Versuchsvorschriften zum Praktikum Allgemeine Chemie

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"PRAKTIKUM ALLGEMEINE CHEMIE"
LABORATORIUMSTECHNIK UND PHYSIKALISCHE CHEMIE
1
Universität-Siegen
Fachbereich Chemie
Labor für Physikalische und Theoretische Chemie
Oktober 2003
A
INHALTSVERZEICHNIS
A
INHALTSVERZEICHNIS ..................................................................................................... 2
B
INFORMATIONEN ZUM ORGANISATORISCHEN ABLAUF ........................................ 5
B.1.
Eingangsvoraussetzungen und Dauer des Praktikums........................................................... 5
B.2.
Durchführung und Bewertung des Praktikums ...................................................................... 5
C
ALLGEMEINE HINWEISE FÜR DAS ARBEITEN IM CHEMISCHEN LABORATORIUM 7
D
Empfohlene Literatur.............................................................................................................. 8
1
EINFACHE LABORARBEITEN (zur Beachtung) .............................................................. 8
1.1 Das Aufbewahren und Umfüllen von Reagentien ....................................................................... 9
1.2 Handhabung des Bunsenbrenners .............................................................................................. 10
1.3 Erhitzen von Flüssigkeiten im Reagenzglas ............................................................................... 11
2
1.4 Herstellung von Tropfpipetten .................................................................................................... 11
1.5 Herstellung einseitig geschlossener Glasröhrchen..................................................................... 12
1.6 Herstellung eines Gaseinleitungsrohres...................................................................................... 12
1.7 Bohren von Stopfen ...................................................................................................................... 12
2
EINSTELLUNG UND MESSUNG VON TEMPERATUREN........................................... 13
2.1 Eichung eines Thermoelements (L)............................................................................................. 13
2.2 Vergleich verschiedener Temperaturbäder (L) ......................................................................... 13
2.3 Vergleich verschiedener Temperaturmeßgeräte (L) ................................................................. 14
2.4 Kältemischung (L)(T) ................................................................................................................... 14
3
TRENN- UND REINIGUNGSMETHODEN ...................................................................... 15
3.1 Herstellung einer gesättigten Natriumchloridlösung (L) .......................................................... 17
3.2 Kristallisationsversuch (L) .......................................................................................................... 17
3.3 Trennung eines Niederschlages von der Lösung (L) ................................................................. 17
3.4 Destillation von zwei binären Mischungen (L)(T) ..................................................................... 19
3.5 Adsorption an Aktivkohle (L) ..................................................................................................... 21
3.6 Adsorptionschromatographie (Säulenchromatographie) (L) .................................................. 21
3.7 Ausschütteln von Iod mit einem organischen Lösungsmittel (L) ............................................. 22
3.8 Verteilungschromatographie (Papierchromatographie) (L) ................................................... 22
3.9 Abtrennung von Ionen mit Hilfe eines Ionenaustauschers (L) ................................................. 23
4
3.10
Sublimation (L) ........................................................................................................................ 23
3.11
Reinigung einer unbekannten Substanz durch Umkristallisieren (L)(T) ........................... 24
EIGENSCHAFTEN VON ATOMEN UND MOLEKÜLEN .............................................. 24
4.1 Abschätzung von Moleküldimensionen durch Dichtemessungen (L) ...................................... 27
4.2 Eine einfache Spektralanalyse (L)(T) ......................................................................................... 27
4.3 Das Lambert-Beersche Gesetz (T) .............................................................................................. 28
5
DAS CHEMISCHE GLEICHGEWICHT ........................................................................... 30
3
5.1 Verhalten einer wäßrigen Lösung von Antimontrichlorid (L) ................................................. 32
5.2 Dissoziationsgleichgewicht von Fe(SCN)3................................................................................... 32
5.3 Herabsetzung der Löslichkeit durch Zusatz gleichioniger Stoffe (L) ...................................... 32
5.4 Kopplung von zwei Lösungsgleichgewichten (L) ....................................................................... 33
6
SÄUREN UND BASEN ........................................................................................................ 34
6.1 Das Verhalten starker und schwacher Säuren und Basen (L) ................................................. 40
6.2 Eigenschaften von Puffergemischen ........................................................................................... 40
7
FLÜSSIGKEITEN UND FLÜSSIGE MISCHUNGEN ..................................................... 40
7.1 Untersuchung der Mischbarkeit von Alkoholen mit Wasser und n-Hexan (L)...................... 46
7.2 Untersuchung der Mischbarkeit von Carbonsäuren mit Wasser ............................................ 46
7.3 Volumen- und Temperaturänderungen beim Mischen von Flüssigkeiten (L)........................ 47
7.4 Bestimmung der Löslichkeitskurve einer Verbindung (T) ....................................................... 47
7.5 Lösungswärme von CaCl2 und CaCl26H2O (L)......................................................................... 48
7.6 Bestimmung der Wärmekapazität eines einfachen Kalorimeters............................................ 48
7.7 Bestimmung der spezifischen Lösungswärme eines unbekannten Salzes (T) ......................... 50
7.8 Bestimmung der Molalität einer Salzlösung (T) ........................................................................ 50
7.9 Der Nernstsche Verteilungssatz, nur (L) .................................................................................... 51
7.10
8
Bestimmung des Verteilungskoeffizienten von Iod zwischen CHCl3 und Wasser (T) ....... 51
TRANSPORTVORGÄNGE .................................................................................................. 53
8.1 Untersuchung der Diffusion von NH3 und HCl in Luft (L) ...................................................... 54
8.2 Leitfähigkeit von Elektrolyten (T) .............................................................................................. 55
8.3 Ermittlung der Viskosität verschiedener Alkohole ................................................................... 56
9
ELEKTROCHEMIE ............................................................................................................. 58
9.1 Messung der EMK einer Konzentrationskette (zu zweit) (L) .................................................. 64
9.2 Messung des Löslichkeitsprodukts von AgCl (zu zweit) drinlassen? ...................................... 64
10
EINFACHE ANALYSEN ..................................................................................................... 65
4
10.1
Zweistoffanalyse (nur L).......................................................................................................... 65
10.2
Dreistoffanalyse (nur B) .......................................................................................................... 65
B
INFORMATIONEN ZUM ORGANISATORISCHEN ABLAUF
B.1.
Eingangsvoraussetzungen und Dauer des Praktikums
Für das Praktikum "Allgemeine Chemie" bestehen im Prinzip keine Eingangsvoraussetzungen. Ausgenommen von dieser Regelung sind alle
Studenten, die bereits zu einem früheren Semester an der Universität-Siegen für Chemie eingeschrieben waren: Sie sollten den Leistungsnachweis zur
Vorlesung "Allgemeine Chemie" vorweisen können. Melden sich mehr Studenten an, als Praktikumsplätze vorhanden sind, so werden die Studenten
zurückgestellt, die in einem früheren Semester schon einmal am Praktikum teilgenommen haben.
Das Praktikum findet im Wechsel mit dem Praktikum „Anorganische Chemie 1“ statt, die Termine werden durch Aushang bekanntgegeben. Die
Praktikumslabore sind montags bis donnerstags jeweils von 13.00 bis 17.00 Uhr geöffnet.
B.2.
Durchführung und Bewertung des Praktikums
Die einzelnen Versuche sind kapitelweise in der durch das Skriptum vorgegebenen Reihenfolge durchzuführen. Der Versuch 9.1 wird von 2 Studenten
gemeinsam durchgeführt, wobei aber getrennte Protokolle zu erstellen sind.
Bereiten Sie sich bitte im eigenen Interesse rechtzeitig und nicht erst im Praktikumssaal gründlich auf jeden Praktikumstag vor. Wer ohne
die notwendigen Vorkenntnisse beim Experimentieren angetroffen wird, verläßt das Praktikum, um die Vorbereitung nachzuholen.
Wenn Sie sich bei der Entsorgung von Chemikalien unsicher sind, halten Sie unbedingt mit einem Assistenten Rücksprache. Die falsche
Entsorgung von Substanzen führt zum Ausschluß vom Praktikum für den jeweiligen Tag.
Bachelor-Studenten haben mit Ausnahme von Versuch 7.9 alle Versuche zu bearbeiten, Lehramt-Studenten müssen alle Versuche bearbeiten, die mit
einem (L) gekennzeichnet sind.
Den Abschluß einzelner Versuche lassen Sie sich auf dem Meßprotokoll durch einen Assistenten abzeichnen; dabei führen Sie die Ergebnisse von
Handversuchen vor. Die entsprechenden Proben oder Lösungen müssen anschließend im Beisein des Assistenten vernichtet werden. Kann das
Ergebnis eines Versuchs nicht mehr vorgezeigt werden, gilt der Versuch als nicht durchgeführt und muß wiederholt werden.
