Der österliche Rasselbock … heuer schon am 1. April gesichtet? 31.3.10 Rasselbock-Mythos …. Der Rasselbock (früher auch Raspelbock) ist in großen Teilen Mitteleuropas zu Hause. Er heißt so im flachen Osten und Norden Deutschlands, wird aber in Hessen auch Tipptapp (oder: Dilldapp), in Bayern Wolpertinger (oder: Oibadrischl), in Österreich Raurackl und in der französischen Schweiz Dahu genannt. Die in der Neuen Welt vorkommende Varität Jackalope entstammt vermutlich einigen auf der südlichen DillFlussaue gefangenen Exemplaren, die zur Zeit des nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieges von in Diensten der britischen Krone stehenden hessen-kasselschen Soldaten ausgesetzt wurden. Das Ziel war damals, die gegnerischen Kolonisten zu verwirren. Es wurde bekanntlich verfehlt. Das seltsame Geschöpf gilt den meisten Menschen heute als Fabelwesen, dessen Steckbrief, Abbild oder Präparat man häufig in Forsthäusern, Jagdhütten, Wildgaststätten und ähnlichen Einrichtungen antrifft. Es handelt sich dabei meist um einen ausgestopften Karnickel- oder Feldhasenkopf, dem das Geweih eines Rehbocks aufgesetzt ist (s. Nachtrag 1). Südlich des Weißwurstäquators neigt man bei seiner Darstellung zu heftiger Übertreibung - wen wundert’s - und fügt noch Entenflügel, Watschelfüße … hinzu. Um den bekannten deutschen Fernsehmoderator GÜNTER JAUCH endlich einmal aus der Fassung zu bringen (weil: der bleibt bekanntlich immer so verdammt cool!) wurde kürzlich Rasselbock & Co. sogar ein eigenes Quiz (s. Nachtrag 3) gewidmet. … und Wirklichkeit Nur wenige Eingeweihte wissen jedoch: In der Unterart Hirculus crepans flachlandensis kommt dieser außergewöhnliche hasenähnliche Trug-Nager auch bei uns vor! Körperbau und (Miss)Töne Der Gemeine Tiefland-Rasselbock besitzt ein sehr dichtes, glänzendes, auf dem Rücken dunkel gesprenkeltes Fell von gelblich-silbergrauer Farbe. Er ist dadurch aus der Ferne einem Miniaturlöwen nicht unähnlich, kann wiederum durch seine hoppelnde Fortbewegung sowie Größe vom heimischen Ameisenlöwen gut unterschieden werden. Die Kopf-Rumpf-Länge misst beim ausgewachsenen Tier 60 bis 80 cm – es kann dabei bis 4 kg schwer werden. Wer größere Exemplare sichtet, sollte unbedingt ausnüchtern, oder es handelt sich um einen schwer vom Fleisch gefallenen Rehbock. Im Gegensatz zum gewöhnlichen „Meister Lampe“ trägt der pelzige Geselle auf der Stirn zwei, in seltenen Fällen jedoch nur ein „Hörnchen“. Sind es jedoch in Ausnahmefällen drei, wurde er von seiner Geiß „gehörnt“. Diese schmutzig-braunen Stangen werden aber nicht - wie beispielsweise beim Rehbock - jährlich abgeworfen, sondern bleiben bis zum Lebensende dort sitzen, wachsen und wachsen … Die überdimensionalen, vom Rasselbock-Kenner Lichter genannten, Augen sind mit annäherndem Rundum-Blick ausgestattet und großartig an das Leben im Dunkeln angepasst. Aber auch durch seine sehr langen drahtigen, bei eitlen Tieren manchmal zu einem „Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Bart“ verzwirbelten Tasthaare links und rechts der Schnuppernase verfügt unser Hasen-Reh über einen ausgezeichneten Orientierungssinn - selbst in stockfinsterer Nacht. Sich diese