichtert von der Wand und verschwanden im nächstgelegenen Quergang. Da Jason bislang noch keine andere Wache begegnet war, hatte man Nubals Abwesendheit wohl noch nicht bemerkt. Dann fiel ihm wieder das merkwürdige Abzeichen auf seiner Brust auf. Er hielt kurz inne und lenkte seinen Blick auf das Symbol. Da nicht gleich eine Übersetzung angezeigt wurde, handelte es sich wohl nicht um ein einfaches Wort, und so wies er den Computer an, das Bild zu identifizieren. Die Erklärung ließ nicht lange auf sich warten. Kirooh Shak Nubals, die Leibwach, erschien auf dem kleinen Monitor in der Maske, und ihm war klar, weshalb die beiden Männer da 15 - 16 - draußen so schnell aus dem Weg waren. Welcher normale Wachmann wollte sich schon mit der Leibwache des obersten Führers ihres Volkes anlegen. Jason grinste, Zwei zu Null für ihn. Dann erreichte er endlich die kleine Kontrollzentrale, von der aus alle Kraftfelder auf der Rasool Ardehn gesteuert werden konnten. Ein Wachposten mit einer Waffe im Arm, stand vor dem Zugang und blockierte ihm den Weg. Der Mann hatte auch ein Abzeichen auf der Brust, und da wusste Jason, dass er es hier nicht mit einem normalen Wachmann zu tun hatte. Auch die Tatsache, dass dieser hier eine richtige Waffen im Arm hielt und sich nicht auf die Kraft seiner Strahlenhandschuhe, die er ebenfalls trug, verlies, ließen Clarks Alarmglocken im Kopf aufläuten. Dann stellte der Mann auf ein Mal seine wohl schon so oft gestellte Frage, nach dem Zweck von Jasons Hier sein. Gerade in dem Moment, als er dem Mann eine passende Antwort geben wollte, kam die Übersetzung des Abzeichens, das der Wachmann auf seiner Brust trug. „Spezialwachschutz“ hieß es, und da folgte auch schon die Erklärung: „Diese Wachmannschaft ist ähnlich wie die Leibwache des Meisters, nur diesem untertan und hat von niemandem sonst Weisungen zu empfangen, es sei denn, sie kommen von Shak Nubal persönlich.“ Aha, dachte sich Clark und sprach: „Unser Herr und Meister, Shak Nubal, schickt mich. Lasst mich also durch.“ sein Tonfall hatte etwas energisches, forderndes an sich, mit dem er hoffte, sein Gegenüber etwas einschüchtern zu können. „Er schickt seinen Leibgardisten persönlich? Was ist euer Anliegen?“ wollte der andere aber wissen. 16 - 17 - „Eine Überprüfung hat ergeben, dass das Kraftfeld zu seinem Privathangar fluktuiert. Meinem Herrn zieht es ins Kreuz wenn er an seinem Schreibtisch sitzt.“ Jason konnte förmlich durch die Maske des anderen sehen, wie seine Augen einen ungläubigen Ausdruck annahmen. Seine Lüge half nichts. Der Mann wollte soeben die Waffe in Anschlag bringen, da hatte Jason auch schon reagiert. Er drehte sich um die eigene Achse und schlug dem Mann mit der nachgezogenen Faust derart hart gegen die Maske die sein Gesicht verdeckte, dass diese in mehrere Teile zerbrach und von seinem Kopf gegen die nächste Wand flog. Die beschädigte Maske hatte dem Mann das Gesicht zerkratzt und nun sickerte dunkelrotes Blut über seine Wangen. Die Nase hatte einen unschönen Knick bekommen, und war wohl gebrochen. Clark setzte nach und kickte ihm die Waffe aus den Händen. Das war keine besonders gute Idee, denn nun hatte der Wachmann die Hände frei, und schon schoss ein gleißend heller Lichtstrahl an Jasons Kopf vorbei. Dieser duckte sich, trat zwei Schritte nach vorn, und warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen den anderen. Ein lautes Zischen aus dessen Mund zeigte ihm, dass sein Angriff Wirkung gezeigt, und dem Mann die Luft aus den Lungen getrieben hatte. Doch auch die Wache blieb nicht untätig, und schlug plötzlich wie wild um sich. Scheinbar hatte Clarks Ramme doch nicht ganz die gewünschte Wirkung erzielt die er sich erhofft hatte. Jason wehrte die Schläge so gut es ging ab, aber hin und wieder trafen sie ihn auch, und er musste feststellen, dass ihn die Tortour in der Gefängniszelle doch mehr mitgenommen hatte als er zunächst dachte. Wenn das hier noch eine Weile so weiter ginge, dann würden mehr und mehr Wachen auftauchen und er würde wieder dort landen, wo er vor Kurzem hergekommen war. Er musste 17 - 18 - das hier beenden, und zwar schnell. Nur mit Mühe, konnte er soeben einen Schlag gegen sein Gesicht abwehren. Dadurch wurde eine Lücke frei, in welche er blitzschnell seinen Ellbogen rammte. Er traf genau auf die bereits gebrochene Nase. Tränen schossen dem Wachmann in die Augen und er musste seine Gegenwehr auf Grund der heftigen Schmerzen aufgeben. Dadurch trafen ihn zwei weitere Haken und er ging besinnungslos zu Boden. Jason rappelte sich hoch, griff sich das Gewehr des Mannes und betätigte den Öffnungsmechanismus neben der Tür. Die Waffe im Anschlag, duckte er sich hinter den kleinen Vorsprung, den der Türrahmen bot und erwartete den Angriff der Besatzung der Kraftfeldzentrale. Doch statt dessen erwartete ihn nur ein weiterer, schmaler Gang, der nach wenigen Metern wieder vor einer Türe endete. Da sich dort nichts weiter rührte, packte er den Wachmann und zog ihn mit sich in den Gang. Er sammelte auch die Reste der zerstörten Maske ein und warf sie dem Bewusstlosen auf den Schoß. Eilenden Schrittes begab er sich zu der noch geschlossenen Tür und betätigte auch dort den Schalter. Mit einem Zischen zog sich die dicke Tür in die Wand zurück und gab den Blick in einen kleinen nach rechts abgewinkelten Raum frei, der sich mit einer breiten Fensterfront hoch über einem der Verladedocks der Rasool Ardehn befinden musste. Die Waffe wieder im Anschlag, betrat er den Raum und da kam ihm auch schon eine Person in einem silbernen Overall entgegen. Es war eine Frau, und sie trug weder die Handschuhe, noch eine dieser Computermasken. Sie machte eine ausgezeichnete Figur in diesem silbernen Outfit, und ihre Körperformen konnten einen Mann durchaus schwach werden lassen, doch Jason ließ sich nicht beirren und drängte sie mit vorgehaltener Waffe in 18 - 19 - den Raum zurück. Ihr Gesicht hatte weitestgehend menschliche Züge, nur ihre Ohren und die Augen deuteten auf außerirdische Herkunft hin. Ihre Ohrmuscheln liefen diagonal in einer geraden Linie am Kopf entlang und verschwand am Hinterkopf in einem schmalen Bogen unter ihrem rötlich schimmernden Haar. Nach vorne zum Kinn hin, flachten die direkt an der Wange sitzenden Ohrläppchen wie ein Spoiler ab. Dies verlieh ihrer schmalen Kopfstruktur eine elegante Breite. Auch die Nase wirkte nicht wie sonst bei einem Menschen, sondern sie erhob sich in ihrem Gesicht wie ein sanft ansteigender Hügel, der zu den Lippen hin ein klein wenig steiler wieder abfiel. Ihre Augen schienen nur schmale Schlitze zu sein, die sich bei ihrer Begegnung aber ein klein wenig geöffnet hatten. Ihr Gesichtsausdruck spiegelte Angst und Verwirrung wieder, aber dennoch tat sie wonach er verlangte. Der Raum insgesamt, beschrieb ein halbes Achteck, unter dessen Fensterfront sich jede Menge elektronischer Schnickschnack zur Überwachung der einzelnen Kraftfelder auf dem Stadtschiff befand. Einige Schritte weiter, traf Clark auf zwei weitere Personen. Ein Mann von unscheinbarem Äußeren, klein und etwas pummelig, und eine weitere Frau. Der Mann bewegte sich ein wenig merkwürdig, und er schien große Angst zu haben. Fast schon automatisch, wich er mit jedem Schritt, den Clark näher kam, selbst einen zurück, bis er schließlich an eine der Konsolen stieß und erschrocken herum fuhr. „Keine falsche Bewegung!“ befahl Jason und schob die Leute weiter nach hinten in den Raum. Die zweite Frau im Kontrollzentrum schien ihre besten Jahre schon hinter sich zu haben, denn Jason schätzte ihr Alter auf gut sechzig Jahre. Ihr Haar war bereits weiß 19 - 20 - verfärbt und ihre Haut faltig wie ein Stück ausgetrocknetes Leder. Ihre immer noch schlanke Figur, gab ihr dafür noch immer den Anschein von Jugend und Agilität. Irgend wie hatte Clark bei ihr das Gefühl, sie würde ihm noch Ärger bereiten. Ihre Augen schienen das zu verraten, denn sie blickten immer wieder verstohlen in der Gegend herum. Dann, als habe er es nicht schon geahnt, blieb die alte Frau auf ein Mal stehen und wand sich zu ihm um. „Was will Nubals Leibgardist hier?“ fragte sie plötzlich und mit einem recht barschen Ton. Jason wunderte sich ein wenig über diese Frage. Gut, er trug die Uniform von Nubals Männern, aber glaubte diese Frau wirklich daran, dass das Oberhaupt der Rasool Ardehn einen einzelnen Mann mit einer Strahlenkanone bewaffnet, oder was auch immer das für eine Waffe war die er da in seinen Händen hielt, in einen Kontrollraum des Schiffes beorderte, um die Mitarbeiter dort gefangen zu nehmen? „Wir suchen einen Flüchtigen.“ log er. „Möglicherweise hält er sich hier versteckt.“ „Außer uns dreien ist sonst niemand hier. Sie können ganz beruhigt wieder gehen, Kirooh. Das ist doch ihr Rang, nicht wahr?“ meinte die Weißhaarige, nun mit milderer Stimme. „Äh, ja. Ich würde mich trotzdem gerne selbst davon überzeugen, wenn es ihnen recht ist. Treten sie bitte ein wenig zur Seite.“ Der ängstliche Mann verkroch sich sofort unter der Konsole, an die er zuvor gestoßen war, und die junge Frau rückte knapp daneben ebenfalls zur Seite. Die Alte jedoch wich nicht beiseite, nein, sie stellte sich Clark direkt in den Weg und meinte: 20 - 21 - „Ihr seid kein Kirooh. Kirooh ist eine Sache und kein Amt. Ihr seit nicht einmal ein Leibgardist. Hab ich recht?“ „Ihr habt recht, und wenn ihr überleben wollt, dann tut ihr das was ich euch sage. Verstanden?“ „Ja, aber ich werde nicht kooperieren. Wenn ihr etwas von mir wollt, dann müsst ihr es euch selbst holen.“ mit diesen Worten endete ihre Konversation und die alte Frau gesellte sich zu ihren Kollegen. Jason ging um die Drei herum und inspizierte den Rest des Kontrollzentrums. Nachdem er sicher war, dass es keinen weiteren Zugang mehr gab, trat er wieder zu den Gefangenen und richtet die Waffe direkt auf die alte Frau. Sie sog zischend die Luft ein, doch Clark wollte gar nichts von ihr, sondern beugte sich nach unten und zog mit der freien Hand den Angsthasen unter der Konsole hervor. Der Dicke zitterte wie ein ängstliches Karnickel, das man zum ersten Mal aus dem Stall genommen hatte, um es besser streicheln zu können. Jason packte ihn am Genick und zog ihn ein Stück mit sich. „Keine Angst, ich tue ihnen nichts.“ versuchte er ihn zu beruhigen. Doch das half nicht viel. Plötzlich erregte eine Bewegung zu seiner Rechten seine Aufmerksamkeit. Die Alte hatte irgend welche Schalter betätigt. Jason trat einige Schritte auf sie zu und drückte ihr den Lauf der Waffe direkt unter die Nase. „Was haben sie da gemacht?“ fragte er drohend. „Ich? Gar nichts. Sie müssen sich geirrt haben.“ log sie. „Haltet ihr mich für dumm?“ er zog den Mann am Kragen herum, so dass nun alle drei direkt in einem kleinen Halbkreis vor ihm standen. Er überlegte was er nun tun sollte. Dann kam ihm eine Idee. „Habt ihr hier Kabelreste für Reparaturen herumliegen?“ Die junge Frau zuckte mit den Schultern, aber der Mann versuchte etwas zu sagen. Doch leider kam er nicht mehr 21 - 22 - dazu, denn in diesem Moment ragte der Griff eine langen, dünnen Werkzeuges aus seiner Brust heraus. Das war es also, was die Alte auf der Konsole herumgefingert hatte. Jason ließ den leblos zusammengesackten Mann zu Boden gleiten und war durchaus nicht abgeneigt, der betagten Frau eine mächtige Ohrfeige zu verpassen. Doch er zog seine bereits ausholende Hand wieder zurück und fragte statt dessen: „Wieso? Ihr hättet nicht zu befürchten gehabt, hättet ihr nur kooperiert.“ Er sah zu der jungen Frau, die mit schreckgeweitetem Gesicht auf den Toten zu ihren Füßen starrte, und stieß sie mit der Waffe an. Sie sah zu ihm auf. „Hey! Ihnen wird nichts geschehen. Los, holen sie mir die Kabel, oder was sie sonst so finden, womit man jemanden fesseln kann.“ Sie schien ihn zu verstehen, denn sie nickte und setzte sich langsam in Bewegung. Jason ließ sie nicht aus den Augen. Genau wie die ältere der Beiden. Zwei Minuten später kam sie mit einem Bündel von Kabeln, Schnüren und Drähten in verschiedenen Längen und Stärken zurück. Clark bedeutete ihr, dass sie die Ältere mit einem Strick fesseln sollte, aber da sich die alte Frau permanent beschwerte, drückte er ihr darauf hin ein blutiges Stück silbernen Stoffes, den er vom Overall des Toten riss, in den Mund. Dann legte er sie so neben den Mann, dass sie ständig in seine von Ungläubigkeit geweiteten toten Augen sehen musste. Im Anschluss daran, musste die junge Frau auch noch den Wachmann aus dem Gang vor dem Kontrollraum herein bringen und ihn ebenfalls fesseln und knebeln. Er kam bereits wieder zu sich, und Jason wollte nicht das 22 - 23 - Risiko eingehen, dass er aus dem Flur verschwand und weitere Hilfe mitbrachte. Dann ließ er sich von ihr die einzelnen Bereiche die man mit den Konsolen kontrollieren konnte erklären. „Wie kann ich herausfinden, wie weit dieses Schiff noch von seinem Ziel entfernt ist.“ fragte er danach. „Hm, normalerweise gar nicht. Wie ihr dort draußen, hinter dem Kraftfeld vielleicht erkennen könnt, befinden wir uns noch immer im Hyperraum. Solange die Rasool Ardehn nicht wieder den normalen Raum erreicht hat, können die Kraftfelder nicht deaktiviert werden. Oder sie gehen in den Hauptkommandoraum im oberen Teil der Kuppel. Aber dort sind sehr viele Männer beschäftigt.“ erklärte sie ihm. „Und was ist mit Nubal? Er hat doch bestimmt seinen ganz privaten Hangar, nicht wahr?“ er fragte dies, weil ihm gerade seine Lüge von vorhin wieder eingefallen war, und er es eigentlich für logisch hielt, dass ein Mann wie Shak Nubal immer einen Fluchtweg für sich offen hält. Die Frau überlegte kurz, dann meinte sie auf ein Mal: „Ja, ich glaube, bei ihm gibt es eine Ausnahme. Ich hörte einmal, wie Omna-Ko davon sprach.“ Omna-Ko war die alte Frau, die gefesselt zu ihren Füßen lag, und die junge Frau deutet auf sie. „Sie war die einzige, die sich um diesen Bereich des Schiffes kümmern durfte. Ihre Konsole ist dort drüben.“ wies sie dann mit dem Finger darauf. Die beiden gingen darauf zu, mussten aber Acht geben, dass sie nicht über die Beine der Gefesselten und des Toten stolperten. Die Konsole wies zweierlei Kraftfelder aus. Eines das zum Eingangsbereich der Gemächer von Shak Nubal gehörte und eines, das an der Außenseite der Rasool 23 - 24 - Ardehn den kleinen Privathangar vor den Unbilden des Alls schützte. „Gibt es eine Möglichkeit, schnell und ungesehen von hier aus zu seinem Hangar zu kommen?“ fragte er sie. „Das... das darf ich euch nicht sagen. Ich riskiere hier schon Kopf und Kragen damit, dass ich euch diese Konsole gezeigt habe. Aber ich konnte nicht anders. Wie konnte Omna-Ko Reed K-thal nur so kaltblütig ermorden? Ihr hättet sie besser ebenfalls töten sollen. Wenn ihr fort seid und ich sie losbinde, wird sie mir die ganze Schuld zuweisen und dann kann ich für die nächsten Jahre in einer der zahlreichen Mienen auf einem Asteroiden nach brauchbarem Erz schürfen. Früher war ich Pilotin, doch dann habe ich mich gegen einen Befehl gewehrt und ihn nicht ausgeführt. Darauf hin wurde mir die Flugerlaubnis entzogen und ich musste 2 Jahre lang in den Verladedocks hier unter uns arbeiten. Diese Stelle habe ich erst vor kurzem erhalten.“ erzählte die Frau. „Wie ist euer Name?“ wollte Jason unberührt wissen. „Man nennt mich Niora-Dal.“ „Na gut, Niora. Ich mache euch nun ein einmaliges Angebot. Ihr könnt es ablehnen, hier bleiben und abwarten was mit euch geschieht, oder ihr nehmt es an und kommt mit mir.“ „Was habt ihr denn vor? Wollt ihr denn nicht nur von diesem Schiff fliehen?“ „Ja und nein. Shak Nubal hat mit meinem Volk eine ernsthafte Auseinandersetzung begonnen, die bereits Hunderte von Menschen und anderen Lebewesen das Leben gekostet hat. Wisst ihr, wohin er gerade mit uns allen hier fliegt?“ Sie wusste es natürlich nicht, und schüttelte den Kopf. „Er hat vor einigen Tagen eine Karawane mit seinen eigenen Leute zerstört, die mit 24 - 25 - einem mit uns befreundeten Volk Handel betrieb. Dieses Volk hatte uns Menschen um Schutz bei dieser Transaktion gegeben, da wir in unserer Galaxie einem Bündnis verschiedener Völker angehören, die miteinander aber auch mit anderen, nicht angehörenden Völkern Handel treiben. Versteht ihr das?“ „Ich denke schon. Aber weshalb habt ihr euch denn nicht gewehrt?“ „Weil unsere Schiffe diesem hier nichts entgegenzusetzen haben. Und deshalb bin ich hier. Ich muss versuchen dieses Schiff aufzuhalten, bevor es in den erdnahen Sektor gelangt, und dort alles zerstört, bloß weil Nubal irgendwelchen Wahnvorstellungen hinterher hängt, die ihn glauben machen, er müsse dies tun.“ „Und wie wollt ihr das machen? Wie viele von euch befinden sich hier auf dem Schiff?“ wollte Niora wissen. „Tut mir leid, aber dass kann ich euch nicht sagen. Aber ihr könntet mir zeigen, wie ich zu Nubals Gemächern kommen.“ er wand den Blick von ihr ab und betrachtete sich das stete Kommen und Gehen in der großen Verladestation unter sich. Bis jetzt schien man Nubals Abwesendheit noch nicht bemerkt zu haben, oder es war noch nicht bis hier her durchgedrungen. Das war gut so, denn nun konnte er sich wieder voll und ganz auf seine Aufgabe konzentrieren. „Gut, ich werde euch begleiten, und ich werde euch den Weg zu seinem Hangar zeigen, wenn ihr mich mit euch nehmt.“ Er schaute auf die Konsole vor sich, Nubals Konsole. Mit einem Tastendruck deaktivierte er das Kraftfeld, das den Eingangsbereich zu Nubals Gemächern blockieren konnte. Er wusste, dass alle Kraftfelder ebenso gut von den jeweiligen Startrampen aus bedient werden konnten, 25 - 26 - aber nur von hier aus, konnte man diese Bedienung, zum Beispiel durch Unbefugte wie ihn, blockieren. „Ich denke, das geht in Ordnung. Kommt, gehen wir.“ forderte Jason Niora auf. Sie sah sich darauf hin noch ein Mal in dem Raum um, und wurde sich eines bitterbösen Blickes von Omna-Ko bewusst. Sie würdigte dies jedoch nicht weiter, sondern verließ mit Clark den Kontrollraum. Nachdem sie die zweite Türe des kurzen Durchganges passiert hatten, blieb Jason stehen und meinte: „Warte hier, ich muss noch einmal zurück. Bin sofort wieder da.“ und schon schloss sich das Schott hinter ihm. Niora wunderte sich ein wenig, dachte sich aber nichts weiter dabei. Das Tröten eines Alarmsignals das plötzlich durch die Gänge jaulte, riss sie aus ihren Gedanken, und noch bevor sie sich überlegen konnte, was sie nun tun sollte, kam Jason bereits wieder aus dem Kontrollraum zurück. „Was ist passiert?“ fragte sie ihn. „Keine Ahnung. Vielleicht haben sie entdeckt, dass ich aus meiner Zelle entflohen und dafür Shak Nubal und seine zwei Leibwächter darin eingesperrt habe.“ log er. „Wir sollten schnellstmöglich von hier verschwinden!“ rief er ihr zu, denn eine gewaltige Explosion erschütterte das riesige Schiff. „Ja gut. Es ist nicht sehr weit.“ Clarks Weg zurück in den Kontrollraum, hatte ihn natürlich nicht wegen eines vergessenen Gegenstandes dort hin geführt. Nachdem er das zweite Schott ein weiteres Mal durchschritten hatte, begab er sich zu den beiden am Boden liegenden Personen und zog diese bis an die Wand zurück. Dann eröffnete er mit der erbeuteten Waffe das Feuer auf sämtliche Konsolen vor ihm und zerstörte somit die Kraftfeldkontrollen. Kleinere Explosionen und ein sprühender Funkenregen 26 - 27 - begleiteten das Alarmsignal das soeben ertönte. Er warf einen kurzen Blick hinaus in den unter dem Kontrollraum liegenden Verladehangar und sah wie sich soeben das riesige Kraftfeld abschaltete. Das Vakuum des Hyperraumes sog die Luft aus dem Hangar so schnell ab, dass die Leute die dort gearbeitet hatten, keine Möglichkeit mehr bekamen, sich ihren Schrecken von der Seele zu schreien. Ihre Körper wurden wie auch die Schiffe und die Waren die sich in diesem Hangar befunden hatten, wild durcheinandergewirbelt in den luftleeren Raum hinaus gezogen und verschwanden in der Unendlichkeit des Alls. Dann kehrte er zu Niora zurück. Sie rannten durch die Gänge, immer bemüht, nicht in einen der Hangare zu gelangen. Sie mussten sich beeilen, denn es würde bestimmt nicht mehr lange dauern, bis die Rasool Ardehn durch den Unterdruck völlig zerstört werden würde. 27 - 28 - Kapitel 2: Heimkehr „... Commander Clark stieg in das Shuttle der Alamak und flog auf einem Zick-Zack-Kurs durch das Asteroidenfeld zu dem riesigen Schiff hinüber. Er war der Meinung, dass der Plan dieses Schiff ebenso zerstören zu können wie das, dass uns nach unserem unliebsamen Austritt aus dem Hyperraum gefangen nahm, gut sei. Naja, den Rest kennen sie ja selbst, Sirs.“ beendete Sergeant Deveraux ihren Bericht. Man hatte ihr nach ihrer Rückkehr auf die Perseús einen Tag Zeit gegeben sich zu erholen, doch dann war sie von ihrem diensthabenden Offizier zur Berichterstattung zitiert worden. Markus Shigerah kaute wie immer auf seinem kalten Zigarrenstummel herum. Er hatte sich in den letzten 24 Stunden einiges mehr als nur Deverauxs Bericht anhören müssen, und war nicht eben gerade bester Laune. Sein Blick hatte die Untergebene während ihrer letzten Worte stark fixiert, was darauf schließen lies, dass er durchaus 28 - 29 - zugehört hatte. Aber hatte er es auch verstanden? Dieser Gedanke ging soeben auch Branda durch den Kopf. Doch andererseits, dachte sie sich dann, kann es mir ja egal sein. Er war schließlich der Captain hier. Doch dann sprach er: „Wissen sie, Sergeant, hätten sie mir diese Story vor einigen Wochen erzählt, hätte ich ihnen wahrscheinlich kein einziges Wort geglaubt. Aber nachdem, was wir vorgestern dort draußen erlebt haben, bin ich jedem Bericht über fremde Welten und fremde Wesen gegenüber aufgeschlossener denn je. Wie geht es ihnen heute?“ Diese Frage überraschte Branda nun doch ein wenig. „Es... es geht mir soweit ganz gut, Captain, danke. Darf ich fragen, was nun weiter geschieht?“ Die Antwort kam von Lt. Commander Don Marshall: „Nun, das ist noch nicht ganz klar, Sergeant. Sie sollten sich jedenfalls erst mal noch ein paar Tage ausruhen, Ab Montag gehen sie dann wieder ihrem normalen Dienst nach. Sie können wegtreten.“ Branda nickte und wollte schon gehen, doch da wand sie sich noch ein Mal um: „Und was wird aus Clark?“ Marshall und Shigerah wechselten einen nichtssagenden Blick. „Der Commander handelte auf eigene Veranlassung hin. Wenn er es tatsächlich geschafft haben sollte, ganz alleine dieses Schiff zu zerstören, dann wird er als gefeierter Held in die Geschichte eingehen. Wenn nicht, ... dann werden wir das wohl bald bemerken. Wir benötigen fast viereinhalb Monate für die Heimreise, und ich will hoffen, das wir noch genügend Zeit haben, unsere Truppen zu mobilisieren, bevor dieses Ungetüm in unseren Sektor einfliegt. In der Zwischenzeit 29 - 30 - analysieren die Wissenschaftler an Bord die von Ihnen gesammelten Daten und untersuchen sowohl sie als auch die von ihnen eingesammelten Gegenstände und Früchte. Ich werde ihren kommandierenden Offizier anweisen, dass er sie ohne Umstände gehen lässt, wenn man Fragen an sie hat. Ach ja, und noch eins. Marshall hier hat sie für eine Beförderung vorgeschlagen. Ich habe dem zugestimmt. Herzlichen Glückwunsch, Lieutenant!“ Shigerah reichte ihr die Hand und gratulierte ihr, und damit war das Gespräch beendet und Branda verließ den Raum. Draußen warteten Regina Meyer, Andrea Taylor und Yashida Tanaka auf sie. Sie hatten schon gestern ihren Bericht abgeben müssen und wollten nun wissen was bei ihrer Unterredung weiter entschieden worden war. Doch Branda musste sie da ebenso vertrösten wie man es mit ihr gemacht hatte. Man erwartete nun von ihnen, wieder an die Arbeit zu gehen und zu tun als ob nichts gewesen wäre. Aber konnten sie das so ohne Weiteres? Wollten sie es überhaupt? Branda dachte an Alex und wie es ihm nun wohl ginge. Hatte ihn sein Drachen schon in die Welt zurück geholt, aus der er gekommen war? Hatte man den Verstand von Commander Clark wieder in dessen Körper transferieren können, oder war das Shuttle nur besetzt mit einer leeren, menschlichen Hülle in einen der Hangare des Stadtschiffes gezogen worden, ohne einen Versuch zur Zerstörung dieser Bedrohung wahrgenommen haben zu können? Viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf. Zu viele. Sie verabschiedete sich für diesen Tag von ihren Gefährten und begab sich zurück in ihr Quartier. Sie wollte jetzt einfach ein wenig allein sein. 30 - 31 - Deveraux lag schon einige Zeit auf ihrer Koje und hatte über all das was geschehen war noch einmal nachgedacht. Sie war wütend auf sich selbst, weil sie Snow hatte alleine mit dem Alamakshuttle losfliegen lassen. Doch dann dachte sie daran, was Alex ihr über die Sache mit dem Zauber des Drachen erzählt hatte. zuerst war ihr damals in den Sinn gekommen, er wolle sie nur auf den Arm nehmen. Aber sie kannte ihn besser. Es war sein voller Ernst. Was wäre nun geschehen, wenn sie selbst zu dem Zeitpunkt da dieser Zauber auf Alex wirken sollte, in seiner Nähe, sprich im selben Shuttle gewesen wäre? Und vor allen Dingen, wie hätte Commander Clark auf ihre Anwesendheit reagiert? Nun ja, für ihn wäre es womöglich gar nicht so schlecht gewesen, hätte sie ihm doch ausführlich schildern können, was bis Dato geschehen war. Doch ihr hätte es nicht geholfen. Clark, auch wenn er wieder in seinem Körper war, wäre nie so gewesen wie Alex. Müdigkeit überkam sie bei all den verwirrenden Gedanken und so schloss sie die Augen und schlief schon bald fest ein. Am nächsten Morgen stand sie mit einer ungewöhnlich fröhlichen Stimmung schon sehr früh auf. Eilig packte sie ihre Trainingskleidung in einen Beutel und machte sich auf den Weg ins Trainingsstudio des Schiffes. Als sie dort ankam, wunderte sie sich, dass noch kein Licht brannte. Sonst, so glaubte sie sich zu erinnern, war hier um diese Zeit schon reges Treiben im Gange. Besonders einige Piloten und Techniker, die besonders merkwürdige Arbeits- und Dienstzeiten hatten, tummelten sich um diese Zeit schon an den Geräten. Doch das war ihr heute egal. Vielleicht hatte es ja eine Planänderung für diese 31 - 32 - Leute gegeben. Bei den Marines wusste man das ja nie so genau. Fröhlich vor sich hinsummend zog sie ihre Trainingssachen an, verstaute den Beutel und ihre Kleidung in einem Spind und ging in die große Halle hinaus. Sie betätigte den Lichtschalter neben der Türe und schrak zurück. „Herzlich willkommen zurück, Branda!“ riefen da mindestens dreißig Leute, die sich im Dunkeln versteckt gehalten hatten. Ein Großteil davon waren Schüler und Schülerinnen ihres und Snows Selbstverteidigungskurses, Der Rest waren eben jene, über deren Abwesendheit sie sich gerade noch gewundert hatte. Branda lachte. „Ihr Verrückten. Wie könnt ihr mich am frühen Morgen nur so erschrecken. Aber das ist sehr nett von euch. Vielen Dank.“ Sie trat zu ihnen und plauderte ein wenig mit diesem oder jenem, doch dann klatschte sie in die Hände, und trieb die Leute an, endlich ihr Training aufzunehmen. Sie selbst bestieg ein Laufband und joggte erst einmal einige Kilometer. Später würde sie dann den ersten Kurs in Sachen Selbstverteidigung wieder aufnehmen, und wie sie gerade dabei war sich Gedanken darüber zu machen, was sie mit all den Leuten die Alex unterrichtet hatte, machen sollte, betrat Tanaka den Trainingsraum. Er sah sich um und entdeckte Deveraux auf einem Gerät, das es ihr ermöglichte, schnell zu laufen, ohne sich aber von der Stelle zu bewegen. Sie winkte ihm zu. Höchst fasziniert trat er zu ihr. „Ohio gosai mas, Branda san.“ begrüßte er sie. 32 - 33 - „Guten Morgen... Tanaka san. Was... was führt euch hier her?“ begrüßte auch sie ihn, ohne jedoch in ihrem Lauf inne zu halten. „Oh, ich entdecke gerade die Geheimnisse dieses Schiffes.“ erklärte er ihr. Branda gab nur ein erstauntes Geräusch von sich und lief weiter. „Und, habt ihr schon welche gefunden?“ fragte sie kurz darauf. „Oh ja. Diese ganze Schiff ist ein großes Geheimnis für mich. Alex san hat euch bestimmt von mir erzählt, nicht wahr?“ Branda nickte bestätigend. „In meiner Welt gab es solche Maschinen nicht. Nur einfache Leute, Bauern und Soldaten. Die Feudalfürsten mit ihrem Shogun und ihren Samurai beherrschten alles in unserem Land. Ich war ein ehrenwerter Samurai. Angesehen und loyal zu meinem Shogun. Er vertraute mir einst eine ganze Armee an um gegen seinen Widersacher Tori in den Krieg zu ziehen. Ich habe ihn nicht enttäuscht.“ er senkte das Haupt und Branda bemerkte, dass den alten Mann etwas bedrückte. Sie beendete ihr Laufen, wischte sich mit einem Handtuch den Schweiß vom Gesicht und trat zu ihm. „Ich bin zwar alt, aber ich bin immer noch ein guter Krieger. Die Spiele von Xotha haben mich fit gehalten, aber hier, hier vertraut man mir nicht. Eure Herrscher sagen ich sei zu alt um als Soldat zu dienen. Doch was soll ich den ganzen Tag lang tun? Eure Bücher kann ich nicht lesen, und in diesem merkwürdigen Gerät in meinem Quartier, das mit den laufenden Bildern, ihr nennt es Fernsehen, kommt nur Unsinn. Und ich habe kein Schwert, um mein Leben ehrenvoll zu beenden.“ Branda erkannte, dass dieser Mann sein Leben lang gekämpft und gedient hatte und ihm hier auf der Perseús 33 - 34 - nun jeglicher Verantwortung entzogen war, da kam ihr eine Idee. „Wisst ihr was das hier ist, Tanaka san?“ sie machte eine ausholende Bewegung mit den Armen, so dass diese den ganzen Trainingsraum mit einbezog. „Eurer Atmung und eurem Herzschlag zu folge, wird dieser Raum dafür benutzt um sich und seinen Körper gesund und stark zu machen oder die Stärke aufrecht zu erhalten.“ meinte er und wandte seinen Blick von dem muskelbepackten Mann rechts von sich, der mit einer schweren Hantel seinen gewaltigen Bizeps trainierte, wieder zu Branda. „Ja, das ist richtig. Aber nicht nur das. Wir haben auch noch eine große Halle, gleich hier nebenan, wo Alex und ich in den vielen Wochen vor unserer Ankunft auf Xotha, jedem der daran Interesse hatte, die Kunst der Selbstverteidigung, sowohl mit wie auch ohne Waffen beigebracht haben. Dieser Unterricht war sehr beliebt. Kommt.“ Sie ging in Richtung einer Tür und Yashida folgte ihr. Die breite Eisentür schob sich mit einem Zischen und ohne zutun von Deveraux in die rechte Wand und gab den Blick in einen ebenso breiten Gang mit langen Glasfenstern frei. Rechts vom Gang befand sich eine Art Büro. Ein Schreibtisch, ziemlich unaufgeräumt und einige Schränke mit Ordnern standen dort herum. Gegenüber konnte man durch die Fenster aufeinandergestapelte Matten, einen großen Korb voller Bälle der verschiedensten Art und einzelne an der Wand aufgehängte Sportgeräte erkennen. „In etwas mehr als einer Stunde, habe ich einen Kurs für Selbstverteidigung. Zeitgleich würde Alex eine andere Gruppe trainieren, doch Alex ist nicht da.“ Sie betraten die große Halle und auf eine Wink mir der Hand, erwachte die Deckenbeleuchtung zum Leben. 34 - 35 - „Ich kann nicht alle gleichzeitig unterrichten, Tanaka san. Ihr wart euer Leben lang ein Krieger. Würde es euch etwas ausmachen Snows Unterricht zu übernehmen bis er wieder da ist?“ Tanaka blieb stehen und sah sie an. Innerlich freute er sich sehr über das Angebot. Branda Deveraux hatte ihm nichts befohlen oder einfach untergeschoben. Nein, sie bat ihn höflich um Hilfe, und das wahrte sein Gesicht. „Es ist mir eine Ehre...“ sagte er und verbeugte sich tief. „... aber nur so lange bis Alex san wieder bei uns ist.“ ergänzte er, nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte. Branda schenkte ihm eines dieser seltenen Lächeln, die sie sonst nur Alex geschenkt hatte. Und der alte Mann hatte wieder eine Aufgabe. Und wer wusste schon, ob Alex jemals wieder zurückkommen würde. Dann trat sie zu einem schmalen Schrank, der in die Hallenwand eingelassen war und öffnete ihn. Sie griff zielsicher hinein und förderte ein Schwert nach der Art zu Tage, wie es wohl von den Samurai des japanischen Mittelalters benutzt worden war. „Hier Meister Tanaka. Ich glaube danach habt ihr gesucht.“ sie wollte es ihm gerade übergeben, zog es dann jedoch wieder an sich. „Aber nicht, dass ihr das tut, wovon ihr vorhin gesprochen habt.“ dann drückte sie es ihm in die Hand. Yashidas Augen glänzten beim Anblick der Waffe. Vorsichtig zog er die Klinge heraus und ließ das Licht der Deckenbeleuchtung über den wellenförmigen Schliff der Klinge gleiten. Seine Freude trübte sich jedoch ein wenig, als er sah, dass diese Waffe ganz sicher nicht von einem Meister seines Fachs gefertigt worden war, denn statt das Zeichen des Meisterschmiedes auf der Klinge zu finden, stand dort nur „440 Stainless Steel“. Der Griff des 35 - 36 - Schwertes war zu kurz und die Klinge nur mäßig ausgewogen. Doch es würde seinen Zweck erfüllen. Ehrfurchtsvoll wie es ihn seine Vorfahren gelehrt hatten, verbeugte er sich erneut und berührte das Schwert, das nun wieder in seiner Scheide steckte, mit der Stirn. „Ihr ehrt mich auf ungeahnte Weise, Branda san. Wie kann ich euch dienen, Herrin?“ Deveraux berührte ihn an beiden Schultern und richtete ihn auf. Tanaka hatte nach wie vor das Haupt gesenkt. „Dieser Ehrenbezeugung bin ich nicht würdig, Yashida san. Ich bin froh, dass ihr Alex´ Kurs übernehmt, und vielleicht kann sogar ich noch das Eine oder Andere von euch lernen.“ Tanaka nickte und bat Branda dann um entsprechende Trainingskleidung. Sie gingen in das Büro an dem sie zuvor schon vorübergegangen waren und dort holte Deveraux das Gewünschte aus einem Wandschrank. Danach zog sich Tanaka in der Umkleidekabine um und begann mit seinen Vorbereitungen für den Unterricht. Branda dagegen, ging wieder hinaus in das Fitnessstudio und absolvierte noch den Rest ihres Trainings. Ihre eh schon gute Laune hatte sich noch verbessert, nachdem sie bemerkte wie sehr der alte Mann diese Tätigkeit für sein Seelenheil benötigt hatte. Zwischenzeitlich.... „Tolun.“ rief Alex und wies mit dem Finger zum immer näher kommenden Horizont. Die ersten Türme und Dächer wurden dort gerade sichtbar. „Ja, die Stadt des Lichts ist um diese Zeit besonders schön. Nicht wahr?“ meinte Gwyn. „Wieso sagst du das so? Das Licht ist doch hier in Skataris immer das selbe. Immer allgegenwärtig.“ 36 - 37 - „Ja, aber lange Zeit war die Stadt nicht mehr so lebendig wie zu dieser Zeit. Zur Zeit eines Krieges, einer bevorstehenden Schlacht.“ „Hey, du hörst dich ja an, als wärst du auf diesen Krieg völlig versessen.“ tadelte Snow. „Nein, keines Wegs, mein Freund. Aber es wird endlich Zeit, dass diese verdammte Dämonenbrut endlich mal eins auf hässlichen Fratzen bekommt. Durch diesen Konflikt herrscht ein Treiben und Trubel in der Stadt, wie ich ihn seit Jahrhunderten nicht mehr erlebt habe. Das ist doch was ganz anderes wie das langweile Tageseinerlei das sonst so in Tolun herrscht.“ Alex beugte sich über das Sattelhorn nach vorne und tätschelte Gwyns blau geschuppte Schulter. „Ist ja gut, alter Freund. Wir werden diesen Monstern schon das Fürchten lehren. Ich habe mir dazu schon den einen oder anderen Gedanken gemacht.“ „Yahoo, das ist doch mal ein Wort.“ rief Gwyndragsil begeistert und legte noch einen Zahn zu. „Lass uns dort, vor der Mauer landen, dann können uns die Späher der Dämonen nicht gleich sehen.“ wies Alex den Drachen an, doch der meinte nur: „Keine Sorge, die sehen uns nicht. Wir können ganz beruhigt bis zum Palast fliegen.“ Es dauerte dann aber doch noch eine ganze Weile, bis sie die erste Mauer überflogen und sich zur Stadtmitte hin wandten. Snow kam die Stadt auf ein Mal merkwürdig groß vor. So als sei sie in den letzten Monaten um ein vielfaches erweitert worden. Aber die Mauer, welche die Stadt zu ihrem Schutz umgab, schien unangetastet zu sein. Dann, als sie plötzlich sehr nahe an der Nasenspitze eines der Wachsoldaten vorüber flogen, und dessen Augen riesig groß und missmutig wie auf ein lästiges Insekt auf sie herab sahen, wusste Alex was der 37 - 38 - Drachen gemacht hatte. Gwyn war nur noch so groß wie eine Libelle, und er saß auf deren Rücken. Die schwarzen Pupillen des Soldaten verfolgten ihren Flug wie Kanonenrohre, die automatisch ihrem Ziel folgen. Doch wie er schließlich erkannte, was er da vor seiner Nase hatte, blinzelte er einmal und lächelte den beiden freundlich hinterher. Gwyndragsil schwirrte tief zwischen den Häusern der Stadt einher, jedoch nicht so tief, als dass die Menschen in den Straßen und Gassen direkt Notiz von ihnen nehmen konnten. Der Drachen hatte recht gehabt, ging es Snow durch den Kopf. Die Stadt barst fast aus allen Nähten, so viele Menschen waren hier versammelt. Doch dann hatten sie die engen Gassen hinter sich gelassen und waren auf die breite, mit Bäumen gesäumte Allee eingebogen, die sie direkt bis hin zum Palast führen würde. Snows Aufregung wuchs, und sein Herz begann zu rasen. Gleich würde er Ilya wieder sehen. Und schon war es wieder da. Das Abbild von Branda vor seinem inneren Auge. Seine Gedanken wollten rasen, doch er zwang sich ruhig zu bleiben. So viel zur Verbannung in den hintersten Winkel seines Bewusstseins, dachte sich Snow. Der Palast wurde immer größer und größer, und Alex schien der Flug über den großen Vorplatz zur breiten Freitreppe hinüber eine Ewigkeit zu dauern. Doch schließlich bog Gwyndragsil ab und flog in einem weit gezogenen Spiralbogen hinauf in schwindelerregende Höhen, nur um sodann pfeilgerade auf ein offen stehendes Fenster herab zu stoßen, wie ein Bussard auf seine Beute. 38 - 39 - Beinahe wären sie gegen geprallt, hätte Gwyn nicht gezogen und mit aufrecht Vorwärtsschub abgebremst. Besprechungszimmer. Travis Morgans Wange rechtzeitig die Bremse gestellten Flügeln den Sie befanden sich im Der Warlord schien einen Luftzug gespürt zu haben, denn er wand augenblicklich sein Gesicht mit grimmigem Blick in ihre Richtung. Als er jedoch des vermeintlichen Störenfrieds gewahr wurde, wechselte sein Ausdruck in Erstaunen, und sein Mund stand sprachlos offen. „Würdet ihr wohl freundlicherweise für ein wenig Platz sorgen, Warlord?“ hörte er eine leise, piepsende Stimme sagen. Und noch ehe er eine Antwort darauf ausgesprochen hatte, breitet er schon die Arme aus und schob die neben ihm stehenden Personen vorsichtig nach hinten, in Richtung Wand. Königin Tara und Mungo el Sarif waren diese Personen und sie sahen ihren besten Freund und Krieger doch etwas verwundert an, wollten sogar protestieren. Doch ein kurzes Aufblitzen von Licht und die Verbreitung von weißem Qualm an der Stelle, die Travis frei gemacht hatte, schien ihren Protest zu ersticken. Gwyndragsil und Alex T. Snow erschienen aus dem Rauch. Irgendwie hätte man diesen Auftritt dem eines billigen Westentaschenmagiers zuschreiben können, wären es nicht Alex und der Drachen gewesen welche die Szenerie betraten. Snow wedelte ein wenig mit der Hand vor seinem Gesicht und meinte: „Hättest du nicht eine weniger aufsehenerregende Art des Erscheinens wählen können, Gwyn?“ und hustete gekünstelt. 39 - 40 - „Ja schon, aber diese bereitet mir doch immer wieder große Freude.“ Sie unterhielten sich als wären sie ganz alleine in dem großen Raum, doch sie wussten natürlich, dass die anderen ihnen genau zugesehen hatten. Dennoch unterbrachen sie ihre belanglose Unterhaltung erst, als sich Travis Morgen vernehmlich räusperte. Der Rauch verzog sich so plötzlich, wie er gekommen war, und Königin Tara trat an Morgan vorbei. „Es ist schön, dass ihr wieder hier seid, Gwyndragsil.“ begrüßte sie den Drachen. Alex schien sie zunächst völlig zu übersehen. „War euer Unternehmen von Erfolg gekrönt?“ fragte sie dann, und wechselte mit dem Blick zu Alex. „Nun,...“ begann der Drachen und rieb sich wie ein altersgrauer Schulmeister der vor seiner Klasse stand und etwas zu erklären versuchte, von dem er wusste, dass es seine Schüler niemals begreifen konnten, die krallenbewehrten Hände „ ...wie ihr ja wisst, war es mein Ansinnen die unbeabsichtigte Verschmelzung eines fremden Geistes mit dem Körper unseres so lieb gewonnenen Alex T. Snow wieder rückgängig zu machen....“ die Anwesenden gruppierten sich langsam um die Neuankömmlinge. Unter ihnen war auch Ilya. Sie hatte am hinteren Ende des großen Kartentisches gestanden, und war nun zusammen mit den beiden Magiern, Alex wusste zu seinem Bedauern ihre Namen nicht mehr, um den Tisch herum nach vorne getreten. Ihre blauen Augen hafteten wie gebannt auf Snow. Alex hatte ihren Blick natürlich sofort bemerkt, spielte aber noch immer das Spiel des Drachen mit und beobachtete sie zunächst nur aus dem Augenwinkel heraus. Gwyndragsil plapperte unentwegt weiter, und niemand schien den Mut zu haben ihn zu unterbrechen. 40 - 41 - Snows Blick wechselte plötzlich ganz von selbst von der Position des unbeteiligten Zuhörers in Richtung Ilya und wurde aktiver Sehender. Die Augen der Wassernixe glänzten feucht, und Alex konnte die beherrschende Anspannung in ihrem Gesicht förmlich selbst spüren. Ohne hin zu sehen, griff er mit der linken Hand nach der keilförmigen Schnauze Gwyndragsils, die immer noch belangloses Gewäsch von sich gab, und drückte sie ihm zu. Das soeben ausgesprochene Wort verstummte mit einem merkwürdig würgenden Laut. „Genug Gwyn.“ meint Alex, ohne seinen geschuppten Freund zu beachten. „Ich bin wieder hier, Leute.“ ergänzte er und grinste breit. „Das dachten wir uns schon.“ begann die Königin, doch noch bevor sie ihm die Hand zum Gruße reichen konnte, war Ilya an ihr vorbei gestürmt und hatte sich Snow schluchzend um den Hals geworfen. Alex, der von dieser doch sehr unerwarteten Reaktion völlig überrumpelt worden war, konnte gerade noch einen kleinen Schritt rückwärts tun und ruderte ein wenig mit den Armen in der Luft, damit ihn der Schwung Ilyas nicht umwarf. Doch dann hatte er sich wieder gefangen und hielt die Geliebte fest in seinen Armen. Er fühlte, wie sich ein kleines Rinnsal ihrer Tränen an seinem Hals hinab bewegte und langsam unter das Kettenhemd kroch. Ilya zitterte leicht und weinte leise, und Alex strich ihr liebevoll über das goldgelbe Haar. „Sccchhht, es ist alles gut. Ich bin ja wieder da.“ versuchte er sie zu beruhigen. Travis und Tara warfen sich einen verwunderten Blick zu. Nie hätten sie gedacht, dass Ilya, die Frau die bei all ihren Taten immer einen kühlen Kopf zu bewahren 41 - 42 - schien, zu solch einer Reaktion fähig war. Ihre Liebe zu Alex musste sehr, sehr tief sein. „Ich... ich bitte vielmals um Verzeihung, Königin Tara, für meinen unbeherrschten Ausbruch.“ sagte die Nixe dann auf ein Mal. Sie hatte sich wieder im Griff und ihren Körper von Snows gelöst, stand sie nun neben dem Drachenritter, aber ihre Linke hielt noch immer die Rechte des Geliebten fest umklammert, so als ob sie damit signalisieren wollte, dass sie ihn niemals wieder fort gehen lassen wolle. Dann kamen Tara, Travis und Mungo näher, und schüttelten Alex nacheinander die Hand, so als ob er Jahre nicht mehr zu Besuch gewesen war. „Willkommen zurück!“ sagte die Königin und drückte den Ritter völlig unköniglich an sich. „Es ist mir eine außerordentliche Ehre, euch erneut dienen zu können, Majestät.“ meinte er etwas verlegen darauf hin. „Wir haben uns schon einmal bei den Vornamen genannt, Alex. Majestät ist so... so formell. Und ihr wisst doch, dass ich nichts mehr hasse wie Formalitäten.“ entgegnete sie mit einem liebevollen Lächeln. „Dieses Angebot nehme ich liebend gern wieder in Anspruch, Tara. Danke.“ Nacheinander begrüßten ihn auch die anderen Anwesenden, doch nachdem die Zeremonie beendet war, wollte Alex wissen, wie es um ihr Los stand. Tara bat die Mitglieder des Kriegsrates wieder an den großen Kartentisch und begann ihre Ausführungen, in die Alex und Gwyn geplatzt waren, von neuem. Etwa zwei Stunden später hatte die meisten Fronten geklärt, und die Mannschaft begab sich in das Speisezimmer. Ein Bote wurde ausgesandt und 42 - 43 - überbrachte Norro Vet und dem Wirt von Nabeeh eine Einladung zu einem gemeinsamen „Abendessen“. Beide Wesen bedankten sich beim Überbringer, lehnten aber dankend ab. Sie wollten bei ihren Leuten bleiben und mit ihnen die Zeit bis zur Schlacht verbringen. Das Essen viel nicht so üppig aus wie Alex dies aus früherer Zeit hier im Palast kannte. Jeder wollte wegen des bevorstehenden Konfliktes nicht so vollgestopft sein. Man wusste ja nie, wann es los ging, und so hatte Snow die ganze Aufmerksamkeit für sich als er mit seinem Bericht begann. „... und es hat dir überhaupt nichts ausgemacht, dass du plötzlich in einem anderen Körper stecktest?“ wollte Mungo wissen. „Nun, es war natürlich ein Schock. Aber ich hatte keine Schmerzen oder sonstige körperliche Gebrechen. Ehrlich gesagt, es war mir in diesem Augenblick völlig Wurst, in welchem Körper ich steckte. Dass ich am Leben war, war das einzig Wichtige für mich.“ beschied er. Gebannt folgten die Freunde den Ausführungen des Drachenritters, und so zog Stunde um Stunde dahin, ohne dass es jemandem langweilig geworden wäre. Irgendwann verabschiedeten er und Ilya sich von der Gesellschaft und die Nixe brachte den Krieger ihres Herzens in sein schon bekanntes Gemach. Alex schälte sich aus dem noch immer getragenen Kettenhemd. Er ließ es rasselnd zu Boden gleiten, und entledigte sich auch noch des leinenen Untergewandes. Das lange Trage der Kette hatte selbst durch den Stoff seinen Abdruck auf seiner Haut hinterlassen. Erleichtert streckte er die Glieder von sich und betrachtete im mannshohen Spiegel seinen muskulösen Oberkörper. Er schien noch 43 - 44 - einigermaßen in Schuss zu sein. Die Arme und die Brust zeigten weniger Definition wie er es in Erinnerung hatte, aber wenigstens waren keine neuen Narben dazu gekommen. Clark hätte sich schon ein wenig besser um meine Fitness kümmern können, ging es ihm durch den Kopf. Schließlich hatte er sich auch um seinen Körper gekümmert. Wenn auch nicht immer ganz freiwillig. Er entledigte sich gerade seiner Beinkleider, da sah er den Schatten einer Bewegung aus dem Augenwinkel heraus. Schnell zog er die Unterhose wieder nach oben, und wand sich um. Ilya stand nur knapp eine Armeslänge hinter ihm, bekleidet mit einem Hauch von Nichts. Ihre blaue Haut schimmerte feucht auf ihren Armen und ihre schlanke, durchtrainierte Figur zeichnete sich schemenhaft vor dem Licht der Sonne durch den dünnen Stoff ab. „Früher warst du nicht so genant wenn ich in deinen Raum kam.“ meinte sie spöttisch und trat näher. Ihre Hand fuhr sanft über seine Schulter und glitt hinab zu der mit feinen Härchen eingerahmten Brustwarze. Die Berührung verfehlte nicht ihre Wirkung. Doch Alex nahm ihre Hand in die seine, drehte die Handfläche nach oben und küsste sie direkt am Handgelenkansatz. Ein wohliger Schauer durchfuhr Ilyas Körper, und ihre feuchtglänzenden Lippen sogen seufzend die Luft ein. „Das scheinst du jedenfalls noch zu können.“ hauchte sie stichelnd, doch dann schob ihr Zeigefinger den dünnen Träger ihres leichten Nachtgewandes über die Schulter und ließ diesen aufregenden Hauch von Nichts zu Boden gleiten. Ihre Hand fasste nach dem Knoten der Kordel, die seine Unterhose oben hielt, und mit einem sanften Ruck hatte sie ihn gelöst und die Hose glitt zu Boden. 44 - 45 - „Ich wollte eben ein entspannendes Bad nehmen.“ entgegnete er. „Möchtest du mir Gesellschaft leisten?“ Snow wusste genau, dass sie dazu nicht Nein sagen würde, und so gingen sie gemeinsam in den Nebenraum, wo bereits zwei Dienstmägde heißes Wasser in einem großen, hölzernen Zuber bereitgestellt hatten. Als sie nun die Beiden den Baderaum betreten sahen, verbeugten sie sich ehrfürchtig und zogen sich hinter einen massiven Raumteiler zurück, wo sie zwar alles hören, jedoch nichts sehen konnten. Wo sie aber auch zu Diensten standen, wenn die Herrschaft etwas benötigte. Sie bestiegen den ovalen, dampfenden Bottich, der gut und gerne für drei bis vier Personen Platz bot und setzen sich so hin, dass sie sich in die Augen sehen konnten. Snow konnte sehen, wie sich Ilyas Bein sofort wieder zu einer mächtigen Schwanzflosse verwandeln wollten, doch sie hielt sie mit einer einfachen Handbewegung davon ab, und so verwandelten sie sich wieder in ihre menschliche Form zurück. Ihre Zehen berührte die seinen und so rieb sie ihren Fuß eine Weile auf seinem auf und ab. „Wie war das mit dir und dieser Branda? Du hast sie vorhin zwar immer wieder erwähnt, aber ich kann mir gut vorstellen, dass du, alleine mit drei Frauen auf einem, wie nanntest du es, ein Raumschiff? Dass du da nicht wiederstehen konntest. Hast du mit ihr geschlafen?“ Alex wusste, dass diese Frage früher oder später kommen würde, und er hatte sich schon lange zuvor dazu entschlossen, Ilya die Wahrheit zu sagen. Ihr Fuß kam näher. „Es war eine sehr lange Zeit, ohne dich Ilya.“ begann er, doch da kam sie auf einmal näher und ihr Fuß schoss 45 - 46 - aus dem Wasser. Alex wollte erschrocken zurückzucken, doch wohin. Ihre Zehen kamen kurz vor seinem Mund zum Halten, und statt des erwarteten Trittes, legte sie ihren Fuß sanft auf seine Lippen. „Sccchhht. Sag nichts mehr. Ich will es eigentlich gar nicht wissen. Wichtig ist nur, dass du wieder da bist. Sonst nichts.“ sie zog ihr Bein wieder zurück, und kam nun selbst zu ihm hinüber. „So leicht?“ dachte sich Snow in diesem Augenblick. „Sollte es ihr tatsächlich nichts ausmachen? Er konnte das eigentlich nicht glauben, aber fragen wollte er sie jetzt auch nicht, denn in diesem Moment berührte ihre Hand tief unter Wasser seinen Körper. Langsam nahm er die Arme, die locker auf dem Zuberrand gelegen hatten herunter und zog Ilya zu sich her. Sie drehte sich, so dass sie mit dem Rücken zu ihm saß. Fest hielt er ihren straffen Bauch mit seinen Armen umfangen, und langsam suchten sich seine Lippen ihren Weg vom Nacken zum Hals unterhalb ihres kleinen, nach oben hin spitz zulaufenden Ohres. Ilya hatte keine Ohrläppchen wie ein Mensch, aber Alex wusste, wenn er mit der Zunge sanft vom Ansatz bis hinauf zur Spitze fuhr, ihr das sehr gefallen würde. Und so tat er es. Sie begann trotz des heißen Wassers zu zittern, und als sich ihr goldenes Haar in den für Wassermenschen obligatorischen, weichen Rückenkamm verwandelte, wusste er, dass nun ihre Selbstbeherrschung schwand und sie sich zur Nixe verwandelte. Ihre Hände griffen nach hinten. Mit der Linken strich sie über sein Gesicht und seine feuchten Haare. Alex löste die Umarmung seines linken Armes und fasste sie wie 46 - 47 - schon zuvor beim Handgelenk, welches er nun abwechselnd wie ihren Hals mit seinen Lippen liebkoste. Die Finger ihrer rechten Hand berührten seinen Unterleib, und Snow zuckte unwillkürlich zusammen. Seine Rechte dagegen strich sanft über ihren Bauch und wanderte immer wieder nach oben, wo sich seinen Fingerspitzen die harten Warzen ihrer kleinen, festen Brüste entgegen reckten. Dann hob sie auf ein Mal ihr Becken an und drückte ihre Kehrseite gegen Snows Bauch. Langsam senkte sie sich auf ihn herab, und als sie wieder auf seinem Schoß Platz genommen hatte, legte sie den Kopf mit einem gehauchten Stöhnen in den Nacken. Die sanften Bewegungen ihres Beckens und die Unterstützung von Snows Händen, führte schon bald zu dem gewünschten Ergebnis. Irgendwann später, Alex Haut war schon ganz schrumpelig, hatten sie den Zuber verlassen und waren zu seinem Bett hinüber gegangen, wo sie sich noch ein weiteres Mal heftig liebten, aber dann erschöpft einschliefen. Die beiden jungen Mägde, die hinter der Trennwand jedes Geräusch hatten hören können, schraken aus ihrer lustvollen Umarmung auf, als Alex und Ilya mit einem lauten Platschen die Wanne verlassen hatten, und mussten sehr an sich halten, um nicht über ihre eigene, soeben erlebte Sexualität vor lauter Lachen zusammen zu brechen. Peinlich war es ihnen nicht. Schnell zupften sie ihre leichten Arbeitsgewänder wieder zurecht und betraten den Waschraum. Sie glaubten ihren Ohren nicht zu trauen, als sie erneut heftiges Stöhnen aus dem Nebenraum wahrnehmen mussten. „Die sind wohl unersättlich?“ flüsterte die jüngere, ein blondes, dralles Ding mit allen Rundungen dort, wo man 47 - 48 - sie brauchte, ihrer Kollegin zu. Diese, eine etwas ältere, sehr schlanke Brünette hatte eben die Hand ins Wasser gestreckt und meinte: „Du, das Wasser ist noch schön war.“ und schon glitt ihr Gewand zu Boden und enthüllte was von den Göttern so wunderbar erschaffen wurde. Ihre blonde Freundin erschrak erneut. „Du kannst doch nicht einfach...“ wollte sie protestieren, doch da zog die Hand der anderen bereits an ihrem Kragen und drückte ihr die Lippen auf den Mund. „Komm.“ hauchte sie ihr entgegen. Das blonde Mädchen wand sich nach der Herrschaft um, löste sich kurz aus den Fängen ihrer Freundin und ging zu dem Durchgang in das Schlafgemach. Leise zog sie den schweren Brokatvorhang vor die Öffnung, so dass man kaum noch etwas von den beiden Liebenden nebenan hören konnte. Danach kehrte sie zu ihrer Kollegin zurück und schlüpfte aus ihrem Gewand. Kapitel 3: Die erste Welle Ein heftiger Ruck erschütterte den Rumpf der Perseús und schreckte viele Besatzungsmitglieder aus dem Schlaf. Keine zwei Sekunden später ertönte eine 48 - 49 - ohrenbetäubende Alarmsirene, was zur Folge hatte, dass nun garantiert alle Menschen auf dem Schiff wach waren. „Das ist Alarmstufe 1.“ ging es Branda durch den Kopf, während sie sich mit ziemlich geschundenen Knochen aus ihrem Bett wälzte. Ihr tat jeder Knochen im Leib weh. Gestern hatte sie mit Tanaka eine Trainingsstunde absolviert, und der alte Mann hatte es ihr mächtig gezeigt. Sie ging ins Bad und betrachtete ihren nackten Körper. „Scheiße, so viele blaue Flecken hatte ich noch nie!“ fluchte sie und stieg dann in die Dusche. Sie konnte sich diesen Luxus leisten, denn sie war nicht bei der sofortigen Kampfbereitschaft. Aber sie musste sich dennoch beeilen, denn bei dieser Alarmstufe muss sie sich binnen zwanzig Minuten bei ihrem kommandierenden Offizier melden. Dort wurde dann bestimmt, was weiter zu tun war. Ein weiterer Ruck erschütterte die Perseús. Deveraux entschied, dass sie heute die Dusche abkürzen würde, stellte das Wasser ab, nahm sich das Handtuch und verließ das Bad. 7,23 Minuten später befand sie sich bereits in Reih und Glied mit ihren Kameraden auf dem Mannschaftsdeck um den Erläuterungen zu folgen und ihre Befehle zu empfangen. Zur selben Zeit einen halben Kilometer weiter vorne: „Wo zum Henker sind denn die auf ein Mal her gekommen?“ fluchte Shigerah und beugte sich über die von ihnen angefertigte Karte des Hyperraumes. Nun ja, eigentlich war es nicht direkt eine Karte des Hyperraumes, denn diesen konnte man eigentlich nicht wirklich kartographieren. Statt dessen hatte Shigerah auf der Kopie einer bereits sehr alten Sternenkarte eine 49 - 50 - dicke Linie einzeichnen lassen die sie während ihres Fluges entlang fliegen würden. „Hatte diese Marine nicht erzählt, dass die Alamak einen ganz anderen Hyperraum benutzen würden? Einen viel engeren und einen in dem man wesentlich schneller voran kommen konnte wie mit unserem?“ „Das hat sie, Sir.“ antworte Don Marshall. „Aber ich glaube nicht, dass den Alamak beim Stand der ihnen zur Verfügung stehenden Technik, unser Hyperraumgefüge unbekannt ist. Ich befürchte eher, sie sind uns ein Stück in ihrem eigen Hyperraumfeld gefolgt, haben dann einige Sonden ausgesetzt die uns und unseren Leitstrahl orten sollten, und haben sich dann ganz gemütlich an uns dran gehängt.“ ergänzte er. Shigerahs Kopf kam hoch und seine Augen fixierten seinen ersten Offizier mit bösem Blick. „Verdammt Don, so genau wollte ich es nun auch wieder nicht wissen.“ maulte er und schob dann den obligatorischen, dicken Zigarrenstummel von einem Mundwinkel in den anderen. Marshall sah ihn verdutzt an. Er kannte Shigerah jetzt schon seit über drei Jahren, aber so eine Reaktion hatte er noch nicht bei seinem Captain erlebt. Doch dann: „Sir, wir machen drei weitere Objekte hinter uns aus.“ meldete der Mann am Radar. „Es sind ebenfalls Stadtschiffe, Sir!“ Shigerahs Zigarrenstummel kippte aus seinem Mundwinkel und fiel zu Boden, wo er in einer kleinen, kreisförmigen Bewegung zum liegen kam. „Wo um alles in der Welt sind denn die hergekommen?“ fragte der Captain der Perseús laut, ohne jedoch jemanden speziell zu meinen. „Es hat eine kleine Veränderung im energetischen Wellenmuster des Hyperraumgefüges gegeben, Sir. Und 50 - 51 - gleich darauf waren sie da.“ rief einer der Brückenoffiziere durch den Raum. Der Mann saß vor einem Bildschirm, nicht unähnlich einem Radargerät. Merkwürdige Wellenmuster zogen sich über seinen Bildschirm hinweg und ließen in seiner Mitte immer wieder drei große Objekte aufleuchten. Der Rumpf der Perseús wurde ein weiteres Mal durchgeschüttelt. Dann noch ein zweites und gleich darauf ein drittes Mal. Ein Feueralarm wurde ausgelöst, während die Mannschaft des Schiffes mit allem zurückfeuerte was zur Verfügung stand. Doch es war aussichtslos. „Verdammt Don, wir werden hier drauf gehen.“ meinte Shigerah leise zu seinem ersten Offizier. Marshall sah ihn ausdruckslos an. „Befehlen sie der Mannschaft, sich in die Rettungsshuttles zu begeben?“ fragte er nach einigen Sekunden des Schweigens. Shigerahs Gesichtsausdruck schien unentschlossen. Er wusste, dass er seine Mannschaft retten musste, wenn er konnte. Er befand sich in einer Zwickmühle. Würde er sie an Bord lassen, würden sie alle bei einem der nächsten Beschüsse sterben. Befahl er den Ausstieg, konnte sich die Mannschaft zwar selbst weiter vorwärts bewegen, hätten aber keine Möglichkeit aus dem Hyperraum heraus zu gelangen, da den Rettungsshuttles diese Technik nicht zur Verfügung stand. Andererseits würde die Mannschaft ebenfalls sterben, befänden sich die Rettungsshuttles und sonstigen an Bord befindlichen Schiffe noch in der Nähe, wenn die Stadtschiffe die Perseús zerstörten. Es war zum Mäuse melken, und er hätte sich die Haare gerauft, wenn er welche gehabt hätte. 51 - 52 - Doch in diesem Moment erschütterte ein ohrenbetäubendes Dröhnen das Innere der Perseús. „Schockwelle auf direktem Kurs von Achtern, Captain!“ rief jemand durch den Raum. Es war der gleiche Offizier, der noch kurz zuvor die Ankunft der anderen beiden Stadtschiffe angekündigt hatte. Die Perseús erzitterte. Zunächst nur leicht, doch dann immer stärker. „Alle Mann in die Rettungsshuttles oder in alles andere was fliegt!“ brüllte Shigerah auf ein Mal. Hatte er zu lange gewartet? Er sah seine ersten Offizier an, der schon die Hand auf der Taste hatte, die den Befehl des Captains durch das gesamte Schiff weiterleiten würde. „Es ist weg!“ rief der Mann, der noch vor Kurzem das Eintreffen der beiden anderen Schiffe angesagt hatte. „Kamera Achtern!“ befahl Don Marshall, und schon flackerte ein von grün-gelben Flammen umringter, gigantischer Trümmerhaufen auf dem Bildschirm. Einzelne Trümmerteile waren durch die Explosion so stark beschleunig worden, dass sie nun wie Geschosse auf die Perseús zu rasten. Erste Einschläge waren bereits zu vernehmen, da erklang wieder die Stimme des Mannes am Radar: „Sir, die beiden anderen Schiffe fallen zurück, aber es nähert sich ein Shuttle der Alamak.“ „Sensorenkontrolle?“ fragte Shigerah. Ein anderer Mann sah von seinen Instrumenten auf und antwortete: „Eines der zurückfallenden Schiffe ist ebenfalls stark beschädigt, Sir. Das dritte Schiff beginnt damit, Überlebende von beiden Schiffen aufzunehmen.“ „Was ist mit dem Shuttle?“ wollte Marshall wissen. 52 - 53 - „Es kommt weiter auf uns zu. Zwei Lebensformen an Bord, Sir. Eine davon ist ein Mensch.“ „Clark!“ riefen Shigerah und Marshall fast gleichzeitig aus. Shigerah grinste breit. „Dieser Hurensohn hat es doch tatsächlich geschafft, das Schiff zu zerstören.“ meinte er leise zu seinem ersten Offizier, und dann laut: “Öffnen sie den Hangar achtern und lassen sie ihn landen. Man soll sie sofort in meinen Bereitschaftsraum bringen. Alle beide.“ „Sir...“ kam es auf ein mal von der Sensorenkontrolle, doch der Mann konnte nicht weiter reden, denn in diesem Augenblick wurde das Schiff auf das heftigste durchgeschüttelt. Alle mussten sich einen sicheren Halt suchen, um nicht umzufallen. „Was zum Teufel ist jetzt wieder los?“ rief der Captain. „Die Hyperraumintegrität bricht vor uns zusammen, Sir. Wir werden in den Normalraum geschleudert!“ „Auf den Schirm!“ befahl Marshall. Die immer kleiner werdenden Stadtschiffe der Alamak verschwanden vom Bildschirm und machten Platz für ein Bild das man nur so beschreiben konnte; Die blau-grüne breit gefächerte Struktur des Hyperraumes vor ihnen zerfaserte langsam in einzelne dicke und dünne Fäden, zwischen denen man vereinzelt das Licht der Sterne des Normalraumes ausmachen konnte. Diese Fäden peitschten um eine Öffnung zum Weltall hinaus herum und wurden an ihren Enden immer dünner. Würde die Perseús zu nahe an eines oder mehrere dieser Enden heran kommen, wären sie verloren. Die Struktur des Raum-Zeit Gefüges würde sie in Stücke reißen. Shigerah erkannte die Situation sofort und befahl: 53 - 54 - „Steuermann, halten sie das Schiff so gut es geht in der Mitte, dort dürften wir am sichersten durch die Anomalie kommen.“ „Aye, Sir!“ bestätigte der Angesprochene und kümmerte sich weiter um seine Instrumente. Shigerah hatte es mittlerweile wieder bis zu seinem Stuhl geschafft und ließ sich in die Polster plumpsen. Er schob sich die schwarze Baseballmütze mit den goldenen Kapitänslitzen etwas aus der Stirn und kramte in seiner Hemdtasche nach einem neuen Zigarrenstummel. Als er fündig wurde, schob er ihn sich in den Mund und wurde sogleich etwas ruhiger. Das Schiff begann erheblich zu zittern. „Eine Minute bis Austritt aus dem Hyperraum!“ meldete einer seiner Leute. Die Perseús vibrierte noch stärker. Shigerah betätigte einen Schalter auf seiner Stuhlkonsole. „Maschinenraum?“ fragte er. „Hier Maschinenraum.“ kam die Bestätigung. „Trägheitsdämpfer und Stabilisatoren auf Maximum, Mr. Gentis.!“ befahl er. „Aye Sir, sind auf Maximum. Wenn ich sie noch weiter hoch fahre brennen mir die AGPI-Transistoren durch.“ „Dann brennen sie halt durch!“ schnauzte Shigerah ins Mikrofon. „Dann wird das aber eine sehr holperige Heimreise werden, Sir. Wir haben nämlich keinen Ersatz an Bord.“ Der Captain schnaubte wie ein altersschwacher Gaul den man vor einen genauso alten Pflug gespannt hatte. „Tun sie ihr Bestes Mr. Gentis.“ meinte er mit bekümmerter Stimme und schloss den Kommunikationskanal wieder. „Was macht das Shuttle, Don?“ fragte der Captain resignierend. 54 - 55 - „Es kommt gerade rein, Sir.“ kam die Antwort, aber nicht vom ersten Offizier, sondern vom Radar. „Sehr gut.“ Die Perseús wurde jetzt noch stärker durchgeschüttelt. Man hatte den Ereignishorizont der Anomalie erreicht. Alles was nicht niet- und nagelfest war, begann sich in Bewegung zu setzen und langsam aber sicher von Tischen, Regalen und sonstigen Vorrichtungen herunter zu rutschen. Die letzten Ausläufer des nur noch fadenscheinigen Hyperraumes bewegten sich peitschenartig über die Ränder des großen Monitors. Die Trägheitsdämpfer versagten, und so wurde die Perseús aus den Überresten des Hyperraumes hinausgeschleudert wie ein Stinkkäfer, der aus Versehen von einem Ochsenfrosch verschluckt, und von dieser nun wieder ausgespuckt wurde und über den Boden kullerte. Dann war es auf ein Mal wieder ruhig. Die Beleuchtung versagte und irgendwo im Bauch des Schiffes sprang ein Notstromaggregat an und tauchte das Innere der Perseús in eine orange-rote Düsternis. Und langsam bewegten sich die Menschen und Dinge auf der Brücke schwerelos durch den Raum. Das Gravitationsgitter hatte seinen Geist aufgegeben. Shigerah krallte sich an der Lehne seines Sessels fest und betätigte den Knopf des Mikrofons. „Mr. Gentis! Bericht!“ forderte er. Es dauerte einige Sekunden, bis der Mann endlich antwortete: „Hier Gentis, Sir. Die Trägheitsdämpfer und Stabilisatoren haben sich kurz vor dem Durchbrennen der AGPI-Transistoren von selbst abgeschaltet. Das hatte leider auch zur Folge, dass der Generator des Gravitationsgitters mit abgeschaltet wurde...“ 55 - 56 - „Wie lange bis Normalzustand, Mr. Gentis?“ unterbrach ihn Shigerah. „Für den Generator nur ein paar Minuten, Sir. Aber für den Rest... keine Ahnung. Wir müssen zuerst die Schäden lokalisieren.“ „Okay, sehen sie zu, dass die Gravitation so schnell wie möglich wieder hergestellt wird, dann sehen wir weiter.“ „Aye Captain.“ Damit war das Gespräch beendet. Shigerah befehligte derweil die einzelnen Organisationseinheiten des Schiffes mit der Suche nach Schäden zu beginnen. Er hatte gerade ausgesprochen, da sprang das Gravitationsgitter wieder an, und alles und jeder an Bord wurde mehr oder weniger unsanft zu Boden befördert. Nachdem sich die Brückenoffiziere wieder an ihre Plätze begeben hatten, erstatteten sie nacheinander dem Captain Bericht. „Was ist mit den Alamakschiffen?“ wollte er dann auf ein Mal wissen, weil ihm diese Bedrohung plötzlich wieder in den Kopf schoss. Der Mann am Radar betrachtete seine Geräte und prüfte sie auf Funktionsfähigkeit. Dann meldete er zur Freude aller: „Kein weiteres Schiff in Sicht, Sir!“ „Sind sie zerstört worden?“ hakte er nach. „Kann ich nicht sagen, Sir, denn unsere Geräte zeigen keinerlei Trümmerteile an.“ „Gut. Beobachten sie weiterhin die ganze Gegend und melden sie mir jede Veränderung. Und sei sie noch so unwichtig, ich will sie wissen.“ „Aye Captain.“ „Achtung, hier spricht der Captain!“ trötete Shigerah in das Mikrofon an seiner Konsole. „An alle 56 - 57 - Besatzungsmitglieder. Wir machen hier und jetzt erst mal eine Pause, um notwendige Reparaturen durchzuführen und sonstige Dinge wieder in Ordnung bringen zu können. Alle Personen die keinen Dienst haben, werden sich in ihrem Organisationsbereich einfinden und den anderen Besatzungsmitgliedern helfen bis alles wieder so weit in Ordnung ist. Dieser Befehl gilt bis auf weiteres. Shigerah Ende.“ Jason F. Clark und seine Begleiterin betraten den Bereitschaftsraum des Captains. „Sie wollten uns sprechen, Captain?“ begann er. Shigerah sah von seinem Schreibtisch auf und betrachtete den Fremden. Doch dann ging ihm plötzlich ein Licht auf. „Ah, Commander Clark! Ja, kommen sie herein.“ forderte der Captain die beiden auf und schob den Zigarrenstummel von einem Mundwinkel in den anderen. Neugierig betrachtete er die silbernen Overalls, die die Beiden trugen. Sie glänzten wie eine weiche, leicht verknitterte Alufolie. Shigerah hatte schon von diesen Anzügen aus Deverauxs Bericht gewusst, aber sie live zu sehen, war doch etwas ganz anderes. Die Masken und Handschuhe, von denen die Marine ebenso berichtet hatte, trugen die beiden unter einem Arm an der Seite. Doch dann besann er sich wieder und erhob sich. Er führte die Beiden an einen Besprechungstisch mit vielen Stühlen drum herum und bot ihnen Platz an. „Darf ich so frei sein und fragen, mit wem ich es denn nun zu tun habe? Mit Commander Clark oder mit Alexander T. Snow?“ begann er die Unterhaltung. Jason sah ihn kurz etwas verwundert an, dann begriff er und antwortete: 57 - 58 - „Ich bin Commander Jason F. Clark, Sir, Pilot der US Marines und Kommandierender Offizier der Jet-Ranger Staffel von Raumstation 23. Meine Dienstnummer lautet J-383F-4823-C. Der Mann namens Snow ist nicht mehr hier, Sir. Er hat diesen Körper vor mehr als einer Woche, während des Angriffs der Rasool Ardehn verlassen.“ er machte eine kleine Pause, in die sich Shigerah sofort einklinkte: „Und ihre Begleiterin ist?“ „Oh, Entschuldigung. Das ist Niora-Dal. Sie ist eine Alamakpilotin. Ich griff sie in der Kraftfeldkontrollzentrale auf und stellte sie vor die Wahl, mit mir zu kommen und zu überleben, oder an Bord der Rasool Ardehn zu bleiben und zu sterben. Wie sie sehen, wählte sie das Richtige.“ Shigerah sah kurz zu der Frau hinüber und zog eine Augenbraue nach oben. Er war sich keineswegs sicher, ob dies die richtige Entscheidung für die Frau war oder nicht. Jemand konnte durchaus auf die Idee kommen und sie der Spionage verdächtigen oder sie als Saboteurin zu denunzieren. Das hätte dann zur Folge, dass sie ebenfalls sterben musste. Markus ließ den Gedanken davon schweifen, jedoch nicht ohne ihn an einer sehr langen Leine in seinem Gedächtnis festzuhalten. Commander Clark begann nun mit seinem Bericht von den Geschehnissen die er in den letzten Wochen und Monaten sowohl in Skataris wie auch an Bord der Rasool Ardehn erlebt hatte. Shigerah hatte inzwischen seinen ersten Offizier, Don Marshall herein gebeten und beide hörten nun sehr aufmerksam zu. Clarks Bericht war außerordentlich genau abgefasst. Jedes Detail das ihm wichtig genug erschien, wurde gebührend erwähnt. Nur bei den Demütigungen die man 58 - 59 - ihm an Bord des Stadtschiffes zugefügt hatte, ließ er das Eine oder Andere beiseite. Und nun kam er langsam zum Ende: „... wir verließen also die Kontrollzentrale und machten uns auf den Weg zu Nubals Quartier. die Gänge sahen immer wieder gleich aus und ich hatte schon befürchtet, mich zu verlaufen, aber Niora hielt Wort und führte mich zielsicher zu seinen Räumen. Sie hätte mich genauso gut in eine Falle tappen lassen können. Als wir den Raum betraten, fürchtete ich schon, Nubal wäre bereits aus dem Gefängnis befreit worden und wartete nun schon auf uns, denn kurz hinter der Tür war eine kleine Kammer mit einer weiteren Tür, die von zwei Wachposten geschützt wurde. Da wir jedoch beide unseren Overall trugen und ich mit diesem Strahlengewehr bewaffnet war, schöpften sie nicht gleich Verdacht. Dennoch fragten sie nach dem Grund unseres Erscheinens. Ich trat den Schritt der uns trennte auf sie zu, die Waffe hatte ich in die linke Armbeuge gelegt und die Rechte am Griff. Ohne Vorwarnung trieb ich dem linken mein Knie in den Magen, und mit der Rechten schlug ich die Waffe in einem Bogen der anderen Wache über den Schädel. Dabei zerbrach sie wie ein billiges Spielzeug. Ich ließ sie fallen und kümmerte mich um den zweiten Wachposten, der von Schmerzen gepeinigt auf ein Knie gesunken war. Ein Faustschlag genügte, um ihn ins Reich der Träume zu befördern. Dann griff ich mir die beiden Waffen und trat durch die ehemals bewachte Tür. Der Raum hatte etwas kathedralenartiges an sich. Er war langgezogen und wurde zu beiden Seiten von mehreren Säulen flankiert. Weiter vorne in der Mitte erhob sich jedoch ein Podest, auf dem ein einzelner Stuhl stand. Nein, ich hatte mehr den Eindruck, dass es ein Thron 59 - 60 - war, auch wenn dieser sehr spartanisch wirkte. An der Wand dahinter hing eine Art Gobelin mit dem Szenario einer Weltraumschlacht darauf. Das Stadtschiff war eindeutig die Rasool Ardehn, aber die anderen Schiffe habe ich noch nie gesehen. Es waren kleinere, merkwürdig eckige Schiffe. Sie hatten etwas kristallenes an sich.“ er machte eine Pause, in die sich Niora einklinkte: „Das waren xothaische Schlachtkreuzer.“ bemerkte sie auf Alamak und zog damit alle Blicke auf sich. Es schien ihr schon fast peinlich, dass sie die Antwort gewusst hatte, und so legte sich ein zartes Rot auf ihre Wangen. Shigerah und Don Marshall sahen Clark fragend an, denn sie verstanden die Sprache der Alamak ja nicht, ebenso wenig wie Clark, wenn er seine Maske nicht auf hatte. Er schob sich das Teil über den Kopf und forderte Niora auf, das Gesagte zu wiederholen. Er schob die Maske nach hinten, so dass die Kontakte mit dem Computer im Anzug und der Maske verbunden blieben, und meinte: „Sie sagte, die Schiffe auf dem Wandteppich seien xothaische Schiffe.“ „Xothaisch?“ fragte Shigerah nochmals, sich selbst versichernd was er da gehört hatte. Und Niora nickte dazu, obwohl sie ihn nicht verstanden hatte.. Der Captain betätigte eine Taste in einem kleinen Konsolenfeld, das man in der Tischplatte versenkt hatte und sprach: „Commander? Schicken sie mir umgehend Lieutenant Deveraux in meinen Besprechungsraum.“ Die Anweisung wurde umgehend bestätigt, und es dauerte nicht lange, da betrat Branda den Raum. Sie salutierte ordnungsgemäß und nahm dann den Helm ab und schob ihn unter den Arm. 60 - 61 - „Ah, Lieutenant. Kommen sie, setzen sie sich. Wir haben da noch ein paar Fragen zu ihrem Aufenthalt auf Xotha, die soeben aufgetaucht sind.“ Branda hatte Clark noch nicht erkannt, da dieser mit dem Rücken zu ihr saß und sich bei ihrem Eintreten nicht umgewand hatte. Als sie nun aber um den Tisch herum kam und „Alex“ da sitzen sah, blieb sie auf ein Mal wie angewurzelt stehen und starrte ihn an. „Sie beide kennen sich ja schon...“ begann Shigerah „Ja.“ kam es von Branda. „Nein.“ von Clark, und zwar gleichzeitig. „Ja was denn nun? Ja oder nein?“ wollte Marshall wissen. „Tut mir leid, Sir, aber ich kenne diesen Marine nicht.“ fügte Clark seiner Aussage hinzu. Shigerah sah Deveraux erwartungsvoll an. Sie spürte seinen Blick auf sich ruhen und riss ihre Augen von „Snow“ los. „Entschuldigung, Sir. Ich muss mich korrigieren. Ich kenne zwar den Mann beziehungsweise den Körper hier, aber nicht den Geist der nun wieder in ihm steckt.“ sie wand sich wieder an Clark. „Tut mir leid, Sir, aber...“ die Worte blieben ihr im Hals stecken. Shigerah rettete die Situation, indem der Deveraux nach ihrem Wissen über die Xotha befragte. „Haben sie jemals irgend welche Raumfahrzeuge bei den Xotha gesehen, Lieutenant?“ wollte er wissen. Branda schüttelte den Kopf und verneinte die Frage. „Wir waren, denke ich zumindest, lange genug auf dem Planeten, um sicher sein zu können, dass diese Kultur über keinerlei Fluggerät verfügt, Sir. Sie haben ja nicht einmal Bodenfahrzeuge. Zumindest keine, die sich ohne ein davor eingespanntes Tier fortbewegen könnten.“ 61 - 62 - „Hm, seltsam.“ sinnierte der Captain laut. „Sind sie sicher, Niora, dass diese Schiffe von den Xotha stammten?“ wollte Shigerah noch mal von der Alamakfrau wissen und sah sie an. Dann wurde ihm wieder gewahr, dass sie seine Sprache ja nicht verstand, und so bat er Clark um eine Übersetzung. „Ja Herr. Es ist zwar schon sehr, sehr lange her, dass diese Schlacht stattfand, aber ich bin mir sicher.“ übersetzte Jason. „Wie lange?“ mischte sich Marshall ein. „Ich weiß nicht, wie man bei ihnen die Zeit misst, aber es war viele hundert Generationen zurück.“ „Viele hundert Generationen? Das können durchaus dreibis vierhundert Jahre sein.