Presseunterlagen

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2. St. Vinzenz Orthopädietag, 7./8. November 2003, Linz
"Arthrosezentrum Orthopädie" am KH der
Barmherzigen Schwestern Linz"
Häufigkeit von Gelenksabnützungen
Die Gelenksabnützung, in der Sprache der Mediziner ARTHROSE genannt, gehört
zu den drei Haupterkrankungen unserer Gesellschaft. Bei den über 65-jährigen wird
die Häufigkeit der Arthrose aller Gelenke mit 48,9 %, die des Bluthochdruckes mit
40,3 % und die der Herzerkrankung mit 28,6 % auf 100 Menschen angegeben.
Bezieht man sich auf die Arthrose des Kniegelenkes (auch Gonarthrose genannt), so
finden wir eine Häufigkeit von 11 % bei der Bevölkerungsgruppe über 65, bei der
Abnützung des Hüftgelenkes (Coxarthrose) liegt die Inzidenz bei 6 %.
In den USA werden jährlich zwischen 15 und 28 Milliarden US $ im Zusammenhang
mit der Erkrankung "Arthrose" aufgewendet. Für Europa sind ähnliche Zahlen
anzunehmen.
Diese Erkrankung des Bewegungsapparates hat enorme Auswirkungen auf unser
Gesundheitssystem - sowohl, was die Einschränkung der Lebensqualität, die
konservativen bzw. operativen Behandlungsmöglichkeiten oder aber die Kosten
anlangt. Der wohl beste und günstigste Weg mit ihr umzugehen, ist die Vorbeugung.
Warum "Arthrosezentrum"?
Es ist daher naheliegend, dass man sich an einer Abteilung in deren Mittelpunkt des
Aufgabenspektrums die operative Behandlung von Arthrosen steht, auch mit
Prävention und konservativen Therapiemöglichkeiten beschäftigt. Wir möchten den
Patienten das gesamte Spektrum anbieten: Das beginnt mit der Ursachenforschung,
dem Erkennen und Vermeiden der Risikofaktoren und den konservativen
Behandlungsmöglichkeiten und reicht bis hin zur hochspezialisierten orthopädischen
Chirurgie.
Ursachen der Arthrose
Grundsätzlich ist die genaue Ursache der Arthrose nicht bekannt. Forschungen
haben jedoch gezeigt, dass verschiedene Faktoren das Risiko der Entstehung einer
Arthrose
erhöhen.
Diese
Faktoren
inkludieren
1
Vererbung,
Übergewicht,
Gelenksverletzungen, Überlastungen, Muskelschwäche, Nervenverletzungen und
Alterung.
Vererbung
In einigen Familien scheint die Arthrose vererbt und von einer Generation auf die
nächste weitergereicht zu werden. Ursächlich sind abnormale Gene, die einen
defekten Knorpel produzieren, der frühzeitig in eine Arthrose mündet. Aber nicht nur
defekte Knorpel, sondern auch eine erhöhte Bandlaxizität und inkongruente
Gelenksanteile (Hüftdysplasie) sind genetisch bedingt und können zu einer Arthrose
führen.
Prävalenz
3%-6%
60 %
Studie
Gelenk
Epidemiologie
Coxarthrose Danielson L Clin. Orthop
1997
Twin-Study
Coxarthrose MacGregor
2000
39 % - 65 % Twin-Study
Autor
Journal
Jahr
Arthritis R.
Gonarthrose Spector T.D J.B.J.Br
1996
Unterschiedliche Prävalenz von Coxarthrose und TH
Inzidenz CoxA THR/100.000
THR primäre OA
THR sek.OA
Kaukasier
3%-6%
75
43,2
4,2
Schwarze
1%-2%
22,5
14,6
1,0
0,1 % - 1 %
7
1,3
1,1
Asiaten
Familiäre Häufung von THR und TKR
THR
TKR
Nicht Verwandte
1
1
Geschwister
2
4
Körpergewicht
Studien
zeigen,
dass
Übergewicht
das
Risiko
für
Arthrose
erhöht.
Die
Druckbelastung von Knie- und Hüftgelenken entspricht dem Vierfachen des
Körpergewichtes, weshalb eine Reduktion einen entsprechend positiven Effekt hat.
In
verschiedenen
Studien
wurde
nachgewiesen,
2
dass
die
Reduktion
des
Körpergewichtes um 5 bis 10 Kilogramm das Risiko für die Entwicklung einer
Gonarthrose um die Hälfte senkt.
Autor
Journal
Jahr
Studie
Ergebnis
Spector T.D
J Rheumatology
1990
KG - OA
nein
Tepper S
Arthritis R
1991
KG - OA
nein
Felson DT
Epidemiol R
1998
KG - THR
ja
Heliovaara
Acta Scand.