Bei bestimmten Versuchen müssen spezielle Werte oder ein unbekannter Stoff bestimmt werden. Diese Versuche sind im Skript mit einem (T)
gekennzeichnet. Die Ergebnisse dieser Versuche werden von den Assistenten extra kontrolliert und müssen bei einem falschen Ergebnis bzw. einer zu
großen Abweichung vom Literaturwert wiederholt werden.
5
Bei bestimmten Versuchen ist es notwendig, daß der erhaltene Meßwert in eine andere Größe umgerechnet wird. In diesem Fall steht in der
Versuchsvorschrift, welcher Wert testiert wird.
Wurden alle Versuche eines Kapitels durchgeführt, muß ein Protokoll über die jeweiligen Versuche angefertigt werden. Das Protokoll sollte folgende
Punkte enthalten:
- die Problemstellung
- eine Versuchsbeschreibung
(Diese beiden Punkte können kopiert und ins Protokollheft eingeklebt werden. Studenten, die ihre Protokolle mit dem PC anfertigen, können auf
Anfrage eine Datei mit dem Skript als Word-Dokument bekommen)
- Beobachtungen und Meßwerte (Originalmeßprotokoll mit Testaten, keine Zweitschrift)
- die Auswertung
- die Ergebnisse und eine Diskussion der Ergebnisse
Es ist darauf zu achten, daß in der Auswertung alle Aufgaben bearbeitet sind, die bei den jeweiligen Versuchen aufgeführt sind. Dies sind im
Wesentlichen:



die Beantwortung der einzelnen Fragen
die Herleitung von Formeln
die graphische Auswertung von Meßergebnissen
Fehlt ein Teil der Auswertung oder ist sie in hohem Maße fehlerhaft, wird das Protokoll zurückgegeben und muß korrigiert werden.
Nachdem die Protokolle durch die Assistenten kontrolliert wurden, wird das Kapitel mit einem sog. Kolloquium abgeschlossen. Diese finden nach
Absprache mit dem jeweiligen Assistenten zu zweit, in Ausnahmefällen einzeln, statt und dienen dazu, noch offene Fragen zu beantworten und die
Kenntnis der entsprechenden theoretischen Grundlagen zu überprüfen. Hierfür wird eine Note von 1-4 vergeben, dabei wird auch die Protokollführung
berücksichtigt. Zeigt sich, daß die theoretischen Grundlagen zu großen Teilen oder vollständig fehlen, so gilt das entsprechende Kapitel als nicht
durchgeführt und wird mit „mangelhaft“ bewertet. Das Kolloquium kann einmal wiederholt werden.
Zu folgenden Kapiteln wird jeweils ein Kolloquium durchgeführt:
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5+6
Kapitel 7
Kapitel 8+9
6
Die zu einem neuen Kapitel gehörenden Versuche dürfen erst in Angriff genommen werden, wenn das Kolloquium zum vorletzten Kapitel
erfolgreich abgeschlossen ist. Beispiele:
Mit den Versuchen von Kapitel 4 darf erst begonnen werden, wenn das Kolloquium zu Kapitel 2 abgelegt wurde.
Mit den Versuchen von Kapitel 8 darf erst begonnen werden, wenn das Kolloquium zu Kapitel 5+6 abgelegt wurde.
Evtl. Ausnahmen sind mit den Assistenten abzusprechen.
Die Bewertung des Praktikums bzw. die Endnote setzt sich aus den jeweiligen Noten der Kolloquien und einem allgemeinen Eindruck zusammen.
Letzterer beinhaltet Faktoren wie selbstständiges Arbeiten, Sauberkeit, richtige Entsorgung von Abfällen, sorgfältiger Umgang mit Gefahrstoffen, etc.
Voraussetzung zum Bestehen des Praktikums ist weiterhin die Durchführung aller vorgesehenen Versuche in der zur Verfügung stehenden Zeit.
Studenten, die dies nicht schaffen, müssen das Praktikum komplett wiederholen. Ausnahmen hiervon werden nur bei besonderen Umständen gemacht,
z.B. längerer Krankheit. In diesem Fall ist eine entsprechende Bescheinigung vorzulegen.
C
ALLGEMEINE HINWEISE FÜR DAS ARBEITEN IM CHEMISCHEN LABORATORIUM
Die Gewährleistung der Sicherheit für alle am Praktikum beteiligten Personen ist oberster Grundsatz. Aus diesem Grund wird nachdrücklich auf
folgende Gebote hingewiesen.
-
Wenn Sie essen, trinken oder rauchen wollen, so dürfen Sie das an jedem beliebigen Ort, nur nicht in den Praktikumsräumen tun.
-
Der Genuß von alkoholischen Getränken unmittelbar vor oder während des Praktikums führt zum Ausschluß vom Praktikum für den jeweiligen
Tag.
-
Achten Sie auf äußerste Sauberkeit an Ihrem Arbeitsplatz und den Gemeinschaftseinrichtungen (Abzüge, Ausgüsse, Trockenschränke, etc.). Von
Ihnen verursachte Verunreinigungen etc. sind unverzüglich zu beseitigen.
-
Mit Besuchern dürfen Sie sich überall, nur nicht in den Praktikumsräumen treffen. Zutritt zu diesen haben nur die dort arbeitenden Studenten,
Assistenten, Professoren des Fachbereichs Chemie und, falls notwendig, Haustechniker
-
Das Tragen einer Schutzbrille in den Praktikumsräumen ist obligatorisch. Ausgenommen davon sind Brillenträger. Die Brillen müssen jedoch mit
einem Seitenschutz versehen sein.
-
Sehr giftige Chemikalien sind durch einen Totenkopf gekennzeichnet. Bei Verwendung von solchen Substanzen ist in ganz besonderem Maß auf
Sauberkeit zu achten. Interpretieren Sie das Fehlen eines Totenkopfs nicht so, daß diese Chemikalien als Genußmittel zu betrachten sind. Waschen
7
Sie sich möglichst oft die Hände mit Seife.
-
Das Tragen von Schutzhandschuhen empfiehlt sich in manchen Fällen. Achten Sie jedoch darauf, daß Sie nichts mit Schutzhandschuhen anfassen,
was von anderen Studenten ohne Schutzhandschuhe angefasst werden könnte, beispielsweise ein Wasserhahn.
-
Versuche, bei denen übelriechende oder giftige Gase entstehen, müssen unter allen Umständen unter dem Abzug ausgeführt werden. Die Fenster
unbenutzter Abzüge sind geschlossen zu halten, weil die Entlüftungswirkung in den anderen sonst verringert wird. Mit leicht brennbaren
Substanzen, z.B. Ether, sollten Sie nur arbeiten, wenn sichergestellt ist, daß keine in der Nähe befindliche Flamme zu einer Entzündung führen
kann.
-
Informieren Sie sich nicht erst im Ernstfall, wo Feuerlöscher, Augenwaschflaschen, Erste-Hilfe-Schrank, Telefon, etc. zu finden sind.
-
Beachten Sie die Anschläge am "Schwarzen Brett" und an den Türen der Praktikumsräume .
-
Alles was nicht auf dieser Liste steht, darf mitnichten gemacht werden, wenn es dem gesunden Menschenverstand widerspricht.
Verstöße gegen einen dieser Punkte oder gegen die allgemeine Laborordnung werden mit einer Einzahlung in die Laborkasse geahndet. Die Höhe der
Einzahlung für bestimmte Verstöße ist aus der aushängenden Liste zu entnehmen. Grob fahrlässiges Verhalten wird jedoch mit dem Ausschluß vom
Praktikum bestraft.
Ausrüstungsgegenstände und Chemikalien werden Ihnen von der Hochschule kostenlos zur Verfügung gestellt. Gehen Sie bitte sorgfältig und sparsam
mit diesen Dingen um. Für beschädigte Geräte muß Ersatz geleistet werden.
D
Empfohlene Literatur
G. Jander, E. Blasius, Lehrbuch der analytischen und präparativen anorganischen Chemie, S. Hirzel Verlag, Stuttgart.
C.E. Mortimer, Chemie-Das Basiswissen der Chemie; mit Übungsaufgaben, Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
P.W. Atkins, Chemie, einfach alles, VCH, Weinheim.
Autorenkollektiv, Organikum, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin.
E. Riedel, Anorganische Chemie, de Gruyter, Berlin, New York.
1 EINFACHE LABORARBEITEN (zur Beachtung)
8
Die Inhalte dieses Kapitel können im Kolloquium zu Kapitel 2 zusätzlich abgefragt werden.
1.1
Das Aufbewahren und Umfüllen von Reagentien
Zur Aufbewahrung von Reagentien dienten früher fast ausschließlich Glasgefäße, für Flüssigkeiten solche mit engen, für feste Stoffe mit weitem Hals.
