Arzneimittel als Enzymhemmer

Werbung
Medikamente, die Enzyme hemmen
Viele Medikamente wirken gezielt auf Enzyme: sie hemmen ein Enzym und blockieren so
einen Schritt im Stoffwechsel, der die Krankheit verursacht. Die Moleküle des Medikaments
besitzen eine bestimmte räumliche Form, die genau auf das Enzym passt. Sie belegen
deshalb das aktive Zentrum des Enzyms und verhindern, dass die Substanz, die im
entscheidenden Stoffwechselschritt verändert wird, mit dem Enzym in Kontakt kommt. Da
jeder Stoffwechselschritt sein eigenes Enzym benötigt und die Enzyme am aktiven Zentrum
unterschiedlich geformt sind, passt ein Medikament nur auf ein einziges Enzym und
unterbricht nur einen Stoffwechselprozess. Auf diese Weise gelingt es, gezielt gegen eine
Krankheit vorzugehen.
Die Tabelle zeigt einige Beispiele von Medikamenten, die auf Enzyme des Menschen, der
infektiösen Bakterien oder der unerwünschten Pilze wirken:
Enzymhemmer
Gehemmtes Enzym Wirkung
Verwendung
Acetylsalicylsäure
(Aspirin)
Cyclooxygenase
hemmt
Prostaglandinsynthese
gegen Schmerzen
und Fieber
Penicilline
D-AlaninTranspeptidase
hemmen die
Zellwandsynthese in
Bakterien
Antibiotikum:
gegen bakterielle
Infektionen
Captopril
Enalapril
AngiotensinConverting-Enzym
hemmt die Bildung
von Angiotensin II
senkt den Blutdruck
Lovastatin
Simvastatin
Hydroxymethylglutaryl-CoAReduktase
hemmt die
Cholesterinsynthese
senkt den
Cholesterinspiegel
im Blut: gegen
Arterienverkalkung
Acarbose
a-Glucosidasen
hemmt den Abbau
von Kohlenhydraten
senkt den
Blutzuckerspiegel:
bei Zuckerkrankheit
Naftifin
Squalenepoxidase
hemmt die
Ergosterolsynthese
bei Pilzen
gegen
Pilzkrankheiten
Acetazolamid
und andere
Sulfonamide
Carboanhydrase
hemmt die
Rücknahme von
Hydrogencarbonat
aus dem Urin
erhöht die Wasserausscheidung:
gegen
Bluthochdruck und
Wassersucht
Allopurinol
Xanthinoxidase
hemmt die
Harnsäuresynthese
gegen Gicht
Allopurinol verhindert Gicht
Allopurinol wirkt gegen Gicht. Gicht entsteht, wenn Harnsäure in Form kleiner Kristalle in den
Gelenken abgelagert wird. Die Kristalle erhöhen die Reibung im Gelenk. Das Gelenk
entzündet sich, schmerzt und verformt sich bei fortgeschrittener Krankheit. Das Medikament
Allopurinol wirkt gegen die Ursache dieser Krankheit und vermindert die Bildung der
Harnsäure, sodass die Harnsäure nicht mehr in den Gelenken auskristallisiert.
Aber wie wird Harnsäure gebildet? Wie alle Substanzen im Körper wird auch die DNA, die
Erbsubstanz, abgebaut und ausgeschieden. Dabei werden die Basen herausgetrennt und
eine der Basen, sie heisst Adenin, wird in Hypoxanthin und schliesslich in Harnsäure
umgewandelt. Dafür ist das Enzym Xanthinoxidase nötig, das den Schritt von Hypoxanthin zu
Harnsäure beschleunigt.
Erbsubstanz DNA
NH2
N
N
N
N
H
Adenin
OH
OH
N
N
N
H
Hypoxanthin
N
OH
N
N
N
N
H
Allopurinol
Xanthinoxidase
N
N
Sauerstoff
HO
OH
N
HarnsЉure
N
H
Das Medikament Allopurinol gleicht dem Hypoxanthin, passt auf die Xanthinoxidase und
belegt das aktive Zentrum, ohne dass es umgewandelt wird. Damit steht fast keine aktive
Xanthinoxidase mehr zur Verfügung und dem Körper bleibt genug Zeit, Hypoxanthin
auszuscheiden, bevor es zu Harnsäure wird.
Sie haben nun Gelegenheit die Wirkung von Allopurinol zu untersuchen. Sie verwenden
Hypoxanthin als Abbauprodukt der DNA, Milch als Quelle für das Enzym Xanthinoxidase und
Methylenblau an Stelle von Sauerstoff.