“ meinte Shigerah. „Möglicherweise wurde nach dem Sieg der Alamak über die Xotha ein Verbot ausgesprochen, das ihnen das Fliegen im Weltall absprach. Das hatten andere Völker auch schon getan. Möglicherweise waren aber auch gar nicht mehr genügend Xothaner nach der Schlacht am Leben, um ihr Wissen die Fliegerei betreffend an die Nachkommen weitergeben zu können. Es könnte einfach in Vergessenheit geraten sein.“ Shigerahs Gedanken kreisten wild umher. Als die Besprechung zu Ende war, folgte Deveraux dem Commander und der Alamak hinaus auf den Flur. Niora hatte man ein Quartier neben Clark zugewiesen, und sie mit einer Wache vor der Tür unter „Hausarrest“ gestellt, solange bis die Sache mit den Alamak geklärt, und auf jeden Fall so lange, bis sie ausführlich befragt worden war. „Commander, kann ich sie einen Augenblick sprechen?“ fragte Branda wie sie kurz vor den Mannschaftsquartieren angekommen waren. 62 - 63 - Jason drehte sich zu ihr um und wollte etwas sagen, doch da tauchte ein Marine in braun-schwarzer Uniform und mit dem typischen breiten, flachen weißem Hut auf. Am Gürtel trug er eine Pistole, einen Schlagstock und ein Funkgerät, von dem aus ein dünnes Kabel über seine Brust zum Ohr hinauf lief. Es war der Wachposten. Er salutierte. „Augenblick bitte.“ meinte er zu Branda und wies dann den Mann an, Niora Dal in die ihr zugewiesenen Räume zu bringen und entsprechend der Anweisung davor Posten zu beziehen. Der Soldat salutierte erneut. Zu Niora meinte er nur, dass er später noch nach ihr sehen würde. Die Alamak nickte und ging mit dem Marine davon. Als sie fort waren, drehte er sich wieder zu Deveraux herum und sah ihr in die Augen. Sie hatte ihn die ganze Zeit über genau beobachtet und versucht herauszufinden, ob noch ein Funke von Alex in ihm war. Doch als sie nun seinen Blick sah, wusste sie dass er für immer für sie verloren war. „Es tut mir leid, Lieutenant, dass ich nicht der bin, den sie scheinbar erwartet hatten. Ich hätte diesen Snow gerne kennen gelernt. Muss ein feiner Kerl gewesen sein.“ Branda nickte wortlos und wollte sich zum Gehen wenden. Clark fasste nach ihrem Arm und hielt sie zurück. Er hatte gehofft, dass seine Worte sie trösten würden, doch nun wusste er, dass dem nicht so war. „Wenn ich je etwas für sie tun kann, Deveraux, lassen sie es mich wissen.“ Branda sah ihn erneut an. Eine typische Schutzbehauptung, dachte sie bei sich, für einen Mann der nicht wusste wie er reagieren sollte. Aber dennoch schienen seine Worte aufrichtig gemeint zu sein, denn sie sah keinen Fehl in seinen Augen. 63 - 64 - „Danke, aber ich komme zurecht.“ antwortete sie, dann ging sie. Clark sah ihr noch einen Augenblick hinterher, dann ging auch er. Zwischenzeitlich in Skataris... Gwyndragsil hob das blaugeschuppte Haupt von den unter seinem Kinn verschränkten Klauen und sah hinüber zu dem Bett, wo Ilya und Alex schliefen. Es war nur eine Ahnung, die ihn aus seinem Schlaf geholt hatte. Fast lautlos erhob er sich auf seine Pfoten und tapste näher heran. Vorsichtig beugte er das Haupt zu Snow hinab und meinte leise: „Es ist Zeit, Alex. Die Dämonen sind zum Angriff bereit.“ Alex war sofort wach und starrte in das Antlitz des Drachen: „Gwyn, seit wann bist du denn schon hier?“ „Seit dem ihr beiden eingeschlafen seid, und die beiden Mädchen sich da draußen in der Badewanne miteinander vergnügt haben.“ Er verzog die Lefzen und hätte es Snow nicht besser gewusst, würde er sagen, Gwyn hatte ein Grinsen auf den Lippen. „Aber das ist jetzt nicht wichtig. Ihr müsst euch fertig machen. Die Dämonen werden bald hier sein.“ Mit diesen Worten wand er sich ab und ging langsam auf die Tür des Gemaches zu. Seine Gestalt wurde zusehends kleiner, so dass er bequem durch die Türe hinaus gehen konnte. Alex sah zu Ilya hinüber, die sich bereits regte und mit einem geöffneten Auge in seine Richtung blickte. Sie streckte sich ausgiebig, was zur Folge hatte, dass sie sich die leichte Decke vom Leib zog. Ihre himmelblaue 64 - 65 - Nacktheit bot einen fantastischen Kontrast zur eierschalenfarbigen Bettwäsche. „Hallo Liebster,... „ begrüßte sie ihn. „... hast du gut geschlafen?“ „So gut wie nie zuvor in meinem Leben.“ antwortete er und beugte sich über sie, um ihr einen Kuss zu geben. Ilya schlang sofort ihre Arme um seinen Hals um mehr zu fordern, doch Alex hielt sie zurück. „Wir müssen uns fertig machen, die Dämonen sind im Anmarsch.“ meinte er und entzog sich ihrer Umarmung. Ilya fuhr aus dem Bett. „Was? Ich habe überhaupt keinen Alarm gehört.“ rief sie und suchte nach ihrer Kleidung. „Ich auch nicht, aber Gwyn hat mich geweckt, und das würde er nie tun, wenn es nicht ernst wäre.“ In diesem Moment hörten sie die Hörner der Stadtwache auf den Mauern von Tolun erklingen. „Verdammt, jetzt wird es ernst.“ fluchte Snow und warf die Bettdecke beiseite. Ein Diener und eine der kleinen Mägde von vor einigen Stunden, kamen hereingelaufen und halfen den beiden beim ankleiden. Zehn Minuten später saßen alle schon auf dem Rücken ihrer Pferde, und Alex bestieg den Drachen. Königin Tara sah die beiden an und dachte plötzlich an die Schlacht von damals zurück. Ihr Blick wanderte zu Ilya hinüber, die noch einige Korrekturen an ihrem Zaumzeug machte. Dann meinte sie: „Ihr beiden haltet euch bitte zunächst im Hintergrund. Ich schicke euch Luana, wenn es soweit ist. Danach könnt ihr euren Einsatz frei wählen.“ sie atmete tief durch und sagte dann: „Viel Glück. Euch allen. Ich hoffe euch später an der Tafel zu finden.“ Dann gab sie ihrem Pferd die Sporen 65 - 66 - und ritt über den großen Platz davon und zum Tor hinaus. „Unsere Leute haben in den letzten Wochen etwa zwanzig unterirdische Gänge gegraben, die sich von hier aus fächerförmig in die Ebene hinaus ziehen.“ brummte ein alter Zwerg, der sich im Kommandozelt über eine Karte der sie umgebenden Landschaft beugte. Die Kommandeure aller Truppenteile standen um diesen Tisch herum. „Am Ende der Gänge befinden sich Fallgruben mit angespitzten Pfählen. Sie sind so breit und lang, dass man sich nicht mit einem einzigen Sprung darüber hinweg bewegen kann. Der Mönch hat die Karte kopiert und wird sie gleich an euch austeilen. Sagt euren Männern, sie sollen darauf achten, wo sie hinlaufen.“ „Wie weit von hier aus sind diese Gruben entfernt?“ fragte die Nixe. Sie hatte die Frage von Norro Vet, dem König und Kommandant der Trolle übersetzt, der sich ja nur mittels Fingerzeichen mit den Menschen verständigen konnte. „Etwas mehr als eine Meile, also gut 1600 Meter.“ antwortete der Zwerg. Morgan zog lautstark die Luft durch die Zähne. Der Zwerg sah ihn an und fragte: „Missfällt dem Warlord, was wir getan haben?“ wollte Garion, so hieß der Zwerg, wissen. „Nein, nicht direkt. Ich bewundere eure Leistung sehr. Keine Frage. Aber 1600 Meter sind sehr nah an der Stadt. Wir können nicht warten, bis die Dämonen so nah heran sind.“ „Der letzte Angriff fand keine anderthalb Meilen von hier statt. Glaubt ihr wirklich, dass es auf die paar Meter noch 66 - 67 - ankommt?“ mischte sich einer der Hauptleute von Graf Ruperts Armee ein. „Jeder Meter Boden den wir die Dämonenbrut weiter von der Stadt weg halten können, ist wichtig. Wir wissen noch immer nicht, welche Auswirkungen ihre Magie auf die Bewohner haben wird, wenn sie erst einmal dicht genug heran sind.“ meinte Mungo el Sarif dazu. Norro begann mit seinen Lippen einen leisen Flötenton zu formulieren und zog damit die Aufmerksamkeit der anderen auf sich. Ilya, die nach wie vor als Übersetzerin für den Troll diente, fragte sofort mit Handzeichen nach, was er wollte. Der Vet bewegte die unterarmdicken Finger in einer Geschwindigkeit, die man seinem klobigen Körper überhaupt nicht zutrauen mochte. Ilya hatte mühe, seinen Ausführungen zu folgen. „Norro ist der Meinung, dass wir es riskieren sollten. Um jedoch nicht selbst in die Gruben zu stürzen, sollten wir uns von den Zwergen bis kurz davor führen lassen, und dann entsprechend der gewählten Formation dort Aufstellung nehmen und auf den Angriff der Dämonen warten. Zweifellos werden sie zunächst zwangsrekrutierte und teilweise umgewandelte Menschen und andere Bewohner von Skataris wieder voraus schicken. Die Katzen sind leicht und schnell. Sie sollten über die Gruben hinwegsetzen und diese erste Welle so als möglich dezimieren. Danach kehren sie wieder in die Reihe der Verteidiger zurück. Folgt dann der Angriff der Dämonen, sollten wir standhaft bleiben, bis sie die Gruben erreicht und diese durch ihr Gewicht zum Einsturz gebracht haben. Sie werden sich nicht mit der Bergung der Verletzten aufhalten, sondern immer mehr ihrer Leute voran treiben, bis schließlich die Gruben voll von Leichen sind, so dass sie ohne Probleme 67 - 68 - darüber hinweg ziehen können. Die Bogenschützen auf den Elefanten könnten sie davon noch eine Weile abhalten, aber dann sollte unsere Streitmacht vorrücken.“ Die Männer im Zelt sahen den Troll mit leicht verwunderten Blicken an. Niemand hatte auch nur im entferntesten daran gedacht, dass der Bergbewohner etwas vom Kampf in Gruppenschlachten verstand. Seit Jahrhunderten hatte man keine Trolle mehr in diversen Truppenverbänden in eine Schlacht ziehen sehen. Aber sein Vorschlag war der Beste, der an diesem Morgen ins Gespräch eingeflossen war. Man diskutierte noch einige andere Möglichkeiten, aber keine war annähernd so gut wie die von Norro Vet. Der Wachposten meldete die Annäherung der feindlichen Armee fast zeitgleich mit der Beendigung der Besprechung. Die Hauptmänner eilten zu ihren Truppenteilen und brachten sie für das langsame Vorgehen in Position. Kurz darauf erklang das Horn, dass das Vorrücken befahl. Wie zuvor besprochen, hatte man die Truppen in folgender Weise aufgestellt. Die vorderste Reihe bildeten die Kampfelefanten des Grafen Rupert vom Thal aus der südlichen Garnison. Auf jedem Elefanten hatten vier Bogenschützen Platz, welche die Truppe zu jeder Seite hin absichern konnten, sowie der Mahut, der das Tier lenkte. Unten herum befanden sich pro Elefant vier weitere Männer, die mit langen Stangen, an denen sich sichelförmige Klingen befanden, bewaffnet waren. Sie waren dafür zuständig, die Elefanten vor Übergriffen des Feindes auf dessen Beine abzuwehren. Kurze Zeit später hatten die einzelnen Truppenverbände ihre ihnen zugewiesenen Positionen und Formationen 68 - 69 - eingenommen und marschierten unter der Führung der Zwerge langsam auf die Frontlinie zu. Man hatte etwas mehr als die Hälfte des Weges hinter sich gebracht, da hörte man schon von fern das Brüllen, Schreien und krakeelen des sich nähernden Feindes, und eine dichte Staubwolke erhob sich am Horizont. Sie kam schnell näher. Morgan, der mit seinem Schimmel an der rechten Flanke der Armee ritt sah dies mit Unbehagen. Er winkte einen seiner Meldereiter zu sich und trug ihm auf, zum Kommandanten der Zwerge zu reiten und ihn das Tempo verdoppeln zu lassen. Sie mussten unbedingt vor den Dämonen an der Frontlinie sein. Der Befehl wurde sogleich ausgeführt. Durch das Anziehen des Tempos, geriet die Schlachtordnung für einen Augenblick ein wenig durcheinander. Die Zwerge liefen auf ein Mal zwischen den Elefanten und Katzenmenschen herum, da sie von ihren kurzen Beinen zuweilen nicht so schnell vorangetragen wurden wie die anderen Mitstreiter. Doch schließlich kamen sie alle an der Frontlinie an und die Ordnung wurde wieder hergestellt. Der Warlord hatte sich mit den anderen Hauptleuten darauf geeinigt, dass es das Beste sei, die Elefanten so zu postieren, dass sie bei einem möglichen Vorstoßen mit den ihre Beine bewachenden Soldaten, vier an der Zahl je Elefant, genau zwischen den jeweiligen Gruben hindurch nach vorne rücken konnten. Ebenfalls je zu viert, wurden Katzenmenschen zwischen den Elefanten und ihren „Fußtruppen“ aufgestellt. Sie waren schneller als alle anderen und hatten genügend Sprungkraft, um mit einem Satz über die Gruben hinwegsetzen zu können. Ihnen nach, folgte je ein Bergtroll, bewaffnet mit einer gewaltigen, mit spitzen Knochen besetzten Keule. Zwischen den Trollen, sollten je drei Zwerge Aufstellung 69 - 70 - nehmen. Sie waren am wenigsten von allen gefährdet, von den weit ausholenden Schlägen der Trolle getroffen zu werden. Ja sie brauchten sich nicht einmal darunter hinweg zu ducken. Ihre Bewaffnung beschränkte sich auf gewaltige Hämmer und riesige Doppelkopfäxte. Und so klein sie auch waren - ihre Stärke durfte man nicht unterschätzen – sie wussten hervorragend damit umzugehen. Den Schluss bildeten die menschlichen Soldaten. Sie setzten sich zusammen aus den Garnisonen des Grafen Rupert vom Thal, der die Grenzen im Süden von Skataris bewachte, den verstreut liegenden Außenposten im Westen und Osten, soweit sie nicht schon von den Spürtrupps der Dämonen aufgerieben und zerstört worden waren, und der eigentlichen Armee von Skataris, die hier in Tolun stationiert war. Die Stadtwache hatte man komplett innerhalb der Mauern Toluns belassen. Sie waren die letzte Hoffnung der Stadt und der Menschen die in ihr lebten. Nun standen sie hier, die Verteidiger, und der von ihnen aufgewirbelte Staub legte sich langsam auf allem nieder, das sich nicht mehr groß bewegte. Wie alte, verstaubte Statuen standen die Soldaten in Reih und Glied und warteten auf den Angriff. Die Hitze der Sonne würde ihnen bald zu schaffen machen, wenn sie sich nicht bewegen konnten. Doch als hätte ein göttliches Ohr ihr Ersehnen wahrgenommen, blies auf ein Mal ein kühlender Wind von der Stadt herüber und legte sich über sie wie eine gut gekühlte Glasglocke, die man über einen Teller mit verderblichen Lebensmitteln legte, um diese frisch zu halten. Gut, dieser Vergleich hinkte ein wenig angesichts der Torturen, die den Männern bevorstanden, sollten die Dämonen sie lebend in die 70 - 71 - Finger bekommen. Denn nichts anderes würden sie für sie sein. Nur ein Lebensmittel. Man würde ihnen die Seele aus dem Leib reißen und das leblose Fleisch in kleine Stücke fetzen und sie anschließend genüsslich verspeisen. Aber noch war es nicht so weit, und ein jeder war froh über diese Abkühlung. Geschaffen worden war sie von den Magiern, die die letzte Schlacht vor einigen Wochen überlebt hatten. Auch sie hatte man auf den Mauern Toluns zurückgelassen. Ihre magische Unterstützung und das überraschende Auftauchen des Drachen und seines Reiters, würden entscheidende Schlüssel sein, die zum Gelingen dieser Schlacht beitragen mussten. Ohne eine magische Unterstützung wären die Menschen verloren. Rote und gelbe Manakugeln zerrissen auf ein Mal die Staubwolke die den Dämonen vorangeschoben wurde und rasten auf die Verteidiger zu. Die kühlende Luft verschwand aus den Nacken der skatarischen Armee und ein bläulich schimmernder Schildwall erhob sich vor ihnen. Mit einem ohrenbetäubenden Donnern schlugen die Kugeln auf den Schild und zerplatzten darauf. Ihre Energie waberte über den Schild hinweg, mischte sich mit denen der anderen Kugeln, leckte mit langen, spitzen Feuerzungen über die Oberfläche und verpufften schließlich ohne Schaden angerichtet zu haben. „Den Göttern sei Dank für die Macht unserer Magier.“ flüsterte einer der Männer, der mit seiner sichelbewehrten Lanze neben dem Bein eines Elefanten stand. Einer der Katzenmenschen neben ihm, ein schwarzes Panthermännchen, hatte die Dankesworte gehört und richtete seine gelben Augen auf den Mensch neben sich. Als dieser den Blick auf sich spürte, wand 71 - 72 - auch er den Blick zu seinem Mitstreiter. Verlegen zuckte er mit den Schulter. Doch der Kater hatte keinen Hohn auf den Lippen, sondern nickte lediglich zustimmend, und richtete dann seinen Blick wieder nach vorn. Dem persönlichen, körperlichen Angriff der Dämonenbrut konnte der Schild freilich nicht standhalten. Die Masse ihrer unförmigen Körper rollte auf die Verteidiger zu wie ein überdimensionaler Wagen der sonst so kleinen Tunnelschlitten mit denen die Zwerge den Untergrund von ‚Skataris durchpflügten, und dessen Bremsen gerade versagten. Sie prallten auf den Schild und stießen fast ungebremst hindurch. Ihres Übermutes all zu sehr beflügelt, registrierten sie zunächst überhaupt nicht, dass sich schon wenige Zentimeter hinter dem Schild der Boden unter ihren Füßen, Krallen, Klauen oder auf was immer sonst sie sich vorwärts bewegten, geöffnet hatte. Zu Dutzenden stürzten sie zusammen mit der Abdeckung in die Tiefe, wo auf dem Grund angespitzte Pfähle auf ihre Leiber warteten. Fast zehn Meter tief waren diese Gruben, und sechs Meter hoch die eisernen Spitzen. Die hineinfallenden Körper, übrigens weit weniger menschlich als zunächst befürchtet, schlugen mit dumpfem Schmatzen auf die Pfähle und wurden von den ihnen nachfolgenden ohne Unterlass tiefer und tiefer die Stäbe hinab geschoben, bis sich schließlich die Gruben auf einer Länge der Front von fast einhundert Metern mit Leibern angefüllt hatten. Diejenigen, welche dem tödlichen Schub der hinter ihnen heranstürmenden Mitstreiter durch die schmalen Korridore zwischen den Gruben entgehen konnten, wurden augenblicklich von den rasiermesserscharfen Krallen der Katzenmenschen in Stücke gerissen. Diese 72 - 73 - schienen in einen regelrechten Blutrausch zu verfallen. Sie wüteten unter den Dämonen als seien sie selbst von einem Dämon besessen. Sie setzten über die Gruben hinweg, der Schildwall war längst vergangen, schlugen ihre Krallen tief in das stinkende Fleisch der Dämonenbrut und rissen sie mit sich zurück, wieder hinweg über die Fallgruben. Dort zogen sie ihre Krallen ein und ihre Beute stürzte in einen Schlund aus schwarzem Blut und Stahl. Bald schon, waren die Gruben so sehr angefüllt, dass der Gegner mühelos über das tote Fleisch hinwegsetzen konnte. Die Bogenschützen auf den Elefanten hatten keine Mühe ein Ziel zu finden, so dicht war der Ansturm. Doch ihre Kameraden tief unter ihnen hatten alle Mühe, die Angreifer von den Beinen der Elefanten fern zu halten. Zwar hielten viele der Katzenmenschen den Gegner immer noch gut in Schach, aber dennoch brachen einige durch die Reihen und wagten ohne zu zögern den Angriff auf die grauen Riesen und deren Besatzung. Ein dünner, fast schlangenartiger Dämon wickelte sich soeben um den Menschen, der noch kurz zuvor den Mächten der Magier für den Schutzschild gedankt hatte. Immer enger zog sich der Körper um den Mann und raubte ihm zusehends die Luft. Der Ellbogen seines linken Armes, der sich ebenfalls unter dem Schlangenleib befand, drückte ihm schmerzhaft in die Rippen. Mit der Rechten umklammerte er den beindicken Leib des Schlangenmonsters, doch der Medusenkopf des Untiers zeigte keinerlei Reaktion auf den eisenharten Griff des Soldaten. Er machte sich bereit, seine langen, schwarzen Reißzähne in den Körper seines Opfers zu schlag. 73 - 74 - Doch plötzlich hielt es inne und riss die Augen weit auf. Dunkles, pechfarbenes Blut quoll aus vier gewaltigen Risswunden an seinem nicht vorhandenen Nacken. Der Kopf kippte nach vorne auf den Menschen. Dieser schrie, schon bedacht, seinen letzten Atemzug zu tun, Doch der Kopf des Monsters blieb nur kurz auf seiner Schulter liegen, dann fiel er auf den Boden und kullerte ein klein wenig zur Seite. Hinter dem Schlangenleib wurde die grimmige Maske eines Katzenmenschen sichtbar. Es war das schwarze Panthermännchen, das vorhin neben dem Mann gestanden hatte. Schwarze, zähe Flüssigkeit troff von den ausgefahren Klauen seiner rechten Pranke. Ungläubig zunächst, starrte der Mann auf die Katze, doch dann gewann er wieder Stärke über sich selbst und schälte sich aus der nur langsam leichter werdenden Umarmung der toten Dämonenschlange. Ein kurzes „Danke“ war alles wozu er Zeit hatte, dann waren schon wieder neue Gegner herangekommen, und beide fochten erneut um ihr Leben. Die Mahuts trieben ihre Tiere nur sehr langsam nach vorne. So lange die Bogenschützen noch Pfeile besaßen, und derer hatten sie reichlich, konnte der Kampf auf Distanz gehalten werden. Die Schar der Dämonen stapfte über die Leiber der Getöteten hinweg als hätten sie diese nicht gekannt. Ihr Gewicht drückte die Toten noch ein ganzes Stück tiefer in die Gruben, doch neue Gefallene füllten diese Lücke sofort wieder auf. Dann war es so weit. Travis Morgan gab den Befehl zum geschlossenen Vorrücken. Er trieb den Hengst an auf dem er saß und schoss mit der gepanzerten Reiterei an der rechten Flanke entlang vorbei, um in einem weiten Bogen auf den Angreifer zuzustürmen. Desgleichen tat der ehemalige Prinz von 74 - 75 - Marokko, Mungo el Sarif, auf der linken Seite. So zog sich ein bereites Band schwer bewaffneter Krieger immer enger um den Feind, und schloss diesen langsam aber sicher ein. Mit großen Schritten führte Norro Vet seine Trolle in die Schlacht. Sie benötigten nur wenige Meter, bis sie die vorderste Frontlinie erreicht und die Elefanten und Katzenmenschen überholt hatten. Dann standen sie auch schon inmitten des Getümmels. Ihre knochenbewehrten Keulen hieben wahre Schneisen in die Reihen der Dämonen. Abgetrennte Körperteile und Blut spritzten über ihre Kameraden hinweg als werfe man ein Netz mit Köderfischen über der wogenden See aus, nur um einen noch größeren Fang in den Maschen wieder an Land ziehen zu können. Plötzlich hörte man ein ohrenbetäubendes Brüllen, und wie der Knopf einer Fernbedienung einen laufenden Film zu einem Standbild gefrieren lassen konnte, so erstarb mit einem Mal jegliche Kampfhandlung in der Wüstenzone. Ein zweites Brüllen erschütterte die Kämpfenden, ja ließ sogar den Boden erzittern. Die gewaltige Staubwolke die sich über dem Kampfplatz erhoben hatte, sank langsam hernieder und gab den Blick auf etwas frei, das weder Mensch noch Troll noch Dämon... nein, nicht Dämon... je gesehen hatten. Auf einer leichten Erhebung, etwa zwei Meilen entfernt, hatte sich hinter dem Feind ein neues, dämonisches Wesen erhoben. Es sah aus wie ein Stier mit flammend rotem Fell und langen, schwarzen Hörnern auf dem Kopf. Sein Vorderhuf kratzte im sandigen Boden und ließ diesen erzittern. Sein feurig heißer Atem verbrannte den Sand unter seinen Nüstern zu spiegelndem Glas, das 75 - 76 - beim nächsten Aufstampfen sofort wieder zerbrach. Es warf den Kopf in den Nacken und schrie ein weiteres Mal sein markerschütterndes Brüllen über das Land. Dann setzte es sich in Bewegung. Zunächst nur langsam so schien es, doch mit einem Mal wurde er schneller und schneller und die zwei Meilen schienen nur zwanzig Meter gewesen zu sein. Der Boden erbebte gewaltig. Risse taten sich an manchen Stellen auf, und je näher der Stier kam, desto größer wurde er. Schließlich war er da. So groß wie sechs Elefanten auf- und nebeneinander, rammte er seine Masse durch die Linien der Dämonen und pflügte diejenigen unter, die nicht schnell genug weg kamen. Seine Hörner spießten auf, schleuderten weg und spießten erneut auf. Egal ob Freund oder Feind. Und schnell hatte er die Reihen der Verteidiger erreicht. Dies war die Zeit, zu der Gwyndragsil und Alex in den Kampf eingreifen mussten. Angriffssignal hin oder her, war in diesem Falle egal. Schon seit geraumer Zeit hatten sie sich über dem Schlachtfeld befunden, doch Gwyn hatte ihre Körper auf Libellengröße geschrumpft gehalten. Mit einem einzigen Laut von seinen Lippen erreichten sie wieder ihre normale Größe und stießen aus den heißen Höhen herab wie ein Falke der seine entgültige Beutewahl getroffen hatte. Der Drache prustete einen Feuerball nach dem anderen auf den roten Stier herab, doch verpufften diese ohne Schaden anzurichten an seiner Oberfläche. Dennoch, seine Aufmerksamkeit hatten sie damit auf sich gelenkt, und verschafften so den Soldaten ihrer Armee eine kurze Verschnaufpause. Zwei rot gezackte Energieblitze schossen dem Stier aus seinen schwarzen Hörnern, dem 76 - 77 - fliegenden Gegner entgegen. Nur knapp verfehlten sie ihr Ziel, und Alex konnte die Hitze auf seiner Wange spüren. „Dein Feuer hat keine Wirkung auf den Dämon!“ rief Snow nach vorne. „Ach ja?“ antwortete Gwyn mit eine sarkastischen Unterton. „Dann wollen wir es doch mal damit probieren!“ Der Drachen holte tief Luft, räusperte sich wie ein alter Mann, der nach dem Aufstehen total verschleimt war, und spuckte eine silbrig-graue Masse auf den Stier hinab. „Hey, was war denn das?“ wollte Alex wissen, während er mit einem kurzen Reiterbogen einen der zwei geflügelten Dämonen auf´s Korn nahm, die sich ihnen gerade von Westen her näherten. Sein Pfeil verließ die Sehne und Alex konnte sich getrost nach Gwyns Geschoss umsehen. Er wusste ganz genau, dass sein Pfeil den Dämon treffen würde, denn sie hatten die Helligkeit des großen Himmelskristalls hinter sich. Der silbergraue Brocken schien sich noch ein ganzes Stück zu vergrößern, obwohl er sich von den beiden ständig weiter weg bewegte. „Wo Feuer nichts nutzt, nimmt man doch auch schon mal ein wenig Eis zu Hilfe. Obwohl ich sonst nicht so dafür bin, denn das kostet mich sehr viel magische Energie.“ erklärte Gwyndragsil. Kurz bevor er auf den Stier traf, hatte er die Größe eines Elefanten angenommen. Der feuerrote Dämon wollte ihm ausweichen, konnte dies aber nicht, da der Eisbrocken ebenfalls den Kurs wechselte. Er prallte dem Stier direkt gegen die Schulter, warf diesen in den Staub und rammte ihn fast bis zur Hälfte in den Wüstenboden. Ein ohrenbetäubendes Grollen entsprang der Kehle des Dämons, dann sank sein gewaltiger Schädel mit einem 77 - 78 - mächtigen Rums auf den Boden und er rührte sich nicht mehr. „Ist er tot?“ wollte Alex wissen. „Nein, glaube nicht. Aber er ist erst mal außer Gefecht gesetzt. Der Eisbrocken hatte den Aufprall nicht in einem Stück überstanden. Sein Körper platzte auseinander und die kleineren Stücke krachten wie die Querschläger einer Granate in die dem Stier folgende Masse der Dämonen. Es war ein gewaltiges Blutbad, und Hunderte von Monstern wurden schwer verletzt oder getötet. In den Reihen der Verteidiger brandeten Jubelrufe auf, und sie rückten mit neuem Mut gegen die Dämonenschar vor. „Hey Gwyn, das war klasse! Kannst Du das noch Mal machen, Vielleicht so, dass der Brocken direkt in die Menge schlägt?“ fragte Snow, während er dem zweiten, heran fliegenden Dämon bereits seinen dritten Pfeil verpasste. Dann endlich stürzte dieser tot zu Boden. „Tut mir leid Alex, aber momentan ist das nicht drin. Meine Energie muss sich erst mal wieder aufladen. Es ist eine Sache, einen Eisbrocken zu feuern, aber einen von dieser Größe, das zehrt ganz schön an meiner magischen Substanz.“ In diesem Moment erreichte die Reiterei unter der Führung von Travis Morgan und Mungo el Sarif von beiden Flanken aus die Armee der Dämonen. Die Lanzen der ersten Reihe fuhren unter die Untoten wie die Zinken einer Gabel, und hoben die Gegner von ihren Füßen. Manch ein Reiter musste seine Lanze fallen lassen, weil er das Gewicht von zwei oder mehr aufgespießten Feinden nicht tragen konnte. Doch dass war kein Problem, denn nun krachten die Panzerreiter in 78 - 79 - die ungeordnet durcheinander laufende Masse der Dämonen und ihre Waffen hielten blutige Ernte. Sie trieben die Monster zusammen und drängten sie immer dichter zusammen. Der feuerrote Stier war dabei ihr Endziel. Dieser hatte sich langsam von dem schweren Schlag des Eisbrockens erholt und stand schon fast wieder kampfbereit auf den noch leicht wackeligen Beinen, als er bemerkte, dass seine Mitstreiter ihn immer enger umringten. Wutschnaubend über diese ungewollte Einengung brüllte er seinen Unmut darüber heraus. Doch anstatt sich damit Luft und dadurch Bewegungsfreiraum zu verschaffen, verunsicherte er seine dämonischen Kollegen nur noch mehr. Seine Wut steigerte sich ins Unermessliche, und als er es nicht mehr aushielt, verschaffte er sich mit seinen schwarzen Hörner die Luft die er brauchte. „Unser roter Freund ist wieder fit!“ rief Alex seinem geschuppten Kameraden zu. „Wie weit bist Du?“ „Kann gleich los gehen. Ich suche nur noch eine günstigere Luftströmung für den Anflug.“ erwiderte der Drache. Kaum hatte er geendet, da flogen den beiden auch schon die ersten roten Lichtblitze des Stiers um die Ohren. Gwyn musste die Schwingen einziehen und mit einigen gewagten Manövern ausweichen, um nicht abgeschossen zu werden, doch dann hatte er die ersehnte Thermik erreicht, und konnte sich in kreisförmigen Bahnen nach oben schrauben. Travis Morgan hatte sich mit seinem Pferd an die Seite seines Freundes Mungo el Sarif gesellt und beobachte den Aufstieg seines Freundes und dessen Drachen. 79 - 80 - „Gwyndragsil wird gleich einen weiteren Angriff auf den roten Stier fliegen. Wir sollten unsere Männer ein wenig zurück ziehen, wenn wir nicht wollen, dass einige dabei drauf gehen.“ Mungo wand den Blick von der Schlacht ab und ließ ihn nach oben schweifen. „Du könntest Recht haben. Ziehen wir uns ein wenig zurück.“ meinte er zustimmend. „Aber nicht so weit, dass diese Teufel der Meinung sind, wir würden uns richtig zurück ziehen. Ich will ihnen möglichst wenig Luft lassen.“ füge er noch an. Dann zog er an den Zügeln und bewegte sein Reittier, das zur Hälfte aus einem weißen Einhorn und zur anderen aus einem schwarzen Panther bestand zur Seite und gab seinem Hauptmann die entsprechenden Befehle. Morgan tat es ihm gleich, und schon bald bildete ein kleiner, freier Kreis zwischen den Dämonen und der Reiterei des Königreiches. Gwyndragsil sah dies und lobte insgeheim die Intuition der Krieger weit unter ihm. Er rief Alex zu, dass er sich gut festhalten solle, was dieser auch sofort tat, und ging in den Sturzflug über. Die Schwingen angezogen wie ein Falke, der sich auf seine Beute stürzt, flatterten die dünnen Lederhäute zwischen den verlängerten Knochenstreben seiner Flügel wie ein vom Wind gepeitschter Umhang. Und je schneller sie wurden, desto höher wurde der Ton den sie verursachten. Alex wollte ihm zurufen, dass man sie zu früh entdecken und Gegenmaßnahmen einleiten würde, wenn sie mit solch einem Getöse auf den Feind trafen, doch die Worte wurden ihm von der Macht der Geschwindigkeit einfach fortgerissen, noch bevor sie die Schwelle seiner Lippen überwunden hatten. 80 - 81 - Doch irgendwie hatte des Drachen Verstand geahnt, was sein Reiter von ihm wollte und so breitete er seine Schwingen ein wenig weiter aus, wodurch sich die Häute besser spannten und der Flug nicht mehr ganz so schnell verlief wie zuvor. Gwyndragsil sagte nichts dazu, sondern begann sich fürchterlich zu räuspern. Snow spürte das Beben seiner Flanken unter seinen Schenkeln und er sah, wie der Hals des Drachen langsam anschwoll. Sie waren ihrem Ziel fast schon zu nahe, als der Drachen sein Geschoss aus sich herausprustete wie ein Gewehr eine Kugel. Der Eisbrocken drehte sich in der Luft um die eigene Achse und wurde größer und größer. Gleich würde er abermals auf den roten Stier treffen, und mit ein wenig Glück, würde er diesen vernichten. Und wiederum hatten Gwyn und Snow keine rechte Zeit, um den Flug des magischen Geschosses länger zu verfolgen, denn wie schon zuvor, näherten sich geflügelte Feinde von allen Seiten. Gwyn tat ein paar Schläge mit seinen gewaltigen Flügeln, und erreichte erneut die auftriebstarke Thermik, auf der er schon zuvor in die Lüfte geschwebt war. Ihre Verfolger scheuten diesmal die Höhe anscheinend nicht, denn sie blieben ihnen auf den Fersen. Alex nahm den Reiterbogen aus der Halterung und legte drei Pfeile gleichzeitig auf. Er wusste, dass so die Treffsicherheit erheblich eingeschränkt war, Aber wenn er traf, dann nicht nur ein Mal. Anders als sonst, musste er die starke Sehne nun mit vier Fingern anstatt mit zweien nach hinten ziehen, das war zwar leichter, erschwerte aber das genaue zielen. Aber er machte sich keine Sorgen. Die fast 34“ Zoll langen, extra für ihn angefertigten Pfeile, waren das Beste, was Toluns Waffenschmiede zu bieten hatten. Mit einem Grinsen auf den Lippen dachte er daran, dass er sie sich hatte 81 - 82 - machen lassen, kurz bevor er seine unerwartete Reise in die Zukunft antrat. Nun, als er wieder zurück war, hatten sie fertig in der Ecke seines Zimmers gestanden, wo sich auch seine anderen Waffen befanden. Dann ließ er die Sehne los. Ein gewaltiger Donnerschlag erfüllte die Luft, und eine eisige Druckwelle breitete sich über dem Schlachtfeld aus. Staub wirbelte in einer unglaublich dichten und großen Wolke vom Boden auf und hüllte alles in eine zähe Dunstglocke. Zwei der drei Pfeile trafen eine der fliegenden Kreaturen mitten in die Brust, weil das Untier seine Aufmerksamkeit für einen kurzen Moment der Explosion widmete, anstatt sich auf seinen Angriff zu konzentrieren. Seine Flügel versagten ihm den Dienst, und so stürzte es wie ein Stein zu Boden. Der dritte Pfeil wich ein wenig von der ihm zugedachten Flugbahn ab und schrammte über die ledrig aussehende Haut eines weiteren Flugdämonen. Doch leider hinterließ er dort nur einen harmlosen Kratzer. Snow hatte sich dieses Mal jedoch nicht ablenken lassen, sondern feuerte bereits die nächste Salve auf seine Gegner ab. Diesmal trafen alle Drei. Zwei in Hals und Gesicht, soweit man die Visage des einen so nennen konnte, und der Dritte ragte seinem Nachfolger aus der Kehle, weil dieser zu dicht bei seinem Vordermann herangeflogen war. Alex hatte irgendwie den Eindruck, dass ihre ganze Aufmerksamkeit nicht so bei der Sache war als er auf sie schoss. Plötzlich lösten sie sich mit einem lauten „Plop!“ auf und waren verschwunden. „Was war denn das?“ wollte Gwyn von Alex wissen. 82 - 83 - „K... keine Ahnung.“ jetzt war es an Snow, verwirrt zu sein. „Sie haben sich plötzlich in Luft aufgelöst.“ ergänzte er. „Da, schau!“ rief der Drache und lenkte Snows Aufmerksamkeit auf das Schlachtfeld unter ihnen. „Sie sind alle verschwunden!“ Und tatsächlich, von der Dämonenbrut waren nur noch die übrig geblieben, die man lange zuvor schon getötet hatte. Gwyndragsil setzte zur Landung an. „Nun, meine Herren,...“ begann Königin Tara, „... das verschafft uns eine gute Verschnaufpause, wenngleich wir noch nicht wissen, was genau passiert ist.“ und leitete damit die erste Sitzung des Kriegsrates von Skataris ein, der nach der Schlacht tagte. Man hatte den Hauptleuten und Heerführern der einzelnen Völker Gelegenheit zum Verschnaufen gegeben, nachdem die Armee der Dämonen vor zwei Tagen so plötzlich verschwunden war. Während dieser zwei Tage waren die einzelnen Truppenführer in der Lage, das Ausmaß des Schadens und die Verluste zu beurteilen, und nun standen sie hier im kleinen Besprechungsraum im Palast von Tolun und hielten erneut Rat. „Nun, meine Herrn, wie ist die Lage?“ wollte die Königin unverblümt wissen. Alex wollte schon ganz salopp sagen, dass sie bescheiden jedoch nicht hoffnungslos war, doch konnte er sich kurz zuvor noch bremsen. Die Situation war doch zu ernst. „Alles in allem, haben wir rund dreißig Soldaten des Königreiches verloren. Acht Zwerge, zwei Trolle, zwei Elefanten und elf Katzen.“ 83 - 84 - „Und der Gegner?“ fragte Königin Tara. „Einige Hundert. Dank des Drachen, Majestät. Allerdings konnten wir genaue Zählungen nicht durchführen, denn kurze Zeit nach dem Verschwinden ihrer Armee, verschwanden auch die Toten.“ Kapitel 4: Auf Leben und Tod Branda beendete ihren Dienst nach Vorschrift und zog sich anschließend in ihr Quartier zurück. Das Zusammentreffen mit Commander Clark hatte ihr jegliche Hoffnung genommen, Alex je wiederzusehen. Irgend wie war ihr kalt, und sie fühlte sich unsagbar müde. Sie drehte die Raumtemperatur um 3,5 Grad Celsius nach oben, entledigte sich ihrer Uniform bis auf die Unterwäsche, und warf sich auf ihr Bett. Ihre Gedanken kreisten wild umher, und immer wieder sah sie das Abbild ihres Geliebten vor ihrem inneren Auge. Am Ende ihres Traumes grinste ihr das Abbild höhnisch entgegen, so als wolle es sagen, Du wirst ihn nie wieder sehen... vergiss ihn... Ihre Augen wurden feucht, und sie fühlte sich unendlich verloren. Langsam drehte sie sich zur Seite und viel in einen unruhigen Schlaf. 84 - 85 - Einige Tage später, waren die Schäden an der Perseús behoben, und Captain Shigerah sah zufrieden über das dicke Ende seines Zigarrenstummels hinweg und betrachtete die Sterne, die sich vor ihm auf dem großen Monitor der Brücke zeigten. Fast einen ganzen Tag hatte es gedauert, bis sein Navigator ihre relative Position zum terranischen Sonnensystem herausgefunden und einen genauen Kurs errechnet hatte. Shigerah gab den sofortigen Befehl zum Weiterflug. Er wollte so schnell wie möglich fort von hier. Bisher hatten sie Glück gehabt, denn die Alamak waren hier noch nicht aufgetaucht. Doch das konnte nur eine Frage der Zeit sein. Markus Shigerah ergötzte sich noch an der stillen Schönheit dieses sternenreichen Sektors, da kam plötzlich die Stimme des Maschinisten über den Lautsprecher herein und riss den Captain aus seinen Gedanken. „Was gibt es Mr. Gentis?“ „Sie können den Hyperraumantrieb wieder in Betrieb nehmen, Sir. Alle Reparaturen sind erfolgreich beendet.“ Diese Nachricht zauberte ein zufriedenes Grinsen auf Shigerahs Gesicht. Er schob den Zigarrenstummel von rechts nach links, löste den neuen Feststellriegel seines Sessels und drehte sich nach rechts. „Steuermann?“ sagte er und wartete auf den Blick des Angesprochenen. „Sir?“ „Geben Sie Gas! Die Heimat wartet.“ befahl er. „Aye, aye Sir!“ bestätigte der Mann und betätigte sofort einige Schaltflächen auf seiner Konsole. Shigerah drehte seinen Sessel wieder nach vorn und ließ ihn einrasten. Der große Kontrollmonitor zeigte plötzlich 85 - 86 - ein kleines, blaugrünes Loch im Weltraum vor ihnen, das sich immer weiter ausdehnte, und die Perseús nahm direkten Kurs darauf. Das blaugrüne Loch verschluckte das riesige Schiff wie ein ausgehungertes Tier seine Beute. Dann schloss sich das Loch im Raumzeitgefüge und verschwand. Nicht einmal zwei Minuten danach, öffneten sich in entgegengesetzter Richtung drei rot schimmernde Hyperraumröhren und spuckten zwei Stadtschiffe der Alamak und ein kleineres Versorgungsraumschiff aus ihrem engen Schlund in den Normalraum hinaus. Man scannte den gesamten Sektor und fand die sich gerade in ihrer Auflösung befindlichen Partikel der Reststrahlung des Hyperraumloches in dem die Perseús verschwunden war. Nur einen Augenblick später, öffneten sich direkt an der gleichen Stelle drei rötliche Hyperraumlöcher, in denen die Alamakschiffe wieder verschwanden und die Verfolgung aufnahmen. Kaum waren sie verschwunden, im Sektor dieses Weltalls funkelten nur noch die Sterne in unendlich weiter Entfernung, da schoss auf ein Mal ein goldfarben glänzender Lichtschweif mit gleißender Helligkeit durch den Himmel und raste den soeben verschwundenen Schiffen hinterher. Für einen kurzen Moment erhellte sein Licht den Himmel einer sich im Dunkeln der tiefen Nacht weilenden Seite eines kleinen Mondes in der Nähe, und erschreckte eine dort jagende pinselohräffchenähnliche Lebensform. Die untertassengroßen, nachtaktiven Augen zogen sich ruckartig zusammen und folgten dem Lichtschweif über den Nachthimmel. Ein rattengroßes Insekt mit milchigweißem Schuppenpanzer und kleine runden 86 - 87 - Knopfaugen, die sich auf zwei dünnen Stängeln am Kopf des Tieres befanden, nutzte die Gelegenheit und entschlüpfte geschwind dem zuvor erfolgten Zugriff des Jägers und verschwand in einem nahegelegenen Erdloch. Als der Schweif wieder verschwunden war und das Äffchen sich wieder seiner Beute widmen wollte, musste es feststellen, dass es geflohen war. Zwei dünne Nickhäute blinzelten über die großen Augen des Jägers, und er stieß einen verärgerten Laut aus. Ob er sich nur über die Flucht seiner Beute, oder auch über sich selbst ärgerte wird man wohl nie in Erfahrung bringen, denn in dem Moment wurde er selbst zur Beute eines noch größeren Jägers. Eine klebrige Zunge umschloss ihn fast vollständig und zog ihn in den Schlund der wohl hässlichsten Fratze die es im Tierreich des Universums gab. Etwas weiter entfernt im All, öffnete sich einige hunderttausend Kilometer hinter dem leuchtend grünen Planeten namens Drakon der blaugrüne Schlund eines Hyperraumüberganges und spuckte die Perseús aus. Captain Shigerah ruckte von seinem Sessel hoch und schob den obligatorischen Zigarrenstummel abermals von einem Mundwinkel in den anderen. „Na endlich!“ rief er. „Wir sind wieder zuhause. Gut gemacht Mr. Sands!“ ergänzte er und lobte den Steuermann. Sie umkreisten den Planeten und langsam kam die Raumbasis 23 in Sicht. Doch was sie dann sahen, ließ sie den Glauben an Gott und an sich selbst verlieren. Shigerahs Stummel fiel mit einem leisen Plop zu Boden und blieb direkt vor seinen Füßen liegen. 87 - 88 - Die Raumbasis glich einen einzigen Trümmerhaufen. Das Octagon glich einem Donatkringel der an mehreren Seiten von einem Riesen angebissen worden war. Trümmerteile schwebten durch den Raum. Shigerah machte eine kurze Handbewegung, auf die auch sofort reagiert wurde. „Alle Mann auf Gefechtsstation!“ brüllte der erste Offizier Don Marshall in sein Kommunikationsgerät. Ein Alarm ertönte und das normale Licht, wurde durch ein dunkleres, rötliches ersetzt. Hektisches Treiben verbreitete sich auf dem Schiff. Menschen liefen durcheinander, um schnellstmöglich zu dem Ort zu gelangen an dem sie ihre Arbeit zu verrichten hatten. Branda Deveraux war nur ein Soldat. Sie musste sich lediglich im Bereitschaftsraum der Marines melden, und darauf warten, dass man ihr entsprechende Befehle erteilte. In voller Kampfausrüstung stapfte sie mit ihren schweren Stiefeln den breiten Flur der sie von den Mannschaftsquartieren weg führte entlang. Einige Meter weiter traf sie auf Tanaka, der durch den ganzen Lärm und die Hektik einen völlig verunsicherten Eindruck auf sie machte. „Yashida, san, was tun sie denn hier in dem Gewimmel?“ fragte ihn Branda mit lauter Stimme, denn sie fürchtete, er könne sie bei dem Lärm des Alarms nicht richtig verstehen. Der alte Japaner wollte soeben zu einer Antwort ansetzen, da verstummte der Alarm wieder. „Oh, gut. Viel besser so.“ begann er. „Was ist denn geschehen Lieutenant?“ „Kann ich noch nicht genau sagen. Ich weiß nur, dass wir wieder bei unserer Raumstation angelangt sind, von der wir vor mehr als einem halben Jahr abgeflogen waren. Keine Ahnung. Vielleicht waren die Alamak doch schon vor uns hier.“ antwortete sie. 88 - 89 - Tanaka sah sich kurz um und richtet seinen Blick dann wieder auf Branda. „Das wäre ausgesprochen schlecht. Nicht wahr?“ „Ja, das wäre es. Hören sie, ich muss mich bei meinem Kommandeur melden. Wir reden später weiter.“ Mit diesen Worten war die Unterhaltung erst mal beendet und Branda ging wieder ihres Weges. Yashida sah ihr noch einen Moment hinterher und dachte so bei sich: „Wenn es noch ein Nachher gibt.“ Noch sollte man nicht glauben, wie recht er mit seiner Vermutung liegen könnte. „Voller Stop!“ befahl Shigerah und winkte Don Marshall zu sich. „Sir?“ „Holen Sie mir umgehend den Chief of Flights und McFadden in den Bereitschaftsraum.“ „Aye Sir.“ Der Captain wand sich ab und verließ die Brücke. Don Marshall ging wieder hinüber zu seiner Konsole und gab die entsprechenden Befehle weiter. Es dauerte nur knapp 5 Minuten, da kam der Erste Offizier mit den beiden Männern in den Raum des Captains. „Setzen sie sich, meine Herren.“ begrüßte er sie und wies mit der Rechten auf die Stühle, die sich um einen mittelgroßen, runden Tisch reihten. „Wie sie sicherlich bereits mitbekommen haben, haben wir Alarmstufe 1 ausgerufen, weil Raumbasis 23 zumindest teilweise, wenn nicht sogar völlig zerstört ist.“ begann der Captain. „Die Scannerauswertung zeigt noch einige, wenige Lebenszeichen auf der Station.“ ergänzte Marshall. 89 - 90 - „Denen gilt unsere ganze Aufmerksamkeit. Ich möchte daher folgendes: Chief, sie schicken zwei Geschwader Kampfflieger, die Eagles und die Mustangs da raus. Drei von jeder Truppe sollen einen Patrouillenflug um die Station und zurück machen. Fällt ihnen nichts besonderes auf, werden die anderen ihnen folgen und so eine ununterbrochene Kette zwischen der Station und uns bilden. Sollte dann etwas unvorhergesehenes passieren, sind die meisten schnell wieder zur Stelle.“ Frazer Murdoc hatte aufmerksam zugehört und bestätigte die Befehle des Captains mit einem Nicken. „Mr. McFadden, ich will dass sie ein Platoon Marines in Frachter stopfen und zur Raumbasis hinüber schicken. Nehmen sie auch ein medizinisches Notfallteam mit. Durchsuchen sie die Station von oben bis unten und sammeln sie alles ein was noch lebt. Sollten sie auf wiederstand stoßen, möchte ich, dass sich ihre Leute möglichst zurückhalten. Unsere Priorität gilt den Verwundeten.“ damit war die Besprechung beendet, und alle verließen den Raum. Es dauerte nicht lange, bis die beiden Kampfjägergeschwader den Bauch der Perseús verließen und entsprechend den Anweisungen sechs Maschinen in Formation zur Station hinüberflogen. Fast auf dem Fuße, folgten ihnen drei große Mannschaftstransporter, welche die Marines auf der Station absetzen sollten. Die Suchtruppe wurde während der Überführung in kleinere Kommandoeinheiten zu je zehn Mann aufgeteilt, die dann die einzelnen Sektoren der Station durchkämmen mussten. 90 - 91 - Branda Deveraux leitete Einheit Drei. Sie hatten die medizinische Ebene zu durchsuchen, Überlebende zu bergen und medizinisches Equipment zu sichern. Da die regulären Landehangars weitestgehend zerstört waren, mussten die Transporter an den Notandockrampen an der Unterseite der Raumbasis festmachen. Wie Ameisen, die in ein wildes Bienennest eindrangen um sich den süßen Honig zu holen, drangen die Soldaten in die Station vor. Die Teams verteilten sich professionell in ihre Aufgabengebiete und meldeten alle ungewöhnlichen Vorkommnisse sofort über ihr Headset an die Einsatzkoordination weiter. Was man in der Station vorfand, zeigte ein schreckliches Bild der Vorkommnisse auf. Überall lagen Trümmer in den Gängen. Wandverkleidungen waren abgerissen, zerbrochen oder halb geschmolzen. Computerkonsolen waren scheinbar durch gezielte Schüsse zerstört worden. Notfallkraftfelder hielten die Station dort zusammen, wo die Außenhülle abgerissen worden war. Doch einige Sektoren waren dennoch nicht zugänglich, da das Lebenserhaltungssystem hier nicht mehr funktionierte. Und überall lagen Tote. Eine Explosion ließ den Boden unter Deverauxs Füßen erzittern. Sofort gab sie ihren Männern ein Handzeichen, dass sie veranlasste, in Deckung zu gehen. „Carter, St. Tilly, ihr macht den Spähtrupp.“ befahl sie zischend über die Schulter hinweg. Die beiden Männer, erfahrene Marines, nickten wortlos und gingen gebückt an ihr vorbei. Mit den entsicherten Waffen im Anschlag folgten die restlichen Acht mit einem kurzen Abstand. 91 - 92 - St. Tilly, ein Mann irischer Abstammung, ging voraus. Er war fast 190 cm groß, mit rötlichem Haar, schlank und sehr drahtig. Seine Kameraden bezeichneten ihn als besonders zähen Hund. Carter dagegen, war ein wenig kleiner, und muskulöser wie St. Tilly. Er rasierte sich regelmäßig den Schädel, so dass man sein dreidimensionales Spinnentattoo jederzeit sehen konnte. Es war so realistisch gemacht, dass man glaubte ihm säße tatsächlich eine riesige Vogelspinne auf dem Kopf. Er und Tilly hatten sich bereits bei der Grundausbildung kennengelernt. St. Tilly trug ein ganzflächiges Drachentattoo auf dem Rücken, das aussah, als würde sich das Tier soeben einen Weg aus seinem Körper herausfressen. Seither waren sie ganz dicke Freunde. Sie befanden sich jetzt im unteren Teil der medizinischen Einrichtung von Raumbasis 23. Sektor Rot 3 Alienmedizin. Da Außerirdische nicht immer aussahen wie Humanoide, musste dieser Trakt so gestaltet werden, dass auch andersartige Lebewesen hier transportiert und versorgt werden konnten. Entsprechend hoch und breit waren hier die Gänge und Türen. Und es gab verdammt wenig Deckung. Branda sah ihren Scouts hinterher. Die beiden Männer hatten den nächsten Knick des Ganges erreicht und spähten um die Ecke. Ein Knacken in Deverauxs Ohrstöpsel kündete einen Funkübertragung an. „Alles sauber, Lieutenant.“ drang es dann an ihr Ohr. Branda führte ihre Männer zu der Stelle wo Carter und St. Tilly auf sie warteten. Direkt bei dem Knick war eine Abzweigung, welche den Passanten bis zur anderen Seite, quasi dem Innenhof, der Station führen konnte. Freilich gab es da draußen keinen Innenhof, aber von 92 - 93 - dort konnte man ebenfalls überall hin gelangen. Das klinische Weiß der Wände und die vielen Glasscheiben, welche diesen Trakt bisher sehr hell gestaltet hatten, wechselte hier mit sprunghafter Härte die gezielt einfarbige Atmosphäre. Von den Zerstörungen auf ihrem Herweg einmal abgesehen, dort waren wenigsten nicht so viele Tote, mussten sie hier schon fast über Berge von Leiche, sowohl menschlicher als auch außerirdischer, steigen. Überall tropfte oder rann Blut der unterschiedlichsten Farbschattierungen von den Wänden und der Decke. Direkt an der nächsten Querkreuzung lag ein toter Riesenolmoloch, ein affenähnliches Wesen vom Planeten Nebular Nexus der sich auf viertel Weg von Hier zum Oriongürtel befand. Eine ziemlich unwirtliche, eisige Welt. Dieses Wesen hier war mit ein Grund dafür, dass die Station in solchem Umfang gebaut worden war. Kein Wunder, dass es starke Ähnlichkeit mit den Gestalten hatte, die man auf der Erde Yeti nannte. Deren Geheimnis wurde übrigens im Jahre 2038 endlich gelüftet. Forscher fanden in einer Höhle des Himalaja damals eine ganze Gruppe von „Yetis“, alle tot. Zudem fanden sie eine Art Raumschiff, auf dem alles an die Größe dieser affenähnlichen Wesen angepasst war. „Los, schafft dieses Ungetüm aus dem Weg. Wir müssen weiter.“ befahl Deveraux. Der Olmoloch wog gut und gerne seine 500 Kg schwer. Die Soldaten zerrten an Armen und Beinen und hatten ihre liebe Mühe, den Außerirdischen zu bewegen. Doch schließlich gelang es ihnen und sie konnten ungehindert passieren. Sie bewegten sich entlang den OPs und den Laboratorien immer tiefer in die Station hinein. Längst 93 - 94 - hatten sie aufgehört die Leichen zu zählen. Sie mussten die Überlebenden finden, und zwar schnell. Zwei gleißend helle Lichtblitze zerschnitten auf ein Mal die Wandverkleidung zu Brandas Linken. Sie schmolz und tropfte von ihren metallenen Haltebolzen in der Wand, auf den Boden herab. Deveraux und ihre Mannschaft brachten sich sofort in Deckung. „Was zur Hölle war denn das?“ wollte einer der Männer wissen. Branda sah über die Schulter zu dem Mann zurück und grinste. „Das, mein Lieber, war die Energieentladung eines Strahlenhandschuhs der Alamak. Reines Licht, das um einiges stärker ist wie die uns bekannten Laserstrahlen.“ erklärte sie ihm, dann richtete sie ihren Blick wieder nach vorne. „Carter, St. Tilly, seid ihr noch da?“ fragte sie dann in ihr Mikrofon. Dann wurde plötzlich geschossen. Das Feuergeräusch kam von weiter vorne im Gang, und Branda konnte die aufblitzenden Feuerstöße sehen, als sie um die Ecke spähte. „Verdammt, Jungs! Was ist da vorne los?“ brüllte sie in ihr Mikro. Darauf hin kam eine krächzende Stimme die auf ein Mal in ihr Ohr brüllte. Branda zuckte mit schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck zurück. „Hier St. Tilly, Ma´am, Carter ist tot! Zwei Typen in silbernen Overalls versperrten uns den Weg in den nächsten Sektor. Ihre Strahlen haben Carter einfach in der Mitte durchgeschnitten. Ich...“ endete es plötzlich. Dann begann wieder das Feuern. Ein weiterer Lichtstrahl bohrte sich nahe bei den anderen Einschlägen in die gleiche Wand. Scheinbar hatten die Angreifer keine Möglichkeit ihre Position zu wechseln. 94 - 95 - „Okay Männer, wir greifen an!“ gab sie an alle weiter, Die Truppe verließ ihre Stellung und bewegte sich von Deckung zu Deckung weiter nach vorne. Zwanzig Meter weiter, trafen sie auf St. Tilly, der blutverschmiert hinter einem metallenen Container hockte und gerade seine Waffe nachlud. „Ah, Lieutenant. Schön dass sie da sind. Kann ich jetzt ´ne Pause machen?“ Branda legte ihm die Hand auf die Schulter und fragte: „Ja Soldat. Sind sie in Ordnung?“ „Sind nur unbedeutende Kratzer, Ma´am.“ meinte er darauf hin und grinste feist aus seinem mit Staub und Blut verschmierten Gesicht. Branda klopfte ihm nochmals auf die Schulter und schickte ihn dann nach hinten. Dann sah sie sich um, und als ihr Blick auf die Leiche von Carter fiel, wurde ihr etwas übel. Sie drehte sich zu ihren Männern um und schien etwas zu suchen. Sie fand es sogleich. „Jackson, bauen Sie ihr SSG zusammen. Sie müssen die Sache erledigen. Ich möchte unnötige Feuergefechte nach Möglichkeit vermeiden. Ihr anderen haltet euch also ein bisschen zurück.“ befahl sie. Der Angesprochene nahm einen länglichen Tornister vom Rücken und öffnete ihn. Mit präzisen, schnellen Handgriffen, baute er ein langläufiges Gewehr mit einem Zweibein unter dem vorderen Drittel zusammen. Den Abschluss bildete das Aufsetzen eines kleinen, rechteckigen Kastens, der ein digitales Zielfernrohr enthielt. Die CCD-Miniaturoptik lieferte ein gestochen scharfes Bild auf ein transparentes LCD-Display, das Jackson vom Rand seines Helmes herunter klappte. Das Multidigitalzoom konnte ihm auf mehr als fünf Kilometer Entfernung noch eine Ameise auf sein Display projizieren, wenn er wusste wo er nachzusehen hatte. 95 - 96 - Ein kleineres Problem gab es dabei allerdings noch immer, denn kaum ein Gewehr trug seine Geschosse so weit. In der Schwerelosigkeit war das kein Problem. Hier brauchte er weder eine spezielle Munition, noch musste er die Ballistik entsprechend berechnen, da konnte er einfach schießen. Die Kugel würde immer gerade aus fliegen, ohne ihr Ziel zu verfehlen, über Tausende von Kilometer hinweg. Doch hier, auf der Raumbasis, war Vorsicht angesagt. Die Kugel musste stark genug sein, den Gegner außer Gefecht zu setzen, durfte aber auch nicht so stark sein, dass sie die Außenhülle der Station beschädigen konnte. Er lud also die hülsenlosen Karbonfaserteilmantelgeschosse in das Magazin. Legte an, sofort wurde das Display lebendig, zielte kurz und schoss. Der Mann im silbernen Overall, der gerade zu einem weiteren Schuss ansetzen wollte, wurde von der Wucht des Geschosses an der rechten Schulter getroffen und nach hinten geschleudert. Eine zweite Kugel zerfetzte ihm die gesichtslose Maske. Er war auf der Stelle tot. Sein Begleiter, der auf der anderen Seite des Durchganges Deckung gesucht hatte, sah sich nach seinem Kameraden um, was fatale Folgen für ihn hatte. Kurz hintereinander schlugen zwei Kugeln in seinen Schläfenbereich ein und beförderten ihn ohne dass er es noch mit bekam direkt neben seinen Freund auf den Boden. „Erledigt, Ma´am.“ bestätigte der Marine und nahm die Waffe wieder von der ihm als Stütze dienenden Kiste. Ohne eine Reaktion des Bedauerns, klappte er das Zweibein an den Lauf und hievte sich das schwere Gerät über die Schulter. 96 - 97 - Branda hatte ihn dabei beobachtet, und es waren kurz Zweifel in ihr aufgekommen, ob es richtig von ihr gewesen war dem Mann diese Aufgabe zu übertragen. Oh, nicht dass sie daran zweifelte, dass es getan werden musste. Schließlich konnten sie sich nicht von den beiden Alamak aufhalten lassen, aber ein offener Kampf wäre ihr möglicherweise lieber gewesen. Sie sah ihr Gewissen damit belastet, und das fand sie überhaupt nicht gut. Doch dafür war jetzt keine Zeit. Sie mussten weiter, und so gab sie den entsprechenden Befehl. In der Zwischenzeit hörte man über Funk aus allen Bereichen der Raumbasis von Feuergefechten. Captain Shigerah und sein erster Offizier, standen beim Funker und lauschten dem Äther. „Verdammt, Don, diese Mistkerle haben und doch überholt.“ meinte Shigerah. „Ja, Sir. Doch wo sind ihre Schiffe?“ „Dort!“ kam es auf einmal vom Eingang der Brücke her. Die Männer drehten sich um und sahen den Redner verwundert an. Es war Jason. „Commander Clark? Was tun sie denn hier?“ wollte Shigerah wissen. „Sir, ich habe kein Kommando. Und dort kommt ein Stadtschiff auf uns zu.“ ließ er sie wissen und deutete mit dem Finger auf ein kleines Seitenfenster. Die Blicke wechselten zwischen Fenster und Clark hin und her. „Auf den Bildschirm!“ befahl der Captain, und sofort erwachte dieser zum Leben. „Warum wurden wir nicht gewarnt?“ „Sir, die Sensoren erfassen nichts. Das Schiff dürfte eigentlich überhaupt nicht da sein.“ meldete einer der Männer. Fast im gleichen Augenblick, schien der 97 - 98 - Bildschirm zu flimmern wie die Luft über glühend heißem Wüstensand, und das Stadtschiff verschwand von ihrem Bildschirm. „Verdammt, was war denn das? Sind die Schilde oben?“ „Aye, Sir.“ „Gut. Wann wären sie in Waffenreichweite gewesen?“ „In sieben Minuten, Sir.“ Shigerah wand sich wieder an Clark. „Haben sie eine Erklärung dafür, Commander?“ wollte Shigerah wissen. „Nein Sir, nicht direkt.“ „Was soll das heißen?“ „Nun ja, während meiner Zeit in Skataris, habe ich mitbekommen, dass die Bewohner während ihres Kampfes gegen die Dämonenbrut von Zeit zu Zeit von diesen mit angeblichen Angriffen getäuscht wurden. Ritten die Soldaten aus, um den Kampf aufzunehmen, war auf ein Mal niemand mehr da, gegen den sie hätten kämpfen können. Der Gegner war einfach verschwunden. Hatte sich in Luft aufgelöst.“ „Und sie glauben, das hier könnte auch so eine Täuschung sein?“ Clark sah hinüber zum Bildschirm, da er aus dem Augenwinkel heraus etwas hatte aufblitzen sehen. „Nein, Captain, das glaube ich nicht...“ Die Rasool Ardehn hatte für nur einen Augenblick den Schutzschild geöffnet und einen Energiestoß abgefeuert. Danach war sie wieder verschwunden. „Achtung, ankommendes Geschoss!“ rief der Sensoroffizier. Und kaum hatte er es ausgesprochen, da schlug das Geschoss bereits auf dem Schutzschild auf. Die Perseús wurde ziemlich kräftig durchgeschüttelt, einige Besatzungsmitglieder wurden von den Füßen gerissen und zu Boden geworfen. 98 - 99 - „Sie... sie sollten jetzt schnellstens gehen, Commander.“ meinte der Captain danach und rappelte sich wieder vom Boden auf. „Ihre ehemalige Truppe war auf der Basis stationiert. Wir haben bisher keine Überlebenden bergen können. Weder vom Stationspersonal noch von irgend welchen Besuchern. Fühlen sie sich in der Lage ein Kommando zu übernehmen?“ „Absolut Sir.“ „Okay. Gehen sie zu Murdoc in den Hangar. Er gibt ihnen einen Jäger. Sie übernehmen das Kommando über die Wölfe. Fliegen um Drakon herum und halten sie uns möglichst den Rücken von feindlichen Jägern frei. Die Mustangs und die Eagles werden sie dabei unterstützen.“ „Wie sieht es mit Verstärkung aus, Sir?“ wollte Clark wissen. „Wir haben einen Breitbandhilferuf um Unterstützung ausgesandt. Die Agamemnon, unser Schwesterschiff, hat geantwortet. Sie müsste eigentlich in den nächsten Stunden hier eintreffen. Aber auch die Fregatte, San Francisco und ein Schlachtkreuzer der Japaner, die Shogun von Osaka, sind auf dem Weg hier her. Halten sie uns also so lange wie möglich den Rücken frei. Viel Glück.“ Clark nickte, und war damit entlassen. Ein zweites Geschoss traf den Schild und reduzierte die Energie auf 60%. Clark machte sich so schnell auf den Weg wie er konnte. Da der Hangar am Ende des Schiffes lag, musste er eine kurze Fahrt mit dem Interslide, einer Art magnetfeldgelagerte Transportbahn, machen. Innerhalb von Sekunden konnten damit Truppen und Material quer durch das ganze Schiff transportiert werden. Sie funktionierte wie eine Rohrpost, nur schneller und sanfter. 99 - 100 - Murdoc erwartet ihn schon an der Tür zum Hangar und begrüßte ihn freundlich. „Hallo Commander. Wie geht es Ihnen?“ es war nur eine höfliche Floskel, aber Clark beantwortet sie trotzdem mit einem „Danke, gut.“. „Folgen sie mir, Sir. Wir müssen noch eine Fliegerkombi und die Zusatzausrüstung für Piloten für sie heraussuchen.“ „Das wird nicht nötig sein. Ich nehme das Alamakshuttle.“ „Was? Aber, aber das geht nicht!“ Murdoc schien empört.“ Clark packte ihm am Kragen und zog ihn zu sich her. „Ich habe keine Zeit, mit ihnen zu streiten, Murdoc. Wir stehen unter Beschuss und ich bin der einzige der das Ding einigermaßen fliegen kann. Außerdem haben wir dadurch möglicherweise einen Vorteil. Also, wo habt ihr das Shuttle geparkt?“ „Schon gut, schon gut. Es steht in Hangar 2.“ Murdoc war ein wenig zurückgezuckt vor der energischen Art die der Commander an den Tag gelegt hatte, und außerdem war er einen ganzen Kopf kleiner wie der Offizier. Clark ließ ihn wieder los und sah sich nach dem Hangar um. Er sah eine große 2 auf einem Metalltor und machte sich unverzüglich auf den Weg dorthin. Keine zwei Minuten später verließ er das Schiff durch ein Außentor. „Clark an Perseús!“ „Wir hören sie laut und deutlich, Commander.“ kam die Antwort. „Sagen sie der Truppe hier draußen, dass sie nicht auf mich schießen soll, es sei denn ich befehle es ihnen!“ maulte Clark ins Mikrofon. „Wird gemacht, Sir!“ 100 - 101 - Gleich darauf wurde ein entsprechender Befehl von Shigerah an die Truppe übertragen, und Clark konnte aufhören in schwindelerregenden Bahnen zwischen den Jägern der Perseús hindurch zu schlüpfen. Einige der Schützen entschuldigten sich bei ihm. Sie konnten ja nicht wissen, dass er in einem atypischen Fluggerät auftauchen würde. „An alle! Achtung! Ein zweites Stadtschiff hat soeben den Hyperraum verlassen. Achtung! An alle...“ kam es auf ein Mal aus dem Lautsprecher eines jeden Jägers heraus und wurde zwei Mal wiederholt. Die Piloten richteten ihre Sensoren neu aus und erwarteten nun den nächsten Angriff. Der ließ auch nicht lange auf sich warten, denn kaum war das zweite Stadtschiff im normalen Raum angelangt, entließ es einen ganzen Schwarm von Jagdshuttles, gar nicht unähnlich dem, das Jason flog. Fast im selben Moment öffnete sich einige Tausend Meilen hinter der Raumstation ein weiteres Hyperraumfenster. Es hatte eine blaugrüne Färbung, und sofort wussten die Menschen, dass nun die Verstärkung eintraf. Die Agamemnon benötigte nicht einmal eine ganze Minute für die Zielerfassung, da beide Schiffe gerade auf die Perseús feuerten, und so konnte sie, noch bevor sie überhaupt nahe genug für einen direkten Angriff war, 18 Torpedos aus ihren Frontgeschützen abschießen. Jeweils neun davon flogen auf je ein Stadtschiff zu. Doch die Torpedos flogen nicht einfach gerade aus, sondern steuerten einen Zick-Zack-Kurs. Somit waren sie für die feindliche Abwehr erheblich schwerer zu treffen. Doch die feindlichen Jäger waren flexibler wie die schwerfälligen Stadtschiffe. Sie erhielten eine Anweisung, und machten sofort Jagd auf die 101 - 102 - heranstürmenden Flugkörper. Dass sie dabei von den Jagdgeschwadern der Perseús attackiert wurden, schien sie nicht sonderlich zu stören. Clark sprach sich mit dem Commander der Eagles, einem gewissen Shawn O´Reily, ein irisch stämmiger Quadratschädel, rechthaberisch und ein Arschloch sonders gleichen. Aber, er war ein hervorragender Pilot, und wenn er sich auch mit jedem anlegte der ihm quer kam, vertrauten ihm seine Männer blind und würden mit ihm durch die Hölle fliegen. „Hier Eagle 1! Würden sie das noch Mal wiederholen, Commander?“ „Was haben sie daran nicht verstanden, O´Reily? Ich fliege jetzt einen Scheinangriff, und ihr sollt auf mich schießen. Aber möglichst so, dass ich noch weiterfliegen kann. Ich reihe mich dann in die feind....“ „Ja, ja, ist ja gut. Ich hab ´s ja kapiert. Na dann machen sie sich mal auf einen netten Höllenritt gefasst. Wir werden sie durchs All scheuchen, dass ihnen hören und sehen vergeht. Also los, wir warten.“ In diesem Moment blitzte O´Reilys Schutzschild verdächtig oft auf und seine Maschine wurde heftig durchgeschüttelt. Im gleichen Augenblick raste ein Alamakshuttle über ihn hinweg, und als es sich einige Meter vor ihn gesetzt hatte, wackelte es mittels einer kippenden Bewegung mit den kurzen Stummelflügel. O´Reily wusste sofort, dass konnte nur Clark sein, denn von außerirdischen Piloten kannte man diese uralte Freundfeinderkennungsmethode (das Wackeln mit den Flügeln) nicht. „Was ist los O´Reily, warten sie auf eine Einladung?“ „Keineswegs!“ erwiderte der Ire und schoss seinerseits auf das Shuttle. Der Schuss ging fehl, und Clark wollte 102 - 103 - schon höhnisch über den Iren herziehen, da trafen seinen Schutzschild zur Rechten zwei Geschosse aus den Bordkanonen eines weiteren Eagle. Clark nutzte geistesgegenwärtig die Energie des Aufpralls und ließ die Maschine in einer Rolle davon trudeln. Dann gab er Gas und zog die Nase in einer steilen Kurve wieder nach oben, während seine Verfolger weiter auf ihn feuerten, ohne ihn zu treffen. Sein Manöver brachte ihn durch die Reihen der Mustangs und schließlich in die bereits angelaufene Angriffswelle der Alamak. „O´Reily, ich brauche noch zwei Treffer am Heck. Eine leichte Beschädigung wäre nicht schlecht. ich leite die Schutzschildenergie etwas ab, damit ihr durch kommt.“ „Das ist leider nicht so einfach, mein Freund.“ kam es mit gequälter Stimme aus dem Lautsprecher. „Wir stehen unter Beschuss. Vielleicht können sie denen mal sagen, sie sollen das lassen, bis wir mit ihnen fertig sind?“ maulte Shawn. Clark konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und meinte: „Im Prinzip gerne, aber das war meine eigentliche Absicht, O´Reily. Sie müssen mich für einen der ihren halten." „Na, das wird ihnen nicht schwer fallen. oder?“ Clark antwortete nicht, sondern wendete sein Shuttle und rammte es durch die Linien der Alamak und schoss auf den Jäger des ihn verfolgenden Menschen zu. Ihre Formation brach auseinander und sie mussten fluchend die Verfolgung aufgeben. In den Lautsprechern der Alamakshuttles war Jasons Stimme in deren Sprache zu hören. „Der gehört mir, Freunde!“ und schon schoss er zwei Salven Plasmafeuer auf den Jäger ab, verfehlte ihn nur um Haaresbreite und drehte dann in einer engen Schleife über ihm ab. Ein weiteres Flügelwackeln signalisierte 103 - 104 - O´Reily, dass er es mit Clark zu tun hatte, und so schoss er seinerseits auf das Alamakschiff und traf es wie gewünscht am Heck. Jasons Shuttle ruckte ein Stück nach vorne und der linke Antrieb begann zu stottern. Qualm wurde ausgespuckt, und setzte sich wie ein breiter undurchsichtiger Schleier hinter dem Schiff fort. Mit krächzenden Antriebsaggregaten versuchte sich Clark in Richtung eines der Stadtschiffe davonzuschleichen, doch O´Reilys Leute ließen sich nicht so einfach abschütteln. Sie jagten Jason noch einige Salven hinterher, dann wurden sie von den Alamak zu stark bedrängt, um die Verfolgung pflichtgemäß weiter zu führen und drehten schließlich ab. „Das war knapp, nicht wahr?“ kam es auf ein Mal aus dem Heck von Clarks Maschine. Jason hatte sich derart erschrocken, dass er aus Versehen ruckartig an der Steuerung gezogen hatte und die Maschine dadurch noch stärker ins Trudeln brachte. Er drehte sich um sah nach hinten. „Niora! Was machen sie denn hier?“ rief er voller Verwunderung, als er sah, wer da aus dem winzigen Laderaum gekrochen kam. „Verzeihung, aber ich wollte nicht alleine auf dem fremden Schiff bleiben. Dort kenne ich doch niemanden.“ erklärte sie sich mit trauriger Stimme. „Nun, das kann ich zwar verstehen, Niora, aber wir befinden uns hier mitten im Krieg, und ich habe vor auf eines der Stadtschiffe zu gehen und dieses zu zerstören.“ „Das weiß ich, Jason, und ich will ihnen helfen.“ „Helfen?“ er sah sie fragend über die Schulter hinweg an. „Hm, wir werden sehen. Setzen sie sich erst mal hier hin.“ 104 - 105 - Als sie an ihm vorbei schlüpfte, um auf dem Copilotensitz Platz zu nehmen, bekam Clark einen unwiderstehlichen Duft von seiner Mitstreiterin in die Nase, der ihm für kurze Zeit die Sinne durcheinanderwirbelte. „Was... was war das?“ fragte er. Niora Dal sah nun ihn fragend an. „Was war was?“ Und zum ersten Mal, seit er sie kannte, sah er ihr richtig in die Augen. Nie zuvor war ihm aufgefallen, dass sie leuchtend grüne Augen hatte. Ihr ihn fixierender Blick, brachte diesen Moment zustande, in dem sie aus den sonst so schmalen Sehschlitzen, die ihre alamakische Natur waren, sich zu weiten Halbmonden geöffnet hatten. Sie unterstrichen fast perfekt die leichte Rotfärbung ihrer langen Haare. Clark musste sich zusammenreisen. „Dieser,... dieser Geruch, den sie verströmen?“ Sie zog eine Augenbraue nach oben, ohne ihren Blick von ihm zu nehmen und setzte sich hin. „Das..., das ist eine Mischung aus verschiedenen Duftprodukten, die ich in einem kleinen Laden auf dem Schiff gefunden hatte.“ erklärte sie ihm. „Gefällt es euch?“ „Gefallen? Es ist...“ setzte er an, dann musste er einer Rakete ausweichen, die man auf ihn abgeschossen hatte. „...nicht schlecht. Wirklich nicht schlecht!“ Die ruckartige Bewegung des Shuttles hatte Niora in den Copilotensitz gedrückt, und sie wirkte für einen Augenblick, aber auch nur für einen winzigen Augenblick leicht deplaziert hinter der Steuerkonsole, und sie war sich auf ein Mal überhaupt nicht mehr sicher, ob es eine gute Idee von ihr war, sich an Bord des Shuttles zu schleichen. Aber auch, ob Clark nun seine Antwort auf ihren Duft bezogen hatte, oder ob er „nur“ voller Respekt für den überraschenden Angriff der Rakete war. 105 - 106 - Letzten Endes war es allerdings egal, denn in diesem Moment wurden sie von einem Leitstrahl erfasst und von ihm in Richtung des ihnen am nächsten gelegenen Stadtschiffes gezogen. „Wir sollten nun unsere Masken aufsetzen.“ meinte sie dann auf ein Mal, und schob sich die silberglänzende Halbschale über das Gesicht. Ihr langes, rötliches Haar verschwand wie von Zauberhand unter dem schwarzen Faltenstoff, der von weitem wie ein gleichmäßig geschnittener Haarschopf aussah. Jason schob seine Maske ebenfalls übers Gesicht, und nun hockten sie beide in dieser kleinen und immer kleiner werdenden Blechbüchse und warteten darauf, was wohl passieren würde, wenn sie an Bord dieses gigantischen Stadtschiffes sein würden. „Da, links hinter dem Stapel mit den Kunststofftonnen.“ flüsterte ihr der Marine zu. Branda, die ihre Kampftruppe über Rot 3 und 2 in die Erste Ebene der medizinischen Abteilung, die Lagerräume und OPs geführt hatte, waren hier nicht so sehr auf Widerstand gestoßen wie sie es anfangs erwartet hatte. „Ich habe ihn schon gesehen, Tilly.“ antwortete sie. Sie wollte schon den entsprechenden Befehl an Jackson weitergeben, doch ihr Gefühl von vorhin hielt sie kurzzeitig davon ab. Dann flackerte plötzlich die Erinnerung eines Gesprächs in ihrem Gedächtnis auf, das sie vor einigen Tagen mit Yashida Tanaka beim Training in der großen Sporthalle geführt hatte. Der alte Japaner erschien ihr immer mehr ein Quell der Weißheit zu sein. Seine Erfahrung im Kampf, seine Einstellung zu den Dingen die ihn umgaben und die Art und Weise wie er mit Worten eine beruhigende Wirkung auf Brandas Gefühlswelt ausübte, verblüffte sie 106 - 107 - zusehends. Dass er als Samurai, als kaiserlicher Krieger, mit dem Schwert Menschen getötet hatte, schien sein Wissen um die Dinge nicht zu beeinträchtigen. Oder er ließ es nicht zu. Er hatte ihr erklärt, dass sie, und nur sie allein jetzt und hier zu zählen hatte. Snow war ihr ein Fels, überwuchert mit Bäumen und Ranken, die ihr Schutz boten, doch Alex war nicht mehr da, und sie musste sich nun wieder voll und ganz auf sich selbst verlassen können. Sie war diejenige, die nun ein Kommando unter sich hatte und sie musste den Männern und Frauen in ihrer Einheit zeigen, dass sie es drauf hatte. Wenn es ihr auch nicht gefiel. Ihre Hand berührte Jacksons Schulter. Der Marine sah sie kurz an und nahm ihr knappes Nicken wahr, und einige Sekunden später war der Weg erneut frei. Von nun an ging es schneller voran, da die Truppe kaum noch auf Widerstand stieß. In einem abgelegenen Winkel der Station, fand man die Leiche von Admiral St. George und seiner Adjutanten, sowie die des Stationskommandeurs und einiger anderer hoher Offiziere. Die Kommandos meldeten sich nach und nach zurück und sammelten sich in den unteren Ebenen, da wurde die ehedem schon stark malträtierte Station von einem Geschoss getroffen und begann bedenklich zu wackeln. Als das Feindfeuer jedoch zunahm, fürchtete man um die weitere Sicherheit und beorderte die Truppentransporter für den Abmarsch herbei. Man sah den Männern der einzelnen Kommandos an, dass ihnen die Bilder der vergangenen Stunden, die sie auf der Station gesehen hatten, zum Teil schwer zu schaffen machten. Niemand hatte den Angriff der Alamak 107 - 108 - überlebt. Und gerade als man dachte, es könne nicht schlimmer kommen, verdichtete sich der Angriff der Alamak auf die terrestrischen Truppen. Vor einigen Minuten hörten die Leute, dass ein weiteres Stadtschiff aufgetaucht sei. Nun hatten sie es also schon mit drei dieser gigantischen Weltraumstädte zu tun, und ihr Mut schien weiter zu sinken. Wäre dies das Ende der ihnen bekannten Menschheit? Die Agamemnon hatte bereits alle Luken geöffnet. Jäger und Gleiter und Transporter verließen oder landeten auf dem Schiff, und gut platzierte Schüsse unterstützten diese Unternehmen. Die Jäger hatten mit den Alamak alle Hände voll zu tun und waren zu keiner weiteren Unterstützung abkömmlich. Das kleine Alamakshuttle in dem Clark und Niora saßen, hatte kurz vor Ende seiner Reise die Position gewechselt und schwebte nun rückwärts in einen kleinen Hangar unterhalb des großen Flugdecks, auf dem jede Menge Verkehr stattfand. Einerseits war es Jason recht, dass sie nicht auf dem oberen Landefeld abgestellt wurden und gleich von mehreren hundert Wachen umringt werden konnten, andererseits hatte er mit der Chance >in der Menge unterzutauchen< gespielt und so einer sofortigen Gefangennahme zu entgehen. Doch auf diesem kleinen Hangar war die Gefahr ebenso hoch, zu früh entdeckt zu werden. Nun konnten sie nichts mehr daran ändern. Aussteigen und davonlaufen konnten sie ja schlecht. Also mussten sie zunächst einmal abwarten was passierte. Jason erhob sich von seinem Sitz, nahm sich das kurze Sturmgewehr das die Marines bei ihren Einsätzen zu benutzen pflegten und postierte sich neben 108 - 109 - der Einstiegsluke. Gleich würden sie landen und die Türe würde geöffnet werden. Niora hatte sein Vorgehen mit Besorgnis beobachtet, war aber ruhig auf ihrem Platz sitzen geblieben. Sie wusste, dass sie über kurz oder lang von einer Kommandozentrale dazu aufgefordert werden würde, die Maschinen des Schiffes abzustellen. Kaum hatte sie diesen Gedanken beendet, wurde das Shuttle auch schon gelandet und die Aufforderung kam durch ihren Knopf im Ohr. Pflichtgemäß sagte sie dem Computer, dass er die Maschinen abstellen sollte und schloss mittels eines Tastendruckes die Treibstoffzufuhr. Das hohe Summen des Antriebes wurde langsam zu einem dumpfen Brummen und schließlich verebbte das Geräusch ganz. Ein kurzes Zischen im hinteren Teil des Shuttles sagte ihr, dass nun die Türe geöffnet wurde; und Jason stand bereit. Zischend verschwand sie in der Seitenwand des kleinen Schiffes und gab die Sicht auf den Hangar frei. Genau wie bei der Rasool Ardehn, standen nur zwei Techniker vor dem Eingang und gafften unter ihren auf die Stirn geschobenen Silbermasken hervor. Clark brauchte nicht einmal etwas zu sagen, sondern stieg einfach mit vorgehaltener Waffe aus und schob sie zurück an die nahegelegene Wand. „Du kannst raus kommen, Niora.