Da Kork- und Gummistopfen den Flascheninhalt leicht verunreinigen können, sind eingeschliffene Glasstopfen unbedingt vorzuziehen. Glas wird von
neutralen und sauren Flüssigkeiten kaum, merklich aber von alkalisch reagierenden angegriffen und verunreinigt diese; Glasgefäße aus Geräteglas
sind widerstandsfähiger, aber nicht vollständig resistent. Zur Aufbewahrung alkalischer Stoffe, z. B. von Natronlauge, Soda- oder Ammoniak-Lösung,
sind Flaschen aus Polyethylen besser geeignet; sie eignen sich wegen ihrer Unzerbrechlichkeit auch zum Transport größerer Mengen. Es ist aber zu
beachten, daß Gase wie NH3, HCl und CO2 langsam durch Polyethylen diffundieren können und daß die Flaschenwand unter Umständen geringe
Mengen organischer Substanz an den Inhalt abgeben kann. Auf eine haltbare und leserliche Beschriftung der Polyethylenflaschen, z. B. unter
Verwendung von Spezialetiketten oder einem Filzschreiber mit dauerhaftem Farbstoff, ist besonders zu achten, weil viele sonst übliche
Kennzeichnungsverfahren hier versagen. Vor dem Bekleben oder Beschriften muß die betreffende Stelle der Flasche mit Ethanol gereinigt werden.
Das Eingießen von flüssigen Reagentien aus einer Flasche in ein Reagenzglas ist eine der kleinen Handhabungen, die der Chemiker besonders häufig
auszuführen hat. Zuerst wird der Stopfen mit der Rückseite auf den Labortisch gestellt und danach die Flüssigkeit in das Reagenzglas eingefüllt.
Dabei ist die Flasche in einer Hand mit vollem Griff so zu fassen, so daß die Beschriftung beim Gießen nach oben zeigt. Andernfalls könnte ein
herunterlaufender Tropfen die Beschriftung beschädigen. Mit der anderen Hand hält man das Reagenzglas. Beim Umgießen ist zu beachten, daß der
Rand der Flasche nicht den Rand des Reagenzglases berührt, da sonst der Inhalt der Flasche verunreinigt werden kann. Befinden sich am
Reagenzglasrand keine anderen Chemikalien oder Verunreinigungen, so kann sich andererseits ein Aufsetzen als vorteilhaft erweisen, da man den
letzten Tropfen der Flüssigkeit vom Rand der Flasche am Reagenzglasrand abstreifen kann.
Gewöhnt man sich an diese Art der Ausführung, so bleiben die Reagentien stets sauber, die Flaschen und ihre Beschriftung sowie die
Reagentienregale werden nicht beschmutzt, und es kann niemals vorkommen, daß man einen Stopfen auf eine falsche Flasche setzt. Flaschen ohne
aufgebördelten Rand, die heute in den Handel gebracht werden, sind zum Ausgießen kleiner Mengen schlecht brauchbar, weil das Herablaufen von
Tropfen an der Außenseite und Verschmutzungen unvermeidbar sind.
Bei Versuchen im Reagenzglas ist es oft erforderlich, die Reagenzlösungen tropfenweise zuzusetzen. Mit einiger Übung gelingt dies leicht durch
vorsichtiges Neigen der Flasche; zweckmäßig ist es, die verschlossene Flasche vorher einmal umzuschütteln und mit dem dadurch befeuchteten
Stopfen nach dem Öffnen die Stelle des Halses zu benetzen, an der der Tropfen ausfließen soll.
In gewissen Fällen sind Tropfpipetten nützlich. Sie bestehen aus einem Glasrohr von 4 -6 mm lichter Weite und etwa 6 - 10 cm Länge, das an einem
Ende zu einer Verjüngung ausgezogen, abgeschnitten und dann rundgeschmolzen wird, während über das andere Ende ein Pipettenhütchen gezogen
wird. Sie müssen nach Gebrauch stets sorgsam gesäubert werden, was etwas umständlich ist, da dies nur nach Abnahme des Pipettenhütchens durch
Ausspülen beider Teile mit destilliertem Wasser sicher gelingt. Das erfordert sehr sauberes Arbeiten, weil jede Verunreinigung der Pipette den ganzen
Flascheninhalt unbrauchbar macht. Besser sind Tropfflaschen aus Polyethylen, deren Schraubverschluß eine Tropfkapillare trägt. Bei diesen Flaschen
9
ist die Gefahr einer Verunreinigung geringer. Eine Verwechslung der Verschlußkappen für die Kapillaren wird vermieden, wenn die Kappen mit
einem Kunststoffband d am Schraubverschluß befestigt sind.
Zur Bestimmung der ungefähren Tropfengröße lasse man je etwa einen Milliliter aus einer Flasche bzw. einer Tropfpipette in einen Meßzylinder
ausfließen und zähle dabei die Tropfen.
Führt man Reaktionen durch, bei denen sich beim Zugeben einer Reagenzflüssigkeit Gase entwickeln, so gießt man die Lösung nicht aus der
Reagentienflasche zu, da in diesem Fall die sich entwickelnden Gase häufig den ganzen Inhalt der Flasche verunreinigen. Vielmehr füllt man erst die
erforderliche Menge der Flüssigkeit in ein sauberes Reagenzglas und gießt sie von dort in das Reagenzglas mit der zu untersuchenden Substanz, oder
man verwendet eine Tropfpipette, die nach Gebrauch zu säubern ist.
Das Ausschütten von festen Reagentien aus Flaschen ist nach Möglichkeit zu vermeiden, da man dabei schlecht dosieren kann. Man entnimmt die
benötigte Menge vielmehr mit einem sauberen Spatel oder Löffel. Hat man dabei einmal etwas mehr genommen, als benötigt wird, so gibt man den
Rest - wenn es sich nicht um besonders teure Substanzen handelt - nicht in die Flasche zurück, sondern in den Abfalleimer. Dies gilt besonders für
Substanzen, die auf den Arbeitstisch gefallen sind. Reste von löslichen Giftstoffen, wie den Cyaniden, dürfen nicht in den Abfalleimer gegeben
werden, sondern müssen in speziell dafür vorgesehene Abfallflaschen gefüllt oder auf andere Art unschädlich gemacht werden (bitte beim Assistenten
rückfragen). Zum Einfüllen pulverförmiger Substanzen in Gefäße mit kleiner Öffnung werden Pulvertrichter verwendet.
1.2
Handhabung des Bunsenbrenners
Zur Erzeugung höherer Temperaturen benutzt man heute im chemischen Laboratorium im großen Umfang elektrische Öfen. Wenn nur kleine Proben
z. B. im Reagenzglas erhitzt werden sollen, wie es bei den in diesem Skript beschriebenen einfachen Versuchen meist der Fall ist, verwendet man
zweckmäßig den von Robert Bunsen erfundenen und nach ihm benannten Gasbrenner. Dieser besitzt am unteren Teil des eigentlichen Brennerrohres
ein mit Öffnungen versehenes Rohrstück, das so verstellt werden kann, daß der Gasstrom mehr oder weniger große Mengen Luft ansaugt. Stellt man
es so ein, daß keine Luft eintritt, so erhält man eine gelbe, ''leuchtende" Flamme. Dieses Leuchten rührt daher, daß infolge der ungenügenden
Luftzufuhr im Inneren der Flamme eine unvollständige Verbrennung stattfindet. Von den Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff, aus denen
das Leuchtgas besteht, vereinigt sich dabei der Wasserstoff leichter mit dem Luftsauerstoff, während der Kohlenstoff im wesentlichen nur am
Flammenrand verbrennt. Bei der Flammentemperatur leuchten die vorübergehend gebildeten festen Kohlenstoff- (Ruß-) Teilchen. Infolge dieses
Gehalts an unverbrannten, brennbaren Stoffen kann diese Flamme Stoffen, die leicht Sauerstoff abgeben, den Sauerstoff entziehen: sie wirkt schwach
reduzierend. Stärkere Reduktionswirkungen erzielt man mit dem Lötrohr.
Läßt man dagegen durch die Öffnung Luft zutreten, so verbrennt auch der Kohlenstoff im Flammeninneren. Da die Flamme jetzt keine glühenden
festen Teilchen enthält, leuchtet sie nicht ("entleuchtete" Flamme). In diesem Fall unterscheidet man einen inneren, blauen Kegel und einen äußeren,
bei reinem Brenner und staubfreier Luft, nahezu farblosen Mantel. Der innere Kegel ist verhältnismäßig kalt. Hält man ein Stückchen Holz
(Streichholz ohne Kuppe) einen Augenblick quer in die Flamme, so verkohlt es nur an den Stellen, mit denen es sich im äußeren Mantel befindet. Da
der innere Kegel unverbranntes Gas im Überschuß enthält, wirkt er reduzierend. Besonders geeignet für Reduktionswirkungen ist seine oberste Spitze,
weil er an dieser am heißesten ist. Am äußeren Rand des äußeren Kegels ist ein geringer Sauerstoffüberschuß vorhanden; dieser Teil wirkt daher
10
schwach oxidierend, er kann eingebrachten Substanzen Sauerstoff zuführen. Bessere Oxidationswirkungen erzielt man jedoch mit dem Gebläse oder
dem Lötrohr.