Eigenschaften im Rahmen der Bionik vor allem militärisch nutzbar zu machen hat der Mensch in den 1950-ern während des Kalten Krieges vergeblich versucht; erst heute leisten moderne Nachtsichtgeräte Vergleichbares. Wenigstens fällt die Verfolgung des Trug-Nagers aus diesem Grund nun weg, jedoch muss weiter mit Nachstellungen (vergleiche dazu den Abschnitt Bejagung) habgieriger Chefköche gerechnet werden, die ihn zum berüchtigten „falschen Hasen“ verarbeiten wollen. Vom Reh, das bekanntlich „schreckt“ (manche hören heraus: „bellt“), kann der Rasselbock stimmlich leicht durch seine schleimig-heiser-röchelnden Knurrlaute unterschieden werden. Lebensweise und Vermehrung Das ausschließlich nachtaktive Tier hält sich tagsüber in einer „Ruhepfanne“ im undurchdringlichen Wald-Dickicht auf. Aufgrund dieses markanten Habitats sind Verwechslungen mit „Dachhasen“ oder „Stallhasen“ nahezu ausgeschlossen. Brombeer-, Himbeer- oder Weißdornhecken werden für die Anlage seiner Wohnkuhle, auch Sasse genannt, bevorzugt – Hauptsache ist: stachelig geschützt! Sein extrem dichter, nach dem Prinzip mittelalterlicher Schuppenpanzer aufgebauter, Balg schützt den Rasselbock wirksam vor Verletzungen beim Einund Ausfahren (das ist dem Bergmannsjargon nachgeäfftes Rasselbock-Deutsch für: Rein- und Rauskriechen). Der Rasselbock vermehrt sich eierlegend - wie sonst in europäischen Säugerkreisen nur noch der Osterhase! Einmal in zwei Jahren legt die Rasselgeiß (niemals „-zippe“!) 1 - 2 strahlend-weiße Eier in ihre Sasse. Da solches Verhalten bei Säugetieren sonst nur in Australien (sowie Neuguinea) vorkommen, liegt die Vermutung nahe, der britische Seefahrer JAMES COOK habe ihn einst zu uns mitgebracht, als er 1770 die Ostküste des kleinen Kontinents erforschte. Die Brutzeit ist mit fünf bis sieben Wochen außergewöhnlich lang. Ist der Schlupfmoment heran gekommen, sind den kleinen Dotterschwimmern auf der Stirn winzige knöcherne Zacken gewachsen, aus denen sich später die „Hörner“ entwickeln. Damit ritzen die dann auch Wald-Rasslinge genannten Winzlinge ihre Ei-Schalen von innen auf und bahnen sich somit den Weg ans Licht. Die Lebenserwartung beträgt 12 bis 15 Jahre – so alt wird kein Hausschwein! Nahrung Als Allesfresser ernährt sich der Rasselbock von Würmern, Schnecken oder Käfern, verzehrt aber auch gern Kräuter, Wurzeln, Beeren und Pilze. Nach Angaben aus München allerdings frisst er ausschließlich preußische Weichschädel. Dieses Gerücht dient jedoch wohl der Kompensierung bayerischer Minderwertigkeitskomplexe, die aus der letzten Schlacht des sogenannten Mainfeldzugs am 26. Juli 1866 bei Üttingen herrühren, als die preußischen Pickelhauben über die mit Österreich verbündete bayerische Armee siegten. Bejagung Zur Jagd auf den Rasselbock gibt es unterschiedliche Ansichten. Geläufig ist die hinterhältige „Mondschein-Kartoffelsack-Kerzenlicht-Lockjagd“ (s. Nachtrag 2). Dabei wird in der Nähe der Sasse bei vollstem Vollmond ein Sack geöffnet und eine nichttropfende, sorgfältig geschützte Kerze (Waldbrandgefahr!) neben dessen Öffnung gestellt. Der durch das Kerzenlicht angelockte Vierbeiner kann dann mit Hilfe eines Stocks in den Sack getrieben