Kernfusion

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Kernfusion
Kernenergie kann freigesetzt werden durch die Verschmelzung von zwei leichten Kernen zu einem schwereren. In der später folgenden Graphik mit der Bindungsenergiekurve entspricht dem der Bereich links vom Kurvenmaximum. Die Energie, die Sterne
abstrahlen, stammt von solchen Fusionsreaktionen in ihrem Inneren.
Eine künstliche Kernfusion wurde erstmals in den dreißiger Jahren durchgeführt, indem ein Ziel, das Deuterium – das Wasserstoffisotop mit der Masse 2 – in einem Zyklotron mit hochenergetischen Deuteronen (Deuteriumkernen) beschossen wurde.
27 Kilometer beträgt der Durchmesser des riesigen Elektron-Positron-Speicherringes
LEP des Kernforschungszentrums CERN bei Genf, in dem atomare Teilchen auf
Höchstgeschwindigkeiten beschleunigt und anschließend zur Kollision gebracht werden, um Aufschluss über elektroschwache Wechselwirkungen zu erhalten.
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Für die Beschleunigung des Deuteronenstrahles war sehr viel Energie erforderlich, es
wurde jedoch keine nutzbare Energie gewonnen. Bei den Tests von Atomwaffen in
den Vereinigten Staaten, in der ehemaligen Sowjetunion, in Großbritannien und Frankreich wurden in den fünfziger Jahren erstmals große Mengen an Fusionsenergie unkontrolliert freigesetzt. Eine so kurze und unkontrollierte Freisetzung kann allerdings
nicht für die Erzeugung von elektrischem Strom genutzt werden.
Im Tokamak-Versuchsreaktor der Princeton University in New Jersey wurden 1993 bei
einer kontrollierten Kernfusion Temperaturen gemessen, die denen im Sonnenkern
entsprechen.
Bei Kernspaltreaktionen kann sich das Neutron, das keine elektrische Ladung besitzt,
leicht einem spaltbaren Kern nähern und mit diesem reagieren, z. B. mit Uran 235. Bei
Fusionsreaktionen haben jedoch beide Kerne eine positive elektrische Ladung, und
die elektrische Abstoßung (gleiche Ladungen stoßen sich ab) zwischen ihnen, die so
genannte Coulombabstoßung, muss überwunden werden, bevor sie verschmelzen
können. Dies ist möglich, wenn die Temperatur des reagierenden Gases ausreichend
hoch ist: 50 bis 100 Millionen °C. In einem Gas aus den schweren Wasserstoffisotopen Deuterium und Tritium läuft bei dieser Temperatur die Fusionsreaktion
ab, wobei ungefähr 17,6 Megaelektronenvolt pro Fusionsvorgang freigesetzt werden.
Die Energie liegt zunächst als kinetische Energie des Helium-4-Kernes und des Neutrons vor, wird aber unmittelbar darauf als Wärme an das Gas und in die umgebenden
Materialien abgegeben.
Wenn der Druck des Gases ausreicht – bei diesen Temperaturen reicht ein Druck von
10-5 Atmosphären, also nahezu Vakuum –, kann der energiereiche Helium-4-Kern
seine Energie auf das umgebende Wasserstoffgas übertragen, wodurch die hohe
Temperatur erhalten bleibt und somit eine Kettenreaktion möglich wird: Man spricht
dann von einer Kernzündung.
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Die grundlegenden Probleme bei der Schaffung von Fusionsbedingungen sind: (1) das
Gas auf die erforderlichen hohen Temperaturen aufzuheizen und (2) eine ausreichende Anzahl von reagierenden Kernen lang genug einzuschließen, um die Abgabe von
mehr Energie zu ermöglichen, als für die Aufheizung und den Einschluss des Gases
verbraucht wird. Weitere Probleme sind die Entnahme dieser Energie und ihre Umwandlung in Elektrizität.
Bei Temperaturen über 100 000 °C sind alle Wasserstoffatome vollständig ionisiert.
Das Gas besteht aus einer nach außen elektrisch neutralen Masse von positiv geladenen Kernen und negativ geladenen freien Elektronen. Dieser Zustand der Materie wird
als Plasma bezeichnet.
Ein Plasma, das ausreichend heiß für eine Fusion ist, kann nicht mit gewöhnlichen
Materialien zusammengehalten werden. Es würde sehr schnell abkühlen, und die Gefäßwände würden bei diesen Temperaturen verdampfen. Da jedoch das Plasma aus
geladenen Teilchen besteht, kann es durch ein Magnetfeld zusammengehalten werden.