Ist die Luftzufuhr zu groß oder der Gasdruck zu klein, so schlägt der Brenner ''zurück", d. h. die Verbrennung erfolgt im Inneren des Brennerrohrs an
der Gaseintrittsdüse. In solchen Fällen muß die Gaszufuhr sofort abgestellt werden, da sonst der Brenner beschädigt wird. Nach dem Erkalten des
Brenners stellt man die Luftzufuhr etwas kleiner oder die Gaszufuhr größer. Bei Nichtbenutzung des Brenners lasse man nur die Sparflamme brennen.
Ist eine entsprechende Einrichtung am Brenner nicht vorhanden, so stellt man die Luftzufuhr ab und drosselt dann die Gaszufuhr so stark, daß nur
noch eine kleine Flamme brennt.
Zum Erhitzen kleiner Reagenzgläser, die zur Vermeidung eines Siedeverzugs um so weniger hoch gefüllt sein dürfen, je enger sie sind, und zum
Erwärmen von Objektträgern hält man diese über und nicht in die Sparflamme des Brenners.
1.3
Erhitzen von Flüssigkeiten im Reagenzglas
Beim Erhitzen von Flüssigkeiten im Reagenzglas, insbesonders wenn ein Bodenkörper vorhanden ist, ist das Reagenzglas immer leicht zu bewegen.
Durch diese leichte Schüttelbewegung wird ein Siedeverzug und das damit verbundene Herauskochen der Flüssigkeit aus dem Reagenzglas
verhindert. Außerdem werden dadurch die Wände des Reagenzglases innen andauernd mit Flüssigkeit befeuchtet, wodurch eine Überhitzung der
Glaswände vermieden wird. Wenn man den Inhalt zum Sieden erhitzen will, soll das Reagenzglas nicht mehr als 1/4 mit Flüssigkeit gefüllt sein;
nötigenfalls gießt man in ein größeres Glas um. Soll die Flüssigkeit längere Zeit sieden, z. B. beim Einengen, so sollte man Reagenzgläser von
mindestens 16 mm Durchmesser verwenden. Aus Sicherheitsgründen ist darauf zu achten, daß man beim Erhitzen und bei Reaktionen im Reagenzglas
die Mündung des Glases niemals auf sich oder andere Personen richtet.
Im Folgenden wird die Herstellung einfacher Glasgeräte beschrieben, die im chemischen Labor gute Dienste leisten und bei Bedarf selbst angefertigt
werden können.
1.4
Herstellung von Tropfpipetten
Ein Stück Glasrohr wird auf eine Länge von 25 bis 30 cm zurechtgeschnitten. Zum Abschneiden ritzt man mit einem Glasschneider zunächst an der
gewünschten Stelle ein und bricht dann unter schwachem Ziehen auseinander. Zur Vermeidung von Schnittverletzungen muß das Rohr mit einem
Tuch oder Papier umwickelt werden. Bricht das Rohr nicht bei schwachem Ziehen, so muß man die Ritzstelle vertiefen.
Die scharfkantigen Bruchstellen des Glases (Verletzungsgefahr) werden unter ständigem Drehen so lange in die Bunsenbrennerflamme gehalten, bis
die Kanten rund geschmolzen sind. Dann wird das Glasrohr in der Mitte unter fortwährendem Drehen in der Flamme so lange erhitzt, bis es an der
erhitzten Stelle weich geworden ist. Jetzt nimmt man das Glasrohr aus der Flamme und zieht es langsam aus, bis die gewünschte Verjüngung erreicht
ist. Nach dem Erkalten durchtrennt man im ausgezogenen Teil des Glasrohres und schmilzt die Ränder rund.
11
Über die weiteren Enden können dann Pipettenhütchen gezogen werden.
1.5
Herstellung einseitig geschlossener Glasröhrchen
Man schneidet einige 10 bis 12 cm lange Stücke Glasrohr ab. Ein solches Stück erwärmt man in der Mitte bis zum Erweichen und zieht es sofort aus,
so daß ein dünnes Glasröhrchen die beiden Seiten verbindet. Nachdem man die beiden Teile durch Abschmelzen getrennt hat, versucht man durch
Drehen in der Flamme die spitzen Enden abzurunden.
Wichtig ist, daß das Röhrchen durch eine Rundung von gleichmäßiger Wandstärke verschlossen wird. Gegebenenfalls kann man auch außerhalb der
Flamme vorsichtig aufblasen und auch überschüssiges Glas mit einem zweiten Rohrstück entfernen.
1.6
Herstellung eines Gaseinleitungsrohres
Ein Glasrohr von ungefähr 20 cm Länge soll so in einem Winkel von 60 - 70o gebogen werden, daß der eine Schenkel ca. 6 cm und der andere ca. 14
cm lang wird.
Ein richtig gebogenes Rohr soll überall gleiche Wandstärke besitzen. Dazu wird das Glasrohr an der Knickstelle zunächst dickwandig gemacht. Dann
biegt man unter gleichzeitigem Ziehen. Dabei nimmt der Durchmesser an der Biegestelle ab. Durch vorsichtiges Aufblasen wird dies ausgeglichen.
Hierzu wird das Rohr an einer Seite vorher verschlossen. Abschließend werden die Schnittkanten abgerundet.
1.7
Bohren von Stopfen
Beim Bohren von Stopfen benetzt man den Stopfenbohrer unter Zusatz von Glycerin oder Natronlauge. Beim Bohren wird der Stopfen auf eine
weiche Unterlage (z. B. Holz oder Pappe) gestellt, um die Schneide des Stopfenbohrers nicht zu beschädigen. Beim Bohren und beim späteren
Einsetzen des Glasrohres sollten Arbeitshandschuhe getragen werden, um die Hände vor Verletzungen zu schützen.
12
2
EINSTELLUNG UND MESSUNG VON TEMPERATUREN
Die Temperatur spielt in der Chemie eine sehr wichtige Rolle. Um einen Prozeß (z. B. Reaktion, Verdampfen, Schmelzen etc.) unter definierten
Bedingungen ablaufen zu lassen, muß die Temperatur kontrolliert werden. Dies bedeutet, daß man definierte Temperaturen erzeugen und messen
können muß. Zur Messung werden häufig Thermometer und Thermoelemente eingesetzt.
2.1
Eichung eines Thermoelements (L)
Man hält eine der Verbindungsstellen des Thermoelements in siedendes Wasser, die andere in ein Eis-Wasser-Gemisch und notiert die auf dem
angeschlossenen Meßgerät angezeigte Spannung. Welche Spannung wird gemessen, wenn sich beide Verbindungsstellen in dem Eis-Wasser-Gemisch
befinden? Im Protokoll sind die beiden Meßwerte sind in ein Diagramm einzutragen. Die Punkte werden durch eine Gerade verbunden, die als
Eichkurve dient.
Testiert wird die ermittelte Steigung U/T (1°C = ? mV)
2.2
Vergleich verschiedener Temperaturbäder (L)
Sandbad
Man erhitze das ausgegebene 250 ml Becherglas mit der Seesandfüllung auf einem Dreifuß mit einem Drahtnetz über dem Bunsenbrenner und messe
dabei in Minutenabständen die Temperatur im Sandbad ca. 1 cm unterhalb der Sandoberfläche und etwa 1 cm oberhalb des Gefäßbodens gleichzeitig
mit zwei baugleichen Alkoholthermometern.
Wenn das untere Thermometer eine Temperatur von 200 °C anzeigt, wird der Brenner abgestellt, dieser Zeitpunkt notiert und der Temperaturverlauf
weiter verfolgt. Wird am unteren Thermometer die maximale Skalentemperatur von ca. 300 °C erreicht, so wird dieses Thermometer herausgezogen
und der Temperaturverlauf nur noch am oberen Thermometer etwa so lange verfolgt, bis keine weitere Änderung bzw. eine Abkühlung erkennbar ist.
Die beobachteten Temperaturen werden im Protokoll in einem Diagramm gegen die Zeit aufgetragen.
Ölbad
Man erhitze das ausgegebene 250 ml Becherglas mit der Siliconölfüllung mit dem Brenner und verfolge den Temperaturverlauf auf die gleiche Weise
13
mit denselben Thermometern wie im Falle des Sandbades.
Dabei ist allerdings darauf zu achten, daß das Öl nicht über 200 °C erhitzt werden darf, d.h. bei Erreichen dieser Temperatur wird der Brenner
abgestellt und der Temperaturverlauf noch solange weiter verfolgt, bis die Temperatur zu sinken beginnt.
Die Temperaturen werden wieder in einem Diagramm gegen die Zeit aufgetragen.
Testiert wird jeweils eine Tabelle in der die Zeit gegen die gemessene Temperatur aufgetragen ist.