“ sprach er leise in sein Mikrofon. Er sah, dass die beiden Männer ihren Blick zum Shuttle gewandt hatten, und da wusste er, dass er bereits wieder am Kommunikationsnetz des Stadtschiffes angekoppelt war. Niora gab er den Befehl, den beiden Gefangenen die Masken und die Handschuhe abzunehmen, wodurch sie zunächst ungefährlicher wurden. Anschließend wurden sie gefesselt. 109 - 110 - „Diese Leute haben nichts dazugelernt.“ meinte er dann beiläufig, als sie das Hangardeck verließen. Niora Dal sah ihn mit einem komischen Blick an und Clark hakte nach. „Was ist?“ „Natürlich können die nicht wissen, was auf meinem Schiff geschah. Zwischen den einzelnen Städten herrscht normalerweise kein Kontakt. Jeder Herrscher, König wenn du so willst, regiert für sich und die ihm unterstellten Alamak eigenständig. Nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn es gilt einen stärkeren Feind zu besiegen, viel Beute zu machen oder eben wie hier, dann können sie sich zusammen tun und gemeinsam kämpfen. Ist die Beute dann verteilt, geht in der Regel jeder wieder seines Weges und hält nach weiterer Beute Ausschau.“ „Aha, und was hat sie dann hierher geführt?“ „Ich.“ antwortete Niora lässig, dann schoben sich links und rechts einige Wände beiseite, und ein Trupp schwer bewaffneter Alamak stürmten in den Gang. Sie trat vor Jason hin und zog ihm die Handschuhe von den Händen und die Maske vom Kopf. Beides reichte sie einem der Soldaten neben ihr. Die Waffe hatte sich schon ein anderer geschnappt. „Ich hätte es wissen müssen.“ meinte er tonlos und sah ihr in die Augen. „Ja, das hättest du.“ sagte sie knapp und wand sich dann von ihm ab. Die Menge der Soldaten vor ihr teilte sich und machte ihnen Platz. Ein Mann in einem goldenen Overall erschien am Ende des Ganges und klatschte langsam aber deutlich in die Hände. Dann schob er sein Visier beiseite und sprach voller Anerkennung: „Niora Dal, die Schlange von Napali. Wiedereinmal habt ihr eurem Ruf alle Ehre gemacht. Um so erfreulicher, 110 - 111 - dass ich es in diesem Falle mit eigenen Augen sehen durfte, und mir nicht wieder die mündlichen Lobeshymnen von Shak Nubal anhören muss. Die Götter seien seiner verruchten Seele gnädig.“ tirilierte er mit affigem Gehabe. Er war herangetreten und hielt Nioras Hand ganz gentlemanlike zum Kuss vor seinen Mund, den er mit einer eleganten Verbeugung heran gebracht hatte. Nur ein Hauch von kühlem Atem streichelte sanft über ihren Handrücken ohne dass seine Lippen ihre Haut berührt hatten, dann erhob sich der Goldene wieder. „Ihr beschämt mich, Kek´n´tal, das ist zuviel des Lobes.“ Kek´n´tal nickte leicht, und wenn Clark ihn nicht schon von Anfang an als schmieriges Arschloch eingestuft hätte, so würde er dies, angesichts des diebischen Grinsens das der Goldene soeben aufgelegt hatte, nun nachholen müssen. „So bescheiden... Das gefällt mir. Darf ich euch zu euren Gemächern führen? Meine Männer kümmern sich um diesen...“ er sah Jason mit herablassendem Blick an, „...diesen Menschen.“ „Gerne. Aber sperrt mir den Gefangenen nicht so weit von meiner Unterkunft entfernt ein. Ich möchte mich gerne selbst um ihn kümmern.“ bei diesen Worten hatte sie sich noch ein Mal zu Jason umgedreht und strich ihm nun mit dem Finger sanft aber sehr deutlich über die Kehle. Wäre der Commander dazu in der Lage gewesen, hätte sein Blick das Wasser in ihrem Körper zu Eis gefroren. Doch Niora schien darüber nur erheitert zu sein und ging mit Kek´n´tal lachend ihres Weges. Ihn jedoch, führte man in eine andere Richtung davon. Am nächsten vergangenen Morgen, Abend Clark hatte den ganzen die ausgesprochen 111 - 112 - zuwendungsreiche Gastfreundschaft der Alamak am ganzen Körper zu spüren bekommen, war er gerade dabei, aus Langeweile seine blauen Flecken zu zählen, als jemand den Gefängnistrakt betrat. Er tat natürlich nur so als zähle er die Flecken, denn er wollte seinen Peinigern nicht die Zufriedenheit eines Triumphes gönnen. Er hatte furchtbare Schmerzen ertragen müssen und die Nachwehen waren nicht gerade weniger geworden. Unter blutverkrusteten Augenbrauen hervorlugend, den metallenen Geschmack seines Lebenssaftes ignorierend, begrüßte er seine Besucher mit rot gebleckten Zähnen. „Ah, geht es endlich weiter?“ fragte er sarkastisch. „Euch wird der Spott schon noch vergehen, Mensch.“ sprach einer der Männer in an. Doch er wurde sofort beiseite geschoben. Niora Dal hatte den Raum betreten und als sie Jason so vor sich sah, nackt, blutverschmiert und grün und blau geschlagen, erwachte eine kleine Flamme des Zornes in ihr. „Wer ist für diese Schweinerei verantwortlich?“ wollte sie wissen. Kek´n´tal hat mir zugesagt, den Gefangenen mir zu überlassen!“ Sie sah die Männer böse an. Ein Gesichtsausdruck, den Clark so überhaupt nicht von ihr kannte. Die Alamak wichen sichtlich verängstigt zurück. Auch das war eine Reaktion, die Clark nicht von den ihm erst vor Kurzem bekannt gewordenen Alamak kannte. Ein paar Augen richteten sich ganz kurz auf den Mann zu ihrer Linken, und schon zuckte ein sichelförmige Klinge aus ihrem Ärmel und schlitzte dem Mann die Kehle auf. Einer der anderen schluckte schwer, befürchtete wohl schon, der nächste auf ihrer Liste zu sein, doch Niora befahl nur: „Raus hier! Und nehmt den Abfall mit.“ Sie hatte auf die Leiche gedeutet. Die Männer verließen den 112 - 113 - Gefängnistrakt eilenden Schrittes, doch das Blut ihres Kameraden folgte ihnen in einer grotesk anmutenden, roten Spur. Ihre Augen hefteten sich auf Clarks Körper, und er wurde sich zum ersten Mal seiner Nacktheit richtig bewusst. „Nun, gefällt dir was du siehst?“ fragte er, wiederum in einem sarkastischen Tonfall. „Nein. Denn das war so nicht geplant. Ich hätte das viel lieber selbst mit dir getan, doch diese Idioten mussten mich ja unbedingt um meinen Spaß bringen.“ „Spaß? Ha!“ intonierte Jason. „Na ja, ich bin recht geschickt im Verhören von Gefangenen.“ meinte sie ungerührt und begab sich näher an den Schutzschild der sie von Clark trennte. An der Seite befand sich eine kleine Konsole. Sie war einen kurzen Blick darauf und betätigte dann einige Tasten. Warmes Wasser ergoss sich plötzlich von der Zellendecke über Clark, der bei den ersten Spritzern zunächst auf die Seite gegangen war. Niora beschwichtigte ihn jedoch: „Keine Angst, das ist nur Wasser. Du kannst dich erst einmal sauber machen.“ Jason nahm das Angebot dankend entgegen und stellte sich direkt unter den Wasserstrahl. Genussvoll rieb er sich Staub und angetrocknetes Blut von Armen und Schultern, sich aber immer bewusst, dass Niora vor dem Schutzschild stand und ihn ausgiebig dabei beobachtete. „Erzählst du mir, wie du auf die Idee gekommen bist, mich zu verraten?“ begann er auf ein Mal. Niora schwieg noch eine Weile und beobachtete ihn weiter. Doch dann schien sie es sich überlegt zu haben und begann zu erzählen: 113 - 114 - „Nun, das war eigentlich reiner Zufall. Ich war in der Schutzschildzentrale, weil ich für den nächsten Tag meine Abreise klarmachen wollte, und mich erkundigt hatte, wo man mein Shuttle abgestellt hatte. Wir hörten von einem Shuttle, das beschädigt sei und mit einem Leitstrahl herein gebracht wurde. Omna Ko, die alte Frau, die ich fesseln durfte, war der Meinung, dass dies eigentlich nicht möglich war, denn von unseren Jägern waren ja noch so gut wie alle an Bord der Rasool Ardehn. Und als du dann plötzlich auftauchtest, wusste ich bereits welche Rolle ich zu spielen hatte.“ Jason hörte auf sich abzuwaschen und sah sie durch den leicht flimmernden Schutzschild an. „Du hast das von Anfang an nur gespielt? Ich war während meiner Schönheitsbehandlung von heute Nacht schon der Meinung, du hättest an Bord der Perseús kalte Füße bekommen und hättest mich verrate, weil nun doch nicht bei den Menschen leben wolltest.“ „Wie du siehst, war dem nicht so. Wenngleich ich die Gelegenheit eure Rasse kennen zu lernen, sehr genossen habe, hatte ich doch schon so einiges über euch gehört. Auf eurem Schiff erfuhr ich mehr über dich. Auch dass du bei einem ziemlich dummen Angriff auf eines unserer kleineren Stadtschiffe schwer verletzt worden bist, und dir zeitweilig die Identität verloren gegangen war. Es war die Tonlat a Kelt die dir in den Weg gekommen war. Ich war früher oft auf dem Schiff zu Gast gewesen. Zu schade, dass es bei eurem Unfall zerstört wurde.“ „Unfall? Das war kein Unfall. Dieses Schiff ist in unseren Sektor eingetreten und hat sich nicht identifiziert. Statt dessen hat das Schiff das Feuer auf uns eröffnet. Selbst nach mehrmaligem anfunken hat sich niemand gemeldet, also hat der Stationsleiter unserer Raumbasis 114 - 115 - Gegenmaßnahmen befohlen. Ich war führender Kommandeur in diesem Gefecht und hatte mich ein wenig zu nah an das Schiff heran gewagt. Als mein Jäger getroffen und ein Sieg aussichtslos schien, hatte ich keine andere Wahl mehr. Ich lenkte mein Schiff direkt in die Antriebseinheit und betätigte die Ausstiegsvorrichtung erst ganz kurz vor dem Einschlag. So konnte ich sicher sein, dass man das Schiff nicht doch noch abschoss. So viel dazu, dass das ein Unfall war.“ Niora hatte aufmerksam zugehört und ihn genau beobachtet. Sie zog einen der silbernen Handschuhe über und öffnete den Schutzschild. „Na los. Raus mit dir!“ befahl sie. „Kann ich bitte etwas zum Anziehen haben?“ fragte Clark, als er die Zelle langsam verließ und seine Blöße mit den Händen zu bedecken versuchte. „Nein. Vorwärts.“ „Nun, dann ist unsere fröhliche Plauderstunde wohl vorüber.“ bemerkte er im Laufen und reckte seinen schmerzenden Rücken gerade, nahm die Hände an die Seiten und ging voraus. Sollten sie doch gucken. Drauf gepfiffen, dachte er sich. Nachdem sie den Zellentrakt verlassen hatten, bogen sie links ab und betraten einige Schritte weiter einen Raum, den Clark schon ganz gut kannte. Der OP mäßig eingerichtete und geflieste Raum machte eigentlich einen recht nüchternen Eindruck auf ihn, wären da nicht die Dinge, die sie gestern schon mit ihm dort getrieben hatten. Die beiden Überlebenden von vorhin standen schon bereit und warteten frech grinsend, auf dass Clark erneut seinen Schmerz herausbrüllen würde. Doch dieses Mal würde er sie enttäuschen müssen. Er hatte nicht vor, sich ein weiteres Mal sinnlos quälen zu lassen. Ganz langsam 115 - 116 - und fast unbemerkt, wand er den Kopf nach Niora Dal um, nur um zu sehen, wann sie endlich ihren Handschuh abstreifen würde. Und er hatte Glück. Die Frau zog soeben die Hand aus der textilen Waffe. Sie sah nicht einmal zu Jason hin, denn sie wusste, nein, sie vermutete, dass ihre beiden Lakaien sich bereits Clarks bemächtigt hatten, da traf sie plötzlich ein harter Tritt in den Magen. Jason hörte genau, dass ihr die Luft damit schlagartig entzogen worden war, also genau das was er beabsichtigt hatte. Schwer nach Luft ringend brach sie auf dem gefliesten Boden zusammen. Ihre beiden Handlanger hatten die Szene mit verblüfften Gesichtern beobachtet, und wollten sich soeben in Bewegung setzen, da warf sich Clark ihnen bereits entgegen. Er packte den ihm zunächst Stehenden mit dem Arm um den Hals und trat dem hinter ihm Stehenden mit der Ferse ins Gesicht. Da Clark noch nass von der kurzen Dusche war, war er für seinen Gegner nicht gut greifbar. Immer wieder rutschten dessen Hände von ihrem Griff ab. Ein kurzer Blick nach hinten zeigte Jason, dass der andere Angreifer mit gebrochener Nase am Boden kniete und winselte wie ein Hund. „Es ist Zeit, den Dingen ein Ende zu setzen.“ flüsterte er dem Mann in seinem Würgegriff zu. Der von Snow gut trainierte Körper reagierte wie eine Maschine. Die Linke, die den Hals des Mannes umklammerte, drückte noch ein wenig fester zu, während die Rechte sich im Haarschopf des Mannes festkrallte. Ein kurzer, heftiger Ruck und man hörte ein lautes Knacken. Sofort fiel sämtliche Kraft, jeglicher Ehrgeiz und jede andere Anstrengung dem Griff des Piloten zu entgehen von dem Mann ab und er sank tot zu Boden. Clark drehte sich um und sah gerade noch rechtzeitig, wie Niora ihren silbernen Handschuh überstreifte und ihn 116 - 117 - auf ihn abfeuerte. Ein Hechtsprung hinter einen der beiden OP-Tische rettete ihm das Leben. Der Schuss traf die Leitung der Wasserversorgung, mit der die Gefangenen immer wieder nassgespritzt wurden, bevor man ihnen mit der entsprechenden Stromstärke zu Leibe rückte. Das Wasser schoss in hohem Bogen in den Raum und sofort bildete sich eine immer größer werdende Pfütze. Jason sah sich um und fand was er suchte. Den Stromanschluss für die Tische. Er vergewisserte sich noch ein Mal, dass Niora Dal noch nicht auf den Beinen war und entging erneut einem brennend heißen Energiestoß aus ihrem Handschuh. Das Wasser breitete sich immer schneller aus. Clark bückte sich zu dem Anschluss hinab und drehte die Verschlusskappe für die Stromleitung ab, riss das daumendicke Kabel heraus das dabei einige Funken sprühte. Dann war er das lose im Raum liegende Kabel einfach hinter dem Tisch hervor. Das Kabelende landete im Wasser direkt vor Niora Dal. und ein unheimlicher Funkenregen ergoss sich über die Frau und über den ein paar Meter weiter noch immer am Boden sitzenden Mann. Ohne den Regulator, aus dem Clark das Kabel herausgerissen hatte, entfaltete sich die Energie in vollen Zügen. Die beiden Alamak hatten keine Zeit mehr, sich auf einen der Tische zu retten. Bläuliche Flammen züngelten um ihre Körper herum und fraßen sich immer tiefer in ihr Fleisch. Der Gestank war fürchterlich. Wildes, unkontrolliertes Zucken durchfuhr die Beiden und war ihre Arme mit wedelnden Bewegungen immer wieder in die Höhe. Irgend wann, einige Minuten später, schaltete sich der Strom von ganz alleine wieder ab. Vermutlich hatte endlich eine Sicherung gegriffen. Das Züngeln verebbte 117 - 118 - nur langsam, und als es vorüber war, standen in diesem Raum mit seinen metallisch silbernen Tischen zwei grotesk aussehende, schwarze Statuen mit merkwürdig verrenkten Gliedmaßen. Clark näherte sich vorsichtig der Wasserlache, die sich bis hinüber zum Eingang erstreckte. War der Strom tatsächlich abgestellt? Er beugte sich hinab und berührte ganz zaghaft mit dem Zeigefinger die vor ihm liegende Pfütze. Da er nichts bemerkte, fasste er direkt und mit der ganzen Hand hinein. Tatsächlich, keine Spannung mehr. Langsam bewegte er sich auf die Türe zu. Er musste sich vorsichtig bewegen, denn die heißen Flammen hatten das Körperfett der Toten zu Öl geschmolzen, und das schwamm nun als milchig gelbe Lachen auf dem Wasser herum und machte die Fliesen unter seinen Füßen glitschig. An der Tür angekommen, warf er noch ein Mal einen Blick in den Raum zurück. Er bemerkte ein Gefühl in sich aufsteigen, doch dann betätigte er den Schalter für das Tor und ging hinaus. Fast hätte er den Tot Nioras bedauert. Nein, eigentlich bedauerte er ihn wirklich, denn sie war doch bisher ein sehr nettes Mädchen gewesen. Das Zischen einer Tür und sich nähernde Schritte den Gang hinauf, lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf sich selbst. Er musste sich schnell irgendwo verstecken. Mit patschenden Schritten eilte er den Korridor entlang und wollte schon durch die nächste Tür, die sich nach einer leichten Biegung vor ihm auftat, da entdeckte er eine Klappe am unteren Rand des Ganges zu seiner Linken. Er kniete sich in, drehte den Verschluss und hob den Deckel an. Ein schmaler Schacht, nicht breiter als fünfzig mal fünfzig Zentimeter führte quer von diesem Gang ab. mit den Füßen voraus, schob er sich hinein und 118 - 119 - zog die Klappe wieder zu. Keine Sekunde zu spät, denn in diesem Augenblick hatten die Ankommenden bereits die Toten gefunden und einen Alarm ausgelöst. Clark wollte sich weiter in den Schacht hinein zwängen, hatte aber keine Möglichkeit dazu, denn seine nackte Haut wollte auf dem kalten Blech einfach nicht vorwärts rutschen. Ihm blieb also nichts anderes übrig, als sich hier versteckt zu halten und die Ruhe zu bewahren. Hin und wieder hörte er jemandem an der Klappe vorüber gehen. Manchmal unterhielten sich zwei oder mehr Personen dabei, doch ohne den silbernen Overall konnte er sie leider nicht verstehen. Nach einer Weile, hörte er plötzlich ein ganz anderes Geräusch. Es hörte sich an wie ein leises Piepsen. Nicht wie das eines Vogels, aber auch nicht wie das fiepende Piepsen mancher Hunde. Es wurde zunehmend lauter, und dann hörte er auch noch leise tapsende Schritte dazu. Die Geräusche kamen von seinen Füßen. Vorsichtig hob er den Kopf an und versuchte die Düsternis mit seinen Augen zu durchdringen. Dann sah er es. Es war ein Tier, und sah aus wie eine nackte Ratte mit sechs Beinen und einer frech grinsenden Schnauze, aus der messerscharfe Zähne schauten. Und es war ungefähr drei mal so groß wie eine gewöhnliche Ratte. Ihre kleinen Knopfaugen leuchteten rötlich in der Dunkelheit. Entweder reflektierte eine spezielle Netzhaut das wenige Licht, das hier drinnen herrschte, oder das Tier verfügte über ein angeborenes Infrarotsehen. Langsam kam es näher. Es hatte seine Beute wohl gewittert, denn Jason blutete noch immer aus diversen kleinen Wunden. Und Raubtiere konnten Blut zum Teil auf große Entfernung riechen. Haie zum Beispiel, konnten Blut auf eine Entfernung von fast einhundert 119 - 120 - Meilen riechen. Nun, es ist zwar vermessen, solch eine Annahme für solch ein „kleines“ Tier zu verwenden, Aber Jason steckte hier in dieser Röhre fest und diese Ratte näherte sich ohne unterlass seinem besten Stück. Clark zog die Beine an so weit es ging, legte die Hände über seine Blöße und hoffte, dass es ihn nicht all zu heftig in den Hintern biss. Die langen Barthaare kitzelten Clarks Füße als sich das Tier nahe genug an ihn heran gewagt hatte um daran zu schnuppern. Dabei kam Jason eine Idee. Er neckte das Tier mit dem großen Zeh. Stumpte es an die Nase und kraulte ihm sogar den Bauch, als es sich auf die Hinterbeine aufrichtet. Die Ratte schien das gern zu haben, meinte Clark, bis sie auf ein mal mit ihren vier händeähnlichen Vorderpfoten den Fuß packte und herzhaft hinein biss. Clark wollte aufschreien, konnte sich aber gerade noch so im Zaum halten. Mit schmerzverzerrtem Gesicht zischte sein Atem zwischen seinen Zähnen hindurch, und er konnte sich auch ein leises Stöhnen nicht verkneifen. Er hatte diesen Angriff ja beabsichtigt, aber dass es so schmerzhaft sein würde, dachte er nicht. Das Tier war nicht so schwer wie es aussah als er es anhob, und die Ratte lies nicht davon ab ihn zu beißen. Vorsichtig und den Schmerz weiterhin ertragend, holte Jason mit dem Fuß aus. So gut er konnte, trat er den Fuß mit der Ratte gegen die gegenüberliegende Wand und konnte spüren, wie mehrer Knochen in dem Tier brachen. Als er den Fuß wieder zurück zog, um zu einem zweiten Tritt auszuholen, fiel die Ratte von ihm ab und lag gekrümmt zwischen seinen Beinen. Ein leichter Tritt mit dem anderen Bein, beförderte das leise wimmernde Tier von Clark fort. Doch kaum war es außer Reichweite, rappelte es sich auf und piepte einige ziemlich laute Töne 120 - 121 - durch den Schacht. Es dauerte nur wenige Sekunden, da kam auch schon die Antwort. Jason hörte mehrer Stimmen gleichzeitig und fand auf ein Mal, dass es besser wäre hier heraus zu kommen, bevor die Ratte mit der Verstärkung da war. Ohne dem Tier weiter an Beachtung zu schenken, öffnete er die Luke und zog sich aus dem Schacht zurück. Die schwer verletzte Alamakratte setzte nach, doch Clark konnte ihr noch die Klappe vor der Nase zuschlagen und sie wieder verriegeln. Er erhob sich und sah sich um. Keine Menschenseele war zu sehen. Was für ein Glück, dachte er sich und machte sich wieder auf den Weg. Er musste unbedingt einen dieser Overalls finden. 121 - 122 - Kapitel 5: Das Licht am Ende des Dunkel Zwischenzeitlich vor den Toren Toluns... ...Die Armee der Verteidiger hatte bereits vor Stunden erneut Stellung beziehen müssen. Die Zeit von fünf ganze Tage war ohne jeden Zwischenfall verstrichen, da meldeten die Späher der Königin das plötzliche Herannahen der Dämonenbrut. Die Kommandeure wurden zu ihren Armeen zurückbeordert und stellten diese wieder zum Kampfe auf. „Wie kommen die in dieser kurzen Zeit zu solch einer Verstärkung?“ hörte Travis Morgan einen der Soldaten des Königreiches seinen Nachbarn fragen, und wenn er ehrlich zu sich selbst war, fragte er sich das auch schon die ganze Zeit. Er hatte es nur nicht laut auszusprechen gewagt, da er mit seiner Frage den Leuten keine Blöße zeigen und sie damit demotivieren wollte. Plötzlich fühlte er einige Blicke auf sich ruhen und drehte sich um. Einige der Männer sahen ihn erwartungsvoll an. „Sie kommen vermutlich aus dem Dimensionstor in der Mitte des Nebelwaldes. Es ist uns bisher leider noch nicht gelungen dieses Loch zwischen den Welten zu schließen.“ versuchte er sie zu beruhigen, aber es hatte keine große Wirkung. 122 - 123 - Ein kleiner Lichtblitz huschte auf ein Mal durch sein Gesichtsfeld und ließ ihn erschrocken zurückweichen. „Oh, tut mir leid, Warlord. Ich wollte euch nicht erschrecken.“ ließ sich auf ein Mal die glockenhelle Stimme von Luana, dem guten Geist der Erde vernehmen. „Luana, meine Liebe, das macht doch nichts. Was kann ich für dich tun.“ reagierte Morgan. Das kleine, flackernde Sternchen vor Morgans Nase kicherte ein wenig, dann meinte es: „Ich habe euch einen Vorschlag von unserem Freund dem Drachenritter mitzuteilen.“ „Von Alex? Was gibt es denn?“ „Gwyndragsil und er sind der Meinung, dass wir uns dieses Mal nicht so sehr zurückhalten sollten. Er meinte, dass die Dämonen einen Angriff unsererseits, bevor sie nahe genug heran sind, sehr überraschend finden würden und dadurch möglicherweise leichter zu überwältigen seien als beim letzten Mal.“ Morgen überlegte kurz. Sein Gefühl sagte ihm, dass es ihm auch lieber wäre drauf los zu stürmen. Aber er konnte sich und Alex nicht mit den anderen Männern, den einfachen Soldaten vergleichen. Gut, die hatten auch schon das eine oder andere Scharmützel überstanden, aber doch eher unfreiwillig. Er und Snow dienten der Königin freiwillig, weil sie für den Kampf geboren waren. Und Mungo scheute auch keine Auseinandersetzung. „Was soll ich ihm denn nun sagen?“ wollte die kleine Lichtkugel auf ein Mal wissen und riss Morgan damit aus seinen Gedanken. „Er hat nicht ganz unrecht. Aber das Risiko, die Stadt untergehen zu sehen, wenn wir bei einem Frontalangriff getötet werden würden, kann ich so nicht eingehen. Es sind einfach zu wenige gute Kämpfer da, die einen 123 - 124 - Angriffstrupp bilden und gleichzeitig auch noch dafür können, dass beim Scheitern der Angreifer die Stadt noch ausreichend geschützt ist. Und für die Soldaten der Stadtwache wäre das glatter Selbstmord, trotz täglichem Training.“ erklärte er ihr. „Ist das eure ganze Meinung, Warlord?“ Die Frage hatte einen enttäuscht wirkenden Unterton, war aber gleichzeitig auch etwas fordernd. Morgan gefiel das nicht. Er hatte Luana noch nie zuvor so erlebt. „Zunächst ja, aber sei bitte so gut, und sag dem Drachenritter, dass er sich mit mir und Mungo el Sarif am Kommandozelt treffe möge. Wir sollten die Angelegenheit wenigstens besprechen.“ „So gefallt ihr mir. Bin schon weg.“ piepste sie und wollte schon davon schwirren, da drehte sie nochmals um und hauchte dem weißhaarigen Krieger einen zarten Kuss auf die Wange. Auf seinem Weg zum Kommandozelt, den er nicht direkt eingeschlagen hatte, suchten seine Augen die Reihen der Soldaten prüfend ab. Fiel sein Blick auf einen Streiter der besonders stark und auch noch kampfeslustig wirkte, hielt er auf ihn zu und gab ihm Befehl ihm zu folgen. Bald schon hatte er eine stattliche Zahl „Freiwilliger“ beisammen. Nicht nur Menschen, auch Zwerge, Löwen und Trolle folgten ihm. Als er beim Zelt eintraf, befanden sich rund sechzig Mann in seinem Schlepptau. Alex und Mungo sahen sich verwundert an und fragten ihn, was das solle, denn sie waren der Meinung diese Unterredung würde unter sechs Augen stattfinden. „Unter Zehn, wenn es beliebt!“ ließ sich Königin Taras Stimme vernehmen. Sie hatte unerwartet zusammen mit Ilya das Zelt betreten. 124 - 125 - „Nun, ich habe es mir anders überlegt. Alex, hat dir Luana ausgerichtet, was ich ihr über die Sicherheit der Stadt sagte?“ „Äh, nein. Sie sagte nur, dass du uns hier sprechen wolltest.“ antwortete Snow wahrheitsgemäß. Travis wunderte sich nicht darüber. Im Gegenteil, er hatte das schon vermutet. Er wand sich an die Männer hinter sich: „Männer, wir stehen kurz vor dem nächsten Angriff der Dämonenarmee. Sie ist bereits im Anrücken. Ich habe euch mit hier her genommen, weil mir von unserem Freund dem Drachenritter ein Vorschlag unterbreitet wurde, dem ich zunächst skeptisch entgegen sah. Doch ich habe mir überlegt, dass wir nicht nur die Profis unter uns für diese Unternehmung heranziehen sollten, sondern auch Leute wie euch. Männer denen der Krieg nichts ausmacht. Oder weniger eben weniger als den anderen. Mein Plan sieht wie folgt aus: Zwanzig von euch werden in den Stand eines Unteroffiziers erhoben, sofern sie das nicht schon sind. Zwei weitere in den Stand eines Feldwebels, einer in den Rang eines Leutnants. Die Personen, die einen dieser Ränge schon inne haben treten jetzt bitte vor.“ Nur zwei kamen nach vorne. Einer hatte den Rang eines Feldwebels und der andere war bereits Unteroffizier. Alle anderen, waren normale Soldaten. Travis Morgan machte den Feldwebel zum Leutnant und den Unteroffizier zum Feldwebel. Dann griff er sich aus jeder Rasse die noch benötigten Männer heraus und beförderte diese in ihre Ränge. „Ihr alle, werdet, wenn es zur Schlacht kommt, hinter der gesamten Truppe bleiben. Ihr werdet die letzte Instanz sein, zwischen den Dämonen und der Königin. Sollte es 125 - 126 - dem Gegner gelingen zu obsiegen, möchte ich Tara und ihre Begleitung in Sicherheit wissen.“ erklärte er ihnen. „Ist dafür nicht die Palastwache zuständig?“ fragte einer der neuen Unteroffiziere. „Das ist sie. Und ihr werdet die Verstärkung sein.“ Dann wand er sich an den Rest der Männer. „Ihr werdet mit uns zusammen einen Angrifftrupp bilden. Wir werden die erste Frontlinie sein, noch bevor die Feinde nahe genug heran sind. Auf unserem Weg dorthin, schnappt ihr euch jeden, von dem ihr wisst, er hat keine Angst und wird mutig kämpfen.“ Er wand sich abermals um, und sah zu den Freunden, die hinter ihm am Tisch standen. „Kannst du uns aus der Luft unterstützen?“ Seine Worte waren an Alex gerichtet. „Nun, da dies eigentlich meine Idee war; Nein. Aber Gwyn wird dies gerne für uns tun, denn ich werde da vorne mit dabei sein.“ Kaum hatte er dies gesagt, fühlte er Ilyas Blicke auf sich. Er drehte sich zu ihr um und nahm ihre Hände in die seinen. „Es widerstrebt mir, dort oben auf Gwyndragsil meine Runden zu drehen und abzuwarten bis sich endlich mal einer der Feinde dazu entschließt einen Angriff auf uns zu starten, während unter unseren Blicken diese tapferen Männer in der Schlacht ihr Leben lassen müssen. Ich fühle mich dort oben einfach nicht ausgelastet.“ Ilyas Blick war alles andere als erfreulich. „Es ist deine Entscheidung, Alex. Ich sehe es genauso ungern, dass du dort vorne kämpfen willst wie Tara Travis. Aber Tara und ich akzeptieren das und werden euch begleiten.“ „Was?!“ rief der Warlord und drehte sich erschrocken um, doch die Königin war bereits vorgetreten und gebot ihm 126 - 127 - mit erhobener Hand zu schweigen. Morgan grollte vor Wut, fügte sich aber. Schließlich war sie die Königin. „Es ist an der Zeit, dass diese Wesen erkennen, dass sich die Königin von Skataris nicht alles gefallen lässt.“ Sie trat zu Morgan und legte ihm die Hand kurz auf die Wange und dann auf die Schulter. „Es war sehr nett von euch, mir diese Männer als zusätzlichen Schutz zur Seite zu stellen und ich nehme das Angebot immer noch gerne an. Aber ich werde mit ihnen nicht in der Stadt sitzen und auf das Ende warten.“ Travis brummte ein wenig vor sich hin, doch schließlich folgte er seiner Königin an die Frontlinie. Der aufgestiegene Staub wurde langsam lichter. Mit patschenden, squatschenden und kratzenden Schritten, bahnte sich die Armee der Dämonen ihren Weg durch den heißen Wüstensand nach Tolun. An ihrer Spitze rannten ein breitköpfiger, plump wirkender Dämon mit böse gebleckten Reißzähnen, dessen kurzbeinige Gestalt die Geschwindigkeit mit der er rannte, Lügen strafte, und ein zylinderkopfförmiger Dämon, dessen Schädel so gespalten war, dass er auf jeder Seite ein Auge, aber auch eine Nase hatte. Sein eckig wirkendes Maul war mit mehreren Reihen scharfer, kleiner Reißzähne bestückt. Der Körper war schlank und drahtig gebaut, mit vier Armen und sechs Beinen. Er hätte seinen Kameraden leicht überholen können, aber die beiden kannten sich schon eine ganze Zeit lang und so tapste er gemütlichen Schrittes neben ihm her. Seine orangerote Haut spiegelte das Licht des großen Himmelskristalls von Millionen winziger Schuppen wieder, während die fast schwarze Haut seines Kumpels wie eine wabernde Öllache in der Sonne glänzte. 127 - 128 - „Wasch meinscht du, kriegen wir schie dischesch Mal?“ wollte der kleine Dicke gerade wissen und richtete den Blick auf den anderen. Da blieb sein schlanker Freund auf einmal stehen und hielt den Blick seiner blutunterlaufenen Augen starr gerade aus. Der Dicke stoppte ebenfalls und mit ihm die ganze Armee hinter ihnen. Er sah seinen Freund an und fragte sich was wohl mit ihm los sei, da er sich nicht mehr rührte. Ohne sich umzusehen hob der Spaltschädel seine Klaue und deutete in die Richtung wo die Stadt der Menschen lag. Der andere richtete seinen Blick auch nach Tolun. „Wasch zschum...?“ Eine gewaltige Staubwolke bewegte sich auf die Armee der Angreifer zu. Aus ihr heraus, lösten sich Dutzende von Reitern die mit gezückten Waffen auf die Armee der Dämonen zu galoppierten. Plötzlich verdunkelte sich der Himmel und man konnte das laute Flappen von ledernen Flügeln vernehmen. Die beiden Dämonen warfen einen Blick nach oben und sahen die riesige Gestalt eines blauen Drachen über sich schweben. Sein Maul öffnete sich und entließ ein Feuer so heiß wie das glühende Gestein aus einem Vulkan. Ein letzter Atemzug, den die beiden Dämonen noch tun konnten, verbrannte ihre Lungen zu Asche und fraß sich von innen nach außen durch ihre Körper hindurch, bis nichts mehr von ihnen vorhanden war außer ein paar kleinen, feinen, grauen Rußflocken. Das Feuer des Drachen verlosch und gab den Dämonen wieder den Blick auf die herannahenden Verteidiger frei. Doch es war bereits zu spät. Die Reiterei krachte mit einer derartigen Wucht in die Reihen der Angreifer, dass diese schlagartig nach hinten geschleudert wurden. Dabei rumpelten sie gegen ihre Mitstreiter und diese 128 - 129 - gegen die Nächsten und so weiter, und so weiter. Die Welle setzte sich fast bis zum hinteren Ende der Armee fort und bot den Verteidigern eine nie da gewesene Chance. Wer von seinem Pferd gefallen war kämpfte zu Fuß weiter, während die Reiterei immer tiefer in die Linien der Dämonen vordrang. Es dauerte nicht lange, da hatten es auch die restlichen Verteidiger des Königreiches heran geschafft. Sofort warfen sie sich auf den Feind und machten nieder was sich ihnen in den Weg stellte. Die stachelbewehrte Kugel Mungo el Sarifs zog sich surrend durch die Luft und die eisernen Spitzen ließen eine blutige Spur in dem Gesicht des Dämonen zurück, durch das sie soeben gefahren waren. Der Teil eines grünen Ohrs und einer etwas wabbelig wirkenden Nase hingen noch daran, als der Marokkaner zu seinem zweiten Schlag ausholte. Doch der war angetäuscht, und statt der Stahlkugel auf seinem Armstumpf, bohrte sich die Klinge seines Schwertes in den Hals des Dämonen und schickte ihn zu seinen Ahnen; sofern er so etwas hatte. Mit einem irren Lachen sprang er über die Leiche hinweg und drosch sofort auf den ihm am nächsten stehenden Dämon ein. Travis Morgan hatte seinen Freund nur kurz beobachten können aber er wusste, dass Mungos Energie in diesem Kampf nicht von Ungefähr kam. Eine Erinnerung an frühre Zeiten, einer Zeit, da Morgan erst selbst sehr kurz in Skataris war. Mungo und Königin Tara waren sich zu der Zeit bereits begegnet und auch Travis war dem Schwarzen schon ein Mal über den Weg gelaufen, er hatte damals noch beide Hände, da erreichte den Palast von Tolun die Nachricht, dass der Freund arge Schwierigkeiten hätte und das ihm anvertraute Lehen 129 - 130 - nicht mehr richtig verwalten könne. Tara und Morgan machten sich natürlich Sorgen und brachen sofort auf, ihrem Freund beizustehen. Als sie in seinem kleinen Schloss an kamen, fanden sie schon auf den ersten Stufen einige übel zugerichtete Leichen vor, und ihre Sorge wuchs noch mehr. Ein Diener der sich versteckt gehalten hatte, führte sie schließlich zu seinem Herrn. Mungo saß auf einem goldenen Thron und hatte die Hände locker auf den Armlehnen abgelegt. In seiner Rechten hielt er eine kleine, goldene Streitaxt mit einem spitz auslaufenden, sichelförmigen Blatt. Der Kopf schien ihm schwer auf die Brust gesunken. Er schien zu schlafen. Auf Morgans Anrufen, hob sich der Kopf und zeigte Travis und Tara ein irres Grinsen und weit aufgerissene Augen. Der Marokkaner begrüßte die Freunde, erhob sich, trat näher und ging sofort auf Morgan und Tara los. Der Warlord konnte Tara gerade noch rechtzeitig beiseite stoßen, ehe die Axt ihr den Schädel spaltete. Morgan warf sich mit aller Wucht gegen den ehemaligen Freund und musste feststellen, dass der Andere über weit mehr Kraft verfügte wie es für einen Menschen normal war. Dennoch schaffte er es sein Schwert zu ziehen und den Hieben des Negers auszuweichen. Mungos Schläge kamen wild und unkontrolliert. Das war Morgans Chance. Er täuschte einen Angriff vor und duckte sich dann unter dem Schlag seines Gegners hinweg. Die Axt blieb mit dumpfem Schlag in einem dicken Eichenbalken stecken. Dann fing Mungo el Sarif auf ein Mal an zu schreien. Man solle ihn doch von der dämonischen Axt befreien. Er könne sie nicht von selbst los lassen. Es dauerte mehrere Stunden, bis Travis alle Möglichkeiten seinen Freund aus dieser Lage zu befreien versucht hatte, und gescheitert war. Erst als der Marokkaner ihn flehentlich 130 - 131 - darum bat, ihm die Hand abzuschlagen und Morgan diesem Wunsch nur sehr, sehr widerwillig nach kam, kehrte wieder Ruhe in den Körper und den Geist des Mannes ein. Tok, der Schmied der auch Alex bei seiner Arbeit geholfen hatte, fertigte später die Waffe an, mit der Mungo heute hier kämpfte. Und manch Mal, wenn die „Sterne“ günstig oder auch ungünstig standen, kam die hässliche Fratze wieder zum Vorschein, mit der der Neger nun wieder kämpfte. Tara und Ilya hatten sich wiedereinmal zusammen getan und kämpften Seite an Seite gegen ein octopussähnliches Wesen, das sie mit seinen acht Fangarmen traktierte. Es war zwar kein sonderlich großes Monster, nur etwa so groß wie eine Kuh, aber es bewegte sich sehr schnell, und so hatten die beiden Mühe ihres Gegners Herr zu werden. Immer wieder stießen die beweglichen Arme nach vorne und versuchten die Frauen zu verletzen. Ein Mal hätte einer der Arme Ilya beinahe ins Gesicht getroffen, doch sie war rechtzeitig zurück gesprungen und so hatte der Dämon sein Ziel verfehlt. Der Arm gab einen Laut von sich, der sehr viel Ähnlichkeit mit dem Knallen einer Peitsche hatte. Doch damit würde er bei Ilya kein zweites Mal landen können, denn ihre Klinge war in einer kreisförmigen Bewegung nach oben gefahren und hatte dem Dämon den Arm abgetrennt. Das dunkelblaue Blut roch fürchterlich nach Verwesung. Der Verlust seines Armes hatte dem Monster einen ungeahnten Schrecken versetzt, so dass sich Ilya und Tara nun richtig auf ihn stürzen konnten. Ihre Schwerter hackten auf das Wesen ein und schnitten tiefe Wunden in sein stinkendes Fleisch. Bald schon sahen die beiden Frauen nicht 131 - 132 - weniger blutverschmiert aus wie ihr Gegner, doch sie hatten ihn das Fürchten gelehrt und ihn getötet. Zeit sich das übel riechende Blut vom Leib zu waschen, hatten sie keine, denn die nächsten Gegner waren bereits heran gekommen und schrieen ihre in unverständlichen Worte gehüllte Wut aus ihren Kehlen. Die Königin warf einen Blick zurück über ihre Schulter wo sie die von Morgan ausgesuchten Männer erwartete. Nur Acht waren noch übrig geblieben. Zumindest sah sie nicht mehr von ihnen, denn der dichte Staub in der Luft nahm ihr die weitere Sicht. Mit einem Nicken befahl sie die Männer zu sich und gemeinsam stürzte man sich auf den nahenden Feind. Einige Schritte von den Frauen entfernt, hatte sich der Drachenritter einem Monster zwei Mal so groß wie er selbst gestellt. Das glänzende Gold seines Kettenhemdes und die fließenden Bewegungen mit denen er seine Streitaxt führte, verwirrte den Blick des Betrachters, denn das reflektierende Licht zauberte ein eindrucksvolles Bild von Licht und Schatten auf seine Person. Und das Orange des Himmelskristalls zauberte einen wundervollen Schimmer auf ihn, fast so, als bestünde er aus aufrecht gehendem, flüssigem Gold. Sein Gegner indes, versank in Dunkelheit seiner schwarzen Haut fast. Sie schien trotz der Hitze matt und trocken zu sein, denn kein Staubkorn konnte sich auf ihrer Oberfläche halten. Alex und sein Gegner boten daher schon allein durch den krassen Gegensatz ihres Auftretens ein Schauspiel, dessen sich die anderen Kämpfer, die Kämpfer beider Seiten, nicht immer entziehen konnten. Und oftmals bedeutete das Hingucken den Tod für den einen oder anderen von ihnen. 132 - 133 - Es dauerte nicht einmal eine halbe Stunde, da hatte die Armee der Dämonen schon zwei Drittel ihrer Streitkräfte verloren. „Los Männer, treiben wir sie zurück in den Wald!“ rief Morgan über die Wogen der Schlacht hinweg, während er einem kleinen, hundeähnlichen Wesen, dass ihm mit gefletschten Reißzähnen gegenüber stand, den Schädel spaltete. Er hatte keine Zeit auf Bestätigungen seines Befehls zu warten. Diejenigen, die ihn gehört hatten, würden sich mit ihm in Bewegung setzen, und die anderen würden automatisch folgen. Und so dauerte es nicht mehr lange, und eine massive Welle von Kämpfern bewegte sich immer weiter von der Stadt weg, und immer näher an den Nebelwald heran. Zwei Stunden später hatten sie die ersten Ausläufer des Waldes erreicht, und die letzten Überlebende der Dämonenarmee, es waren nicht einmal mehr zwanzig, gaben freiwillig auf und verzogen sich blitzartig in den Nebelwald. Die Soldaten und ihre Helfer jubelten ob dieses großen Sieges. Erschöpft sanken viele von Ihnen zu Boden und mussten erst einmal wieder zu Atem kommen. Gwyndragsil landete in der Nähe und trat zu seinen Freunden. „Ein großartiger Sieg für das Königreich.“ meinte er erfreut. „Ja, das ist es. Dafür haben wir auch hart gekämpft.“ meinte die Königin, die nun ebenfalls hinzu getreten war. „Ja, aber wir dürfen uns auf unseren Lorbeeren noch nicht ausruhen, Majestät.“ fügte Gwyn dann noch hinzu. „Weshalb nicht?“ wollte Tara wissen, und war doch etwas verdutzt darüber, dass der Drachen ihnen den Sieg nun plötzlich doch nicht so zu gönnen schien wie er dies eben noch getan hatte. „Wir müssen sie weiterverfolgen. Sie zurück ins Zentrum des Waldes treiben und das Dimensionstor wieder 133 - 134 - schließen, sonst werden sie immer wieder nach Skataris zurückkommen.“ erklärte er ihr. Und Tara sah ein, dass er Recht hatte. Ein furchtbar unmenschliches Brüllen drang plötzlich aus den Tiefen des Waldes hervor. „Was zum Henker war das?“ fragte Morgan. Gwyndragsil war einen Blick in den Wald, bewegte sich nicht und meintet dann: „Ein Anführer. Er scheint über den Ausgang der Schlacht nicht sonderlich erbaut zu sein.“ Dann ertönte das Brüllen ein weiteres Mal und wussten, dass Ihre Aufgabe noch nicht beendet war. Der Schlag traf den Wachposten völlig unerwartet. Clark hatte in einem der Räume einen Annäherungsdetektor gefunden und konnte sich so gezielt dem Zugriff der Soldaten entziehen. Schon zwei Mal war er nun auf einen Posten gestoßen, doch jedes Mal waren die Männer viel zu klein gewesen und er musste ihnen ihre Overalls selbst überlassen. Doch nun hatte er einen gefunden. Vorsichtig zog er den Posten in einen nahegelegenen Raum und begann damit, ihn zu entkleiden. Als er ihm jedoch die Maske vom Gesicht streifte, musste er feststellen, dass er es nicht mit einem Mann, sondern mit einer Frau zu tun hatte. Erstaunt darüber, auf diesem Schiff ein weibliches Wesen von solcher Größe vorzufinden, und dazu noch eines mit einem solch hübschen Gesicht, überkam ihm fast ein Gefühl der Reue wegen seines Schlages. Sanft legte er ihr zwei Finger auf den Hals und tastete nach ihrem Puls. Ihr Kopf kippte dabei haltlos zur Seite, und da wusste Jason, dass sie tot war. Sein Schlag hatte ihr das Genick gebrochen. Mit einem Bedauern auf seiner Seele zog er ihr dennoch den Overall aus und schlüpfte dann selbst hinein. Er zog 134 - 135 - den Verschluss zu und schob sich die Maske auf den Kopf. Dann warf er nochmals einen Blick auf die Tote, die nun nackt zu seinen Füßen lag. Sie hatte eine ausgesprochen gute und durchtrainierte Figur. Eine Alamak mit der er im offenen Kampf bestimmt Probleme bekommen hätte. „Zu schade.“ dachte er laut und sah sich in dem Raum um. In einem Schrank fand er eine Art Decke, nahm sie heraus, kniete sich zu der Frau und breitete sie über ihr aus. „Tut mir leid. Wirklich.“ Er gab seinem rechten Zeige- und Mittelfinger einen Kuss und berührte damit ihre Wange, bevor er mit der Decke auch ihr Gesicht verhüllte. Nun musste er aber wieder an seine Aufgabe denken, denn seine Kameraden da draußen im All hatten nicht mehr lange zu leben, wenn er sich nicht ein wenig beeilte. Die Stadtschiffe der Alamak waren im Großen und Ganzen ziemlich gleich in ihrer Bauart. Nur die Aufbauten schienen zuweilen ein wenig voneinander abzuweichen. Zwanzig Minuten später, stand Clark in einem Raum, der eigentlich die Steuerzentrale für die Kraftfelder dieser fliegenden Stadt sein müsste, doch entweder hatte er sich verlaufen, oder sie befand sich hier eben nicht dort wo sie sein sollte. Ein mächtiger Donnerschlag erfüllte die Luft und plötzlich wurde Jason auf die Seite geschleudert. Weitere Detonationen erfolgten und die Stadt der Alamak wurde heftig erschüttert. „Das muss das Artilleriefeuer unserer Schiffe sein.“ dachte er und rappelte sich wieder auf. Doch dann fiel ihm ein, dass selbst die größten Raketen welche die Perseús an Bord gehabt hatte, nur minimale Schäden an der Stadt hinterlassen hatten. Das beunruhigte ihn etwas, und er machte sich schnell wieder auf den Weg. 135 - 136 - Kurze Zeit später hatte einen kleinen Hangar erreicht, in dem er vier Shuttles in der Größe vorfand wie das mit dem er her gekommen war. Die sieben anwesenden Alamak sah allerdings erst, als er um das erste Shuttle herum gegangen war. Ohne dass es die anderen bemerkten, aktivierte er seine Handschuhe und schoss ohne jede Vorwarnung in die Menge. Doch nicht alle schienen mit belanglosen Gesprächen beschäftig gewesen zu sein, denn sofort eröffnete einer der Alamak, vermutlich ein Wachposten, das Feuer und schoss zurück. Jason ging hinter einem der Shuttles in Deckung und feuerte erneut. Dabei bemerkte er, wie sich zwei Männer von der Gruppe entfernten um ihn einzukreisen oder von hinten zu erledigen. Clark ließ sich zu Boden fallen und feuerte unter dem schmalen Spalt zwischen Boden und Fluggerät hindurch auf die Füße der sich nähernden. Ein schmerzhaftes Jaulen sagte ihm, dass er getroffen hatte. Leise erhob er sich und zog sich vorsichtig auf den kleinen Stummelflügel des Shuttles hinauf. Er bot leider nur sehr ungenügenden Platz zum Stehen, doch verhinderte er somit, dass ihm genau das passierte, was er soeben mit dem anderen angestellt hatte. Und tatsächlich, denn kaum hatte er seine erhöhte Position erreicht, züngelten die bläulich weißen Energieblitze aus den Handschuhen der Alamak über den Boden zu seinen Füßen. Plötzlich kam der erste um die Ecke und feuerte auf Jason, der nur knapp einem Treffer entgehen konnte, weil er sich gerade über den Rumpf gebückt hatte um zu schauen, wo die anderen geblieben waren. Er lies sich von dem Flügel herab fallen und feuerte mit beiden Handschuhen. Der Strahl seiner rechten Hand traf den 136 - 137 - Mann der auf ihn geschossen hatte in die Brust und warf ihn etliche Meter zurück, doch der Strahl seiner Linken verfehlte den Angreifer und fuhr mit einem dumpfen Zischen durch die Kunststoffverkleidung an der Wand hinter ihm. Aus dem Handschuh des verfehlten löste sich ein Energiebündel und flog auf Clark zu. Jason war zu diesem Zeitpunkt bereits bis zur Wand des Hangars gekrochen und konnte nicht mehr entkommen. Er sah den Strahl sich schon durch seinen Anzug bohren und die blauen Energiezungen gierig an seinem brennenden Fleisch lecken, da wurde die Station abermals heftig erschüttert und Jason wurde zur Seite gestoßen. Dort wo sich eben noch seine Brust befunden hatte, bohrte sich der Energieblitz mit lautem Krachen tief in die Wand. Jason, bereits an diese Erschütterungen gewöhnt, konnte sich weit schneller aufrappeln wie die anderen. Flinken Fußes umrundete er das Shuttle hinter dem er Deckung gesucht hatte und feuerte auf die verbliebenen Männer. Dabei bemerkte er, wie zwei von ihnen durch eine andere Türe fliehen konnte. Sperrfeuer verhinderte allerdings eine Verfolgung, und so warf er sich erneut auf den Boden, um den tödlichen Strahlen nicht in die Quere zu kommen. Blitzschnell drehte er sich auf den Rücken und schoss erneut. Er traf einen der Schützen am Kopf. Der andere jedoch hatte mehr Glück. er konnte dem Strahl nicht nur ausweichen, sondern schoss seinerseits zurück, und traf. Clarks linke Schulter brannte auf ein Mal wie Feuer, und irgend wie schien ihn die Kraft des Energiestrahls auf den Boden zu zwingen. Er musste all seine Selbstbeherrschung zusammennehmen, um nicht das Bewusstsein zu verlieren. Dann hörte er auf ein Mal die Schritte seines Gegners auf sich zu kommen. Der Schmerz in seiner Schulter hämmerte wie verrückt, und 137 - 138 - Clark konnte sich zudem kaum bewegen. Dann stand der Mann über ihm. Den ausgestreckten Zeigefinger auf sein am Boden liegendes Opfer gerichtet, schob er langsam die Maske auf den Schädel hinauf und entblößte ein feistes Grinsen. Er sagte etwas auf Alamak, und Jason wusste auch ohne Übersetzung, dass diese Worte sein Ende besiegeln würden. Erneut wurde die Station erschüttert, doch war dieses Ruckeln lange nicht so stark wie die anderen zuvor. Ein bläuliches Züngeln, das sich um den Handschuh seines Gegners entwickelt hatte, entlud sich mit einem wimmernden Seufzer und verebbte nach etwa zehn Zentimeter nachdem es den Finger des Mannes verlassen hatte. Dieser betrachtete den Handschuh mit einem merkwürdigen Blick und versuchte es erneut. Das Ergebnis war ähnlich bedauernswert. Doch Jason nutzte die Situation aus und trieb dem Mann seine Faust in den Unterleib. Die Luft entwich zischend seinem Mund und er brach leise heulend zusammen. Clark erhob sich auf ein Knie und legte nun seinerseits zum Schusse an, musste aber entsetzt feststellen, dass sein Handschuh ebenfalls nicht feuern konnte. Da niemand sonst mehr zu kommen schien, um ihn von seinem weiteren Tun abzuhalten. Seinen ursprünglichen Plan, das Schiff mittels Sabotage der Kraftfelder in die Luft zu jagen, schien ohnehin überflüssig geworden zu sein, denn der Beschuss von außen war in den letzten Minuten um einiges stärker geworden. Er erhob sich vollständig und begab sich zu dem Shuttle, das dem Hangartor am nächsten stand. Er öffnete es und stieg ein. Mit einem Knopfdruck verschloss er den Eingang und öffnete gleichzeitig das Kraftfeld am Tor. Das Vakuum des Alls sog alles was nicht niet- und nagelfest 138 - 139 - war hinaus in die leere des Raums. Und Clark wünschte, er hätte es nicht getan. „Gehen sie ein Terminal suchen!“ schrie Branda den Soldaten an, der nach dem letzten Wackeln der Raumstation wie erstarrt stehen geblieben war. Er hieß Josh Duggen und war sonst eigentlich ein guter Soldat, aber irgend wie schien er hier den Überblick verloren zu haben und das machte ihm Angst „Ich brauche eine Sichtverbindung nach draußen!“ fuhr sie fort. „Aye, Ma´am!“ antwortete der Mann plötzlich. Er hatte sich wieder gefangen. „Perseús? Hier Deveraux, können sie mich hören?“ versuchte es Branda noch ein Mal. Doch es kam wieder keine Antwort. Schon vor einigen Minuten, Branda hatte gerade an das Schiff durchgegeben, dass die Station gesichert sei, war die Verbindung abgebrochen. Hin und wieder drang ein abgehacktes Krächzen durch Brandas Ohrstöpsel und zerrte empfindlich an ihren Nerven. Das dauerte ihr alles zu lange. Sie drehte sich um und sah sich den Rest ihrer Männer an. Jackson, der Soldat mit dem Scharfschützengewehr, musste bei ihr bleiben. Seine Fähigkeiten waren zu wertvoll. St. Tilly sah immer noch aus als sei er eben durch einen Sumpf aus Dreck und Blut gerobbt, aber ansonsten schien er guter Dinge. Maywather und Holden hatten sich beim letzten Gefecht verabschiedet und Duggen kriegte vor Angst die Füße nicht in die Höhe. Plötzlich zuckte seine Stimme in Brandas Ohr: „Hab ein funktionsfähiges Terminal gefunden, Ma´am.“ „Sehr gut, Duggen. Wo stecken Sie?“ 139 - 140 - „Gehen Sie den Gang bis zur nächsten Kreuzung, dann links bis zur nächsten, dann rechts und dort die dritte Tür.“ erklärte er ihr. „Wir sind unterwegs. Los Männer, Abmarsch.“ befahl sie, und so setzte sich der kleine Trupp in Bewegung. Es dauerte nicht lange bis sie die erwähnte Türe gefunden hatten. Sie waren noch nicht ganz dort, da hörten sie Schüsse aus dem Raum. Sofort gingen sie in Deckung. Deveraux befahl ihren Begleitern auf die andere Seite der Türe zu gehen, damit sie eine größtmögliche Flächendeckung hatten. Dann rief sie Duggen über Funk, doch der meldete sich nicht. „Duggen! Was ist los?“ rief sie dann laut in Richtung Tür. Doch es kam wieder keine Antwort. „Wir gehen rein. Auf mein Kommando. Zwo, drei, los!“ Jackson trat die Tür ein und ging sofort wieder in Deckung. Ein Feuerstrahl schoss über seinem Kopf hinweg und da wussten die anderen, was passiert war. Tilly und Deveraux kamen ins Sichtfeld und feuerten auf Bodenhöhe in den Raum. Sie wollten schließlich nicht riskieren, das die Konsole unnötig beschädigt wurde. Irgend etwas schien da drin umzufallen, und so wagte Jackson einen schnellen Blick. „Ein Silberfisch auf sieben Uhr, Ma´am.“ flüsterte er seinem Führungsoffizier zu. „Und Duggen?“ Jackson zog sich den Zeigefinger über die Kehle, das übliche Zeichen für einen Getöteten. Branda erhob sich und trat leise näher an den Türrahmen, und ohne ein weiteres Wort zu sagen, ließ sie sich einfach der Länge nach in die offene Tür fallen, drehte sich in die von Jackson angegebene Richtung und feuerte was ihre Waffe her gab. Drei von fünf Schüssen 140 - 141 - trafen den Alamak noch bevor Branda am Boden lag. Zwei in der Brust, und einer direkt in der leicht angedeuteten Augenwulst seiner ansonsten gesichtslosen Maske. Der Mann hatte zwar noch die Zeit gehabt, einen Feuerstoß aus seinem Handschuh abzugeben, doch dieser verfehlte sein Ziel um einige Meter. Deverauxs rechte Schulter schmerzte ganz schön, als sie sich wieder auf die Beine hoch rappelte. Aber sie versuchte es nicht weiter zu beachten und rieb statt dessen ein wenig mit der Linken darüber. Tilly und Jackson waren ihr sofort gefolgt, gingen aber leer aus. St. Tilly ging zu Duggen hinüber und überprüfte seinen Puls. Er blickte zu Deveraux und schüttelte langsam den Kopf. Sie hatte nichts anderes mehr erwartet, und so machte sie sich endlich an der Konsole zu schaffen die sie gefunden hatten. „Wir können sie im Moment nicht rüber holen, Deveraux, die Alamak erschweren uns derzeit den Zugang, da sie schwer unter Beschuss stehen.“ erklärte ihr Don Marshall. „Ist unsere Verstärkung also endlich eingetroffen?“ „Bedauerlicherweise noch nicht. Sie werden derzeit von einem fremden Schiff beschossen.“ „Von einem fremden Schiff?“ „Ja. Wir vermuten, dass es ein xothaischer Schlachtkreuzer ist, denn es ähnelt sehr den von Commander Clark beschriebenen Schiffen auf diesem Wandteppich den er bei der Besprechung mit dem Captain erwähnt hatte.“ Branda, St. Tilly und Jackson machten sich langsam wieder auf den Weg zu ihrem Rendezvouspunkt. Sie 141 - 142 - waren nun auf sich allein gestellt, aber das machte ihnen nichts aus, denn das waren sie ja eigentlich immer. Und tatsächlich, hatte sich doch vor gut einer halben Stunde ein weiteres Hyperraumfenster geöffnet und hatte dieses fremd anmutende Schiff aus seinem goldfarbenen Schlund entlassen. Die kristalline Form dieses Schiffes übertraf alles, was das menschliche Auge wohl je zuvor gesehen hatte. Wie ein gigantischer Edelstein schwebte es scheinbar antriebslos durch das All. Seine Fassetten spiegelten jeden einzelnen Stern, jeden Planeten wieder, und die grüne Farbe Drakons verlieh ihm den sanften Schimmer eines Smaragdes. Doch ein Smaragd konnte nicht auf denjenigen feuern, der ihn aus den Tiefen des Erdreiches buddelte. Dieser Smaragd jedoch schon. Seine Waffen schienen tiefe Löcher in den Schilden und Aufbauten der Alamakschiffe zu hinterlassen, so dass sich diese schon bald zurückziehen mussten um nicht völlig zerstört zu werden. Da sie sich bis jetzt nur mit den Alamak zu beschäftigen schienen, beorderte Captain Shigerah zunächst einmal alle Jäger auf ihre Schiffe zurück. Sie sollten erst Mal auftanken und neue Munition an Bord nehmen. Die Menschheit fühlte sich beschützt in diesen Momenten. Doch würde dies anhalten? Würden die Xotha sich nur um die Alamak kümmern, oder würden sie sich danach auch noch um die Schiffe der Menschen kümmern? Die Antwort auf diese Frage sollten sie schon bald bekommen, denn in diesem Augenblick öffnete sich ein weiteres Hyperraumtor und entließ ein weiteres Schiff der Xotha. 142 - 143 - Jason sah den Neuankömmling nur einen kurzen Bruchteil lang, dann hatte sich sein immer noch steuerlos durch den Weltraum driftendes Shuttle so weit gedreht, dass das Schiff aus seinem Blickfeld verschwunden war. Er musste nun dringend etwas unternehmen. Aber was? Er hatte keine Ahnung von der Technik der Alamakschiffe. Nur gerade mal so viel, dass er das kleine Schiff steuern konnte. Plötzlich leuchtete auf der Konsole vor ihm ein kleines, gelbes Lämpchen auf und begann heftig zu blinken. Clark schob sich die gesichtslose Maske über und sah sich an, was das zu bedeuten hatte. „Kollisionsalarm!“ stand da mit großen Alamakschriftzeichen geschrieben. „Kollisionsalarm? Wieso?“ dachte er laut. Doch da hörte er es auch schon. Eine heftige Explosion dröhnte durch die Leere des Alls und eine gewaltige Schockwelle brandete über die Raumschiffe hinweg, die wie ein Spielball von den Wellen durchgeschleudert wurden. Das Stadtschiff auf dem Clark noch vor Kurzem gewesen war, war zerstört worden. Die Schockwelle trug Clarks Shuttle auf ihrem Kamm hinfort wie die Meereswellen ein Surfboard gegen den Strand trugen. Nur dass es hier keinen Strand gab. Die Welle würde sich noch Lichtjahre weit ausdehnen und den Commander mit sich forttragen. „Scheiße!“ fluchte er. Nun konnte es ihm egal sein. Das Schiff der Alamak war zerstört, die Anderen würden sich nun bestimmt mit dem zweiten Schiff befassen. Er betätigte den Schalter des Funkgerätes und brach die zuvor vereinbarte Funkstille. 143 - 144 - „Tut uns leid, Commander, aber wir können im Moment niemanden entbehren.“ meldete sich der Erste Offizier. Seine Stimme klang hektisch. „Ist die Fairfax im Einsatz, Sir?“ fragte Clark, dem da gerade eine Idee gekommen war. „Nein, Commander, sie liegt im Hangar. An was denken sie?“ „Ich weiß, dass Sergeant Deveraux im Einsatz ist, aber haben sie Andrea Taylor auch in Beschlag genommen?“ „Taylor?“ Marshall überlegte kurz, da er sich zunächst nicht genau an die Person zu erinnern schien. Doch dann dämmerte es ihm: „Taylor, nein, nicht dass ich wüsste.“ „Geben sie ihr die Fairfax. Sie kann sie fliegen. Die Fairfax ist schnell genug um mich einholen zu können. Ich habe keine Lust bis an das Ende meiner Tage durchs All zu driften.“ meinte Jason. Don Marshall überlegte kurz und sagte dann. „Okay, Commander. Ich leite alles in die Wege.“ „Besten Dank dafür. Ich melde mich dann wieder wenn wir auf dem Rückweg sind.“ bestätigte Clark. „Ja, wenn es dann für sie noch einen Rückweg gibt.“ meinte Marshall darauf hin zynisch, denn er sah soeben, dass das zweite Schiff der Xotha auf ihre Position zu steuerte. „Wie optimistisch von ihnen. Was ist denn los?“ „Die Xotha sind hier und...“ konnte Jason gerade noch verstehen, dann brach die Funkverbindung ab. Die Xotha? Überlegte er kurz, dann fiel ihm der Wandteppich in Shak Nubals Räumen wieder ein. Das war es also, was er vorhin aus dem Augenwinkel heraus gesehen hatte. Die Xotha also! Was sollte er nun tun? Abwarten und stillhalten, das wäre wohl hier die beste Devise. Er kannte die Xotha nur aus den Berichten der Leute, die 144 - 145 - mit Snow auf ihrer Welt gelandet waren. Es sollen an Land lebende Fischwesen sein. Mit lidlosen, übergroßen Augen wie sie Fische haben, aber sie sollen auch ganz normale Luft atmen wie die Menschen. Clark war so mit seinen Gedanken beschäftigt, dass er den Annäherungsalarm des Shuttles erst wahr nahm, als dieses bereits durch einen leichten Stoß erschüttert wurde, der ihn aus seinen Gedanken riss. Sein Ohrstöpsel krächzte kurz, dann war eine Stimme zu hören. „Sie haben ein Taxi bestellt, Commander?“ Es war Andrea Taylor. „Ja, das ist richtig. Schön sie zu hören, Miss Taylor.“ „Gleichfalls. Aber ich muss sie vorwarnen, Commander. Die Fahrt zurück wird ganz schön teuer werden. Die Taxikosten sind in den letzten Jahrhunderten explosionsartig angestiegen. Und dann diese Entfernung....“ flachste sie. „Nun, Miss Taylor, möglicherweise können wir uns über die Transportkosten anderweitig einigen, wenn sie ihren Zähler ausgeschaltet ließen?“ meinte Clark ganz kühl darauf. „Wir werden sehen, wir werden sehen. Andockvorgang beendet. Es geht los.“ Und schon zog die Fairfax an und schleppte das defekte Alamakshuttle zurück zur Perseús. Das kleine Reparatur und Transportshuttle hatte die noch kleinere Fähre der Alamak mit zwei Greifarmen gepackt und sich unter den Bauch gezogen, wodurch sie nun aussah wie ein Vogel, der eines seiner Eier durch die Luft trug um es in Sicherheit zu bringen. „Ich habe vorhin einen Funkspruch mit an gehört, in dem es darum ging, Branda und ihre Leute von der 145 - 146 - Raumstation abzuholen.“ kam Andreas Stimme aus dem kleinen Stöpsel in Clarks Ohr. „McFadden sagt, man habe derzeit kein größeres Schiff zur Verfügung um sie dort rauszuholen. Deshalb werden wir diesen Job übernehmen. Ist das okay für sie?“ ergänzte sie. „Ich habe keine Einwände, Taylor.“ bestätigte Clark. So flogen sie nun mit der Fairfax einen großen Bogen um die anderen Schiffe und versuchten, dem gelegentlichen Feuer auszuweichen, welches das eigentliche Ziel, die Alamak Stadtschiffe, verfehlt hatte. Nach einigen wild geschlagenen Haken, kam Jason schon fast das Frühstück wieder hoch, dass man ihm ... wann war das noch mal, gestern?... in seiner Zelle serviert hatte. Schließlich erreichten sie die Station und dockte an einem der unteren Pylonen an. Dieser setzte sich selbstständig in Bewegung und beförderte das Schiff mit samt seiner Last in einen kleinen Hangar. Deveraux und der Rest ihres Kommandos warteten dort bereits. Taylor öffnete die Umklammerung des Alamakshuttles und ließ es von knapp einem halben Meter Höhe auf den Boden der Station plumpsen. Als sich die Türe des Shuttles öffnete, kam ein leicht zerknittert dreinschauender und sich den Kopf reibender Commander Clark heraus, dem mindestens eine, wenn nicht sogar mehrere unangenehme Verwünschungen für Taylor auf der Zunge lagen. Der Greifer setzte die Fairfax neben dem Shuttle ab, und Taylor stieg mit einen breiten Grinsen aus. „Sorry, ging nicht anders.“ meinte sie und ging dann zu Branda hinüber. Hinter ihr verließen Regina Meyer und Yashida Tanaka das Shuttle. Clark staunte nicht schlecht und meinte: 146 - 147 - „Da haben wir sie also wieder...“ Tanaka und die anderen sahen ihn fragend an. „..die gute, alte Crew der Fairfax.“ Clark grinste. „Hallo Commander. Ich hoffe, es macht ihnen nichts aus, dass wir mit an Bord sind?“ „Nein, durchaus nicht. Im Gegenteil, ich bin sogar froh darüber, jemanden zu sehen, dem ich vertrauen kann.“ Dann trat Branda näher, sah sich kurz um und fragte: „Was haben sie denn mit ihrer Alamakfreundin angestellt? Wie hieß sie noch gleich?“ „Niora, Niora Dal. Nun, wenn ich ehrlich bin, dann ist sie mir ein wenig zu heiß geworden.“ erklärte er wahrheitsgemäß. „Ach, wollte sie ihnen etwa an die Wäsche gehen, Jason? “ witzelte Regina. „Nun, das auch. Aber nicht auf die Art und Weise, wie sie sich das vielleicht vorstellen, Miss Meyer.“ „Das klingt jetzt aber interessant. Erzählen sie weiter.“ forderte ihn Meyer heraus, doch Branda ging dazwischen. „Wir haben jetzt keine Zeit für solche Geschichten, Leute. Wir müssen sehen, dass wir hier weg kommen. “ Es dauerte dann auch nicht mehr lange, bis die Soldaten das was von ihrem Kommando noch übrig war in dem Fluggerät verstaut hatten, und die Fairfax konnte wieder starten. Es herrschte eine dumpfe Schweigsamkeit zwischen den Soldaten im hinteren Teil des Shuttles und Jason würde sich hüten, dort jetzt mit einer komischen Bemerkung hinein zu platzen. Statt dessen setzte er sich neben Taylor auf den Copilotensitz und kontrollierte die Instrumente. Meyer und Tanaka nahmen hinter den beiden Platz. 147 - 148 - „Wollen sie fliegen Commander?“ fragte ihn Andrea auf ein Mal. Er sah von den Instrumenten auf und schüttelte leicht den Kopf. „Sie sind heute der Captain, Taylor.“ Sie bedankte sich mit einem Nicken dafür und betätigte den Aussetzungsmechanismus des Greifarms, der sie wieder in die luftleere Weite des Weltraumes entlassen würde. Doch als sie den Greifer verlassen hatten und wieder Kurs auf die Perseús nehmen wollten, war sie nicht mehr dort wo sie noch Stunden zuvor Posten bezogen hatte. Jason und Andrea sahen aus den schmalen Fensterschlitzen des Cockpits und versuchten sie auszumachen, doch sie konnten sie nicht entdecken. „Schalten sie den Funk auf die Lautsprecher. Ich möchte hören was vor sich geht.“ befahl Clark. Taylor betätigte einige Tasten und schon knackte es leise in den kleinen Boxen am Rande der Konsole. Sie hörten einzelne Funksprüche zwischen der Agamemnon und ihren Jägern, aber die Perseús wurde nicht erwähnt. „Funken sie sie an.“ sagte er auf ein Mal. „Wir haben Befehl Funkstille zu wahren, Commander.“ „Mir scheint, die wurde wieder aufgehoben. Hören sie nicht?“ Weitere Funksprüche wurden aus dem Äther übertragen. Es waren Wortwechsel zwischen Befehlshabern und ihren Untergebenen, aber auch die typischen Machosprüche welche die Piloten oft bei Einsätzen untereinander führten. Jubel und Lachen konnte man hören, sobald ein Feind wieder dran glauben musste, doch auch wütende Verwünschungen und trauriges Abschied nehmen, wenn es einen der ihren traf. „Nun?“ hakte Clark nach. „Okay“ 148 - 149 - „Agamemnon? Hier ist die Fairfax, ein Shuttle der Perseús, zurück von einer Rettungsmission. Können sie mich hören?“ „Hier ist die Agamemnon. Wir hören sie.“ „Agamemnon, wo ist unser Basisschiff die Perseús?“ „Fairfax, hier ist die Agamemnon. Die Perseús wurde vor wenigen Minuten zerstört. Suchen sie sich einen sicheren Hafen bis die Angelegenheit hier bereinigt ist. Wir können sie derzeit nicht an Bord nehmen, da beide Landebahnen defekt sind. Fliegen sie nach Drakon oder verstecken sie sich hinter einem der Monde und erwarten sie weitere Befehle. Agamemnon Ende.“ „Ja aber....“ Taylor wollte noch etwas fragen, aber die Verbindung war unterbrochen. Fragend sah sie nun zu Clark hinüber und wollte wissen, was sie nun tun sollte. Die anderen an Bord hatten sich erhoben und waren nach vorne in das enge Cockpit gedrängt als sie vom Schicksal ihres Mutterschiffes und ihrer Kameraden an Bord gehört hatten. Getuschelte Worte wisperten durch den kleinen Raum. Bestürzung und Wut waren emotional eingebettet, doch niemand sagte etwas richtig laut. Erneut stellte Andrea ihre Frage und wartete auf eine Reaktion von Clark. „Wir leisten dem Befehl Folge. Fliegen sie nach Drakon.“ Doch in dem Moment wo sie den neuen Kurs einschlagen wollten, streifte sie von Hinten ein Geschoss und ließ das kleine Schiff leicht erzittern. Hastig eilten Jasons Finger über die Tastatur der Konsole vor ihm. Nach dem längeren Gebrauch der Alamaktechnologie, fiel es ihm fast schon schwer, diese primitiven Tasten wieder von Hand bedienen zu müssen. „Das war kein Feindfeuer.“ 149 - 150 - Die anderen sahen ihn abermals fragend an, doch kaum hatte er geendet, fegte ein terranischer Jäger an ihrer linken Seite vorbei und wackelte mit den Flügeln. „Er signalisiert uns, dass wir ihm folgen sollen.“ meinte Jason und griff automatisch nach dem Steuer. Mit der Rechten drückte er ein paar Knöpfe auf der Konsole und schon schob sich die Fairfax schneller durch den Raum. Der Jäger vor ihnen gab Vollgas, und Jason ließ sich nicht lange bitten. Zwei, drei Mal mussten sie feindlichem Feuer ausweichen, doch es war nicht für sie direkt bestimmt, und so hatten sie keine große Mühe damit. Der Jäger führte sie hinter einen der kleinen Monde von Drakon. Jason und Andrea schaute nicht schlecht, als sie dort einen ziemlich großen Sternenkreuzer der Drakonianer liegen sahen, um den herum sich viele kleinere Schiffe zu tummeln schienen. „Was zum Henker geht hier eigentlich vor sich?“ murmelte Clark leise. Taylor warf einen Blick auf ihn, konnte aber keine erkennbare Reaktion feststellen und sah wieder nach vorn aus dem kleinen Fenster. Plötzlich erfasste sie ein Leitstrahl und zog sie unwillkürlich näher an das große Schiff heran. „Ich hasse es, wenn das jemand mit mir macht, ohne mich zuvor zu fragen, ob ich überhaupt an Bord kommen will.“ maulte Jason jetzt laut. „Ich bin jetzt seit vier Jahren hier auf der Station im Einsatz, aber so ein Schlachtschiff habe ich in meiner ganzen Dienstzeit noch nicht gesehen.“ hörte Clark einen der Soldaten hinter sich sagen. „Da gebe ich euch recht, Soldat, mir geht es genauso.“ bestätigte er dem Mann. Dann meldete sich Taylor wieder zu Wort: 150 - 151 - „Ich kann mich noch daran erinnern, als wir von hier zu unserer Mission, die Alamak zu treffen, gestartet sind, da sagte Alex, die Schiffe der Drakonianer würden aussehen aus als hätte man sie eben erst aus einem Sumpfloch gezogen, so verdreckt waren sie.“ „Das hier sieht aber ziemlich sauber aus.“ warf Regina von hinten ein. „Ja, und das wundert mich auch so. Seit ich hier bin, kenne ich die Schiffe der Drakonianer als alte vor Dreck starrende Klapperkisten. Aber das hier...? Das ist blitzblank und nagelneu.“ Der Leitstrahl hatte das kleine Bergungsshuttle nun fast vollständig an den Schlachtkreuzer heran gezogen. Nun solle sich eigentlich irgendwo eine Hangartüre oder eine andere Öffnung zeigen, wo der Strahl das Shuttle dann absetzen würde. Doch nichts geschah. Statt dessen schob sich die Fairfax immer weiter auf eine der äußeren, unter einem kleinen Vorsprung befindliche Wand der Außenhülle zu. „Verdammt, der Traktorstrahl wird und an der Wand zerschmettern! Pennen die denn alle da drin!“ rief Taylor gerade heraus. Clark dagegen schien die Situation weit ruhiger anzugehen. Er betätigte einige Köpfe auf der Konsole und sah immer wieder zu dem kleinen Fensterspalt hinaus. Als Andrea Taylor schon ihren Sitz verlassen und die Flucht nach hinten ergreifen wollte, hielt er sie am Arm fest und meinte: „Es wird nichts passieren. Sehen sie.“ Die Wand auf die sie zu steuerten schien wie in einer Hitzewelle zu wabern, und wie die Spitze der Fairfax die Wand schon zu berühren schien und alle einen heftigen Ruck erwarteten, bohrte sich die Schnauze des Shuttles 151 - 152 - ganz langsam und ohne auch nur das geringste Geräusch zu verursachen immer weiter in die Wand hinein. Das Hitzeflimmern waberte über die Schnauze zu den schmalen Fenstern hinauf und darüber hinweg, und der Blick in das Innere des Schiffes wurde freigegeben. „Wow!“ staunte Deveraux, die die ganze Angelegenheit von hinten mit beobachtet hatte. „So etwas habe ich ja noch nie gesehen!“ „Willkommen im Club, Lieutenant.“ meinte ein anderer Soldat, der ebenfalls seine Nase nach vorne gereckt hatte. Dann wurden sie im Innern abgesetzt. Es dauerte einige Minuten, bis sie sich soweit fertig gemacht hatten, um das Shuttle zu verlassen, doch schließlich öffnete sich die Türe und Jason stieg als Erster die Stufen hinab. Vor der Maschine hatte sich ein Spalier bewaffneter Drakonianer aufgestellt und präsentierte die Waffen. Clark wusste nicht recht, was er davon halten sollte. Normalerweise wurden nur Staatsoberhäupter oder andere, hochrangige Besucher auf diese Art begrüßt. Vom hinteren Ende der Reihe her, kamen zwei Personen auf sie zu. Der Eine war, und da staunte Clark nicht schlecht, Admiral St. George. Der Oberbefehlshaber der Flotte und derzeitiger Kommandeur der Raumbasis da draußen. Das andere war ein Drakonianer, das konnte Branda sofort erkennen. Aber es war kein Schlangenmann wie die, denen sie mit Alex auf Drakon begegnet war. Dieser hier hatte das Äußere eines Drachen. Der wuchtige, keilförmige Kopf mit den an den Seiten herausragenden Horn- und Knochenplatten und der länglichen Schnauze, deren Lefzen die beiden 152 - 153 - Reihen scharfer Reißzähne nicht ganz verdecken konnten. Und schließlich die beiden leicht gebogenen Hörner auf dem leicht spitz zulaufenden Schädel. Der Drache stand auf den Hinterbeinen und schien beim Laufen keinerlei Mühe damit zu haben, seinen mächtigen Schwanz, der gut und gerne drei Meter lang war, hinter sich her zu bewegen. Die Pikförmige Spitze bewegte sich unablässig hin und her. Admiral St. George, der schon fast zwei Meter groß war, wirkte neben ihm wie ein minderjähriges Kind. Fast drei ganze Kopflänge überragte ihn der Drachenmann. Seine Schultern und Arme waren so von Muskeln aufgebläht, dass selbst „Good old Arnie“ blass daneben aussehen würde, wäre er noch am Leben. Drakonianer dieser Größe hatte er bisher nie zuvor gesehen. Ihre Größe war ihm schon aufgefallen, als sie die Türe der Fairfax geöffnet hatten. Zunächst dachte er sich, dass es sich hierbei um eine spezielle Art Soldaten handele, ebenso wie dieses Schiff. Aber sicher war er sich dessen natürlich nicht. Als Uniform trug dieses Monster nur einen ledernen Lendenschurz, aus dem sich eine gut gebaute Frau wie Branda locker einen Mantel hätte schneidern lassen können, und zwei über der mächtigen Brust gekreuzte Gurte mit diversen Abzeichen daran. An der Hüfte befand sich eine Waffe unbekannter Art. „Ladies, Gentlemen, darf ich vorstellen? Dies ist Boral Gan, der Oberbefehlshaber der drakonianischen Truppen und Captain dieses Kreuzers.“ begann St. George. „Es ist mir eine Ehre, die Mannschaft kennen zu lernen, die es geschafft hat, in kürzester Zeit zwei Stadtschiffe der Alamak zu zerstören. Unsere Toten Brüder, die mit euch auf der Reise waren, werden dadurch mehr als geehrt.“ begann der Drache mit tiefer, bollernder Stimme seine Begrüßung. 153 - 154 - Jason trat noch einen Schritt nach vorne und reichte dem Drachen die Hand zum Gruße. Boral Gan nahm sie in die seine und Clark hatte schon fast die Befürchtung, seine Hand würde in der Riesenpranke verschwinden, doch der Drakonianer ging ausgesprochen feinfühlig mit dem menschlichen Wesen um. Er berührte die Hand nur leicht mit der seinen und gab sie dann wieder frei. „Es ist zuviel der Ehre, Captain Boral. Es war unsere Pflicht, dem Treiben der Alamak ein Ende zu bereiten.“ meinte Jason darauf hin. „Eure Bescheidenheit ehrt euch, Commander, doch um eure Worte gleich beim Schopfe zu packen, sollten wir uns nun aufmachen dem Feind eine weitere Kerbe ins Fleisch zu treiben.“ erwiderte der Drache. „Ach ja, eines noch...“ begann er erneut. Clark sah ihn fragen an „... nennt mich Gan.“ Dann wandte er den Blick den anwesenden Frauen zu und neigte grüßend vor ihnen das Haupt. Nur bei Branda zögerte er merkbar, und man sah ihr an, dass es ihr irgendwie unangenehm war. Stille trat für einen Augenblick auf den Plan. „Wir sollten uns nun um die Alamak kümmern.“ sagte der Admiral auf ein Mal und rettete somit die Situation. „Ja, das sollten wir.“ merkte Gan an und wandte sich schon zum Gehen. „Ach, äh, Admiral, möglicherweise haben wir ein etwas größeres Problem wie die Alamak.“ setzte Jason an um die Aufmerksamkeit nochmals auf seine Person zu lenken. St. George sah ihn fragend an. „Es ist möglicherweise ein neuer Feind aufgetaucht, Sir.“ fuhr er dann fort. Es sind zwei Schiffe der Xotha in unseren Sektor eingedrungen. Gut, sie haben zwar sofort die Schiffe der Alamak angegriffen, aber im Zuge dessen wurde auch die Perseús vernichtet.