H I N T E R G R U N DI NF O R MA TI O N Der Zusammenhang von HPV und Zervixkarzinom Eine Infektion mit Humanen Papillomviren (HPV) bildet die Grundvoraussetzung für die maligne Entartung von Zellen des Gebärmutterhalses. Weltweit kann bei über 99 Prozent der an einem Zervixkarzinom erkrankten Frauen in den Tumorzellen das Virus nachgewiesen werden.1 Damit ist das Zervixkarzinom der erste Tumor, der ursächlich bekämpft und durch die flächendeckende Kombination von HPV-Imfpung und HPV-Test mittelfristig eradiziert werden kann. Das mittlere Erkrankungsalter beim Zervixkarzinom beträgt etwa 51 Jahre. Nur etwa fünf Prozent der Erkrankten sind jünger als 30 Jahre. HPV: Hochrisiko- und Niedrigrisiko-Typen Humane Papillomviren können Warzen (Papillome) und Krebsvorstufen (Dysplasien, cervicale intraepitheliale Neoplasien – CIN) bis hin zu Krebs verursachen. Weit über 150 HPV-Typen sind bisher bekannt. Etwa 40 davon infizieren Haut oder Schleimhaut im Genitalbereich und am After. Die genitalen HPV-Typen werden in zwei Gruppen eingeteilt. Die Einteilung erfolgt entsprechend ihrer Fähigkeit, Krebswachstum auszulösen: Es gilt heute als gesichert, dass eine Infektion mit Hochrisiko-HPV-Typen eine notwendige Voraussetzung für die Entstehung eines Zervixkarzinoms ist. Über 98 Prozent aller Gebärmutterhalskrebserkrankungen werden durch etwa 15 Hochrisiko-HPV- Typen hervorgerufen – die HPV-Typen 16 und 18 sind darunter die aggressivsten. Niedrigrisiko-HPV-Typen werden praktisch nie bei Gebärmutterhalskrebs gefunden. HPV-Typ 6 und – weniger häufig – HPV-Typ 11 sind in etwa 90 Prozent der Fälle Hauptverursacher von gutartigen Warzen im Genitalbereich (Feigwarzen, Condylomata acuminata). Verbreitung von Humanen Papillomviren HPV sind weit verbreitet und werden vornehmlich durch genitalen Kontakt, am häufigsten durch Geschlechtsverkehr, übertragen. Schätzungsweise 70 bis 80 Prozent aller Frauen und Männer infizieren sich im Laufe ihres Lebens irgendwann einmal mit genitalem HPV.2 Somit ist eine vorübergehende HPV-Infektion als eine ganz normale Folge sexueller Aktivität anzusehen. Jeder Infizierte kann die Viren durch genitalen Kontakt auf einen anderen Menschen übertragen. Die Infektionsrate liegt bei Menschen unter 30 Jahren höher und fällt mit steigendem Alter kontinuierlich ab.3 1 Schutz vor HPV Der sicherste Schutz vor einer HPV-Infektion ist sexuelle Abstinenz. Seit einiger Zeit stehen zwei Impfungen zur Verfügung, die vor Infektionen mit den beiden häufigsten HPV-Typen 16 und 18 (Cervarix®) bzw. den vier häufigsten HPV-Typen 6, 11, 16 und 18 (Gardasil®) schützen und damit verbundenen Folgeerkrankungen vorbeugen sollen. Die Impfung dient jedoch nicht der Behandlung bereits bestehender HPV-Infektionen und/oder virusbedingter Gewebeveränderungen. Bislang gibt es keine Medikamente zur Entfernung der Viren von der Schleimhaut. Es existieren aber effektive Methoden zur Früherkennung und Therapie HPVbedingter Erkrankungen. Krebsentstehung durch HPV-Infektionen Die meisten HPV-Infektionen bleiben unbemerkt und verursachen keine Veränderungen wie Warzen oder Krebsvorstufen. Die Infektion klingt meist innerhalb einiger Monate wieder ab, ohne dass Krankheitszeichen auftreten. Betroffene wissen daher oft gar nicht, dass sie Virusträger sind oder es einmal waren. Nur selten führt eine bleibende Infektion zu Gewebeveränderungen, die unbehandelt zu Krebs entarten können. Das Krebsrisiko durch eine HPV-Infektion ist erhöht, wenn eine Infektion mit Hochrisiko-HPVTypen vorliegt und sich die Viren im Fall einer chronisch persistierenden