Die Kernbindungsenergie pro Nukleon (Proton oder
Neutron) ist abhängig von der Anzahl der Nukleonen in
den Elementatomen. Diese Abhängigkeit ist hier graphisch dargestellt. Je höher ein Element in der gezeigten
Kurve steht, desto beständiger sind seine Atomkerne.
Soll eine Fusionsanlage als Kraftwerk arbeiten, muss die
gewonnene Energie größer sein als die Energie, die für
den Einschluss und die Aufheizung des Plasmas eingesetzt wird.
Zahlreiche Formen des magnetischen Einschlusses sind seit
1950 erprobt worden. Thermonukleare Reaktionen sind schon
beobachtet worden, eine kontrollierte Energiegewinnung gelang
jedoch nicht, da die Lawson’sche Zahl selten den Wert 10 12
überschritt. Ein Anlagentyp – der so genannte Tokamak, dessen
Prototyp in der Sowjetunion von Igor Tamm und Andrej Sacharow entworfen wurde – liefert seit den frühen sechziger Jahren
ermutigende Ergebnisse.
Die Einschlusskammer des Tokamak hat die Form eines
Torus (Kreisringes). Ein starkes, ringförmiges Magnetfeld
wird durch große, hochleistungsfähige Elektromagnete in
der Kammer aufgebaut. Es ist etwa 100 000mal so stark
wie das Erdmagnetfeld. Durch Transformatorspulen wird im
Plasma ein Längsstrom von mehreren Millionen Ampere
induziert. Das dadurch aufgebaute Magnetfeld schließt das
Plasma ein.
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Nach dem erfolgreichen Betrieb von kleinen Tokamaks in mehreren Laboratorien wurden in den frühen achtziger Jahren zwei große Anlagen gebaut, eine an der Universität Princeton in den Vereinigten Staaten und eine in Russland. Im Tokamak entstehen
die hohen Plasmatemperaturen durch die Aufheizung infolge des Widerstands des
sehr starken Ringstromes. In den neuen großen Anlagen erfolgt eine zusätzliche Aufheizung durch den Beschuss mit neutralen Strahlen, wodurch die Zündbedingungen
hergestellt werden sollen.
Ein weiterer möglicher Weg zur Gewinnung von Fusionsenergie ist der Trägheitseinschluss. Bei dieser Technik ist der Brennstoff – Tritium oder Deuterium – in einer winzigen Tablette enthalten, die aus allen Richtungen mit intensiven Laserstrahlen beschossen wird. Dadurch wird eine Implosion der Tablette verursacht, die eine thermonukleare Reaktion auslöst und so den Brennstoff zündet.
1991 wurde im JET-Laboratorium (JET = Joint European Torus) in England erstmals
eine bedeutende Energiemenge, etwa 1,7 Megawatt, aus kontrollierter Kernfusion gewonnen. Im Dezember 1993 benutzten Forscher an der Universität von Princeton einen Tokamak-Fusionsversuchsreaktor für eine kontrollierte Kernfusion mit einer Energieerzeugung von 5,6 Megawatt. Allerdings benötigten sowohl JET als auch der Tokamak-Fusionsversuchsreaktor während ihres Betriebs mehr Energie, als sie erzeugten.
Nach acht Jahren Bauzeit ging Anfang April 1998 in Japan eine der größten Fusionsanlagen der Welt in Betrieb. Mit dieser Anlage (Large Helical Device, LHD) sollen zunächst die Bedingungen für Plasmazündung und Dauerbetrieb getestet werden, wobei
als Plasmakomponenten normaler Wasserstoff und Deuterium zum Einsatz kommen.
Die Experten gehen dabei davon aus, dass sich die gewonnenen Erkenntnisse auf
den Prozess mit Deuterium und Tritium übertragen lassen. Eine noch größere Anlage
(Wendelstein 7-X) entsteht derzeit am Max-Planck-Institut Greifswald.
Wenn Fusionsenergie wirtschaftlich einsetzbar wird, bietet sie folgende Vorteile:
(1) einen unbegrenzten Brennstoffvorrat in Form von Deuterium aus dem Meer,
(2) Reaktorunfälle sind unwahrscheinlich, da die Brennstoffmenge im System sehr gering ist, (3) und ferner sind Abfallprodukte sehr viel weniger radioaktiv und einfacher zu
handhaben als jene von Kernspaltanlagen. Die Fortschritte in der Fusionsforschung
sind vielversprechend, aber die Entwicklung von nutzbaren Systemen wird – zumal die
Forschung sehr kostenintensiv ist – wahrscheinlich noch Jahrzehnte dauern.
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