“ 154 - 155 - Jetzt hatte er die volle Aufmerksamkeit beider Führungsoffiziere. „Die Perseús ist zerstört? Verdammt noch mal!“ fluchte Rupert. Doch er besann sich sogleich und fragte nach diesen Xotha, von denen er bislang noch nie etwas gehört hatte. „Die Xotha sind ein Volk von Zweibeinern, mit dem Aussehen von Fischen. Sie gehen aufrecht und atmen Luft wie wir auch. Vor vielen hundert Jahren waren sie so etwas wie die Sklaven der Alamak, konnten sich dann wohl irgend wie von ihnen loslösen und lebten von da an mehr oder weniger friedlich auf ihrer eigenen Welt. Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob dies tatsächlich so war, denn zu der Zeit da sich mein Körper auf Xotha befand, war der Geist von diesem Snow in seinem Besitz. Genauere Informationen können euch vielleicht diese Damen geben.“ er wies mit der Hand auf Andrea, Branda und Regina. St. George sah die Frauen an und fragte schließlich nach den versprochenen Informationen. Während die Mädchen dem Admiral berichteten was sie wussten, ging man langsam den Weg in das Innere des gewaltigen Schiffes. Tanaka und Tilly wurden am Shuttle zurück gelassen. Sie sollten dafür Sorge tragen, dass niemand unbefugt das Raumschiff betrat. „Sagen sie, Gan, ...“ Clark hatte sich an die Seite des Drachen gesellt und fragte mit spitzbübisch verschmitztem Grinsen, „... wo haben sie denn dieses feine Schiffchen her? Ich bin jetzt schon seit einigen Jahren auf der Basis da draußen stationiert, aber so ein Schiff wie das ihre ist mir noch nicht begegnet.“ 155 - 156 - „Da könnten sie durchaus recht haben, Commander.“ begann der Captain eine Erläuterung, doch Jason unterbrach ihn geschwind. „Bitte, nennen sie mich Jason.“ bot er ihm an. „Nun gut, Jason also. Dieses Schiff ist das Erste seiner Art. Es wurde auf der Werft der Minori gebaut. Es hat fast ein Leben lang gedauert, bis es fertig gestellt war. Deshalb habt ihr noch kein solches Schiff hier gesehen.“ „Bei den Minori? Der Name sagt mir nichts. Sind sie Mitglied im Handelsverband?“ „Nein. Die Minori sind ein sehr kleines Volk ohne weitere wirtschaftlich wertvolle Ressourcen, vom Schiffbau einmal abgesehen. Und ihre Heimatwelt liegt viele, viele Mondzyklen östlich von hier. Der Weg ist fast noch ein Mal so weit wie der zu den Alamak.“ berichtet Gan. Jason wunderte sich ein wenig über die erhaltene Auskunft und bohrte noch ein wenig nach: „Die Kurg entbietet nicht ein gewissen Eleganz, Gan. Ich könnte mir vorstellen dass einige, andere Völker ebenfalls daran interessiert wären, sich von den Minori ein paar Schiffe bauen zu lassen.“ „Das glaube ich gerne. Doch nicht jedes Volk ist dazu bereit, eine ganze Generation von Nachkommen auf eine Reise dort hin zu schicken und genau zu wissen, dass sie diese niemals wieder sehen würde. Und natürlich spielt der kommerzielle Preis ebenfalls eine Rolle. Für ein Schiff wie die Kurg, müsstet ihr Menschen ein ganzes Staatsvermögen aufbringen, und meines Wissens nach, ist die Erde dazu momentan nicht in der Lage. Oder sollte ich mich da irren?" Clark sah zu dem Drachen auf und wunderte sich über seine guten Kenntnisse der terranischen Wirtschaftslage. Oder gab der Drachen nur vor diese zu kennen? Schließlich sollte es ihm bekannt sein, dass Clark in den 156 - 157 - letzten Monaten überhaupt nicht in der Nähe der Erde und somit auf dem Laufenden war. „Nein, oder besser gesagt, ich weiß es nicht. Wie ihr wisst, war ich die letzten Monate auf der Reise von und zu den Alamak...“ Jason beendete seine Rede, da sie nun angekommen schienen. Er wusste zwar noch nicht, wo das war, doch Boral Gan gebot allen Einhalt in dem er die klauenbewehrte Pranke anhob und stehen blieb. Eine breite Türe versperre den Weg. Gan betätigte einige Tasten an der Wand, auf die er mit der Spitze seiner Zeigefingerkralle tippte. Die Türe öffnete sich mit einem leisen Zischen und der Drache ließ die Besucher an sich vorbei eintreten. Der Raum wirkte wie ein großes Speisezimmer in nüchterner Eleganz. Eine ovale Tafel aus dunklem Holz, an der zwölf bequeme Stühle standen, zierte die eine Hälfte des Raumes, die andere war durch eine großzügige Sitzgelegenheit und einigen flankierenden Blumentöpfen mit exotisch anmutenden Pflanzen gut ausgelastet. Hinter dem Tisch mit den Stühlen gaben vier überaus große Fenster die Sicht auf ein Meer von Sterne frei. Ein schmaler, bläulicher Lichtschimmer zog sich an ihrem Rahmen entlang, und Jason vermutete, dass sich dort eine Art Kraftfeld als Unterstützung der Glasscheiben befand, für den Fall dass aus unerklärlichen Gründen eine davon ein Mal kaputt gehen würde. „Liebe Gäste, unser Besprechungsraum. Bitte nehmen sie Platz.“ bot ihnen der Drache an und schloss die Türe hinter sich. Admiral St. George nahm am Kopfende neben dem großen Stuhl Platz der eindeutig der des Drachen war. Die andere Seite wurde Jason angeboten.. Alle anderen suchten sich selbst eine Sitzgelegenheit. 157 - 158 - Branda setzte sich neben Clark, während Andrea, Regina und Jackson es sich auf einem breiten, bequem aussehenden Sofa, das zwischen zwei Blumenkübeln in einer Ecke stand, gemütlich machten. Es dauerte nur einen winzigen Augenblick, dann brachten einige Bedienstete Erfrischungen und etwas zu Essen an den Tisch und zu den Soldaten auf der Sitzgruppe. Man trank und As ein wenig und tausche noch ein paar Freundlichkeiten aus. Doch Jason war dies alles zu ungezwungen. Es passte ihm nicht, hier herum zu sitzen, während ihre Kameraden da draußen den Tod in einer Schlacht mit unbekannt starken Gegnern fanden. Also nippte er nur an seinem Fruchtsaft und ergriff dann das Wort: „Erlaubt mir, euch für eure Gastfreundschaft zu danken Boral Gan, aber wäre es nicht längst an der Zeit, etwas gegen die Alamak und die Xotha zu unternehmen?“ Clarks Stimme hob sich am Ende und klang dadurch leicht gereizt. Die blieb auch nicht unbemerkt. „Nur ruhig, junger Freund, unser Freund Gan wird bestimmt schon alles in die Wege geleitet haben.“ versuchte der Admiral zu beschwichtigen. In diesem Moment ging die Türe auf und mehrere Drachensoldaten betraten in voller Bewaffnung den Raum. Der Admiral drehte sich zuerst zu ihnen und dann wieder zu Boral Gan um. „Darf ich fragen, was das bedeuten soll?“ wollte er wissen, doch die Antwort die er nun bekam, hätte er besser nicht angenommen. „Tja, nun...“ begann Gan und kratzte sich mit der Klaue am Kinn. Doch plötzlich sauste die Hand des Drachen durch die Luft und traf den Admiral mit dem schuppenverstärkten Rücken voll im Gesicht. Ruperts Kopf flog nach hinten und schlug hart auf die Lehne des 158 - 159 - Stuhles auf. Ein deutliches Knacken verriet den entsetzt drein schauenden Menschen, dass St. George nie wieder einen Befehl geben würde. Der Schlag hatte ihm das Genick gebrochen. Noch während der Admiral auf seinem Stuhl nach unten rutschte, war Jason aufgesprungen und hatte sich auf den Drachen geworfen. Ein brennender Schmerz zuckte über seine Schulter und er wusste sofort, dass ihn ein Schuss aus einer Energiewaffe der eingetretenen Soldaten erwischt hatte. Er unterdrückte den Schmerz und schob seinen Arm unter dem Kinn des Drachen hindurch und begann damit, ihm langsam aber stetig die Luft abzudrücken. Taylor machte eine Rolle rückwärts und brachte sich hinter der Lehne des Sofas in Sicherheit. Meyer jedoch, blieb vor Schreck wie erstarrt sitzen. Gans Klauen bohrten sich tief in Jasons Arm, doch er ließ nicht locker. Immer enger zog sich sein Griff. In diesem Moment öffnete sich erneut die Tür und Clark traute seinen Augen nicht was sie sahen. Zwei humanoide Lebewesen betraten den Raum und schauten sich mit großen, glotzenden Augen um. Ihre silbern geschuppte Haut reflektierte das Licht der Deckenbeleuchtung in schillernden Regenbogenfarben. Der eine, größere, hatte einen Kopf wie ein Zackenbarsch, mit einem breiten, wulstigen Maul das von einer Seite seines Gesichtes bis zur anderen reichte, und bei zwei kleinen Vertiefungen, vermutlich den Ohren endete. Seine großen Fischaugen schienen lidlos zu sein. Der andere, stand ihm mit seinem hässlichen Karpfengesicht in punkto Exklusivität in nichts nach. Beide trugen braune Mönchskutten, die sie nur mit einem Seil um die Hüften fest hielten. Doch quer über die 159 - 160 - Schulter trugen sie einen breiten Ledergurt, an dem auf Hüfthöhe eine schwere Schusswaffe in einem Holster steckte. „Keinen Schritt näher, oder ich breche ihm das Genick!“ stieß Jason hervor, und drückte Gan gleich noch ein wenig mehr die Kehle zu. Die beiden Neuankömmlinge hoben beschwichtigend die leeren Hände, und baten den Commander, doch von seinem Tun abzusehen. „Wir sind hier um zu helfen, mein Freund.“ meinte der eine. „Ja, wir wollen den Kampf nicht.“ ergänzte der andere. „Ach ja, wieso habt ihr dann unser Schiff zerstört?“ mischte sich Branda auf ein Mal ein. „Wir haben uns nur verteidigt.“ antwortete „Ich würde ihnen nicht trauen, Commander. Das sind die beiden Wesen die uns auf Xotha versklavt haben.“ rief Deveraux von hinten. „Ach, nun, versklavt ist eigentlich nicht richtig.“ versuchte sich der Karpfenköpfige zu heraus zu reden. „Schließlich... schließlich haben wir euch nicht gezwungen, für uns zu arbeiten. Im Gegenteil. Wir haben euch stets gut behandelt. Gaben euch ein Dach über dem Kopf, guten Essen und haben eure körperliche Verfassung um ein vielfaches verbessert.“ „Ja genau. Und dafür sollten wir euch wohl auch noch dankbar sein, wie?“ maulte Branda. „Nun ja, ein wenig Dankbarkeit wäre durchaus nicht unangebracht.“ meinte der andere. „Ach ja?“ Wut machte sich in Branda breit. „Und die Peitschenhiebe die wir bekamen, wenn wir die Trainingsdisziplinen nicht ganz schafften, und dass wir mit anderen Mitgefangenen ums nackte Überleben 160 - 161 - kämpfen mussten, dafür sollen wir wohl auch noch Dankbar sein?“ schrie sie und erhob sich von dem Sofa, auf das man sie kurz zuvor gedrängt hatte. Erschrocken wichen die beiden Fischköpfe einen Schritt zurück und sahen sich, verwundert über die Reaktion des Menschen, blöde glotzend an. „Pfeif deine Männer zurück, oder ich breche dir das Genick.“ zischte Jason dem drakonianischen Captain mit rauer Stimme ins Ohr. Dessen Augen hatten durch den anhaltenden Luftmangel bereits eine merkwürdig rotblaue Färbung bekommen. Ko-in, der Typ mit dem Gesicht eines Zackenbarsches trat einen Schritt nach vorne. Er hatte scheinbar seine Selbstsicherheit wiedergewonnen. und meinte: „Tötet ihn ruhig. Er ist für uns nicht von Wert.“ „Wa...“ keuchte Boral Gan. „Hört ihr das, Gan? Sie verheizen euch. Und wenn sie euer habhaft werden können, landet ihr genau wie wir in ihrer Maschinerie des Todes.“ meldete sich Deveraux erneut von hinten. Sie legte ihren Waffengurt und die Jacke ab und ging ohne zu zögern an der Wache vorüber, die sie ständig mit erhobener Waffe in Schach zu halten versuchte. „Ihr habt keine Ahnung, was euch auf deren Planet erwartet. Ich aber bin da gewesen und könnte euch einiges darüber erzählen. Vertraut ihnen, und ihr seid verloren.“ Sie hatte sich bis zu Gans Stuhl vorgewagt und sah ihm nun in seine langsam immer trüber werdenden Augen. „Sagt euren Männern sie sollen uns im Kampf gegen die Xotha unterstützen. Wir könnten es schaffen.“ Jason bemerkte, wie der Griff des Drakonianers immer schwächer wurde. Gleich würde der Echsenmann das 161 - 162 - Bewusstsein verlieren. Er ließ den Druck auf den Kehlkopf des Captains ein wenig nach, so dass dieser wieder ein wenig zu Atem kommen konnte, doch statt der erhofften Zustimmung krächzte dieser nur: „Niemals.“ Clark hatte jetzt endgültig genug. Er sah Branda direkt ins Gesicht und schloss langsam die Augen. Das war ein vereinbartes Signal das jeder Marine kannte. Es bedeutete so viel wie „okay, los geht´s!“ Dann bewegte er die Arme mit einem schnellen Ruck in die jeweils entgegengesetzte Richtung und brach Boral Gans Genick entzwei. Schlaff glitt der Körper zu Boden und rührte sich nicht mehr. Branda hatte das Zeichen verstanden und hatte den Augenblick wohl genutzt. Sie trat der Wache hinter sich mit einem Kickback die Waffe aus der Hand und zog im gleichen Moment das Messer aus dem Stiefel mit dem sie noch festen Stand hatte. Sie hatte das Messer bei der Aufforderung die Waffen abzulegen, nicht mit abgegeben. Die Klinge blitzte kurz auf und schien den Wachmann überhaupt nicht zu berühren. Er machte ein diabolisches Gesicht, so als ob er sie jetzt gleich auffressen wollte, doch als er Hand eine seine Pistole im Halfter legen wollte, sah er den dicken Blutstropfen der von Brandas Klinge zu Boden fiel. Erschrocken griff er sich an den Hals, doch in diesem Moment öffnete sich die Wunde richtig und das Blut floss ungehindert aus dem Mann heraus. Dann brach in dem Raum die Hölle los. Andrea Taylor packte Meyer von hinten an ihrer Kleidung und riss sie zu sich hinter das Sofa. Erschrocken stieß sie einen Schrei aus, verstummte aber sofort wieder als sie Andrea erkannte. Doch ihr Verstummen hatte nicht nur das Erkennen von Andrea ausgelöst. Wasser trat in 162 - 163 - ihre Augen und ein leises Wimmern kam über ihre Lippen. Taylor sah sie fragend an, doch dann spürte sie die feuchte Wärme an ihrer Hand. Schnell zog sie sie von Reginas Kleidern zurück und blickte erschrocken auf die mit hellem, rotem Blut überzogene Hand. Regina sank in sich zusammen und verlor das Bewusstsein. Andrea zog die schwer verletzte Frau zu sich heran und bettete ihren Kopf auf ihrem Schoß. Mit den Fingern tastete an ihrem Hals nach einem Puls, doch finden konnte sie ihn nicht mehr. Regina Meyer war tot. Vorsichtig zog Taylor den leblosen Körper weiter zu sich herauf, legte den Kopf der Toten an den Ihren und begann leise vor sich hin zu weinen. Sie hielt den Oberkörper der Geliebten fest umklammert und wiegte sie mit sanften Bewegungen hin und her, während ihr die heißen Tränen über die Wangen liefen. Ein weiterer Wachmann schoss auf Deveraux, verfehlte diese jedoch. Jason sprang auf und landete einen seitwärts angelegten Tritt gegen den Kopf von Zack, dem Fischwesen mit dem Karpfenkopf. Zwei weitere Drakonianer betraten den Raum und begannen auf alles zu feuern was sich bewegte. Zack riss im Fallen Ko-in mit sich, welcher wiederum gegen den feuernden Drak stieß. Der Schuss ging fehl. Branda griff nach ihrer Waffe und feuerte ihrerseits auf eine Drakwache. Ihr Schuss traf das Ziel. Der Energiestrahl bohrte sich in das linke Auge des Echsenmannes ließ den Schädel anschwellen und platzte dann am Hinterkopf heraus, wo er sich mit samt der Masse des Kopfinhaltes in die nächste Wand bohrte. Clark versetzte Ko-in einen Schlag ins Gesicht und setzte sich rittlings auf Zack, der sich schon wieder aufsetzen wollte. Er packte ihn an den Überbleibseln seiner Kiemen 163 - 164 - und stieß den Kopf des Fischwesens ein Mal hart auf den Boden, so dass dieser das Bewusstsein erneut verlor. Branda und Jackson, lieferten sich mit der zweiten Drakwache ein Feuergefecht zwischen den umgestürzten Möbeln. Ein Geruch von verbranntem Fleisch, Holz und Kunststoff verbreitete sich im Raum. Fast konnte man meinen, dass jemand beim Kochen vergessen hatte, den Plastikkochlöffel von der Herdplatte zu nehmen, und dass sich dessen verschmorendes Plastik nun mit dem Geruch des Essens vermengte. Jason robbte unter dem Feuer näher an den Tisch heran, hinter dem sich die Wache geduckt hielt. Dieser machte sich erst gar nicht die Mühe, beim Feuern zu zielen. Nein, er schob einfach den Lauf seiner Waffe über die Tischkante und schoss blind drauf los. Feuerten Branda und ihr Kamerad zurück, zog er die Waffe einfach zurück. Clark wartet darauf, dass sich der andere wieder ein wenig hervor wagte, dann packte er zu und zog den Mann über den Tisch hinweg zu sich. Mit einem schnellen Griff entriss er ihm die Waffe, schlug ihm mit dem Handrücken ins Gesicht und umschlag ihn dann unter den Achseln hindurch und packte den Kopf am Genick. Wild um sich rudernd versuchte sich der Drak aus dem so genannten Affengriff zu befreien, doch Clarks Arme hielten ihn wie in einem Schraubstock gefangen. Der Commander verstärkte den Druck auf den Nacken und beförderte den Echsenmann ins Jenseits. Deveraux und Jackson zogen die Leichen in eine Ecke des Raumes, während Clark sich um die beiden Fischwesen kümmerte. Er wuchtete die bewusstlosen Körper auf Stühle und suchte sich dann ein geeignetes Material zum fesseln ihrer Hände. Er fand es in den 164 - 165 - Taschen eines toten Marine. Es sah aus wie Kabelbinder. Lange dünne Plastiksteifen mit einer Öse durch die man das andere Ende schieben konnte, wodurch sich die dadurch entstandene Schlinge zwar zuziehen, aber nicht mehr öffnen ließ. Mit schnellen aber sorgfältigen Griffen verschnürte er die beiden Xothaner. „Wo sind Taylor und Meyer?“ fragte Branda auf ein Mal, nachdem sie mit Jackson den letzten Toten zur Seite geräumt hatte. Clark sah sich um, konnte sie aber nicht entdecken. „Die saßen doch eben noch auf dem Sofa dort.“ meinte er dann und ging zu dem Sitzmöbel hinüber. Branda folgte ihm. Sie hörten eine leise gesummte Melodie hinter der Couch hervor kommen und sahen nach. Andrea Taylor saß mit dem Rücken an der Lehne der Couch und hielt den leblosen Körper von Meyer wiegend in den Armen. Eine große Blutlache hatte sich unter den beiden ausgebreitet. Deveraux stieg über die Lehne und hockte sich vor Andrea hin. „Taylor? Bist du verletzt?“ fragte sie. Andrea hob langsam den Kopf und sah die andere mit tränenverquollenen Augen an. Es dauerte einen kleinen Augenblick, bis sie begriff was Branda von ihr wollte, dann schüttelte sie langsam den Kopf. Sie war nicht verletzt. „Wir müssen hier weg, Taylor.“ sagte Deveraux und wischte ihr mit ihrem Halstuch vorsichtig die Tränen aus dem Gesicht. „Die Draks werden weitere Wachen herschicken. Der Kampflärm ist bestimmt nicht ungehört geblieben.“ meinte Jason dazu. „Meyer ist tot. Du kannst nichts mehr für sie tun, Andrea. Komm. Komm weg von hier.“ Branda zog Reginas Leiche 165 - 166 - von Taylor herunter und legte sie sanft auf den Boden. Dann nahm sie ihre Jacke vom Sofa und bedeckte damit Meyers Gesicht und Oberkörper. „Dir... dir scheint das überhaupt nichts auszumachen, was?“ murmelte Taylor als ihr Branda auf die Beine half und sie um die Couch herum führte. „Doch Andrea, es macht mir etwas aus. Aber wir haben jetzt keine Zeit für die Trauer. Wir müssen hier weg. Müssen unser eigenes Leben retten, wenn wir nicht so enden wollen wie Meyer.“ Taylor schien das zu begreifen, denn sie nickte zustimmend mit dem Kopf. „Du und Jackson, bringt Taylor zurück zum Shuttle. Ich muss mich noch um die beiden hier kümmern.“ befahl der Commander den anderen nachdem man Taylor hinter der Couch hervor geholt hatte. Dann wandte er sich wieder den beiden Fischwesen zu, die sein Näherkommen mit angstvollen Blicken begleiteten. Branda und Jackson packten ihre Sachen zusammen und nahmen an Waffen mit was sie tragen konnten. Deveraux war entschlossen, sich von nichts und niemandem den Weg versperren zu lassen. Dann traten sie durch die Türe hinaus in den Flur durch den sie zuvor hereingekommen waren. „Jackson, sie gehen einige Schritte voraus und kundschaften. Aber seien sie vorsichtig. Ich möchte nicht noch einen Mann verlieren.“ befahl sie, dann gingen sie los. „Aye, Ma´am“ bestätigte der Marine und machte sich davon. Branda und Taylor folgten ihm mit etwas Abstand. Andrea wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, 166 - 167 - während sie neben Deveraux her lief. Sie schluckte ein, zwei Mal schwer, dann sagte sie: „Tut mir leid, was ich vorhin sagte. Ich wollte dich nicht beleidigen.“ Branda sah sie kurz an, richtete dann aber den Blick wieder auf den Weg vor sich. „Kein Problem, Taylor.“ bestätigte sie. Sie gingen einige Schritte weiter, dann blieb Andrea auf ein Mal stehen. Deveraux stoppte ebenfalls und sah sie an. „Was ist?“ „Gib mir eine von den Waffen.“ forderte Andrea. Branda sah an sich herab und zählte kurz durch was sie zur Verfügung hatte. Drei Pistolen und drei Gewehre. Zwei davon waren Strahlenwaffen der Drakonianer. Eine davon reichte sie Taylor, dazu noch eine Pistole der Fischköpfe, die sie Zack und Ko-in abgenommen hatten. „Kannst du damit umgehen?“ Taylor drehte die Pistole in den Händen herum und meinte dann mit einem Finger auf die Lauföffnung zeigend: „Das da muss nach vorne zeigen, und wehe dem, der davor steht wenn ich schieße.“ Branda sah sie mit zweifelhaftem Blick an und bat sie, wenigstens darauf zu achten, auf wen sie zu schießen gedachte. Andrea versprach es, dann gingen sie weiter. Jackson kam zurück. Er war sehr in Eile. „Was ist los, Steve?“ fragte Branda. Der Marine kam vor den beiden Frauen zum Stehen und musste sich erst mal mit beiden Händen auf den Knien abstützen. Er rang ziemlich nach Luft. „Sie... sie kommen... direkt hier her.“ presste er heraus. „Wer? Die Draks?“ 167 - 168 - Jackson nickte. „Und die anderen. Diese Fischwesen. Seite an Seite.“ „Verdammt.“ fluchte Deveraux. Sie sah sich um, suchte nach einem Ausweg. Dann fielen ihr wieder Tanaka und St. Tilly ein, und sie fragte den Soldaten nach ihnen. Doch der schüttelte nur den Kopf. „Ich konnte sie nicht sehen. Vor dem Schiff standen sie nicht und ich konnte leider nicht bis zum Shuttle durchkommen und hinein sehen.“ erklärte er. In diesem Moment stieß Commander Clark zu ihnen. Er war allein. Branda erklärte ihm die Situation und war eigentlich heil froh, dass er nun wieder das Kommando übernahm. „Wir werden versuchen sie zu umgehen. Bestimmt rechnen sich damit, dass wir zu unserem Schiff zurück kehren wollen um damit abzuhauen. Doch den Gefallen werden wir ihnen nicht tun.“ meinte er dann. „Wir müssen hier weg, Sir. Die sind gleich da.“ brachte sich Jackson noch ein Mal mit Nachdruck ins Gedächtnis. Clark nickte und machte kehrt. „Folgt mir.“ Branda fasste nach seinem Arm und hielt ihn zurück. „Was wird mit Tanaka und Tilly?“ wollte sie wissen. Er wand sich um und sah ihr in die Augen. „Ich weiß noch nicht. Wenn sie noch leben, werden sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit irgend wo festgehalten.“ „James würde sich niemals gefangen nehmen lassen!“ warf Steve Jackson ein. „Dann ist zumindest er...“ Clark sah kurz zur Decke hinauf und sog zischend Luft zwischen den Zähnen ein. „... höchstwahrscheinlich tot. Tanaka würde sich möglicherweise ergeben. Das kann ich nicht genau sagen, aber nach dem was er mir über seinen Aufenthalt 168 - 169 - auf Xotha erzählt hat, denke ich eher nicht, dass er sich ergibt.“ „Dann werden wir sie also zurück lassen?“ fragte Andrea besorgt. Jason sah sie an. Sie hatte immer noch Tränen in den Augen. Sanft legte er ihr die riesige Hand auf die Schulter und drückte sie leicht. „Nicht wenn ich es verhindern kann.“ versprach er. Knapp zehn Minuten zuvor, landete auf dem selben Hangardeck ein kristallin wirkendes Etwas, dass sich schon kurz danach als Shuttle einer für St. Tilly fremden Rasse heraus stellte. Doch Yashida Tanaka erkannte sofort, um wen es sich dabei handelte. Er berührte Tilly kurz an der Schulter und bat ihn, mit ihm im Shuttle zu verschwinden. James St. Tilly warf noch einen kurzen Blick auf die Fremden, dann folgte er dem alten Japaner ins Schiff. „Wer sind die?“ fragte er ihn dort angekommen. „Das sind die Wesen, die mich und auch eure Freunde, Commander Clark und Branda auf Xotha gefangen gehalten haben. Eure Freunde hatten Glück, sie mussten nur einige Wochen dort verbringen. Aber ich, ich verbrachte Jahrzehnte dort und musste immer wieder an ihrem perversen Spiel teilnehmen.“ „Diese Gladiatorenspiel?“ fragte Tilly, und warf noch einen Blick nach draußen. Als Tanaka nicht antwortete, sah er zu ihm hinüber. Er saß zusammengesunken auf einer kleinen Bank im Laderaum. Sein Blick ging ins Leere, aber er nickte bestätigend. Tilly beobachtete weiterhin, was sich draußen vor dem Shuttle so tat. Er überlegte was sie nun tun sollten. Deverauxs Befehl lautete, bleibt beim Shuttle, aber wenn sie hier blieben, würden sie vielleicht irgendwann angesprochen werden, oder man nahm sie vielleicht gefangen. 169 - 170 - Zwei von den Xotha schienen wichtige Personen zu sein, denn man führte sie mit allen Ehren, die die Drakonianer kannten, direkt zu der Türe, durch die Commander Clark und die Frauen verschwunden waren. Ein Trupp von ungefähr zehn Mann blieb bei dem merkwürdigen Shuttle zurück und beobachtete aufmerksam das hektische Treiben im Hangardeck. Tanaka kam zu Tilly an die Türe und warf einen schnellen Blick hinaus in die Halle. „Was tun wir jetzt? Bleiben wir hier und warten auf die anderen, oder unternehmen wir etwas?“ wollte er dann auf ein Mal wissen. St. Tilly sah ihn kurz an, und bemerkte dann das Schwert in der Hand des Alten. Er wollte ihn eben fragen, was er damit vor hatte, als plötzlich ein Alarmsignal ertönte. Sofort zogen beide ihren Kopf aus der Luke zurück. St. Tilly zog seine Pistole und postierte sich neben der Tür, während Tanaka sich in eindeutig kampfbereiter Pose, er hielt das Schwert mit der Linken an der Hüfte und hatte die Rechte auf den Griff gelegt, leicht schräg in die Türe stellte. Durch seine Kleidung und die Stellung die er eingenommen hatte, wirke er jetzt mehr wie ein altehrwürdiger Samurai denn je. Tilly wagte erneut einen Blick in die Halle, zog sich aber sofort wieder zurück. „Ein paar von denen rennen zu der Tür wo die anderen verschwunden sind.“ erklärte er. Tanaka gab seine Position kurz auf um seinerseits einen Blick hinaus zu werfen, aber auch er zog sich sogleich wieder zurück. „Stimmt, aber wir bekommen Besuch.“ „Wie viele?“ „Vier Xotha. Mit Waffen.“ 170 - 171 - „Verdammt.“ fluchte Tilly und ging in die Hocke, die Waffe aber auf den Eingang gerichtet. So bot er ein geringeres Ziel. „Ich lasse die ersten Beiden durch. Die hinteren übernehme ich.“ sagte er leise, und dann waren sie auch schon da. Der erste Fischkopf der durch die Öffnung der Türe herein sah, sollte wohl zunächst nur die Lage klären, doch er sah sofort den alten Mann vor sich und schien darauf hin gar nicht mehr so vorsichtig zu sein. Im Gegenteil. St. Tilly hatte den Eindruck, dass er ein Wiedererkennen in seinem Fischgesicht gesehen habe, denn der Mann kam ins Shuttle ohne sich weiter umzusehen und begrüßte den alten Japaner mit einer ehrfürchtigen Verbeugung. „Meister Tanaka, ihr hier?“ murmelte er halblaut, konnte aber nicht mehr sagen, da hinter ihm die anderen Eintritt suchten. Der zweite Eintretende sah wohl eine kleine Bewegung im Dunkel des Shuttles, dachte sich aber nichts weiter dabei und trat neben seinen Kameraden um zu sehen, was diesen aufhielt. Auch er wirkte leicht verwirrt. Sie kannten den Mann aus den unzähligen Spielen die er, sonst wäre er ja nun nicht hier, auf Xotha überlebt hatte. Die Spiele auf Xotha hatten, mal von der Anlage selbst abgesehen, ähnliche Popularität wie die Gladiatorenkämpfe der Römer. Und war ein Kämpfer dort siegreich, konnte er bisweilen unermesslichen Ruhm und viel Ehre für sich einheimsen. Dieser Gedanke war Tilly durch den Kopf gegangen als er den Xotha sah wie er sich vor dem Alten verbeugte. Tanaka hatte ihm von den Spielen erzählt als sie hierher auf dem Weg waren. Aber 171 - 172 - wussten sie denn die Xotha nicht, dass er mit den Menschen von dort geflohen war? Nun ja, wie dem auch sei, der Dritte Fischkopf betrat eben das Shuttle und sah Tilly fast direkt in die Augen. Er wollte soeben seine Entdeckung bekannt geben, da durchfuhr ihn auch schon der Energiestrahl aus Tillys Waffe. Keinen Augenblick zu früh, denn im selben Augenblick wollte das erste Fischwesen nach Tanaka greifen, um ihn erneut festzusetzen. Doch das lies dieser nicht zu. Der Fischmann wand nur kurz den Kopf, um zu sehen, woher das Geräusch kam, das er hinter sich gehört hatte, und das sollte ihm zum Verhängnis werden. Yashida Tanakas Klinge verließ die Schwertscheide fast lautlos, aber das Zischen mit sie die Luft über dem Kopf des Xotha zerschnitt als sie herab sauste, hörte man sehr deutlich. Mit zwei schnellen Schnitten, hatte er den Mann filetiert, und trieb die Klinge bereits seinem Nachbarn der Länge nach in das vor Schreck geweitete Fischmaul. Ihrer beiden Leben währte keine zehn Sekunden mehr, nachdem sie das Schiff betreten hatten. Noch während Tanaka seine Klinge wieder aus dem Kopf des Xotha befreite, war Tilly aufgesprungen und hatte seine Waffe auf den vierten Mann gerichtet der noch vor dem Eingang stand. Doch dieser war nicht so unvorbereitet wie seine Kollegen. Kaum hatte James St. Tilly die Nase an die Luft gestreckt, pfiff auch schon ein grellweißer Energieblitz daran vorbei und zwang Tilly zum Rückzug. Aber so leicht ließ sich dieser nicht einschüchtern. Er ging wieder in die Knie und hielt den Lauf der Pistole auf Fußhöhe nach draußen und feuerte mehrmals. Es war ihm dabei völlig egal, ob er da 172 - 173 - draußen jemand anderen traf oder nicht. Hier und jetzt zählte nur sein Überleben. Ein klapperndes Geräusch, so als fiele etwas metallenes zu Boden, erweckte seine Neugier und er wagte eine Blick hinaus. Draußen vor dem Eingang lag der Xotha mit einem klaffenden Loch im Bauch und rührte sich nicht mehr. „Wir haben sie erwischt, Tanaka.“ sagte er laut und wartete auf eine Bestätigung. Doch als diese nicht kam, drehte er sich herum, um nach dem alten Mann zu sehen. Yashida Tanaka lag leblos am Boden der Fairfax. Auch in ihm klaffe ein großes Loch. Der Energieblitz der an Tillys Nase vorbeigeschossen war, hatte Tanaka im Gesicht getroffen und nur noch einen kleinen Teil des äußeren Schädels übrig gelassen. James kniete sich neben den Leichnam und bedeckte den Kopf des Mannes mit einer Decke, die er aus einem an der Wand hängenden Transportnetz gezogen hatte und senkte anschließend das Haupt für ein kurzes Gebet. Er wusste, dass dafür eigentlich keine Zeit war, aber was sollte er machen, und dann waren auch schon die Wachen der Drakonianer da. Sie betraten die Fairfax mit einem Schwall von Leuten. Tilly sah kurz zu deren Anführer auf, dann traf ihn der Gewehrkolben des geschuppten Zweibeiners und die Welt um ihn herum wurde noch schwärzer als sie ehedem schon war. Kapitel 6 : Kalfet Roag war fürchterlich wütend. Schon wieder hatten die Menschen und ihre Freunde einen Angriff erfolgreich abgewehrt. Seine langen Barthaare zitterten ungehalten und als es einer der anderen Untoten wagte, direkt an 173 - 174 - ihm vorüber zu gehen packte er den Dämon und riss ihm mit einem gewaltigen Ruck den Kopf von den plumpen Schultern. Schwarzes, klebriges Blut besudelte die Umstehenden. Doch statt sich darüber aufzuregen, dass er ihre Kleidung, soweit überhaupt vorhanden, befleckt hatte, lachten sie aus vollem Halse und machten sich einen Mordsspaß das zuckende Fleisch ihres nun endgültig toten Freundes zu begaffen. Roags Blick fegte mit bitterbösem Zorn über die ihm unterstellten Dämonen hinweg und brachte sie zum verstummen. „Ihr Feiglinge...“ schnauzte er sie an, „...lasst euch von den menschlichen und ihren Freunden in die Flucht schlagen! Ihr wollt Dämonen sein? Pah! Ihr seid ein Haufen von wabbeligem, schleimigem Nichts!“ schloss er seine erste Schimpftirade. Manche von seinen Zuhörern fühlten sich dabei nicht einmal so schlecht. Schließlich waren sie ja teilweise wabbelig, oder schleimig, oder sogar beides. Was regte der sich da vorne überhaupt so auf, hatte er nicht genug Feinde getötet, dachten sich manche. Doch nicht alle dachten so gleichgültig von sich und ihrem Unternehmen und wollten sich verteidigen. „Aber...“ wollte einer der Dämonen dann doch aufbegehren, doch der kam nicht sehr weit. Ein wütender Feuerstoß aus Roags Fingerspitzen verbrannte den Aufrührer auf der Stelle zu einem Häufchen Asche. Sofort war Ruhe in die Reihen der Dämonen eingekehrt und ein jeder sah gespannt zu seinem Führer um zu sehen was als nächstes geschehen würde. Eine ganze Weile lang wurde nichts gesagt, doch dann rührte sich Roag erneut. „Kalfet, wo steckst Du?“ 174 - 175 - Einige Reihen weiter hinten zuckte einer der Dämonen, ein Wesen in fast perfekter Menschengestalt ängstlich zusammen. „Verdammt, warum ausgerechnet er?“ dachte er und rührte sich nicht weiter. Roag wartete noch einen Moment, dann rief er abermals nach ihm. Mehrere Dutzend Augen richteten sich bereits auf ihn, und er konnte nicht mehr umhin sich zu erheben und nach vorne zu gehen. Sein Kommandant sah ihn mit merkwürdig ruhigem Blick an. Das passte so gar nicht zu Roag, Was könnte er wohl von ihm wollen? „Kalfet, mir ist zu Ohren gekommen, dass Du einer der Ersten warst, der sich ohne Erlaubnis vom Feind zurück gezogen hast.“ Au Backe, er hatte es gemerkt. „Das... das kann sich nur um ein Missverständnis handeln, Roag.“ Doch Roag hob Einhalt gebietend die Hand. Kalfet verstummte augenblicklich. „Wir brauchen einen Spion im Lager des Königreiches...“ meinte der Katzendämon und blickte Zustimmung erheischend in die Menge. Die bekam er natürlich sofort, denn allerorten wurde heftig mit dem genickt, was man bei Dämonen den Kopf nennen würde. „... und Du mein Freund, bist meine erste Wahl!“ „I... ich? Das... das kann nicht euer Ernst sein.“ stotterte Kalfet. Roag warf ihm ein schmeichlerisches Grinsen zu, bei dem er seine spitzen Reißzähne entblößte. Der weiße Zahnschmelz glitzerte schon sehr unnatürlich, fiel Kalfet so ganz nebenbei auf. „Doch, genau du, mein Freund. Denn du siehst den menschlichen am ähnlichsten, und du kannst deine Gestalt bestimmt noch ein wenig angleichen. Nicht wahr?“ 175 - 176 - Kalfet wollte erneut widersprechen, doch dann besann er sich und stimmte Roag verlegen zu. Nun ja, nicht gleich, aber sein Heerführer deutete gerade ausdrucksvoll auf das kleine Häufchen Asche, das noch immer zu ihren Füßen auf dem Boden lag. Damit war die Diskussion dann auch beendet. Roag legte Kalfet den Arm um die Schultern und zog ihn mit sich, um ihm die näheren Einzelheiten zu erklären. Einige Meilen weiter, spielte sich derzeit ein anderes, viel lieblicheres Szenario ab. Die letzte Schlachte hatte den Männern zwar nicht so sehr zugesetzt wie die anderen davor, doch man bemerkte allseits die Erschöpfung die sich breit gemacht hatte. Zum Glück waren dieses Mal nur sehr wenige Tote und Verletzte zu beklagen. Königin Tara hatte darauf hin beschlossen, die Soldaten und ihre nichtmenschlichen Mitstreiter mit einem Festmahl zu würdigen, Jäger und Sammler wurden in die südlichen Provinzen ausgeschickt, Wildbret zu erlegen und allerlei Früchte einzusammeln. In den Norden konnte man nach wir vor nicht, denn dieser wurde immer noch von den Dämonen und ihren dort zurückgelassenen Kreaturen kontrolliert. Wein und Bier wurde aus den Kellern der Stadt herbei geschafft, und die Frauen der Trolle, die nicht am Kampf beteiligt waren, brachten leckere Früchte und Gebackenes aus den nahen Bergen heran. Alex wunderte sich, das dies alles so schnell und ohne größeren Aufwand vonstatten ging. Die Krieger saßen in seliger Runde um die entfachten Lagerfeuer herum und aßen sich ordentlich satt und tranken kräftiges Bier aus ihren groben Humpen. Ein leichter Wind kam auf und brachte plötzlich drei Männer aus dem aufgewirbelten Wüstenstaub mit sich. 176 - 177 - Zwei davon waren Wachposten. Das hatte Alex sofort gesehen, denn er hatte sie für diesen Job eingeteilt. Der Dritte, den sie in ihrer Mitte führten, war ihm unbekannt. Er sah aus wie ein Soldat des Königreiches und er war offensichtlich verletzt, denn er trug den linken Arm in einer Schlinge vor dem Bauch. Snow erhob sich und ging den Männern entgegen. Ilya, die sein Weggehen bemerkte, erhob sich ebenfalls und ging ihm nach. Als die Wache ihn kommen sah, blieben sie kurz vor den ersten Reihen des königlichen Heeres stehen und warteten darauf, dass er näher kam. „Was gibt es Benga?“ sprach er den rechts gehenden Wachmann an. Der Angesprochene trat noch einen Schritt nach vorne und zog den Verletzten mit sich. „Wir fanden diesen Soldaten, Herr. Er irrte durch den aufkommenden Staub und da hielten wir es für besser, ihn hier her zu bringen.“ Alex nickte verstehend. „Er sagte er habe den Anschluss an seine Gruppe verloren, nachdem er in der Schlacht verwundet und von einem von ihm getöteten Dämonen unter dessen Leiche begraben wurde.“ Ilya hatte Alex inzwischen eingeholt und erkundigte sich bei ihm was los sei. Alex beruhigte sie mit knappen Worten und betrachtete sich dann den verletzten Soldaten. Erschöpfung zeichnete sich deutlich auf seinem Gesicht ab, wenn gleich Snow noch kurz zuvor der Meinung war, dass der Soldat von etwas weiter weg erheblich frischer gewirkt habe. Dennoch nickte er zustimmend und gab ihm den Weg frei. Nachdem der Mann außer Hörweite war, nahm er sich Benga beiseite und meinte: „Passt gut auf, während wir ruhen.“ Er wand den Kopf, sah dem Verwundeten hinterher und fügte hinzu: 177 - 178 - „Ich fürchte, auch unsere dämonischen Freunde werden früher oder später Spione aussenden.“ Benga sah ebenfalls zu dem Mann hinüber. „Vermutet ihr, dass dieser Mann ein solcher Spion sein könnte?“ „Möglich. Ich weiß es aber noch nicht genau. Wir werden ihn auf jeden Fall im Augen behalten.“ „Befürchtest du tatsächlich Spione im Lager?“ fragte Ilya als sie sich mit Alex zurück zu ihrem Lagerplatz begab. Snow sah sie kurz an und meinte dann: „Ich würde welche schicken, wenn ich Kommandant der Dämonen wäre.“ Danach gingen sie schweigend weiter. Sein Blick flog über die Männer hinweg, die mit ihm Seite an Seite gekämpft hatten und suchten den Neuankömmling. „Du bist viel zu nervös, mein Schatz.“ meinte Ilya, die seine Blicke bemerkt hatte. Sie waren wieder an ihrem Platz angekommen. Gwyndragsil hob den Kopf und sah ziemlich verschlafen drein. Der Drache hatte sich nach der Schlacht in eine bequeme Schäferhundgroße Form verwandelt und sich neben Snows Sitz ausgestreckt. „Vielleicht hast du recht. Wir sollten uns noch ein wenig ausruhen. Wer weiß wann es wieder los geht.“ murmelte Alex vor sich hin und setzte sich wieder. Ilya setzte sich neben ihn und legte ihren Arm um seine Schultern. Dann gab sie ihm einen schnellen Kuss und lehnte ihren Kopf an ihn. Gwyn sah die beiden an und war der Meinung: „Wir sollten nichts übereilen. Auch mir kam schon der Gedanke, dass die Dämonenbrut einen Spion einschleusen konnten, aber bis vor Kurzem habe ich noch nichts dämonisches in unserem Lager verspüren können.“ 178 - 179 - „Wie meinst du das; bis vor Kurzem hast du noch nichts gespürt?“ Alex hatte Ilyas Arm abgestreift und sich zu seinem geschuppten Gefährten umgedreht. „Es ist noch nicht richtig zu spüren, aber deine Angst ist nicht ganz unbegründet. Ich fühle da eine Präsenz, die ich noch nicht genau zuordnen kann. Wir sollten auf alle Fälle wachsam bleiben.“ erklärte ihm der Drachen. „Das werden wir, das werden wir.“ antwortete einer der in der Nähe sitzenden Magier. Er hatte das Gespräch ungewollt mit angehört und sah nun die Zeit gekommen sich dazu zu äußern. Doch erwähnte er nichts weiter diese Sache betreffend, sondern machte nur eine leichte Handbewegung, mit der er ein einfaches, kreisförmiges Muster in die Luft zeichnete. Mit einer weiteren Bewegung schickte er es hoch in die Luft, wo es sich über den Köpfen der Soldaten ausbreitete um sich dann ohne großes Aufheben in Luft auflöste. „Was war das für ein Zauber?“ wollte Mungo el Sarif von ihm wissen. „Ach...“ meinte der Zauberer, „... nur eine Kleinigkeit, damit die Männer später keinen all zu schweren Kopf vom Alkohol haben.“ „Das war eine gute Idee.“ befürwortete Travis, der soeben mit Königin Tara an ihren Tisch herangetreten war. Sie ließen sich auf zwei bequemen Sitzkissen nieder und prosteten den anderen schwungvoll zu. Kalfet hatte sich einen Platz zwischen ein paar Soldaten des Königreiches gesucht. Ohne dass er fragen musste, wurde ihm von einer Trollfrau Speise und Trank gereicht. Er nahm die Gabe mit gespielter Dankbarkeit entgegen und biss mit gleich gut gespieltem Heißhunger in die für ihn widerlich schmeckende Kost. Sein Blick dagegen, fiel erneut auf die Trollfrau, die ihm dieses unglaublich übel 179 - 180 - riechende Fressen gegeben hatte. Ihre lebendige Seele machte ihm mehr Appetit als er vertragen konnte. Das galt natürlich auch für die Seelen der anderen Anwesenden. Doch er musste Zurückhaltung üben, wollte er nicht auffallen. Sein Blick schweifte nun unablässig umher. Die gemächliche Ruhe die während des Essens eingekehrt war beunruhigte ihn ein wenig. Waren die Menschen und ihre Mitstreiter wirklich so ruhig oder vertrauten sie darauf, dass sie ihre Wachen früh genug waren würden, sollte ein erneuter Angriff stattfinden? Dort drüben saß der Mann, der ihn bei den Wachen empfangen hatte. Das war der Drachenritter. Er hätte ihn sofort töten sollen als er ihm gegenüber stand, doch zu diesem Zeitpunkt war ihm die Tatsache dass er vor dem Drachenreiter stand noch nicht bewusst gewesen. Neben dem Ritter lag auch ein Drache. Aber war das derjenige, mit dem der Mann über sie hinweg geflogen war? War dies das riesige Untier, das Feuer und Eis über ihrer Armee ausgespieen und so großen Schaden in ihren Reihen angerichtet hatte? Er konnte es nicht mit Gewissheit sagen, aber ausschließen wollte er es auch nicht. Plötzlich überkamen ihn wieder diese Zweifel. Tief in seinem Innern war Kalfet eigentlich gar nicht so schlimm wie es der Dämon der ihn in Besitz genommen hatte immer von ihm forderte. Der schien jetzt zu schlafen und der menschliche Geist hatte Gelegenheit wieder die Kontrolle zu übernehmen, was vom Geist des Menschen Kalfet noch übrig war. Fast sechstausend Jahre war nun schon her, dass der Dämon von ihm Besitz ergriffen hatte, und die meiste Zeit davon hatte er in der Verbannung der Magier von Skataris verbracht. Kalfet drehte sich um und sah in Richtung des Nebelwaldes. 180 - 181 - Dort lag noch immer das Tor zu dieser feindlichen Dimension in die man sie damals verbannt hatte. Zunächst hatte der Dämon in ihm nur einen neuen Wirt gesucht und war nur dann böse geworden wenn Kalfet so gar nicht nach seiner Pfeife tanzen wollte. Irgend wann zog er immer mehr an seinem eigenen Selbst und jede Gegenwehr war für Kalfet verloren. Brach irgend wo ein Streit, ein Scharmützel oder gar ein Krieg zwischen zwei verfeindeten Ländern aus, wollte Kalfets Dämon mitmischen. Zunächst nur ein wenig sich herumprügeln, dann aber wurde es mehr und mehr und jedes Leben das er auslöschte verhieß ihm mehr Freude an seinem Tun. Stürzte er sich in eine Schlacht, verhieß dies Glückseligkeit und er konnte dabei regelrecht die Kontrolle verlieren. Erst wenn alles tot und zerfetzt war, wenn Leichen seinen Weg säumten und er knietief im Blute seiner Opfer spazieren gehen konnte, war seine Wollust gestillt und sein Geist konnte sich wieder beruhigen. Nur ein einziges Mal, erinnerte sich Kalfet, konnte der Dämon seine Aufgabe nicht vollständig erfüllen. Und das war noch nicht einmal so lange her. Kurz bevor dieser Krieg sein heutiges Ausmaß erreicht hatte, streiften Kalfet und seine Spießgesellen bereits durch das südliche Land, ohne dass jemand davon Kenntnis hatte. Seine beiden Kumpane schickte er ins Land hinaus um die Gegend auszukundschaften, er selbst ging nach Bergan um sich dort einmal umzusehen. Nachdem er stundenlang durch die Stadt gestreift war, und nicht ein einziger Streit in Sicht kam, beschloss er sich selbst um die Sache zu kümmern. Er suchte sich eine Taverne und nahm mitten unter den Menschen Platz. Auf einem kleinen Podest neben der Theke, stand ein Mann und zupfte zu dem Lied das er sang, auf einer 181 - 182 - alten Laute herum. Der Text des Liedes war nicht einmal so schlecht. Er bewegte sogar das Herz des Dämonen ein klein wenig. Doch mit zunehmendem Abend wurde der Barde betrunkener, seine Worte verschwammen im Alkohol wie eine Flusslandschaft im morgendlichen Herbstnebel. Schon hörte man den einen oder anderen Gast herumpöbeln. Buhrufe und andere Verwünschungen wurden ausgespieen, doch zunächst nahm der Barde keine besondere Notiz davon. Das war Kalfets Chance. Er fiel in das Geschrei der Gäste mit ein und übertönte diese sogar noch. Plötzlich hörte der Barde auf zu singen und beschwerte sich bitterböse über das Publikum, als auf ein Mal ein Bierkrug geflogen kam. Er streifte den Sänger nur knapp mit dem Henkel am Kopf, doch genügte es alle Mal, ihn aus seiner Reserve zu locken. Schnell drückte er das Instrument dem Wirt in die Hand, da dieser gerade in Reichweite seines Armes stand und stürzte sich auf den Gast, der ihn mit dem Krug beworfen hatte. Eine wilde Schlägerei entbrannte, und schon bald war das unheimliche Geschrei des Dämonen und der sterbenden Menschen das Einzige, was noch zu hören war. Der Barde schlug sich trotz seines Rausches wacker, doch Kalfet war kein richtiger Mensch mehr. Mit ihm musste man viel härter, schneller und vor allem trickreicher kämpfen als mit den anderen. Und deshalb hatte der Dämon den Sänger auch schon bald mit eisenhartem Griff an der Kehle gepackt und war bereit ihn zu töten. In diesem Moment wurde er allerdings jäh unterbrochen, denn die Stadtwache stürmte eben in das Lokal. Kalfet war bereits müde geworden und hatte natürlich nicht mehr die Kraft, die ganze Stadtwache von Bergan abzuschlachten. Daher hielt er es für besser, den 182 - 183 - Rückzug anzutreten und zu verschwinden. Er hatte dem Barden nur noch einen tiefen Kratzer auf der Brust versetzen können. Seine Seele bekam er nicht. Alles in allem war es aber dennoch ein gelungener Abend gewesen. Er hatte mehr als zwanzig Männer mit eigener Hand getötet und ihre „unsterbliche“ Seele vertilgt. Ha, das war ein Festmahl, das man nicht jeden Tag haben konnte. Zufrieden über seine Taten, lehnte sich Kalfet zurück und würgte noch einige Brocken dieses menschlichen Fraßes hinunter und beobachtete weiterhin die Personen um sich herum. „Was ist euch Angus?“ fragte ein Soldat den Mann neben sich, der sich soeben ganz in Gedanken verloren an seiner Brust kratzte. „Nichts, mein Freund, nichts.“ kam die zögerliche Antwort. „Mir war so als spürte ich etwas seltsam bekanntes. Etwas dass ich seit langem nicht mehr verspürt habe.“ fügte er noch hinzu, doch man konnte sehen, dass seine Gedanken weit weg in der Ferne, in einer anderen Zeit waren. Der Fragende nickte als ob er wisse worum es seinem Gegenüber ginge und blieb für eine Weile stumm. Doch die Rede schwand nicht für lange, denn die Männer die sich hier um das Feuer herum versammelt hatten, beendeten ihre Mahlzeit nacheinander und begannen allseits zu schwatzen. Manch einer erzählte seinem Nachbarn von seiner Familie, andere sprachen über Frauen , und wieder andere konnten gar nicht genug bekommen und erzählten sich wilde Geschichten über Gefechte und Schlachten an denen sie einst teilgenommen hatten. 183 - 184 - „Sagt Angus, wollt ihr uns nicht ein Lied aufspielen?“ fragte auf ein Mal einer der Männer und riss den Mann aus seinen Gedanken. Von allen Seiten her, kamen befürwortende Zurufe und so konnte sich Angus nicht mehr entziehen. Unter seinem Bündel kramte er eine Laute hervor, die schon alt wie er selbst sein mochte. Möglicherweise noch älter. Prüfend zupfte er die Saiten nacheinander durch und zog die Spannung am Hals des Instruments etwas an, oder gab ein klein wenig nach. Dann spielte er von Königen und Rittern die in ein heiliges Land ausgezogen waren, um es von der Tyrannei eines anderen Volkes zu befreien. Seine Stimmer erhob sich über die der Redenden und brachte sie schnell zum verstummen. Der Klang seiner Laute erfüllte die Luft und brachte den Kriegern wehmütige Gedanken an ein anderes, vielleicht besseres Leben. Kalfet blieb fast der letzte Brocken im Halse stecken als er die ersten Töne von des Barden Laute vernahm. Er schluckte widerwillig den zusammengekauten Brei hinunter und erhob sich langsam mit einem unmenschlichen Grunzen von seinem Platz. Sein Blick wanderte über die Männer der feindlichen Armee hinweg und suchten den Sänger in der Ferne. Die Pupillen des Dämonen focusierten zu einem schmalen Schlitz und zogen das Bild des Barden näher heran. Augenblicklich erkannte Kalfet um wen es sich dort handelte. Dies war der Barde, dessen Tot schon so lange beschlossene Sache gewesen, und dessen Seele er, Kalfet, nicht habhaft geworden war. Langsam schritt er auf den Sänger zu und Wut stieg in ihm an. Wut wie sie eines Dämonen würdig war. Seine Schritte beschleunigten sich zusehends und er überwand die Entfernung zu dem Barden immer schneller. Dadurch 184 - 185 - blieb es natürlich nicht aus, dass er den einen oder anderen Streiter anrempelte, ja sogar umstieß. Ungebührliche Äußerungen wurden ihm hinterher gerufen und der Dämon zog immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. Kalfet schien dies egal zu sein, denn gleich würde er den Sänger erreicht haben und dann würde er ihm die Seele aus dem Leib reißen und sie genüsslich verspeisen. Nur noch wenige Meter trennten ihn von seinem Opfer. Fünf, vier, drei... Plötzlich stoppte er unvermittelt sein Vorwärtskommen. Die Augen traten ihm aus den Höhlen und sein Maul füllte sich mit einer metallisch schmeckenden Flüssigkeit. Kalfet stand vor dem Barden, der vor lauter Schreck wie angewurzelt stehen geblieben war, und sah ihm mit weit aufgerissenen Dämonenschlund blöde glotzend entgegen. Blutiger Schaum triefte ihm aus dem Mundwinkel und suchte sich seinen Weg zum Boden. Ein Zucken überlagerte das ansonsten reglose Gesicht Kalfets und veranlasste den Barden dazu, einen Schritt nach hinten zu machen. Dieser stolperte und fand sich schließlich auf seinem Hosenboden sitzend auf der Erde wieder. Die breite Klinge eines Schwertes hatte sich von der Seite durch Kalfets Brust gebohrt, und das Einzige was ihn noch auf den Beinen hielt, war der angespannte Arm von Alex, dessen Hand den Griff des Schwertes umklammerte. Eine zweite, leicht gekrümmte Klinge näherte sich langsam seiner Kehle. Mit schmerzverzerrtem Gesicht schaute Kalfet an der Klinge entlang bis er Ilyas Gesicht gewahr wurde. „Wie lautet dein Auftrag?“ fragte sie ihn. Er hustete, und dunkelbrauner Sabber troff ihm am Kinn hinab. Doch wie er den Mund öffnen und etwas sagen 185 - 186 - wollte, traf ihn plötzlich ein grellgelber Blitz aus fast heiterem Himmel. Heiter deshalb nicht ganz, weil Alex als er nach oben schaute, Roag auf einem fliegenden Dämonen sitzen sah, der von dort mit eben diesen grellgelben Blitzen um sich warf. Kalfets Schädel blähte sich auf und platzte wie eine reife Melone die man zu Boden hatte fallen lassen. Sein stinkendes, dunkelbraunes Blut verbreitete sich auf die Umstehenden und sein Körper sank endgültig leblos zu Boden. „Das krieg ich doch nie wieder aus meiner Bluse“ schimpfte Ilya und spielte die entsetzt dreinschauende Hausfrau. In diesem Moment fuhr ein weiterer Blitz nicht weit von ihr in die Erde, und gleich noch einer und noch einer. Diese kamen immer näher, so dass sie gezwungen war bei jedem Einschlag einen Schritt zurück zu tun. „Die Pause ist vorbei! Auf die Beine Männer!“ rief Snow laut und deutete ins Wüstenland hinaus, wo sich erneut die Armee der Dämonen näherte. Schon wenige Minuten später, hatten die Truppen des Königreiches ihre Aufstellung wieder eingenommen. Roag, der noch immer versuchte aus der Luft einigen Schaden auszurichten, wurde sofort von den königlichen Bogenschützen unter Beschuss genommen und musste sein Vorhaben erst einmal hinten an stellen. Das verschaffte Gwyndragsil und Alex die Zeit die sie brauchten, um in die Luft zu kommen und von dort aus direkt gegen Roag und seinen fliegenden Freund vorgehen zu können. „Auf geht´s, mein Freund! Auf ein Neues!“ rief Snow, und schon trug sie der kräftige Flügelschlag des Drachen in die Lüfte. 186 - 187 - Kapitel 7: Das Ende der Dämonen Roag ließ ihnen aber auch nicht die kleinste Chance. Noch während der Drachen versuchte an Höhe zu gewinnen, beschoss sie der feige Dämon bereits mit seinen Energiekugeln, und Gwyndragsil hatte echte Mühe, seinen schweren Körper in der Luft zu halten. „Der scheint es wirklich ernst zu meinen, was?“ rief Alex seinem geschuppten Freund zu, während er mit seinem Schild eine der energiegeladenen Kugeln abwehrte. Doch Gwyn hatte keine Zeit einen bestätigenden Blick zu ihm nach hinten zu werfen. Statt dessen räusperte er sich sehr lautstark und zog einen fürchterlich großen Brocken den Hals entlang in seinen Rachen hinauf. Alex konnte genau sehen, wie sich die dicke Masse mit einer rundlichen Wölbung den Hals nach vorne zum Kopf voran bewegte. Er ahnte schon, dass der Drachen nun bestimmt wieder einen üblen Trick auf Lager hatte und diesen gleich preisgeben würde. Vorsichtig ließ er die Zügel ein wenig lockerer, so dass Gwyn mehr Bewegungsfreiheit hatte. Dieser bemerkte die Geste sofort, schwang noch zwei, drei Mal mit den Flügeln und brachte sich dadurch in eine geeignetere Schussposition. Dann bäumte er sich kurz auf, holte tief Luft und spie einen fürchterlich stinkenden Klumpen halb verdauten Mageninhaltes heraus. Snow überlegte schon, welch eine Wirkung das wohl auf Roag haben würde, denn er sah nichts magisches an ein paar nicht ganz verdauten Essensresten. Doch als diese 187 - 188 - den Katzendämonen trafen, zeigte sich schon bald eine Reaktion. Angeekelt von dem Sabber versuchte Road sich den Brei aus halb Verdautem vom Körper zu wischen, doch es klebte wie ein zäher Brei aus Baumharz an ihm. Kleine Rauchwölkchen bildeten sich und stiegen von seiner Haut auf, ähnlich wie bei einem Menschen der gerade von der Sauna heraus in die Kälte trat. „So, die Lunte brennt.“ meinte Gwyndragsil darauf hin. „Wir sollten ihm nun Feuer geben.“ fügte er an und pustete einen dünnen feurigen Faden in Roags Richtung. Der aufsteigende Dunst reagierte wie ein Gas und entzündete sich explosionsartig. Die Verpuffung war nicht sehr groß, doch genügte sie, um sowohl Roag als auch sein Reittier völlig in Brand zu setzten. Laut schreiend und wild um sich schlagend rasten sie dem harten Wüstenboden entgegen. Unten, in der durcheinanderlaufenden Menge aus Menschen, Zwergen, Trollen und Katzenmenschen, lag der fast tote Körper von Kalfet. Sein tot geglaubter Blick sah den brennenden Anführer zu Boden stürzen und zauberte ihm ein Lächeln in seine dämonische Fratze. Seine Augen folgten dem brennenden Bündel bis es auf dem Boden aufschlug. Kalfets Lungen stießen blubbernd Luft durch den blutenden Schlitz in seiner Seite, dann starb er endgültig. Doch das Lächeln auf seinen Lippen war ihm geblieben. Als die sich schon am Boden im Kampf befindlichen Dämonen sahen, wie ihr Anführer brennend zu Boden stürzte, brachen sie in wildes Geheul aus. Sie verloren schlagartig ihre ernsthaft eingehaltene Schlachtformation und liefen auf ein Mal ohne jeden Sinn und Verstand 188 - 189 - durcheinander auf dem Schlachtfeld herum. Die Armee des Königreiches hatte dadurch die Chance bekommen, auf die sie so lange gewartet hatte. Travis Morgan und Mungo el Sarif trieben ihre Männer nach vorn und töteten was ihnen unter die Klingen kam. Doch auch wenn die Dämonenbrut planlos erschien, verteidigten sie dich doch mit vehementer Macht, und erst nach vielen Stunden des Kampfes, als nur noch eine Hand voll von ihnen übrig war, gaben sie den Kampf endlich auf. Mit keuchendem Atem erflehten sie die Gnade des Königreiches, obschon sie zu wissen schienen, dass ihr Tod bereits beschlossene Sache war. Sie wurden zunächst gefangengesetzt und gut von den Soldaten bewacht, während die Königin sich mit ihren Leuten in den Palast von Tolun zurück zog und sich der Erschöpfung hin gab. Drei „Tage“ nachdem die Schlacht beendet war, trat sie zusammen mit ihren Gefährten vor die Gefangenen und verkündete das Urteil. Es lautete; Ewige Verbannung aus dieser Dimension. Die noch am Leben verbliebenen Magier eskortierten die Dämonen in den Wald, dorthin wo das Siegel gebrochen worden war. Man schickte sie hindurch und verschloss das Tor mit den stärksten Zaubersprüchen die man kannte. Nie wieder sollte es einem Dämonen gelingen, dieses Tor zu öffnen und Unheil über das Land Skataris zu bringen. Einige Stunden später.... Die orangerote Sonne von Skataris brannte wohltuend auf Snows Körper herab. Er und Ilya lagen nur mit einem leichten Handtuch um die Hüften gewickelt auf einer hölzernen Pritsche auf dem Balkon ihres Zimmers und dösten vor sich hin. Sie hatten sich nach der Schlacht 189 - 190 - hierher zurück gezogen, hatten eine Kleinigkeit gegessen und ausgiebig gebadet, um all den Staub, den Schmutz der Schlacht und das verkrustete Blut von ihren Körpern zu waschen. Und dann hatten Sie geschlafen. Alex schätzte es waren so zwei bis drei Stunden gewesen, aber in Skataris konnte man das nie so genau sagen. Er drehte sich auf den Bauch und stützte das Kinn auf die Handrücken. Seine Gedanken kreisten um die letzten „Tage“. Er war froh, dass dieses Debakel mit den Dämonen endlich zu Ende war, fühlte sich aber trotzdem nicht richtig glücklich. Irgendwie war ihm das Ende zu schnell gekommen. Er konnte noch nicht begreifen, dass sie so leicht über diese bösartigen Wesen gesiegt hatten. Gut, die Dämonen hatten ihnen wahrlich nichts geschenkt. Mit ausgesprochen großer Vehemenz erwehrten sie sich ihrer Haut, aber schließlich hatten die Krieger des Königreiches doch gesiegt. In einigen Stunden würde Königin Tara ein Fest für alle Soldaten und nichtmenschlichen Mitstreiter geben. Eine Gedenkfeier für die vielen Gefallenen würde die Zeremonie einleiten, anschließend würde man ausgiebig feiern. Essen, trinken und Mummenschanz würden die Stunden mit einem bunten Programm ausfüllen. Alex schnaubte leise und dachte sich „Schon wieder Stress“. Die sanfte Berührung von Ilyas Hand riss ihn aus seinen Gedanken. Er drehte sich zu ihr herum, schob den Arm nach oben und stützte den Kopf auf die Hand. „Wie geht es dir?“ fragte die blauhäutige Wassernixe mit einem freundlichen Lächeln. Snow hatte sie vorhin hier her getragen. Ilya hatte sich im Bade sehr entspannt und dabei hatten sich ihre Beine wieder in Flossen verwandelt und ihr golden schimmerndes Haar war wider zu der festen Wulst auf ihrem Rückrat geworden, dem 190 - 191 - Überbleibsel einer Rückenflosse. Jetzt, nachdem sie hier eine Weile in der Sonne gelegen hatte, waren ihre Beine wieder schlank und schön, ihre Füße hatten wieder je fünf Zehen und ihre Haare bewegten sich geschmeidig in der leichten Brise. Alex sog langsam an einem Atemzug. Er schmeckte nach ihrem Parfum. Ein feiner Hauch von Magnolien und Bergamotte. Sein Lächeln kam von Herzen, hatte aber einen leicht angestrengt wirkenden Unterton. Doch als sich Ilya ganz leicht im Licht der orangeroten Sonne bewegte, fing sich ein Lichtstrahl auf einem Wassertropfen ihrer feucht glänzenden Haut und ließ das helle Blau kurz aufleuchten wie einen Saphir den man unter einem Juwelierglas begutachtete. „Gut, danke. Ich bin nur ein wenig verspannt.“ antwortete er und strich ihr mit der Hand sanft über die Wange. „Hast du gut geschlafen?“ fragte er nun seinerseits. Sie drehte sich kurz auf den Rücken, atmete tief ein und antwortete dann mit einem zackigen „Ja!“. „Und ich bin zu allen Schandtaten bereit.“ fügte sie mit einem frechen Grinsen hinzu. „So? Und was für Schandtaten schweben dir da vor?“ „Tja, da fangen wir doch mal ganz langsam an.“ gab sie bekannt und erhob sich auf die Knie. Sie fasste nach Alex Schulter und drehte den Mann wieder auf den Bauch. Dann schwang sie ein Bein über seinen Rücken hinweg und setzte sich auf seinen Po. Aus einem kleinen Steintiegel der neben der Holzpritsche stand, träufelte sie ihm einige Tropfen eines wohlriechenden Öles zwischen die Schulterblätter. Es enthielt einen Extrakt aus Nelken, eine Winzigkeit von Chili und von anderen Naturheilmitteln. Ein perfektes Massageöl also. Wenngleich man damit ohne weiteres auch einen Braten einstreichen könnte, um nach dem 191 - 192 - Garen einen vorzufinden. wunderbar würzigen Geschmack Mit langsam, kreisenden Bewegungen verteilte Ilya das Öl auf Snows Rücken, Schultern und Oberarmen. Ihre Hände bewegten sich mit geschickter Präzision über die sanften Hügel und Täler seiner Muskulatur, wobei ihr Druck stetig zunahm. Ein gemütliches Brummen, dass sich Snows Kehle entwand, versetzte seinen ganzen Körper in leichte Schwingungen. Es war ein wohltuendes Brummen. Ilya musste lachen. „Du schnurrst so gut wie die Katzenmenschen die mit uns gekämpft haben wenn sie in den Pausen von ihren Weibchen liebkost wurden.“ „Nun, das liegt daran,...“ begann er zu murmeln. Man konnte ihn kaum verstehen, denn er nuschelte es ein wenig in seinen Bart hinein. Doch dann legte er die Wange auf den Handrücken. „... dass ich mich in diesem Moment wohl genau so glücklich und zufrieden fühle wie diese Kater." „Aha, dann bin ich jetzt wohl deine Katze. Dein Weibchen.“ „Hmhm, ja.“ Ilya zog die Finger an und fuhr Alex leicht mit den Nägeln über den Rücken. „Grrrr, miauuu.“ machte dieser. Ilya musste laut lachen. „Das gefällt dir wohl?“ fragte sie ihn und er gab erneut einen Ton brummenden Wohlgefühls von sich. Sie zog ihre Fingernägel weiter über seine Seiten und den Rücken, wo sie dünne rote Striche auf seiner Haut hinterließen. Doch es waren keine bleibenden Spuren, denn sie verblassten sogleich wieder. 192 - 193 - Ihre Hände wanderten über den Rücken hinab zum Poansatz, krallten sich in das dünne Handtuch, nur um es anschließend mit einem kräftigen Ruck von dort fort zu nehmen. Sie hob ihr Gesäß an, und Snow bemerkte, dass sie ihr eigenes Handtuch ebenfalls ablegte. Sanft schmiegte sich ihr Körper an den seinen. Mit ihrer Rechten fuhr sie unter Snows Achsel hindurch, so dass seine Brust auf ihrer kleinen Hand zu liegen kam. Die Linke, schlang sie links herum um seinen Hals, führte die Hand unter seinem Kinn hindurch und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Ihre Beine schlängelten sich an seinen Hüften entlang. So blieben sie eine Weile liegen. „Ich liebe dich, Alex.“ flüsterte sie. Snow hob den Kopf ein wenig an und küsste ihre Hand, die sich immer noch unterhalb seines Kinnes befand. „Ich liebe dich auch, Ilya. Mehr als mein Leben, mehr als alles andere das ich je liebte.“ Er küsste die Hand erneut. Ihre Fingerspitzen liebkosten seine Lippen mit zartem Streicheln. Der Geruch ihres erhitzten, parfümierten Körpers mischte sich mit dem des Öles mit dem sie seinen Rücken eingerieben hatte, und die leichte Bewegung ihres Oberkörpers und ihrer Hüften erregten Snow zusehends. Ihr Mund liebkoste seinen Nacken. Seine Lippen küssten ihre Fingerspitzen, und zuweilen stieß er die Zunge ein klein wenig zwischen ihnen hervor, wie eine Schlange dies tat, um den Geschmack und Geruch ihrer Beute besser aufnehmen zu können. Langsam hob er den Arm und drückte seinen Oberkörper von der Pritsche hoch, um sich umdrehen zu können. Ilya lockerte ihre Umarmung und lies ihn gewähren. Sie setzte sich unterhalb seines Baues auf sein Becken, 193 - 194 - wobei sie an ihrer Kehrseite bereits seine Erregung deutlich spüren konnte. Snow berührte ihre Arme und wollte sie wieder zu sich herab ziehen, doch sie wand sich spielend leicht aus seinem Griff und nahm statt dessen erneut den Tiegel mit dem Massageöl zur Hand. In einem dünnen, langgezogenen Rinnsal, träufelte sie das Öl in die Vertiefung zwischen seiner muskulösen Brust, bis sich dort ein winziger See gebildet hatte. Alex hielt den Atem an, um zu vermeiden dass er von dort weg floss. Mit ihrem Zeigefinger tippte sie vorsichtig auf das ölige Nass, wobei nur ein einziger Tropfen an ihrer Fingerspitze hängen blieb. Diesen setzte sie vorsichtig auf ihrer Zunge ab, rollte die Spitze ein wenig nach oben und beugte sich dann herab. Ohne dass das Öl einen Faden zog, kullerte der Tropfen von ihrer Zunge und landete genau auf Snows linker Brustwarze. Dort verharrte er für den Moment eines Augenblickes, doch dann zerbrach die Kohäsion des Tropfens, der Zusammenhalt seiner Atome und Moleküle, und legte sich wie eine wohlig warme Hülle über diesen empfindsamen Körperteil. Ein lustvoller Schauer lief Snow den Rücken hinab, dann wiederholte Ilya den Vorgang auf der anderen Seite und abermals überkam es ihn. Nur um dem ganzen die Krönung zu geben, beugte sich Ilya danach herab und liebkoste Snows Brust mit ihrer Zunge und mit ihren zarten Küssen. Irgend wann viel später, nachdem Alex Ilya ebensolche Zärtlichkeiten entgegengebracht und sie sich schließlich in mehreren Akten sinnlicher Zweisamkeit vereinigt hatten, hörten sie ein leises Klopfen an der Türe. Ilya, noch ganz in verzückter Glückseligkeit gefangen, bat 194 - 195 - zum Eintritt. Die Türe wurde geöffnet und Travis Morgan betrat die Räumlichkeiten. Er ging durch das Gemach, da sich dort niemand aufzuhalten schien und betrat den großzügigen Balkon. Ilya und Alex lagen noch immer auf ihrer Holzpritsche wie Gott sie geschaffen hatte. Ilyas Haupt war auf Snows Brust gebettet und mit der Linken strich sie sanft über die Wogen seiner Bauchmuskulatur. Der Warlord räusperte sie kurz und klopfte leise an den Teil eines hölzernen Gestelles, an dessen Vorderseite sich Blumenranken und bunte Blütengirlanden empor wandten. Darauf hin wurde sich Ilya der Gegenwart des großen Kriegers gewahr und schreckte aus ihrer verträumten Döserei auf. Ihr Blick wollte Empörung schreien als sie sich ihrer Nacktheit bewusst wurde, doch es war ja ihre eigene Schuld. Sie hatte das Eintreten erlaubt. Doch Travis war taktvoll genug, den Blick nach innen in ihr Gemach zu wenden, so dass sie Zeit genug hatte, etwas zu finden, mit dem sie ihre Blöße bedecken konnte. Sie gab Snow einen leichten Klaps der ihn aus seinen Träumen holte, deutete auf Morgan, der ihnen den Rücken zugewandt in der offenen Balkontüre stand, und auf seine ebenfalls noch blank liegende Manneskraft. Alex warf einen Blick darauf, zog eine Augenbraue und die Schulter hoch, griff neben sich auf den Boden und holte das Handtuch das er zu Beginn um die Hüften geschlungen hatte herauf, bedeckte sich. „Travis, alter Freund, was bringt ihr für Neuigkeiten?“ fragte er den unerwarteten Besucher. Der Warlord drehte sich um und begrüßte die beiden mit einem freundlichen Lächeln. „Ich hoffe ich habe nicht all zu sehr gestört?“ entschuldigte er sich. 195 - 196 - Alex winkte ab. Kein Problem also. „In einer Stunde beginnt die Gedenkfeier für die Gefallenen. Tara wünscht die Anwesendheit aller Krieger. Anschließend werden wir im großen Festsaal unseren Sieg feiern. Es ist bereist alles vorbereitet.“ „Wir werden da sein.“ antwortet Alex und erhob sich. Morgan nickte, und Alex begleitete ihn bis zur Tür von Ilyas Gemach. Er ging zurück zu der Frau die er liebte und half auch ihr auf. Sie würden sich nun beeilen müssen, wenn sie nicht zu spät kommen wollten. 196 - 197 - Kapitel 8: Flucht in die Vergangenheit Der Energiestrahl fraß sich durch den Stahlträger wie ein heißes Messer durch ein Stück Butter. Branda Deveraux konnte sich gerade noch rechtzeitig auf die andere Seite des Steges hinüber retten, bevor dieser unter ihren Füßen nach gab. Ein erschrockener Aufschrei hinter ihr, ließ sie herumfahren. Andrea Taylor hatte den Übergang nicht geschafft und war mit dem Gitter abgestürzt. Nun klammerte sie sich mit den Fingern im Gitter des Steges fest und versuchte verzweifelt mit der anderen Hand einen sicheren Halt zu finden. Das Metallgitter baumelte nur noch an einem dünnen Verbindungsblech über dem Abgrund, der, würde das Material zu schnell ermüden, den Steg und Taylor verschlänge wie ein Fahrstuhlschacht dies mit einen abgerissenen Lift täte. Etwa fünfzig Meter weiter unten, standen die drakonianischen Soldaten die auf die Flüchtenden geschossen hatten zwischen den Bäumen und warteten darauf was passieren würde. Auf ihrer Flucht durch das Schiff der Drakonianer waren sie an zahlreichen Türen vorbei gekommen die aber alle abgeschlossen, oder eine unzureichende Möglichkeit zur weiteren Flucht geboten hatten. Schließlich waren sie auf die Türe eines Liftes gestoßen, der sie im Bruchteil einer Sekunde einige Meter weiter nach oben befördert hatte. Sie verließen das Gefährt und gingen einen weiteren 197 - 198 - Gang entlang, bis sie zu der Tür gekommen waren, durch die sie eben geschlüpft sind. Auf der anderen Seite fanden sie sich auf diesem Steg wieder, der sich in schwindelerregender Höhe durch diesen riesigen Raum zog. Unter ihnen befand sich eine Art Arboretum, eine Parkanlage mit den unterschiedlichsten Baum- und Straucharten, die den Drakonianern wahrscheinlich zu wissenschaftlichen Zwecken, aber wohl eher zu Erholungszwecken diente. Man konnte zwischen den Bäumen zuweilen spezielle Sitzgelegenheiten für die Draks sehen. Felsen die groß genug waren um sich darauf auszustrecken, wurden von Wärmelampen bestrahlt, aber auch Grasflächen und Nisthügel konnte man erkennen. Branda wollte sich soeben auf den Steg werfen um Andrea eine hilfreiche Hand hinunter zu langen, da schoss bereits ein weiterer Energiestrahl an ihrem Gesicht vorbei und trieb sie wieder zurück. „Verdammt, diese Schweine!“ fluchte sie und ging in Deckung. Jason trat an ihr vorbei. „Jackson, sie gehen zur nächstbesten Ecke und nehmen die da unten mit ihrem Gewehr unter Beschuss. Branda, decken sie mich.“ befahl er und kniete sich dann an den Abgrund. Ein weiterer Lichtblitz zischte durch die Luft und verfehlte Clarks Schulter nur um Haaresbreite. Er spürte den heißen Strahl unangenehm brennend auf der Haut, ließ sich aber nicht davon abhalten, zu Andrea Taylor hinab zu langen und sie am Handgelenk zu packen. Erschrocken über die plötzliche Berührung warf sie einen Blick nach oben, doch die Erleichterung konnte sich 198 - 199 - kaum einen sicheren Weg durch die Barrikaden der Angst die sie derzeit verspürte bahnen. „Lassen sie los. Ich habe sie.“ sagte Jason mit fester Stimme. „Ich ... ich kann nicht.“ wimmerte Taylor. „Keine Angst, es kann nichts passieren.“ Doch Andrea schüttelte nur mit dem Kopf. Ihre Angst war zu groß. Und sie wurde auch nicht kleiner, denn die Bewegung ihres Kopfes hatte zur Folge, dass sich in dem dünnen Halteblech, an dem der Steg nur noch hing, ein Riss gebildet hatte, der sich nun langsam zur anderen Seite hin ausdehnte. „Andrea bitte!“ rief er hinab. „Ich ... habe Angst.“ „Das weiß ich, Andrea. Aber wenn sie jetzt nicht loslassen, werden sie garantiert abstürzen.“ Doch plötzlich fand ihre andere Hand ebenfalls Halt in den dünnen Streben des Gitters und krallten sich dort ebenfalls krampfhaft fest, bis die Haut über Taylors Knöchel ganz weiß wurde. Clark handelte instinktiv und blitzschnell. Er ließ ihr Handgelenk wieder los, krallte die Finger ebenfalls in den Gitterrost und packte fest zu. Die dünnen Streben verbogen sich unter seinen Fingern zu einem stabileren Knäuel. Die Muskulatur an seinem Arm spannte sich über Gebühr, dann zog er an. Das Halteblech löste sich vom Rest des Steges und das Gitter wurde mit samt Andrea Taylor in die Höhe gehoben. Unterdessen schossen die beiden Parteien ohne Unterlass aufeinander. Die Drakonianer hatten Schutz zwischen den Bäumen gesucht, nachdem Jackson zwei von ihnen mühelos mit einem Kopfschuss niedergestreckt hatte. 199 - 200 - Clark setzte das Gitter kurz ab um Taylor herunter zu helfen. Mit einem leichten Schubs bugsierte er sie in Jacksons Richtung, wo sie in Deckung gehen konnte. Dann packte er das schwere Gitter, es wog fast eine Tonne, so schien es ihm, stemmte es über den Kopf und warf es dann in hohem Bogen über die niedrige Brüstung auf die unten stehenden Drakonianer hinab. Natürlich warteten die Draks nicht darauf, dass ihnen das Gitter auf den Kopf fiel, so dumm waren sie nun auch wieder nicht. Sie begaben sich rechtzeitig hinter den Bäumen in Sicherheit und warteten darauf, dass sich der aufgewirbelte Staub wieder legte. Doch auch Commander Clark und die anderen warteten nicht darauf, dass die unten stehenden wieder das Feuer auf sie eröffnen konnten. Sie eilten schnellstmöglich über den Rest des Steges hinweg zur anderen Seite und verschwanden dort im nächsten Gang. „Langsam wird es Zeit, dass wir uns was zum Abhauen suchen.“ meinte Branda, während sie neben Clark einher ging. Er sah kurz zu ihr rüber, sagte aber nichts weiter dazu. Er wusste schon, dass es langsam brenzlig wurde. Jackson ging von sich auch wieder nach vorne und sah nach, welchen Weg sie nehmen konnten, ohne gleich einem Trupp Drakonianer in die Arme zu laufen. Für einige Minuten war er außer Sicht der anderen gewesen, da kam er auf ein Mal um die nächste Ecke herum angerannt. Energiestrahlen begleiteten sein Laufen und bohrten sich nicht unweit vor ihm in die Wandverkleidung des Ganges. „Achtung!“ rief er „Drei Draks sind hinter mir her!“ Jason hielt an und bugsierte die Frauen an die Wände des Ganges. Branda ging sofort mit der Waffe im Anschlag in die Knie und wartete auf das Erscheinen des Feindes, Clark tat das Selbe. Jackson ließ sich direkt in 200 - 201 - der Mitte des Ganges auf den Boden fallen, rollte sich auf den Bauch und nahm das Gewehr in Anschlag. Die Drakonianer, noch ganz in ihrem Eifer gefangen, dem Feind eins auszuwischen, bogen ohne Arg um die Ecke und liefen direkt in die Falle. Unter heftigen Beschuss stoben sie auseinander wie ein wild gewordner Entenschwarm, doch der Raum bot nicht genügend Platz und so standen sie sich selbst mehr im Wege als ihnen bewusst war. Sie starben, noch bevor sie es richtig bemerkten. Plötzlich kam hinter der Ecke des Ganges eine Klinge zum Vorschein, an die ein weißes Tuch gebunden war. Mit einer leichten Auf und Ab Bewegung machte jemand auf sich aufmerksam. „Steve,...“ zischte Deveraux dem am Boden liegenden Marine zu, „... sagtest du nicht es seien nur drei gewesen?“ Clark sah kurz zu dem Mann am Boden. „Das ist korrekt, Ma´am.“ zischte dieser zurück. Jason trat einen knappen Schritt nach vorn und rief: „Wer immer dort hinter der Ecke steht, zeigt euch, oder wir eröffnen wieder das Feuer!