Das hat seine Gründe:
1. Xanthinoxidase kommt vor allem in Leberzellen vor. Man müsste also frische Leber kaufen
und das Enzym in mehreren Schritten aus den Zellen isolieren. Viel einfacher ist es, Milch
einzusetzen. In der Milch gibt es genügend Xanthinoxidase und weil andere Inhaltsstoffe
das Experiment nicht stören, muss das Enzym nicht isoliert werden.
2. Sauerstoff und Methylenblau reagieren ähnlich: sie nehmen Elektronen auf. Methylenblau
verliert dabei die Farbe. Wenn Sie im Experiment Methylenblau einsetzen, können Sie die
Arbeit des Enzyms ohne ein Messgerät verfolgen.
Das Experiment sieht also schematisch so aus:
OH
N
N
N
H
OH
Xanthinoxidase
N
N
N
Methylenblau
HO
Hypoxantin
OH
N
N
H
HarnsЉ
ure
Versuch 1
Mischen Sie folgende Stoffe, wie es in der Tabelle angegeben ist: zuerst rohe Milch, dann
eine Methylenblau-Lösung, dann eine Lösung von Allopurinol (mit einem Gehalt von 0,1 %)
und die nötige Menge Wasser. Diese Mischung wird mit einem Vortex homogenisiert und in
einem Wasserbad auf 40 °C erwärmt. Für das Wasserbad ist ein grosses Becherglas und ein
Thermometer vorgesehen. Warmes Wasser gibt es im Lavabo. Nach der Zugabe von
Hypoxanthin wird ein zweites Mal mit dem Vortex gemischt. Protokollieren Sie die Farbe 2
Minuten später. Die Lösungen werden aufbewahrt.
Substanz
Reagenzglas 1
Reagenzglas 2
Reagenzglas 3
rohe Milch
10 ml
10 ml
10 ml
Methylenblau
1 ml
1 ml
1 ml
Allopurinol 0,1 %
1 ml
deionisiertes
Wasser
1 ml
Hypoxanthin
1 ml
Farbe nach 2 Min.
2 ml
1 ml
Erklärung:
.............................................................................................................................
.............................................................................................................................
.............................................................................................................................
Warum müssen verschiedene Wassermengen zugegeben werden?
.............................................................................................................................
.............................................................................................................................
Versuch 2
Gehen Sie von oben nach unten vor und mischen Sie die angegebenen Flüssigkeiten. Nach
der Zugabe von Allopurinol homogenisieren Sie mit dem Vortex und erwärmen im Wasserbad
auf 40 °C. Mit der Hypoxanthinlösung starten Sie den Stoffwechselvorgang im Reagenzglas.
Homogenisieren Sie sofort ein weitere Mal und notieren Sie die Farbe nach 2 Minuten.
Substanz
Reagenzglas 4
Reagenzglas 5
Reagenzglas 6
rohe Milch
10 ml
10 ml
10 ml
Methylenblau
1 ml
1 ml
1 ml
Allopurinol
Hypoxanthin
1 ml einer
0,05% Lösung
1 ml
1 ml einer
0,01% Lösung
1 ml
1 ml einer
0,005% Lösung
1 ml
Farbe nach 2 Min.
Erklärung:
.............................................................................................................................
.............................................................................................................................
.............................................................................................................................
Versuch 3
Mit dem Bunsenbrenner wird 1 dl rohe Milch erwärmt. Bei 60 °C entnehmen Sie 10 ml, bei 80
°C wiederum 10 ml und bei 95 °C ein letztes Mal 10 ml Milch und stellen die Reagenzgläser 3
Minuten ins Wasserbad von 40 °C. Hat die Milchprobe eine Temperatur von 40 °C erreicht,
geben Sie die Lösungen zu, die in der Tabelle verzeichnet sind und vergessen das
Homogenisieren nicht.
Substanz
Reagenzglas 7
rohe Milch
Methylenblau
deionisiertes
Wasser
Hypoxanthin
10 ml auf 60 °C
erwärmt
1 ml
1 ml
1 ml
Reagenzglas 8
Reagenzglas 9
10 ml auf 80 °C
erwärmt
10 ml auf 90 °C
erwärmt
1 ml
1 ml
1 ml
1 ml
1 ml
1 ml
Farbe nach 2 Min.
Erklärung:
.............................................................................................................................
.............................................................................................................................
.............................................................................................................................