werden. Andere Leute meinen hingegen: Ein Rasselbock kann ausschließlich von einem gutaussehenden Mädchen gefangen werden, das sich bei (vollstem) Vollmond vertrauensvoll in die Obhut eines kräftigen jungen Mannes begibt, der den richtigen Platz an einem moosbedeckten stillen Waldrand kennt. Warnung! Das alles sind jedoch jägerlateinische Lügenmärchen! Der scheue Rasselbock geht dem Menschen grundsätzlich aus dem Wege. Wird er dennoch einmal überrascht, kann sich besonders das alte erfahrene Tier mit seinem mächtigen, weil niemals abgeworfenen und somit immer weiter wachsenden Geweih wirkungsvoll zur Wehr setzen. Die von dem gehörnten Vierbeiner für uns ausgehende Gefahr ist jedoch wesentlich geringer als die Möglichkeit, auf der Autobahn zu verunglücken! 2 Der wichtigste Grund dafür: Das Hasen-Reh ist extrem zeitfenster-orientiert. Es kann vom Menschen überhaupt nur beobachtet, zu einem blitzlicht-gestützten Fototermin gestellt (oder gar gefangen) werden, wenn Ostern auf Vollmond sowie den ersten April fällt. Das ist bekanntlich nur sehr selten der Fall, und wird 2010 knapp verfehlt. Eigentlich schade! Für Mitteilung von aus Zufallsbeobachtungen herrührenden ergänzenden Hinweisen (auch kritischer Art) wären wir dankbar! Klaus Radestock [email protected] 3 Nachträge: Nachtrag 1 und 2 … der Foto-Beweis jungendlicher Rasselbock gut erkennbar an dem noch wenig und auch unregelmäßig entwickelten Gehörn, den noch wirren Tasthaaren und seinem naiv-kindlichen Gesichtsausdruck Foto: Klaus Radestock, Forsthaus Frauensee … wie der Rasselbock gejagt wird 3 Nachtrag 3 … der Rasselbock und seine Hasenverwandten im Oster-Quiz Was ist ein Rasselbock? a) Blödelei aus Rasselburg b) Fabelfigur: Hase mit Rehbock-Gehörn c) rasselnd-keuchender Rammler auf der Flucht vor dem Fuchs d) lüstern-vorlauter Oberklassen-Nager an der „Hasenschule“ Wie nennt man den Feldhasen noch? a) Meister Lampe b) Isegrim c) Meister Petz d) Roger Rabbit Wie schwer kann ein Feldhase werden? a) 4 kg b) 8 kg c) 12 kg d) 16 kg Wie nennt der Jäger den Schwanz des Hasen? a) Blume b) Bürzel c) Wedel d) Stummel Was ist ein „Stallhase“? a) Hauskaninchen b) Syl-Vester Stall-One c) eingesperrter Feldhase d) Hackbraten Welchen Lebensraum bevorzugen die Feldhasen in Mitteleuropa? a) Erdbauten b) dichter Wald c) Seeufer d) Offenland Wie kommen neugeborene Feldhasen auf die Welt? a) nackt und blind b) mit Fell und blind c) mit Fell und offenen Augen d) nackt und mit offenen Augen Was ist ein „Dachhase“? a) „Dachreiter“ in Hasengestalt b) mondsüchtiger Mensch c) Katze d) alter erfahrender Dachdecker Auf wessen „Speisezettel“ steht der Feldhase nicht? a) Mensch b) Ameisenlöwe c) Elster 4 d) Wiesel Was ist in der Waidmannssprache eine „Sasse“? a) Hasenschwanz b) Hasenhaus c) Hasenlager d) Hasenfuß Was ist ein „falscher Hase“? a) Kaninchen b) der Bruder von „echter Hase“ c) Hackbraten d) heimtückischer Mensch Wie wird der Spruch vollendet „Viele Hunde sind des …“? a) Hasen Glück b) Hasen Tod c) Hasen Freude d) Hasen Leid Was ist ein „Hasenfuß“? a) Werkzeug b) Synonym für Schweißfuß c) ängstlicher Mensch d) mutiger Mensch Wie setzt sich der Spruch „Mein Name ist Hase …“ fort? a) … ich