“ „G... gut. Ich komm... komme raus. Aber ... bitte ... nicht mehr schießen.“ „Na gut. Ihr habt unser Wort. Kommt heraus. Wir werden nicht schießen.“ rief Clark zurück. Das Wedeln des weißen Tuches hörte auf, und die gesamte Länge der Klinge wurde sichtbar. Es war ein Samuraischwert. Clark erkannte die Waffe sofort. Es war Tanakas Schwert. Dann lugte ganz langsam die Spitze einer Drachenschnauze gefolgt vom ganzen Kopf hinter der 201 - 202 - Ecke hervor. Es war ein Echsenmann. Er war ähnlich groß wie Boral Gan, vielleicht einen Kopf kleiner, doch wirkten seine Züge deutlich älter als die des Captains. Ein kleiner, weißer Ziegenbart zierte sein Kinn an der Unterseite, und zwei kleine weiße Büschel traten hinter den breiten Backenschilden zum Vorschein. Auch die Kleidung die er trug unterschied sich nicht sonderlich von der des toten Captains, wenn man davon absah, dass der Lendenschurz nicht aus Leder sondern aus einem fein gewebten, dunklen, fast schwarzen Stoff, verziert mit goldenen Stickereien bestand. Auch er gehörte zu der Art Drakonianer die Clark nie zuvor gesehen hatte. „Ich... ich bin Drahl. Drahl Regat. Ich bin der ehemalige Captain dieses Schiffes.“ Clark gebot ihm mit einer Handbewegung Halt. Mit dem Fuß tippte er Jackson an, der immer noch am Boden lag und den Fremden im Visier fest hielt. Als er sich dessen Aufmerksamkeit sicher war, schickte er ihn mit einer Handbewegung nach vorn, in dem er an dem Fremden vorbei zeigte und sich dann mit zwei Fingern auf die Augen deutete. Für Jackson war klar was das zu bedeuten hatte. Er sollte nach vorne gehen und nachsehen, ob da noch mehr von den liebenswürdigen Draks auf sie warteten. Ohne einen Gedanken an einen Widerspruch zu verschwenden, erhob er sich und ging los. Im Vorbeigehen warf er einen kurzen Blick auf den Drak der noch immer mit dem Schwert in der Hand im Gang stand. „Ihr lasst besser euer Schwert fallen, wenn ihr nicht doch noch erschossen werden wollt.“ raunte er ihm zu und ging dann weiter. 202 - 203 - Der Drak schien dies zu verstehen, denn kaum war Jackson einen Schritt hinter ihm, hörte er wie das Schwert zu boden fiel. „Ihr zeigt uns die Parlamentärsflagge. Was wollt ihr?“ fragte Jason den alten Echsenmann. „Ich ... ich kann euch helfen. Helfen von hier zu fliehen.“ „Wieso sollten wir euch glauben? Das Schwert das ihr benutzt gehört unserem Freund Tanaka. Wo ist er? Und wo ist der Soldat der bei ihm war?“ Der alte Drak sah zu dem auf dem Boden liegenden Schwert und ließ einen deutlichen Seufzer hören. „Der Mann dem diese Waffe gehörte, ist tot. Von dem anderen weiß ich nichts. Ich fand dies Schwert als sich die meisten Wachen aus dem Hangardeck verzogen hatten und auf die Suche nach euch gingen. Boral Gan, er war mein Erster Offizier, hat sie vermutlich umbringen lassen.“ „Gan? Ich dachte er wäre der Captain dieses Schiffes?“ „Ja, das stimmt.“ seufzte der alte Drache. „Nun ja, nicht ganz. Eigentlich bin ich noch immer der Captain hier. Doch Boral hatte vor Kurzem ein Treffen mit diesen,... diesen Fischmenschen und bot ihnen eine Allianz gegen die anderen Mächte in diesem Sektor an.“ erklärte Drahl und machte dann eine kurze Pause. Sein Alter schien ihn dazu zu zwingen, denn er atmete schwer. „Kurz danach scharte er loyal zu ihm stehende Männer um sich und riss dadurch die Macht an sich.“ „Und er hat euch nicht getötet?“ hakte Jason nach. „Nein. Wohl aus Respekt vor meinem Alter wie er mich wissen ließ.“ „Nun, dann wird es euch freuen zu hören, dass ihr den Job als Captain wieder habt. Boral Gan ist tot.“ ließ Jason ihn wissen. Drahl Regat riss die Augen auf vor 203 - 204 - Überraschung, doch sein Gesichtsausdruck wechselte sogleich wieder zu einem Ernsteren. „Ihr wollt mich auf den Arm nehmen, Mensch. Ich sah Boral vor nicht einmal zwei Stunden mit euch in den Besprechungsraum gehen.“ „Nichts läge mir ferner als euch zu belügen, Drahl. Ihr könnt mir vertrauen. Er ist tot. Ich selbst habe ihn getötet.“ bestätigte ihm Clark und zeigte ihm die leeren Handflächen. Drahl Regat sah ihn ungläubig an. Sein Blick wechselte zu den Frauen, und als er Branda zustimmend nicken sah, zogen sich seine Lefzen nach oben und zeigten den Menschen sein schönstes Drachengrinsen. Einige seiner spitz zulaufenden Zähne waren herausgebrochen, andere hatten bereits einen gelblichen Überzug, aber alles in allem machte es noch einen erstaunlich guten Eindruck, und Clark wollte erst gar nicht damit anfangen darüber nachzudenken, was passieren würde, sollte so ein Drak einmal jemanden beißen. „Das ist die beste Nachricht, die ich heute zu hören bekam. Doch leider wird uns das die Xotha nicht vom Halse und euch nicht von meinem Schiff herunter schaffen.“ „Hm, mag sein. Haben sie einen Vorschlag?“ fragte ihn Clark. „Den habe ich in der Tat. Folgt mir.“ Drahl Regat wand sich um und ging den Gang entlang, den er kurz zuvor hier her genommen hatte. Clark und die anderen folgten im wortlos. Nach ein paar Metern ohne Worte, sah Clark den Drakonianer fragend an und wartete auf eine Erklärung. Captain Regat sah zurück und nickte. 204 - 205 - „Wir können nicht so einfach das Schiff übernehmen und weg fliegen. Die Getreuen von Broral Gan würden uns mit Sicherheit daran hindern.“ begann er. „Und woran dachtet ihr dann?“ warf Branda von hinten ein. Regat wand sich auch zu ihr kurz um, richtete seinen Blick aber sogleich wieder nach vorne. Es gibt für euch nur eine Möglichkeit von diesem Schiff herunter zu kommen. „Und die wäre?“ wollte Jason endlich wissen. „Dieses Schiff besitzt einen Chronotonpartikelemitter der in der Lage ist ohne Zeitverzögerung eine Quantensingularität zu erzeugen die es uns ermöglicht, weite Entfernungen ohne großartigen Zeitverlust zu überbrücken.“ erklärte er. Jason dachte kurz nach und meinte dann: „Von solch einem Gerät habe ich noch nie gehört, aber es hört sich interessant an.“ Clark machte ein grübelndes Gesicht. „Könnt ihr mir sagen, weshalb wir dann vor kurzem noch eine Reise gemacht haben, die uns über ein Jahr Zeit gekostet hätte, wären wir nicht an die Technologie der Alamak geraten?“ „Ja, das kann ich. Dieses Schiff war zum Zeitpunkt eures Starts zu den Alamak noch gar nicht fertig gestellt. Und Folge dessen stand die Technologie damals noch nicht zur Verfügung. Eigentlich dürften wir auch heute noch nicht hier sein, denn das Schiff ist immer noch nicht fertig geschweige denn geplant. Und wiederum eigentlich, wird dieses Schiff erst in ungefähr dreihundert Jahren fertiggestellt sein und die Schiffswerft von Minori Prime verlassen können.“ „Das heißt, dass Gan einen Quantensprung von mehr als dreihundert Jahren durchgeführt hat um hier her zu gelangen?“ fragte Jackson, der inzwischen von seinem 205 - 206 - Aufklärungsausflug zurückgekehrt war und das Gespräch mitverfolgen konnte. „Dreihunderteinundachtzig Jahre, vier Monate und drei Tage. Dieses Schiff kommt aus dem 28. Jahrhundert, Commander. Und ich war über zwanzig Jahre lang der Captain.“ Clark hörte, genau wie die anderen. fasziniert zu. „Gan kam vor ungefähr vier Jahren zu uns. Er stellte sich außerordentlich gut an und wurde bereits ein Jahr später mein Erster Offizier.“ Drahl Regat führte die Gruppe weg von den allgemein gängigen Wegen des Schiffes, durch Lagerräume und Quartiere, durch Schachte und über schwindelerregende Brücken eines weiteren Arboretums. Doch schließlich betraten sie einen Raum in dem es nichts weiter gab als einen großen Kreis der vor elektrischer Spannung knisterte. „Vor etwa einem halben Jahr, liefen wir erneut die Werft der Minori an. Um Wartungsarbeiten durchführen zu lassen. Dabei wurde Gans Aufmerksamkeit auf diesen Ring hier gelenkt.“ erzählte er weiter. „Und was ist das?“ fragte Brande den Alten. „Dies, meine lieben Mitverbündeten, ist ein Teleportationsgateway.“ verkündete er nicht ganz ohne Stolz. „Damit und in Verbindung mit dem Chronotonpartikelemitter ist es möglich an jeden beliebigen Punkt in der Galaxis zu reisen. Ohne Zeitverzögerung.“ er schnippte mit den Fingern. „Einfach so!“ Schweigen trat in die Runde, und man konnte förmlich sehen, wie die Gehirne arbeiteten. Nach einem Augenblick der Ruhe, meldete sich Jason wieder. 206 - 207 - „Muss es auf dem Planeten zu dem man will ein weiteres dieser Gateways geben?“ „Nein, nein, Commander. Das ist nicht notwendig. Zumindest nicht direkt. Wenn sie einen Planeten betreten haben, können sie innerhalb eines kleinen Zeitfensters von zwei Minuten sofort zurückkehren. Bleibt das Gateway hier aktiviert, können sie nach jedem Zyklus, bzw. nach jedem Durchlauf der anwählbaren Welten erneut versuchen hierher zurückzukehren. Das kann dann aber, je nach dem wie viele Planeten im Speicher arretiert sind, mehrere Tage dauern. Ist das Gateway nicht aktiviert, müssen sie auf dem Planeten bleiben bis es wieder aktiviert wurde und sie jemand darüber in Kenntnis gesetzt hat. Befindet sich ein funktionsbereites Gateway auf einem Planeten, kann die Rückreise jederzeit und zu jeder Stunde an jeden anderen Ort und zu jeder Zeit stattfinden, die dem Reisenden beliebt.“ „Das eröffnet ungeahnte Möglichkeiten.“ sinnierte Clark laut. „Das mag sein. Doch Gan hat dieses Ding ohne meine Zustimmung an Bord gebracht und wollte es für seine Eroberungsstreifzüge durch die Galaxie benutzen. Er versprach den Männer die ihm folgen wollten eine Unmenge an Profit. Ganze Welten sollten dem Eroberer danach zu Füßen liegen. Das konnte ich nicht zulassen.“ „Eine noble Entscheidung wie ich meine. Was wird passieren, wenn ihr den Ring zerstört?“ „Er wird das Schiff und alles in einem Umkreis von mehreren hunderttausend Kilometern zerstören. Jedes Schiff, jedes Lebewesen hört dann auf zu existieren. Das mag sich schlimm anhören, lässt sich aber nicht vermeiden. Meine Berechnungen waren allumfassend. Glaubt mir, meine Freunde.“ 207 - 208 - Die Türe des Transporterraumes mit dem Gateway hatte sich hinter der Gruppe geschlossen. Drahl Regat trat zu einer Konsole und aktivierte den Ring. Es dauerte nicht lange, da begann der Ring Bilder von fremden Welten in seinem Inneren zu projizieren. Fast eine halbe Stunde war vergangen und nur unbekannte Welten waren aufgetaucht, vierzehn an der Zahl. Doch keine war ein Flecken auf dem die vier Freunde Halt machen wollten. Und so ließen sie eine nach der anderen vorüberziehen und keiner wagte es einen Fuß über die Schwelle zu setzen. Es war eine ganze Weile vergangen in der niemand ein Wort gesagt hatte, doch auf ein Mal wand sich Clark zu den Frauen um und sprach: „Ihr müsst gehen, Branda. Unsere Probleme sind doch nur ein klitzekleiner Faden im galaktischen Teppich der Ereignisse. Ihr mögt es heute noch nicht verstehen, vielleicht auch morgen noch nicht. Aber eines Tages werdet ihr es verstehen, und vielleicht werden wir uns dann wiedersehen. Also los, geht nun in das Shuttle und seht nicht mehr zurück.“ Branda wollte noch etwas sagen, doch Clark hob die Hand. Dann gingen sie durch die Türe und waren verschwunden. „Ne schöne Rede war das, Commander.“ meinte Regat und lächelte noch einmal mit seinem schönsten Drachengrinsen. Clark sah zu Boden. Er war bekümmert darüber, dass er die anderen fortschicken musste. Aber wer überleben wolle, durfte nicht mehr hier auf dem Schiff sein. „Ja, das fand ich auch.“ sinnierte er laut. Clark wartete noch ein wenig nachdem die anderen gegangen waren, bis er sich wieder auf den aktuellen Ablauf des Gateways konzentrierte. Der Zugang zu 208 - 209 - einigen Welten war bereits vorüber gezogen, da pochte jemand heftig an die Tür des Raumes. „Sie haben uns gefunden.“ Meinte Drahl Regat völlig ungerührt. „Dann sollten wir uns beeilen von hier weg zu kommen.“ „Eile wird nicht nötig sein. Wir müssen ehedem warten bis die richtige Welt wieder erscheint. Und außerdem habe ich das Tor fest verschlossen. Sie müssen sich schon mit einem Laser durch das Material brennen, wenn sie hier herein kommen wollen.“ Erklärte der alte Drachenmann. Die Worte beruhigten den Commander ein wenig, doch er bemerkte schon, wie sein Blick mit jedem Pochen an der Tür sehnlicher auf das erneute Erscheinen des Bildes der Stadt Tolun wartete. „Ihr solltet mit mir kommen Drahl. Hier wärt ihr nicht sicher.“ „Euer Angebot ehrt euch, Commander, doch wenn ich nicht hier bleibe, dann wird diese Maschine ausgeschaltet werden und ihr würdet nicht wieder zurück kommen können.“ Clark sah ihn mit gemischten Gefühlen an. Irgendwie war ihm die alte Echse sympathisch geworden, obwohl er ihn erst so kurz kannte. Sagen tat er jedoch nichts dazu. „Und außerdem bin ich nun wieder der Captain auf diesem Schiff, und eine zweite Meuterei werde ich nicht zulassen.“ „Nun gut. Ich kann euch nicht dazu zwingen. Aber ich bitte euch, das Gate so lange offen zu halten wie möglich. Ich werde zurück kommen. Mit oder ohne Hilfe.“ „Das weiß ich.“ Sagte Drahl, und da erschien auf ein Mal ein Bild des Palastgeländes von Tolun im Tor. 209 - 210 - „Das ist es!“ rief Clark. „Aber es hat den Standort gewechselt. Wie ist das möglich?“ „Das weiß ich nicht genau. Aber eine Möglichkeit ist, dass es auf diesem Planeten mehrere Stellen gibt, wo ein Umsteigen möglich ist.“ Erklärte der Alte. „Ihr solltet jetzt gehen, das Tor bleibt nur zwei Minuten offen.“ Clark erwiderte Drahls Händedruck und schritt dann in das Tor. Dann drehte er sich noch ein Mal um und fragte: „Was geschieht wenn sich das Tor beim nächsten Mal irgend wo anders öffnet und ich nicht dort bin?“ Der Alte machte ein Gesicht als müsse er sich seine Antwort richtig gut überlegen. Doch dann schien er sie zu haben: „Nun, eigentlich macht das überhaupt nichts. Ich kann das Gateway zu jeder Zeit wieder in Betrieb nehmen, und wenn es erst in zwanzig Jahren ist.“ „In zwanzig Jahren?“ rief Clark erschrocken. „Ja, aber keine Angst, das Tor arbeitet ja durch Raum und Zeit. Theoretisch könnte sich die Öffnung zur Rückkehr schon zwei Minuten nach eurer Ankunft wieder öffnen und hier wären in der Zwischenzeit ein paar Jahrhunderte vergangen. Doch nun geht, es wird Zeit.“ Versuchte der Drachenmann beruhigend auf Jason einzuwirken, doch so richtig glücklich war Clark über diese Erklärung nicht. Dann betrat er das Tor. In diesem Moment hatte der Feind das Eingangstor zum Portalraum durchbrochen und sah sich hektisch nach den Flüchtenden um. Doch niemand war mehr hier. Es wurden zwei drakonianische Wachen zurück gelassen, um zu verhindern, dass jemand erneut das Portal benutzte. Die anderen zogen weiter. Ein Blitz durchzuckte kurz darauf den Portalraum und Drahl Regat erschien mit der Waffe in der Hand im 210 - 211 - Ereignishorizont. Mit zwei kurzen, gezielten Hieben setzte er die Drakwachen außer Gefecht, und erwartete sodann die Rückkehr der Freunde. Kapitel 9: Die Ankunft Wind kam auf von Westen her und trug Staub und trockene Blätter in der Luft mit sich. Immer stärker und stärker wehte er und blähte schon bald die seidenleichten Vorhänge in den Palastzimmern auf. Die Temperatur fiel spürbar um einige Grad. Es war die Zeit der „Nachtruhe“ in Skataris, und viele lagen in ihren Betten. So auch Alex und Ilya. Die sommerliche Hitze der Tolun über das ganze Jahr hinweg ausgesetzt war, machte es nicht notwendig, sich beim Schlafen mit etwas zu bedecken. Nur aus reiner Gewohnheit, hatten Snow und Ilya sich ein dünnes Tuch aus kesanianischer Seide übergeworfen, doch dies bedeckte sie nach dem leidenschaftlichen Akt der letzten Stunden nur noch um die Lenden herum. Alex lag auf dem Rücken und hatte die Finger unter dem Kopf verschränkt. Die Wassernixe hatte sich an seine Linke geschmiegt und den Kopf auf seinem Oberarm gebettet. Ihr warmer Atem strich sanft über seine Brust und die Rippen. Beide schienen fest zu schlafen, doch als der 211 - 212 - Wind immer stärker wurde und sich unaufhörlich den Weg durch die Zimmer des Palastes suchte, erreichte er auch Alex und Ilya. Der kalte Hauch des Sturmes der über Tolun aufzog sauste ungebremst über Snows Körper hinweg und lies seine Brustwarzen hart werden. Gänsehaut bildete sich auf seiner Haut. Instinktiv griff er nach der Decke und wollte sie weiter zu sich herauf ziehen, doch irgend wie hatten sie sich bei ihrem Liebesspiel derart darin verheddert, dass dies nun nicht so ohne weiteres möglich war. Auch Ilya fröstelte es nun. Ihre hellblaue Haut veränderte ebenfalls die Oberfläche, doch sah es nicht ganz so aus als bekäme sie eine Gänsehaut. Es hatte eher den Anschein, als bilde sie einen Panzer aus winzig kleinen Schuppen gegen die aufkommende Kälte. Dann hob sie plötzlich den Kopf und schaute sich suchend um. Alex bemerkt dies und fragte sie was los sei. „Das Wetter.“ Sagte sie nur knapp. „Hm. Ja, du hast recht. Es ist kälter geworden.“ Bemerkte er, nun da er endlich wach war. „Ja.“ Bestätigte sie und erhob sich. Nackt wie sie war, ging sie ohne jede Scham zum Balkon und trat hinaus auf die Terrasse. Dunkle Wolken blähten sich über der Stadt zusammen. „Alex, das solltest du dir ansehen!“ rief sie von draußen herein. Snow erhob sich und trat hinter sie. Er nahm sie in die Arme und drückte sie an sich. Die Wärme ihres Körpers erregte ihn ein wenig und Ilya spürte sein leicht hart gewordenes „Instrument der Leidenschaft“ wie sie es manchmal nannte, an ihrem Steiß. Snows Blick zog über die Dächer von Tolun hinweg und beobachtete die Wolken. „Ich wusste gar nicht, dass es hier so etwas wie Wetter gibt.“ Merkte er an. 212 - 213 - „Das tut es ja auch nicht.“ Bestätigte Ilya. „Was kann es dann sein, ein neuer Angriff der Dämonen?“ „Möglich wäre es. Aber doch recht unwahrscheinlich, nachdem wir nun den Deckel wieder auf ihr Loch geschraubt haben.“ Meinte sie. Kaum hatte sie das gesagt, da zuckte ein Blitz über das Palastgelände hinweg und erleuchtete unter den tief hängenden Wolken eine dünne Windhose die sich soeben darunter gebildet hatte. Blaue und grüne Blitze umzuckten das Gebilde aus Sand, Wind und Staub und führten es direkt in die Mitte des Palasthofes. „Ich weiß nicht was das soll, aber ich glaube, wir bekommen gleich Besuch.“ Sagte Snow auf ein Mal und machte sich von Ilya los um wieder hinein zu gehen. Er schlüpfte schnell in eine Hose und warf sich ein Hemd über, griff sich das Breitschwert das er von Mungo bei seiner Ankunft erhalten hatte und lief los, hinaus in den Hof. Ilya hatte nicht viel länger gebraucht um zu reagieren und tat es im gleich. Auf der Treppe zur Halle hinunter begegnete er Travis Morgan, der ebenfalls nur halb angezogen und bewaffnet auf dem Weg nach unten war. „Was ist los da draußen?“ fragte er als sie sich beim hinunterlaufen fast berührten. „Ich weiß noch nicht, Morgan. Aber ich glaube, wir bekommen Besuch.“ „Wie kommst du darauf?“ hakte der Warlord nach, als sie mit großen Schritten den Fuß der Treppe erreicht hatten. „Keine Ahnung. Es ist nur so ein Gefühl.“ Meinte Alex und eilte mit dem Krieger hinaus auf den Hof. Dem Lärm der über ihnen auf der Treppe zu hören war, folgten ihnen die anderen bereits nach. 213 - 214 - Die Windhose hatte bereits eine beachtliche Länge angenommen als die Freunde im Hof ankamen. Staub, Blätter und anderer Unrat wirbelten noch immer um sie herum wie auch diese blaugrünen Blitze. Plötzlich hob das Ende der Säule vom Boden ab und legte sich mit dem unteren Teil auf den Boden, so dass man direkt in den Trichter hinein sehen konnte. „Das ist doch kein normaler Wirbelsturm!“ rief Morgan über den Lärm hinweg den die Windhose verursachte. „Was kann das nur sein?“ In diesem Augenblick bildete sich im Innern des Trichters, der nun schon die Größe eines ausgewachsenen Mannes hatte, eine Form. Immer stärker nahm sie die Gestalt eines Mannes an. Eines Mannes der innerhalb des Trichters herumgewirbelt wurde wie frisch gewaschene Wäsche beim Schleudergang in der Waschmaschine. Aber dennoch konnte man erkennen, dass es sich dabei um einen Mann handelte. Die Umrisse wurden immer deutlicher. Dann endete das Herumwirbeln endlich und die Person im Innern konnte den Trichter verlassen. Auch das Zucken der Blitze hatte sich beruhigt. Der Mann, der heraus trat, war annähernd so groß wie Alex, und sein Körperbau war nicht minder muskulös. Er war ein Amerikaner indianischer Abstammung wie es schien und die Kleidung die er trug war die eines Soldaten der USS Perseús. Die herbeigeeilten Wachen hatten ihre Pfeile auf die Sehnen gespannt und waren zum Schuss bereit, doch Alex, der den Neuankömmling sofort erkannt hatte, hielt sie davon ab. „Nicht schießen. Ich kenne den Mann.“ Alle Blicke richteten sich kurz auf Alex. 214 - 215 - „Und ich kenne euch, Alex T. Snow.“ Sagte der Angekommene mit breitem amerikanischen Akzent. Snow ging nach vorne und hielt dem anderen die Hand zum Gruße hin. „Commander Clark! Es ist mir eine ausgesprochene Ehre euch hier begrüßen zu dürfen. Was führt euch hier her? Und was noch viel wichtiger ist, wie habt ihr das angestellt?“ wollte Snow wissen während er dem Mann kräftig die Hand schüttelte. „Später mein Freund. Lasst uns erst einmal hinein gehen. Das Wetter bei euch scheint ja ziemlich schlecht zu sein.“ „Da könntet ihr recht haben, Commander. Aber das Wetter haben wir euch zu verdanken. Seht doch.“ Meinte Alex und wies mit der Hand auf die sich nun langsam zurückziehende Windhose. Clark wand sich um und sah den Trichter aus dem er gekommen war, und wie er sich langsam von ihm weg bewegte. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann hatte der Sturm sich gelegt und die orangerote Sonne von Skataris kam wieder hinter den Wolken hervor. Alex hörte ein Räuspern hinter sich und drehte sich um. Königin Tara, Ilya, Mungo und einige andere die vor zwei Tagen noch an den Feierlichkeiten zum Sieg über die Dämonen teilgenommen hatten, hatten sich auf dem Platz versammelt. „Ach ja, darf ich euch...“ wollte Snow gerade damit beginnen seinen Freunden den Commander vorzustellen, da trat dieser bereits an ihm vorbei und nahm Taras Hand. „Danke Snow, aber ich kenne die Anwesenden bereits.“ Meinte dieser nur knapp und wand sich dann wieder Königin Tara und ihrem etwas verblüfft dreinschauenden Blick zu. Er neigte das Haupt und führte die Hand zum Kusse an den Mund. 215 - 216 - „Majestät, es ist mir eine außerordentliche Ehre, euch wieder zu sehen.“ Seine Lippen konfrontiertem die Haut ihrer Hand nur mit dem Hauch einer Berührung. Danach trat er vor Ilya, die gleich neben Tara stand und wiederholte die Zeremonie. Doch Ilya lies sich nicht gleich aus dem Takt bringen und meinte: „Commander Clark? Der Commander Jason F. Clark?“ „Eben jener, Mylady.“ Sie zog ihre Hand zurück. „Ihr seht nicht mehr so hilflos aus wie ich euch von damals in Erinnerung hatte. Aus euch ist ein Kämpfer geworden.“ „Nun, als Pilot einer interstellaren Kampftruppe war ich eigentlich schon immer ein Krieger. Nur der Umstand mich hier in eurem Land wiederzufinden, das für mich unbestreitbar nicht unrealer sein konnte, hatte mich damals aus meinen doch relativ fest gefügten Glaubensbahnen geworfen. Darüber muss man erst einmal hinweg kommen.“ „Das ist eine schöne Entschuldigung.“ Sagte Tara mit einem Lächeln. „Oh nein, das war nicht als Entschuldigung gedacht. Es...“ Tara legte ihm die Hand auf die Schulter und meinte: „Es ist nicht notwendig irgend etwas darüber zu sagen. Ihr habt euch von eurem Schrecken erholt und gekämpft wie ein wahrer Krieger und dafür sind wir euch sehr dankbar.“ Doch Clark wollte wiederum etwas dazu sagen, wurde jedoch erneut zurückgehalten. „Belassen wir es dabei. Erzählt uns nun lieber weshalb ihr hier seid.“ „Hm, das ist eine lange Geschichte, Majestät.“ 216 - 217 - „Bitte, nennt mich Tara. Niemand nennt mich Majestät, außer den Dienstboten.“ Jason nickte und begann dann mit seiner Geschichte, während sie zurück in den Palast gingen. „Das sind recht unangenehme Wendungen von denen ihr da berichtet.“ Meinte Alex, nachdem Clark mit seinem Bericht geendet hatte. „Das sind sie. Und ich wäre dankbar für ein wenig Hilfe eurerseits. Wie auch immer sie aussehen mag.“ „Wir werden gerne behilflich sein, doch wie? Wir sind an diese unsere Welt gebunden. Ich weiß aber nicht, ob wir mit euch in eure Welt reisen können.“ Bot Tara an. „Du vielleicht nicht, Tara.“ Bemerkte Travis. „Aber Alex, Mungo und ich könnten das, denn wir sind alle aus anderen Welten. Aus einem anderen Raum-Zeit-Gefüge.“ Diese Erklärung war nicht von der Hand zu weisen. Travis und Snow stammten beide aus dem 20. Jahrhundert, und Morgan war dazu noch ein recht guter Pilot. Schließlich war er derjenige der die Firefox, einen russischen Prototypen von einem Kampfjet, vor deren Nasen entführt, dann aber dummerweise hier notgelandet war. Mungo el Sarif war ein marokkanischer Prinz. Er stammte aus dem 19. Jahrhundert. Er stürzte bei der Verteidigung einer Oase gegen die französische Fremdenlegion in den Schacht eines alten Brunnens. Als er wieder aufwachte befand er sich hier in Skataris. Aber mit nur einer Hand und ohne die Kenntnis je ein Fluggerät gesteuert oder gar gesehen zu haben, war er noch derjenige, der am wenigsten dazu geeignet war, den Commander in die Zukunft zu begleiten. Ein Pochen an der Türe lies alle auffahren. Der Flügel öffnete sich, und herein kam... 217 - 218 - „Gwyn!“ rief Snow erfreut und trat dem Drachen entgegen. „Hallo alle zusammen!“ begrüßte er die Anwesenden. „Gwyn, ich dachte du wolltest dich für eine Weile in die Berge zurückziehen?“ fragte Snow, erstaunt über die schnelle Rückkehr seines geschuppten Freundes. „Hm ja, das hatte ich eigentlich vor. Doch irgend etwas trieb mich wieder hier her.“ Brummte er. Dann fiel sein Blick auf den Fremden der ihn so schamlos angrinste. „Hm, ich kenne euch doch. Oder?“ „Das will ich meinen, alter Freund.“ Antwortete Clark und streckte ihm die Hand entgegen. „Ich bin´s, Jason. Erinnert ihr euch?“ „Ja. Ja, in der Tat, ich erinnere mich.“ Doch das lange Drachengesicht hatte immer noch einen grübelnden Ausdruck aufgesetzt. Das Aussehen des Mannes schien den Drachen doch ein wenig zu irritieren. Clark bemerkte, dass Gwyndragsil noch einige ungeklärte Gedanken in seinem Kopf umeinander und übereinander stapelte. Deshalb half er seiner Erinnerung ein wenig auf den Sprung: „Erinnert ihr euch, wie wir beide zusammen gegen die Dämonen in den Kampf geflogen sind? Ich hatte zuvor mächtig Angst vor euch als ich euch zum ersten Mal in den Gemächern von Snow zu sehen bekam. Ich wollte sogar aus dem Fenster springen.“ Alex hatte sich bei diesen Worten nach seinem zweiten Ich umgedreht und sah in fassungslos an. „Ihr wolltet was?“ fragte er entrüstet. „Aus dem Fenster springen.“ Bestätigte Jason. „Mit meinem Körper?!“ Alex schob den Kopf nach vorne, zog die Augenbrauen hoch und tippte sich mehrmals mit dem Zeigefinger auf die Brust. Jason hob beschwichtigend die Hände. 218 - 219 - „Ich.. ich habe es ja nicht getan!“ antwortete er schnell. Travis und Mungo grinsten sich eins und auch Ilya konnte kaum an sich halten. Gwyndragsil legte den beiden Männern je eine Klaue auf die Schulter und brachte sie dadurch schnell zurr Ruhe. „Das ist doch jetzt nebensächlich. Oder?“ meinte er und schob die beiden, auf den Hinterbeinen gehend, vor sich her zum Besprechungstisch. „Ich nehme mal stark an,...“ sagte er zu Clark. „... dass ihr hier seid, um uns um Hilfe zu bitten. Was ist schief gelaufen?“ „Das stimmt. Irgend wie ist uns, und ich meine in diesem Falle die gesamte noch vorhandene Menschheit, die Sache aus dem Ruder gelaufen. Es haben sich Dinge ergeben, von denen ich nicht zu träumen gewagt hätte, wäre ich ihnen nicht mit eigenen Augen gegenüber gestanden.“ Erklärte Jason noch ein Mal und machte dann eine bedeutungsvolle Pause um an seinem Fruchtsaft zu nippen. „Nachdem ich ja nur durchs Snows Zettel im Cockpit des Alamakshuttle davon informiert wurde, welchergestalt unsere Gegner sein würden, hatte ich mir so einiges überlegen können, während mich deren Transportstrahl in ihr Schiff hinein zog. Dass die Alamak uns Menschen sehr ähnlich waren wunderte mich nur wenig. Doch als dann die Xotha mit ihren Kristallschiffen aufkreuzten, war ich schon ein wenig perplex.“ Bei diesen Worten ruckte Alex Kopf nach oben. Das hatte Jason bei seiner ersten Erzählung nicht erwähnt. „Die Xotha kamen mit Kristallschiffen hier her?“ „Nein, nicht hier her. Nach Drakon, zur Raumbasis. Kurz nachdem wir unsere Körper wieder getauscht hatten.“ „Aber ich dachte die Xotha hätten gar keine Schiffe.“ Hakte er nach. 219 - 220 - „Branda hat mir davon erzählt, dass ihr auf der Rasool Ardehn, Shak Nubals Stadtschiff, einen Wandteppich gesehen habt, der ein Motiv einer Weltraumschlacht zeigte?“ „Ja stimmt, ich erinnere mich daran. Die Schiffe der Gegner hatten eine kristalline Form. Die Schiffe der Xotha.“ „Genau.“ Bestätigte ihm Jason. „Wenn ich eure Geschichte richtig interpretiere, dann läuft die Schlacht derzeit ziemlich schlecht für die Menschen.“ Bemerkte Tara. „Wie können wir euch helfen?“ „Nun, das Eine wäre, mit fähigen Männern wie Alex und Morgan hier, das Andere, mit Ideen. Denn daran mangelt es mir derzeit. Und dann muss ich schnellstmöglich wieder dorthin zurück. Sonst ist alles für uns verloren.“ „Nun, die Frage nach Männern ist, glaube ich, nicht mehr relevant. Alex und ich werden euch begleiten. Das ist alles was wir euch an Männern bieten können.“ Bot der Warlord ihm an. „Ihr bräuchtet eine Armee. Die können wir euch leider nicht geben. Doch wir beide sind vertraut mit den Maschinen der Zukunft und können damit umgehen.“ Fügte er hinzu. „Vielen Dank, dass du für mich sprichst, Travis.“ Meinte Alex und spielte den gekränkten, da Travis ihn einfach in seinen Plan mit in die Zukunft zu reisen einbezogen hatte. Alex war sich noch gar nicht sicher ob er dort hin zurück wollte. Morgan verzog ein wenig das Gesicht, aber er wusste dass Snow ihm nicht wirklich böse deswegen war. „Würde Magie in eurer Welt funktionieren?“ wollte Gwyndragsil wissen. 220 - 221 - „Das kann ich dir nicht sagen.“ antwortete Jason und zuckte mit den Schultern. „Eigentlich sollte sie aber funktionieren.“ meinte Ilya. „Hast du nicht Alex mittels deiner Magie aus ihrer Welt zurück geholt?“ „Das ist richtig.“ bestätigte der Drache. „Aber ich hatte die Unterstützung der anderen Magier des Zirkels. Damit ging es erheblich leichter. Und eines sollte wir nicht außer Acht lassen...“ er machte eine kleine Pause um in die Runde zu schauen. „... Der Zauber wurde von hier aus ausgeführt. Die Magier des Zirkels sind an die vier Elemente gebunden. Dort draußen in der ewigen Nacht, würden ihre Kräfte so schnell versiegen wie die Luft die aus einer dieser Schleusen in der Raumstation.“ Betretenes Schweigen trat auf den Plan und die Köpfe senkten sich in nachdenkliche Posen. „Und wenn ihr uns von hier aus unterstützend zur Seite stehen würdet?“ wollte Mungo wissen. „Möglich wäre das schon. Doch es würde eine lange Zeit der Vorbereitung benötigen. Die Hilfe könnte zu spät ankommen. Oder auch nie.“ merkte Gwyndragsil noch an. Alex trat zu dem geschuppten Freund und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Dann müssen wir wohl ohne deine Hilfe auskommen, alter Freund. Dennoch wäre es gut wenn ihr, du und die Magier, einen Weg finden könntet.“ Der Drachen hob das Haupt und sah den Ritter mit glänzenden Augen an. „Das werden wir. Das verspreche ich euch.“ Dann wand er sich um und verließ den Raum. Alex sah ihm hinterher und fühlte sich ein wenig schuldig, den alten Kampfgefährten so traurig davon gehen zu 221 - 222 - sehen. Aber was blieb ihm anderes übrig. Er war sich sicher, dass Gwyndragsil nichts unversucht lassen würde, ihnen zu helfen. Eben wollte er sich den anderen wieder zuwenden, da stürmte ein Soldat in den Raum und rief: „Ein Sturm, Herrin! Er zieht von Süden her auf und kommt schnell näher.“ Sein Atem ging ein wenig schwer. Er musste von der südlichen Mauer bis hier her gelaufen sein. Mehr als drei Meilen. „Das könnte er sein.“ meinte Snow. „Wie lange bis er hier ist?“ wollte Morgan von dem Mann wissen. „Keine Ahnung, Herr. Vielleicht eine halbe Stunde. Länger bestimmt nicht.“ Königin Tara nickte. Sie war einverstanden, doch ihr Blick zu Travis hinüber war alles andere als beruhigt. Würde sie ihn je wieder sehen? Doch dann besann sie sich und fragte: „Wie schnell könnt ihr reisefertig sein?“ „Binnen Minuten.“ kam es von Snow. Tara drehte sich um und ging zu ihrem auf dem kleinen Podest stehenden Thron. Dort nahm sie Platz. Ihre Haltung war majestätisch und ohne Makel. „Dann geht. Helft so gut ihr könnt, und kommt wieder so bald es euch gelingt. Dies ist mein Wille als Königin dieses Landes.“ Sie wand den Blick von der Gruppe ab und betrachtete einen der Wandteppiche. Travis Morgan, der direkt neben Snow und Mungo stand, wirkte ein wenig verstört. Noch nie seit er hier in Skataris war, außer ganz zu Beginn, hatte er sie so gesehen. Er wollte zu ihr gehen und mit ihr sprechen, doch seine Kameraden hielten ihn zurück. Er schaute zu Alex, doch dessen Kopfbewegung lenkte den Blick des Warlords 222 - 223 - wieder auf die Königin. Tränen liefen ihr über die Wange und benetzten ihre Brust. Morgen entwand sich dem Griff Snows und ging ein paar Schritte auf sie zu, doch Tara hatte dies erwartet und hob Einhalt gebietend die Hand. „Bitte geht nun. Ihr habt keine Zeit zu verlieren.“ sagte sie noch ein Mal und vertiefte erneut ihren Blick in dem wundervollen Wandgemälde aus Millionen kleiner Wollknoten. Snow trat zu dem Freund, fasste ihm am Arm und zog ihn mit sich. Draußen auf dem Flur ließ er ihn wieder los. Er sah Morgan an und konnte in seinem Gesicht die Gefühle wiedererkennen die in ihm wüteten. Ihm war es genauso ergangen als er sich von Branda und den anderen trennen musste und Gwyn ihn aus dem Shuttle zurück nach Skataris geholt hatte. Es war keine leichte Entscheidung zu gehen, und die Geliebte hier zurück zu lassen. Und ebenso war es keine leichte Entscheidung für Tara, den Warlord ihres Herzens nun so ziehen zu lassen. Aber sie konnte nicht anders. Sie musste sich um dieses Land kümmern. Sie war die Königin. Als Snow seine Gemächer betrat fand er Ilya komplett angekleidet und voll bewaffnet in seinem Zimmer stehend vor. „Was soll das?“ fragte er verdutzt. „Ich werde dich begleiten.“ antwortete sie mit Bestimmtheit. Alex trat vor sie hin und sah sie traurig an. „Ich würde mir nichts lieber wünschen als dich an meiner Seite, aber das wird nicht gehen.“ Ilya baute sich vor ihm mit vor der Brust verschränkten Armen auf. 223 - 224 - „Weshalb nicht? Ich muss keine Königreich führen. Ich bin frei von Verpflichtungen, frei von unabdingbaren Entscheidungen. Weshalb sollte ich dich dann nicht begleiten?“ sie wirkte ein wenig verärgert. „Die Erklärung dafür ist sehr einfach. Sie besteht aus nur neun Worten; Es gibt kein Wasser dort wo wir hin gehen. Du würdest sterben und das weißt du. Ich habe dir schon davon erzählt.“ Nach diesen Worten gab sie ihre energisch wirkende Haltung auf und sackte ein wenig in sich zusammen. Alex trat zu ihr und nahm sie zärtlich in den Arm. „Es wäre mir, und Travis vermutlich noch viel lieber, wenn du in unserer Abwesendheit ein wenig auf Tara Acht geben könntest. Stehe ihr mit Rat und Tat zur Seite und spende ihr Trost wenn die Einsamkeit zu groß wird.“ bat er sie. Vorsichtig löste sie sich von ihm und sah ihn mit feucht glänzenden Augen an. „Und wer tröstet mich, wenn ich einsam bin?“ Alex senkte das Haupt. „Ich bin sicher, dass Tara deine Fürsorge zu schätzen weiß und sie dir erwidert.“ Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und machte sich von ihr los. „Ich muss nun gehen. Mögen die Götter ihre Hände schützend über euch halten. Auf bald, meine geliebte Blume.“ Mit diesen Worten begab er sich an den Schrank und zog den alten, tarnfarbenen Rucksack mit all seinen Waffen und der restlichen Ausrüstung hervor. Er war ihn sich über die Schulter, schnappte sich dann noch Mungos Breitschwert und trat noch ein Mal vor Ilya. Vorsichtig übergab er das Schwert der Wassernixe und meinte: „Bitte achte gut darauf. Ich will es wieder haben, wenn ich zurück bin.“ 224 - 225 - Ilya nickte stumm, dann wand er sich ab und ging. An der Türe angekommen verharrte er noch einen kleinen Moment und blickte zu ihr zurück. Jetzt wusste sie, dass es ihm ernst war und er alles nur erdenkliche tun würde, um zu ihr zurück zu kommen. Das beruhigte sie ein wenig. Dann schloss sich die Türe und sie war allein. Der Sturm brachte, wie schon der Erste, viel Staub, Sand und Unrat mit sich und die Männer mussten sich schützende Tücher vor das Gesicht binden. Doch als sich der Saugrüssel flach zur Erde senkte, versiegte der Wind und gab den Weg zur Öffnung des Trichters frei. „Sollen wir hinein rennen oder langsam gehen?“ wollte Morgan wissen. Jason, der schon ein Mal durch die Raum-ZeitVerschiebung gegangen war, wand sich an die Begleiter. „Nein, nein. Wir gehen zügig, wie marschierende Soldaten hinein. Auf der anderen Seite ist nicht genug Platz um ein Hineinlaufen gut abbremsen zu können. Und wenn wir langsam gehen, kann es passieren dass der Wirbel dich erfasst und in eine Dimension schleudert die du vielleicht gar nicht besuchen wolltest.“ Die anderen nickten, dann traten sie in den Ereignishorizont, und nur Augenblicke später war der Sturm so verschwunden als habe er nie zuvor existiert. Tara und Ilya standen auf dem höchsten Turm der südlichen Mauer und hatten von dort aus beobachtet wie ihre Gefährten, winzig klein wie Ameisen, in dem Sturm verschwunden waren. Tara nahm Ilyas Hand und drückte sie leicht. „Sie werden zurück kommen, das weiß ich.“ „Ja, das werden sie.“ 225 - 226 - Sie blieben noch lange Zeit dort auf der Mauer stehen und ließen die Blicke in die Ferne schweifen. Und wer sie sehen konnte, konnte auch die Tränen sehen die sie für ihre Männer vergossen. Kapitel 10: Die Rückkehr Drahl Regat beäugte die kleine Gruppe die da soeben aus dem Ereignishorizont getreten war, mit gemischten Gefühlen. Es waren nur vier. Gut, sie sahen wild und verwegen aus. Aber was konnten vier Menschen hier schon großartig ausrichten? Er begann am Gelingen ihres Vorhabens zu zweifeln. Dennoch begrüßte er sie mit einem herzlichen Drachenlächeln und reichte ihnen die Pranke um ihnen die Hände zu schütteln. „Darf ich vorstellen,...“ begann Jason, „...das ist Drahl Regat, der Captain dieses Schiffes. Er hat es mir ermöglicht zu euch zu gelangen. 226 - 227 - Drahl, darf ich euch die Herren Travis Morgan, genannt der Warlord, Alex T. Snow, der Ritter vom blauen Drachen und Mungo el Sarif, den Prinz von Marokko vorstellen?“ Commander Clark wies bei jedem Namen mit der offenen Hand auf die jeweilige Person, Der Genannte verbeugte sich ein klein wenig, und Drahl Regat erwiderte die Geste. „Es ist mir eine außerordentliche Ehre euch hier willkommen zu heißen, meine Herren. Wenngleich, ... wenngleich ich doch erwartet hatte, dass dem Commander mehr Krieger folgen würden. Doch nun, da ihr einmal hier seid, werden wir versuchen, das Beste daraus zu machen.“ begrüßte sie der alte Drachen ein wenig nörglerisch. „Seid nicht gar so enttauscht, Drahl, diese Männer sind die Besten ihres Faches und die Königin hat sie nur mit Widerwillen ziehen lassen. Zumal auf Skataris eben erst ein Krieg beendet wurde und jeder Mann gebraucht wird um das Land wieder aufzubauen. Ich werde euch gerne erklären mit wem Ihr es genau zu tun habt, doch nun sollten wir erst einmal von hier verschwinden. Ich schätze die Türe wird nicht mehr lange Stand halten.“ Bei diesen letzten Worten wurde ihm gewahr, dass da draußen vor dem Eingang noch immer eine Horde mordlustiger Draks gegen die verschlossene Türe polterte und Einlass begehrte. Eine der Türangeln war bereits gesprungen und klapperte bei jedem weitern Pochen unkontrolliert auf der Türe herum. Der Drache ging um die Raum-Zeit-Maschine herum und führte die Gruppe aus dem Raum hinaus auf den gleichen Weg den die Frauen vor einigen Stunden genommen hatten. Wie sich Clark dessen bewusst 227 - 228 - wurde, fragte er Drahl, ob er etwas über den Verbleib der Frauen wusste. „Nein, tut mir leid, Commander, aber ich habe keine Ahnung was mit ihnen in der Zwischenzeit passiert ist. Ich musste bei der Maschine bleiben um eure Rückkehr zu decken. Aber wenn ich es mir recht überlege, und daran denke, dass die Tür durch die wir soeben den Transporterraum verlassen haben, gar nicht verschlossen war, muss es den Damen gelungen sein, weitere Angreifer davon abzuhalten durch diese Türe einzudringen.“ erklärte er. Diese Erklärung hätte er sich eigentlich sparen können, denn als sie um die nächste Ecke bogen, fielen sie beinahe über die Leiche eines Drak. Es war ein Soldat der Wache, erklärte ihnen Regat. Er wies multiple Einschüsse auf was darauf hin deutete, dass er von den Menschenwaffen der einen Frau getroffen worden war. Die Strahlengewehre der Drakonianer hinterlassen lediglich eine üble Brandwunde auf der Haut, wobei der durch den Körper dringende Strahl die inneren Organe zügig zum Schmoren brachte. Bis hier her und wahrscheinlich noch ein gutes Stück weiter, man konnte sie nirgends sehen, waren sie also gekommen. Clark war nahe dran nach ihnen zu rufen, doch er hielt in seinem Vorhaben inne, denn er wollte ja keine unnötigen Verfolger auf sich ziehen. Angesichts der ersten Leiche, zog Morgan seine 45er Automag, eine der gewaltigsten Faustfeuerwaffen die jemals auf der Erde gebaut worden war, aus dem Holster und übernahm nach Drahl Regat die Spitze der Kolonne. Kurz darauf stießen sie auf weitere Leichen. Es waren zwei Xotha und ein Drakonianer. Das viele Blut das aus den Fischmenschen floss machte den Boden ziemlich 228 - 229 - glitschig und so mussten die Männer ganz schön aufpassen, dass sie nicht in den Pützen ausglitten. Sie erreichten ein Nische an einer Kreuzung. Auch dort lag ein toter Drak. Alex nutzte die Gelegenheit und ließ die Gruppe kurz anhalten. Zügig schnallte er den Rucksack ab und öffnete ihn. Er holte ein flaches aber schweres Päckchen daraus hervor und drückte es Morgan in die Hand. „Würdest Du...?“ Morgan wusste was es enthielt und nickte. Er steckte die Waffe in ihr Holster zurück und öffnete das Päckchen. Es enthielt die vier Teile, aus der Alex Axt bestand. Mit geschickten Bewegungen, fast so als habe er noch nie etwas anderes getan, steckte er die Teile zusammen und fertig war die Streitaxt des Drachenritters. Snow hatte inzwischen seine Jacke ausgezogen und sich über das darunter getragene Kettenhemd den weißblauen Waffenrock geworfen. Mit der Kettenhaube und dem Stirnreif aus Leder und dem Gürtel um die Hüften, sah er nun wieder aus wie ein richtiger Ritter. Travis hatte ihn beim Ankleiden beobachtet und meinte nun: „Du bist echt in der falschen Zeit geboren, Alex.“ Snow hob den Kopf und grinste breit. „Ja, mag sein, aber dafür lebe ich nun in Welten die ein Ritter niemals gesehen hat.“ „Es sei denn, er wäre einem Magier begegnet.“ kommentierte Mungo die Szene. Drahl hatte das ganze Schauspiel aus einer gewissen Entfernung mit angesehen und war sich nun überhaupt nicht mehr sicher was er von diesen Männern halten sollte. Waren sich diese Krieger nicht bewusst worum es hier ging? Sie machten Witze über das Aussehen ihrer 229 - 230 - Mitstreiter, schäkerten und lachten. Würden diese Männer überhaupt einen Kampf überstehen wenn sie erst ein Mal einem Draksoldaten gegenüber standen? Doch diese Fragen würde er wohl bald beantwortet bekommen, denn der Commander kam zu ihm herüber. „Was grübelt ihr, Drahl. Habt ihr Bedenken?“ wollte Clark wissen als er das Gesicht des Drachen sah. „Nun, um ehrlich zu sein..., schon ein wenig.“ kam er zögernd mit der Sprache heraus. „Wegen der Jungs?“ hakte Jason nach und nickte mit dem Kopf in ihre Richtung. „Auch.“ „Macht euch keine Sorgen, Drahl. Diese Männer haben schon ganz andere Schlachten geschlagen. Sie werden euch nicht enttäuschen.“ Die anderen waren nun fertig und traten zu Clark und Regat. „Geht es weiter?“ fragte Alex. Drahl nickte und ging wieder voran. Regat führte sie noch einige hundert Meter durch verschiedene Gänge, immer der Spur folgend welche die Frauen hinterlassen hatten. Es dauerte nicht lange, da hörten sie Gefechtsgeräusche. Alex erkannte das Geräusch der Schusswaffe sofort. Es war Brandas Dessert Eagle die er da ein, zwei Mal aufbrüllen hörte. Doch wie war sie wieder zu ihrer Waffe gekommen. Als man sie damals auf Xotha gefangen genommen hatte, waren ihnen alle Waffen die sie mit sich geführt hatten abgenommen worden. Hatte sie noch so ein Ding im Shuttle versteckt gehabt? Snow hielt den Drachen kurz an und meinte: „Jetzt gehe ich besser voran. Captain.“ 230 - 231 - Drahl verstand zwar nicht weshalb der Ritter nun die Führung übernehmen wollte, doch er akzeptierte seine Forderung und machte dem Menschen Platz. Schon kurz danach stießen sie auf die Kämpfenden. Die Frauen hatten sich hinter einigen Containern verschanzt und feuerten von Zeit zu Zeit auf einige Draks die sich in der kleinen Halle gegenüber einen guten Standpunkt gesucht hatten. In jenem Augenblick da Alex mit der Gruppe auf den Plan zu treten gedachte, sah der Drachenritter einen Xotha der sich von der Seite an die Frauen heranzuschleichen versuchte. Alex ließ die Gruppe anhalten und trat ein paar Schritte nach vorn. Der Xotha konnte oder wollte ihn nicht sehen. Sein kugelfischartiges, aufgedunsenes Gesicht machte dies nicht möglich. Seine Augen waren ganz fest auf die Frauen gerichtet. Alex holte aus und warf die Axt mit einer Kraft, die einen jeden den Arm ausgekugelt hätte, würde dieser den Griff der Axt nicht rechtzeitig los lassen. Die doppelschneidige Waffe überschlug sich ein, zwei Mal und traf den Xotha mit voller Wucht am Kopf. Mit quer gespaltetem Schädel wurde der Soldat gegen die Container neben Andrea Taylor geschleudert. Diese fuhr erschrocken herum und sah mit verdutztem Blick den Xotha mit der Axt im Schädel am Boden liegen. Die geladene und entsicherte Waffe des Mannes glitt ihm aus der Hand und fiel scheppernd zu Boden. Nun hatte auch Branda mitbekommen was passiert war. Sie reagierte sofort und warf sich der möglichen, neuen Bedrohung entgegen. Doch als sie den Commander und Drahl Regat erkannte, ließ sie erleichtert von ihrer Anspannung ab. „Hallo Jason, so schnell zurück?“ fragte sie und erhob sich aus ihrer hockenden Stellung. Ein Energiestrahl 231 - 232 - zischte nicht weit von ihr vorüber und entlockte ihr einen Fluch für den Drak der gefeuert hatte. Der Schuss verfehlte seine Wirkung nicht. Branda ging wieder in Deckung. Commander Clark begab sich zu ihr und begrüßte sie ebenfalls. Doch Deverauxs Blick hatte sich schon auf den Mann mit dem weiß-blauen Waffenrock geheftet, und so bekam sie Clarks Begrüßung nur am Rande mit. „Hallo Branda. Wie geht es Dir?“ begrüßte sie der Drachenritter. Branda kannte den Waffenrock und das Kettenhemd, doch der Mann und die Stimme kamen ihr fremd vor. Dennoch wusste sie um wen es sich hier handelte. „Alex? Wie... wie ist das möglich?“ Der Ritter nickte. „Hi Bran. Wie ich sehe, steckst du schon wieder in Schwierigkeiten. Ich dachte, da komm ich mal vorbei und helfe euch ein bisschen. Wie das möglich ist? Gute Frage, Branda. Ich denke mal, dass das mit der Magie zusammen hängt, die unsere Freunde auf Skataris praktizieren.“ Deverauxs Blick wanderte von Alex zu Jason und wieder zurück. Man konnte deutlich erkennen, dass ihr ein wenig unwohl zumute war. Sie wusste nicht wie sie sich in dieser Situation verhalten sollte. Travis Morgan bemerkte dies und beschloss, sich einzumischen. Er blickte über die Deckung hinweg die sie schützte und feuerte mit seiner 45er Automag auf einen der drakonianischen Gegner, der gerade eben seinen Kopf ein wenig neugierig hervor gestreckt hatte. Der Rums war so gewaltig, dass alle Anwesenden vor Schreck das Genick einzogen. Travis sah zu den anderen hinüber und meinte: 232 - 233 - „Wir sollten uns nun wieder auf unsere Gegner konzentrieren.“ Das hatte die Situation fürs erste geklärt. Die Leute richteten ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Feind, und dachten erst mal nicht mehr über das nach was sie eben noch beschäftigt hatte, und der vorwitzige Drak hatte ein großes Loch im Schädel. An der Wand hinter ihm, ran das Blut in dicken, klebrig grünen Rinnsalen zu Boden. Das plötzliche Ableben des Draks hatte seine Kameraden wohl weich gemacht, denn sie liefen weg oder ergaben sich den Menschen. Und als sie sahen, dass die Menschen von Drahl Regat, ihrem ehemaligen Captain unterstützt wurden, wurden sie auf ein Mal ganz kleinlaut. Travis und Mungo brachten die Gefangenen in einen nahegelegen Raum, verschnürten sie dort zu ordentlichen Päckchen und schlossen dann die Tür hinter sich zu als sie wieder gingen. Irgend wann würde man sie schon finden. „Solche Scharmützel werden uns in der nächsten Zeit noch einige bevor stehen.“ Bemerkte Drahl Regat. Die Anderen äußerten sich nicht dazu. Zügig bewegten sie sich weiter auf die Brücke zu. Verwundert stellten Sie fest, dass der Widerstand erheblich geringer war wie zu Anfang. Aber dennoch mussten sich die Männer so manche Bresche schlagen um ihrem Vorhaben näher kommen zu können. Die Brücke zu besetzen und die Führung über das Schiff der Draks zu übernehmen. Doch all zu leicht sollten sie ihren Sieg auch nicht bekommen. 233 - 234 - Es war nicht mehr weit bis zur Kommandozentrale der Kurg. Drahl hatte die Führung übernommen und achtete auf jede verdächtige Bewegung die sich um ihn herum zeigte. Doch was die Männer hinter ihm nicht wussten, und was Drahl Regat ihnen auch nicht sagen würde, denn er selbst wusste es in diesem Augenblick auch nicht mehr – er hatte es schlicht weg aus seinem Leben verdrängt, war, dass er auf einem Auge fast blind war. Sein Sehvermögen glich dort der Öffnung eines nur 40 mm durchmessenden Rohres. Dies war auch der Grund weshalb er den nun folgenden Angriff nicht vorher schon sehen konnte. Er kam völlig überraschend. Mungo, der die Nachhut bildete, brüllte auf ein Mal schmerzerfüllt auf. Ein schmaler Lüftungsschacht an der Wand über ihm, hatte seine gitterförmige Abdeckung ausgespuckt und einem schlangenartigen Drak die Freiheit aus seinem engen Versteck gewährt. Die Zähne des Drakonianers bohrten sich tief in Mungos Schulter. Seinen Körper, der sich geschmeidig wie eine Schlange durch den Gang bewegte, schlang er immer enger um Mungos Brust. Doch er hatte nicht mit der furchtbaren Waffe des Marokkaners gerechnet, der diese nun zum Einsatz brachte. Mungo schlug dem Drak die mit langen Spitzen bewehrte Eisenkugel, die wie eine grotesk aussehende Skulptur auf seiner rechten Hand saß, direkt in den Nacken. Der Aufschrei des Draks war nur kurz, dann ließ sein lebloser Körper ab von der Umklammerung und sank in wogenden Schlingen zu Boden wo er reglos liegen blieb. Drei kleine Rinnsale grünlichen Blutes rannen dem Schlangenwesen am Nacken hinab. 234 - 235 - Die Freunde waren herbei geeilt, doch einschreiten mussten sie nicht mehr. „Eine wirkungsvolle Waffe habt ihr da.“ Bemerkte Drahl, während Mungo sich seine Wunde näher ansah. „Mag sein. Aua! Aber die Zähne eurer Männer sind auch nicht von schlechten Eltern.“ Meinte Mungo und drückte mit den Fingern das Blut aus der Wunde. Das ließ ihn zischend die Luft einsaugen, doch dann ließ der Schmerz wieder nach. „Könnt ihr mir sagen, ob diese Wesen Gift ausstoßen beim Biss?“ Wollte er dann von dem alten Captain der Draks wissen, denn ihm wurde irgend wie ganz anders zumute. „Das... das weiß ich leider nicht. Wenn ich ehrlich bin, habe ich noch nie zuvor gesehen, dass einer meiner Leute jemanden so gebissen hat wie euch. Aber da er ein Schlangendrakonianer war, würde ich es nicht ausschließen.“ Kaum hatte Drahl ihm die Antwort gegeben, da verdrehte el Sarif die Augen und sank zu Boden. Schweiß trat auf seine Stirn und sein Körper begann immer heftiger zu zittern. „Verdammt!“ rief Morgan. „Der Schlangenkopf hatte doch Gift in den Zähnen.“ Er war zu dem toten Schlangenmenschen getreten und hatte mit seinem Dolch die Kiefer auseinander geschoben um sich das Gebiss des Wesens anzuschauen. Die beiden Fangzähne waren fast so groß wie die eines ausgewachsenen Löwen, und die Löcher im unteren Ende seiner Zähne hatten die Größen eines Stecknadelkopfes. Ein dünner, gelber Faden Flüssigkeit tropfte noch daraus hervor und fiel auf den Boden neben dem Kiefer der Schlange. Ein zischendes Geräusch war 235 - 236 - zu hören, und Morgan konnte deutlich sehen, wie sich die Oberfläche des ansonst so glatten Bodens verformte. Alex und Branda beugten sich über den kranken Freund und versuchten ihm in ihrer Hilflosigkeit wenigstens mit ihrer Nähe etwas Trost zu spenden. Trotz der Bewusstlosigkeit Mungos, verzerrte sich sein Gesicht zusehends. Er musste unglaubliche Schmerzen haben. „Wir sollten ihn in einen Raum bringen, wo er es etwas bequemer hat.“ Meinte Snow und sah zu den anderen hinauf. Drahl Regat nickte und wies auf eine Tür, die sich einige Meter weiter den Gang hinab befand. Alex wollte den Freund auf die Arme nehmen und ihn dort hin tragen, doch der Mann wand sich in seinem immer stärker werdenden Fieber wie ein Krokodil das sich in einem Netz verfangen hatte und nun um seine Freiheit ringen musste. Und so mussten Commander Clark und Travis Morgan mit anfassen und den Kranken hinter dem alten Drak her tragen bis sie in dem kleinen Raum angekommen waren. Verwundert stellten sie fest, dass es sich hier wohl um eine Art Vorraum zu einer Krankenstation handelte. An einer Wand stand eine leicht gepolsterte Liege auf Rädern. Dort legten sie Mungo ab und banden ihn mit den breiten Riemen die rechts und links der Bahre herab hingen, fest. Alex ging zur nächsten Tür am anderen Ende des Raumes und drückte sie auf. Ein entsetzlicher Geruch strömte ihm entgegen, und er musste sich sehr überwinden, seine letzte Mahlzeit nicht wieder aus zu spucken. Dies war keine Krankenstation. Das war ein Leichenschauhaus. Überall lagen tote Draks herum, manche von ihnen hatte man einfach an einer der Wände 236 - 237 - übereinander gelegt und liegen gelassen. Doch was in der Mitte des Raumes lag, erschreckte ihn noch viel mehr. Vier metallene Tische standen hier in Reih und Glied. Auf dem Ersten lag der Leichnam von Admiral St. George, auf dem Zweiten der von Regina Meyer, dann kam der von einem Soldaten der Alex unbekannt war. Doch der Leichnam auf dem letzten Tisch war ihm sehr wohl bekannt. Es war der von Yashida Tanaka. Snow mochten den alten Samurai. Er hatte ihn im Gefängnis von Xotha kennen gelernt. Und der Alte hatte ihm oft mit seinen Ratschlägen weiter geholfen. Ihn jetzt hier liegen zu sehen, mit einem blutigen Klumpen Fleisch als Kopf, schmerze ihn sehr. Man hatte die Toten entkleidet und, soweit sie dies nicht schon durch eine der Drakwaffen waren, von Kopf bis Fuß aufgeschlitzt. Einige Organe lagen neben den Toten auf den Tischen, manche einfach darunter auf dem Boden. Man hatte sie seziert. Vielleicht noch bei lebendigem Leibe. Branda kam zu ihm und wollte die zweite Türe aufstoßen, doch Alex hielt sie fest. Verwundert sah sie ihn an. „Was soll das? Was gibt es da zu sehen?“ „Das möchtest du nicht wissen.“ meinte er. Doch Branda versuchte erneut die Türe aufzustoßen. Erneut hielt er sie zurück. „Glaub´s mir.“ Dann bemerkte sie den Gestank. „Puh, das stinkt ja fürchterlich. Lass mich sehen. Na los.“ „Auf Deine Verantwortung.“ Meinte er und gab den Weg dann doch frei. Branda schob sie auf und erstarrte fast in ihrer Bewegung. Sie fasste sich des Gestankes wegen an den Mund, doch das Entsetzen stand ihr ins Gesicht 237 - 238 - geschrieben. Alex fasste um sie herum und zog sie wieder nach draußen. „Ich sagte dir doch, dass du das nicht sehen willst. Warum könnt ihr Frauen nie auf das hören was wir Männer euch sagen.“ Alex wusste, dass er sich im Normalfall, mit dieser Äußerung ganz schön in die Nesseln gesetzt hätte. Vermutlich wäre er als fürchterlicher Chauvinist beschimpft worden. Doch nun plapperte er einfach drauf los, um Deveraux von diesem Schreckensbild abzulenken. Sie würgte beinahe ihr Mittagessen, oder was auch immer ihre letzte Mahlzeit gewesen war, wieder nach oben. Snow führte sie zu einem kleinen Bänkchen und setzte sie dort ab. Sie rieb sich mit den Händen über das Gesicht und atmete ein paar Mal tief durch. Dann sah sie zu dem immer noch vor sich hinplappernden Alex hoch und meinte: „Halt die Klappe, Snow. Das Geplapper passt nicht zu dir.“ Sie stand auf und ging hinüber zu dem Schwarzen, der noch immer zitternd auf der Pritsche lag. Das Zittern war nicht mehr so schlimm wie noch vor ein paar Minuten, doch dafür schien er jetzt mehr zu schwitzen als zuvor. Das Gift des Schlangenwesens schien ihn innerlich zu zerfressen. Er hatte hohes Fieber. So konnten sie unmöglich mit ihm weiter gehen. Mungo war zu einen Kampf nicht mehr in der Lage. Sie würden ihn hier zurück lassen müssen. Morgen beriet sich kurz mit den anderen. „Mungo wird es nicht schaffen, wenn er mit uns kommt. Drahl, gibt es eine Möglichkeit ihm zu helfen? Gibt es ein Gegenmittel gegen solche Bisse?“ 238 - 239 - Der alte Drachenmann sah ihn ausdruckslos an. Er fasste sich ans Kinn und kratzte sich den kurzen, weißen Ziegenbart. „Meines Wissens nach nicht. Wenn ich ehrlich bin, kann ich mich nicht mehr daran erinnern, wann zuletzt ein Schlangenmann ein anderes Wesen gebissen hätte. Außer, dass er dieses zur Nahrung benötigte. Nein, ich bin ziemlich sicher, dass es kein Gegengift gibt.“ Er sah ehrlich bedrückt aus. „Es tut mir sehr leid um euren Freund,“ fügte er an „aber wir müssen nun weiter. Es wird allerhöchste Zeit.“ Die Männer wussten, dass der alte Drachen Recht hatte. Sie beschlossen, dass Andrea Taylor bei Mungo bleiben und es ihm so angenehm wie möglich machen sollte. Zu erst wollte sie nicht hier bleiben, aber als sie dann noch ein Mal einen Blick auf die noch immer stark zitternde Gestalt des Mannes warf, fasste sie sich ein Herz und willigte ein. Man überließ ihr einen gewissen Vorrat an Wasser und Nahrung, beides stammte noch aus der Welt Skataris, dann gingen die Männer hinaus und sie war allein mit dem Kranken. Kapitel 11: Entscheidungen 239 - 240 - Die Kurg hatte sich also der Flotte der terranischen Verteidigung angeschlossen und gemeinsam mit anderen Schiffen Verteidigungsposition bezogen. Alex stand am einzigen Fenster der Brücke, das sich direkt neben dem großen Monitor befand, und blickte hinaus. Die Xotha versperrten ihnen den Weg zum Navigationspunkt, den die Kurg für den Sprung in den Hyperraum berechnet hatten. Und gerade in diesem Moment, fielen ihm die Worte eines alten, englischen Dichters und Bühnenautors wieder ein, die wie keine anderen auf die ihnen bevorstehende Situation zu passen schienen. Er glaubte sich zu erinnern, dass der Mann William Shakespeare hieß, doch beschwören mochte er dies nicht. Aber die Worte die er gefunden hatte, waren nun da und mussten ausgesprochen werden, ja sie drängten sich förmlich durch seine Kehle nach oben und die Zunge hatte keine andere Wahl als sie auszustoßen, hinaus zu rufen, doch er hatte Angst verspottet zu werden und so sprach er sie nur so laut vor sich hin wie sich zwei zivilisierte Menschen zu unterhalten pflegten, doch auch so laut dass ein jeder der sich auf der Brücke dieses Schiffes befand, sie durchaus verstehen konnte. Und so lauteten sie: „Noch ein Mal stürmt, noch ein Mal treue Freunde, sonst füllt die Mauer mit unseren Toten auf. Im Frieden kann einen Mann so wohl nichts kleiden wie Demut und Bescheidenheit, doch bläst des Krieges Sturm euch ins Ohr, dann ahmt den Tiger nach in seinem 240 - 241 - Tun, ruft das Blut herbei, entstellt die liebliche Natur mit eurer Wut und leiht dem Auge einen Schreckensblick.“ Die Anwesenden richteten Ihre Blicke auf den Sprecher und lauschten voller Verwunderung seinen Worten. „Nun schärft die Zähne und bläht die Nüstern auf, haltet den Atem zurück und richtet jeden Lebensgeist zu seiner vollen Größe auf!“ diese Worten kamen von Drahl Regat und alle blickten nun verwundert auf ihn. Besonders Alex. „Ihr kennt Shakespeare?“ „Nein. Ich kenne diese Worte. Sie stammen von dem berühmten drakonianischen Dichter Meloc Poch. Er schrieb dies schon vor über 1000 eurer Erdenjahre nieder.“ Dann ergriff Travis das Wort: „Auf, auf ihr edlen Krieger, deren Blut von so vielen kampferprobten Vätern stammt, die ihre Schwerter nur aus Mangel an Gegnern wieder in die Scheide gesteckt haben. Lasst uns schwören, dass ihr eurer Zucht würdig seid – was ich nicht bezweifle – denn es ist keiner von euch so gemein und niedrig, dass er nicht edlen Glanz in seinen Augen hätte. Das Spiel ist im Gange, folgt eurem Geist und ruft bei diesem Angriff die Heerscharen des Himmels und der Hölle zu Hilfe und bringt dem Feind die letzte Rechnung!“ „Ich sag´s doch, Shakespeare.“ meinte Snow bestimmend. „Nein, Poch.“ meinte Drahl Regat darauf hin, wunderte sich aber, dass die Fremden den Text des drakonianischen Dichters so gut kannten. „Nein. Weder noch. Dieser Text stammt von Wolan Spitzfeder, einem der bekanntesten Dichter des 241 - 242 - Zwergenreiches Hort.“ klärte sie Travis auf. Doch die anderen schüttelten nur den Kopf. Ein jeder wollte soeben darauf bestehen, dass die Worte von dem ihm bekannten Dichter stammten, da schlug das erste Geschoss der Xotha auf der Kurg ein und ein Erbeben des Schiffes zwang die Männer sich nun wieder auf den bevorstehenden Kampf zu konzentrieren. Dennoch wunderte es Alex sehr, der genau wusste, dass diese Worte, und zwar all die gesprochenen Worte von dem Engländer waren. wie konnte es angehen, dass seine Worte in so vielen und so weit voneinander entfernten Kulturkreisen bekannt waren? Doch nun musste auch er sich auf das konzentrieren was noch vor ihm lag. Und so begann die letzte Schlacht der Menschheit. 242 - 243 - Das Geschützfeuer der Xotha konzentrierte sich niemals auf nur ein einziges Schiff. Abwechselnd und im Sekundentakt, bekamen alle Schiffe der vereinigten Streitkräfte ihr Fett ab. Bis, ja bis man endlich dazu über ging, permanent die Stellungen zu wechseln, den Feind langsam aber sicher einzukreisen, diese Position nur kurz inne behielt, nur um sogleich wieder dieselbe aufzugeben. Dies schien den Computer der Xotha so sehr zu verwirren, dass deren Geschütze immer weniger Treffer erzielten. Es war auch langsam an der Zeit, den Spies umzudrehen. Commander Clark, hatte den Befehl über die Kurg übernommen, nachdem sich die Mannschaft wieder zu ihrem alten Captain, dem Drachenmann Drahl Regat bekannt hatte. Er hatte sich mit den Kommandanten der Agamemnon, der San Francisco und der Shogun von Osaka abgesprochen, und man hatte sich darauf geeinigt, dass er, jetzt wo der Admiral tot war, den Befehl über die Flotte übernehmen sollte, da er der Einzige war der sich mit den Außerirdischen gut genug auskannte. Nun ja, das stimmte zwar nicht so richtig, da es ja eigentlich Alex war, der in seinem Körper die meisten Ereignisse zwischen ihnen und den Fremden erlebt hatte. Aber Snow stand ihm ja zur Seite und konnte ihm entsprechende Informationen liefern, wenn dies notwendig sein sollte. Soeben befahl er den Jagdfliegern der Agamemnon und den Resten des Perséus-Geschwaders, die auf der Kurg Zuflucht genommen hatten, die Angriffsformation so lange bei zu behalten, den Feind in Sicherheit ob der ihnen bekannten Strategie zu wiegen und erst im letzten 243 - 244 - Moment die Formation aufzugeben, um dann willkürlich und nach eigenem Ermessen den Feind anzugreifen. Zunächst schien dieser Plan auch aufzugehen, doch dann wurden mehr und mehr Jäger abgeschossen. Die Agamemnon, das Schwesterschiff der bereits zerstörten Perséus, erkannte die Situation früh genug und bot ihren Jägern Feuerunterstützung. Rote, blaue und grüne Lichtblitze durchzuckten das tiefe Dunkelblau der immerwährenden Nacht des sie umgebenden Universums. Treffer und Einschläge flackerten kurz in kleinen feurigen Blasen auf und zerplatzten dann zu rauchlosem Nichts. Größere Explosionen mit ausgedehnten Feuern konnte man hier ja auch nicht erwarten, denn diesem fehlte es einfach an dem notwendigen Sauerstoff. Dennoch war das Feuerwerk der sich bekämpfenden Parteien verursachten, gewaltig. Die Mannschaft der Kurg wollte die Angriffe der Agamemnon auf die Xotha unterstützen, kam aber von ihrem eigenen Gegner nicht so richtig los. Das Stadtschiff der Alamak klebte ihnen am Hinterteil wie ein Stück feuchtes Toilettenpapier. Die Alamakjäger waren bis auf wenige Schiffe zerstört, doch ihr Mutterschiff hatte sie nochmals verstärkt unter Beschuss genommen. Nun ja, eigentlich stellte dies für das Flagschiff der Drakonianer keine größere Bedrohung dar, denn das Schutzschildgitter der Kurg übertraf alles was Alex und Jason bisher je gesehen hatte. Dennoch, jeder Treffer knabberte ein klein wenig von der Energie und damit von der Schildintegrität und der für die Mannschaft so wichtigen Sicherheit ab. Lange würden 244 - 245 - sie solch einem Beschuss nicht mehr stand halten können. Mungo el Sarif war tot. Die Verletzung selbst, die der ehemalige marokkanische Prinz davongetragen hatte, war gar nicht so schwer gewesen, doch das Gift, dass dieses Schlangenwesen mit seinem Biss in seinen Körper injiziert hatte fraß ihn langsam von innen heraus auf. Es hatte seine Organe zu einer geleeartigen Masse verwandelt und das Blut immer dicker werden lassen, so dass das Herz, das ja ein Muskel war, es nicht mehr schaffte, diese lebensnotwendige Flüssigkeit in alle Organe zu transportieren. Andrea Taylor hatte bis zu letzt bei ihm ausgeharrt, hatte ihm mit Worten Trost gespendet, ihm vom Wasser Skataris´ zu trinken gegeben, und hatte ihm nach seinem letzten Atemzug für immer die Augen mit den Fingern geschlossen. Eine einsame Träne rann ihr übers Gesicht. Sie verspürte Trauer. Trauer für einen Mann den sie eigentlich erst seit wenigen Stunden kannte. Kannte? Nein, das war nicht richtig. Er war ihr vorgestellt worden, und seit dem hatten sie nicht einmal zwei Worte gewechselt. Dennoch rührte sie der Tod des Mannes mehr als sie vermutet hatte. Sie erhob sich und sah sich in dem kleinen Raum um. „Was wollte sie nun wieder tun?“ Fragte sie sich still. Ihr Blick fiel auf den Leichnam unter ihr. So konnte sie ihn nicht zurück lassen, und so machte sie sich auf die Suche nach einem Tuch, einer Decke oder etwas ähnlichem, um sich und anderen und vor allem um dem Geist des Toten den Anblick des Leichnams zu ersparen. Sie wollte ihn zudecken. Nur widerwillig und mit einer an Ekel grenzenden Abscheu betrat sie den Raum in dem die anderen 245 - 246 - Leichen ihrer Freunde ausgeweidet wie Schlachtvieh auf den stählernen Tischen lagen, um dort nach einer noch unbefleckten Decke zu suchen. In einem kleinen Wandschrank fand sie ein rotes Tuch das mit seltsamen golden schimmernden Symbolen verziert war. Es schien groß genug und würde seinen Zweck mehr als erfüllen. Sie wollte bereits den Raum verlassen, da warf sie noch ein Mal einen Blick auf den leblosen, verhüllten Körper zurück. Ihr war bewusst, dass dieser Mann, ohne dass er auch nur einen von ihnen gekannt hatte, aus seiner Welt zu ihnen herüber gekommen war, um ihnen in ihrem Kampf beizustehen. Mit feuchten Augen schüttelte sie den Kopf, sie wollte ihn nur wieder frei bekommen, und ging hinaus, um sich den anderen wieder anzuschließen. Während sie so durch die Gänge des fremden Raumschiffes schritt, kamen ihre Gedanken in Bewegung. Es waren Gedanken über ihr Leben. Bilder erschienen in ihrem Geist. Erinnerungen an ihre Kindheit. Wie sie aufgewachsen war, ihre Jahre in den verschiedensten Schulen – sie waren oft umgezogen, weil man ihren Vater ständig an andere Standorte versetzt hatte. Ihre Zeit bei Militär, und dann auch Bilder der Ereignisse der letzten Monate. All das schien nun wieder in greifbare Nähe gerückt zu sein, doch als sie danach greifen wollte, zerfaserten die Bildnisse ihrer Erinnerungen wie ein Nebelfetzen im aufkommenden Morgenwind. Doch durch die Bilder drängten sich zusehends und immer stärker werdende Worte. Worte in einer Sprachen die sie zunächst gar nicht verstand, die jedoch immer deutlicher wurden. 246 - 247 - „Saktis..., zu Skatris..., zurück nach Skataris..., müsst zurück nach Skataris!“ hörte sie sagen. „Skataris?“ wiederholte sie laut. „Das war doch der Ort...“ wollte sie einen weiteren Gedanken aussprechen, da hörte sie einen eindeutigen und gut verständlichen Ruf in ihrem Kopf. „Ihr Helden von Skataris, kehrt zurück! Sonst sind wir alle verloren!“ dies wiederholte sich mehrere Male. Die Deutlichkeit dieser Worte erschreckte sie derart, dass sie beinahe über ihre eigenen Füße gestolpert wäre. Doch sie konnte sich gerade noch selbst davor bewahren, dass sie das Gleichgewicht nicht verlor und auf die Nase fiel. Dann verklang das Rufen, und ihr Kopf schien wie von einem Schwindel befallen. Aber dies hielt nur kurz an, dann konnte sie unbesehen weiter gehen. Sie musste unbedingt den anderen davon erzählen. Dann erschütterten die ersten Geschosseinschläge das Schiff und sie wusste, dass die letzte Schlacht nun begonnen hatte. Sie musste sich beeilen. Zwischenzeitlich in Skataris... Der alte Magier fiel wie vom Blitz getroffen von seinem Stuhl und blieb regungslos auf dem Boden liegen. Antonius, der Chronist und Schriftgelehrte des Klosters der Hirten des Heiligen Pfades, zuckte bei dem Lärm zusammen und wand sich nach seiner Ursache um. Als er jedoch den alten Mann am Boden liegen sah, hastete er sofort zu ihm und fühlte mit den Fingerspitzen nach seiner Halsschlagader und dem dort sonst spürbaren Puls. Er schien wider erwarten ruhig und gleichmäßig zu sein. In diesem Moment schlug der Alte die Augen 247 - 248 - wieder auf und sah in das besorgte Gesicht des jungen Chronisten. „Keine Sorge, mein Sohn, ich weile noch unter den Lebenden.“ Erleichterung machte sich auf dem Gesicht des anderen breit. „Nun, wollt ihr mir nicht aufhelfen?“ fragte der Alte, als der Junge sich immer noch nicht rührte. Antonius zuckte zusammen und grinste. „Aber natürlich, Ehrwürdiger.“ antwortete er und zog dann den Mann vom Boden hoch. Mit dem Fuß zog er den umgekippten Stuhl heran und stellte diesen ebenfalls auf, nur um ihn sogleich unter das Hinterteil des Magiers zu schieben. „Habe ich sie abgesandt?“ fragte der Alte nach einem Moment des Schweigens. „Abgesandt? Was?“ fragte der Chronist verwundert. „Was? Na die Nachricht natürlich!“ rief der Alte. „Verzeiht, Herr, aber welche Nachricht meint ihr? Ihr habt euch seit Stunden nicht von eurem Platz gerührt, geschweige denn, dass ihr etwas gesagt habt. Ich glaubte schon, ihr wäret über euren Schriftrollen eingenickt.“ verteidigte sich Antonius. „Eingeschlafen? Ich? Keineswegs, keineswegs!“ keifte er laut. „Seht selbst, was ich hier fand.“ Der alte Magier reichte ihm die pergamentene Schriftrolle mit den alten Texten über denen er seit Stunden gebrütet hatte. Antonius nahm die alte Schriftrolle ehrfürchtig in seine Hände und versuchte den uralten Text zu lesen. Es handelte sich um eine Art Hieroglyphen. Es war eine sehr alte Schrift. Doch nach einer Weile konnte er den Text übersetzen und sah von dem Papier wieder auf. 248 - 249 - „Diese Nachricht meint ihr also!“ Der Magier nickte zustimmend und fragte erneut: „Nun, habe ich sie abgesandt?“ „Ich weiß es nicht, Meister.“ antwortete Antonius wahrheitsgemäß. Doch davon später mehr. Die Schlacht verlief nicht gut für die Menschen. Bei genauerer Betrachtung verlief sie sogar miserabel für jeden Beteiligten. Es war ein Zweifrontenkrieg im Gange und das für jede Partei. Die Alamak beschossen die Menschen und die Xotha, die Xotha beschossen die Menschen und die Alamak und die Menschen beschossen die Xotha und die Alamak. Zeitweilig konzentrierte sich das Feuer der Xotha mehr auf die Alamak was zur Folge hatte, dass die Menschen auch von den Alamak nicht mehr so stark beschossen wurden. Das half sehr, um ein wenig zu Atem kommen zu können. Doch landete auch nur ein Zerstörer einen guten Treffer, egal ob bei den Alamak oder bei den Xotha, verstärkte sich das Feuer wieder auf die Menschen. Aber was sollten sie sonst tun. Sie konnten nur feuern. Zogen sie sich zurück, würde früher oder später eine der anderen Parteien die Verfolgung aufnehmen und ihre Zerstörung wäre dann auch nur aufgeschoben gewesen. Also feuerten sie weiter. Die Kurg war dabei ihr wichtigster Trumpf. Dieses von den Drakonianern gebaute Schiff schien eine unglaubliche Feuerkraft zu besitzen. Nur wenige Treffen von ihr und die Schiffe der Menschen würden zerplatzen wie Seifenblasen. Doch bei den gigantischen Schiffen der Xotha und der Alamak, schien auch ihre Feuerkraft nur wenig ausrichten zu können. Die Regenerationszeit der Schildstruktur bei den seit langem verfeindeten Xotha und Alamak, war äußerst 249 - 250 - kurz. Das machte es sehr schwer wirklichen Schaden anrichten zu können. Die Jäger rasten um die Zerstörer und Schlachtschiffe herum und hielten den Feind davon ab näher zu kommen. Fast könnte man meinen, ein Schwarm Fliegen versuchte einen anderen Schwarm davon abzuhalten sich auf dem gleichen Stück Kuchen breit zu machen. Eine plötzliche Explosion und eine gewaltige Druckwelle erschütterte die Kurg so sehr, dass sie von ihrem vorgegebenen Kurs abwich und mehrere tausend Kilometer durch das All geschleudert wurde. Die Menschen und auch die Drakonianer waren überhaupt nicht darauf gefasst, und so wirbelten sie durch die Räume wie Wäschestücke in der Schleuder, wenn diese anlief. Es dauerte einige Minuten bis die Lage sich ein wenig beruhigt hatte und man das Schiff wieder auf Kurs halten konnte. Statusberichte trafen von allen Stationen ein und meldeten unzählige Verwundete. Auch auf der Brücke der Kurg war einiges durcheinander geraten. Drahl, der sich mit seinen Klauen fest in die Lehne seines Captainstuhls gekrallt hatte, wirkte als Einziger nicht sonderlich überrascht. Dennoch sah sein langes, weißes Haar aus als habe er eben in eine Steckdose gelangt. Es stand in alle Himmelsrichtungen von seinem Kopf ab und wirkte wie elektrisiert. Er hielt noch immer die Armlehnen seines Stuhls umklammert. Dass er sie während ihres Unfalls aus ihrer Halterung gerissen hatte, schien ihn nicht weiter zu stören. Mit einem Schütteln der Pranken, löste er den lästigen Ballast von seinen Krallen und dieser scheppernd zu Boden fiel. 250 - 251 - Morgan krabbelte hinter einer Konsole hervor und hielt sich schmerzhaft die linke Seite. Er hatte sich vermutlich eine Rippe gebrochen. Alex ging es nicht besser. Auch er rappelte sich soeben vom Boden auf. Er hatte eine kleine Platzwunde über der Augenbraue, einen langsam blau anlaufenden Wangenknochen und die Hände sahen etwas zerschunden aus. Er machte den Eindruck als käme er gerade von einem Boxkampf der Schwergewichtsweltmeister den Ring herunter gestolpert. Commander Clark hielt sich ebenfalls die Rippen und auch er hatte ein paar blaue Flecken ab bekommen. Kurz danach befand sich die Kurg bereits wieder in einer stabilen Lage. „Was zur Hölle ist passiert?