2.3
Vergleich verschiedener Temperaturmeßgeräte (L)
Zum Vergleich der vorhandenen Temperaturmeßgeräte werden zwei Flüssigkeitsthermometer und das Thermoelement so - z.B. mit einer Schnur oder
einem Gummiband, evtl. mit Stativmaterial - verbunden, daß die eine Kontaktstelle des Thermoelements und die Thermometerkugeln auf gleicher
Höhe sind und sich somit bei gleicher Temperatur befinden.Diese Vorrichtung wird in das Ölbad so eingebracht, daß sich die Meßstelle etwa in der
Mitte des Ölbads befindet. Die andere Kontaktstelle des Thermoelements befindet sich während des gesamten Versuchs in einer Eis/WasserMischung. Das Ölbad wird nun langsam und unter ständigem Rühren (Glasstab) mit dem Brenner erhitzt. Lesen Sie die von den Thermometern
angezeigten Temperaturen immer dann ab und notieren Sie sie, wenn die angezeigte Spannung am Voltmeter folgenden Temperaturen entspricht:
50, 75, 100, 125, 150 und 175 °C
Der Versuch ist ebenfalls graphisch auszuwerten. Dabei sollen Sie die Differenz zwischen der Anzeige eines Thermometers T und der Anzeige des
Thermoelements TTE gegen die Anzeige des Thermoelements TTE auftragen (T- TTE gegen TTE ). Machen Sie diese Auftragung für beide
Thermometer
2.4
Kältemischung (L)(T)
Geben Sie für diesen Versuch ein mit Namen und Platznummer beschriftetes, großes Becherglas in der Chemikalienausgabe ab.
Geben Sie nacheinander in getrennten Versuchen
a) 25 g, b) 50 g, c) 100 g
des ausgegebenen Salzes zu einem Gemisch aus 100 g Eis und 50 g Wasser. Es muß während der gesamten Versuchsdauer Eis vorhanden sein.
Verfolgen Sie den Temperaturverlauf mit einem Kältethermometer (Analysenausgabe) und notieren Sie im Abstand von einer Minute die gemessenen
Temperaturen.
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Testiert wird die erstellte Tabelle, entscheidend ist die jeweils tiefste Temperatur, die gemessen wurde.
Erläutern Sie Ihre Ergebnisse im Protokoll.
3 TRENN- UND REINIGUNGSMETHODEN
Der Chemiker steht immer wieder vor dem Problem, Substanzen in möglichst reiner Form herzustellen, wobei die Fragestellungen sehr
unterschiedlich sein können, wie an einigen Beispielen gezeigt werden soll:
-
Trennung von Substanzen in unterschiedlichen Aggregatzuständen (z. B. fest oder gasförmig von flüssig)
Trennung von Substanzen im gleichen Aggregatzustand (z. B. flüssig von flüssig)
Abtrennung von Verunreinigungen niedriger Konzentration in einer im Überschuß vorhandenen Komponente
Gewinnung sämtlicher Komponenten in reiner Form
Natürlich ist die Lösung der genannten Probleme umso leichter möglich, je genauer man die Eigenschaften der einzelnen, reinen Komponenten kennt.
Wichtige Merkmale, über die man reine Substanzen charakterisieren kann, sind
-
der Schmelzpunkt
der Siedepunkt
die Löslichkeit in bzw. die Mischbarkeit mit verschiedenen Lösungsmitteln.
Die Bestimmung des Siedepunktes und der Löslichkeit bzw. der Mischbarkeit bleibt Ihrer experimentellen Phantasie und Ihrem Geschick überlassen.
Bei der Bestimmung des Schmelzpunktes benutzen Sie die mit Siliconöl gefüllten Schmelzpunktapparate nach Thiele, die Sie in der
Chemikalienausgabe ausleihen können. Denken Sie daran, daß lösliche Verunreinigungen (organische Verbindungen lösen sich praktisch immer
ineinander) immer zu einer Erniedrigung des Schmelzpunktes führen. Dies nutzt man bei der Feststellung des Mischschmelzpunktes aus. Zwei
Substanzen sind dann und nur dann identisch, wenn der Schmelzpunkt ihrer Mischung gleich dem der reinen Substanzen ist.
Trennung von Gemischen fester und flüssiger Substanzen
Jeder feste Stoff löst sich mehr oder weniger stark in flüssigen Substanzen. Wenn die Konzentration des in Lösung gegangenen Stoffes so gering ist,
daß man sie nicht mehr nachweisen kann, bezeichnet man den Stoff als unlöslich in dem betreffenden Lösungsmittel. Solange noch feste Substanz in
der Lösung vorhanden ist, ist die bei gegebener Temperatur und bei gegebenem Lösungsmittel sich einstellende Gleichgewichtskonzentration eine für
die Substanz charakteristische Größe. Man nennt sie die Konzentration der gesättigten Lösung oder Sättigungskonzentration. Sie nimmt in der Regel,
15
jedoch nicht immer, bei Temperaturerhöhung zu, da meistens beim Lösevorgang Wärme verbraucht wird. Kühlen wir eine solche gesättigte Lösung
ab, so fällt feste Substanz aus, um die Gleichgewichtskonzentration der Lösung wieder herzustellen. Dieses Ausfallen erfolgt umso schneller, je
stärker die Lösung abgekühlt wird. Ist die Keimbildungsgeschwindigkeit der festen Substanz größer als die Geschwindigkeit, mit der die gelösten
Moleküle oder Ionen ihren Platz im Kristallgitter finden (Wachstumsgeschwindigkeit), so bildet sich ein feinkristalliner Niederschlag, der beim
Abtrennen von der Lösung viel mehr Mühe macht als ein grobkristalliner Niederschlag. Ist die Keimbildungsgeschwindigkeit deutlich kleiner als die
Wachstumsgeschwindigkeit, so kann man das Wachsen von charakteristischen Kristallformen beobachten.
Trennung von flüssigen Gemischen
Zwei flüssige Komponenten werden als nicht mischbar bezeichnet, wenn nach dem Zusammengießen Bereiche entstehen, die durch eine
Phasengrenze getrennt sind. Manchmal dauert es einige Zeit bis sich diese Grenze zwischen den unterschiedlichen flüssigen Phasen deutlich ausbildet.
Die Trennung der beiden Phasen erreicht man mit Hilfe des Scheidetrichters (siehe "Nernstscher Verteilungssatz" in Kap. 7). Die beiden im
Gleichgewicht stehenden Phasen sind nicht rein, sondern es sind Mischungen, bei denen jeweils eine Komponente stark im Überschuß vorhanden ist,
also Komponente 1 in Komponente 2 und Komponente 2 in Komponente 1.
Wir wollen uns in diesem Abschnitt mit mischbaren Flüssigkeiten beschäftigen, also mit solchen, bei denen nach dem Zusammengießen unter den
gegebenen Bedingungen eine einzige Phase entsteht. Daneben wird in diesem Abschnitt auch die Trennung unterschiedlicher geladener Teilchen, also
von Ionen, in wäßriger Lösung durchgeführt.
Bei der Trennung von flüssigen Gemischen nutzt man die folgenden Effekte aus.
1) Die leichter flüchtige Komponente reichert sich beim Verdampfen im Dampf an. Auf diesem Effekt basiert die Methode der Destillation. Sie
versagt oder führt nur noch in eingeschränktem Maß zum Erfolg, wenn die Komponenten keine ideale, sondern eine nicht-ideale Mischung bilden.
Eine ideale binäre Mischung liegt in der Regel vor, wenn die beiden Komponenten ähnlich sind. Die Mischung wird weder von einer nennenswerten
Volumenänderung noch von einer der Mischungswärme entsprechenden Temperaturänderung begleitet (siehe "Ideale und nicht-ideale Mischung" in
Kap. 7). Liegt eine nicht-ideale binäre Mischung vor, so werden beim Vermischen Volumen- und/oder Temperaturänderungen beobachtet. In diesem
Fall führt die Destillation oft zu einer reinen Komponente und einem bei konstanter Temperatur siedenden, sog. azeotropen, Gemisch.
2) Eine oder mehrere Komponenten können sich an der Oberfläche einer in der Mischung befindlichen festen Substanz anreichern. Man nennt diesen
Effekt Adsorption, auf der die Adsorptionschromatographie aufbaut.
3) Eine Substanz reichert sich in einer von zwei nicht miteinander mischbaren flüssigen Phasen an. Dieser Effekt wird durch den Nernstschen
Verteilungssatz beschrieben (siehe Kap.7). Darauf bauen die Technik des Ausschüttelns und die Verteilungschromatographie auf.
Trennung von Gemischen von Festkörpern
Im Prinzip können bei Gemischen von Festkörpern zur Trennung ähnliche Methoden eingesetzt werden, wie bei flüssigen Mischungen. So tritt an die
16
Stelle der Destillation die Sublimation. Dabei reichert sich die leichter flüchtige Komponente eines Gemisches aus festen Bestandteilen im Dampf an.