Versuch 4
Die Tabelle zeigt, welche Flüssigkeiten gemischt werden müssen. Gehen Sie von oben nach
unten vor, benützen Sie den Vortex vor und unmittelbar nach der Zugabe von Hypoxanthin
und führen Sie die Versuche wiederum bei 40 °C durch.
Substanz
Reagenzglas 10
Milch
10 ml
pasteurisierte Milch
Methylenblau
deionisiertes
Wasser
Hypoxanthin
1 ml
1 ml
1 ml
Reagenzglas 11
Reagenzglas 12
10 ml
pasteurisierte,
biologische Milch
10 ml
UHT Milch
1 ml
1 ml
1 ml
1 ml
1 ml
1 ml
Farbe nach 2 Min.
Erklärung:
.............................................................................................................................
.............................................................................................................................
.............................................................................................................................
Bemerkungen
Proteine werden im Magen denaturiert, deshalb ist es rohe oder biologische Milch mit viel
Xanthinoxidase nicht wertvoller als UHT Milch.
Die Milch enthält auch nach dem Auftauen genügend Xanthinoxidase.
Hypoxanthin ist dagegen kritisch: die Lösung darf nicht zu alt sein.
Hypoxanthin wird in zwei Schritten zu Harnsäure, die beide durch die Xanthinoxidase
katalysiert werden. Damit die Reaktionsschemata übersichtlich bleiben, wurde die
Zwischenstufe Xanthin verschwiegen.
Die beschriebenen Experimente können auch mit Xanthin durchgeführt werden. Da Xanthin
sich praktisch nicht in Wasser löst, muss in diesem Fall die Suspension eingesetzt werden.
Vielleicht genügt eine mit Xanthin gesättigte Lösung.
Das Experiment zeigt deutlich, dass UHT Milch wesentlich stärker erhitzt wird als
pasteurisierte Milch und dass sich die Enzymaktivitäten in pasteurisierter Milch je nach
Hersteller unterscheiden. Biologische und konventionelle Mich dagegen ergeben dasselbe
Resultat.
Gicht ist meist erblich, betrifft vorwiegend Männer mittleren und hohen Alters und beginnt oft
nachts mit einem heftigen Schmerz in der grossen Zehe. Eine lebhafte Beschreibung eines
Gichtanfalls ist im Biochemie-Buch von L. Stryer nachzulesen. In der Neuen Zürcher Zeitung
vom 03.05.2006 ist unter dem Titel "Gicht - eine alte Wohlstandskrankheit" auf Seite 65 ein
ausgezeichneter Artikel erschienen.
Die Harnsäure kristallisiert in Form von Harnsäuresalzen im Körper aus.
Literatur
F. Helbling, Praxis der Naturwissenschaften - Biologie, 4/45. Jg (1996)
H. Auterhoff et al., Lehrbuch der Pharmazeutischen Chemie, Wissenschaftliche
Verlagsgesellschaft, Stuttgart (1994)
Gicht. Material
Tag
Datum
Lektion
Klasse
Gruppenzahl
.......................................................................................................................................
.......................................................................................................................................
.......................................................................................................................................
.......................................................................................................................................
Allgemein:
200 ml
200 ml
200 ml
50 ml
50 ml
50 ml
50 ml
3 -4
Rohe Milch * (1,6 dl pro Gruppe)
konventionelle gewonnene Pastmilch mit 10 ml Pipette *
biologische Pastmilch mit 10 ml Pipette *
UHT Milch mit 10 ml Pipette
0,1 % Allopurinol-Lösung * (1 Tablette Zyloric® oder Allopur® in 100 ml deionisiertem Wasser lösen, allenfalls filtrieren; 1 Tablette enthält 100 mg Allopurinol)
0,05 % Allopurinol-Lösung *
0,01 % Allopurinol-Lösung *
0,005 % Allopurinol-Lösung *
Vortex: einen pro 2 Gruppen
pro Gruppe:
20 ml
30 ml
1
1
1
1
1
1
1
1
0,1 % Hypoxanthin * (in deionisiertem Wasser; ca. 2 Monate im
Kühlschrank haltbar)
0,04 % Methylenblau-Lösung
800 ml Becherglas weit mit 7 Reagenzgläsern (dient als Ständer
und als Wasserbad)
400 ml Becherglas hohe Form für die rohe Milch
Thermometer bis 100 °C
Stabpipette 10 ml mit Pipettierhilfe
Eppendorfpipette für 1000 Mikroliter mit passenden Spitzen
deionisiertes Wasser
Dreibein
Bunsenbrenner
* bei 4 °C aufbewahren
_________________________
Fassung vom 21. Nov. 2012
Herunterladen