“ fragte Travis Morgan als er sich wieder so weit im Griff hatte. „Das war das Ende eines großen Schiffes.“ Die Antwort kam von Alex, der vor dem 3 x 2 Meter großen Hauptbildschirm auf der Brücke der Kurg stand und beobachtete wie dieser flimmernd die Bruchstücke zeigte, die in rascher Folge an ihnen vorüber flogen. Drahl Regat tippte mit der Klaue auf einigen Tasten herum und bestätigte Snows Vermutung. „Es war die Agamemnon.“ bestätigte er ihnen. Die Agamemnon war nach der Perséus das Schiff, das bereits am längsten an den Kampfhandlungen teilgenommen hatte. Seine Beschädigungen waren wohl zu stark gewesen. Travis und Jason gesellten sich kurz zu Alex an den Monitor, um sich ebenfalls die immer noch auf sie zutreibenden Trümmerstücke zu betrachten, doch dann mussten sie sich wieder um das Schiff kümmern. Multiple 251 - 252 - auf der Brücke eingehende Schadensmeldungen erforderten jetzt ihre gesamte Aufmerksamkeit. Viele Stationen meldeten Probleme. Die Druckwelle die der Reaktor der Agamemnon bei der Zerstörung des Schiffes ausgelöst hatte, hatte viele Maschinen und Instrumente der Kurg in Mitleidenschaft gezogen. Das Schiff hatte sich zwar stabilisiert, aber irgend wie war kein vorwärtskommen möglich. Die Maschinen hatten fast keine Antriebsenergie mehr. Da hatten es die kleinen, wendigen Jäger der terranischen Schiffe bedeutend leichter gehabt. Durch ihre kleine, kompakte Bauweise, wurden sie von der Druckwelle zwar ebenfalls durchgeschüttelt, doch konnten sie auf Grund ihrer Wendigkeit den größten Schaden abwenden und waren fast sofort wieder einsatzbereit. Die Manöver die sie durchführen mussten, um von den feindlichen Kanonen nicht abgeschossen zu werden, wurden immer schneller und komplizierter. Die Energiegeschosse des Feindes pfiffen in grellbunten Blitzen an den Piloten und ihren Maschinen vorbei. Und traf ein Geschoss dennoch einen der Jäger, so verging dieser in einem leuchtenden Feuerwerk und ward auf ewig vom Himmel getilgt. Viele dieser Lichtblitze sah man im Dunkel des Alls aufflackern und dort zu schnell wieder vergehen. Viel zu viele. Die Jäger mussten sich aber nicht nur vor den feindlichen Geschützen in Acht nehmen, denn sie mussten auch durch die unzähligen Trümmerstücke der getroffenen Schiffe manövrieren. Auf dem Gefechtsleitstand der Kurg summte auf ein Mal ein Alarm und ein gelbes Lämpchen unter einer gläsernen Konsolenplatte leuchtete hektisch blinkend auf. Es war ein Annäherungsalarm. 252 - 253 - „Da kommt etwas ziemlich Großes von Backbord auf uns zu!“ rief Travis, dem man diese Konsole anvertraut hatte. „Haben wir noch Kameras, die wir dort hin ausrichten können?“ „Nicht funktionsfähig!“ rief einer der Drakoffiziere über die Schulter hinweg. „Hallo Kurg! Habt ihr Schwierigkeiten?“ kam es auf ein Mal aus einem der Lautsprecher. „Ja, aber wer spricht denn da?“ fragte Alex, der sofort zur Kommunikationskonsole gegangen war und instinktiv den richtigen Knopf zum aktivieren des Mikrophons gedrückt hatte. „O´Reily, Sir.“ kam die Antwort. „Wie kann ich helfen?“ „O´Reily, schön sie zu hören. Hier ist spricht Commander Clark.“ Jason war zu Alex an das Terminal getreten und hatte für ihn geantwortet. Er kannte O´Reily. Der irische Sturkopf war der Commander der Eagles gewesen. Eines der Jagdgeschwader auf der Perséus, von denen jetzt wohl nur noch wenig Männer am Leben sein dürften. „Oh, hallo Commander! Schön zu hören, dass sie ihren Trip auf das Alamakschiff überlebt haben.“ grüßte der andere. „Ja, ja, O´Reily, danke. Wir haben keine Zeit zum plaudern. Von Backbord kommt etwas auf uns zu und wir können nicht ausweichen!“ rief er ins Mikro. „Können Sie uns irgend wie helfen?“ „Alles klar, Commander. Werd´ sehen, was ich tun kann.“ kam die Antwort, dann trat wieder Stille ein. Es dauerte keine dreißig Sekunden, da flackerte auf ein Mal der Hauptschirm auf und zeigte plötzlich das, was den Alarm ausgelöst hatte. Es handelte sich um ein Trümmerstück der Agamemnon. Es war ein Teil der 253 - 254 - Oberdeckaufbauten des Schiffs, ein Teil der ehemaligen Brücke, und es war ziemlich groß. „Wir benötigen sofort Energie für die Schilde!“ rief Clark in den Raum. Die Antwort war ziemlich ernüchternd. Es gab keine. „Antrieb?“ hakte er nach. Doch auch dort bekam er nur ein Kopfschütteln zu sehen. Jason sah in Gedanken bereits wie das Teil auf der Kurg aufschlagen würde, da zuckten auf ein Mal einige Energieblitze durch das Dunkel der ewigen Nacht des Alls und trafen das Trümmerstück. Die kleinen Explosionen schienen zunächst überhaupt keine Auswirkung auf das Wrackteil zu haben, doch langsam aber sicher änderte sich sein Rotationsfaktor. Er wurde ungleichmäßig. Dann schlug auf ein Mal eine Rakete im linken Teil des Trümmerstückes ein und man konnte deutlich sehen, dass sich nun die Flugbahn ein wenig geändert hatte. „Das war meine letzte Rakete, Sir. Wir können das Wrackteil nicht noch mehr beschießen, sonst haben wir keine Munition mehr für den Feind übrig.“ kam O´Reilys Stimme wieder über den Äther. „Sie sollten in Deckung gehen, denn gleich wird es bei euch ziemlich scheppern. Viel Glück!“ „Danke für ihre Hilfe, O´Reily, und noch eine gute Jagd.“ Es kam keine Antwort mehr zurück Die Rotation des Trümmerstückes hatte sich erhöht, aber die Kursänderung war nicht groß genug, um an der Kurg ohne Schaden anzurichten vorbei fliegen zu können. Drahl Regat gab das Zeichen für den Kollisionsalarm. Eine tief klingende, brummende Hupe ertönte, und jeder Mann wusste was nun kam. Alle suchten sich, so weit 254 - 255 - dies möglich war, einen sicheren Halt und warteten auf das Schlimmste, das passieren konnte. Auf den Einschlag dieses riesigen Wrackteils. Ein plötzliches Ruckeln durchfuhr das Schiff und man glaubte schon, dies seien die ersten Auswirkungen des Einschlags, doch auf ein Mal gingen zuvor ausgefallene Teile der Beleuchtung wieder an, und ein gleichmäßiges Summen erfüllte alle Korridore und Räume der Kurg. „Die Schildenergie ist da!“ rief jemand. „Volle Energie auf die Backbordschilde!“ ordnete Drahl an. Doch im selben Augenblick erzitterte die Kurg und wurde abermals herumgeschleudert. Das Trümmerstück war auf dem Vordeck eingeschlagen und hatte ein großes Loch in den Rumpf gerissen. Die automatischen Sicherheitsprotokolle des Schiffes funktionierten noch nicht richtig, und so konnte man sehen, wie sich Menschen, Drakonianer und Materialkisten in die Unendlichkeit des Alls ergossen. Dann erst schlossen sich irgend wo im Schiff einige Stahltüren und verhinderten ein weiteres Ausbluten. Es war ein herber Verlust an Menschen und Material. Ein Verlust den man hätte vermeiden müssen. Wiederum musste die Kurg darum kämpfen, ihre Stabilität wiederzuerlangen, doch es gelang dieses Mal ein wenig schneller. Das Trümmerstück hatte das Schiff im Prinzip nur gestreift. Wäre es voll eingeschlagen, hätte es die Kurg in zwei Teile zerrissen und alle getötet, die sich auf dem Schiff befanden. Die Tür zur Brücke öffnete sich und ließ eine völlig desolat und zerzaust aussehende Andrea Taylor herein. Branda Deveraux, die sich während der letzten halben Stunde im hinteren Teil der Brücke aufgehalten hatte, trat zu ihr und fragte sie, wie es ihr ginge. 255 - 256 - „Ich lebe noch,“ antwortete Taylor, „...was man von eurem Freund leider nicht behaupten kann.“ Sie sagte dies allerdings so leise, dass einzig Branda sie hören konnte. Dann schien ihr wieder einzufallen, dass Deveraux den Farbigen ja auch erst seit Kurzem kannte, und sie winkte ihre Bemerkung Branda gegenüber beiläufig ab. Branda reichte ihr eine Wasserflasche von ihrem Gürtel und sagte, sie solle sich erst mal hinsetzen. Das Wasser nahm sie dankend an, aber den ihr zugewiesenen Platz lehnte sie ab. Sie nahm einen großen Schluck aus der Flasche und reichte diese dann wieder zurück an Deveraux. Mit dem Handrücken wischte sie sich den Mund trocken und fuhr anschließend mit allen zehn Fingern durch die leicht gewellten Haare, um diese wieder einigermaßen in Form zu bringen. Sie warf noch einen kurzen Blick auf Brande, die sie mit besorgten Augen ansah, ging dann aber wortlos an ihr vorüber um zu den Männern im vorderen Teil der Brücke zu gelangen. „Alex, Jason, Mr. Morgan, könntet ihr mir bitte mal kurz zuhören? Es ist wichtig.“ begann sie, nachdem sie neben Drahls Stuhl Position bezogen hatte. Die Männer hatten eigentlich keine Zeit für ein Schwätzchen, aber als sie sahen in welchem Zustand sich Andrea befand, lösten sie sich kurz von ihren Konsolen und Instrumenten und scharten sich um sie. „Wie geht es Mungo?“ wollte Travis sofort wissen. Andrea senkte den Blick zu Boden und schüttelte dann wortlos den Kopf. Alle wussten was dies bedeutete. Travis schnappte leicht nach Luft, und ein leichtes Zittern durchfuhr seinen Körper. Ähnlich ging es Snow. Alex kannte den Marokkaner zwar nicht so lange wie Morgan, doch kannte er ihn gut genug, um ihn als guten Freund anzusehen. 256 - 257 - „Er hat nicht lange leiden müssen.“ versicherte Taylor den Umstehenden. „Hat er noch etwas gesagt?“ wollte Morgan kurz darauf wissen. „Nein, er nicht.“ gab sie zurück. „Wie..., wie meinst du das?“ fragte Alex, dem zuerst bewusst wurde was Andrea da gesagt hatte. Taylor druckste ein wenig herum bevor sie mit der Sprache heraus kam. Es schien ihr irgendwie peinlich zu sein, den anderen von ihrem Erlebnis mit der Stimme die sie gehört hatte, erzählen zu müssen. „Es... es war gleich... gleich nachdem Mungo seine Augen für immer geschlossen hatte. Da... da hörte ich eine Stimme.“ begann sie. „Eine Stimme? Was für eine Stimme?“ wollte Clark wissen. „Ich... ich weiß nicht recht. Sie schien in mir in meinem Kopf zu sein. Zu erst konnte ich die Worte überhaupt nicht verstehen, aber nach einigen Minuten wurde sie dann deutlicher.“ sie machte eine Pause. „Und was sagte sie?“ klinkte sich Travis ein. „Der Wortlaut war: Die Helden müssen zurück. Zurück nach Skataris, sonst ist alles verloren.“ Alex sah zu Travis. Dieser hatte den Blick in die Ferne gerichtet. Er dachte wohl darüber nach, was dies zu bedeuten hatte. Zweifelsohne war es eine wichtige Botschaft, und zweifelsohne war Morgan der einzige Mensch hier, der über genügend Erfahrung verfügte um aus dieser Nachricht schlau zu werden. Doch auch schon allein die Tatsache, dass Skataris in der Nachricht erwähnt wurde, machte diese bereits sehr wichtig. Vielleicht waren die Dämonen wieder auf dem Vormarsch, dachte sich Alex. Doch dann kam er zu dem 257 - 258 - Entschluss, dass die Armee und ihre Helfer durchaus auch alleine dazu in der Lage waren die Dämonen wieder in ihre Schranken zu weisen. Königin Tara wusste ja wo sie sich befanden und würde nie darauf bestehen, sie nach Skataris zurück zu holen, nur um dort einen Krieg fertig zu kämpfen wo sie doch wusste, dass die Männer hier ebenfalls bis zum Halse im Schlamassel steckten. So egoistisch war sie nicht. Ein Funkspruch der „Shogun von Osaka“, dem Schiff der Japaner, riss die Männer aus ihren Gedanken. Sie konnten sich derzeit nicht eingehender mit den Worten die Andrea ihnen übermittelt hatte, beschäftigen. Da draußen tobte ein Krieg und der erforderte derzeit ihre ganze Aufmerksamkeit. Captain Hiro Yamamoto teilte allen anwesenden Schiffen mit, dass sie sich von dem ihren fern halten sollten, da die Shogun so stark beschädigt sei, dass er nicht für die Sicherheit der anderen Schiffe garantieren konnte. Alex fand diese Geste sehr nett und wollte soeben etwas dazu sagen, doch in diesem Moment flammte ein riesiger Feuerball am anderen Ende des kleinen Sonnensystems, in dem sich die Welt der Drakonianer befand, auf und die Shogun von Osaka war nicht mehr. „Mein Gott.“ war alles was Travis dazu sagen konnte, als er die Explosion sah. Die Kurg war so weit vom Schlachtfeld weggetrieben worden, dass sie keine Hilfe anbieten konnte. Ihr Antrieb hatte noch immer keine Energie, und so mussten sie hilflos mit an sehen, wie ein Schiff nach dem anderen, entweder von den Xotha oder von den Alamak abgeschossen wurde. 258 - 259 - Doch nicht nur die Menschen büßten Kameraden und Material ein. Die kleinen Jäger der Menschen waren sehr flink und hätten die Alamak nicht so gute Schilde, würden ihre eiförmigen Shuttles schon lange nicht mehr so zahlreich am Himmel patrouillieren. Dieser Konflikt musste so schnell wie möglich beendet werden, damit dies für die Beteiligten nicht zu einem noch größeren Debakel führte. Die normale Beleuchtung der Brücke auf der Kurg flimmerte kurz auf und fing sich dann in einem zunächst schwachen Schimmern, dann aber immer stärker werdenden Leuchten. Die Energie war wieder hergestellt. „Ah, wir können wieder loslegen!“ rief Drahl Regat. „Wie ist der Maschinenstatus? Was machen die Waffen?“ fragte er, ohne jedoch ein Besatzungsmitglied persönlich anzusprechen. Als er die entsprechenden Berichte erhalten hatte, befahl er: „Volle Kraft voraus! Waffen klar zum Gefecht und volle Energie auf die Schilde!“ Ein leichtes Ruckeln durchfuhr die Kurg, dann setzte sie sich wieder in Bewegung. Alle Mann bezogen wieder ihre Posten und machten sich Gefechtsklar. „In zwei Minuten sind wir in Waffenreichweite, Captain.“ meldete der Waffenoffizier. „Danke, aber wir werden noch ein wenig länger warten. Ich möchte sicher gehen, dass unsere Waffen auch den gewünschten Effekt erzielen. Und außerdem darf der Gegner nicht zu lange die Möglichkeit haben, unsere Raketen abzuschießen. Das wäre doch Verschwendung, nicht wahr?“ meinte er darauf hin und grinste ein breites Drachenlächeln wobei er seine weißen Reißzähne ordentlich bleckte. Dass hie und da des Alters wegen 259 - 260 - schon einmal eine dunkle Lücke das strahlende Lächeln unterbrach, schien ihm nichts auszumachen. Der alte Drakcaptain hatte sich wieder voll im Griff und war begierig darauf in den Kampf zu fahren. Sie hatten den Schauplatz des Geschehens beinahe erreicht, da gab er den Befehl, aus allen Rohren zu feuern. Die Geschütze der Kurg verursachten ein wahres Feuerwerk. Ihre Geschosse und Raketen trafen den Gegner mannigfaltig und rissen zum Teil ganze Deckaufbauten von den Stadtschiffen der Alamak. Durch diesen furiosen Angriff ermöglichten sie außerdem, dass die noch übrigen Schiffe der terranischen Streitkräfte und dem Schlachtschiff „San Francisco“, dass diese sich ein wenig zurückziehen konnten. Auch die Mannschaft der Kurg war nun ganz begierig darauf, diese Schlacht zu führen. Sie arbeiteten mit all ihrer Kraft, dass sie diejenigen waren, die immer wieder zuerst das Feuer auf den Feind eröffnen konnten. Travis Morgan, der für den verletzten Sensorenoffizier eingesprungen war, lieferte perfekte Daten an die Waffenkontrolle weiter, so dass diese ungeahnt gute Treffer erzielen konnte. 260 - 261 - Kapitel 12: Das Geheimnis Die Kampfhandlungen gegen die Dämonen waren gerade erst vorüber, da löste sich der Zirkel der Magier plötzlich auf und alle entschwanden in eine andere Richtung. Würde man sie erneut benötigen, würden sie es wissen, gaben sie Königin Tara zu verstehen. Dennoch sah sie den Männern und Frauen die so tapfer mit ihnen gestritten hatten, ein wenig wehmütig hinterdrein. Einzig und allein Agathon, der Erdmagier war noch für wenige Stunden im Palast verblieben. Er saß in der alten Bibliothek und brütete über vergilbten Schriftrollen. Als er damit geendet hatte, ging auch er zur Königin und verabschiedete sich. Dann suchte er den neuen und noch recht jungen Chronisten, Antonius, des Klosters der Hirten vom heiligen Pfad auf, und bat ihn, ihn zu begleiten. Etwas verdutzt dreinschauend nahm der Chronist die Einladung an, es gab hier zunächst nichts mehr zu tun, und es verging noch keine weitere Stunde, da hatten sie die Stadt auch schon in Richtung Westen verlassen. Antonius kam dieser Weg sehr bekannt vor, und er ahnte schon, wohin der Weg sie führen würde. Aber er wollte nicht zu schnell urteilen und fragte deshalb seinen Weggefährten. „Wohin führt uns unsere Reise, Meister?“ „Nun, das solltest Ihr doch wissen. Seid ihr nicht erst vor wenigen Wochen auf diesem Weg nach Tolun 261 - 262 - gekommen?“ antwortete der Alte mit einem Schmunzeln auf den Lippen. „Ihr wollt zum Kloster? Was hofft ihr dort zu finden?“ fragte Antonius neugierig. „Antworten, mein junger Freund, Antworten.“ „Antworten worauf?“ wollte der junge Chronist wissen, doch der alte Magier hatte sein Pferd bereits angetrieben, so dass Antonius nur noch das Gleiche tun konnte. Es vergingen gut ein und ein halber Tag bedeutungslosen dahin Reitens, dann hatten sie das Kloster endlich erreicht. Die Nachricht von Bartholomäus Tod wirkte bestürzend auf die Bruderschaft, und man konnte dem alten Abt ansehen, dass die Wahl des Verstorbenen, ihn den jungen Antonius, zum neuen Chronisten des Klosters gemacht zu haben, nicht gefiel. Aber dies musste er nun so hinnehmen, den sonst gab es ja niemanden der sich mit den alten Schriften auskannte. Agathon wurde ein Gästequartier zugewiesen, das nur geringfügig größer war als die sonst im Kloster üblichen Zellen der Mönche. Doch der Magier gab sich damit zufrieden, denn er würde eh nur zum Schlafen darin aufhalten und für diesen Zweck war es mehr als geräumig. Er ließ also nur sein Reisegepäck dort zurück und machte sich sofort mit Antonius im Schlepptau auf in die größte Schatzkammer Skataris´, der Bibliothek des Klosters. Dort angekommen erwartete er, einen düsteren, staubig, ja fast katakombenartigen Raum betreten zu müssen, und war angenehm überrascht, einen hellen, lichtdurchfluteten Saal mit unzähligen Bücherregalen, Schreibtischen und Lesepulten vorzufinden. 262 - 263 - In den Regalen aus dunklem Holz, die penibel sauber gehalten waren, lagerten sowohl gebundene Folianten als auch unzählige, pergamentene Schriftrollen über und um das Leben in Skataris und seine Menschen. An drei von fünf Tischen, saßen Mönche und studierten Bücher oder waren mit der Abschrift von Büchern beschäftigt. Die Abschrift von Büchern war für das Kloster eine der wichtigsten Einnahmequellen, denn dies konnten sich nur sehr gut situierte Menschen leisten, und es dauerte manchmal Monate, bis ein Buch kopiert war. Das Kloster fertigte aber auch Übersetzungen anderer Texte, zum Beispiel von den Zwergen aus dem Reiche Hort, oder von den Katzenmenschen im Süden an. Ja man behauptete sogar, das Kloster wäre in der Lage Texte der Bergtrolle zu übersetzen. Das war natürlich blanker Unsinn, denn die Trolle hatten überhaupt keine gesprochene Sprache, denn sie unterhielten sich ausschließlich mittels geflöteten und gepfiffenen Tönen, ähnlich wie man dies von den einheimischen Pyrenäenbewohnern des europäischen Festlandes her kannte. Agathon steuerte direkt auf den Teil eines Regals zu, in dem er einige der ältesten Schriftrollen vermutete und las die kurze Beschreibung, die man mit winzigen Lettern auf einem Stück Pergament geschrieben und an der Front des Regals befestigt hatte. Es stellte so eine Art Leitsystem dar, mit dem man schneller fündig werden sollte, ohne dass man jede einzelne Rolle zur Hand nehmen musste. Der alte Magier brummte vor sich hin und griff dann in den Stapel, um eine der Rollen hervor zu ziehen. Auf dem breiten Band das die Rolle zusammen hielt, standen dann weitere Details über Alter und Inhalt des Schriftstückes, und insgeheim musste er den Mönchen 263 - 264 - seinen Respekt für eine solch ordentliche Arbeit zollen. Es war alles sehr gut durchorganisiert. Antonius beobachtete derweil des Magiers Vorgehen und wunderte sich ein wenig, dass sich der alte Mann doch so gut und ohne seine Hilfe hier zurecht zu finden schien. Als er jedoch bemerkte, dass der Mann bereist die fünfte Rolle aus dem Regal genommen und diese wieder ungeöffnet hinein gelegt hatte, ging er zu ihm und fragte: „Kann ich euch irgend wie behilflich sein, Meister.“ Agathon drehte sich kurz zu dem jungen Mann um und meinte dann: „Hm, ich weiß nicht. Könntet ihr?“ „Wenn ihr mir anvertrauen wollt, wonach ihr sucht, kann ich euch bestimmt irgend wie weiter helfen.“ antwortete Antonius. Agathon schob die sechste Rolle ungeöffnet in das Regal zurück und wand sich um. „Nun gut. Es gibt da eine Geschichte, eine sehr, sehr alte Geschichte.“ brummte Agathon in seinen Bart. Er sprach absichtlich leise, denn er wollte nicht, dass die anderen gestört wurden. Na ja, vielleicht wollte er auch nicht, dass sie etwas davon mitbekamen was er nun dem Jungen zu erzählen im Begriff war. „Eine alte Geschichte?“ hakte Antonius ein. „Ich liebe alte Geschichten.“ „Hm, hm.“ brummte der Alte und zog dann den Chronisten am Ärmel ein wenig auf die Seite. „Kennt ihr die Geschichte von Elkah?“ fragte der Alte und sah Antonius scharf in die Augen. Dieser dachte einen Augenblick nach, wobei er den Namen immer und immer wieder durch seine Gedanken kreisen lies. Dann schien er die Antwort zu haben: „Ihr meint die Sage von Elkah dem ersten aller Magier von Skataris, Ellimak tim Elkah?“ 264 - 265 - Agathon nickte. „Genau diese.“ Antonius´ Gesichtsausdruck verfinsterte sich ein klein wenig. „Nun, wenn ich ehrlich bin, habe ich zwar irgend wann einmal von der Sage um den Magier gehört, aber zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich nicht mehr so viel darüber weiß wie ich dies jetzt gern täte.“ Der Magier grinste breit. „Macht euch darüber mal keine Sorgen, junger Gelehrter, diese Geschichte ist schon so alt, dass selbst ich nicht jede Einzelheit mehr kenne, und ich bin ebenfalls schon seeeehr alt.“ „Hm. Das macht die Sache nicht unbedingt leichter, nicht wahr? Und ihr meint, ihr findet hier etwas schriftliches über diesen Magier, hier in unserer Bibliothek?“ „Das hoffte ich zumindest.“ zischte der Alte zwischen den Zähnen hindurch. „Aber jetzt ist meine Hoffnung doch schon ein wenig gesunken. War ich doch der Meinung ihr wüsstet ein wenig mehr.“ brummte er dann. Antonius sah betrübt aus ob seiner Unwissendheit, doch dann kam ihm ein Gedanke. Bartholomäus hatte ihm einmal erzählt, das Klöster bürge Schätze von denen niemand außer ihm wusste, und auch er würde seinem Akoluthen nur dann davon erzählen, wenn es mit seinem Leben garantiert zu Ende gehen würde. Nun, dazu kam es dann ja nicht mehr, denn Bartholomäus verstarb so schnell, dass man überhaupt keinen Gedanken mehr an diese Worte richten konnte, und so war dieses Geheimnis mit ihm gestorben. Welch bedauerlicher Umstand, dachte Antonius. Doch dann ging ihm ein Licht auf. „Ich komme gleich wieder.“ sagte er und verließ die Bibliothek. 265 - 266 - Es dauerte etwa eine halbe Stunde, da kam der junge Chronist wieder in die Bücherei und schien außer sich vor Zorn. „Dieser verbohrte, alte Narr.“ schimpfte er als er bei dem Magier anhielt. „Wen meint ihr damit?“ wollte dieser neugierig wissen. Antonius sah zu dem Mann auf, so dass dieser sehen konnte, dass dem Jungen schon fast die Tränen in den Augen standen. „Was ist los?“ fragte er wieder. „Ach! Es ist unser Abt. Er ist ein alter Narr. Es passt ihm nicht, dass Bartholomäus mich als Akoluthen ausgewählt hat, und ich durch dessen Tot zu seinem Nachfolger wurde. Der Abt ist der Meinung ich sei zu jung um eine solch große Aufgabe übernehmen zu können. Doch ich sagte ihm, er irre sich und ich wäre sehr wohl dazu in der Lage. Hmhmmm, mit ein wenig Unterstützung durch ihn, wäre es natürlich leichter.“ „Aber deswegen wart ihr jetzt nicht beim Abt, nicht wahr?“ „Äh, nein. Ich sprach ihn auf etwas an, dass Bartholomäus einstmals zu mir sagte, das er mir aber vor seinem Tot nicht mehr verdeutlichen konnte.“ „Und nun hat der Abt euch nicht mehr geholfen.“ Agathon bestätigte ihm dies ohne dass der Junge weitersprechen musste und wandte sich seinerseits zum Gehen. „Was... was tut ihr?“ fragte Antonius als er sah, dass der alte Mann hinausgehen wollte. „Ich werde mit dem Abt reden.“ bekam er als Antwort. „Nein, nein bitte tut das nicht!“ rief Antonius laut. Dann bemerkte er, dass dies alles von den Anwesenden gehört werden konnte und so entschuldigte er sich schnell für seine lautstarke Störung. Doch als er sich umdrehen und 266 - 267 - dem Magier folgen wollte um ihm am Gehen zu hindern, war dieser schon verschwunden. Deprimiert und niedergeschlagen sank er auf einem der Stühle nieder und wartete auf das was kommen würde. Es dauerte keine fünf Minuten, da stand der alte Magier wieder vor ihm. „Kommt, wir haben einen Schatz zu heben.“ Etwas verdutzt dreinschauend sah er den Magier an, erhob sich aber sogleich, um ihm zu folgen. Doch der Alte hielt ihn am Ärmel fest und klopfte statt dessen mit den Knöcheln laut auf den neben ihm stehenden Tisch. Die drei Mönche sahen von ihrer Arbeit auf, gar nicht sehr erfreut, schon wieder gestört zu werden. „Meine lieben Brüder, würdet ihr bitte für einen Augenblick den Saal verlassen!“ Dies war keine Bitte, sondern ein Befehl, und Agathons Aussprache machte dies durchaus deutlich. Die Mönche erhoben sich nur widerwillig von ihrer Arbeit, aber sie wussten, wer der Alte war und deshalb schien es ihnen nicht angebracht, mit ihm darüber zu streiten. Sie verließen also den Raum und Antonius sah den alten Mann noch ein wenig verdutzter an als zuvor. Agathon trat an die linke, hintere Ecke des Raumes, dort wo kurz zuvor das große Regal endete. mit der Rechten griff er hinter den Rand des Regals und schien nach etwas zu suchen. Ein freundliches „Ah!“ und ein leises Klicken, zeigten Antonius, dass der Mann gefunden hatte wonach er gesucht hatte. Er zog die Hand hinter dem Regal hervor und berührte dann einen Stein in der Mauer, der nicht im mindesten anders aussah wie die anderen. Ohne ein weiteres Geräusch zu verursachen, schob sich das riesige Bücherregal etwa einen halben 267 - 268 - Meter von der Mauer an der es immer stand weg, und gab den Weg in einen dunklen Abgrund frei. „Ah!“ machte Agathon. „Da haben wir wohl einen geheimen Weg in eine geheime Kammer. Vielleicht eine Schatzkammer?“ er grinste den jungen Mönch schamlos an, der immer noch mit geöffneten Mund vor ihm stand und nicht zu glauben schien was er da sah. „Ihr solltet euren Mund wieder schließen.“ riet ihm der Alte, „Sonst fliegt euch noch etwas hinein, dessen Geschmack euch Ungemach bereiten könnte.“ Antonius hörte auf die Worte des alten Magiers und flogte ihm in die Dunkelheit hinab. Kaum hatte er die ersten beiden Stufen hinter sich gebracht, da verdunkelte sich auch noch der Eingang. Das Bücherregal war wieder an seinen angestammten Platz zurückgerutscht. Völlige Finsternis umgab ihn und er fürchtete schon, seinen Weg in dieser Schwärze fortsetzen zu müssen, doch da flammte direkt vor ihm ein Funken auf und entzündete eine Fackel, die zu seiner Rechten in einer Wandhalterung steckte. Agathon hatte das Feuer entfacht, das ihnen nun gute Dienste leistet. Unzählige Stufen führten sie immer tiefer hinab in den Bauch der Erde. Es herrschte ein trockenes, ja fast warmes Klima hier unten, was dem das sie suchten durchaus nicht schlecht bekommen würde. Wäre es hier feucht und kühl, könnte man nur sehr wenige Dinge hier einlagern. Antonius´ Fantasie spielte ihm Streiche. Sie gaukelte ihm vor, er würde jetzt über einen Schatz von unermesslichem Wert stolpern. Einfach so beim weiter gehen. Doch er wusste natürlich, dass dem nicht so sein würde. Allenfalls fänden sie hier ein paar verrottete Kisten, vielleicht ein paar Flaschen Wein, oder ähnliches. 268 - 269 - Dennoch spürte er allmählich eine ungewöhnliche Präsenz. Irgend wie hatte er seit wenigen Schritten das dumme Gefühl, nicht mehr alleine hier unten zu sein. Sicher, er war ja nicht allein, denn Agathon ging nur zwei Schritte weiter vorn vor im die Stufen hinab. Als dieser jedoch plötzlich stehen blieb und sich zur Linken wand, stoppte auch er und hielt ungewollt den Atem an. An der Wand war eine Steinplatte eingelassen, die deutlich einen Mönch des Ordens zeigte, dem auch er angehörte. Der alte Magier leuchtete mit seiner Fackel den Bereich unterhalb des Bildnisses aus. Dort war eine hölzerne Tafel angebracht, die den Namen des Gezeigten, sein Geburtsdatum und seinen Sterbetag zeigte. „Dies ist das Grab des Abtes Willmann von Bergen. Er wurde vor fast zweihundert Jahren hier begraben.“ sagte Antonius einfach so in den Raum. „Aha, und wie werden eure verstorbenen Äbte heute beerdigt?“ wollte der Alte wissen. „Nun, soweit ich weiß, werden die Leichname heute in der Krypta unserer Kapelle beigesetzt.“ „Wart ihr schon einmal dort unten, in dieser Krypta?“ „Nein, nicht dass ich wüsste.“ „Nun, vielleicht sind wir hier ja in der Krypta. Oder vielleicht in einer noch viel, viel älteren dieser Art. Möglicherweise stand einst dort wo heute eure Bibliothek ist, eine Kirche. Der Bau schien mir doch einiges dafür zu sprechen.“ meinte Agathon. Der junge Chronist zuckte mit den Schultern, und Agathon wunderte sich nicht weiter darüber. Die Mönche dieser Zeit gingen einfach nur noch ihrer Arbeit nach und sonst taten sie weiter nichts. Was früher war, oder was später einmal sein würde, kümmerte sie heute nicht mehr. Es war ein Jammer... Aber gut, sollte sie tun was 269 - 270 - sie tun mussten, und wir tun was uns beliebt, dachte er und ging weiter die Stufen hinab. Unterwegs begegneten sie nun immer wieder solchen Grabplatten, die zur Rechten wie zur Linken in die Wände eingelassen waren. Hier waren nun nicht nur mehr Mönche, sondern auch andere Personen. Personen von Stand und Ehre. Ritter, Grafen und sogar Bürger, die es sich irgendwie verdient hatten, hier zur letzten Ruhe gebettet zu werden. Insgesamt fanden sie 281 Grabmähler mit darauf abgebildeten Personen. Nur ein einziges hatte kein Gesicht, und keinen Körper. Auf dieser Grabplatte fanden sie nur einen kleinen, leuchtenden Stern abgebildet. Sonst nichts. „Dies ist die Ruhestätte von Luanas Körper.“ bemerkte Agathon leise. Antonius sah ihn merkwürdig an. „Ich fragte mich schon, ob sie jemals einen Körper besessen hatte und wie sie wohl ausgesehen hatte. Ich kenne sie ja nur vom Palast, und wie sie in ihrer Sternengestalt durch den Raum schwebte.“ „Nun, ich hörte einmal, dass sie von außergewöhnlicher Schönheit gewesen sein soll.“ meinte der Alte und verursachte dadurch einen stechenden Schmerz der Wehmut in Antonius Brust. Aber auch das letzte Abbild erweckte ihre Aufmerksamkeit. Irgend wie schien es weniger verrottet, ja eher noch fast wie neu zu sein. Das Antlitz des Toten zeigte sich so echt wie das eines Lebendigen. Und als Agathon auch hier die Fackel zu Boden senkte um zu sehen welchen Mann man hier begraben hatte, schien ihm der Ausdruck des Abbildes schon klar zu sein. „Hier steht; Ellimak tim Elkah, Begründer von Skataris, Gründer des Zirkels der Magier, Gründer der Bruderschaft der Hirten vom Heiligen Pfad.“ 270 - 271 - Agathon sah die Statue mit merkwürdigem Blick an. Er reichte Antonius die Fackel. „Hier, haltet das bitte für mich.“ Der junge Chronist gehorchte. Der alte Magier wollte eben mit seiner Hand das Gesicht der Statue berühren, da öffnete diese die Augen, blinzelte ein, zwei Mal und fragte dann mit tiefer, volltönender Stimme: „Was ist euer Begehr?“ Sowohl Agathon wie auch Antonius, zuckten bei dieser Reaktion einen Schritt zurück. „Ist... ist das ein Dämon?“ wollte der junge Chronist wissen. „Vielleicht. Möglicherweise ein Wächter.“ murmelte Agathon. „Nein, bin ich nicht.“ sprach die Statue. „Ich meine, ein Dämon.“ „Aha.“ machte der Magier. „Aber ihr seid ein Wächter. Nicht wahr?“ Die Statue schien mit den Augen zu rollen. „Gut erkannt, alter Mann. Und so frage ich euch zum letzten Mal. Was ist euer Begehr.“ Eine störrische, sprechende Steinstatue. Das hatte ihnen gerade noch gefehlt. Agathon dachte kurz nach: „Wir suchen die Kammer des geschriebenen Wortes.“ antwortete er zögerlich. Dieser Zauber war wirklich außergewöhnlich. Bisher hatte er nichts vergleichbares gesehen. „Was hofft ihr dort zu finden?“ wollte die Statue noch wissen. „Nun, wir hoffen, dort mehr über den Begründer von Skataris, dessen Abbild Du übrigens zierst, zu finden, und wie es ihm gelang diese Welt zu erschaffen.“ 271 - 272 - „Ah, sentimentaler Schnickschnack also.“ prustete die Statue. Ihr Brust hob und senkte sich, gerade so wie bei einem Menschen, der einmal schwer ein- und wieder ausatmete. „Nun gut, tretet ein.“ Die Grabplatte begann zu flimmern wie die Luft an einem sehr heißen Tag. Dann zog sie sich um die Statue herum zusammen und die Figur gab den beiden Besuchern den Weg in eine zunächst dunkle Kammer frei. Die Statue trat wieder an ihren angestammten Platz und füllte die restliche Öffnung damit wieder aus, dass sie den um sich eingesogenen Teil der Grabplatte wieder frei gab. „Wieso habe ich das Gefühl, das wir hier festsitzen wie Gefangene`“ bemerkte Antonius. „Nun, weil das vermutlich durchaus der Fall sein könnte.“ meinte Agathon darauf hin. Doch in diesem Augenblick öffnete sich die gegenüberliegende Wand. „... wenn er uns nicht wieder heraus lassen will.“ Der Alte deutete mit dem Finger auf den Lichtschimmer, der an der Wand immer größer wurde. Es öffnete sich ein Tür, und entließ die beiden Besucher aus der Dunkelheit in einen Raum, der so groß war wie eine Kathedrale. Licht durchflutete unzählige bunte Fenster, die Bilder aus längst vergangenen Zeiten zeigten. Beide blieben beeindruckt stehen. Antonius hatte abermals den Mund offen, und Agathon konnte es sich nicht verkneifen, ihm mit der Hand am Kinn diesen zu schließen. Zwischen den hohen Fenstern türmten sich die Bücherregale bis unter die kuppelförmige Decke. Von den Wänden selbst, sah man so gut wie gar nichts. In der Mitte des großen Rundbaus standen zwei Tische aus dunklem Holz, dazwischen befanden sich einige 272 - 273 - Reihen niedriger Regale, auf denen sich ebenfalls Bücher und Schriftrollen türmten. „Seid willkommen, Brüder.“ sprach es auf ein Mal. Antonius wollte eben eine Frage an den alten Magier richten, musste sich nun seine Worte jedoch aufsparen. Sie drehten sich um und sahen, dass der Eingang aus dem sie gekommen waren, vollständig verschwunden war. Statt dessen befand sich dort nun ein weiteres, großes Regal, voll mit alten Pergamentrollen. Und vor dem Regal stand ein Mönch auf einer Leiter hoch oben über ihren Köpfen. Ein Tablett mit duzenden Büchern und Schriftrollen schwebte neben seiner Leiter einher. Er nahm ein Buch vom Stapel, fügte es in eine Lücke im Regal ein und kam dann die Sprossen der Leiter herab. Als er unten angekommen war, konnten sie sehen, dass der Mann nur von sehr kleiner Gestalt war. Moment mal, dachte Antonius. Hatte der nicht eben noch viel größer ausgesehen, als er auf der Leiter dort oben stand? Seine Gehirnwindungen schienen sich zu verkrampfen. Er schüttelte kurz den Kopf und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Zwerg der vor ihnen stand. „Ich bin Bruder Miguel Seidenfeder, Schriftgelehrter und Bibliothekar hier an diesem Ort.“ begrüßte er sie. „Sehr erfreut eure Bekanntschaft zu machen, Bruder Miguel. Mein Name ist Agathon. Ich bin...“ begann der alte Magier. „... der Erdmagier vom Zirkel der Magier. Ich weiß, ich weiß. Und dies hier ist Bruder Antonius. Der neue Bibliothekar des Klosters der Hirten vom Heiligen Pfad. Seid gegrüßt.“ Seidenfeder verbeugte sich. Antonius war verblüfft. Wie konnte der Mann wissen wer sie waren? Er war ganz offensichtlich kein Mönch des 273 - 274 - Klosters dem er angehörte. Aber dennoch trug er die Kutte eines Mönchs. Das alles erschien ihm sehr merkwürdig. Dennoch lächelte Antonius ihn an und verbeugte sich ebenfalls. „Womit kann ich euch dienen?“ fragte der Zwerg. Agathon sah kurz zu seinem jungen Begleiter hin und da dieser bereits die Blicke über die Regale schweifen lies, begann er für sich erst einmal mit einer einfachen Frage: „Könntet ihr uns sagen, wo wir hier sind? Ich meine nicht diese Bibliothek, sondern den Ort selbst. Denn dort scheint mit Sicherheit Sonnenlicht durch die Fenster herein.“ Bruder Miguel wand den Kopf nach der Stelle auf die Agathon mit der Hand zeigte und grinste breit. „In der Tat, dort schein Sonnenlicht herein. Herrlich, nicht wahr? Diese Farben. Ich liebe es, wenn sie mit dem Lauf der Sonne über die Regale wandern und immer wieder lustige Bilder entstehen.“ plapperte der Gefragte. „Mit dem Lauf der Sonne? Ihr meint, das dort draußen ist nicht die Sonne von Skataris?“ „Skataris? Nein.“ Antonius Aufmerksamkeit kehrt auf ein Mal mit irrwitziger Geschwindigkeit zurück, und er fragte ebenfalls noch einmal nach: „Wie meint ihr das, dies sei nicht die Sonne von Skataris? Was sollte es denn sonst sein?“ Dann schien ihm wieder etwas einzufallen. „Moment mal. Wir sind eben Hunderte von Treppenstufen hinab in den Bauch der Erde gegangen, und eben dort durch eine Tür gekommen, wo nun das Regal steht.“ Er war total verwirrt. „Wo sind wir denn nun?“ wollte er wissen. „Meine Frage.“ hakte Agathon ein. 274 - 275 - „Nun, das ist nicht so leicht zu erklären, meine Herren. Aber ich will es versuchen.“ Miguel wand sich ab und ging auf die Tische zu die in der Mitte der Bibliothek standen. Er winkte sie zu sich, und sie folgten ihm. Mit einer Handbewegung bat er seine Besucher Platz zu nehmen. Er selbst, blieb sehen. So befand er sich genau auf Augenhöhe mit seinen Besuchern. „Dieser Ort... nun wie soll ich es euch am besten begreiflich machen?“ Er grübelte. „Dieser Ort ist nicht existent. Zumindest nicht in eurer Zeit.“ offenbarte er und sah den beiden in die Augen. Bei Agathon sah er nichts, aber das war bei einem Magier auch nicht ungewöhnlich. Diese verbargen ihre Gefühle und Motive gerne hinter einer Maske. Aber bei dem jungen Chronisten, da sah er Besorgnis, Erschrecken, ja sogar ein Fünkchen Wahnsinn. Für ihn, musste er die Erklärung so glaubhaft wie möglich machen, sonst würde der junge Mönch seine Gedanken nicht mehr ordnen können und sich in seinen Grübeleien verzehren. „Nun, es ist nicht ganz so schlimm, wie ihr zu glauben scheint. Ich nehme mal an, ihr seid durch die Grabkammer eines der Toten unterhalb des Klosters der Hirten vom Heiligen Pfad gegangen und dann hier gelandet.“ Der Magier und der Antonius bestätigten dies mit einem einheitlichen Nicken. „Gut. Diese Grabkammer war nicht das was ihr erwartet habt. Sie ist vielmehr ein Portal, oder... wird es einstmals eines sein..., das dazu in der Lage ist, Materie, in diesem Falle zwei Menschen, durch Raum und Zeit zu transportieren. Ihr, Meister Agathon, müsstet doch so etwas kennen. Oder nicht?“ 275 - 276 - Der alte Magier zog die Augenbraue ein wenig nach oben und meinte: „Nun ja, in der Tat habe ich schon den einen oder anderen Versuch der Teleportation unternommen und möchte behaupten, damit auch schon Erfolge erzielt zu haben, aber ich schaffte es bislang immer nur auf kürzeren Strecken. Ein paar Hundert Meter zunächst, dann einige Meilen. Aber das war es leider auch schon.“ „Nicht so bescheiden, Meister Agathon, nicht so bescheiden. Nur sehr wenige vor euch, haben das Gleiche, wenn überhaupt so viel zu Wege gebracht. Nun ja, außer einem.“ meinte der Zwerg verschmitzt. „Ihr schmeichelt mir Bruder Miguel. Habt Dank dafür. Und wie war der Name dessen, der dies zu Wege brachte?“ „Kein geringerer als Ellimak tim Elkah daselbst. Er und seine Mannen erschufen und erforschten die Raum-ZeitTheorie, und sie erschufen die Portale zwischen den Dimensionen.“ „Zwischen den Dimensionen?“ hakte Antonius nach, „Wie viele Dimensionen gibt es denn?“ „Hm, eine schwierige Frage, eine wirklich schwierige Frage, mein junger Freund. Mir selbst, sind bislang 32 bekannt. Doch nach unseren Recherchen sind es noch viele mehr.“ Diese Antwort verblüffte nun auch den alten Magier. Er und Antonius, wussten von dreien, oder vieren. Aber Dreißig und mehr? Das war unvorstellbar. „Ich sehe in euren Gedanken, dass ihr euch vorzustellen versucht, wie es in den anderen Dimensionen aussieht. Nun, ich kann euch nur raten, tut das nicht. Es lohnt sich nicht, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, denn für die meisten dieser Dimensionen sind die Portale verschollen. Es gibt keine Aufzeichnung darüber wo sie sein könnten, und es ist nicht möglich, mit einem Portal in mehrere 276 - 277 - unterschiedliche Dimensionen zu reisen. Es gibt allerdings eine Legende, dass es ein Portal geben soll, mit dem man alle Dimensionen erreichen kann. Aber nun schweife ich zu weit ab.“ Er schien kurz nachzudenken, dann fuhr er fort: „Ihr wolltet wissen, wo ihr euch befindet. Nun, diese Bibliothek befindet sich in einer Zeit vor der Zeit. In einer Art Zwischendimension. Sie steht auf einem der höchsten Berge und man könnte von ihr aus das Geschehen der Welt betrachten, ohne älter zu werden. Zeit, existiert hier nicht. Ihr könntet hundert Jahre lang hier bleiben und lernen ohne älter zu werden, ohne Hunger oder Durst zu empfinden, und auch keine Sehnsucht nach dem euch bekannten Zuhause.“ Miguel sah das Grübeln in Antonius Gedanken. „Ich will es einmal so ausdrücken; in einer Dimension beginnen gerade die ersten Dinosaurier den langen Weg ihrer Existenz an der Erdoberfläche, in einer anderen bauen die Babylonier an ihrer verrückten Erfindung, mit einem Turm so hoch wie die Wolken, den Göttern näher zu sein, und in einer wieder anderen reißen sich Dämonen in Stücke, weil sie eben erneut aus der Skatarisdimension verbannt wurden. Und so geht es weiter und weiter. Doch eigentlich sind all diese Dimensionen nur Nebenprodukte.“ „Nebenprodukte? soll das heißen, diese Welten waren überhaupt nicht geplant?“ hakte der junge Chronist nach. „Ja und nein. Die Welt in der Ellimak tim Elkah, der Mann wegen dem ihr hier seid, lebt, ist eine Welt der Erde, lange vor der Zeit der uns bekannten Menschheit. Eine Zeit in der die Magie noch existent ist, Fabelwesen ihr fantastisches Leben führen, und Götter noch wirkliche Götter sind.“ erklärte der Zwerg. 277 - 278 - „Das hört sich unglaublich an.“ meinte Antonius. „Fantastisch ist wohl eher der Begriff der das alles umschreiben kann.“ meinte Agathon. „Ihr habt beide recht. Aber dennoch ist es so. Elkah hat den Durchgang zu der Welt die ihr Erde nennt gefunden. Er hatte die Magie des Zeitreisens benutzt, um dort hin zu gelangen. Als er sah, was dort vorhanden war, trieb ihm die Tränen in die Augen. Er war berauscht von der Vielfalt des Lebens das dort existierte. Seine Begeisterung kannte fast keine Grenzen und so nahm er sich eines Tages vor, dieses Leben bewahren zu müssen.“ „Also schuf er einen Ort, an den er dieses Leben bringen konnte.“ bemerkte Agathon. „Genau. Er verbannte die Zeit aus diesem Ort und sorgte dafür, dass es dem Leben möglich war, immer wieder einen Zugang zu dieser Welt zu finden. Egal ob dies aus den in den verschiedenen Epochen der Erde lebenden Tieren, oder Menschen bestand.“ Miguel machte eine Pause und begab sich zu einem der Regale. Mit einem Griff an ein kleines Buch das er nach vorne kippte, öffnete sich ein Teil dieses Regals und gab den Blick in einen Raum frei, der sich als eine Art Küche herausstellte. Allerdings war dies keine Küche wie sie Agathon oder Antonius jemals gesehen hatten. Sie wirkte überaus „modern“. Seidenfeder kam mit einem Tablett heraus, auf dem er drei Tassen und eine Schale mit Gebäck platziert hatte. Er stellte das Tablett auf den Tisch und fragte nur beiläufig: „Tee?“ Die beiden Besucher nickten, und so stellte der Zwerg jedem eine Tasse hin und das Gebäck, das überaus vorzüglich duftete, dazu. 278 - 279 - „In der letzten Zeit verdichten sich die Anzeigen, dass gewisse Spannungen zwischen den Dimensionen sich auszuweiten drohen. Ihr habt es in Skataris selbst bemerkt. Die Dämonen fanden erneut einen Weg in eure Dimension und hätten diese beinahe für sich erobern können. Wäre euer Land nicht mit solch überdurchschnittlichen Helden gesegnet, würden heute die Dämonen das Land regieren und eure Königin Tara müsste ihr Dasein als Sklavin fristen. Und dieses Übel wird weiterhin versuchen, aus der ihnen zugewiesenen Dimension auszubrechen. Glücklicherweise haben sie bislang noch keinen Zugang zu einer anderen Dimension gefunden. Ich wüsste nicht, ob die Menschen des Altertums, oder der Moderne, mit solchen Monstern fertig werden würde.“ erzählte der Zwerg weiter. „Es grämt mich, dass meine Mitbrüder im Lande Hort, sich ebenfalls dieser Gefahr gegenüber sieht. Auch wenn ich keinen Einzelnen von ihnen persönlich kenne.“ „Nun, so weit ich weiß, hat jede Zeit ihre Helden, und bin guter Dinge, dass sich in schwierigen Zeiten diese Helden finden werden. Aber mir geht es mit meinen Mitbrüdern vom Zirkel der Magier nicht viel anders. Auch wenn wir kein Volk in dem Sinne sind wie man sich das vorstellt. Uns liegen alle anderen genauso am Herzen und wir würden uns ewig Vorwürfe machen, sollte ihnen etwas Unheilvolles geschehen.“ Agathon atmete tief durch, dann fuhr er fort. „Als wir die letzten Tage in Tolun verbrachten, hatte ich ständig das Gefühl, dass irgend etwas nicht stimmte. Ich machte mich auf die Suche, fand zunächst aber nichts. Das ging so lange, bis wir die Dämonen in ihr Verließ zurück geschickt hatten. Dann wurde es auf ein Mal besser. Dennoch, irgendetwas quälte mich immer noch, 279 - 280 - und zwar immer am Morgen wenn ich mich auf die Beine begab.“ Er schüttelte den Kopf, so als ob er nicht recht wisse was los sei. Ein Moment des Schweigens entstand und man genoss den heißen Tee, der irgendwie nach Zimt duftete und dennoch nach Orangen schmeckte. „Mir scheint, ihr wisst viel über Elkah, Herr Seidenfeder.“ bemerkte Antonius dann auf ein Mal. „Leider ist dies nicht so viel wie ich gerne über ihn wüsste. Sicher, es gibt viel Geschriebenes hier über ich, aber mir fehlt einfach die Zeit dazu, die ganzen Bücher und Schriftrollen die man über ihn geschrieben hat, zu lesen. Aber ich kann euch, die ihr ja sowieso hier seid um mehr über ihn zu erfahren, die Schriften über ihn, gerne bringen. Wie ich schon sagte, habt ihr genug Zeit zum studieren.“ „Das ist überaus freundlich von euch, Seidenfeder. Wir werden dieses Angebot gerne annehmen.“ bedankte sich der alte Magier. Dann schlürfte er wieder an seinem immer noch dampfenden Tee und genoss das kräftige Aroma. Es waren eine wahre Flut von Büchern und Schriftrollen, die der kleine Bibliothekar ihnen zum studieren brachte. Briefe, Abhandlungen und Aufsätze von Schriftgelehrten oder solchen die welche werden wollten. Würdigungen von Bürgermeistern bis hin zu Staatsoberhäuptern von denen Antonius noch nie etwas gehört hatte. Biographien und ein Tagebuch. Ein Tagebuch? Meister Seidenfeder hatte noch nie davon gehört, dass Elkah ein Tagebuch geführt hat, geschweige denn, dass dieses hier in der Bibliothek zu finden war. Es versetzte seinem alten Zwergenherz einen 280 - 281 - kleinen Stich, als der darüber nachdachte, dass er nicht einmal davon etwas gelesen hatte. Aber wann hätte er das tun sollen. Die Bücher die hier gelagert wurden, nahmen Tag für Tag zu und sie zu katalogisieren und einzusortieren erforderte seine ganze Aufmerksamkeit. Er kam überhaupt nicht mehr in den Genuss, eines dieser Bücher zu lesen. Gerade mal für einen kurz überflogenen Blick in das eine oder andere Werk reichte seine Zeit, dann musste er auch schon weitermachen. Es wurde Zeit, dass er einen Helfer hier her bekam. Einen auf den man sich verlassen konnte. Dann würde er mehr Zeit für die Dinge finden die ihn schon so lange interessierten. Der Erdmagier begann natürlich mit dem Tagebuch des großen Zauberers. Viele Seiten überflog er nur oberflächlich, denn sie enthielten nur recht unwichtige Informationen aus der Jugend des Magiers. Doch schließlich stieß er auf die ersten Seiten, die sich mit dem Reisen durch die Zeit, und später auch durch Raum und Zeit befassten. Elkah beschrieb zunächst nur, dass es ihm wohl sehr großen Spaß machen würde, sich durch die Zeit bewegen zu können. Zu sehen und zu erleben, wie sich die Dinge entwickelten. Dann schrieb er über die ersten Versuche mit Zaubersprüchen und anderen Dingen, magischen Dingen, die ihm die Zeitreise ermöglichen sollten. Sein Ärgernis konnte man spüren, wenn er von einem Misserfolg schrieb, und seine Freude, wenn er einen Gegenstand in die Zeit hinaus schickte und dieser versehrt oder unversehrt wieder zu ihm zurück kam. Traurigkeit schien in den Worten mitzuschwingen, als Elkah davon berichtete, wie er einen Hund in die Zeit schickte und ihn dort ungefähr fünf Jahre beließ, ihn 281 - 282 - dann zurückholte und feststellen musste, dass der arme Kerl kläglich verhungert war. Da der Hund nur noch ein Skelett war, ging Elkah davon aus, dass er schon kurz nach seiner Ankunft dort verhungert sein musste. Plötzlich schien es Elkah wie Schuppen von den Augen zu fallen. Wo hatte er den Hund denn eigentlich hingeschickt? Nur in die Zeit. Die Zeit war aber kein Ort. Er sah den Fehler den er gemacht hatte. Der Hund hatte überhaupt keine Möglichkeit zu überleben gehabt, denn er irrte fünf Jahre lang ohne Wasser und Nahrung durch die Zeit. Kein Feld über das er streichen konnte, kein Herrchen das er finden konnte, und kein Wild dem er hätte nachstellen können. Wie konnte er nur so dumm gewesen sein? Wie nur? Die folgenden Seiten des Tagebuches blieben weitgehend unbeschrieben. Nur flüchtig eröffnete Ellimak tim Elkah dem Büchlein jetzt noch seine Gedanken. Zu tief saß der Schmerz über den Verlust. Zu tief war sein Respekt vor dem Leben gesunken, wie er sich selbst in seinem Tagebuch beschimpfte. Dennoch ließ ihn das Thema nicht los. Er forschte weiter und weiter, und eines Tages gelang ihm mit Hilfe eine Bronth, eines kleinen bärenartigen Wesens, das er um Hilfe gebeten hatte, da es das damals einzig verständige Organismus in seiner damaligen Welt, dem er erklären konnte was er mit ihm vor hatte und dass er von den ihm mitgegebenen Vorräten essen und trinken solle, wenn ihm danach sei. Egal ob er nun einen Boden unter den Füßen habe oder nicht. Der Bronth mit Namen Orsal Kot, ein beschissener Name, wie Agathon fand, erklärte sich bereit, und schon kurz darauf war er aus dem ihm umgebenden Zeitgefüge verschwunden. Um jedoch nicht wieder einen 282 - 283 - schwerwiegenden Fehler zu begehen, holte Elkah ihn schon nach wenigen Augenblicken zu sich zurück. Kot bedankte sich für die Reise und meinte, er solle dies einmal selbst versuchen. Fast fünf Wochen sei er unterwegs gewesen. Hunger habe er gelitten und Durst ebenfalls. Doch auf die Frage von Elkah hin, wo er denn gewesen sei, konnte der Bronth nur wage antworten. „Es war ein Land von ungeahnter Schönheit, dort wo er gelandet war.“ begann er. Ein Himmel so blau wie die See im Süden und Wolken so weiß und bizarr wie er sie noch nie gesehen hatte. Das Land sei grün und fruchtbar, und der Reichtum an tierischem Leben war außerordentlich. Doch leben dort zweibeinige Riesen, Elkah nicht unähnlich, die reisen mit großen, stinkenden Wagen, leben in noch größeren Städten überhaupt nicht in die sie umgebende Welt passen, und dies und das und jenes. Sein Bericht war sehr lang. „So haben wir also eine Tür in eine andere Welt gefunden.“ sann Elkah über den Bericht am Abend nach, und schon am nächsten Morgen, so beschloss er, würde er diese Welt selbst auch einmal besuchen. Würde sich selbst von der Fülle des Lebens das es dort gab, überzeugen wollen. Elkah kehrte zurück und war entzückt. Zwar hatte er nicht die vom Bronth berichteten Städte und Menschen gefunden, aber dafür eine Unzahl an Lebewesen, so bizarr er sie noch nie gesehen hatte. Vögel ohne Federn an den Flügeln. Statt dessen erhoben sie sich auf Häuten die zwischen ihren Gliedern wuchsen, in die Luft, und Eidechsen so groß, dass man auf einen Baum steigen musste um über sie hinweg sehen zu können. Die Wälder waren dicht und grün, und überall gab es 283 - 284 - ausreichend Wasser. Aber die Luft erschien ihm irgendwie stickig zu sein. Der Anteil an Schwefel war viel zu hoch. Er verglich darauf hin den Bericht von Orsal Kot mit dem seinen und musste feststellen, dass er zwar in der selben Welt gelandet war, aber nicht in der gleichen Zeit wie der Bronth. Wie konnte das geschehen? Wo hatte er einen Fehler gemacht? Er wusste es nicht. Einige Seiten später stieß Agathon auf die Lösung von Elkahs Problem, und von da an reiste der Magier immer öfter in alle möglichen Zeitperioden der Erde. Und je öfters er reiste, desto mehr wurde der Gedanke, das Leben zu bewahren in ihm stärker. Schließlich brütete er über der Erschaffung eines Horts. Ein Hort des Lebens. Und von da an, widmete Elkah seine ganze Kraft der Erschaffung dieses Horts. Viele Tagebuchseiten später, war in einer Falte der Zeit, einer Art Zwischendimension, das Land Hort entstanden, und Elkah gab ihm Tiere und Pflanzen und kleine Menschen dort hinein. Nun konnte sich Hort selbst weiterentwickeln. Leben konnte entstehen und wachsen und bald würde sich das Land erweitern. Dann würde er wieder neue Lebewesen einsetzen, die sich dort wohl fühlen konnten. Elkah sah dass es gut war, und erweiterte die Welt abermals. Doch irgend wann war er zu alt geworden und die Jahrtausende nagten spürbar an seinen Knochen. Er war müde geworden ob seiner Arbeit und ließ sie sich selbst weiterentwickeln. Nun wollte er das Land nicht mehr erweitern, denn das erschöpfte ihn zu sehr. Es war ja schon groß genug. Fast zu groß. Die Menschen die er dorthin gebracht hatte, hatten angefangen Grenzen abzustecken und nannten diesen 284 - 285 - Bereich nun Skataris. Wie sie auf diesen Namen gekommen waren, wusste Elkah nicht, aber er klang nicht schlecht. Ellimak schuf mit seiner letzten Kraft die Übergänge von den Dimensionen die er kannte, so dass der Bestand an Leben gesichert war und immer wieder Menschen und Tiere hineingelangen konnten, dann legte er sich zur Ruhe. „Eines Tages...“, die Schrift im Tagebuch hatte sich verändert, „... war Ellimak tim Elkah verschwunden. Ich bin Thomas von Bergan, der Stadt im Südosten von Skataris. Ich bin der erste der Drachenritter und habe dieses Buch gefunden. Nach mehr als zehn Jahren die ich auf den Besitzer wartete, und dieser nicht kam, lege ich es in die Bibliothek des Klosters der Hirten vom Heiligen Pfad, um es dort für die Nachwelt zu bewahren. Anmerken möchte ich noch, dass ich mich lange davor bewahrt habe, dieses Buch zu lesen. Doch als ich es dann doch tat, und auch Gwyndragsil, mein treuer Gefährte, dies für angebracht hielt, kann ich nur sagen, dass es uns eine große Ehre war, dieses Werk zu bewahren und wir gerne diesen Ellimak tim Elkah kennen gelernt hätten. Möge er in Frieden ruhen, denn wir fürchten, er kehrt nicht wieder zurück.“ „Außerordentlich eindrucksvoll dieses Werk.“ murmelte Agathon nachdem er das Buch endlich beiseite gelegt hatte. „Während ihr in den Analen des großen Magiers versunken seid, war ich auch nicht ganz untätig. Ich fand eine Abhandlung von einem gewissen Orsal Kot, der über Elkah schreibt, ich zitiere: Ein wahrhaft großer Mann, dieser Zauberer. Er schafft Löcher in der Zeit und setzt dort Leben ein und es wächst und gedeiht. Ich habe Bedenken, dass alles gut geht, aber Elkah winkt ab. 285 - 286 - Meint ich solle nicht so negativ sein. Gut, ich verdanke ihm die Schrift der Menschen und auch das Verstehen der Worte und all das. Aber ich erinnere mich an die Zeit, als ich das erste Mal zu den Menschen mit ihrer wirren Zeit reiste. Sie waren nur nach außen hin freundlich. Viel Unmut und Hass wuchs in ihnen heran. Viele Kriege hatten sie schon überstanden. Zu erst verstand ich das Wort Krieg nicht, bis ich Elkah darauf hin ansprach. Er war dann nicht da. Besuchte diese Welt und ihre Zeit und als er wieder kam, hatte er Männer und Frauen nach dem Land Skataris gebracht, die rechtschaffen und gut waren. Er meinte, mit ihnen wäre kein Krieg zu machen. Doch er irrt, denn nur Helden und Magie sind fähig, das Gleichgewicht in Skataris zu halten, so viel habe ich schon herausgefunden. Ohne sie, wird dieser Ort dem Untergang geweiht sein. Ich befürchte, es hat seinen Anfang bereits genommen. Mögen die Götter den dort lebenden gnädig sein.“ Antonius endete und sah sehr bedrückt aus. „Dieser Orsal Kot scheint mir viel dazugelernt zu haben.“ bemerkte Agathon. „Ihr kennt den Mann?“ fragte der junge Chronist verblüfft. „Ja. Elkah hat mit seiner Hilfe das erste Tor zur Erde aufgestoßen. Damals war er noch ein unbedeutender Bronth, der nicht lesen und schreiben konnte. Elkah muss es ihm später beigebracht haben. Aber darüber stand nichts in diesem Buch.“ erklärte er. Es entstand eine Zeit des Schweigens, in der ein jeder nochmals an seinem Tee nippte. Miguel hatte ihnen neu eingeschenkt, während sie über die Einträge in dem Tagebuch und dem Bericht sprachen. Er träufelte ihnen ein paar Tropfen einer klaren Flüssigkeit in ihre Tassen 286 - 287 - und beantwortete den fragenden Blick des Magiers mit den Worten: „Eine Variation des Geschmacks.“ Der Geschmack der Orange wich dem süßlichen Duft einer Tamariskenart und dem Geschmack von Honig und Pistazien. Und überhaupt, roch es in dieser Bibliothek mehr nach exotischem Speisen als nach dem zu erwartenden Geruch Jahrtausende alten Staubes auf den Büchern. „Wie...“ begann Seidenfeder zu fragen, als er gerade seiner eigenen Tasse noch einen Tropfen mehr von dieser Flüssigkeit hinzufügte, „... denkt ihr darüber, dass Orsal Kot der Meinung ist, dass nur Helden und Magie die Gefüge von Skataris zusammenhalten können?“ Agathon sah verwundert auf. Er hatte zunächst geglaubt, dass dieser Nebensatz nur eine Art schmückendes Beiwerk sei. Eine Art Verdeutlichung der Empfindsamkeit des Wesens von Raum und Zeit und seiner darin existierenden Welt. Miguels Frage schien sich aber direkt auf die Anwesendheit von Helden und Magie zu beziehen. „Ich weiß es nicht.“ antwortete der alte Magier ehrlich. Dann äußerte er seine Gedanken die er nach Miguels Frage darüber gehabt hatte, kam aber auch dann zu keinem anderen Schluss. „Hm.“ machte der zwergenhafte Bibliothekar. „Wir sollten versuchen, etwas mehr über diese Sache heraus zu finden. Irgend wie habe ich das Gefühl, dass an dieser Sache mehr dran ist, als das was wir dachten. Seht euch doch bitte die Bücher noch ein Mal an. Vielleicht könnt ihr einen Hinweis auf weitere Informationen finden. Würde mich gar nicht wundern, wenn der alte Elkah noch irgend wo anders eine Erläuterung dazu verfasst hätte.“ 287 - 288 - Die Männer nahmen also die Bücher erneut auf und blätterten sie Seite für Seite sorgfältig durch, während Miguel das Geschirr in den Nebenraum räumte. Als er zurück kam, hatte er einen merkwürdigen Gesichtsausdruck aufgesetzt. „Was machen denn eigentlich eure Helden derzeit? Sind sie noch immer in der Zukunft dieses Alexander Snow?“ Agathon sah den Zwerg mit Verwunderung an. „Woher wisst ihr davon?“ Der Zwerg machte eine abwinkende Handbewegung und meinte nur: „Nicht so wichtig, nicht so wichtig. Alles steht geschrieben wie es sich gehört.“ „Was soll das heißen? Bedeutet das, ihr habt ein Buch hier in dem steht, was mit Travis Morgan und den anderen zur Zeit geschieht?“ fragte Antonius hastig, bevor ihm der alte Magier zuvor kam. „Nun, nicht so direkt. Ihr vergesst, dass wir uns hier in einem Raum außerhalb der normalen Zeit befinden. Egal wo wir hinschauen beginnt soeben eure Vergangenheit, eure Gegenwart und ja, auch eure Zukunft. Die Gegenwart hier, schreibt nicht nur die Bücher der Vergangenheit, und da Zeit ein sehr dehnbarer Begriff ist, schreibt sie zur gleichen Zeit die Zukunft mit auf. Die Zeit ist fließend, und das ist sie hier noch stärker als anderswo.“ „Aber dann könntet ihr uns doch sagen, was gerade passiert, denn das stünde ja in diesem Augenblick bereits geschrieben?“ wollte der alte Mann wissen. „Das könnte ich.“ erwiderte der Zwerg. „Aber ihr wollt es nicht, nicht wahr?“ mischte sich Antonius wiederum ein. „Hmmm nein. Das Problem ist, ich darf es nicht. Nur so viel sei euch gesagt, Eure Freunde haben schwere 288 - 289 - Prüfungen zu bestehen. Prüfungen die nicht allein Ihre Kraft und Intelligenz beanspruchen.“ „Werden sie zurückkehren?“ wollte der junge Chronist nun mit betretenerer Mine erfahren. „Das weiß ich nicht. Und selbst wenn ich es wüsste, dürfte ich es euch nicht sagen. Es steht euch aber frei, euch hier in der Bibliothek zu verlustieren so lange es euch beliebt. Findet ihr einen Weg, wie ihr Kontakt mit ihnen aufnehmen könnt, dann spricht nichts dagegen dies auch zu tun, und sie zur Heimkehr zu bewegen. Das lag nun also vor ihnen: 1. Sie mussten herausfinden, weshalb Helden und Magie so wichtig für den Erhalt von Skataris sind? 2. Wie können sie Kontakt mit den Männern in der anderen Welt aufnehmen und sie zum Umkehren bewegen? und 3. Reicht es aus, wenn die Männer wieder im Lande sind, oder ist etwas bestimmtes zu tun, damit ein Zusammenbruch dieser Welt nicht doch noch stattfindet? Nachdem sie diese Aufgaben definiert hatten, machten sich Antonius und Agathon auf die Suche nach den entsprechenden Unterlagen. Emsig durchforsteten sie die von Miguel herbeigeschleppten Folianten und Pergamente, lasen und studierten und spekulierten über angebotene Möglichkeiten. Tage lang, Nächte lang. Bis schließlich... Der alte Magier fiel wie vom Blitz getroffen von seinem Stuhl und blieb regungslos auf dem Boden liegen. 289 - 290 - Antonius, der Chronist und Schriftgelehrte des Klosters der Hirten des Heiligen Pfades, zuckte bei dem Lärm zusammen und wand sich nach seiner Ursache um. Als er jedoch den alten Mann am Boden liegen sah, hastete er sofort zu ihm und fühlte mit den Fingerspitzen nach seiner Halsschlagader und dem dort sonst spürbaren Puls. Er schien wider erwarten ruhig und gleichmäßig zu sein. In diesem Moment schlug der Alte die Augen wieder auf und sah in das besorgte Gesicht des jungen Chronisten. „Keine Sorge, mein Sohn, ich weile noch unter den Lebenden.“ Erleichterung machte sich auf dem Gesicht des anderen breit. „Nun, wollt ihr mir nicht aufhelfen?“ fragte der Alte, als der Junge sich immer noch nicht rührte. Antonius zuckte zusammen und grinste. „Aber natürlich, Ehrwürdiger.“ antwortete er und zog dann den Mann vom Boden hoch. Mit dem Fuß zog er den umgekippten Stuhl heran und stellte diesen ebenfalls auf, nur um ihn sogleich unter das Hinterteil des Magiers zu schieben. „Habe ich sie abgesandt?“ fragte der Alte nach einem Moment des Schweigens. „Abgesandt? Was?“ fragte der Chronist verwundert. „Was? Na die Nachricht natürlich!“ rief der Alte. „Verzeiht, Herr, aber welche Nachricht meint ihr? Ihr habt euch seit Stunden nicht von eurem Platz gerührt, geschweige denn, dass ihr etwas gesagt habt. Ich glaubte schon, ihr wäret über euren Schriftrollen eingenickt.“ verteidigte sich Antonius. „Eingeschlafen? Ich? Keineswegs, keineswegs!“ keifte er laut. „Seht selbst, was ich hier fand.“ 290 - 291 - Der alte Magier reichte ihm die pergamentene Schriftrolle mit den alten Texten über denen er seit Stunden gebrütet hatte. Antonius nahm die alte Schriftrolle ehrfürchtig in seine Hände und versuchte den uralten Text zu lesen. Es handelte sich um eine Art Hieroglyphen. Es war eine sehr alte Schrift. Doch nach einer Weile konnte er den Text übersetzen und sah von dem Papier wieder auf. „Diese Nachricht meint ihr also!“ Der Magier nickte zustimmend und fragte erneut: „Nun, habe ich sie abgesandt?“ „Ich weiß es nicht, Meister.“ antwortete Antonius wahrheitsgemäß. Kapitel 13: Das Ende? Das Trümmerstück raste mit ungeheurer Wucht gegen den bereits stark lädierten Rumpf der Kurg. Die vorderen Schotts flogen förmlich aus ihren Verankerungen und der Druckabfall in den Sektionen war nicht mehr aufzuhalten. Das Schiff würde auseinander brechen. Die Feuerleitstände am Bug des Schiffes, waren nicht mehr einsatzfähig, und der Beschuss durch die Xotha hörte und hörte nicht auf. Drahl Regat konnte es nicht fassen. Wie konnte es nur so weit kommen? Er machte sich die größten Vorwürfe. Er hätte Boral Gan daran hindern müssen, das Kommando auf dem Schiff zu übernehmen. Er war schwach gewesen. Schwach und unverantwortlich. Sie 291 - 292 - mussten das Schiff so schnell wie möglich verlassen. Langsam bewegte er die Hand zur Konsole und betätigte einen Schalter. Eine Stimme ertönte: „Achtung, Achtung, dies ist eine wichtige Durchsage. Bitte begeben sie sich alle in die Rettungskapseln. Dies ist keine Übung! Bitte begeben sie sich alle in die Rettungskapseln. Dies ist keine Übung!“ Diese Ansage wiederholte sich ständig. Travis und Alex sahen zu Drahl Regat hinüber. „Kommt, wir müssen hier weg. Schnell!“ meinte dieser und wand sich in Richtung Tür ab. Ohne eine weitere Aufforderung abzuwarten, folgten sie dem Drachenmann hinaus. Doch der alte Drachen führte sie nicht zu den Rettungskapseln, sondern er führte sie auf genau dem selben Weg zurück, den sie vor wenigen Stunden hier her gekommen waren. Dann kamen sie zu dem Raum, wo der Leichnam von Mungo el Sarif lag. „Wir sollten ihn nicht hier lassen.“ meinte Travis und ging hinein. Der Tote lag immer noch dort, wo Andrea Taylor ihn zurückgelassen hatte. Die rote Decke mit den goldenen Symbolen verhüllte seinen Körper vollständig. Morgan beugte sich hinab, packte das Bündel und warf es sich über die Schulter. Es schien, als habe der Leichnam überhaupt kein Gewicht für Travis, denn er lief ebenso leichtfüßig weiter wie zuvor. Andrea ließ den Blick sinken und folgte dem Krieger ebenso wie die anderen. Es dauerte nur wenige Minuten, bis sie den Torraum erreicht hatten. Drahl Regat betrat den Raum und aktivierte den Mechanismus, mit dem das Tor seine 292 - 293 - Arbeit aufnahm. Nun hieß es warten, bis die richtige Welt auftauchte. *** In einer anderen Ecke des Universums, saßen sich zwei Männer an einem Tisch gegenüber. Vor sich ein Gebilde aus ineinanderlaufenden Streben mit mehreren waagerechten Plattformen in verschiedenen Größen, auf denen sie kleine Figuren in verschiedenen Farben umher schoben. Beide Männer trugen schwere, dunkle Mäntel, deren große Kapuzen ihre Gesichter im Dunkel des Inneren hielten. An der Decke des ebenso dunklen Raumes, schienen Sterne zu funkeln und auf dem Boden sah man nichts als die kreisrunden Abbildungen einiger Planeten. Bewegte einer der Beiden eine Figur, löste sich ein dünner Energiefaden von ihr und wanderte von der Tischplatte hinab zum Boden, um dort irgendwo in der Dunkelheit zu verschwinden. *** Im Torraum erschien die Welt Skataris. Alex und Travis Morgan wandten sich zu ihren Mitstreitern um verabschiedeten sich von ihnen. Als Branda Deveraux und Andrea Taylor jedoch Anstalten machten ihnen zu folgen, hielt sie der Commander zurück. Fragend sahen sie ihn an. „Dies ist nicht eure Welt...“ begann er, „... Wenn ihr dort hin geht, weiß niemand was geschehen wird.“ „Er hat recht.“ rief Snow, der schon zur Hälfte im Zeitstrudel verschwunden war, ihnen zu. 293 - 294 - „Wir wurden zurückgerufen, weil unsere Welt uns braucht. Es ist durchaus möglich, dass eure Welt euch auch noch braucht. Ihr solltet mit Drahl und den anderen Draks gehen. Sie gehören in eure Zeit, und wenn sich die Gelegenheit bietet den Xotha irgend wann eine auszuwischen, dann werdet ihr bestimmt wieder gebraucht. Ich hoffe jedoch, dass es dazu nicht kommen wird. Lebt wohl! Lebe wohl, Branda! Ich habe dich, weiß Gott, geliebt. Aber ich bin sicher, auch für dich und den Commander wird es einen Weg geben, den ihr zusammen gehen könnt. Lebt wohl Drahl Regat. Ich empfinde größten Respekt für euch!“ „Das tue ich auch für euch, mein Freund. Vielen Dank für alles. Lebt wohl!“ grüßte er zurück. Dann war Alex im Strudel verschwunden. Travis Morgan verabschiedete sich lediglich mit einer entsprechenden Handbewegung, dann schritt auch er in den Zeitstrudel und war sogleich verschwunden. *** In dem dunklen Raum im Universum, zog ein weiterer Energiestrahl seine Bahn über den Boden und verschwand schließlich im dunklen Nichts. „Ein guter Zug, mein Sohn. Ein guter Zug.“ lobte der eine, der ein wenig größer war als der andere. „Ihr solltet besser auf eure Figuren achten, Vater.“ mahnte der Sohn. ** 294 - 295 - Drahl Regat und seine Leute sahen das Tor an und warteten darauf, dass ihre Welt, der Planet Drakon dort erschien. „Ihr seid herzlich dazu eingeladen, mit uns zu kommen.“ sagte Regat. Doch Branda winkte dankend ab. „Danke Drahl, aber wir werden besser zurück auf die Erde gehen. Ich war schon ein Mal auf eurem Planeten. Damals wollte man uns ohne ersichtlichen Grund einfach töten.“ „Mag sein. Aber dieses Mal würdet ihr unter meinem Schutz stehen.“ entgegnete Regat. „Euer Angebot ehrt uns, Captain. Doch auch ich denke so wie Deveraux. Wir sollten in unsere Welt zurückkehren.“ mischte sich Clark ein. „Wie ihr wünscht.“ Regat machte eine betroffene Mine. Doch dann reichte er den Dreien die Hand zum Abschied, denn soeben war ihre Welt im Tor aufgetaucht. Es zeigte ein Bild von San Francisco und der alten Golden Gate Bridge, die sich noch immer einige Kilometer entfernt über die Bucht zog. Vorsichtig betraten die Drei den Zeitstrudel. Andrea warf nochmals einen Blick zu den Drachenmenschen zurück und konnte dann in letzter Sekunde ihres Verweilens dort, die Hitze einer Explosion spüren, und sie sah wie die noch im Torraum Anwesenden versuchten in Deckung zu gehen. *** „Nicht schlecht gespielt, Vater. Aber ihr habt soeben eure Festung verloren.“ sagte der Kleinere, während er die turmähnliche Figur von der dritten Ebene des Spielbrettes schlug. Die Figur wirbelte durch die Luft und verursachte dabei ein zischendes Geräusch. Als sie jedoch zu Boden fiel, schien sie in einem kleine 295 - 296 - Funkenregen aufzugehen und war sodann völlig verschwunden. Ein missmutiges Brummen kam unter der Kapuze des anderen hervor und er meinte: „Nun gut, aber das Spiel ist ja noch nicht vorbei.“ *** Alex und Travis wirbelten durch den Strudel der Zeit und versuchten die aufkommende Übelkeit zu kontrollieren. Morgan hatte die Leiche von der Schulter genommen und hielt sie jetzt mit beiden Armen fest an seinen Bauch gedrückt, währen Snow sich mit einer Hand im Gürtel des Warlords verkrallt hatte, und mit der anderen die Beine der Leiche fest hielt. „Hoffentlich sind wir bald da, sonst kotze ich dir noch ins Genick!“ rief er dem Mann vor sich zu. Travis drehte den Kopf und sah über die Schulter. „Du vergisst, dass der Wind von vorne kommt. Und wenn es mir hoch kommt, dann bekommst du die Hauptladung ab.“ schrie er und grinste breit. „Aber irgend etwas ist merkwürdig.“ rief er dann nach hinten. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir bei unserem ersten Trip durch die Zeit viel schneller am Ziel waren. Oder täusche ich mich da?“ Alex versuchte eine Blick in die Runde zu machen und kam zu dem selben Ergebnis. Sie waren tatsächlich schon sehr lange unterwegs. Und als hätte er es ausgesprochen, öffnete sich der Zeitstrudel auf ein Mal und sie standen wieder still. Doch sie waren nicht dort, wo sie sich erwartet hatten. Statt dessen erschienen sie inmitten des sie umgebenden Universums. Sie schwebten schwerelos durch das All. Sterne funkelten um sie herum und Planeten kreuzten ihre Bahn. Oder 296 - 297 - war es umgekehrt? Kreuzten sie die Bahnen der Planeten? Eines war ihnen jedoch sofort klar. Dies hier musste ein Traum sein, denn wären sie tatsächlich irgendwo im All, wären sie beide bereits bei Austritt aus dem Zeitstrudel tot und eingefroren. Aber sie lebten, und sie konnten atmen. Was war also geschehen? Travis wollte sich das Bündel eben wieder über die Schulter legen, um sich besser bewegen zu können, da spürte er eine leise Bewegung die nicht von Snow her kam. Plötzlich wurde diese Bewegung stärker. Sie kam von dem Bündel das er trug, doch das war unmöglich. „Alex, was ist hier los?“ fragte er. Snow hatte die Bewegung ebenfalls gespürt und hatte die Beine darauf hin los gelassen. „Keine Ahnung. Wir müssten eigentlich tot sein.“ Doch in diesem Moment bäumte sich der in das rote Tuch eingewickelte Körper auf und schien nach Luft zu ringen. Morgan hätte ihn beinahe fallen gelassen. Da sie keinen Boden unter ihren Füßen sehen konnten, aber dennoch fest auftreten konnten, setzte er den noch eben tot geglaubte Freund ab und begann das Tuch um den Kopf herum abzuwickeln. Als das Gesicht von Mungo el Sarif darunter hervor kam, war seine farbige Haut noch immer sehr bleich, und Leben schien sich auch noch nicht in dem Körper zu rühren. Doch weshalb hatte er sich dann bewegt? In diesem Moment begannen die goldenen Symbole auf dem Tuch zu leuchten. Ihre Helligkeit nahm immer mehr zu und sie strahlten eine Wärme aus, die dem Warlord fast die Fingerverbrannte. Vorsichtig ließ er den Körper zu „Boden“ sinken und trat einen Schritt zurück. „Was geschieht hier?“ fragte er Alex. „Ich habe nicht die leiseste Ahnung, Morgan.“ 297 - 298 - Das Glühen wurde nun so hell, dass es den Körper völlig bedeckte. Von dem roten Stoff war bereits nichts mehr zu sehen. Dann bäumte sich der Körper erneut auf, und in diesem Augenblick schien der Mann wieder Luft zu holen. Das Glühen verglimmte, und Alex konnte sehen wie Mungo die Augen wieder aufschlug. Das Erste was seine Augen erblickten, war die Dunkelheit über ihm und die Sterne die sich darin mit ihrem Funkeln verteilt hielten. Langsam kehrte die Farbe wieder in sein blasses Gesicht zurück, und er öffnete den Mund: „Wo... wo bin ich?