Evolution und Systematik Evolution ist keine notwendige Voraussetzung für cladistische Analysen und die Erstellung von Klassifikationen. Für das biologische Verständnis von stammesgeschichtlichen Prozessen ist die Annahme der Evolution und die Kenntnis der Evolutionstheorie essentiell (evolutive Szenarien) Morphologische und molekulare Modifikationen spielen gleichermaßen in der Evolutionsbiologie und Systematik eine wichtige Rolle. Morphologische Transformationen haben grundsätzlich immer genetische Veränderungen als Grundlage (oft komplexe Zusammenhänge durch Polygenie und Polyphänie). Morphologische Transformationen werden wesentlich durch die Selektion bestimmt bei molekularen Merkmalen spielen Zufallsprozesse eine wesentlich größere Rolle als bei morphologischen Merkmalen Die Veränderung von Allelfrequenzen spielt eine wesentliche Rolle in der Evolution Das Konzept der molekularen Uhr trifft in vielen Fällen zu, aber die Evolutionsgeschwindigkeit kann sich in bestimmten Perioden und bei einzelnen Gruppen auch deutlich verändern. Homologie Homologie und Analogie wurden von E. Mayr (1975) wie folgt definiert: Homologe Bildungen liegen bei 2 oder mehr Organismen dann vor, wenn sie sich auf dieselbe Eigentümlichkeit (oder Ausprägung) eines gemeinsamen Vorfahren dieser Organismen zurückführen lassen. Analoge Bildungen bei zwei oder mehr Organismen sind solche, die zwar ähnlich sind, sich jedoch nicht auf dieselbe Eigentümlichkeit (oder Ausprägung) eines gemeinsamen Vorfahren dieser Organismen zurückführen lassen. Homologie Von Analogie einer Eigenschaft entsprechenden Nicht eines von gemeinsamen Eigenschaft einer entsprechenden eines Vorfahren abgeleitet Vorfahren abgeleitet Ähnlich oder unähnlich Ähnlich gemeinsamen Adolf Remane (1952): 3 Homologiekriterien 1. Kriterium der Lage Strukturen sind dann homolog wenn sie trotz einer unterschiedlichen Ausprägung in Gestalt und Anzahl in einem vergleichbaren Gefügesystem stets die gleiche Lagebeziehung aufweisen. Bsp.: Vordergliedmaßen und Hintergliedmaßen der Landwirbeltiere: Bsp.: Flügel der Insekten 2. Kriterium der spezifischen Qualität Strukturen müssen in spezifischen Eigenschaften, in strukurellen Details übereinstimmen (bis hin zu molekularen Eigenschaften). Bsp.: Gliedmaßen der Landwirbeltiere: Bsp.; Insektenbein (Coxa, Trochanter etc.), Wirbeltierherz (Sinus venosus, Atrium, Ventrikel, Bulbus cordis) 3. Kriterium der Kontinuität Unähnliche Strukturen sind dann homolog, wenn sie sich durch Zwischenformen (z.B. Fossilien) in Verbindung gebracht werden können. Dadurch können weitgehende Modifikationen die in der Stammesgeschichte stattgefunden haben rekonstruiert, bzw. nachvollzogen werden (Entwicklungsreihen). Bsp.: Gehörknöchelchen (embryonale und neugeborene Beuteltieren) Homologien von molekularen Merkmalen Orthologie: gehen auf ein Speziationsereignis (Artspaltungsprozess) zurück Paralogie: Gen liegt durch Duplikation in zwei Kopien vor Orthologe Gene (oder Orthologe) haben typischerweise dieselbe oder zumindest sehr ähnliche Funktionen. Bei Paralogen ist das nicht notwendigerweise der Fall. Charakteristisch für Duplikationen ist, dass der Selektionsdruck bei einer der beiden Kopien abgeschwächt wird. Dadurch kann die zweite Kopie wesentlich freier evolvieren und kann neue Funktionen übernehmen. Bsp.: Myoglobin und Haemoglobin, 4 Klassen des Haemoglobin Homologe Chromosomen: nichtidentische Chromosomen die sich in der Meiose paaren Speziation Speziation ist der evolutive Prozess durch den neue Arten entstehen. 1. Allopatrische Speziation (geographische Trennung von Populationen) 2. Sympatrische Speziation (keine geographische Trennung) Punctuated Equilibrium S. J. Gould (essay in Natural History: 1977): Eine neue Art kann entstehen wenn ein kleiner Anteil einer ursprünglichen Population an der Peripherie des ursprünglichen Verbreitungsgebiets isoliert wird. Große, stabile Populationen üben einen homogenisierenden Einfluß aus. Neue und vorteilhafte Mutationen werden durch die schlichte Masse der großen Population in der sie sich ausbreiten müssten verdünnt. Deshalb sind phylogenetische Transformationen in großen Populationen sehr selten (s.a. Fossilbericht). Kleine, peripher isolierte Populationen in geographischen Randzonen sind dagegen vom ancestralen Genpool abgeschnitten. Der Selektionsdruck ist üblicherweise intensiv, da periphere Gebiete oft im Randbereich der ökologischen Toleranz der Stammart liegen. Dadurch können sich vorteilhafte Mutationen sehr schnell ausbreiten. Damit sekundäre geographische Überlappungen vorher separierter Populationen nicht erneut zur kompletten Durchmischung des Genpools führen, müssen Isolationsmechanismen wirksam werden. Diese Mechanismen können vor oder nach der Kopulation wirken (progam/praezygotisch - metagam, postzygotisch) Metagame Mechanismen: z.B. Störungen in der Embryonalentwicklung von Hybriden (Hybridsterblichkeit, Hybridsterilität, reduzierte Fitness der Hybriden). Bsp. Pferd - Maultier/-esel Progame Mechanismen: - Ökologisch können nahverwandte Arten können durch ihr räumliches oder zeitliches Auftreten separiert sein oder sich durch ihre Beute- oder Wirtstiere unterscheiden. - Als ethologische Separationsmechanismen können unterschiedliche Gesänge oder Balzverhalten wirken. Vor allem bei Insekten und Spinnen sind mechanische Mechanismen besonders wichtig. Die männlichen und weiblichen Genitalien passen artspezifisch nach dem Schlüssel-Schloß-Prinzip ineinander. Artfremde Befruchtung scheitert an der fehlenden Passung der Geschlechtsorgane. Wenn einer der genannten Isolationsmechanismen wirksam wird bevor es zur geographischen Trennung von Populationen gekommen ist, kann sympatrische Speziation erfolgen. Sie spielt aber gegenüber der allopatrischen in der Zoologie eine sehr untergeordnete Rolle.