In Frage kommen ferner die Ausnutzung unterschiedlicher Löslichkeit und anderer Eigenschaften der Komponenten.
Eine für Gemische von Festkörpern typische Methode der Trennung ist das Umkristallisieren. Dabei wird die Probe in einem Lösungsmittel, in dem
die Löslichkeit mit zunehmender Temperatur zunimmt, bei erhöhter Temperatur gelöst - und zwar so, daß eine nahezu gesättigte Lösung entsteht.
Beim Abkühlen kristallisiert dann die im Gemisch stark im Überschuß vorhandene Komponente wieder aus, während die in geringer Konzentration
vorhandenen Verunreinigungen in Lösung bleiben. Es kommt also beim Umkristallisieren weniger auf unterschiedliche Löslichkeit der verschiedenen
Komponenten an als vielmehr darauf, daß die in reiner Form gewünschte Komponente stark im Überschuß vorhanden ist. Das Umkristallisieren ist
somit eigentlich weniger eine Trenn- als eine Reinigungsmethode.
3.1
Herstellung einer gesättigten Natriumchloridlösung (L)
Zu 100 ml Wasser geben Sie von 50 g gemörsertem Natriumchlorid solange zu, bis sich kein Salz mehr löst. Geben Sie die gefundene Salzmenge an
(möglicherweise vorhandene unlösliche Bestandteile sind zu berücksichtigen).
Wieviel Salz enthält ein Liter gesättigte Natriumchloridlösung? Welche Messung müssen Sie zur Bestimmung dieser Konzentration noch
durchführen?
Testiert wird die gelöste Menge an NaCl in 100 ml Wasser sowie die Konzentration der erhaltenen Lösung
3.2
Kristallisationsversuch (L)
Auf einem Wasserbad von etwa 50 - 60 0C sind in drei 100 ml-Bechergläsern jeweils fast gesättigte wäßrige Lösungen von KAl(SO4)212H2O
herzustellen. Das 1. Becherglas wird aus dem Wasserbad in eine vorbereitete Eis-Kochsalz-Mischung gestellt, das 2. auf den Labortisch, das 3. läßt
man im Wasserbad langsam abkühlen. Notieren Sie das Verhalten der drei Lösungen, beschreiben Sie die erhaltenen Kristalle und versuchen Sie Ihre
Beobachtungen zu erklären.
Zusätzlich fülle man in eine Kristallisierschale eine bei Raumtemperatur gesättigte Alaun-Lösung (KAl(SO4)212H2O), lege einen Impfkristall auf den
Boden und bedecke die Schale mit einem Uhrglas. Man beobachte die Lösung über mehrere Tage und beschreibe den erhaltenen Kristall.
3.3
Trennung eines Niederschlages von der Lösung (L)
Man versetze 100 ml Wasser
17
a) mit 5 ml CaCl2 -Lösung und 5 ml Na2CO3 -Lösung
b) mit 5 ml BaCl2-Lösung und 5 ml K2CrO4 -Lösung
c) mit 5 ml FeCl3-Lösung und 5 ml NaOH-Lösung
Charakterisieren Sie die entstehenden Niederschläge. Versuchen Sie, den jeweiligen Niederschlag durch Dekantieren, Filtrieren, Zentrifugieren und
Abnutschen vom Lösungsmittel abzutrennen. Vergleichen Sie die Trennverfahren in Bezug auf ihre Brauchbarkeit für die einzelnen Niederschläge.
Bei der Durchführung der vier Trennmethoden ist wie folgt zu verfahren:
Dekantieren
Durch Neigung des Gefäßes wird die über dem Bodensatz stehende Flüssigkeit abgegossen (dekantiert). Bei einiger Übung gelingt das bereits mit
gewöhnlichen Bechergläsern oder zuvor schräg gestellten Erlenmeyerkolben. Ein einfacher Abgießer zum Dekantieren ohne Flüssigkeitsverlust,
besonders für quantitative Zwecke, besteht aus einem an den Gefäßrand gehaltenen Glasstab, an dem die Flüssigkeit abfließen kann.
Filtrieren
Beim Filtrieren ist es notwendig, die Filtriervorrichtung der Niederschlagsmenge und dem Flüssigkeitsvolumen sowie der jeweiligen
Aufgabenstellung anzupassen. Wenn beispielsweise geringe Mengen fester Substanz aus einer großen Flüssigkeitsmenge isoliert oder quantitativ
bestimmt werden sollen, wird man einen möglichst kleinen Filter wählen, um den geringen Niederschlag auf einem kleinen Raum zu konzentrieren.
Handelt es sich aber darum, geringe Beimengungen fester Stoffe aus einer Lösung zu entfernen, wobei nur die Flüssigkeit weiter verarbeitet werden
soll, so wird man den Filter dem Flüssigkeitsvolumen anpassen, bei großem Flüssigkeitsvolumen also ein Filter mit großer Oberfläche, z. B.
Faltenfilter, wählen, um möglichst schnell filtrieren zu können.
Im Laboratorium wird am häufigsten ein Glastrichter mit eingelegtem Papierfilter benutzt. Die gewöhnlichen Filtrierpapiere werden rund, in
verschiedenen Größen und mit unterschiedlicher Porenweite (2 bis 6 µm) hergestellt. Diese Rundfilter werden gefaltet und in den Trichter eingesetzt,
so daß der innere Rand des Trichters unbedeckt bleibt. Vor dem Filtrieren wird das Papierfilter befeuchtet und an die Trichterwandung gedrückt.
Die Saugwirkung des abfließenden Filtrats kann z.B. durch die Verlängerung der Flüssigkeitssäule unter dem Filter erhöht werden. Dies ist u. a. bei
den speziell für die Schnellfiltration konstruierten Jenaer Analysentrichtern der Fall. Hier beträgt der Trichterwinkel außerdem genau 60 °, so daß die
aus dem Rundfilter hergestellte Filtertüte oben genau anliegen kann. Ihr unterer Teil hängt größtenteils frei, weil am Glastrichter innen Aussparungen
angebracht sind, durch die das Filtrat schnell abfließen kann.
Zentrifugieren
Für das Praktikum stehen elektrische Laborzentrifugen zur Verfügung, die sechs Gläser aufnehmen können und etwa 4000 U/min erreichen. Bei der
Winkelzentrifuge sind die Becher in einem festen Winkel starr zur Rotorachse angeordnet. Die Radialzentrifuge hat beweglich angeordnete Becher,
die sich während des Zentrifugierens senkrecht zur Rotorachse stellen. Durch die fest angeordneten Becher ist die Winkelzentrifuge bequemer und
sicherer im Gebrauch. Der Niederschlag sammelt sich nicht genau in der Spitze, was bei wenig Niederschlag nachteilig ist.
18
Die elektrischen Zentrifugen sind sorgfältig zu behandeln. Als Gegengewicht dient ein bis etwa zur gleichen Höhe mit Wasser gefülltes
Zentrifugenglas.
Die Zentrifuge wird langsam angefahren; nach dem Abstellen läßt man sie auslaufen. Schnelles Anfahren zerstört die Gläser und schadet der
Zentrifuge; durch schnelles Abbremsen wird der Niederschlag wieder aufgewirbelt. Man zentrifugiert etwa ein bis zwei Minuten. Niederschläge, die
sich dann noch nicht abgesetzt haben, sind anderweitig abzutrennen. Hat sich der Niederschlag gut abgesetzt, wird die Flüssigkeit vorsichtig mit einer
langen Tropfpipette abgesaugt.
Abnutschen
Unter Abnutschen versteht man die Filtration in einem Büchnertrichter. Diese Porzellannutsche wird mit einem Gummistopfen oder mit einem
Filterkonus aus Gummi auf eine Saugflasche gesetzt, die durch eine Wasserstrahlpumpe evakuiert werden kann. Der durch das Absaugen der Luft
unterhalb des Filters entstehende Unterdruck beschleunigt das Filtrieren. Zur Filtration wird die durchlöcherte Grundplatte mit einem passenden
Papierfilter belegt, das angefeuchtet festgesaugt wird.
Stellen Sie Ihre Ergebnisse in Form einer Tabelle dar. Teilen Sie die Verfahren in geeignet (+), bedingt geeignet (O) und nicht geeignet (-) ein.
3.4
Destillation von zwei binären Mischungen (L)(T)
Es ist das Siedeverhalten von 2 binären Mischungen zu untersuchen:
a) Unbekannte Mischung (bitte einen mit Namen und Platznummer beschrifteten 500 ml-Rundkolben mit Stopfen und Korkring in der
Chemikalienausgabe abgeben)
b) 80 g Cyclohexan + 20 g 1-Propanol
19
Abb. 3.1: Die aufzubauende Destillationsanordnung (1 Heizbad, 2 Destillationskolben, 3 Siedesteine, 4 Vigreux-Kolonne, 5 Thermometer, 6 LiebigKühler, 7 Vakuum-Vorstoß, 8 Spinne, 9 Vorlagen + Rundkolben)
Die Spinne (8) ist für den Praktikumsversuch nicht erforderlich; sie wird für die Vakuumdestillation benötigt.