“ fragte er. Morgan beugte sich über ihn und sah ihn mit festem Blick an. „Das wüssten wir auch gerne. Aber es ist schön, dass du wieder unter den Lebenden weilst.“ „Unter... unter den Lebenden? Was... was ist geschehen?“ wollte er wissen. „Du wurdest von einer Schlange gebissen. Sie war giftig.“ Mungo schien zu verstehen, denn er sagte nichts weiter. Statt dessen versuchte er sich aus seinem Gefängnis zu befreien. Er war noch immer ziemlich eng in das nun wieder rote Tuch gewickelt und versucht sich mit ein paar geringfügigen Bewegungen daraus zu befreien. Travis half ihm auf die Beine und Alex wickelte ihn langsam aus. „Kannst Du stehen?“ fragte ihn Morgan nachdem das Tuch entfernt war. „Ich... ich denke schon. Danke.“ Doch als Morgen ihn los ließ, sackte er in die Knie und er musste ihn wieder festhalten. „Ich denke, du stützt dich besser noch ein wenig auf mich.“ 298 - 299 - Mungo nickte, denn seine Beine zitterten noch ganz schön, und er war dankbar für den Gegenhalt, den der Mann neben ihm, ihm gab. Da kam ihm auf ein Mal ein Gedanke. „Verzeihung, aber wer seid ihr?“ fragte er die Männer. Alex sah Travis an und dieser blickte zu ihm zurück. „Kannst du dich nicht mehr daran erinnern? Ich bin Alex. Alexander T. Snow. Und der freundliche Herr hier ist Travis Morgan, der Warlord. Wir sind deine Freunde.“ „Ich... ich kann mich... mich nicht daran erinnern.“ Man sah deutlich, dass er es versuchte. Aber es schien nicht zu funktionieren. Noch nicht. In diesem Moment blitzte weit, weit vorne ein helles Licht auf und zog damit die Aufmerksamkeit der Männer auf sich. In dem hellen Licht schien sich eine Gestalt zu manifestieren, die langsam größer und größer wurde. Es dauerte einige Momente, bis man die Person wenigstens einigermaßen erkennen konnte. Es war eine hagere Gestalt von mittlerer Größe. Die Haare hingen dem Mann in leichten Wellen bis auf die Schultern hinab, die von einem groben Leinentuch bedeckt waren. Sein Gesicht war lang und schmal und ein kurzer, dunkler Vollbart zierte das Kinn. Seine Augen blickten ruhig und gelassen. Er hob die Hände und zeigte ihnen die leeren Handflächen. Doch ganz so leer waren sie nicht, denn sie wiesen zu beiden Seiten Wundmale auf. Sein Blick schien leicht abwesend zu sein, aber als sich seine Stimme erhob, strahlte sie Wärme und Mitgefühl aus. „Fürchtet euch nicht, denn ich bin das Licht das euch aus dem Dunkel hilft.“ Morgan zog eine Augenbraue nach oben und meinte so halb zu Alex geflüstert: „Siehst du auch das was ich sehe?“ 299 - 300 - Alex nickte. „Das tue ich. Und glaubst du, dass er es ist, den zu sehen du glaubst?“ fragte Snow. „Nun, ich sehe vermutlich das was du siehst, aber ich bin mir nicht sicher ob es das ist was ich eigentlich sehen sollte.“ antwortete Taylor. „Bist du Christ?“ „Ich bin getauft, wenn du das meinst?“ „Ich auch. Aber das war es dann auch schon.“ „Also keine theologische Diskussion über Erscheinungen und Wunder?“ wollte Morgan noch leise wissen. „Nein, ich denke nicht.“ Dann war der Fremde auch schon heran. „Wer seid Ihr?“ wollte Morgan von dem Fremden wissen. Der hagere Mann der gut einen Kopf kleiner war wie Travis und eineinhalb Köpfe kleiner wie Alex, hob kurz den Blick zu ihm empor und meinte dann in seiner ganz gelassenen und ruhigen Art: „Ihr wisst wer ich bin.“ Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder auf Mungo, den er zuvor schon im Blick hatte. „Dir sei vergeben, mein Sohn. Erinnere dich deiner Freunde und an dein Leben. Deine Zeit ist noch nicht gekommen.“ Mit diesen Worten hob er die linke Hand und hielt sie in einem Abstand von ungefähr zwanzig Zentimeter vor Mungos Gesicht. Ein goldener Ring mit einer Kugel in der Handfläche war zu sehen. Die Kugel rotierte langsam im Uhrzeigersinn. Während der Rotation lösten sich kleine Flügel von der Kugel und formten diese zu einer Blüte. Als die Blüte komplett war, begann der Mittelteil leicht zu glimmen. Das Leuchten verstärkte sich von Mal zu Mal und plötzlich löste sich ein gleißender Lichtstrahl aus der 300 - 301 - Kugel und fand sein Ziel auf Mungos Stirn. Das Licht legte sich um sein Haupt und waberte wie Hitzewellen auf dem Asphalt um seinen Kopf. Schmerzen schien es ihm nicht zu bereiten, denn der Mann stand völlig ruhig da. Einen Augenblickspäter erlosch das Licht und Mungo sank ein wenig in die Knie. Es schien aber nur eine kurze Schwäche zu sein, denn er fing sich sofort wieder, und noch bevor er auch nur ein einziges Wort an den Fremden richten konnte, war dieser wieder verschwunden. „War das Gott?“ wollte Mungo wissen. Alex und Morgan sahen sich an. Der Erscheinung nach hätte er Jesus Christus sein können, und vielleicht war diese Vorstellung auch seine Absicht gewesen. Aber brauchte Jesus Gerätschaften um seine Wunder zu vollbringen? Gerätschaften wie diesen Ring? „Neeeeee!“ sagten beide gleichzeitig. „Aber wer war er dann?“ hakte Mungo nach. „Nur ein freundlicher, junger Mann mit langen Haaren, einem kurzen Vollbart und einer Leinenkutte. Mehr nicht.“ erklärte ihm Travis. „Aha.“ Mungo hatte die Unsicherheit seiner Freunde gespürt und gab sich mit dieser Antwort zufrieden. Doch für sich selbst, wollte er glauben, dass dies eine Erscheinung von höchster Ebene war. Und dies wollte er in seinem Herzen bewahren. Ein anderes Leuchten entstand zu ihrer Linken, und sie sahen sich wieder in dem Zeitstrudel, der sie von der Kurg heruntergebracht hatte. Allerdings wurden sie nicht wieder durcheinander gewirbelt, sondern setzten ihre Reise völlig ruhig fort. *** 301 - 302 - Die beiden Kapuzen tragenden Männer saßen sich schweigend gegenüber. Der ältere der beiden hatte sich soeben eine Figur zurückgeholt und grinste in der Dunkelheit seiner Kopfbedeckung. „Ein guter Zug, Vater.“ kam es über des anderen Lippen. „Doch er wird euch nichts nützen.“ *** Kapitel 14: Ellimak tim Elkah Ein Wechsel der Farbe innerhalb des Zeitstrudels lenkte die Aufmerksamkeit der Männer von sich auf ihre Reise zurück. 302 - 303 - „Was geschieht denn nun schon wieder?“ wollte Morgan wissen, der sich eben noch mit Mungo über seine Erinnerungen unterhalten hatte. Der Marokkaner schien sich nun tatsächlich wieder an alle Begebenheiten von früher zu erinnern. Er wusste auch sofort wer die beiden Begleiter an seiner Seite waren. „Ich bin mir nicht sicher...“ antwortete Alex, „... ich glaube, unsere Reise ist gleich zu Ende. Wenn ich mich recht an unsere letzte Tour durch die Zeit erinnere, und die ist ja noch gar nicht so lange her, dann zeigt der Farbwechsel dies an.“ Und als hätte jemand den Mixer abgeschaltet, hörte der Wirbel auf sich zu drehen und entließ die drei Krieger aus seiner Umklammerung. „Das ist aber nicht Skataris.“ meinte Mungo nach seinem ersten Blick. Die anderen Beiden sahen sich um und mussten ihm Recht geben. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sie recht hatten, war der dunkelblaue Nachthimmel über ihnen. „Na ja, wenigstens haben wir einen richtigen Boden unter den Füßen.“ meinte Travis, als er ein paar Schritte gegangen war. Die Erde mit einem etwas dürftigen Grasbewuchs gab unter seinen Schritten ein wenig nach. Feuchte Kühle stieg vom Boden auf. Es musste erst vor kurzem geregnet haben. Gott, wie lange hatten sie schon keinen Regen mehr auf ihrer Haut gespürt? Und als hätten sie alle drei das Gleiche gedacht, begann ein jeder von ihnen, an sich zu riechen. Alex und Travis verzogen dabei ein wenig das Gesicht. Aber Mungo grinste nur. „Sag nichts!“ sagte Morgan zu ihm und hob drohend den Finger. „Ich werde mich hüten, alter Freund.“ antwortete der andere, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen. 303 - 304 - Travis machte ein böses Gesicht, aber er wusste, dass der Freund recht hatte. Snow und er konnten durchaus ein Bad vertragen. „Lasst uns sehen, ob wir nicht irgendwo einen geeigneten Lagerplatz finden.“ meinte Alex nach einer Weile, und die Freunde stimmten seinem Vorschlag bedingungslos zu. Die Geräusche der Nacht, die bei ihrer Ankunft schlagartig verstummt waren, nahmen nun ihren angestammten Platz in der Natur wieder an und überall begann es zu zirpen, zu krächzen, zu schreien. Die Tiere hatten wohl ihre erste Angst überwunden und machten nun keinen Hehl daraus, dass die Neuankömmlinge in ihrem Revier nicht gerne gesehen waren. Zu ihrer Rechten zog sich ein Dschungel entlang, soweit das Auge reichte. Zu ihrer Linken war dieser auch nicht weit entfernt. Der Zeitstrudel hatte sie auf einer Lichtung inmitten eins Urwaldes abgesetzt. In einem Urwald voller Gefahren, wie es Morgan nach dem Schrei eines Raubtieres, einer Großkatze vielleicht, sofort bewusst wurde. „Gehen wir dort hinüber.“ meinte er, nachdem er sich kurz umgesehen hatte. In der Richtung die er sofort einschlug, stand in der Nähe des Waldes ein einzelner, großer Baum. Der untere Teil seiner Äste befand sich in gut zehn Metern Höhe. Unmöglich also für ein Tier, sie dort oben zu erreichen. Aber es hingen jede Menge schlingpflanzenähnliche Gewächse von den Ästen herab, so dass es für Menschen nicht unmöglich war, dort hinauf zu gelangen. Sie zogen an den Pflanzenstricken um ihre Festigkeit zu testen. Die Ersten kamen ihnen auch prompt entgegen, doch schließlich fanden sie 304 - 305 - einige Lianen die ihr Gewicht gut halten konnten, und so begannen sie mit dem Aufstieg. Als Alex am nächsten Morgen erwachte, fühlte er etwas warmes, schweres auf sich liegen. Er hob den Kopf und sah, dass sich auf seinem Bauch eine Schlange zusammengerollt hatte und ebenfalls schlief. Vorsichtig, um sie nicht zu erschrecken, packte er sie hinter dem Kopf, man wusste ja nicht ob sie giftig war, und zwei Ringe ihres Körpers, und hob sie von seinem Bauch. Sie öffnete die Augen und sah ihn direkt an, so als wisse sie, wer er sei. Ihr blauschwarze Zunge mit den zwei Spitzen züngelte aus der kleinen Öffnung zwischen Ober- und Unterlippe heraus und prüfte die Luft, den Geruch und den Geschmack ihres Gegenübers. „Genug geschlafen.“ sagte er zu ihr. „Such dir ein Opfer dass du auch fressen kannst. Ich bin ein zu großer Happen für dich.“ Mit diesen Worten richtet sich Snow auf und setzte die Schlange ein paar Äste weiter wieder ab. Sie verzog sich sofort. Ein lauter Pfiff war von der Lichtung zu hören, und zwang Alex sich umzudrehen. Travis stand einige Meter weiter unten und winkte ihm zu. „Kommt runter, ihr müsst euch unbedingt was ansehen!“ rief er hinauf. Snow sah sich nach Mungo el Sarif um, der durch den Pfiff ebenfalls wach geworden war. Doch wie er Alex fragend ansah, musste dieser mit einem Schulterzucken verneinen. Alex packte eine der langen Lianen, schlang seinen Fuß um sie herum und hob dann die Handflächen an den Mund. Das, was dann kam, hätte wohl keiner von seinen Begleitern erwartet. 305 - 306 - Aus Snows Kehle erhob sich ein Schrei, ähnlich dem, den ein gewisser Tarzan der im Dschungel von Afrika von Affen groß gezogen worden war, und der diesen immer benutzte, um die Tiere des Waldes zu rufen. Dann nahm er die Liane und schwang sich dem Affenmann gleich, vom Baum herab, nur um wenige Meter vor Travis zu landen, der sich vor Lachen kaum noch halten konnte. „Was?“ fragte Alex und grinste schief. Doch Morgan brachte kein vernünftiges Wort heraus. Statt dessen lachte er weiter. Mungo verließ den Baum so wie er hinauf gelangt war und trat nun zu ihnen. Er sah Alex verwundert an. „Was war denn das?“ Doch Alex verdrehte nur die Augen und ging dann ein Stück von ihnen weg. El Sarif wandte sich an Morgen. „Weshalb lachst du so? War das denn komisch, was Alex da gemacht hat?“ Morgen beruhigte sich ein wenig und nickte heftig. „Ich verstehe das nicht.“ meinte der Neger und ging zu Snow hinüber. „Alex, würdest du mir das erklären?“ Alex sah ihn an, während Morgan breit grinsend an ihnen vorbei lief und meinte, sie sollen ihm folgen. Das taten sie auch. „Kennst du einen gewissen Tarzan, Mungo?“ fragte er den Schwarzen. „Hm, nein. Lebt er in Skataris?“ „Nein, ich glaube nicht. Aber er lebte in Afrika.“ „In Afrika? Ich habe nie von ihm gehört. Was ist er?“ Auf dem Weg dorthin, wo Morgan ihnen etwas zeigen wollte, erklärte Snow dem Marokkaner in kurzen Worten um wen es sich bei dem Mann handelte, und dass er in seiner Kindheit sehr viel Freude an den Geschichten um 306 - 307 - diesen Mann hatte. Und nun, da er sich zum ersten Mal in seinem Leben in einem Dschungel befand, wollte er mal ausprobieren, ob der Ruf des Affenmannes tatsächlich die Wirkung hatte, wie in den Geschichten über ihn. Er korrigierte seine Geschichte in dem Punkt, dass er hier zum ersten Mal in einem Dschungel war. Das war nicht richtig, denn er war ja auf Drakon, und in dem Dschungel auf dem Planeten, auf dem sie auf die Ankunft der Flotte der Drakonianer gewartet hatten. Doch dort hatte er weder die Zeit noch einen Gedanken für diese Spielerei gehabt und so hatte er die Situation genutzt und es hier einfach mal ausprobiert. „Aber weshalb lachte Morgan dann so sehr?“ „Nun, ich denke er kennt die Geschichten um Tarzan und er fand es lustig, dass ich mich auf diese Art und Weise hier produziert habe. Womit er nicht unrecht hat. Mir hat es auch sehr gefallen. Nur schade, dass es nicht die richtige Wirkung hatte.“ „Die richtige Wirkung? Was hätte denn passieren sollen?“ „Na ja, in den Filmen kam dann immer ein Elefant von irgendwo her und bot Tarzan seinen Rücken zum Reiten an.“ Alex seufzte. „Aber hier scheint es ja keine Elefanten zu geben.“ „Oder der Schrei war nicht richtig.“ meinte Morgen, der kurz vor ihnen angehalten hatte. Sie standen vor einem dichten Gestrüpp, das ihnen die Sicht auf den weiteren Weg versperrte. Travis schob es mit beiden Händen auseinander und wies die beiden Begleiter an, hindurch zu sehen. Was ihren Augen dort präsentiert wurde, konnten sie zunächst unmöglich glauben. „Das... das ist unmöglich!“ meinte Alex, als Morgen die Büsche wieder los ließ. 307 - 308 - „Ich glaube...“ kam es von Mungo, „... diesen Begriff können wir langsam vergessen. In der letzten Zeit scheint es nichts mehr zu geben, das unmöglich wäre.“ Snow und Travis sahen den Marokkaner an, sagten aber nichts. Statt dessen betrachteten sie erneut, was Morgan ihnen gerade präsentiert hatte. Hinter dem Buschwerk erstreckte sich ein weites, grünes Tal mit mehreren Wasserläufen, die sich gemächlich durch die Landschaft schlängelten. Bevölkert wurde dieses Tal von den unterschiedlichsten Arten von Dinosauriern, die sich zu Lande, zu Wasser und in der Luft tummelten. Nun, diese Tatsache alleine wäre ja noch nicht einmal verwunderlich, stünden nicht auf einem hinter dem Tal gelegenen Hügel, mehrere Gebäude von komplexer Bauart, die sich alle zusammen unter einer gewaltigen Glaskuppel befanden. Vom höchsten Punkt der Kuppel ragten mehrere Antennen in den Himmel, und von der dicksten, ergoss sich ein breiter Energiestrahl in das leuchtende Blau des Firmaments. „Definitiv nicht Skataris.“ merkte Mungo an. Alex sah in an und verzog den Mund. Die Erklärung, dass sie wieder nicht in Skataris gelandet waren, war nun ja überflüssig. Aber sollte er ihnen sagen, dass das was sie hier sahen eigentlich auch nicht einfach so existieren durfte? Dinosaurier und Menschen zur gleichen Zeit auf der Erde? Das war unmöglich. Nein halt, dieses Wort wollten sie ja nicht mehr benutzen. Doch wie konnte man sich die Situation denn sonst erklären? Hatte man die Dinos wieder zum Leben erweckt? Das war vielleicht nicht mehr unmöglich, aber doch sehr unwahrscheinlich. Ein Laut wie ein Peitschenknall zog die Aufmerksamkeit der Drei wieder auf das Tal vor ihnen. Der Knall 308 - 309 - wiederholte sich, aber sie konnten noch nicht erkennen, woher er gekommen war. Doch dann kam Bewegung in die Herden der Dinosaurier. Sie schienen plötzlich alle in eine bestimmte Richtung davon zu laufen. Travis und die anderen richteten ihre Augen auf einen entgegen gesetzten Punkt des Tales, und dann konnten sie erkennen, weshalb die Tiere die Flucht ergriffen. An diesem Punkt erschienen auf ein Mal mehrere Raubsaurier. Es waren insgesamt sechs T-Rex, und auf ihrem Rücken befanden sich doch tatsächlich menschliche Reiter. Das Brüllen der Tyrannosaurus Rex und das Knallen der Peitschen, mit denen die Männer die Saurier vorwärts trieben. *** „Scheint so, als wärest du hinter meinem Läufer her, Sohn.“ kam es unter der dunklen Kapuze des Mannes hervor der dem anderen an dem Tisch in dem dunklen Raum des Universums gegenüber saß. Der andere sagte nichts, sondern zuckte nur mit den Schultern. „Lass dich von mir nicht auf´s Glatteis führen, mein Sohn, sonst verlierst du.“ Doch sein Gegenüber zuckte nur erneut mit den Schultern. *** Snow, Travis und Mungo el Sarif beobachteten so interessiert die Vorgänge unten im Tal, dass sie gar nicht bemerkt hatten, dass sich ihnen von hinten etwas genähert hatte. Ein tiefes, kehliges Knurren und eine Woge heißen Atems im Genick, ließ sie auf ein Mal herumfahren. Der Schrei des T-Rex war so gewaltig laut, 309 - 310 - dass er den drei Männern fast die Trommelfelle platzen ließ. In Geistesgegenwart ihrer langen Jahre als Krieger für die Königin von Tolun, und die erworbene Erfahrung während dieser Zeit, stoben die Männer auseinander. Mungo und Travis in die eine Richtung, Snow rettete ein Hechtsprung über die Hecke nur um Haaresbreite vor den zuschnappenden Kiefern der Bestie. Wie hatte es ein fast fünf Tonnen schwerer Dinosaurier geschafft, sich völlig lautlos an sie heran zu schleichen? Egal, erst mal weg hier, dachte sich Snow und nahm die Beine in die Hand. Sein Weg führte ihn durch das dichte Gestrüpp das sich rings um die Lichtung herum gebildet hatte, zurück zu dem Baum auf dem sie die Nacht verbracht hatten. Er war sicherlich hoch genug, um den Zähnen des T-Rex entkommen zu können. Das Gestrüpp war so dicht, dass der Urzeitriese nicht so ohne weiteres hindurch gelangen und nach schnappen konnte. Alex bewegte sich so schnell wie möglich, ungeachtet der peitschenden Schläge im Gesicht, welche die Äste und Blätter auf seinem Weg bei ihm hinterließen. Als er an zwei dicht nebeneinander stehenden Bäumen vorüber kam, blieb er kurz stehen, um nach den anderen zu sehen. Auf der Lichtung tummelten sich nun schon drei T-Rex, und auch auf ihren Rücken saßen Reiter. Die Männer trugen Rüstungen aus Leder, ähnlichen denen der Römer aus vorchristlicher Zeit. Und auch ihre Kopfbedeckung hatte große Ähnlichkeit mit römischen Kriegern. Rote, bürsteartige Kämme leuchteten in der Sonne und das Gold ihrer Helme glänzte sehr majestätisch. Ein knurriges Brummen lenkte Snows Aufmerksamkeit wieder auf seinen Verfolger. Doch anscheinend hatte dieser seine Spur schon verloren, denn er suchte mit seinem T-Rex gut fünfzig Meter weiter hinter ihm. Alex setzte seinen Weg zu dem Baum fort. 310 - 311 - Jetzt aber darauf bedacht, so wenig Geräusche zu machen wie es ihm möglich war. Als er aus dem Gebüsch heraus trat, kam ihm hinter dem Baum den er eigentlich erreichen wollte, ein Soldat mit gespanntem Bogen hervor. Alex holte die Axt vom Rücken. Auf der Kurg hatte er sie nicht benötigt, und als sie durch das Tor der Zeit getreten waren, hatte er schon gar nicht mehr daran gedacht, dass er sie überhaupt dabei hatte. Der Schuss des Schützen ging nur fehl, weil er die Klinge der Axt gestreift hatte. Snow kniff böse die Augen zusammen und holte aus. Die Axt schwang hinter seinen Kopf zurück und dann wieder nach vorne. Auf halbem Wege ließ er den Griff los, so dass Axt einen leichten Bogen beschrieb und direkt auf den Schützen zu flog. Der Mann, der gerade damit beschäftigt war, einen neuen Pfeil auf die Sehne zu legen, sah die Waffe des Drachenritters erst, als er den Kopf zu zielen wieder anhob. Der schwere Stahl zertrümmerte den Bogen des Mannes, worauf hin ihm die Einzelteile um die gespannte Sehne um die Ohren flogen, und die Axt sich tief in seine Brust bohrte. Er wollte soeben zu dem Getroffenen hinüber laufen, als ihm ein weiterer Pfeil direkt an der Nase vorbei flog. Die Axt musste warten, und so wandte er sich um und lief. Schließlich hatte er den Baum erreicht und kletterte sofort hinauf. Ein Pfeil schwirrte an seinem Kopf vorbei. „Hey, das ist unfair!“ rief er nach unten. Er hatte die ersten Äste beinahe erreicht. Der Schütze, der mit einer Armbrust einige Meter weiter weg stand, legte schon den nächsten Pfeil auf. Warum zum Teufel, wollten die sie umbringen. Sie hatten ihnen doch überhaupt nichts getan. Alex schwang das Bein über den dicken Ast und zog die Strahlenpistole, die er auf der Kurg eingepackt 311 - 312 - hatte. Der Schuss traf den Armbrustschützen genau in die Brust als dieser seinen zweiten Pfeil auf ihn abfeuerte. Der Mann brach ohne einen Laut zusammen, und der Pfeil blieb mit einem dumpfen „Tok“ genau zwischen Alex Beinen im Ast stecken. Wäre der Mann nicht schon tot, würde Snow in jetzt ganz gewiss erschießen. Solche Angriffe nahm er nämlich immer persönlich. Die Schnauze des T-Rex erhob sich auf ein Mal über den Ast auf dem Alex kauerte. Das große Echsenauge fixierte ihn mit erstaunlicher Gelassenheit. Alex bewegte sich nicht. Langsam öffneten sich die Kiefer des gewaltigen Tieres und entblößten über dreißig Zentimeter lange Reißzähne in Ober- und Unterkiefer. Ein Biss von solch einer Fressmaschine konnte einen Menschen ohne weiteres in zwei Teile zerschneiden. Nicht das er davon satt wäre. Aber die beiden Teile wären ihm wohl ein willkommener Snack. Doch der Krieger auf seinem Rücken hatte wohl etwas anderes mit Alex vor, denn er richtete nun das Wort an den Drachenritter. „Herr, ihr könnt herunter kommen. Es war ein Versehen. Wir wollten euch nichts antun.“ sagte er. „Ach ja? Das habt ihr wirklich eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Was ist mit meinen Freunden?“ Der Mann sah sich um und wies mit der Hand über die Lichtung. „Dort kommen sie, Herr.“ Und tatsächlich kamen sie dort. Sie befanden sich in der Begleitung zweier weiterer T-Rex-Reiter und einiger Fußsoldaten. Ihre Waffen hatte man ihnen gelassen, und gefesselt waren sie auch nicht. Travis kam eben an dem Mann mit der Axt in der Brust vorbei. Er beugte sich zu ihm hinunter, zog die schwere Waffe aus dem leblosen 312 - 313 - Körper, und ging dann weiter, ohne sich noch einmal umzuschauen. „Weshalb hat dann dieser Idiot auf mich geschossen?“ fragte Alex den Mann und wies mit dem Finger auf dem im Gras liegenden Toten unter ihnen. „Er war dumm. Nur eine Soldat, eine Bauer.“ Nur ein Bauer also. Aha, dachte sich Alex und sagte nichts weiter. „Ich bin ein Läufer-Krieger. Das ist ein oberer Rang und ich kann verhandeln.“ erklärte der Reiter. „Verhandeln? Worüber?“ wollte Alex wissen. „Über alles, en paix, in Frieden.“ „Nun gut, dann lasst mich hinter euch aufsteigen, und bringt uns zu eurem Anführer.“ schlug Snow vor. „Ich bin unser Anführer, Herr.“ „Verzeiht, wenn ich das so einfach sage, aber ihr seid ein Soldat. Zwar ein oberer Rang, ja, aber seid ihr auch der Herrscher über dieses Land? Oder über diese Welt?“ „Nein. Dies hier ist mein Teil am Ganzen. Bis hinauf zu den Hügeln. Dort beginnt der Teil eines anderen, und es ist der Teil des Mannes der über mir steht. Soll ich euch zu diesem Mann bringen, Herr?“ „Hm, erteilt er die Befehle an euch?“ wollte Alex wissen. „Nicht immer. Er gibt uns Rat, wenn wir nicht weiter wissen, und befiehlt nur wenn es nicht anders geht.“ „Dann wünschen wir die ihm gebracht zu werden!“ rief Morgan von unten herauf. Der Reiter sah kurz auf den Warlord hinunter und wand sich dann gleich wieder an Alex. „Hat dieser Mann das Recht zu reden?“ fragte er. Alex wusste nicht weshalb der Reiter dies fragte. Er hatte ihn als Gesprächspartner akzeptiert, warum sollte er Morgan nicht auch akzeptieren? 313 - 314 - „Er hat das Recht zu sprechen, genau so wie ich es habe. Das Gleiche gilt für unseren dritten Begleiter.“ erklärte Snow dem Mann, der ihn darauf hin mit merkwürdigem Blick ansah. *** „Bietet ihr mir ein Remis an, Vater?“ fragte der kleinere der Kapuzentragenden Männer in dem dunklen Raum im Universum. „Nun ja, das wäre bei dieser Konstellation nicht ganz von der Hand zu weisen. Wäre es nicht besser mit einem Unentschieden diese Partie zu beenden?“ „Das könnten wir tun. Doch dann würde das Geschick dieser Welt wieder in die Hände der Menschen fallen. Wollt ihr das?“ „Ich denke, es könnte für eine Zeit lang nicht schaden, ihnen die Geschicke ihrer Welt selbst zu überlassen. Wir sitzen schon sehr lange hier und mein Fleisch ist nicht mehr so stark wie noch vor ein paar Jahren, als wir begannen dieses Spiel zu spielen.“ „Wollt ihr damit sagen, dass ihr alt werdet, mein Vater?“ „Nun, jünger werden wir wohl alle nicht, oder?“ In diesem Moment schob der Junge den Läufer seines Vaters beiseite und setzte an dessen Stelle eine Figur, die sehr viel Ähnlichkeit mit einem Pferd hatte, auf des Läufers Platz. Doch der Läufer sauste nicht mit Höchstgeschwindigkeit zu Boden, sondern trudelte fast schon gemächlich von der Plattform, um dann langsam nach und nach im Dunkel des Bodens zu versinken. Der Energieschweif den er dabei abgab, war außerordentlich schwach 314 - 315 - gewesen, und der Sohn wusste, dass diese Figur noch nicht ganz verloren für seinen Vater war. *** Der Reiter des T-Rex überlegte einen Augenblick, dann gab er nach und ließ Alex hinter ihm aufsitzen. „Nun, dann könnt ihr aufsteigen.“ Seinen Gefährten gab er ein Zeichen, und sie warfen Seile zu Mungo und Travis hinab, damit sie an diesen hinauf klettern konnten, um ebenfalls einen Platz hinter einem Reiter einnehmen zu können. Es war ein merkwürdiges Schaukeln auf dem Rücken dieses gewaltigen Raubsauriers in das sie verfielen, als der Koloss sich in Bewegung setzte. Die Beine des Urzeitriesen stapften mit gewaltigen Schritten über die Ebene hinter dem Buschwerk wo sie die anderen Dinosaurier gesehen hatten. Kleinere Tiere nahmen sofort Reißaus, und größere Tiere rotteten sich in ihrer Gruppe dichter zusammen. So waren sie weniger leicht angreifbar. Es dauerte einige Minuten, bis die anderen T-Rex Reiter ihre Kameraden erblickten, doch dann stießen sie schnellen Schrittes zu ihnen. Es wurden kurze Informationen über die Herkunft der Fremden ausgetauscht, und wo man sie hinzubringen gedachte, doch dann ging der wilde Ritt auch schon wieder weiter. Das Tal der Dinosaurier, wie Alex diesen Flecken Erde getauft hatte, war ein wundervolles Fleckchen. Es war fruchtbar, reich an Wasser und Nahrung für allerlei Getier, und der Anblick längst vergangenen Lebens, das man schon vor Jahrmillionen für ausgestorben hielt, 315 - 316 - entschädigte den geneigten Betrachter für viele erlittene Strapazen. Es dauerte einige Stunden, bis sie den Fuß des Hügels erreicht hatten, auf dem die Gebäude standen. Eine große Mauer, über die man nicht hinweg sehen konnte, zog eine deutliche Grenze durch die Landschaft. Sie war zuvor nicht zu sehen gewesen, da die Bäume hinter ihnen alles andere als niedrig waren. Sie steuerten direkt auf einen Teil der Mauer zu, der von zwei hohen, mit Zinnen bewehrten Türmen eingerahmt wurde. Dort befand sich ein Tor, das von einem starken Eisengitter mit armdicken Streben geschützt wurde. Ähnlich wie bei den Burgen des Mittelalters, bewegten sich auf den Mauern und Türmen einige Personen, die dort wohl ihren Wachdienst versahen. Alex ließ die Augen über die Mauer gleiten und fand, dass er kaum ein besseres Bauwerk dieser Art je gesehen hat. Die Steine waren ohne Mörtel und auf den Millimeter genau verfugt worden, und die Quader hatten eine Größe, welche den Pyramiden in Ägypten in nichts nachstanden. In einem Abstand von ungefähr hundert Metern, erhoben sich weitere Türme aus der Mauer. Auf ihrer Plattform musste man einen hervorragenden Ausblick über den Dschungel und das dahinter liegenden Tal der Dinosaurier haben. „Was ist euer Begehr, Drachenreiter?“ kam es auf ein Mal von der Mauer herab. Alex sah nach oben, und konnte einen Mann mit einem Helm auf dem Kopf erkennen, der sich weit über die Brüstung des Turmes herübergebeugt hatte. 316 - 317 - Der Reiter vor ihm sah sich unsicher nach seinen Kameraden um. Es schien so, als habe er nicht verstanden, was der Mann auf der Mauer von ihm wollte. „Was ist los?“ fragte Alex. „Wir... wir wissen nicht was diese Männer sagen. Wir verstehen ihre Sprach nicht. In diesem Teil spricht man eine andere Sprache.“ gab er mit betroffenem Gesicht zu. Merkwürdig, dachte Alex. Hatte der Reiter nicht erzählt, dass sie zu manchen Zeiten Rat von den Bewohnern des Hügels bekamen? Oder hatte er den Herrn des Hügels selbst gemeint? Er jedenfalls hatte sofort verstanden, was gesagt wurde. „Wir wünschen euren Herrn zu sprechen!“ rief er hinauf. und erntete damit einen bösen Blick seines Vordermannes. „Was tut ihr, Herr?“ „Ich habe ihm geantwortet.“ erklärte Snow. „Das hörte ich. Aber was sagt euch, dass er euch verstanden hat?“ In diesem Moment wurde das schwere Eisengatter nach oben gezogen und einige Männer mit Bögen und Armbrüsten kamen gemächlichen Schrittes aus dem Tor gelaufen. In ihrer Mitte geleiteten sie einen Mann mit prunkvollem Gewand. Die Soldaten um ihn herum trugen einfache, aber zweckmäßige Gewandung im Stile des 12. – 13. Jahrhundert der Erde, und das Gewand des Mannes in ihrer Mitte war das eines hohen Ministerialen oder eines Magisters. Dunkel an Blau und verziert mit gold- und silbergestickten Mustern an den Ärmeln und am Bund. Er machte schon fast einen majestätischen Eindruck. 317 - 318 - Alex, der ja immer noch sein Kettenhemd und den Waffenrock trug, mit dem er von Skataris auf die Kurg gekommen war, ließ sich vom Rücken des T-Rex gleiten und trat nach vorne um die Ankunft des hohen Herrn zu erwarten. Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte er, dass Travis und Mungo zu ihm gestoßen waren, und als er sich zu den Reitern umdrehte um ihnen zu danken, waren diese bereits verschwunden. „Merkwürdig.“ murmelte er leise und wand sich wieder um. Travis reichte Alex die Axt, die er zuvor bei dem Toten zurücklassen musste. Er hätte sie ihm auch schon früher gegen können, doch wollte er sie ihm nicht so einfach zu werfen. Also hatte er bis jetzt gewartet. „Es war klug von euch, eure Drachen wieder weg zu schicken.“ sagte der hohe Herr zu Alex als er nahe genug heran war. „Meine Männer haben gehörige Angst vor ihnen.“ „Nun ja, ich fand, dass wir durchaus auch ohne ihr Hilfe hier zurecht kommen würden. Ich darf doch annehmen, dass ihr uns eure Gastfreundschaft anbieten werdet?“ erklärte Alex. Natürlich war ihm durchaus bewusst, dass er hier eine nicht unerhebliche Forderung stellte, aber da er die Männer des Fremden soeben vor dem gefressen werden durch die Raubsaurier beschützt hatte, wohlgemerkt ohne dies zu wollen, dacht er sich, könne eine kleine Forderung nicht schaden. Leider war ihm auf die Schnelle nichts anderes eingefallen. „Was könnten wir dem Herrscher über die großen Echsen schon bieten, außer unsere Gastfreundschaft?“ heuchelte der, wie Alex erst jetzt richtig sehen konnte, bereits ergraute Mann und verbeugte sich tief. „Womit 318 - 319 - kann ich euch dienen?“ fragte er, als er sich wieder aufgerichtet hatte. „Wir möchten euren Herrn sprechen, wenn dies möglich wäre.“ antwortete Alex. „Nun, das ist es bestimmt. Wollt ihr mir bitte sagen, wer ihr und eure Begleiter seid?“ „Verzeiht die Nachlässigkeit, hoher Herr. Mein Name ist Alexander T. Snow. Ich bin der Drachenritter von Skataris. Dies hier ist Lt. Travis Morgan, der Warlord von Skataris. Und dies hier ist Mungo el Sarif, der persönliche Berater von Königin Tara von Skataris. Und wer seid ihr, wenn ich fragen darf?“ „Ihr dürft. Mein Name ist Siro Lohwuth. Ich bin der Berater des Elkah, und es wird mir eine Ehre sein, euch bei unserem Herrn Elkah anzumelden. Jedoch...“ der Alte begann zu zögern. „Jedoch?“ hakte Alex nach, als es ihm zu lange dauerte. „Jedoch kann ich euch leider nicht sagen, wann er euch empfangen wird. Er hat zur Zeit eine ganze Menge zu tun.“ „Wie lange könnte es denn dauern?“ mischte sich Morgan ein. „Oh, das weiß ich wirklich nicht. Einen Tag vielleicht, Vielleicht aber auch ein oder zwei Wochen. Doch ihr seid Gäste so lange es dauern wird.“ und damit bot er ihnen mit einer Handbewegung an, ihm in die Mauern zu folgen. Und so folgten sie dem Alten hinterdrein. Das hohe Tor, unter dem sie soeben hindurchgekommen waren, maß gut und gerne seine fünf Meter in der Breite und gut das Doppelte in der Höhe. Weshalb man ein Tor dieser Größe hier erbaut hatte, war noch unbekannt. Vielleicht, so dachte sie Alex, werde ich den Alten später darauf ansprechen. 319 - 320 - Hinter der Mauer tat sich nicht wie erwartet ein weites Feld mit einem Weg zum Gipfel des Hügels auf, sondern Häuser säumten zur Rechten wie zur Linken die breite Straße im Anschluss. Ein schmaler Weg, gerade mal zwei Meter breit, diente den Soldaten dieses Reiches als Weg zwischen den Häusern entlang der Mauer, wo sie alle paar Meter über eine Treppe diese ersteigen konnten. Doch auch die Häuser waren nicht so weit ins Feld hinaus gebaut. Sie standen alle so, dass sie sich noch im Schatten der Mauer befanden. Weshalb dies so war, konnte Alex nur erraten. Doch noch etwas schien ihm Merkwürdig zu sein. In einem Abstand von gut fünf Metern, ragten aus der Mauer lange Stangen aus Eisen, die, damit sie sich nicht durchbogen, immer wieder von senkrechten Stangen die zwischen den Häusern empor ragten, gestützt wurden. War die Häuserreihe zu Ende, bildete eine letzte, senkrechte Stange den Abschluss. Snow drehte sich um, um sich die Konstruktion genauer anschauen zu können. Und zuerst konnte er auch nicht richtig erkennen, wofür diese Stangen waren, da sie sehr hoch über den Häusern hinweg gingen. Doch dann sah er auf ein Mal eine Schnur, oder ein Seil, das über die Stange am Ende herab lief und unten auf einer Rolle aufgewickelt werden konnte. Jetzt brannte er doch voll Ungeduld. „Entschuldigt, Siro, aber könnt ihr mir sagen, welche Funktion diese Stangen über den Häusern haben?“ Der alte Mann wand sich zu im um und betrachtete die Konstruktion über den Dächern der Stadt. „Oh diese. Ja das kann ich euch sagen. Sollte die Stadt einmal angegriffen werden, werden die Männer an die Stangen gehen und mit einer Kurbel ein Netz über die Dächer spannen. Dies verhindert, dass herabfallende Steine oder Körper, die Häuser beschädigen.“ 320 - 321 - „Und das hält?“ „Oh ja. Wir hatten bislang zwar nur einen einzigen Angriff abzuwehren, aber die Netze haben sich sofort bewährt. Eine wundervolle Konstruktion. Und so effizient.“ schwärmte er, dann drehte er sich um und ging wieder voran, die Straße den Hügel hinauf. Die kleine Stadt, die sich hinter der Mauer entlang zog, war relativ schmal gehalten. Dennoch gab es dort alles was das Herz begehrte. Metzer, Bäcker und Schuster, ja sogar ein Büttner, ein Huf- und Wagenschmied und zahlreiche Kasernengebäude, die hie und da zwischen den Wohnhäusern hervorschauten. Die Häuser selbst, waren überwiegend zweistöckig. Der untere Teil war aus grob behauenen Steinen, die ebenso fugenlos zusammen gesetzt waren wie die Stadtmauer, und das erste Stockwerk war ein Fachwerkbau, wie man ihn aus dem alten Europa schon seit vielen hundert Jahren kannte. Die Läden und Geschäfte befanden sich zumeist im Untergeschoss eines Hauses, wobei der Besitzer in der Regel seine Wohnung darüber hatte. Vielleicht hatten sie ja später noch etwas Zeit, sich hier einmal etwas genauer umzuschauen. Das Gebäude, dem sie nun immer näher kamen, machte einen völlig anderen Eindruck auf sie. Es war weder aus einzeln zusammengefügten Steinen, noch aus Holz errichtet worden. Vielmehr erweckte die von hier noch sehr glatt wirkende Oberfläche den Eindruck, als habe man das Gebäude aus vielen hundert Metallplatten zusammengeschraubt. Aber das konnte ja täuschen. Kurze Zeit später, kamen sie an eine Stelle des Weges, wo sich eine deutliche Grenze abzeichnete. Siro, der Alte, blieb stehen und meinte: 321 - 322 - „Wenn ihr Herren genagelte Sohlen unter euren Füßen habt, dann muss ich euch bitten, euer Schuhwerk zu entfernen und mit blankem Fuße weiter einher zu schreiten.“ Die Männer sahen ihn zunächst verwundert an. Doch dann warfen sie einen schnellen Blick auf ihre Schuhe. Alle drei hatten nur gut eingelaufene Ledersohlen unter den Füßen, also konnten sie getrost verneinen. Schon beim ersten Schritt über diese sichtbare Grenze hinweg, erweckte in Alex ein ungutes Gefühl. Die Schritte klangen ein wenig dumpf, oder genauer gesagt, sie klangen schon richtig hohl. Er warf einen kurzen Blick zu Travis hinüber, doch der hatte den Blick fest auf das Gebäude gerichtet, das noch immer ein ganzes Stück vor ihnen lag. Da er von Morgan keine Reaktion zu sehen bekam, wand er den Blick zu Mungo, und der reagierte sofort. Er zog eine Grimasse die wohl bedeuten sollte, dass er nicht genau wusste was er darüber denken soll. Alex formte mit den Lippen lautlos das Wort Raumschiff, und El Sarif gab ihm zu verstehen, dass dies durchaus im Bereich des möglichen lag. Plötzlich spürte Snow einen Hauch von einer Berührung an seinem rechten Arm und warf sofort den Kopf herum, um zu sehen, was es gewesen war, das ihn berührt hatte. Es war Morgan. Er war einen Schritt näher an ihn herangetreten und flüsterte leise: „Das ist ein Raumschiff.“ „Was macht dich so sicher?“ fragte Snow so leise wie möglich zurück. „Dort, und dort, und da drüben.“ antwortete er und wies nur mit einer Bewegung des Kinns in die entsprechende Richtung. Dort war ein kleiner Buckel in der Ebene des „Hügels“ zu erkennen, der nicht sehr glatt war. Lufteinoder Auslassschlitze zogen sich lamellenartig darüber 322 - 323 - hinweg. Das Gleiche konnte Alex am zweiten von Travis angedeuteten Punkt erkennen. Er hatte diese Buckel schon zuvor gesehen, doch von der Seite des natürlichen Weges her, waren die Lamellen nicht zu erkennen gewesen. Der dritte Punkt, den Morgan ihm gezeigt hatten, schien eine Art Schott zu sein, das sich am unteren Rand des Gebäudes befand, Es hatte die typische rechteckige Form und lag einen guten Zentimeter von der Außenwand nach innen zurückversetzt. Diese Öffnungen waren keine solchen wie man sie bei Schiffen sehen konnte, die auf dem Wasser fuhren. Das waren eindeutig Öffnungen in der Außenhaut eines Raumschiffes. Sie befanden sich noch gut einhundert Meter vom Hauptgebäude weg, da blieb Siro auf ein Mal stehen und gebot auch seinen Gästen Einhalt. Hektisch nestelte er an seinem Gewand herum und zog auf ein Mal eine Art Karte aus ihm hervor. Er kniete sich auf den Boden und schob die Karte in einen Schlitz, den man gerade noch nicht gesehen hatte. Die Karte wurde kurz eingezogen, und dann von Siro wieder an sich genommen. Geräusche von zurückgeschobenen Riegeln und Bolzen waren zu hören, und plötzlich senkte sich vor ihnen der Weg in das Innere der „Erde“. Siro erhob sich und gab den Männern den Befehl sich wieder in die Stadt hinunter zu begeben. Diese folgten seinem Wort ohne murren und gingen davon. Dann bat Siro die Gäste des Elkah in das dunkle Innere, und ging ihnen wie gewohnt voran. Das Surren eines Motors ertönte, und die Rampe, welche die Männer in das Raumschiff geführt hatte, wurde wieder an ihren angestammten Platz verschoben. Nun hüllte sie völlige Dunkelheit ein. 323 - 324 - Ein Lichtreflex am Boden zu ihren Füßen, blitzte kurz auf und setzte sich dann von ihnen wegführend in weiteren Lichtblitzen fort. Der Raum in dem sie standen, bekam ein sehr gedämpftes Licht, das nicht viel heller wie eine einzelne Kerze in der Mitte eines Raumes mit hundert Quadratmetern Fläche schien. „Folgt mir.“ forderte sie der alte Lohwuth auf und ging ihnen wie immer voran. „Was ist das hier, Siro? Es sieht nicht so aus, als sei dies ein gewöhnliches Haus, oder eine Festung wie ich sie kenne.“ fragte Morgan nach einigen Metern. „Nun, da mögt ihr recht haben, mein Herr, dennoch kann ich euch nur zur Antwort geben, dass dies die Behausung unseres Herrn Elkah ist. Ich selbst weiß leider auch nicht mehr, da ich ausschließlich dazu aufgefordert bin, Gäste entlang dieses Lichtes am Boden zu meinem Herrn Elkah zu führen.“ „Aha.“ machte Morgan und fragte erst mal nicht weiter. Doch Alex wollte noch mehr wissen. „Was würde passieren, wenn wir von dem vorgegebenen Pfad abwichen, um uns hier einmal näher umzuschauen?“ „Das kann ich euch nicht raten, mein Herr. Einst versuchte ich genau dies zu tun, da schossen plötzlich Flammen aus dem Boden auf und verwehrten mir den weiteren Zutritt. Ich trat erschrocken zurück, worauf sie wieder verloschen ohne eine Spur zu hinterlassen woher sie gekommen waren. Ich versuchte es noch ein Mal in einer anderen Richtung, doch auch dort wurde ich von den Flammen aufgehalten. Und auch dort erstarben sie sofort nachdem ich einige Schritte zurück gemacht hatte.“ 324 - 325 - Alex nickte und gab sich zuerst damit zufrieden, doch insgeheim hatte er schon den Entschluss gefasst, diesem Geheimnis auf den Grund zu gehen. Möglicherweise blieb ihnen ja gar nichts anderes übrig. Vielleicht mussten sie schon bald von diesem Raumschiff fliehen. *** „Du schlägst meinen Vorschlag für ein Unentschieden also in den Wind?“ kam es unter der dunklen Kapuze des Vaters hervor. „Ungestümtheit ist das Vorrecht der Jugend, nicht wahr Vater?“ konterte der andere. „Diesen Spruch hat dein Großvater auch immer zu mir gesagt, wenn ich etwas zu ungestüm war.“ „So? Na dann bist du ja in den letzten hundert Jahren ganz schön alt geworden.“ entgegnete der Sohn. „Pass auf was du sagst mein Sohn, hier kommt die nächste Lektion.“ Mit diesen Worten zog der Vater seinen Turm in eine Position die sein Sohn noch nicht gesehen hatte und bot ihm dadurch Schach. *** Ihre Stimmen klangen laut, wenn sie sich unterhielten, und Alex folgerte daraus, dass die Wände nicht weit entfernt in der Dunkelheit den Weg begrenzten den sie entlang gingen. „Und hat der Herr dieses Hauses darauf hin nichts zu euch gesagt?“ wollte Alex wissen. „Doch. Nach meinem dritten Versuch vom Wege abzukommen, ertönte seine Stimme und warnte mich 325 - 326 - dies nie wieder zu tun, da dies Folgen für meine Gesundheit haben könnte.“ „Oh, wie freundlich. Hat er das Thema noch ein mal angesprochen, als ihr ihm beim nächsten Male gegenüber standet?“ „Bei den Göttern, nein. Noch niemals sah ein Bewohner dieser Welt das Antlitz meines Herrn Elkah.“ platzte er vor Entsetzen heraus. „Wie, ihr habt Elkah noch nie gesehen? Seid ihr ihm noch nie persönlich gegenüber gestanden?“ mischte sich Morgan nun ein. Siro wand sich an den Krieger und meinte: „Doch, doch. Ich stand ihm schon gegenüber. Aber sein Gesicht konnte ich nicht sehen.“ „Weshalb nicht?“ kam es von Mungo. „Stets trägt unser Herr Elkah ein weites dunkles Gewand mit Kapuze. Es verdeckt sein Gesicht vollständig.“ „Sehr merkwürdig.“ meinte Snow. „Na ja, vielleicht ist er ja total hässlich?“ „Darauf kann ich euch keine Antwort geben, mein Herr.“ „Ach, das war auch keine Frage in diesem Sinne. Betrachtet es mehr als laut ausgesprochenen Gedanken.“ In diesem Moment öffnete sich vor ihnen ein großes Tor und lies ein wenig mehr Licht herein, und sie erkannten, dass sie sich durch einen eigentlich sehr schmalen Korridor bewegt hatten. Hätte man den Weg hier her mit einer ausreichend starken Beleuchtung versehen, wäre er nicht halb so anstrengend gewesen. Aber wer weiß, vielleicht hatten die Bewohner dieses Raumschiffhauses ja auch etwas zu verbergen. Doch dies war nun durch das Öffnen des großen Tores vor ihnen, völlig unwichtig geworden. Alle 326 - 327 - Augen richteten sich auf das Innere des Raumes, der eigentlich gar kein Raum zu sein schien. Selbst der Begriff „Halle“, oder was auch immer es größeres geben konnte, war nicht ausreichend, um die Dimension zu beschreiben, welche das Innere hinter dem Tor darstellte. Es war dunkel dort drinnen, aber nicht so dunkel, dass man nichts hätte erkennen können. Der Raum schien bodenlos zu sein, denn dort wie auch an den Wänden und an der Decke, leuchteten kleine wie auch große Sterne, ja sogar ganze Sternensysteme und ihre Planeten. Weit drüben, vermutlich in der Mitte dieser Halle, schien sich ein kleineres Objekt zu befinden, das nur durch einen einzelnen Spot von der Decke herab beleuchtet wurde. Um dieses Objekt saßen wohl zwei Personen. Keiner der Beiden schien sich zu rühren. „Für mich ist hier das Ende, meine Herren. Ich darf diese Welt nicht betreten. Doch ihr seid Gäste des Elkah. Geht. Geht zu ihm, und er wird euch mit Wohlwollen empfangen.“ sagte Siro Lohwuth und machte kehrt. Alex wusste nicht genau, ob er ihn noch etwas fragen wollte, doch dazu war es nun schon zu spät. Er drehte sich zu seinen Freunden um und sah sie fragend an. „Sollen wir?“ „Ich denke schon. Sonst erfahren wir ja nicht, weshalb wir hier gelandet sind, satt in Skataris. Aber wohl ist mir nicht dabei.“ meinte Travis. „Ich bin dafür, das einer von uns hier bleibt.“ merkte Mungo an, kurz bevor sie sich in Bewegung setzen wollten. „Weshalb?“ wollte Travis wissen. 327 - 328 - „Habt ihr euch mal da drin umgesehen? Es gibt keine Möbel, keine Nischen, Ecken oder Kanten.“ Die anderen warfen einen Blick in den großen Raum. Mungo hatte recht. Es gab da nichts. Nicht einmal einen Boden und eine Decke. Was war, wenn sie den Fuß über die Kante am Ende des Weges den sie hierher gekommen waren setzten? Würden sie in ein Nichts stürzen? Würden sie schwebend zu den Personen in der Mitte getragen werden? Snow wollte das gleich wissen und trat mit dem Fuß über die Kante. Seine Zehen spürten, was seine Augen nicht sehen konnten. Einen Boden unter den Füßen. Das beruhigte ihn ein wenig. Aber Mungo hatte recht. Es gab hier nichts woran man seinen Blick so fest halten konnte, um zum Beispiel wieder zurück zu diesem Weg kommen zu können. Was würde mit ihnen passieren, wenn sie sich bei Elkah befanden und die Tür die sich vor ihnen geöffnet hatte, wieder verschwunden war. Und dann kam ihm da noch eine andere Frage; Waren sie nicht erst vor Kurzem erst hier gewesen. Hier, wo Mungo zurück zu den Lebenden kam. Auch in Snow wuchs nun dieses ungute Gefühl. Er wusste zwar noch nicht weshalb, aber es war eindeutig da. „Mungo, du wirst hier auf uns warten. Sollte die Tür zufallen, versuche sie mit allen Mitteln offen zu halten.“ wies er den Freund an. Dann wand er sich an Morgan und ging mit ihm in den großen Raum hinein. Kaum hatten sie einen Schritt in die Weite des Raumes getan, da begannen auf ein Mal all die Sterne sich auf sie zu zu bewegen. Sie bildeten kurzfristig lange, dünne Linien, dann waren sie auch schon bei den beiden Wesen und ihrem Tisch in der Mitte des Raumes angelangt. 328 - 329 - Snow und Travis wandten sich nach Mungo um, und mussten feststellen, dass dieser direkt hinter ihnen stand. „Ich habe mich nicht einen Millimeter vom Fleck bewegt.“ erklärte er und sah beide mit etwas verstörtem Gesichtsausdruck an. Auf dem Tisch vor ihnen bewegte eine Hand eine kleine Figur über eine Art Spielbrett. Aber dieses Brett hatte mehrere Ebenen und diese waren über Streben die in die Höhe ragten, miteinander verbunden. Jede Spielfläche die über einer anderen stand, war kleiner als die darunter, und so setzte sich dies fort. Auf den Ebenen waren Felder angelegt. Dunkle und helle Quadrate wie bei einem Schachspiel. „Guten Tag, meine Herren.“ kam es auf ein Mal unter der Kapuze des Größeren der beiden am Tisch sitzenden hervor. „Ist er das?“ fragte Snow, ohne sich seine Worte zuvor überlegt zu haben. „Ist er was?“ fragte der kleinere von Beiden. „Ein guter Tag. Ist es wirklich ein guter Tag?“ setzte Alex hinzu. „Nun, ihr seid am Leben. Ist das gut?“ meinte der Kleinere, drehte den Kopf ein wenig, so als wolle er sie ansehen, doch sein Gesicht zeigte er nicht. „Das ist es.“ antwortete Morgan. „Dennoch würden wir gerne wissen, was hier vor sich geht, und wer ihr überhaupt seid?“ „Seht ihr Vater, kaum reicht man den Menschen den kleinen Finger, schon wollen sie die ganze Hand!“ maulte der Kleinere quer über den Tisch. 329 - 330 - „Nun, sie sind Menschen. Sie haben das Recht sich zu entwickeln. und wie sollten sie dies können, wenn sie keine Fragen stellen dürften, mein Sohn?“ „Pah, wir haben ihnen gegeben was sie sind. Wir haben ihre Welt geschaffen und wir spielen das Spiel so wie wir es für richtig erachten!“ schnauzte der Sohn. „Falsch, mein Sohn. Ich habe die Welt der Menschen erschaffen, und ich entscheide was mit ihnen geschieht wenn es mir beliebt. Du mein Sohn, bist nur der, der zur Nachfolge über mein Erbe hier zur Auswahl sitzt, und obwohl du meine erste Wahl warst, befürchte ich, dass ich dir dieses Erbe nicht anvertrauen kann. Du bist zu hitzköpfig, zu impulsiv und hast keine Geduld.“ schollt der Vater. „Äh, hallo?“ warf Travis in das Gespräch ein. „Was?“ kam es von beiden Kapuzenträgern zugleich. „Kann es sein, dass es hierbei um uns geht? Dürften wir da vielleicht auch ein Wörtchen mitreden?“ „Nein!“ schrie der kleinere der beiden Spieler und warf seine Hand in Richtung Morgan. Ein gelblicher Energieblitz schoss aus ihr hervor und traf Morgan am Kopf. Der Warlord wurde ein Stück nach hinten gerissen, strauchelte, fiel aber nicht zu Boden. Und als er sich wieder gefangen hatte, sah er fragend in die Gesichter seiner Kameraden, die ihn mit großen Augen ansahen. Alex deutete mit dem Finger auf seinen Mund, und sogleich tasteten Morgans Hände nach der Öffnung, doch sie war verschwunden. Wut brannte in ihm auf und er wollte nach seiner Waffe greifen, bekam sie aber nicht aus dem Holster. Also ging er ohne Waffe auf den kleineren der Beiden zu und wollte ihn zur Rede zwingen, doch dieser erahnte sein kommen und warf ihm erneut eine Hand entgegen. 330 - 331 - Dieses Mal wurde Morgen schwer getroffen. Sein Körper krümmte sich zusammen als habe er einen mächtigen Schlag in den Magen bekommen. Eine zweite Bewegung beförderte Travis erneut schwer getroffen, quer durch den Raum. Er wäre wohl ewig so weiter geflogen, hätte der Größere nicht ebenfalls mit einer Handbewegung, dem Treiben ein Ende gesetzt. Morgans Flug wurde abrupt gebremst und sein Körper verharrte in der zuletzt eingenommenen Position. „Siehst du was ich damit meinte, mein Sohn? Ich war ebenfalls empört darüber, dass uns der Mensch in unserem Gespräch unterbrochen hat, aber ich konnte meine Impulsivität zügeln, und konnte mit Sinn und Verstand abwägen, was zu tun ist.“ Der Ältere ließ die Hand wieder sinken und atmete tief durch. „Es tut mir leid dir sagen zu müssen, dass du auf keinen Fall meine Nachfolge antreten wirst, denn das hätte verheerende Folgen für das bestehende Raum-ZeitGefüge.“ Vater und Sohn erhoben sich von ihren Sitzplätzen. Der Kleinere wand sich mit gesenktem Haupt ab und schien gehen zu wollen, doch plötzlich verschob sich eine seiner Spielfiguren auf der dritten Ebene, ohne dass er diese berührt hatte. Und der Sohn sprach: „Ihr habt mir nur Schach geboten, mein Vater. Aber das Spiel ist noch nicht zu Ende.“ Mit diesen Worten fuhr der Sohn herum und schleuderte bläulich züngelnde Blitze gegen seinen Vater, der völlig ruhig da stand und das Eintreffen der Energieschläge erwartete. Doch in dem selben Augenblick wie sich die Figur des Sohnes auf dem Brett bewegt hatte, bewegte sich auch eine Figur des Vater. 331 - 332 - Snow hatte blitzschnell seine Axt vom Rücken gezogen, und hielt die breite Klinge genau in der Mitte über den Tisch. Ein Teil der Blitze des Sohnes wurde abgeleitet und verschwand in der Unendlichkeit des Dunkel in dem Raum im Universum. Ein anderer Teil verpuffte mit lautem Zischen, und ein kleiner Teil wurde zum Ausgangspunkt zurück geschleudert. Die Überladung verbrannte dem Sohn ein wenig die Finger. Aber es war nichts Ernstes. Dennoch ließ er dadurch von seinem Tun ab, was Alex die Möglichkeit eröffnete, weiter einzugreifen. Er zog schnell die Axt zurück und rammte dem Sohn das Griffstück in die Kapuze, worauf der Getroffene schwer wie ein Mehlsack zu Boden stürzte und regungslos liegen blieb. „Schach matt!“ brummte Alex und schob die Axt wieder zurück in die Halterung auf seinem Rücken. „Ich danke euch, Fremder.“ sagte der andere Kapuzenträger und schob diese darauf hin vom Kopf. Alex bestätigte ihm, dass es nicht der Rede wert war. Er habe gerne geholfen. Doch dann wurde ihm bewusst was soeben passiert war und er meinte: „Ich hätte auch gar nichts anderes tun können. Nicht wahr? Wer seid ihr wirklich?“ Der Mann der vor ihm stand, war fast so groß wie Snow selbst, doch sein langes Haar war bereits schlohweiß, genauso wie seine dichten Augenbrauen und der kurze Vollbart, aber es war immer noch voll und schien leicht gewellt in den untern Bereichen. „Ich bin Ellimak tim Elkah. Ein Magier, so würdet ihr meinen Stand wohl bedeuten.“ stellte er sich vor. „Und ihr hattet recht. Ihr konntet nicht anders handeln.“ 332 - 333 - Seine blauen Augen blickten freundlich, und um die Lippen und in den Augenwinkeln verdeutlichten kleine Fältchen sein aufrichtiges Lächeln. Alex nickte, denn er hatte längst gesehen, dass diese beiden Männer mit den Figuren und dem Spielbrett vor sich, die Geschicke der Menschen zu leiten schienen. Zumindest sah es so für ihn aus. Snow war aufgebracht und wollte lospoltern, doch dann fing er sich wieder und dachte daran was mit Morgan passiert war. Schnell war er einen Blick zu seinem Freund hinüber, der nach wie vor bewegungslos und ziemlich zusammengekrümmt einige hundert Meter entfernt in der Luft hing. „Ihr treibt eure Spielchen mit uns. Fein. Ich muss zugeben, dass ich davon zwar fasziniert, aber auch ganz und gar nicht erfreut darüber bin. Würdet ihr bitte unseren Freund wieder hier her holen?“ „Ich bin schon da.“ hörte er Travis hinter sich sagen und wand sich um. Alex legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Geht es dir gut, alter Freund?“ „Danke, ich kann nicht klagen.“ erwidertet Travis. Dann richtete Alex seine Aufmerksamkeit erneut auf Elkah. Alex bemerkte wohl, dass der Alte seine liebe Mühe damit hatte nach einer einleuchtenden Erklärung zu suchen, aber dennoch wollte er eine von ihm haben, und sah ihn deshalb mit fragendem Blick an. „Nun, ich weiß nicht recht, wie ich es euch erklären kann...“ versuchte er um den heißen Brei herum zu reden. „... es tut mir leid.“ beteuerte er, und Alex schien es so, als sei es ihm ernst damit. Dennoch war ihm dies zu wenig. „Es mag euch gefallen haben mit uns zu spielen, Herr Elkah, doch wisset, dass ich, wir,...“ er deutete auf seine 333 - 334 - Begleiter, „... und ganz besonders diejenigen die sich unsere Freunde nennen, so etwas überhaupt nicht schätzen. Ich hätte gute Lust, ähnlich wie Travis hier vorhin, euch eine Tracht Prügel zu verpassen, doch dem Herrn sei Dank, dass er mich davor bewahrt hat, sonst würdet ihr jetzt neben eurem Sohn hier liegen.“ Snows harsche Worte schienen dem alten Magier nun doch ein wenig aufzustoßen, und er straffte deutlich seinen Körper. Fast konnte man sagen, er sei entrüstet darüber, wie ein einfacher Mensch hier vor ihm stand und so mit sprach. Doch er wollte Gnade vor Recht ergehen lassen und hörte sich bis zu Ende an was der Drachenritter zu sagen hatte. „Also das ist doch...!“ brummte er los, zügelte sich aber sofort wieder. Er senkte das Haupt und meinte: „Nein, nein, ihr habt ja recht. Es war nicht rechtens so mit dem Leben der Menschen zu spielen. Es war eine Aufforderung meiner Nachkommen, welche mein Erbe antreten wollen, mir zu zeigen, dass sie die von mir geschaffenen Welten ebenso geschickt leiten konnten wie ich selbst. Dass dies hier in einem Spiel Zug um Zug ausarten würde, das wollte ich damals noch nicht sehen, und ich will mich da auch nicht ausnehmen, denn ich habe diesem Spiel ja zugestimmt.“ „Was passiert, wenn ich eine dieser Figuren hier auf ein anderes Feld bewege?“ wollte Morgan wissen. Er war mit den anderen näher an den Tisch heran getreten und hatte während des Gesprächs mit Alex einen ausreichenden Blick auf das Spielbrett geworfen. Elkah sah ihn an und meinte: „Nun, vermutlich nichts, da ihr nicht über genug magisches Potenzial verfügt, um eine Wirkung auf eine möglicherweise dahinterstehende Person ausüben zu 334 - 335 - können. Aber es wäre durchaus auch möglich, das ihr damit einen eurer Freunde ums Leben bringt.“ Morgan zog die Hand von der Figur zurück. Dieses Risiko wollte er dann doch nicht eingehen. „Sagt mir, Herr Elkah, weshalb sind wir hier, und was hat es damit auf sich, als ihr sagtet, die Welten die ihr erschaffen habt? Soll das heißen, dass wir, ich meine die Menschen, von euch erschaffen wurden?“ Ellimak ließ sich auf seinen Stuhl sinken und wischte mit einer Handbewegung den Tisch leer. Nicht dass er die Figuren und das Brett zerstört hätte, ganz und gar nicht. Seine Bewegung ließ alles verschwinden das auf dem Tisch stand und darunter lag. Also auch seinen Sohn. Mit einer weiteren Handbewegung erschienen zwei weitere Stühle am Tisch, eine Karaffe Wasser und eine weitere mit rotem Wein, sowie vier silberne Becher von schlichter Schönheit. „Bitte, setzt euch. Ich will versuchen, euch zu erklären, was passiert ist.“ bot er ihnen an, und die Freunde nahmen die Einladung dankend an. Dann begann er: „Zunächst ein Mal, möchte ich etwas vorausschicken. Ich kann nicht wieder herstellen, was bereits zerstört ist. So leid mir dies auch tut. Es war vor ungefähr fünfzehntausend Jahren eurer Zeitrechnung, ein paar Jahrhunderte mehr oder weniger, ich weiß nicht mehr so genau, da kam ich in eine Dimension die meine Forschungen von der Verbindung verschiedener Dimensionen zueinander möglicher erscheinen ließ als in meiner Heimatwelt. Ich weiß, das klingt merkwürdig für euch, aber ich versichere euch, 335 - 336 - dass es die Wahrheit ist.“ erzählte er. Er goss sich einen Becher Wasser ein und nahm einen großen Schluck. „Wenn dies, wie ihr sagt, die Wahrheit ist, dann wäret ihr schon über fünfzehntausend Jahre alt. Das ist unglaublich. Seid ihr ein Zauberer, der über die Möglichkeit verfügt, sein Leben so lange auszudehnen?“ wollte Travis wissen. „Nun, in euren Augen mag ich ein Zauberer sein.“ er setzte sein Glas wieder ab. „Aber eigentlich bin ich das nicht. Meine Welt liegt weit ab in einer Dimension, wo Zeit nicht das Gleiche bedeutet wie bei euch. Nach eurer Auffassung von Zeit, wäre ich gerade mal so... lasst mich überlegen... so 273 Jahre alt.“ meinte er und grinste breit. „Ah ja. Wenn man bedenkt, dass wir in der Regel eine Lebenserwartung von unter 80 Jahren haben, ist das noch sehr jung für euch.“ merkte Travis spöttisch an. „Ich kann es leider nicht ändern. Es ist so wie es ist. Und wir haben mit der Zeit gelernt, die Dinge so zu nehmen wie sie sind. Aber das bringt uns nun zu weit vom eigentlichen Thema ab. Wie gesagt, war ich in jene Dimension gelangt, in der ich meine Forschungen schneller und besser vorantreiben konnte als in meiner Heimatwelt.“ Er setzte den Becher wieder auf dem Tisch ab und strich sich dann mit der Rechten das lange, weiße Haar hinter das Ohr zurück. Nun konnte man deutlich sehen, dass Ellimak nicht aus der Welt der Menschen stammte, denn seine Ohren liefen nach oben hin spitz zu. „Bestimmt ein Vulkanier!“ dachte sich Alex, doch dann revidierte er seine Gedanken, denn Vulkanier gab es hier ja nicht. Oder zumindest hatte er noch keine gesehen, seit er von Skataris fort war. Aber es würde Ellimaks hohes Alter doch um einiges wahrscheinlicher im Lichte 336 - 337 - des gefälligen Betrachters erscheinen lassen. Ach, papperlapapp, das ist doch alles Nonsens, dachte er dann und wand seine Aufmerksamkeit wieder dem Redner zu. „Bei meiner Arbeit stieß ich schon bald auf eine weitere Dimension, nämlich auf die der Menschen. Allerdings war es nicht möglich, diese Welt zu besuchen, denn in ihr war überhaupt kein magisches Potenzial mehr zu spüren, und das ist ein wichtiger Faktor für das Reisen zwischen den Dimensionen.“ Ellimak machte ein kurze Pause um einen weiteren Schluck zu trinken. „Könnt ihr uns sagen, welche Zeit diese Dimension hatte? Ich mein, Zeit nach Jahrhunderten eingeordnet.“ wollte Snow wissen. „Hm, lasst mich überlegen. Das müsste so Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts gewesen sein. In einem Land namens Amerika war vor Kurzem ein Krieg zu Ende gegangen (der amerikanische Bürgerkrieg), und in einem anderen Teil, weiter östlich gelegen, arbeitete man gerade an der Erfindung eines Motors, der mittels umgewandelter, Jahrmillionen alter Ablagerungen aus der Erde betrieben werden sollte (die ersten Automotoren). Aber auch dort stand bereits ein neuer Krieg vor der Tür (1. Weltkrieg) und ein weiterer, noch verheerenderer sollte bald schon folgen(2. Weltkrieg). Ich weiß nicht mehr alles, denn beim Betrachten verrann die Zeit in dieser Dimension derart schnell, dass ich mir beim besten Willen nicht mehr alles merken konnte. Ich weiß nur noch, dass sich die Menschen in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts spinnefeind waren. Überall wurde bespitzelt, denunziert und schmutzige Wäsche gewaschen, und so manch einer musste sich nicht selten peniblen Fragen unterwerfen. Es war, weiß Gott, kein 337 - 338 - schönes Zeitalter, und so schloss ich das Zeitfenster wieder und widmete mich anderen Dimensionen, die leider auch nicht sehr viel versprechender waren. Erst nach vielen Jahren wurde mir klar, dass die Menschheit sich immer und immer wieder in irgend welche Auseinandersetzungen manövrierte, die irgend wann zu ihrem Untergang beitragen würden. Also beschloss ich, denn der Mensch als solches schien mir dennoch wichtig, eine geeignete Dimension zu suchen, um dort alles zu vereinen, das mir am Menschen und ihrem Umfeld am Herzen lag. So gelang es mir irgend wann, weitere Fenster in verschiedene Zeitperioden zu öffnen und später hatte ich sogar Erfolg und konnte diese auch betreten. Doch all diese Fenster, waren immer nur auf diese eine Welt, die Erde gerichtet, und so nahm ich aus den unterschiedlichsten Perioden der Zeit Lebewesen und Menschen mit in die Welt, die ihr Skataris nennt und setzte sie dort aus. Ihr vorhandenes Geschick und der unablässige Wille am Leben zu bleiben, führte dazu, dass die Menschen sich sehr schnell in ihren Territorien zurecht fanden und ihr Leben selbst meistern konnten. Von Zeit zu Zeit besuchte ich die einzelnen Gruppen und half wo ich helfen konnte, aber es nicht viel für zu tun. Dann, als ich der Meinung war, genug getan zu haben, zog ich mich von der Welt zurück und ließ die Menschen mit ihrem Geschick allein. Das ging auch alles eine ganze Weile gut, bis ich schließlich einmal wiederkehrte und bemerkte, dass die Population stark abgenommen hatte. Da ich nun aber keine Zeit hatte um erneut Menschen aus allen Zeitperioden dort hin zu bringen, sorgte ich dafür, dass gewisse Übergänge von dort nach 338 - 339 - Skataris entstanden, und sich Menschen sich von Zeit zu Zeit von der Erde dort hin verirrten, um dann in Skataris ein neues Leben anfangen zu können.“ Ellimak goss sich erneut einen Schluck Wasser ein und fügte einen großen Schwung roten Wein mit hinzu. Er sah kurz in die Runde und bemerkte wohl die Blicke die auf ihm ruhten, dennoch trank er ungezwungen und genussvoll wie es Snow erschien. „Ein wahrhaft großes Werk, dass ihr da vollbracht habt, Herr Elkah. Doch habt ihr euch einmal überlegt, nur ein einziges Mal, was ihr mit eurem Werk den Menschen angetan habt? Ihr habt sie aus dem ihnen bekanntem Leben und seinem Umfeld herausgerissen und in eine andere Welt gebracht. In eine Welt die sie nicht kannten, die ihnen fremder nicht sein konnte. Eine Welt in der der Tod hinter jedem Baum lauert und gnadenlos zuschlägt, wenn er die Möglichkeit dazu hat. Habt ihr darüber einmal nachgedacht?“ Snows Worte wirkten bedrängend auf Ellimak. Er schob den Becher den er fast zur Hälfte geleert hatte auf den Tisch und sah Alex unverwandt in die Augen. „Ich weiß das. Aber es war nicht immer so. In den ersten paar tausend Jahren des Bestehens von Skataris war diese Welt eine friedliche. Gut, Händel und Streitereien untereinander gab es immer wieder und wird es auch immer wieder geben, aber es gab niemals Krieg so wie es in auf der Erde je gab.“ „Ich glaube, da seid ihr im Irrtum.“ warf Mungo el Sarif ein. „Ich lebe schon länger in Skataris als meine Freunde hier, und als Freund und Berater der Königin von Skataris hatte ich Einblick in die Schriften des Altertums und habe die Berichte über frühere Schlachten studiert. Es gab derer sehr viele. 339 - 340 - Schlachten zwischen Menschen und Zwerge, die sich um belanglose Dinge wie Minenschächte stritten. Schlachten zwischen Katzenmenschen und Zwergen, die sich sowohl um unter- wie auch um überirdisches Territorium in der Wolle hatten, und Schlachten zwischen Menschen und Katzenmenschen wegen ähnlicher Unstimmigkeiten. Immer wieder kam es zu Territorialkriegen die auf beiden Seiten fürchterliche Verluste forderten. Und nicht zuletzt, die Schlacht gegen die Dämonenbrut, die durch ein Portal, vermutlich sogar eines von euren, nach Skataris gekommen war und unter den Menschen grausam gewütet hat. Glücklicherweise hatten wir Erfolg und konnten sie, nicht zuletzt mit Hilfe dieser beiden Männer hier, wieder in ihre Schranken weisen und das Tor wieder verschließen.“ Man konnte Mungo ansehen, dass ihm das Thema am Herzen lag. Er echauffierte sich schon fast bei seiner Ausführung, so dass er jetzt erst einmal einen großen Schluck Wasser trinken musste. „Ich hatte, ehrlich gesagt, keine Ahnung was in der letzten Zeit in Skataris vor sich ging. Hätte ich aber davon gewusst, wäre ich mit Sicherheit dort gewesen und hätte versucht die Streitereien zu schlichten.“ versuchte er sich zu entschuldigen. „Zu schlichten? Bei den Dämonen? Na dann viel Spaß beim nächsten Mal.“ meinte Travis dazu. Alex kannte die Situation und hatte sich dazu nicht geäußert. Doch ihn interessierte etwas ganz anderes: „Sagt mir, Herr Elkah, diese ganzen unterschiedlichen Lebewesen, Zwerge, Katzenmenschen, Trolle, normale Menschen und was weiß ich noch alles. Das alles wollt ihr von der Erde geholt und nach Skataris gebracht haben? Wann gab es denn Zwerge auf der Erde, wann 340 - 341 - die Katzenmenschen oder gar die Trolle? Wieso hat man niemals irgend welche Funde bei Ausgrabungsarbeiten entdeckt? Hm?“ „Nun, das liegt daran, das all jene Lebewesen zu Zeiten auf der Erde existierten, die von euch noch nicht gelebt wurden, oder die schon länger vorüber ist als die Geschichte dies schreibt, und sie schon wieder vom Antlitz der Welt verschwunden sind.“ „Ich verstehe das nicht ganz. Könnten sie das bitte näher erklären?“ fragte Travis. „Nehmen wir einmal die Zwerge. Dieses Volk ist seit Jahrtausenden damit beschäftigt Stollen in die Berge zu treiben um die dort verborgenen Schätze zu fördern. Sie lebten bereits in einer Zeit lange vor dem bekannten Menschen, dem sogenannten Neandertaler, und gingen auch vor diesem wieder unter. Die Welt wie ihr sie heute kennt, hatte damals ein noch ganz anderes Gesicht und tektonische Bewegungen der Erdkruste verursachten damals immer wieder schwere Einstürze in den Stollen der Zwerge. Oftmals kamen dabei Tausende zu Tode. Später dann, als ihr Zeitalter auf der Erde zu Ende ging, hatte ich bemerkt, dass selbst von ihren Knochen nichts als der bloße Staub zurückgeblieben war. Und da ihre Kleidung nach wie vor aus natürlichen Materialien bestand, konnte man auch davon nichts mehr finden, oder selbst wenn man etwas gefunden hat, konnte man es meist nicht richtig zuordnen.“ „Und was ist mit den Katzenmenschen, und den Trollen?“ wollte Snow jetzt wissen. Ellimak hob erneut an zu sprechen, doch da schien ihn etwas im Halse zu kratzen und so nahm er erst einmal einen kräftigen Schluck aus seinem Becher, bevor er erneut ansetzte. 341 - 342 - „Die Katzemenschen wie die Trolle, sind Lebewesen, die ihr, beziehungsweise die Menschen eures Zeitalters, nicht mehr kennen lernen werdet. Von eurer Zeit aus gesehen in ungefähr 3 bis 500 Jahren, werden sich einige Menschen zu den euch bekannten Katzenwesen weiterentwickeln.“ „Weiterentwickeln? Wie kann das sein?“ „Sie werden mutieren. Ich glaube, es ist eine Sache der Gene, die sich irgend wie verändert haben. Ich weiß es nicht genau, aber ich glaube, es hängt mit gewissen Versuchen zusammen, mit denen eine Krankheit behandelt werden sollte. Doch das schien nicht funktioniert zu haben. Die Testpersonen mutierten zu Wesen mit grünlicher Haut und bei manchen wuchsen sogar Blätter zwischen den Haaren hervor, und manchmal hatten sie auch katzenhafte Gesichtszüge. Doch man hatte die Experimente dann etwas weiterentwickelt, und ist schließlich auf zwei separaten Bahnen weitergegangen. Beide Wege hatten zwar zur Folge, dass die Krankheit aufgehalten wurde, aber es hatte auch Nebenwirkungen. Und diese waren nicht mehr aufzuhalten. Entstanden sind dabei auf der einen Schiene die Katzenmenschen, und auf der anderen die Trolle. Ich weiß nur noch, dass man wohl mit Mitteln auf pflanzlicher Basis sehr stark gearbeitet hat, was wohl dazu führte, dass die Trolle heute so aussehen als wären sie lebende Bäume.“ „Ihr sagt das so einfach. Ist euch eigentlich klar, dass dies eine Zukunft für uns ist die eigentlich noch nicht stattgefunden hat und dennoch exsistiert? Was würdet ihr sagen, wenn ich her ginge und würde nun etwas über dieses Gespräch aufschreiben und das dann so verstecken, dass es der Nachwelt irgend wann 342 - 343 - zugänglich werden würde? Wäre es dann nicht möglich, dass dies niemals passiert? Hättet ihr damit jetzt nicht ein Paradoxon geschaffen? Den Zwergen könnte man nichts mehr anhaben, aber würde etwas von unserem Gespräch in die falschen, oder auch in die richtigen Hände von jemandem fallen, der Einfluss auf diese neue Behandlungsart hat, wäre es möglich, dass die Katzenmenschen nie entstehen. Und dadurch würden dann alle Katzenmenschen die in Skataris leben, von dort verschwinden, und alles würde so sein, als hätten sie niemals exsistiert.“ bemerkte Alex mit gewissem Vorwurf. „Ich sehe, ihr versteht in welchem Dilemma ich mich befinde. Ich kann zwar zwischen den Dimensionen hin und her reisen, kann Dinge extrahieren oder einfügen, aber ich darf niemals einen Fehler machen, denn das hätte die Auslöschung so mancher Spezies zur Folge.“ erklärte Elkah sich. „Warum tut ihr es dann?“ wollte Mungo wissen. „Weil mir an der Gattung Mensch nach wie vor etwas liegt. Egal wie dieser Mensch auch aussehen mag.“ „Verzeiht Herr Elkah, wenn ich diese Antwort als nicht ausreichend empfinde.“ beschwerte sich Snow. „Das tut mir leid für euch, denn eine andere Antwort habe ich nicht für euch.“ Ein leichtes Zittern durchlief plötzlich das Gesicht des alten Mannes vor ihnen, und Alex hatte schon fast denken wollen, dass den Alten nun fröstelte, doch dann bemerkte er dieses Zittern auch an sich, und er sah sich nach seinen Freunden um. Diese hatten ebenfalls bemerkt, dass etwas nicht stimmte, und gerade als sie fragen wollten was hier los sei, artete das Zittern in ein handfestes Beben aus. Ellimak tim Elkah hatte große 343 - 344 - Mühe sich auf dem Stuhl zu halten. Nicht weniger, wie seine Gäste ihm gegenüber. Dann ließ das Beben wieder nach. „Was war das? Ein Erdbeben?“ wollt Mungo wissen. „Ja und nein. Ich fürchte, das war mein Sohn, den ihr vorhin kennen gelernt habt. Er ist unzufrieden mit dem Ergebnis seines Tuns und versucht nun mich mit Gewalt vom meiner Position zu vertreiben.“ „Was uns wieder zum Ausgangspunkt unseres Gesprächs bringt. Nicht wahr?“ setzte Alex hinzu. „Weshalb wir dieses Spiel mit euch gespielt haben? Ja, ihr habt recht. Diese Erklärung bin ich euch noch schuldig. Aber ich muss euch noch ein wenig vertrösten, denn wenn wir uns nicht schnell von hier fort begeben, wird uns der Zorn meines Sohnes härter treffen als ihr euch das vorzustellen vermögt.“ Ein weiteres, noch leichtes Zittern, das aber stetig an Kraft zu nahm, lies in den Freunden die Alarmglocken anklingen. „Also gut. Was schlagt ihr vor?“ „Am besten gehen wir dahin, wo ihr sowieso hin wolltet. Nach Skataris. Man erwartet euch dort eh schon mit Ungeduld, und ich möchte mir nicht gerne auch noch den Unmut einer Königin zuziehen. Folgt mir!“ Ellimak erhob sich von seinem Sitz und der Tisch samt Geschirr verschwand in der Unendlichkeit diese gewaltigen Raumes. Mit einer Handbewegung ließ er die Sterne und Planeten verschwinden und völlige Dunkelheit umfing sie wie eine schwere Decke aus dicker Wolle, die man sich nächtens bei Gewitter über den Kopf zog wenn man im Bett lag. Doch diese Dunkelheit hielt nicht lange an, denn vor ihnen bildete sich sogleich der dichte, weiße Strudel der Zeit, den sie schon kannten. 344 - 345 - Ellimak trat ihnen voran und die anderen folgten ihm hinterdrein. Kapitel 15: Home sweet Home Nur wenige Augenblicke später, standen sie inmitten der Mauern des Palastes von Tolun, wo die warmen Strahlen des Himmelskristalls ihre Haut freundlich liebkosten. Alex sah Königin Tara und ihre Freundin Ilya die Stufen des Palastes hinauf gehen. Sie hatten ihre Ankunft wohl nicht bemerkt. Er gab Travis ein Zeichen ihm zu folgen, und zu Mungo und Elkah wand er sich um und gab ihnen mit einem Fingerzeig zu verstehen, dass sie sich ruhig verhalten sollten. Dann eilten sie so leise es ging hinter den beiden Frauen einher, um sie mit ihrer Rückkehr zu überraschen. Leider klappte das nicht so ganz, Kaum hatten die Männer den Fuß der Treppe erreicht, da ertönte plötzlich ein Alarmruf von einer der Wachposten und die Frauen wanden sich um und hatten schon die Hand an den Schwertgriffen. „Hi, wir sind wieder da!“ rief Morgan. „Habt ihr uns vermisst?