Infektion dauerhaft im Körper einnisten. Das Immunsystem ist dann offensichtlich nicht in der Lage, die Erreger effektiv zu bekämpfen. Häufig verläuft eine anhaltende Infektion jahrelang unbemerkt. Nur selten entwickelt sich hieraus ein Zervixkarzinom. Im Rahmen des empfohlenen Primärscreenings können verdächtige Gewebeveränderungen frühzeitig erkannt und wirksam behandelt werden. Früherkennung nutzen Gebärmutterhalskrebs gehört zu den wenigen Tumorarten, die bereits in einem ungefährlichen Stadium diagnostiziert, therapiert und geheilt werden können. Internationale Experten halten es mittlerweile für möglich, das Zervixkarzinom mittelfristig mit Hilfe der Kombination aus Impfung und einem effektiven Screening vollständig zu eradizieren. Die angezeigten Untersuchungen sind schmerzlos und einfach durchführbar. Im Rahmen der Früherkennung kommt dem nach seinem Erfinder benannten PapanicolaouTest (kurz Pap-Test oder Pap-Abstrich) besondere Bedeutung zu. Bei dieser Abstrichuntersuchung entnimmt der Gynäkologe Zellproben vom Muttermund (Portio) und aus dem Gebärmutterhalskanal (Zervikalkanal). Die Zellen werden eingefärbt, mikroskopisch untersucht und je nach ihrem Erscheinungsbild in fünf Befundgruppen – von Pap I (normal) bis Pap V (Krebs) – eingeteilt. Allerdings ist die zytologische Untersuchung allein nicht sehr zuverlässig: Etwa jede zweite Frau, bei der ein Zervixkarzinom festgestellt wurde, ist in den Jahren zuvor regelmäßig zur Krebsvorsorge gegangen – der verdächtige Befund wurde jedoch übersehen4. Deutlich effektiver in der Erkennung von Zellveränderungen ist die kombinierte Untersuchung mittels Pap-Abstrich und HPV-Test. Für Frauen ab einem Alter von 30 Jahren ist die Kombination aus HPV-Testung und Zytologie die effektivste Maßnahme zur Abschätzung des Krebsrisikos an der Zervix und wird daher auch von der 2 Behandlungsleitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) empfohlen5. Ein früh erkannter Tumor bzw. dessen Vorstufe kann operativ vollständig entfernt werden. Die Heilungsrate liegt dann bei fast 100 Prozent. Fast 100-prozentige Sicherheit bei negativem Befund Die große Mehrzahl der Patientinnen ab dem 30. Lebensjahr profitiert allerdings in anderer Weise vom HPV-Test: Etwa 95 Prozent der Frauen in dieser Altersgruppe sind nicht infiziert. Weil ohne HP-Viren kein Gebärmutterhalskrebs entsteht, können demnach die allermeisten Frauen nach dem HPV-Test absolut beruhigt sein: Ihr Gebärmutterhals ist gesund und wird es auch in den nächsten Jahren mit fast 100-prozentiger Sicherheit bleiben. Diese Sicherheit kann der Pap-Abstrich allein nie bieten, da er etwa die Hälfte aller Krebsvorstufen übersieht6. 1 Walboomers JM et al. Human papillomavirus is a necessary cause of invasive cervical cancer worldwide. J Pathol 1999;189:12-19 2 Weaver BA. Epidemiology and natural history of genital human papillomavirus infection. J Am Osteopath Assoc 2006;106(3 Suppl 1):2-8 3 Dunne EF et al. Prevalence of HPV infection among females in the United States. JAMA 2007;297(8): 813-819 4 Schneider A et al. Screening for high-grade cervical intraepithelial neoplasia and cancer by testing for high-risk HPV, routine cytology or colposcopy. Int J Cancer 2000;89: 529-534 5 Interdisziplinäre S2k-Leitlinie für die Prävention, Diagnostik und Therapie der HPV-Infektion und präinvasiver Läsionen des weiblichen Genitiale. AWMF 015/027 (Stand: 07/2008) über: www.dggg.de 6 Cuzick J. et al. Overview of the European and North American studies on HPV testing in primary cervical cancer screening. Int J Cancer 2006;119:1095-1101 3