1993
KG - OA
ja
Muskelschwäche
Die Muskelkräftigung und Steigerung der Kondition sind ganz wesentliche
Elemente bei der Arthroseprophylaxe. Denn Muskelschwäche führt nicht nur zu einer
ungünstigen biomechanischen Kraftübertragung sondern auch zu einer reduzierten
Stressabsorption und Störung der Propriozeption (Beuge- und Streckinformation) der
Gelenke. Unter Anleitung von Physiotherapeuten können entsprechende Programme
erlernt werden.
Verletzung oder Überlastung
Verletzungen
von
Gelenken
und
wiederholte
Überbeanspruchungen
stellen
Risikofaktoren für die Entwicklung von Arthrosen dar. Das Vermeiden beruflicher und
sportlicher Überbelastungen (wie z. B. das Knien und Springen oder das Heben
schwerer Lasten) bzw. die frühzeitige medizinische Versorgung sind wesentliche
Möglichkeiten das Arthroserisiko zu senken.
Hochberg M C
1997
Arbeitsbelastung
Coxarthrose
40 %
Lindberg H
1993
Landwirte
Coxarthrose
Risiko
Marti B
1989
Fußballspieler
Gonarthrose
Risiko
Alterung
Die Inzidenz von Arthrosen steigt mit dem Lebensalter und ist am höchsten beii
Menschen über 65. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen, bis zu einem
Lebensalter von 55 sind häufiger Männer, darüber häufiger Frauen betroffen. Ein
erhöhtes Risiko hinsichtlich der Arthrosebildung haben Frauen ab der Menopause.
3
Vorbeugung und Reduktion der Häufigkeit von Gonarthrose und Coxarthrose
Gewichtsreduktion
Verletzungsprophylaxe
Belastungsreduktion
Abnahme Häufigkeit
Abnahme Häufigkeit
Gonarthrose in %
Coxarthrose in %
m
26,6 % - 51,8 %
26,1 %
w
27,5 % - 52,9 %
26,9 %
m
25,3 %
w
13,8 %
m
15 % - 30 %
w
Prävention
Die beste Prävention ist erreichbar mit einem Verständnis für die Ursachen, mit der
Vermeidung von Risikofaktoren sowie mit protektiven Maßnahmen.
Ein gutes
Behandlungsprogramm hilft, den Gelenksschmerz und die Gelenkssteife zu
reduzieren, es verbessert die Beweglichkeit und erhöht die Fähigkeit, die Aktivitäten
des Alltags besser zu bewältigen. Ein individueller Plan ist zu erstellen, der eine
Physiotherapie,
ein
Bewegungsprogramm,
Gewichtskontrolle,
eine
Patienteninformation und die medikamentöse Therapie beinhalten muss. Dieses
Behandlungsprogramm wird entsprechend dem Arthrosegrad, den betroffenen
Gelenken, der Symptomatik, dem Alter des Patienten sowie der Belastung des
Alltages erstellt. Ein Team von Gesundheitsfachleuten bestehend aus Ärzten
(Orthopäden,
Arbeitsmedizinern,
Sportärzten),
Physiotherapeuten
und
Ernährungsberatern arbeiten partnerschaftlich mit dem Patienten zusammen.
Studien belegen, dass derartige Kooperationen erfolgreiche Behandlungen von
Arthrose gewährleisten.
Protektive Maßnahmen
Verschiedenen Vitaminen, darunter Vitamin D, C und E, wird eine gewisse
vorbeugende Rolle hinsichtlich der Arthrosebildung zugeschrieben. Ausreichend
Vitamin D ist erforderlich für den Knochenstoffwechsel. Ein Defizit dieses Stoffes
resultiert in einer erhöhten Arthroseinzidenz. Die Vitamine C und E gelten als
4
wichtige Antioxydantien der Ernährung und sind ein wesentlicher Faktor im
Knorpelstoffwechsel.
Von großer Bedeutung ist auch die Schuh- und Einlagenversorgung. Ein
fußgerechter Schuh, Einlaugen und stoßdämpfende Sohlen erfüllen eine protektive
Funktion für die nachfolgenden Gelenke.
Obwohl den Substanzen Glucosamin und Chondroitin eine positive Wirkung in der
Arthrosebehandlung nachgesagt wird, fehlen die entsprechenden Studien. In den
USA mehr als in Europa werden diese Substanzen als Nahrungsergänzung
angeboten. Wahrscheinlich kann damit die Dosis an Schmerzmedikamenten
reduziert werden.
Omega-3-Fettsäure, die in Fischen vorkommt, zeigt entzündungshemmende
Wirkung. Regelmäßiger Fischkonsum (3-5 x pro Woche) oder täglich ein Teelöffel
Fischöl werden empfohlen.