Bauen Sie zunächst unter Aufsicht eines Assistenten die Destillationsapparatur auf, wobei die Schliffverbindungen leicht zu fetten sind. Es ist zu
bedenken, daß sich Schliffett in vielen organischen Lösungsmitteln löst und daher das Destillat verunreinigen kann. Die nicht in Ihrer Ausrüstung
vorhandenen Teile, z. B. die Vigreux-Kolonne, können in der Chemikalienausgabe ausgeliehen werden.
Im einzelnen ist bei der Versuchsdurchführung wie folgt zu verfahren:
Zur Messung der Siedetemperatur wird in den Destillationsaufsatz ein Thermometer eingeführt, dessen Quecksilberkugel wenig unterhalb des
Ansatzrohres enden soll, um vollständig von den Dämpfen der übergehenden Substanz umspült zu sein. Um Siedeverzüge zu vermeiden, werden vor
20
dem Erwärmen des Destillationsgutes einige Siedesteine in den Destillationskolben gegeben. Bei Siedetemperaturen bis 120 °C wird der Liebigkühler
mit fließendem Wasser gekühlt, bei höherer Temperatur empfiehlt es sich, das Wasser im Kühlermantel stehenzulassen, da bei fließendem Wasser das
Kühlrohr leicht springen kann. Liegt der Siedepunkt oberhalb 150 °C, genügt Luftkühlung, d. h. ein langes Kühlrohr ohne Mantel. Für niedrig
siedende Substanzen verwendet man Intensivkühler, die eine größere Kühlfläche aufweisen. Bei Bedarf ist die Vigreux-Kolonne zur Verminderung
der Wärmeabstrahlung mit Alu-Folie zu ummanteln.
Die zu untersuchende Mischung wird in den Destillationskolben gefüllt und auf einem Ölbad (Aluminiumtopf, Heizplatte) zum schwachen Sieden
erhitzt (1 Tropfen Destillat pro Sekunde; Heizstufe vorsichtig von unten nach oben regeln). Vom Beginn des Experimentes an wird die Temperatur in
regelmäßigen Abständen abgelesen, wobei die Destillation so lange durchgeführt wird, bis der Destillationskolben weitgehend leer ist. Bedenken Sie
den zur Zeit der Messung ungefähr herrschenden Luftdruck.
Welche Aussagen können Sie über das Siedeverhalten der Mischungen machen? Welche Siedepunkte beobachten Sie? Kann man die Substanzen
durch Destillation trennen? Ermitteln Sie anhand der Siedepunkte die beiden Komponenten der unbekannten Mischung (siehe aushängende Tabellen);
gegebenenfalls sind dazu weitere charakteristische Eigenschaften der Komponenten, wie Löslichkeit, Geruch, Dichte und Farbe, zu überprüfen, wobei
Vergleiche mit den in Frage kommenden Reinsubstanzen durchzuführen sind. Aus diesem Grund sind bei den einzelnen Fraktionen Proben zu
entnehmen.
Um welche unbekannten Substanzen handelt es sich bei V3.4 a)? Welche Beobachtung machen Sie bei V3.4b)
3.5
Adsorption an Aktivkohle (L)
4 ml einer ausstehenden Lösung von Methylenblau in Wasser werden mit 3 Spatelspitzen Aktivkohle versetzt und geschüttelt. Nach etwa 1/2 Minute
wird filtriert. Wie erklären Sie im Protokoll Ihre Beobachtungen?
Notieren sie ihre Beobachtungen.
3.6
Adsorptionschromatographie (Säulenchromatographie) (L)
Ein Chromatographierohr wird zunächst am unteren Ende mit etwas Glaswolle verstopft und dann, wie folgt, mit Aluminiumoxid (erhältlich in der
Analysenausgabe) gefüllt:
-
Vorlegen von Ethanol bis zu einer Höhe von ca. 5-10 cm
Aluminiumoxid durch einen Pulvertrichter langsam in Ethanol rieseln lassen, bis eine etwa 10 cm hohe Säule entstanden ist. Dabei vorsichtig an
das Rohr klopfen, um eine dichte Packung zu erreichen und Luftblasen zu vermeiden.
21
-
Ethanol ablaufen lassen, bis der Meniskus knapp oberhalb des Aluminiumoxids steht.
Man verdünnt 10 Tropfen einer ausstehenden, alkoholischen Mischindikatorlösung mit 2 ml Ethanol und gibt die hellbraune Lösung auf die
Aluminiumoxidsäule. Man läßt Ethanol so lange ablaufen, bis die überstehende Lösung im Aluminiumoxid verschwunden ist. Nun wird vorsichtig
weiteres Laufmittel zugegeben, so daß die nach einiger Zeit sichtbar werdenden, unterschiedlich gefärbten Zonen weiter nach unten durch die
Aluminiumoxidsäule wandern und sich dabei immer weiter auftrennen. Nach dem Abtrennen und Auffangen der ersten Fraktion (blaue Zone) wird als
Laufmittel statt reinem Ethanol mit 1 Vol.-% Essigsäure angesäuertes Ethanol verwendet. Auf diese Weise kann die gelbe Zone ebenfalls eluiert
werden.
Welcher Farbstoff zeigt eine pH-Abhängigkeit der Farbe?
Notieren sie ihre Beobachtungen.
3.7
Ausschütteln von Iod mit einem organischen Lösungsmittel (L)
Man gibt in einen kleinen Scheidetrichter 20 ml H2O, 20 Tropfen Iod-Kaliumiodid-Lösung und 10 ml Chloroform. Nach kräftigem Durchschütteln
(Stopfen festhalten) wird der Scheidetrichter mit dem Hahn nach oben gehalten und der beim Schütteln entstandene Überdruck durch vorsichtiges
Öffnen des Hahnes abgelassen. Man schließt den Hahn und hängt den Scheidetrichter in einen Ring, der an einem Stativ befestigt ist. Dann nimmt
man den Stopfen ab und läßt die unten befindliche Chloroformschicht durch den Hahn in ein Reagenzglas laufen. Das Ausschütteln mit jeweils
frischem Chloroform (ca. 10 ml) wird mehrfach wiederholt. Zwischen den Ausschüttelungen prüft man einige Tropfen der wäßrigen Schicht mit
Stärkelösung auf Iod.
Notieren Sie Ihre Beobachtungen.
3.8
Verteilungschromatographie (Papierchromatographie) (L)
Bei der Papierchromatographie wird in der einfachsten Version die Verteilung der Komponenten einer Mischung auf ein Lösungsmittel (mobile
Phase) und auf das an der Cellulosefaser adsorbierte Wasser (stationäre Phase) ausgenutzt.
Man zeichne um den Mittelpunkt eines Rundfilters einen Kreis von 1,5 cm Durchmesser. Mit einer Kapillare gibt man auf die Peripherie dieses
Kreises im Winkelabstand von 120o je 1 Tropfen einer 3-%igen Quecksilber(II)-chlorid-Lösung, einer 6-%igen Kupfer(II)-chlorid-Lösung und einer
Mischung (1:1) der beiden Lösungen (Lösungen stehen aus). Die drei Auftragungsstellen werden mit Bleistift markiert und die Tropfen mit dem Fön
vorsichtig getrocknet. Das Filter wird im Zentrum durchbohrt, ein Filterpapierröllchen durch das Loch gesteckt und das Ganze auf eine
Porzellanschale mit Lösungsmittel gelegt. Es empfiehlt sich, die obere Seite des Papiers mit einem Uhrglas abzudecken. Als Lösungsmittel verwendet
22
man n-Butanol, das mit 12%-iger Salzsäure ausgeschüttelt worden ist. Kurz bevor die Lösungsmittelfront außen angekommen ist, unterbricht man,
trocknet und besprüht das Filterpapier mit der ausstehenden Ammoniumsulfidlösung (Abzug!). Man erkennt deutlich, daß aus dem Fleck der
Mischung zwei Flecken entstanden sind. Die beiden anderen Flecken erlauben die Identifizierung. Im Protokoll: Welche Verbindung wandert
schneller?
Notieren sie ihre Beobachtungen.
Testiert wird das Chromatogramm.
3.9
Abtrennung von Ionen mit Hilfe eines Ionenaustauschers (L)
Eine andere Methode zur Abtrennung von Ionen aus wäßriger Lösung ist die Fixierung von Ionen an Ionenaustauschern. Als solche verwendet man
stark vernetzte, organische Kunstharze, die in ihrem Gerüst saure oder basische Gruppen enthalten. An den sauren Gruppen können Kationen fixiert
werden, für die H+-Ionen in Lösung gehen. An den basischen Gruppen können Anionen gegen OH--Ionen ausgetauscht werden. Mit starken Säuren
oder Basen können die Ionenaustauscher regeneriert werden.