“ Ilya und Tara sahen sich verwundert an, doch dann stürmten sie die Treppe hinunter und fielen den Männern 345 - 346 - in die Arme. Beide hatten feucht glänzende Augen, trauten sich aber nicht richtig zu weinen. So etwas gehörte sich schließlich nicht für eine Königin von Skataris, und für eine Kriegerin wie Ilya schon gar nicht. Sie drückten ihre Männer fest an sich und hätten sie am liebsten nicht wieder los gelassen. Sie waren so lange fort gewesen. Hätte sich nun ihr Begleiter nicht mit einem deutlich hörbaren Räuspern bemerkbar gemacht, wären dieser beinahe unbemerkt geblieben. Aber das war ja Mungo el Sarif, und der durfte nicht vergessen werden. Auf ihn wartete leider keine Frau, und deshalb fielen nun beide Frauen, ganz untypisch für sie, auch über ihn her und drückten ihn fest zur Begrüßung. El Sarif wusste zunächst gar nicht wie ihm geschah, doch dann fasste er so gut es ihm möglich war um die beiden Frauen herum und drückte sie ebenfalls herzlich. Einige Sekunden später löste sich das Knäuel und die Frauen traten zu den Männern die ihre Partner waren. Königin Tara ging jedoch noch einen Schritt weiter, denn in der Begleitung ihrer Freunde befand sich noch eine weitere Person. „Verzeiht, dass ich euch nicht ebenfalls so herzlich begrüße, denn dafür kennen wir uns noch viel zu kurz. Ich bin Königin Tara von Skataris, und mit wem habe ich die Ehre hier zu sprechen?“ stellte sie sich dem Fremden vor. „Ich grüße euch aufrichtig und mit Ehrerbietung, Majestät. Mein Name ist Elkah. Ellimak tim Elkah.“ stellte er sich nun selbst auch vor. „Seid mir willkommen, Herr Elkah. Da ihr nicht gefesselt seid, nehme ich mal an, dass ihr unsere Krieger hier in Freundschaft begleitet habt, und die Freunde unserer 346 - 347 - Männer sind auch unsere Freunde. Tretet ein, und seid unser Gast.“ „Das ist sehr liebenswürdig von euch Königin, wenngleich meine Beziehung zu euren Kriegern hier nicht als Freundschaft zu deuten wäre, so bin ich ihnen doch in gewisser Weise verpflichtet und durchaus wohl gesonnen. Ich nehme eure Einladung daher gerne an und bedanke mich schon jetzt dafür.“ Tara legte eines ihre umwerfenden Lächeln auf die Lippen und meinte: „Ich sehe, dass ihr ein Mann seid der weiß was sich gehört. Das ist ganz nach meinem Geschmack. Bitte, folgt uns hinein.“ Snow und Ilya waren schon einige Schritte voraus gegangen, warteten aber nach ersteigen der halben Treppe auf die anderen. Alex hatte seinen Blick auf die Freunde unten im Hof gerichtet und wartete auf ihr Kommen. Ilya dagegen, hatte ihre Augen auf ihn gerichtet und musterte sein Gesicht genau. An der Art wie er atmete, wie er aussah – einige Fältchen um die Augen hatte er bekommen, die waren vorher noch nicht da gewesen und die Wangen schienen schmäler als zuvor. Ein Bad hatte er wohl auch nötig, doch das störte sie nicht. Was hatte er wohl erlebt, dort wo er war. Es muss nicht einfach gewesen sein. „Kannst du mir sagen, wie lange wir fort waren?“ fragte er ganz unverhofft. Ilya trat einen Schritt zurück und sah ihn noch genauer an. „Weißt du das nicht mehr?“ „Dort wo wir waren, spielt die Zeit wohl keine große Rolle, nur deshalb wüsste ich es gerne.“ „Ihr wart fast zwei Monate fort.“ antwortete sie. 347 - 348 - Alex sah sie an und wusste nicht was er sagen sollte. Zwei Monate? Das war schier unmöglich. Er hatte gedacht, dass sie nur gut drei oder vier Tage fort waren. Aber wenn er ehrlich zu sich selbst war, fühlte er sich nun fast so, als wäre er diese lange Zeit tatsächlich unterwegs gewesen. Er fühlte sich müde. unsagbar müde. Doch dafür war keine Zeit, denn in diesem Augenblick durchzog die Erde unter seinen Füßen ein leichtes Zittern, das sofort wieder verschwunden war. Dennoch war es nicht unbemerkt geblieben. Die Freunde, die soeben noch unten im Hof gestanden hatten, eilten die Treppe hinauf, und gemeinsam ging man in den schon bekannten Raum im Palast, wo man ausgiebig Kriegsrat halten konnte. „Er hat uns gefunden.“ merkte Elkah auf dem Weg dorthin an. „Gefunden? Wer?“ wollte Tara wissen, denn sie hatte Elkahs Worte gehört. „Mein Sohn, verehrte Königin. Er ist etwas erbost über den Ausgang unseres Schachspiels.“ „Und deshalb lässt er die Erde beben? Wer ist er, dass er solche Kräfte besitzt?“ wollte sie wissen. „Nun, das ist eine wirklich lange Geschichte, verehrte Königin, und ich glaube nicht, dass wir noch die Zeit haben, diese zu hören.“ „Wir werden uns die Zeit nehmen müssen, Denn wenn ich etwas gegen jemanden unternehmen muss, der die Fähigkeit besitzt, die Erde beben zu lassen, dann ist das keine Kleinigkeit.“ sagte sie mit hörbar ernstem Ton. „Das ist mir durchaus klar, und ich will euch erklären, was ich kann, um Schlimmeres zu verhindern.“ Tara sah ihn mit grimmigem Blick an, und war sich schon nicht mehr sicher, ob sie ihre Entscheidung, diesem Mann Gastfreundschaft zu gewähren nicht wieder 348 - 349 - rückgängig machen sollte. Doch irgend wie schien es ihr nicht richtig zu sein, und so würde sie nun erst einmal abwarten was weiterhin geschah. *** „Nun, Antonius, habt ihr alles gelesen was wichtig war?“ fragte der alte Magier, der sich immer noch von seinem Sturz vom Stuhl erholte. „Ja Meister, das habe ich. Doch ich fürchte, es wird uns nicht möglich sein, diesen Herrn Elkah ausfindig zu machen, da er sich vermutlich in seiner Heimatdimension befindet, und wir nicht wissen, wie wir dort hin gelangen können.“ antwortete der junge Chronist. „Das wird auch nicht nötig sein.“ kam es auf ein Mal hinter einem der vielen Bücherregale hervor. Der zwergenhafte Bibliothekar, Miguel Seidenfeder, kam um die Ecke und hielt einen kleinen Notizzettel in seinen Händen. „Wie kommt ihr darauf, Miguel?“ wollte Agathon wissen. „Nun, weil er gerade in Skataris eingetroffen ist.“ erklärte der Bibliothekar. „Was?“ riefen beide und erhoben sich von ihren Sitzgelegenheiten. Agathon drehte sich zu Antonius um und hielt ihm den ausgestreckten Zeigefinger unter die Nase und meinte: „Das ist die Gelegenheit. Wir müssen sofort zum Palast von Tolun aufbrechen.“ „Ja Meister. Äh, nein Meister!“ „Ja was denn nun? Ja oder Nein?“ „Nun ja, wir können schon aufbrechen, aber bis wir dort angekommen sind, wird er möglicherweise nicht mehr dort sein.“ 349 - 350 - Ein berechtigter Einwand, den der junge Antonius da vor brachte. Schließlich hatten sie für ihre Reise hier her fast zwei Wochen benötigt. Oder waren es Drei? Enttäuscht ließ sich der alte Magier wieder auf seinen Stuhl sinken, schon aller Hoffnungen beraubt, den größten Zauberer zu treffen, der jemals gelebt hatte. Doch dann spürte er die Hand des Zwergen auf seiner Schulter und blickte auf. „Kommt mit. Ich schicke euch nach Tolun. Aber ich bitte dies ausgesprochen geheim zu halten, denn normalerweise dar ich das auf keinen Fall tun. Doch ich denke, in diesem Falle kann man ein Mal eine Ausnahme machen, denn es geht ja um das Wohl der Welt Skataris, und ich denke weiterhin, dass Ellimak tim Elkah damit keine Probleme haben wird. Also folgt mir bitte.“ Der Zwerg führte sie zwischen den Regalen hindurch, die sich wie Rippen nebeneinander in den Raum hinein aufgereiht hatten und ging dann an ein Regal an der Wand, das nicht im Mindesten anders aussah wie die anderen. Dort griff er nach einem Buch mit einem schon längst verblassten, blauen Einband und zog es hervor. Doch statt dass sich wie erwartet, ein weiterer Raum hinter einem Regal das sich vielleicht zur Seite schieben würde, auftat, blätterte er in dem Buch zu einer bestimmten Seite und las die Worte die dort in fremden Lettern geschrieben standen. Er las die Worte noch ein zweites Mal, dann klappte er das Buch wieder zu und führte die Männer einige Schritte weiter zu einem anderen Regal. Er gebot den beiden Halt und trat dann noch einen Schritt vor und sprach die Worte die er eben gelesen hatte laut in Richtung Regal aus. Zuerst tat sich überhaupt nichts, und Miguel blickte sich ein wenig verstört um. War er zum falschen Regal 350 - 351 - gegangen? Er hatte diesen Zauber schon sehr lange nicht mehr benötigt. Dann kam ihm die Antwort. „Ich bin ein Idiot. Lies ihn zwei Mal, sprich ihn zwei Mal! Stand da geschrieben.“ Also stellte er sich erneut vor das Regal und sprach die Worte zwei Mal hintereinander aus, und siehe da, plötzlich schien die Luft zu flimmern, die Bücher verschwanden und eine torähnliche Öffnung zeigte sich in der Wand der Bibliothek. „Geht diesen Weg entlang bis zum Ende, und ihr werdet direkt beim Palast von Tolun heraus kommen.“ erklärte er ihnen. „Vielen Dank für eure Gastfreundschaft, Miguel. Es war uns eine Ehre euch kennen gelernt zu haben. Es würde mich sehr freuen, wenn wir uns irgend wann einmal wieder sehen könnten.“ bedankte sich Agathon überschwänglich bei dem Zwerg. „Es war mir eine Freude, und ich bin sehr dankbar für eure Gesellschaft die ihr mir hier geleistet habt. Ihr wisst ja wie ihr hier her gelangen könnt. Ich werde da sein. Doch nun müsst ihr gehen, denn der Zugang wird nicht ewig offen bleiben. Auf Wiedersehen meine Herren!“ „Auf Wiedersehen!“ sagten beide und betraten die Düsternis des geheimen Ganges. Hinter ihnen schloss sich der Zugang mit einem leisen Zischen, und sie waren von Dunkelheit eingehüllt. „Ich hasse es, wenn man immer wieder durch so stockdunkle Gänge wandern muss.“ maulte Antonius, doch plötzlich wurde es hell vor ihnen, und sie konnten Gebäude und einen großen Platz vor sich erkennen. „Habt ihr euch bewegt, Meister?“ fragte Antonius verwundert. 351 - 352 - „Nein, habe ich nicht. Aber ich denke, nun sollten wir einen Schritt dort hinaus tun, und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir dann am Ziel sein werden.“ Er hatte die Worte noch nicht zu Ende gesprochen, da schritt er auch schon aus. Antonius folgte ihm auf dem Fuße, und sofort war ein weiteres Zischen hinter ihnen zu hören. Der dunkle Gang war verschwunden, und sie standen tatsächlich auf dem Gelände des Palastes. Der alte Magier wand sich zu dem jungen Chronisten um und hob erneut den Zeigefinger wie ein Schulmeister: „Also weißt du, solch ein Transportmittel sollte es auf ganz Skataris verteilt geben. Das wäre doch fabelhaft. Dann könnte man jederzeit überall sein, und das ohne jede Zeitverzögerung. Wundervoll!“ schwärmte er. Antonius grinste. Auch ihm hatte das gefallen und er meinte: „Schlagt es doch dem Herrn Elkah vor, wenn ihr ihn trefft. Vielleicht macht er es ja möglich.“ Agathon wedelte mit dem Finger und grinste: „Vielleicht. Vielleicht tue ich das sogar. Kommt.“ meinte er und ging dann in Richtung Palast davon. *** „... ich war also damit einverstanden, meine Söhne beweisen zu lassen, dass sie das Geschehen der Welt mit Wohlwollen und Geschick leiten konnten, und schlug deshalb dieses Spiel Zug um Zug, ich glaube, bei euch nennt man es einfach nur Schach, vor. Meine beiden ersten Söhne machten mir alle Ehre in diesem Spiel und ich hätte keine Probleme, einem jeden von ihnen die Aufgabe zu übertragen, über das Wohl der Lebewesen in den einzelnen Dimensionen zu wachen. 352 - 353 - Doch mein Jüngster ist ein Hitzkopf. Er weiß sehr wohl um die Macht die uns inne ist und er macht keinen Hehl daraus, diese für seine, und nur für seine Zwecke einzusetzen. Dennoch musste ich auch ihn prüfen, was dann zur Folge hatte, dass ihr bei uns auftauchtet und. Andererseits war es vielleicht besser so. Das Spiel wurde unterbrochen und alle Züge, die noch ausstanden wurden aufgehoben. Es entstand also kein weiterer Schaden.“ Königin Tara hatte sich die Geschichte des Mannes in aller Ruhe angehört, und wollte soeben ansetzen, ihn auf das schärfste zu tadeln, doch Elkah gebot ihr mit einer Handbewegung Einhalt und kam ihr zuvor: „Verzeiht, Majestät, wenn ich euch unterbreche, aber ich weiß bereits was ihr sagen wollt und ich habe durchaus Verständnis für eure Reaktion. Eure Freunde hier, haben mir bereits gesagt, was sie darüber denken.“ er machte eine kurze Pause, dann packte er plötzlich die Tischplatte und hielt sich krampfhaft daran fest. „Schnell, sucht euch festen Halt!“ rief er den anderen zu, Doch da war es schon fast zu spät. Das einsetzende Beben war um ein vielfaches stärker als die leisen Erdstöße zuvor. Das Rütteln bewegte Geschirr von seinem Platz und warf es stellenweise zu Boden. Staub rieselte von der Decke auf den Tisch und die Leute die darum herum saßen herab. „Unter den Tisch! Schnell!“ rief Morgan. Die Freunde befolgten die Anweisung umgehend, und als sie alle unter dem großen Besprechungstisch mit der dicken Marmorplatte gekrochen waren, verebbte das Beben bereits wieder. „Er hat mich gefunden. Das kann ich spüren.“ meinte Elkah und kroch unter dem Tisch hervor. In diesem Augenblick wurde die große Tür zum Saal aufgerissen 353 - 354 - und alle Augen richteten sich auf die Gestalt, die sich da langsam aus der Staubwolke heraus manifestierte. „Hallo zusammen!“ rief eine ihnen wohl bekannte Stimme. Agathon und der junge Chronist Antonius schälten sich aus dem Nebel und traten in den Raum. Erleichterung zeigte sich auf den Gesichtern der Anwesenden. „Was war denn das eben? Ich wusste gar nicht, dass es in Skataris Erdbeben gibt.“ fragte der alte Magier nur mal so pro forma. „Jetzt gibt sie es, Ehrwürdiger. Jetzt gibt sie es.“ antwortete Königin Tara und klopfte sich dabei mit düsterem Blick den Staub von der Kleidung. *** Etwas weiter entfernt von Tolun, hatte Gwyndragsil, der große blaue Drache von Skataris gerade seine mittägliche Mahlzeit beendet, er hatte sich eine gut gewachsene Kuh bei einem Bauern erstanden und diese in seinem ureigensten Gebaren gejagt, geschlagen, zerfetzt und gefressen. Nun lag er auf einer schönen, saftig grünen Wiese am Berg unterhalb der Burg der Drachenritter und pulte sich mit einem angespitzten Beinknochen der Kuh, die Reste ihres zarten, rohen Fleisches zwischen den Reißzähnen hervor. Dann drückte er mit der Klaue des linken, kleinen Fingers, eines der Deckelbretter eines Fasses besten Rotweines nach innen, fischte es dann heraus und leckte den wundervollen Rebensaft mit seiner gespaltenen Zunge genussvoll davon ab. Schließlich hob er das Fass an, das für ihn nicht viel mehr war, wie für einen ausgewachsenen Mann ein Eimer Bier, und schüttete sich den Inhalt in den weit aufgerissenen Rachen. Mit 354 - 355 - einem kräftigen Rülpser, den man vermutlich noch in Bergan hatte hören können (das lag gut 20 Meilen weit entfernt), beendete er endgültig sein Mahl und sank zufrieden in das weiche Gras zurück. Müdigkeit überwältigte ihn beinahe, als er plötzlich wieder hell wach auf den Hinterläufen saß und prüfend die Luft in die weit geblähten Nüstern ein sog. Irgend etwas war hier faul, dachte er, machte sich auf die Pfoten um ein wenig herum zu laufen. Weit kam er jedoch nicht, denn in diesem Augenblick erbebte die Erde so heftig, dass er sich beinahe nicht auf den Füßen halten konnte. Instinktiv breitete er seine Schwingen aus und erhob sich in die Lüfte. Mit Hilfe seiner ihm ureigenen Drachenmagie, fand er schnell heraus, woher das Beben gekommen war, und schon machte er sich auf nach Tolun. *** „Das Siegel wurde erneut gebrochen!“ rief da auf ein Mal eine hektisch klingende Stimme, und ein kleiner leuchtender Stern erstrahlte ihm Fenstergeviert zum Besprechungsraum. Ihre Leuchten durchzog den Staub in der Luft, wie Sonnenstrahlen die dünneren Bereiche einer Wolke, wenn diese sich vor das Licht des Himmels schob. Doch blieb hier nicht das Licht an seinem Platze, sondern der Staub in der Luft. Luana, der gute Geist der Erde, war aufgeregt flatternd durch das Fenster herein geflogen und setzte sich nun völlig erschöpft auf die Hand Königin Taras, um Bericht zu erstatten. „Ehrwürdige Majestät, ich hatte Beobachtungsposten bei Wald der Dämonen bezogen, wie ihr es wünschtet. Lange Zeit ist nichts passiert, und ich dachte, ich könnte für einige Stunden meinen eigenen Interessen 355 - 356 - nachgehen. Wie töricht von mir! Ich habe das Portal aus den Augen gelassen. Als ich dann zurückkehrte, sah ich eine dunkle Gestalt, die sich am Portal zu schaffen machte. Zunächst dachte ich, er soll es nur versuchen, aber schaffen würde er es nie, doch ich irrte!“ Luana schien zu schluchzen. „Doch oh weh, er brauchte nicht lange, da war das Siegel gebrochen und ich wollte euch sofort Bericht erstatten. Doch ich konnte zunächst nicht fort. Der dunkle Magier würde meine Gestalt wahrnehmen können und mich möglicherweise vernichten.“ Luana schien um Luft zu ringen, obwohl sie ein körperloses Wesen, ein Geist war. „Aber liebste Freundin, ihr habt euch nichts vorzuwerfen.“ versuchte Tara sie zu beruhigen, und das schien auch ein wenig zu gelingen. Doch nicht für lange Zeit, den der Geist berichtete weiter: „Majestät, ich sah den dunklen Magier in das Portal gehen und verschwinden. Ich dachte mir; oh, gut, dann schmeiß ich die Tür hinter ihm wieder zu, und er bleibt wo er ist. Doch das funktionierte nicht, denn als ich mich aus meinem Beobachtungsversteck erhob um genau dies zu tun, kam mir aus dem Loch doch schon der erste Dämon entgegen. Nun sammeln sie sich erneut am Rande des Waldes, und angeführt werden sie von der Gestalt des dunklen Magiers.“ „Mein Sohn hat es also gewagt, die Tür zum Reich der Dämonen zu öffnen. Schlimm genug, dass es hier in Skataris einen Übergang in diese Dimension gibt, aber dass einer von uns dies jemals tun könnte...“ Elkah schien verwirrt und verwundert zugleich zu sein. „Wie oft habe ich meinen Söhnen gesagt, öffnet nie diese Dimension, sie ist der Welten Untergang.“ 356 - 357 - „Ich glaube,...“ begann Morgan, „dass ihr eure Nachkommen ganz schön unterschätzt habt, Herr.“ Ellimak tim Elkah sah ihn an und nickte zustimmend. „Aber zum Glück nur den Einen. Nur den Einen.“ Stille kehrte für einen kurzen Moment in dem Raum ein, dann kamen auf ein Mal Pagen, Männer und Frauen aus dem ganzen Palast in das Besprechungszimmer und begannen mit den Säuberungs- und Aufräumarbeiten. Tara, die die Nase vom Staub bereits gestrichen voll hatte, bat die Freunde ihr in einen anderen Raum zu folgen. „Was können wir tun?“ fragte sie, „Die Armee ist sehr geschwächt, und unsere Verbündeten sind längst wieder in ihre Territorien zurückgekehrt. Es würde Tage dauern, sie wieder hier her zu beordern. Mal ganz davon abgesehen, das „sie herzubeordern“ nicht grade das Mittel ist das ich unbedingt anwenden möchte. Schließlich sind es unsere Freunde.“ „Glaubt ihr nicht, dass sie freiwillig kommen werden?“ wollte Antonius wissen. Der junge Chronist schien überaus besorgt ob der Dinge die nun schon wieder auf ihn zuzukommen schienen. „Doch gewiss, junger Freund. Kommen werden sie. Die Frage ist nur, werden sie rechtzeitig hier eintreffen können?“ versuchte sie ihm zu erklären. Das Flappen großer, schwerer Flügel war über dem Palast zu hören, und kurz darauf betrat Gwyn den neuen Besprechungsraum. „Schönen Gruß aus dem Reich der Dämonen, meine Damen und Herren. Die stinkenden Mistkäfer sind wieder auf dem Vormarsch.“ begrüßte er die Anwesenden. 357 - 358 - „Ja, dir auch einen schönen, guten Tag, Gwyn!“ antwortete Alex und trat zu dem großen Drachen. „Ah, es ist schön, euch wohlbehalten wiederzusehen, mein Freund.“ sprach der Blaugeschuppte und legte dem Menschlein vor ihm eine schwere Klaue auf die Schulter. „Ebenso, mein Freund. Doch sagt, was führt euch zu uns, euer Instinkt für das Böse das ihr unbedingt bekämpfen wollt, oder euer untrügliches Gespür für einen guten Braten, mit dem ihr euren Eingeweiden mal wieder etwas Gutes tun wollt?“ fragte ihn der Drachenritter. Gwyndragsil druckste ein wenig herum, so als wisse er nicht was er sagen solle, doch dann meinte er nur ganz ehrlich: „Ach wisst ihr, nichts gegen das Essen hier im Palast. Es ist immer ganz köstlich.“ bei diesen Worten blickte er zu Königin Tara und grinste so breit wie dies für einen Drachen möglich war, „Aber ich hatte heute bereits eine ausreichende Mahlzeit. Also wird es wohl der Kampf gegen das Böse sein das mich herführte. Ich habe mir auch gleich erlaubt, einen kleinen Rundflug über den Wald und die angrenzende Gegend zu machen, und ich bin sicher, es wird euch nicht erfreuen, was ich gesehen habe.“ fügte er seiner Erklärung noch hinzu. „Die Dämonen haben zwar nicht mehr die zahlenmäßige Stärke wie beim letzten Mal, und sie konnten auch keine Menschen als lebende Zielscheiben einsetzen, da die Bevölkerungsstruktur in dieser Gegend noch immer sehr ausgedünnt ist, Aber dafür scheinen sie einen neuen Verbündeten zu haben, der ihnen wohl große Macht zuspricht.“ berichtete er weiter. „Ihr Verbündeter ist mein Sohn, großer Drache.“ sagte 358 - 359 - Ellimak, trat nun hervor und verbeugte sich vor dem Drachen. Bislang hatte Gwyndragsil ihn noch nicht bemerkt, da er bei seinem Eintreten schräg hinter ihm gestanden hatte. Doch nun, als der Mann zu ihm trat und sich vor ihm verbeugte, zog er den langen Hals ein wenig zurück und betrachtete den Fremden mit einem neugierigen Blick. „Seid gegrüßt, großer Gwyndragsil.“ begrüßte ihn der Magier. „Ellimak tim Elkah, was führt euch denn hier her?“ fragte der Drachen erstaunt. „Nun, ihr wisst es bereits. Es ist wegen meines Sohnes, Muk-Tar.“ „Oh, ist er der jenige welcher?“ fragte Gwyn und wies mit der Daumenklaue über die Schulter zum Fenster hinaus. Elkah nickte. „Dann sollten wir schnellstens etwas dagegen unternehmen. Ich konnte spüren, dass seine Macht sehr schnell wächst.“ gab der Drachen zu bedenken. Alex wand sich an ihn und meinte: „Irgend wie habe ich auch ein schlechtes Gefühl wegen ihm. Er gefiel mir schon von Anfang an nicht. Ich meine, als ich ihn zum ersten Mal sah. Aber sagt mal, alter Freund, ich habe so das Gefühl, dass ihr beiden euch schon länger kennt, oder irre ich mich da etwa?“ wollte Alex wissen. „Gwyndragsil war das erste Wesen, das ich in diese Welt gebracht habe.“ erklärte Ellimak. „Ja, und das ganze zweihundert Jahr lang. Kein feiner Zug von euch, Elkah.“ schimpfte er. Dieser zuckte mit den Schultern und meinte: „Tut mir ja aufrichtig leid, mein Freund, aber es dauerte leider etwas bis ich die nächsten Lebewesen fand die hier her zu passen schienen.“ versuchte er zu erklären, 359 - 360 - doch Gwyndragsil winkte ab und meinte, es sei nicht so wild gewesen. Schließlich hatte er in dieser Zeit ja auch die Möglichkeit gehabt, sich ohne böse Blicke auf sich zu ziehen, überall hin bewegen zu können. Doch nun hatten sie ein vorrangiges Problem, das es noch zu lösen galt. Königin Tara wies den alten Magier Agathon an, sich mit seinen Brüdern und Schwestern vom Zirkel der Magier in Verbindung zu setzen, und diese so schnell wie möglich hier her zu bitten. Der Alte antwortete, er habe dies bereits getan, als sie unter dem Tisch Schutz vor dem Erdbeben gesucht habe, und er und Antonius geradewegs in den Palast hinein spaziert waren. Luana wurde zu den Trollen und den Zwergen geschickt, und auf dem Rückweg sollte sie bei Rupert vom Thal vorbei flattern um auch ihm Bescheid zu sagen. Diese war einer der wenigen Momente, bei denen sowohl Alex wie auch Travis es vermissten, die Möglichkeiten der Telekommunikation ihrer Welten nutzen zu können. Niemand hätte geschickt werden müssen, ein Anruf hätte genügt. Kapitel 16: Die Entscheidung Etwa zwei Stunden später, hatten die Soldaten des Königreiches, so weit diese noch in der Stadt waren, vor den Toren Aufstellung genommen. Es waren nicht ganz Achthundert Mann. Snow und die anderen eingeschlossen. Vor etwa einer halben Stunde, waren drei weitere Magier im Palast aufgetaucht und entboten der Königin ihren Gruß und ihre Hilfe. Agathon war überrascht, zwei neue Gesichter in ihren Reihen zu sehen. Nun ja, so ganz neu 360 - 361 - waren sie für ihn nicht mehr. Er kannte sie bereits als Schüler. Aber nun mussten sie hier helfen und ihre Schulzeit war damit vorüber. Diese Schlacht würde ihre Feuertaufe werden. Viel zu früh wie Agathon so bei sich dachte. Sie waren ja noch Kinder. Am Horizont waren bereits die ersten Staubwolken der herannahenden Dämonenarmee zu sehen, und dem einen oder anderen Krieger des Königreiches wurde es bereits etwas unbehaglich. Es hatte ja auch nicht gerade lange gedauert, dass die letzte Schlacht gegen diese Untoten vorüber war. Nur einige wenige, ganz hart gesottene Burschen, saßen gemütlich an ihr Marschgepäck gelehnt auf dem Boden und wetzten ihre Klingen. Alex beneidete sie fast ein wenig, denn ihm selbst ging es auch ganz schön im Bauch herum. Gwyndragsil trat zu ihm und meinte: „Es ist Zeit für uns.“ „Ich komme.“ gab er zur Antwort und packte seine Habseligkeiten. Das Schwert verschnürte er am Sattel des Drachen, die Axt kam wie gewohnt auf seinen Rücken. Sein Blick schweifte über den Wüstenstreifen. Die Staubwolke war nun schon um einiges näher. Gedankenverloren blickte er ihr entgegen, da legte sich plötzlich eine Hand auf seine Schulter. Er drehte sich um. Ilya stand voll gerüstet vor ihm. „Dieses Mal werde ich dich nicht alleine lassen.“ begann sie. Doch als Snow etwas dazu sagen wollte, legte sie ihm nur die Fingerspitzen auf die Lippen und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss. Hmmmm, das hatte er schon lange vermisst, und am liebsten wäre es ihm, wenn er sie nun mit auf dem 361 - 362 - Drachen nehmen und mit ihr davon fliegen könnte. Aber das war leider nicht möglich. „Seid mein Gast, liebliche Nixe.“ brummte der blaue Drache, und mit dem Schnippen seiner Klauen, befand sich auf ein Mal ein doppelter Sattel auf seinem Rücken. Alex wollte es noch verhindern, doch da saß sie schon im hinteren Sattel und schnürte sich die Beine daran fest, damit sie die Arme zum kämpfen frei bewegen konnte. Alex sprang in den Sattel und schon ging es in die Luft. Sie waren noch nicht weit gekommen, da färbte sich der Himmel erst Purpur, dann lila und schließlich wurde er so dunkel wie bei Nacht auf der Erde. „Kannst du bei diesem Licht fliegen?“ fragte Alex den Drachen besorgt. „Kein Problem für mich. Wir Drachen verfügen über ein erweitertes Sehvermögen, das es uns ermöglicht, auch bei Dunkelheit noch genügend sehen zu können.“ erklärte er und zog weiter seine Kreise durch die warme Thermik, um höher in den Himmel aufsteigen zu können. Königin Tara wollte eben den Befehl zum Abmarschieren weiter geben, da zitterte erneut die Erde unter ihren Füßen, und der Himmel verfinsterte sich zusehends. Doch das Gefühl war ganz anders als zuvor. Zudem drang ihr mit einem Mal ein dumpfes Dröhnen an die Ohren, so als würde jemand in weiter Ferne eine gewaltige Pauke schlagen. Sich vorsichtig umblickend, konnte Tara die Besorgnis in den Gesichtern ihrer Männer erkennen, und auch diejenigen, die noch kurz zuvor ganz ruhig auf dem Boden saßen und ihre Schwerter schärften, waren aufgestanden und sahen sich mit besorgtem Blick um. 362 - 363 - Das Trommeln wurde zu einem Stampfen und die Lautstärke erhöhte sich ebenfalls. Auch das Erzittern der Erde verstärkte sich potenziell zur Lautstärke. Einige Leute wandten sich um und riefen plötzlich lautstark quer über den Sammelplatz. Tara schnappte sich Morgan und Mungo und ging dem Aufruhr entgegen. Hinter den Stadtmauern, die nur ungefähr 150 Meter hinter ihnen lagen, erhob sich ebenfalls eine gewaltige Staubwolke die schnell näher kam. Aufkommender Wind trieb sie vor den eigentlichen Verursachern einher, und verhinderte dadurch die Sicht auf die Herannahenden. Es dauerte nicht lange, dann hatte die Staubwolke die ersten Soldaten des Königreiches erreicht und überzog diese mit einem feinen, rötlichbraunen Überzug. Plötzlich hörte das Stampfen auf, und das Beben der Erde erstarb. Gebannt starrten alle auf die sich langsam setzenden Staubschwaden, da schälte sich eine riesige Gestalt aus ihrer Mitte und trat auf Königin Tara und ihre Begleiter zu. Die zunächst sichtbaren Umrisse waren furchteinflössend genug, um die Neuankömmlinge durchaus für eine Horde von Dämonen halten zu können, doch dann verzog sich der Nebel und man konnte Tara die Erleichterung durchaus ansehen, als sie erkannte, wer da angekommen war. „Norro Vet!“ rief sie erfreut, „Wie schön, euch zu sehen.“ Der König der Trolle, der die Sprache der Menschen zwar ein wenig verstand, diese aber nicht sprechen konnte, nickte nur kurz und wies dann mit seiner gewaltig großen Hand auf die Männer die hinter ihm angehalten hatten. Es war eine ganze Armee von Trollen. Mehr als Tara jemals zuvor gesehen hatte, und mehr als beim letzten Mal an der Schlacht gegen die Dämonen teilgenommen hatten. Wo hatte er die ganzen Männer 363 - 364 - her, fragte sie sich, und wie konnten diese so schnell hier sein?. „Egal“ verwarf sie den Gedanken. Wichtig war nur, dass sie hier waren. Sie würden eine große Hilfe für sie sein. Mittlerweise war es Nacht geworden über Tolun und dem Wüstenstreifen. Und hatte nicht erst das Zittern der Erde die Menschen hier auf dem Plan verunsichert, dann tat die Dunkelheit dies nun in ausreichender Form. Nacht, ein Begriff, der den Bewohnern dieses Landes seit langer Zeit entfallen war. Nacht gab es hier in Skataris nicht. Der orangerote Sonnestein leuchtete immer vom Firmament herab, egal welche Tageszeit es „oben“ war. Der Zirkel der Magier fand zusammen und gemeinsam erleuchteten sie die Flanken der königlichen Soldaten als diese abmarschierten und das angrenzende Schlachtfeld. Als jedoch die Armee der Dämonen in den Feuerschein eintrat, wirkten ihr Züge durch das flackernde Feuer weit bedrohlicher denn je. Die Flammen zu beiden Seiten schlugen hoch auf, als die Dämonen den freien Raum dazwischen besetzten. Angst schienen sie davor nicht zu haben. Die schwarze Gestalt in ihrer Mitte stoppte den Zug der Dämonen etwa zehn Meter vor der herannahenden Armee des Königreiches, an dessen Spitze Königin Tara, Travis Morgan und Mungo el Sarif, sowie sein Vater Ellimak tim Elkah standen. „Wie ich sehe, habt ihr euch Hilfe geholt, um unser Spiel fertig zu spielen, Vater!“ rief der Anführer der Dämonen spottend über den Platz. „Nicht weniger als du für dich in Anspruch nimmst, Sohn!“ rief Elkah zurück. „Doch wisse, du hattest das Spiel 364 - 365 - selbst beendet. Also weshalb sollte ich nun noch mit dir streiten?“ „Oh nein!“ brüllte der andere herüber. „Ich stand nur im Schach, ich hätte einen Ausweg finden können!“ „Deine Situation war ausweglos, mein Sohn. Du brachtest diese Menschen hier zu uns und hast gefährdet, wonach wir immer strebten. Nämlich den Menschen ein Leben zu gewähren das von unserer Einmischung ausgeschlossen bleibt. Wir greifen nur ein, wenn eine Einmischung unumgänglich ist!“ „Ach ja, weshalb habt ihr dann nicht eingegriffen, als die Dämonen diese Welt hier mit ihrer Bösartigkeit überfluteten? Wäre es hier nicht auch notwendig gewesen?“ „So ist es. Die Menschen und die ihnen zur Verfügung stehenden Mächte in dieser Dimension waren durchaus ausreichend, die Dämonen in ihre Schranken zurück zu verweisen.“ „Jaaa! Doch zu welchen Preis? Wie viele mussten ihr Leben lassen beim Kampf mit ihnen?“ maulte der Jüngere. „Ach komm, spiel hier doch nicht den Moralapostel, MukTar. Sieh dich doch erst einmal selbst an. Woher stammen denn deine Begleiter? Hast du sie nicht eben aus der ach so unmöglich wieder verschließbaren Dimension geholt, in die sie diese Menschen zurück befördert hatten? Sie waren durchaus selbst dazu in der Lage gewesen und benötigten meine Hilfe nicht. Die natürliche Evolution wurde gewahrt. Und wenn du jetzt auf andere Konflikte anderer Welten anspielen willst, so sei dir gesagt, dass dort das gleiche gilt wie hier. Wir mischen uns nur ein wenn es unumgänglich ist!“ brüllte der alte Magier nun zurück. 365 - 366 - Die Dämonen hinter seinem Sohn hatten die Worte gehört und manch einer ließ eine üble Bemerkung über die Einmischung der „Allmächtigen“, oder sie fuchtelten mit ihren ungleichmäßig langen Gliedmaßen wild in der Luft umher. Sie spotteten über die Prinzipien. Der Sohn wischte die Erklärungen seines Vaters mit einer Handbewegung beiseite und befahl den Schergen des Todes die Menschen anzugreifen. Er wollte die Nachfolge um jeden Preis erringen. Doch kaum hatten die Dämonen einen Fuß vor den nächsten gesetzt, da bildeten sich in der Mitte des Schlachtfeldes zwei hell leuchtende Strudel und entließen zwei Personen die ebenfalls von Kopf bis Fuß schwarz gewandet waren. Auch ihre Gesichter waren durch übergroße Kapuzen verhüllt. Muk-Tar breitete die Arme aus und brachte so den Vormarsch der Dämonenbrut zum Stoppen. „Was wollt ihr denn hier?“ rief er den beiden Neuankömmlingen entgegen. „Es war an der Zeit, dass wir kommen.“ antworteten sie ganz lapidar und gesellten sich zu Ellimak tim Elkah. Der nahm dies äußerlich ungerührt zur Kenntnis, freute sich aber innerlich sehr darüber, die beiden Söhne an seiner Seite zu wissen. Ellimak stellte die beiden den Menschen als seine Söhne von zweiter und dritter Geburt vor. Mao-Tin, der Zweitgeborene, war von untersetzter, fast schon kräftiger Gestalt. Als er seine Kapuze wie sein Vater nach hinten über den Kopf schob und sein Gesicht preis gab, wusste ein jeder, dass er zu seinem Vater halten würde. Sein Schädel war kahl und blank poliert wie eine Billardkugel. Die Augen lagen tief verborgen hinter zwei schmalen Schlitzen, und sein buddähnliches 366 - 367 - Grinsen strahlte beruhigende Freude aus. Doch an Körpergröße fehlte es ihm ein wenig, denn er war gut einen Kopf kleiner als sein Vater. Sein Drittgeborener, der ebenfalls Ellimak mit Namen hieß, kam seinem Vater in Aussehen und Größe durchaus nach. Einzig die Jahre die er weniger zählte als der alte Magier, unterschieden dem Mann vom Meister. „Nun, da wäre die Familie ja wieder vereint! Fehlen bloß noch unsre Mütter, nicht wahr? Ach ja, ich vergaß... Die leben ja nicht mehr. Wie dumm von mir!“ spottete MukTar. Um seine Finger herum blitzen auf ein Mal gleißend helle Lichtkegel auf, die er sofort auf seine Brüder warf. Ellimak der Jüngere konnte durch eine Drehbewegung seines Oberkörpers dem Geschoss entgehen, doch sein jüngerer Bruder war wegen seines Körpergewichtes nicht so behände gewesen. Die Energiekugel traf ihn mit voller Wucht und schleuderte ihn einige Meter weit nach hinten, wo er mit einigen Soldaten des Königreiches zusammen stieß und brennend liegen blieb. „Neeeiiin!“ schrie Ellimak tim Elkah auf und wollte seinem Sohn zu Hilfe eilen, doch für die Dämonen war dies das Angriffssignal gewesen, worauf hin die zwei Fronten aufeinander los stürmten. Der junge Ellimak musste seinen Vater festhalten, damit er nicht nach hinten zu seinem verlorenen Sohn rannte und die Menschen durch sein Handeln im Stich lassen würde. Doch er war der große Ellimak tim Elkah. Er besann sich auf sein Wesen und schluckte, wenn auch nicht ohne den bitteren Beigeschmack des Verlustes, seinen Schmerz hinunter und begann wild mit den Armen zu rudern. Seine Söhne wussten was nun kam, und Ellimak, der Jüngere, rief 367 - 368 - eine Warnung zu den Menschen und Trollen hinüber. Sie mussten sofort in Deckung gehen. Doch Muk-Tar hörte diese Warnung auch. Sein Blick suchte den Vater und sah die sphärische Brisanz die sich in der Luft bildete. Ihm blieb nur wenig Zeit, einen wirkungsvollen Gegenzauber zu aktivieren. Nein, ihm blieb keine Zeit mehr. Einzig ein Schild aus Energie würde der Gewalt des Zaubers den sein Vater in der Luft dort spann, entgegen wirken können. Muk-Tars Lippen formten das Wort Mauer, und sogleich errichtete sich ein fast zehn Meter breiter Energieschild vor dem jungen Magier. Einige Dämonen, die nicht begriffen was hier geschah, liefen schnurstracks in die Mauer hinein und wurden von der Energie sofort zurück geworfen. „Bleibt ruhig!“ rief Muk-Tar ihnen zu, als er bemerkte, dass sie die Wand überaus störend fanden. Sein Blick wand sich wieder nach vorne, wo er gerade noch sehen konnte wie sein Vater den gewirkten Zauber frei ließ. Eine bläuliche Energiewelle setzte sich von seiner Person aus in Bewegung und wallte ringförmig von ihm ab. Die Menschen und die Trolle, waren dem Alarmruf des jungen Magiers sofort gefolgt und hatten sich auf den Boden geworfen. Dies hatte zur Folge, dass die Dämonen mit denen sie eben noch gekämpft hatten, nun über ihnen standen und schon siegreich grinsten. Doch nun sahen sie die schnell näher kommende Energiewelle und wussten nicht so recht was sie tun sollten. Einige ignorierten den Zauber, weil sie sich derart in einem Rausch des Tötens befanden, dass sie sich nicht bremsen konnten. Ihre Gegner starben grausam dahingeschlachtet. Doch auch ihren Mördern erging es nicht anders, denn nun erreichte die Welle die Reihen 368 - 369 - der Dämonen. Das bläuliche Licht hüllte die Unmenschen ein und verzehrte ihr stinkendes Fleisch, brannte es von den deformierten Knochen, durchlöcherte diese und fraß sich in das Knochenmark voran. Die Nervenbahnen leiteten den Schmerz direkt ins Gehirn der Bestien weiter, wo das Denken dem Gefühl Ausdruck verleihen konnte. Doch sie hatten keine Zeit mehr zu schreien, denn das Feuer hatte ihre Kehlen längst erreicht und die Stimmbänder zu Asche verbrannt. Der Schildwall hielt. Muk-Tar grinste. Seine Dämonenarmee hatte sich bei Sichtung der Vorgänge auf dem Schlachtfeld vor ihnen, schnell hinter die Energiemauer zurück gezogen, und so waren die meisten von ihnen verschont geblieben. Nichtsdestotrotz, hatte die Tat des alten Magiers nur eines bei den Dämonen verursacht. Sie waren nun wütend. Zuvor, zu der Zeit als Muk-Tar sie aus ihrem Gefängnis befreit hatte, waren sie nur dankbar gewesen, eine weitere Chance bekommen zu haben, erneut gegen die Menschen und ihre Verbündeten kämpfen zu dürfen. Doch nur waren sie wütend. Ihr Blutdurst schwoll ins Unermessliche. Ellimak tim Elkah war sehr geschwächt nach diesem Angriffszauber. Er hatte sich einen Augenblick auf den Boden gesetzt um zu verschnaufen. Sein Ältester kniete neben ihm nieder. „Geht es euch gut, Vater?“ fragte er mit besorgtem Blick. Der alte Mann legte ihm eine Hand auf die Schulter und tätschelte sie ein, zwei Mal. „Es geht schon wieder, mein Sohn. Geh, hilf den Menschen. Sie brauchen uns jetzt mehr denn je.“ 369 - 370 - Sein Sohn nickte und erhob sich wieder, um dem Wunsch des Vaters Folge zu leisten. Hoch über der Ebene vor Tolun, zog der große, blaue Drache seine Kreise. Er wartete auf die fliegenden Dämonen die zweifellos kommen würden, um ihn und seine Reiter auszuschalten. Gerade in dem Moment als er die ersten Flieger aufsteigen sah, sah er auch den Angriff des schwarzen Magiers der Dämonen. Das Durcheinander war perfekt, als der Zauber Ellimaks die Dämonen nacheinander dahin raffte. Der herannahende Flugdämon, hatte ebenfalls seine Aufmerksamkeit auf die Situation unter sich gerichtet, da schlug Gwyndragsil zu. Seine Klauenfüße bohrten sich in den weichen, aufgedunsenen Leib des Dämonen und rissen ihn in Stücke. Die Gefährten des Flugdämons sahen das und stürzten sich seinerseits auf den blauen Drachen. Alex und Ilya hielten ihre Bögen schon bereit. Doch nicht alle Geschosse trafen ihr Ziel. Alex konnte gerade noch rechtzeitig seine Axt vom Rücken nehmen, bevor sich einer der fliegenden Dämonen auf ihn stürzte. Mit den Füssen voran, krallte sich das Wesen in das Sattelzeug des Drachen und schlug mit den klauenbewehrten Händen um sich. Da Ilya nicht direkt hinter Snow saß, hatte Alex genügend Platz, um mit der Axt auszuholen und zuschlagen zu können. Ilya wehrte indes weitere Flugdämonen mit ihrem Bogen ab. Sie ließ Pfeil um Pfeil von der Sehne schnellen, bis ihr Köcher leer war. Dann ließ sie den Bogen fallen und wartete auf den direkten Angriff. Unterdessen hatte Snow bereits drei weitere fliegenden Kreaturen abgewehrt, und sein Arm wurde langsam müde. Die Axt wog so schwer in seiner Hand wie noch nie. 370 - 371 - „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir es dieses Mal mit mehr fliegenden Dämonen zu tun haben als beim letzten Mal.“ rief er über die Schulter. „Ja, das scheint mir auch so.“ gab ich Ilya recht und schlug dabei einem der Kreaturen den Schädel entzwei. Unten, auf dem Boden, hatten die Kämpfe ebenfalls zugenommen. Die Knäuel der Krieger waren kaum noch auseinander zu halten, und das anfängliche Glück der Königlichen hatte sich langsam aber sicher gewendet. Die Magier leisteten was sie konnten, und waren teilweise dem Erschöpfungszustand näher denn dem richtigen Leben. „Vater!“ rief Ellimak der Jüngere, „Vater, sie sind zu stark! War sollen wir tun?“ „Weiter kämpfen, mein Sohn, weiter kämpfen! Etwas anderes bleibt uns nicht übrig. Muk-Tar stärkt die Dämonen mit seiner Kraft. Das können die Menschen und Trolle auf keinen Fall alleine bewältigen!“ rief er zurück. Er sah die Verzweiflung in den Augen seines Ältesten. Ellimak war es nicht gewöhnt so hart kämpfen zu müssen. Keiner von ihnen war daran gewöhnt. Er musste sich schnellstens etwas einfallen lassen. Die Zeit drängte ihn schon. Würden sie hier und heute nicht bestehen, würde Skataris für immer vergehen. Gwyn hatte eben eine aufsteigende Thermik verlassen um wieder an Höhe zu gewinnen, da hörte er auf ein Mal einen Ruf in seinen Gedanken der ihn hinab zu den anderen rief. Ohne groß darüber nachzudenken, stürzte er sich vornüber und rauschte mit irrer Geschwindigkeit in Richtung Boden, wodurch Snow und Ilya alle Mühe hatten, sich im Sattel festzuhalten. „Gwyn, was ist los?“ wollte Alex wissen. „Wir müssen landen. Sofort!“ gab Gwyndragsil zurück. 371 - 372 - „Ja gut. Aber weshalb?“ „Keine Ahnung. Aber ich erhielt eben einen Hilferuf von Elkah. Das alleine ist schon ausreichend wichtig.“ „Okay, dann lande!“ „Bin schon dabei.“ Gwyndragsil breitete knapp über dem Boden die Schwingen zu voller Länge aus und nahm somit die gesamte Geschwindigkeit ihres Sturzfluges auf. Mit einem leichten Hopser setzten sie nahe der Frontlinie auf dem weichen Sand des Wüstenstreifens, der sich von Tolun bis zum Dunklen Wald zog, auf. Ellimak tim Elkah befreite sich mit einem machtvollen Hieb, einer Art magieunterstützter Kinnhaken, von seinem derzeitigen Gegner und begab sich schnellen Schrittes zu dem Drachen hinüber. Seine beiden Reiter hatten sich bereits vom Sattelzeug losgebunden und kämpften gegen mehrere Dämonen, die sich nach ihrer Landung sogleich auf sie gestürzt hatten. „Gwyndragsil, wir müssen diese Sache hier so schnell wie möglich beenden, sonst geschieht das unvermeidliche Unheil doch noch.“ „Welches Unheil, Meister Elkah?“ wollte der Drache wissen, denn er hatte immer noch keine Ahnung von was der alte Magier da sprach. Elkah sah sich kurz um. Er hatte eigentlich keine Zeit, sich jetzt mit einer längeren Erklärung aufzuhalten, doch da kam ihm eine Idee. Er sprach ein paar Worte in einer recht merkwürdig klingenden Sprache und wischte mit der Hand von Links nach Rechts durch die Luft. Ein leises Surren erfüllte die Luft, und plötzlich blieb ein jeder der sich im Umkreis von mehr als fünfhundert Metern befand, einfach so stehen, wie er sich eben bewegt hatte. Das Schlachtfeld mutierte zu einer Parade grotesk 372 - 373 - aussehender Statuen die man willkürlich so auf den Plan gestellt hatte. Einzig Ellimak und Gwyndragsil blieben beweglich. Der Drache sah sich verblüfft um. Solch einen Zauber hatte selbst er noch nicht in Erwägung gezogen. „Diesen Trick müsst ihr mir unbedingt beibringen, alter Freund.!“ schmeichelte er dem alten Magier. Doch sogleich richtete sich seine Aufmerksamkeit auf eine andere Person. Nein, auf mehrere Personen, denn er hatte aus dem Augenwinkel heraus eine Bewegung unter den Kämpfenden wahrgenommen. Aus der Verwirrung der zu Statuen gewordenen Menschen auf dem Schlachtfeld, löste sich zunächst eine Gestalt, dann eine weitere. Es waren die Magier des Zirkels die da auf sie zu kamen. Ellimaks Zauber hatte wohl keine Wirkung auf sie gehabt, denn sie bewegten sich völlig normal und zielgerichtet auf sie zu. „Keine schlechte Idee, diese Zeitbremse. Aber lange wird sie nicht mehr anhalten.“ meinte Agathon als er heran war. „Ja leider. Aber... aber weshalb seid ihr nicht darin gefangen? Es müsste eigentlich jeder außer meinem direkten Gegenüber davon betroffen sein.“ wollte Ellimak wissen. „Nun, das liegt wohl daran, dass wir uns eben mit einem Schutzzauber umgeben hatten, um nicht Gefahr zu laufen, von einem der magisch begabten Dämonen zu Hackfleisch verarbeitet zu werden. Wie mir scheint, war unser Schutz stark genug.“ „Nun gut, da ihr nun einmal da seid, kann ich euch ebenso gut mit einweihen.“ brummt Elkah. „Einweihen? Worüber?“ fragte einer der jungen Magier des Zirkels. 373 - 374 - „Meine Söhne und ich, sind nicht aus irgendwelchen lapidaren Gründen hier.“ begann Elkah. „ Es wurde Zeit, dass wir kamen. Ich spürte die Macht meines Sohnes Muk-Tar stetig wachsen, und ich sorgte mich um das Wohlergehen der Menschen die ich in den verschiedenen Dimensionen zurück gelassen hatte. Hinzu kommt, dass ich nicht mehr der Jüngste bin, und dass somit die Auswahl meines Nachfolgers anstand. Muk-Tar war meine erste Wahl, weil ich in seiner Stärke noch keine Gefahr sah. Eher ein Bild meiner Jugend. Und so beschloss ich, sie zu prüfen. Es war Muk-Tars Wunsch die Prüfung mit einem Spiel zu beginnen. Bei euch wird dieses Spiel „Schach“ genannt. Während wir spielten, bemerkte ich seine wachsenden Ungeduld, sein Drang zu herrschen und die weit stärker ausgeprägte Ungestümtheit seiner Jugend. Ich hatte ihm zwar Schach geboten, doch er wollte nicht aufhören und bedrohte mich mit seiner Macht, also holte ich mir Hilfe. Eure Helden waren genau die richtigen für diese Aufgabe. Sie verfügten zwar nicht über die Kraft der Magie, aber sie sind gewitzt, schnell und intelligent, und zudem sind sie ausgezeichnete Krieger. Ich war mir sicher, ihnen würde etwas einfallen, um mir zu helfen. Und ich hatte recht. Wir konnten vor meinem Sohn hier in Skataris ankommen. Doch leider hatten wir nicht mehr die Zeit, etwas vorzubereiten. Wie ihr selbst gesehen habt, ist seine Macht ausgesprochen stark, und wenn wir nicht schnell handeln, wird er die Menschen hier, die Menschen in der Stadt und schließlich die Lebewesen in ganz Skataris vernichten. Und das nur, um seinen Machtansprüchen Nachdruck zu verleihen.“ 374 - 375 - „Dann sollten wir hinüber gehen und ihn jetzt töten, solange er sich noch nicht bewegen kann.“ brachte sich Gwyndragsil mit ein. „Das geht leider nicht.“ meinte Elkah darauf hin. „Weshalb nicht?“ fragte einer der jungen Magier. „Das Anhalten der Zeit hat zur Folge, dass sich ein jeder der darin gefangen ist, in einer Art zeitlich richtig gestellter Umhüllung befindet. Dieser, ich will es eimal als Kokon bezeichnen, schütz die Person vor Einflüssen von Außen. Wir könnten ein Schwert hindurch stoßen, und die Klinge hinten wieder herkommen sehen, aber die Person bliebe unverletzt. Verliert der Zauber seine Wirkung, befindet sich die Person automatisch wieder in ihrem zeitlich richtigen Rahmen. So als wäre nichts passiert.“ Die Anwesenden grübelten im Folgenden über die Möglichkeiten nach, die ihnen ihre Macht bot, doch sie kamen auf keinen recht grünen Zweig. „Man müsste unsere Macht noch stärker bündeln können wie wir das eh schon tun. Aber ich weiß nicht wie wir das machen können. Unsere Kräfte sind beinahe erschöpft.“ meinte Agathon dann. „Eure Macht kann nicht mit der meinen verbunden werden, da beide auf völlig anderen Grundprinzipien arbeiten, Agathon. Aber grundsätzlich ist diese Idee nicht schlecht. Die Frage ist nur, wie machen wir das am besten.“ erklärte Ellimak. Gwyndragsil der ein paar Schritte hinter Elkah stand, räusperte sich, und meinte dann als er die Aufmerksamkeit aller hatte: „Was ist mit mir? Ich bin ebenfalls ein magisches Wesen, und ich bin älter als alle anderen hier in Skataris. Meine Magie arbeitet nicht auf den Grundelementen der Erde 375 - 376 - wie die der Magier des Zirkels.“ Er blickte Elkah scharf an, so als wolle er fragen; Na, wie steht es damit? Ellimak grübelte ein wenig darüber nach, dann kam er zu einem Entschluss: „Mir schein, ihr habt Recht, Gwyndragsil. Eure Macht könnte wohl mit der meinen zusammenarbeiten. Doch wie vereinen wir sie. Die Energie die wir freisetzen müssen, um die Dämonen restlos zu besiegen, muss überaus stark und gebündelt sein. Es reicht nicht aus, dass ich einen Zauber wirke und Ihr den euren obenauf setzt. Eine gegenseitige Wirkung könnte dabei entstehen. Irgend wie müsste ich meine Energie in euch hinein bringen und dort mit der euren verbinden können.“ meinte er. „Hm, ich könnte euch fressen.“ scherzte der Drachen. Agathon und die Magier des Zirkels lachten, doch Ellimak schien weiterhin ernst, und sah merkwürdig drein. „Diese Idee ist gar nicht so schlecht.“ murmelte er und grübelte weiter darüber nach. Gwyndragsil und die anderen dachten sie hätten sich verhört, doch als sie sahen, mit welchem Ernst der alte Mann dies ausgesprochen hatte, wurde ihnen ganz anders zumute. „Das ist nicht euer Ernst, Elkah?“ fragte Agathon sein Gegenüber. „Nun, wenn ich es mir recht überlege... Doch! Seht mal, ich bin schon weit über sechzehntausend Jahre alt. Natürlich nach eurer Zeitrechnung. Meine Zeit ist vorüber. Was glaubt ihr denn, weshalb ich diese Sache mit der Nachfolge mit meinen Söhnen begonnen habe? Ich bin nicht mehr der Jüngste und meine Kräfte schwinden zusehends. In einem Körper wie dem von Gwyndragsil, einem Körper der länger leben und mehr aushalten kann wie mein eigener, könnte meine Magie, 376 - 377 - nein, unsere Magie, eine ganz neue Dimension erlangen. Gwyndragsil könnte unglaubliches vollbringen. Und euer Dämonenproblem wäre damit auch beseitigt.“ „Ihr seid ja völlig von Sinnen, Elkah!“ rief einer der anderen Magier. „Nein, mein junger Freund, ganz gewiss nicht. Oder wisst ihr eine bessere Möglichkeit?“ Der Angesprochene schüttelte den Kopf. Er wusste also keine andere Möglichkeit. Aber dennoch war das Wahnsinn, was der Mann da vor hatte. „Wer sagt uns, dass es funktionieren wird? Ich meine, der Drache könnte euch fressen, und die Energie die in euch wohnt, könnte sich einfach so verflüchtigen. Was dann?“ „Euer Zweifel ist nicht unbegründet. Wissen werden wir das nicht. Aber ihr wisst selbst, dass von euch auf andere übertragene Kraft, stets zu euch zurückkehrt sobald die Aktion beendet ist, für die die Übertragung notwendig war. Ich könnte meine Kraft also auf den Drachen übertragen. Frisst er mich in diesem Augenblick, kann die Macht nicht mehr zu mir zurückkehren und wäre somit an Gwyndragsil gebunden, da sie Übertragung noch aktiv war.“ „Das ist zwar einleuchtend, aber es wäre uns schon lieber, wenn wir das erst einmal ausprobieren könnten.“ „Eure Bedenken in allen Ehren, Agathon. Doch wir haben keine Zeit mehr.“ Elkah wand sich um und wies mit der Hand auf die erstarrten Leiber einige Meter weiter. Manche konnten sich schon wieder ein wenig bewegen. „Wenn diese Starre aufgehoben ist, wird es nicht einmal mehr zwei Tage dauern, bis von Skataris und seinen Lebewesen nichts mehr übrig ist. Glaubt mir, das ist die Wahrheit. Und glaubt mir auch dies; Ich bin sehr darauf aus, den Freitod zu sterben. Ganz und gar nicht. Aber wenn es notwendig ist, und ich sehe keine andere 377 - 378 - Möglichkeit mehr, dann ist besser ein Leben zu opfern, als das Leben vieler aufs Spiel zu setzen, wenn man genau weiß wie die Sache zu Ende gehen wird.“ Er trat einen Schritt vor und zog eine Pergamentrolle aus seinem Ärmel und hielt sie Agathon hin. Der sah mit sehr gemischten Gefühlen auf das Papier. „Gebt dieses Pergament bitte meinem Sohn dort drüben. Er wird wissen was damit zu tun ist. Und sagt ihm bitte, dass ich sehr stolz auf ihn bin, und dass er nicht um mich trauern soll. Mein Geist und meine Kraft wird ein Teil von Gwyndragsil werden und ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen.“ er sah zu dem Drachen, „Oh, keine Angst, mein Freund. Ich werde mich nicht in eure Entscheidungen einmischen können. Dennoch werdet ihr meine Präsenz spüren können. Hoffe ich.“ „Habt ihr euch das wirklich gut überlegt?“ fragte Gwyn nach. „Ja, das habe ich. Zumindest so gut wie es für diese etwas kurze Zeit möglich war.“ er atmete tief durch. „Wollen wir beginnen?“ fragte er schließlich. „Wann immer es euch beliebt.“ gab der Drachen zurück. Ellimak wand sich noch ein Mal kurz an die anwesenden Zauberer: „Wenn ich mit Gwyndragsil vereint bin, wird die Zeitsperre automatisch aufgehoben und alle sind wieder völlig beweglich. Ich werde mit Gwyndragsil sogleich einen entsprechenden Zauber wirken, dem ihr nicht im Wege stehen solltet. Dies meine ich nicht im wörtlichen Sinne wie ihr euch sicherlich denken könnt. Bitte wirkt zu dieser Zeit keine eigene Magie. Aber haltet euch bereit, für den Fall dass unsere Magie nicht richtig wirkt, oder gar versagt.“ erklärte er ihnen, „Das wäre alles. Lebt wohl, meine Freunde, und ein langes Leben euch allen.“ 378 - 379 - Elkah ging zu Gwyndragsil hinüber und stellte sich ihm direkt gegenüber. Er sprach noch ein paar leise Worte mit dem Drachen und begann dann eine Zauberformel zu rezitieren und einige Symbole mit den Fingern in die Luft zu schreiben. Langsam baute sich ein hell leuchtende Aura um seinen Körper herum auf, die immer strahlender wurde. Kurz darauf war das Licht so gleißend, dass man mit bloßem Auge nicht mehr hinein sehen konnte. Die dunkle Nacht wurde fast zum Tage, da verwandelte sich Gwyndragsil in einen gewaltig großen Drachen, sperrte den Rachen weit auf und verschlang den Magier mit einem großen Bissen. Augenblicklich wurde es wieder dunkel, Gwyn wurde wieder kleiner und die Krieger um sie herum begannen sich wieder zu bewegen. Alex und Ilya waren ebenfalls aus ihrer Starre erwacht und sahen sich ein wenig verwirrt um. „Was ist geschehen?“ fragte sie, meinte aber niemand bestimmtes. Gwyndragsil wand sich um und meinte: „Keine Zeit mehr für Erklärungen. Stellt euch hinter mich und wartet ab was geschieht. Schnell!“ rief er. In seinem innersten Inneren spürte der Drache wie er an Stärke gewann. Etwas kribbelte in ihm, so als habe er eine Million Ameisenhügel mit samt ihren Bewohnern verputzt. Doch es war kein schlechtes Gefühl. Und plötzlich hörte er eine Stimme in seinem Geist die zu ihm sprach: „Es ist Zeit mein Freund. Wir müssen den Zauber wirken.“ Die Vereinigung hatte also funktioniert. Aber würde auch der Zauber funktionieren? 379 - 380 - Gwyndragsil drehte sich zu den Kämpfenden um und setzte sich auf die Hinterläufe. Seine blauen Schwingen waren nur halb an den Körper angelegt. Er sog tief die Luft des warmen Tages ein, spreizte die Arme zu ihrer vollen Breite und rezitierte nur einen einzigen Begriff: „Agrapunekrum!“ Seine krallenbewehrten Klauen begannen hell aufzuleuchten, fast so hell wie der alte Magier kurz zuvor. Dann, mit einer Geschwindigkeit, die das menschliche Auge fast nicht mehr nachvollziehen konnte, führte er die Klauen zueinander und klatschte ein Mal laut. Dadurch wurde die Energie freigesetzt und raste auf die Kämpfenden zu. Die Energiewelle hüllte alles ein und tötete alles was nicht menschlich oder ein Troll war. Die Dämonen lösten sich förmlich in Luft auf und waren von einem auf den anderen Augenblick verschwunden. Ellimak der Jüngere erkannte was geschehen war, und musste sich nur noch um seinen Bruder kümmern, der mit verdutzt dreinschauendem Blick sich auf dem Schlachtfeld hin und her wand. Ellimak betäubte ihn mit einem Energiestoß und befahl dann einigen Soldaten, den Bruder zu fesseln und zu knebeln. Damit war sein Handeln extrem eingeschränkt. Zumindest für eine ganze Weile. Mit einer Handbewegung förderte er einen Zeitwirbel zu Tage und bat die Soldaten ihn hinein zu werfen. Zunächst sahen sie sich nur mit fragendem Blick an, doch dann taten sie was sie tun sollten. Der Wirbel schloss sich hinter Muk-Tar wieder, und Stille konnte für einen Moment auf dem Plan eintreten. Agathon und die Magier des Zirkels traten zu Ellimak und übergaben ehrfurchtsvoll die von seinem Vater erhaltene Schriftrolle. Ellimak nahm sie, betrachtete die 380 - 381 - verschnörkelten Schriftzeichen auf der Oberfläche und bedankte sich bei den Überbringern mit einer Verbeugung. Die heraufbeschworene Nacht, wich dem sonnigen Tag der für die Bewohner dieser Welt so wichtig war. „Meine Augen sahen was geschah, und meine Ohren nahmen wahr, was zu hören war. Ich hege gegen niemanden einen Groll deswegen, denn es war meines Vaters eigener Entschluss. Ich werde einige Zeit benötigen, bis ich den Anweisungen meines Vaters gerecht werden kann, aber dann werde ich zurückkehren und wir werden reden.“ dann wand er sich an Königin Tara, die eben mit Travis Morgan und Mungo el Sarif zu ihnen getreten war. „Eure Welt ist wieder sicher, Königin Tara. Ich hoffe, dass wie euch eine willkommene Hilfe waren.“ Tara nahm die ihr entgegengestreckte Hand in die ihren: „Wir sind euch für immer dankbar für eure Hilfe, und euer Verlust berührt uns schmerzlich. Ich hoffe ihr werdet ihn bald überwunden haben und uns wieder besuchen. Ihr seid immer willkommen in Skataris.“ „Das ist sehr freundlich von euch, Majestät. Ich werde gerne einmal wiederkehren. Lebt wohl, Majestät.“ und zu den anderen, „Lebt wohl ihr alle. Mögen eure Wege stets hell erleuchtet und sicher sein!“ Dann öffnete er erneut den Wirbel und trat davor. Er warf noch einen kurzen Blick über die Schulter zu dem Drachen hin und nickte. Dann verschwand er in der Zeit und ward nicht mehr gesehen. Die Aufräumarbeiten waren schnell erledigt. Agathon und seine Mitglieder vom Zirkel kümmerten sich im Dunklen Wald um das Portal zur Welt der Dämonen. Als sie dort 381 - 382 - angekommen waren und einen Blick hinein warfen, konnten sie Tausende von toten Dämonen dahinter liegen sehen. Elkahs Magie hatte sich also auch auf diese Welt ausgewirkt. Um jedoch sicher gehen zu können, das nicht doch noch weitere Dämonen durch das Portal kamen, verschlossen sie es mit der besten Magie, die sie wirken konnten. Dieses Portal sollte nie wieder geöffnet werden können. Einige Tage später, Gwyndragsil war mit Alex und Ilya von der Drachenritterburg in den Bergen zurück zum Palast gekommen, um dort ein wenig Entspannung und Gesellschaft zu erfahren, saßen Snow und die Wassernixe einmal mehr, gemeinsam in der großen, hölzernen Badewanne im angrenzenden Raum ihres Schlafgemaches. Ilya hatte sich gemütlich mit dem Rücken an Snows Brust geschmiegt und summte eine leise Melodie, die Alex noch nicht kannte. Sie hatte die Augen geschlossen und genoss die Wärme des klaren Wassers und die zärtlichen Berührungen seiner Hände. Heute hatte sie ihren Körper unter Kontrolle, und war nicht zu der Nixe geworden die sie sonst wurde, wenn sie mit Wasser in Berührung kam. Denn nur so konnten beide die Zärtlichkeit des anderen ohne Einschränkungen genießen. Snow rückte den hölzernen Schemel auf dem er saß ein wenig nach vorne. Seine Hände umfassten Ilyas Hüften und hoben sie leicht an. „Dreh dich um.“ flüsterte er ihr zu und sie tat es. Beim Hinsetzen spürte sie seinen erregten Körper und sie wusste worauf er hinaus wollte. Vorsichtig, um ihm nicht weh zu tun, setzte sie sich auf sein erregtes Glied und begann sanft mit den Hüften zu arbeiten. Ein 382 - 383 - unbeschreiblich schönes Gefühl erfasste beide. Sie umarmten sich, küssten sich, und bewegten sich im langsamen Rhythmus der leiblichen Melodie die sie kurz zuvor noch gesummt hatte. Eine der beide Zofen, die wie immer ein Stück weiter hinter einem dicken Vorhang darauf warteten, dass die beiden dem Bade wieder entstiegen, hatte die Melodie aufgenommen und sang nun ein leises Lied. Sie wusste genau was dort hinter ihrem Rücken geschah, und das spornte sie an, denn das entzückte Stöhnen der beiden Liebenden war ihr nicht entgangen. Es würde sicherlich noch eine ganze Weile dauern, bis sie mit ihrer Kollegin das Bad beseitigen und den Raum aufräumen konnte, doch diese Zeit genoss sie fast genau so intensiv wie die beiden dort in ihrem Zuber. Einige Stunden später, man hatte im großen Saal zusammen mit den Freunden gespeist, verabschiedeten sich Alex und Ilya von den Freunden und begaben sich zu Bett. Einige Minuten sprachen sie noch miteinander, dann kuschelte sich die blauhäutige Nixe sanft an Snows Brust, und schon bald waren beide eingeschlafen und träumten von schönen Dingen. 383 - 384 - Das letzte Kapitel Die Dunkelheit schien nicht so lange anzuhalten wie Alex es zunächst erwartet hatte. Gut, er konnte nach wie vor noch nichts sehen, aber sein Geist arbeitete bereits wieder. Ein leiser, dünner Piepton drang scheinbar immer näher an sein Ohr, ähnlich dem Summen eines lästigen Insekts, das einem in schwülen Sommernächten immer um die Ohren schwirrte und sein Opfer nicht schlafen lies. Ganz automatisch schlug Snow mit der Hand nach dem Störenfried. Doch statt den ungebetenen Gast zu verscheuchen, traf er nur sein eigenes Ohr. Ungewollt. löste diese Berührung eine körperweite Reaktion bei ihm aus. Seine Haut signalisierte ihm aus verschiedenen Bereichen die unterschiedlichsten Kontakte. Gefühle der Realität, die er sonst als selbstverständlich abgetan hatte, erregten nun seine unterbewusste Aufmerksamkeit. Er fühlte Schweiß in den Haaren und am Genick. Er fühlte die Nässe seines Hemdkragens und die stetig zunehmende und daher unangenehme Kühle des Stoffes auf seiner Haut. Seine Füße rieben sich nackt aneinander, obwohl er sich nicht im mindesten daran erinnern konnte, wo seine Stiefel abgeblieben sein konnten, denn ausgezogen hatte er sie nicht. Der Arm, mit dem er die lästige Fliege verscheucht hatte, fühlte sich kalt und klamm an, so als habe sie Stunden lang bei niedrigen Temperaturen irgend wo herumgelegen. Automatisch zog er den Arm unter die warme Decke und bemerkte, dass er eigentlich nicht nur im Nacken, sondern am ganzen Körper schwitzte. Er lag im Bett. 384 - 385 - Moment mal, dachte er sich. Er konnte sich nicht im mindesten daran erinnern wann er ins Bett gegangen war. Merkwürdig, dachte er und versuchte die Augen zu öffnen. Ein bläulicher Schimmer durchbrach seicht das tiefe Schwarz der Nacht. Der NACHT ! In Skataris gab es keine NACHT! Seine Gedanken begannen herumzuwirbeln und weckten ihn langsam mehr und mehr auf. Eine böse Vorahnung machte sich in ihm breit, und er hoffte im Stillen, dass er nicht schon wieder Raum und Zeit gewechselt und damit seine Freunde und sein derzeitiges Leben erneut verloren hatte. Langsam hob er die Hände zum Gesicht, drehte sich auf den Rücken und rieb sich die Augen. Der blaue Schimmer wurde deutlicher. Er stammte von einer Lichtquelle die sich außerhalb des Raumes befinden musste und daher nur durch kleine Schlitze in der Wand zu seiner Rechten herein leuchten konnte. Seine Augen gewöhnten sich nur mühsam an die Lichtverhältnisse, doch allmählich konnte er einige Dinge in dem Raum ausmachen in dem er sich befand, und ihm dämmerte mit Schrecken, was passiert war. Er griff mit der Hand über den Kopf und fand was er vermutet hatte. ein Druck mit dem Daumen lies eine Lampe aufleuchten und erhellte den Raum mit einem dürftigen gelben Lichtkegel. Er schlug die Decke zurück mit der zugedeckt war und erhob sich. Vorsichtig ging er durch die sich direkt vor ihm befindliche Türe in den kleinen Flur. Seine Hand fand fast automatisch den Schalter für das Licht und betätigte ihn. Er wand sich nach links und ließ auch dort das Licht aufleuchten. Seine Hand fuhr über die Möbel, Kein Staub; zumindest nicht mehr als hätte man eine Woche nicht geputzt. Es war sein Wohnzimmer, 385 - 386 - seine Wohnung, und sie sah aus als habe er sie niemals verlassen. Keine dicken Staubwolken die in der Luft schwebten wenn man über den Boden ging, Keine mit Brettern vernagelten Fenster, kein zusammengestürztes Treppenhaus, das ihm den Ausgang verwehrte. Und da, war das nicht die Hupe eines Autos das draußen gerade vorüberfuhr? Er trat an die Wand durch die der blaue Lichtschimmer einfiel und sah dass es ein Fenster war, vor dem ein Rollladen herabgelassen war. Vorsichtig, jedes unnötige Geräusch vermeidend, zog er die Jalousie nach oben. Draußen, hinter dem Glas, herrschte tiefschwarze Nacht. Von den zwei Straßenlaternen und der Beleuchtung der benachbarten Tankstelle einmal abgesehen. Sie war es auch, die diesen bläulichen Schimmer in seinem Schlafzimmer erzeugt hatte. Ohne eine weitere Reaktion seines Körpers zu verursachen, wand er sich ab und schlüpfte in seine Hose und ein T-Shirt, die beide über einem Stuhl an der Seite seines Bettes lagen. Die volle Beleuchtung seiner Wohnung ignorierend, öffnete er die Türen und trat hinaus ins Freie. Weit hinter ihm zurück, fast so als befände es sich noch in den entfernten Winkeln seines Geistes, hörte er noch immer das piepende Geräusch aus seinem Schlafzimmer das, so vermutete er, ein Wecker war. Er ignorierte es einfach und ging weiter. Nächtliche Kälte zog ihm durch die Fußsohlen die Beine hinauf und machten das Gehen bald schon unangenehm. Ein Blick nach unten zeigte ihm, dass er vergessen hatte sich Schuhe anzuziehen. Hätte er nur seine Stiefel gehabt, würde er nicht frieren. Egal wohin sein Blick sich wand, überall schien alles heil zu sein. Die Häuser waren nicht mehr zerstört, die Straßenzüge glatt und geteert, und kein Unkraut 386 - 387 - wucherte mehr aus den aufgerissenen Schlitzen des Straßenbelages. Einige Minuten später war er an einer kleinen Wiese angelangt, und seine nackten Füße nahmen das wohlige Gefühl der kleinen, kitzelnden Grashalme war. Langsam lies er sich danieder sinken und streckte sich auf dem satten Grün aus, ganz so wie er es in Skataris oder einer der anderen Welten getan hatte, wenn sich die Möglichkeit dazu bot. Es war dunkler hier, und so konnte er im fast schwarzen Blau des Himmels Hunderte von Sternen sehen. Er war wieder zu Hause, und alles schien so als sei nie etwas passiert. Hatte er das alles nur geträumt? Ein kleiner Ausflug in die Zukunft... 258 Jahre später Fiona Maddigan trat auf den kleinen Balkon des alten und längst nicht mehr in Betrieb stehenden Kontrollzentrums des Arecibo Observatoriums in Puerto Rico, und sog die kühle, klare Nachtluft tief in ihre vom Zigarettenqualm strapazierten Lungen. Die gewaltige Schüssel mit mehr als hundert Metern Durchmesser tief unter ihr, war längst nicht mehr weiß. Wilde Kletterpflanzen und anderer Urwaldbewuchs hatte sich längst einen Lebensraum auf der einst so glatten Oberfläche des Radioteleskops erkämpft. Und auch der in über sechzig Meter Höhe darüber hinweg reichende Antennenund Steuerungsteil war von den Kletterpflanzen erobert worden. Heute sah er schon mehr einem natürlich gewachsenen Übergang von einer Seite der Schlucht zur anderen aus, würden in der Mitte nicht 387 - 388 - meterlange Antennen und sonstige, Auswüchse aus dem Grün hervor ragen. metallene Seit einundzwanzig Jahren lebte sie zusammen mit ihrem Mann Ross und ihren Kindern Jake und Maria hier, weil man in den zerstörten Städten dieses Landes, eigentlich jeden, süd- und mittelamerikanischen Landes, keine Wohnung bekam. Die Menschen dieser Zeit hausten in verfallenen Häusern und Ruinen. Nur in den großen, reichen Städten Nordamerikas und Europas, gab es noch Wohnkultur alten Standards wie sie vor 500 Jahren, im 21. Jahrhundert noch existierte. Und natürlich auf den Raumstationen des Mars und den fernen Interplanetarischen Raumbasen des ehemaligen Wirtschaftsverbundes der vereinigten Planeten. Doch wie viele davon noch existierten war fraglich. Der Mars und der Mond waren seit dem großen Meteoritenregen von 2223 nur noch ein Trümmerhaufen. Tage später schlugen Hunderte von Meteoriten auf der Erde ein und veränderten ihr Gesicht nachhaltig. Nicht genug dass es schon fast hundert Jahre zuvor eine für die Menschheit fast tödliche Katastrophe gegeben hatte, und wenn man heute, 34 Jahre später, nicht über genügend Geld verfügte, oder dem Militär angehörte, war das Leben eben auf die einfachste Art und Weise reduziert. Fionas Blick schweifte über die Millionen Sterne am Nachthimmel. Eine sanfte Brise umwehte ihre immer noch schlanke und straffe Figur, die sich eine andere Frau in ihrem Alter, sie war nun fast 60 Jahre alt, nur sehnlichst wünschen konnte, und setzte ihr langes, weißes Nachthemd in weichen Wellen in Bewegung. Sie hörte leise Schritte hinter sich, drehte sich jedoch nicht um. Ross stand hinter ihr, das wusste sie, und umfasste 388 - 389 - sie sanft mit seinen starken Armen. Der fast zwei Meter große Mann überragte sie um einen ganzen Kopf, und sie liebte es, wenn er sie sanft an seine immer noch mit dicken Muskeln bepackte Brust drückte. Eigentlich hatte sie nie auf Männer gestanden die Bodybuilding betrieben, doch bei Ross war das etwas anderes gewesen. Als einstiger Spitzensportler und ehemaliger Olympiasieger im Zehnkampf, war er schon mit fünfzehn ein gewaltiges Muskelpaket gewesen. Aber er hatte einen Abschluss in organischer Physik und Biogenetik an der Bosten University erlangt und als Klassenbester abgeschlossen. Eine Zeit lang arbeitete er in einem Labor des Militärs, das sich auf die Untersuchung außerirdischer Biomasse spezialisiert hatte. Dort hatten sie sich kennen und lieben gelernt, bis er auf einmal krank wurde und seine Arbeit aufgeben musste. Einige Jahre lang konnten sie sich von ihrem Ersparten noch über Wasser halten, doch dann rutschten sie zusehends ins Abseits der menschlichen Gesellschaft. Fiona, die ebenfalls Biogenetik studiert hatte, forschte damals an einem Genmanipulationsprogramm, mit dem man menschliche DNA mit der von bestimmten Pflanzen kreuzen können sollte. Doch die Forschung war nicht von Erfolg gekrönt. Nachdem der Abstieg vorprogrammiert war, zogen sich die Beiden hier her zurück, und betrieben seitdem ihre eigenen Forschungen. Irgendwann gelang es ihnen die entsprechenden DNA Sequenzen zu isolieren und mit der von Ross Blut zu kombinieren. Die ersten Auswüchse waren fatal und hätten ihren Mann beinahe umgebracht, doch mit der Zeit und unerbittlichem Ehrgeiz, gelang ihnen das Unglaubliche. Ross Maddigan kam wieder zu Kräften. Mehr noch. Mit jedem Tag seiner neu erlangte Lebensenergie wurde er stärker und stärker. Aber auch 389 - 390 - grüner. Seine Haut nahm nach und nach eine satte, grüne Farbe an, bildete feine, kurze Härchen auf der Oberfläche, die jeden Wassertropfen, Schmutz, ja sogar Ölfarbe einfach abperlen ließen. Fehlte nur noch, dass seinem schwarzgrün schimmerndes Haar bei Tage leuchtend bunte Blüten entwuchsen. Seine Gangart und wie er sich sonst bewegte, und vor allem sein Gesicht, hatten etwas katzenhaftes an sich. Und wenn er den Mund öffnete der sich zwischen zwei leicht nach vorne verschobenen Kiefern befand, konnte man deutlich die Ansätze von Reißzähnen im vorderen Teil seines Gebisses erkennen. Fiona und ihm, war das egal. Sie liebte ihn so wie er war. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen seine Brust und empfand seine Wärme als wohltuend. Ross umschlang ihre schlanken Körper, beugte sich kurz zu ihr hinab und küsste ihre Stirn als sie zu ihm hinauf sah. Ein bläulichgrüner Lichtblitz, gefolgt von einem rötlichen, zuckte plötzlich über den Nachthimmel, dort wo sich die Deichsel des großen Wagens befand. Es folgten noch einige andere Lichtblitze, weiße, gelbe doch die Roten waren die größten. Das Schauspiel dauerte fast zwanzig Minuten, dann war es endlich vorbei. „Hast Du das gesehen?“ fragte sie ihren Mann. „Ja.“ antwortet er etwas zögerlich. „Was das wohl war? Polarlichter?“ „Nein, wir sind zu weit südlich. Keine Ahnung, aber wenn etwas dort stattfand wo wir es sahen, muss es schon lange, lange Zeit vorbei sein, denn das Licht braucht Jahrzehnte, wenn nicht sogar Jahrhunderte, bis es von dort aus bei uns zu sehen ist.“ Fiona schmiegte sich wieder an ihn und meinte: 390 - 391 - „Hmm, dann bin ich ja beruhigt.“ Sie schmiegte sich einmal mehr an seine Brust und atmete tief durch. Ein Moment des Schweigens verging, dann fragte sie auf ein Mal: „Du sagtest eben, wenn es da geschah wo wir es sahen. Heißt das, dass du weißt wo das ist?“ Ross hob den Blick zum Himmel empor und betrachte die Sterne. Dann schob er Fiona ein Stück von sich und legte ihr den Arm auf die Schulter. Mit der anderen wies er gen Himmel. „Siehst du die Sterne dort...“ sein ausgestreckter Finger beschrieb eine kleine Schlangenlinie. „... Das ist das Sternbild des Drachen, genannt Draco. Einst, vor vielen Hundert Jahren stand dieses Sternbild weit im Norden. Man sagt, es sei zirkumpolar. Das bedeutet, es ist ein Sternbild, das um den Himmelsnordpol herum steht und niemals untergeht. Rechts und links davon siehst du den Großen und den Kleinen Bären. Alle drei konnte man damals nur von weiter oben auf der nördlichen Halbkugel aus sehen. Doch nach den großen Sonneneruptionen von 2120 und dem kosmischen Elektronensturm, der 2121 durch unser Sonnensystem gezogen war, hat sich die Neigung der Erde geändert, die Klimazonen verschoben sich, und wir haben im Winter Schnee, und im Sommer freie Sicht auf die Sternbilder des einstigen Nordens.“ erklärte er ihr. Fiona sah ihn bewundernd an und fragte ihn, woher er soviel darüber wisse. Ross zog sie wieder an sich und meinte er habe während ihrer Experimentierphase ausreichend Zeit gehabt einige Bücher zu lesen. Vor allem Bücher, die er hier in Arecibo gefunden hatte. Die Beiden blieben noch einige Minuten auf dem Balkon stehen und genossen die klare Nachtluft. Doch dann fröstelte es Fiona, und sie gingen zurück zu ihrem 391 - 392 - Schlaflager, das sie im ehemaligen Kontrollzentrum auf einer kleinen Empore eingerichtet hatten. „Ich kann mich da an die Geschichte eines meiner entfernten Vorfahren erinnern,“ begann Ross, „er war ein junger Mann und lebte zu der Zeit in Deutschland, du weißt schon, das Land, das einst zu Europa gehörte. Es liegt jetzt dort oben im hohen Norden, ist von ewigem Eis bedeckt und bildet seit 2121 unseren neuen Nordpol Dem Typen passierten damals wirklich seltsame Dinge. Mysteriöse Dinge.“ Fiona sah ihren Mann an und wollte fragen was denn damals passiert sei, doch Ross schüttelte nur den Kopf und legte sich auf ihr Lager nieder. Wirklich merkwürdige Dinge, ging es ihm noch Mal durch den Kopf. Ende des 3. und letzten Buches 392