Wenn Prävention und konservative Behandlungen keinen Erfolg bringen, sind
operative Maßnahmen angezeigt. Abhängig von der Schwere der Arthrose, dem
betroffenen Gelenk und dem Alter des Patienten kommen "minimal invasive
Operationen", "Knorpeltransplantationen", "Bandchirurgische Eingriffe" oder der
"Gelenksersatz" in Betracht.
Thema des Orthopädietages
"State of the art" der orthopädischen Chirurgie von Kniegelenkserkrankungen
Navigation
Zusammenfassung
Sowohl epidemiologische wie auch randomisierte klinische Studien bestätigen den
Einfluss von Lifestyle-Änderungen in der Prävention von Gelenksabnützungen.
Vorbeugung kann nachweislich die Häufigkeit von Arthrosen reduzieren und deren
Verlauf positiv beeinflussen. Der Einsatz von medikamentösen und chirurgischen
Therapien wäre dann in einem wesentlich geringeren Umfang erforderlich.
Abschließend stellen sich noch die Fragen:
5
-
Warum wird die Prävention nicht vermehrt in den Mittelpunkt ärztlichen
Handelns gestellt?
-
Warum setzen viele Patienten diese Maßnahmen nur unzulänglich um?
Als Arzt kann ich nur die erste Frage schlüssig beantworten: Prophylaktische Medizin
ist nach wie vor nur unzureichend in unserem Gesundheitssystem verankert, woraus
wahrscheinlich auch die mangelnde Akzeptanz und Umsetzung durch den Patienten
resultiert.
Computerunterstützte Navigation
Der moderne Orthopäde ist - so wie der gesamte medizinische Bereich - einem
ständigen Fortschritt unterworfen. Obwohl die Hüft- und Knieendoprothetik seit ca. 35
Jahren bewährte Operationsverfahren darstellen, ist die korrekte Positionierung der
Implantatteile und ein ausgewogenes Weichteilbalancing nicht immer einfach. Ein
gutes klinisches Ergebnis sowie eine lange Standzeit hängen jedoch im
Wesentlichen von diesem Parametern ab.
Um diese Ziele noch exakter zu erreichen, bedient man sich nun der sogenannten
"Navigation". Wie der Name schon sagt, unterstützt dabei ein Computersystem den
Chirurgen bei der richtigen Positionierung des Implantates. Navigationssystems sind
hochsensible Orientierungshilfen zur Optimierung von Implantatposition, -größe und
Weichteilspannung.
Dem
Chirurgen
ist
es
somit
möglich,
die
Implantate
biomechanisch korrekt einzubauen und deren Winkel ideal zu positionieren.
Postoperativ gewährleistet diese hohe chirurgisches Präzision, die durch das
Navigationssystem ermöglicht wird, eine bessere Funktionalität sowie eine
größere/längere Standzeit des künstlichen Gelenkes.
Das Prinzip der Navigation ist relativ einfach: Das System besteht aus 2 Teilen einem Rechner und einer Videokamera. Nach dem Eröffnen des Kniegelenkes
werden an bestimmten Punkten kleine lichtsensible Elektroden appliziert/angebracht,
die durch die Videokamera erfasst werden. Durch bestimmte Bewegungen, die der
Chirurg mit dem Bein durchführt, errechnet der Computer die Traglänge des Beines.
Diese "idealen" Daten werden gespeichert, und ab diesem Zeitpunkt überwacht der
Computer die Tätigkeit des Chirurgen. Dieser arbeitet mit Instrumenten, die ebenfalls
mit lichtsensiblen Elektroden ausgestattet sind und somit ständig Informationen
liefern, die im Computer mit der Idealvariante verglichen werden. Der Chirurg weiß
6
somit zu jedem Zeitpunkt der Operation, ob es Abweichungen von dieser optimalen
Stellung gibt oder nicht.
Zweifellos befinden wir uns mit der Navigationschirurgie, einer revolutionären
Entwicklung der Computermedizin, am Beginn eines überaus interessanten und
spannenden Entwicklungsprozesses, den man am ehesten mit dem Zustand der
Kniearthroskopie vor 30 Jahren vergleichen könnte. Zahlreiche Literaturergebnisse
weisen bereits auf bessere Daten der Ausrichtung und Positionierung der
Implantatteile hin.
Wir
erwarten
für
die
Zukunft,
dass
Navigationssysteme
zu
den
Standardeinrichtungen moderner orthopädischer-chirurgischer Operationssäle zählen
werden. Aus forensicherer Sicht, aus Gründen der Qualitätskontrolle und
Qualitätssicherung sowie der Risikominimierung für den Patienten wird die
Navigation in einigen Jahren aus der orthopädischen Chirurgie nicht mehr
wegzudenken sein.
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