weiß Bescheid b) … ich will rammeln c) … ich weiß von nichts d) den Spruch gibt es nicht Wie nennt der Jäger die Ohren des Feldhasen? a) Löffel b) Gabel c) Teller d) Tassen Was ist in der Waidmannssprache ein „Satzhase “? a) Hasen-Junges b) weiter Hasensprung aus des Sasse c) Schreibfehler – es muss „Setzhase“ heißen d) Häsin Warum heißt der Hase auch „Meister Lampe“? a) nach seinem an der Unterseite weißen Schwanz b) bei der Hasenpaarung hält der Fuchs die Lampe c) er hat die Meisterprüfung bestanden d) ihm dämmert es sehr schnell Was bedeutet „Hasenpanier ergreifen“? a) panierten Hasenbraten auf die Gabel spießen b) Mütze aus Hasenfell aufsetzen c) Nagezähne des Hasen berühren d) reißausnehmender Mensch 5 Wie viele Jungtiere bekommt ein Feldhase im Durchschnitt auf einmal? a) 1-3 b) 2-4 c) 6-9 d) keine lebenden - er legt Eier Was frisst ein Feldhase? a) Gräser, Wurzeln, Beeren, Rinde b) Gummibären, Schokolade, Bonbon c) Insekten, Würmer, Schnecken d) vor allem Eier (daher „Osterhase“) Wie alt können Feldhasen werden? a) 1 - 3 Jahre b) 10 - 12 Jahre c) 40 - 50 Jahre d) das ist völlig unklar Zu welcher Zeit finden die „Hasen-Boxkämpfe“ statt? a) nie - Hasen haben ja keine Boxhandschuhe b) im Frühling – beim Kampf um die Häsinnen c) im Sommer, um die Liegestühle am Strand d) im Herbst - da fallen nicht nur die Blätter Wer ist der größte Feind des Feldhasen = hat die meisten dieser Tiere auf dem Gewissen? a) listige Füchse b) schnelle Habichte c) motorisierte Menschen d) totaler Osterstress Warum hat der Feldhase so lange Hinterläufe? a) diese ermöglichen ihm, sich leise an seine Beute heran zu schleichen b) er benötigt sie, um gut sitzen zu können c) damit kann er schnell vor Feinden flüchten d) um die Flöhe auch hinter den Ohren zu erwischen Welchen Lebensraum bevorzugen europäische Feldhasen? a) extreme: Wüsten, Eisfelder, Vulkane … b) offene: Wiesen, Weiden, Äcker, Waldränder … c) nasse: Regenwälder, Sümpfe, Moore … d) diese Tiere kommen überall vor Wann gehen Feldhasen meist auf Nahrungssuche? a) morgens - Richtung aufgehende Sonne b) mittags - Richtung Möhrensilo c) abends - Richtung Äsungsplatz d) nachts - Richtung Kühlschrank Wie oft kann ein Feldhasen-Weibchen im Jahr maximal Junge „werfen“? a) 1x b) 4x c) 8x d) solange, bis die „Wurfschleuder“ kaputt ist Wie oft werden die Feldhasen-Jungen täglich gesäugt? a) 1 x b) 4 x 6 c) 12 x d) gar nicht – sie fressen von Beginn an Gras Wo halten sich Feldhasen tagsüber meist auf? a) in Benjeshecken oder Brombeergebüschen b) in Sassen (Mulden) c) in Bauen oder Höhlen d) in den Nestern von Hühnerfarmen Was meint ein Jäger mit „… die Häsin wirft“? a) sie bringt Junge zur Welt b) sie wirft den alten Rammler raus, der „es“ nicht mehr bringt c) sie trennt sich von ihren erwachsenen Jungen d) sie „wirft auf“ = „peilt die Lage“ Was hört der Hase von der Igelin in einer bekannten Fabel? a) Ich bin schon hier! b) Ich bin erster! c) Du bist letzter! d) Du hast verloren! Wer sich an diesen österlichen, rasselbock-gestarteten Hasen-Fragen einmal versuchen will, kann seine Lösung bei [email protected] (www.haus-des.waldes.info) einreichen und einen kleinen Preis gewinnen! 7