Für diesen Versuch benötigt man eine Nachweismethode für Ca2+-Ionen in wäßriger Lösung. Dies gelingt mit (NH4)2C2O4, das in alkalischer Lösung
mit Ca2+-Ionen einen weißen Niederschlag bildet. Die Probelösung ist in jedem Fall auf ihren pH-Wert zu überprüfen und gegebenenfalls mit
Ammoniumhydroxidlösung bis zur alkalischen Reaktion zu versetzen.
Zur Durchführung des Versuchs wird in das Rohr zuerst ca. 1 cm Glaswolle und dann der Kationenaustauscher, der nie trocken werden darf,
blasenfrei eingefüllt. Darauf gibt man ca. 10 ml halbkonzentrierte Salzsäure und spült mit destilliertem Wasser nach, wobei das Eluat aufgefangen und
auf Ca2+-Ionen überprüft wird. Es wird so lange gespült, bis das Eluat neutral ist. Dann stellen Sie ca. 20 ml CaCl2-Lösung her und weisen in einer
kleinen Probe davon die Ca2+-Ionen mit einer zuvor hergestellten (NH4)2C2O4-Lösung nach. 10 ml der CaCl2-Lösung bringen Sie auf das mit
Ionenaustauscher gefüllte Rohr und spülen wieder mit einer größeren Menge destillierten Wassers nach, wobei wie oben das Eluat aufgefangen wird.
Es folgt die Bestimmung des pH-Wertes und die Prüfung auf Ca2+-Ionen im Eluat. Zum Schluß ist der Ionentauscher mit halbkonzentrierter Salzsäure
zu regenerieren und mit destilliertem Wasser bis zur neutralen Reaktion nachzuspülen (Überprüfung des pH-Wertes und Prüfung auf Ca2+-Ionen).
Interpretieren Sie im Protokoll Ihre Beobachtungen.
Notieren sie ihre Beobachtungen.
3.10 Sublimation (L)
Eine Spatelspitze I2 oder NH4Cl wird fein gemörsert und in einem Erlenmeyerkolben vorsichtig erhitzt (Abzug!). Das Sublimat wird an einem mit
Eiswasser gefüllten Reagenzglas niedergeschlagen, das sich kurz über der zu sublimierenden Substanz im Erlenmeyerkolben befindet.
23
Man notiere die Beobachtungen.
3.11 Reinigung einer unbekannten Substanz durch Umkristallisieren (L)(T)
Zunächst ist der Schmelzpunkt der - vermutlich verunreinigten - ausgegebenen Substanz zu bestimmen. Dann wird die Substanz in dem angegebenen
Lösungsmittel umkristallisiert. Dazu wird ein Teil der ausgegebenen Probe mit so viel Wasser (andere, zu verwendende Lösungsmittel werden
angegeben) im Reagenzglas oder im Becherglas zum Sieden erhitzt, daß die Substanz gerade vollständig gelöst wird. Ist die Lösung trübe, so wird
filtriert. Nach dem Abkühlen wird abfiltriert bzw. abgenutscht. Die Substanz wird durch Trocknen vollständig vom Lösungsmittel befreit und der
Schmelzpunkt erneut bestimmt. Die erhaltenen Ergebnisse sind zu diskutieren. Identifizieren Sie die Substanz anhand des gefundenen
Schmelzpunktes und der aushängenden Tabelle. Sie können zur Bestätigung auch den Mischschmelzpunkt mit der vermuteten Substanz bestimmen.
Testiert wird die identifizierte unbekannte Substanz und die gemessenen Schmelzpunkte.
4 EIGENSCHAFTEN VON ATOMEN UND MOLEKÜLEN
Den räumlichen Aufbau der Materie kann man mit komplizierten Apparaturen zur Messung der Streuung von Röntgenlicht, Neutronen oder
Elektronen ermitteln. Durch derartige aufwendige Untersuchungen kennt man heute sehr genau die Größe und die Form einer Vielzahl von
Molekülen. Andererseits kann man zumindest bezüglich der Größe von Molekülen bereits mit sehr einfachen Methoden, die sich im Rahmen eines
Anfängerpraktikums durchführen lassen, gute Ergebnisse erzielen.
Der absolute Energieinhalt eines Atoms oder Moleküls ist für den Chemiker von eher geringem Interesse. Viel interessanter ist die Frage, welche
Energiebeträge ein solches Teilchen aufnehmen oder abgeben kann. Atome und Moleküle können, abgesehen von der kinetischen Energie des
Teilchens als Ganzem, nur in ganz bestimmten, erlaubten Energiezuständen auftreten.
24
Abbildung 4.1: Energieniveauschema
Den Zustand niedrigster Energie bezeichnet man als Grundzustand E0. Darüber liegen die Anregungszustände Ei mit i = 1, 2, 3, ... Das entsprechende
Energieniveauschema ist charakteristisch für jede Atom- oder Molekülsorte und daher ein eindeutiges Erkennungsmerkmal. Man erhält die relative
Lage der Energieniveaus eines Atoms oder Moleküls quantitativ, indem man die entsprechenden Energiedifferenzen Eij zwischen den
Energieniveaus i und j mißt. Dies kann auf zwei Wegen geschehen:
(a) Man bringt die zu untersuchenden Teilchen z. B. durch Stöße bei höheren Temperaturen in angeregte Zustände. Die Rückkehr in niedrigere
Zustände erfolgt dann unter Abgabe von Lichtquanten oder Photonen, deren Energie EPhoton gerade mit Eij übereinstimmt; diese Energiedifferenz
wird als Licht emittiert.
(b) Man verwendet Lichtquanten bekannter Energie als Meßsonde und tastet mit ihrer Hilfe die zu untersuchenden Teilchen ab. Stimmt die Energie
EPhoton der Photonen gerade mit einer Differenz Eij überein, so werden sie mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit absorbiert, d.h. von den Atomen
oder Molekülen aufgenommen. Die ursprünglich vorhandene Lichtintensität wird auf diese Weise bei bestimmten Wellenlängen abgeschwächt.
Die Energie der Photonen ist über die Einsteinsche Beziehung mit der Frequenz  und der Wellenlänge  des Lichtes verknüpft:
EP hoton  h  hc / 
(4.1)
wobei h das Plancksche Wirkungsquantum und c die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum sind. Die Ermittlung des relativen Energieniveauschemas
einer Atom- oder Molekülsorte wird dadurch auf die experimentelle Bestimmung der Wellenlänge von Licht zurückgeführt. Sie wird mit
Spektroskopen oder Spektralphotometern durchgeführt, deren grundsätzlicher Aufbau in Abb. 4.2 schematisch dargestellt ist.
25
Abb.4.2: Schematische Anordnung eines (Prismen-) Spektrometers
Das Licht einer Lichtquelle Q beleuchtet den Eintrittsspalt S, der in der Brennebene einer Linse L1 liegt. Das durch diese Linse parallel gemachte
Lichtbündel wird durch ein Prisma P umso stärker abgelenkt, je kürzer die Wellenlänge des Lichtes ist. Eine weitere Linse L2 fokussiert schließlich
die Lichtbündel unterschiedlicher Wellenlängen räumlich voneinander getrennt. Die in der Brennebene B der Linse L2 entstehenden farbigen Bilder
des Eintrittspaltes lassen sich dann auf zwei Weisen beobachten:
- Im Spektroskop sitzt in der Brennebene B der Linse L2 eine Mattscheibe und dahinter eine Lupe (Okular), mit der die verschiedenen Spaltbilder
auf der Mattscheibe als Linien beobachtet werden. Sie sind umso schärfer, je schmaler die Spaltbreite des Eintrittsspaltes gewählt wird; andererseits
umso heller, je breiter der Spalt eingestellt worden ist. Die Spaltbreite wird so optimiert, daß eng benachbarte Linien noch unterschieden werden
können und die lichtschwächsten Linien noch erkennbar sind. Die Wellenlänge des Lichts kann auf einer eingespiegelten Skala abgelesen werden. Die
Skala, die über eine Justierschraube verschoben werden kann, wird mit Licht bekannter Wellenlänge geeicht, z. B. der Natrium-D-Linie bei 589 nm.
- Beim Spektralphotometer sitzt in der Brennebene B der Linse L2 ein Austrittsspalt von der Form des Spaltbildes. Das Prisma P wird um eine
Achse senkrecht zur Zeichenebene drehbar angeordnet. Für jede Stellung liegt dann ein Spaltbild ganz bestimmter Wellenlänge auf dem Austrittsspalt.
Mit einem geeigneten Detektor hinter dem Austrittsspalt kann somit die Intensität I0 des eingestrahlten Lichts als Funktion der Wellenlänge  ermittelt
werden. Die Wellenlängeneichung wird bereits vom Gerätehersteller durchgeführt.
Mißt man neben der Intensität Io ohne Probe im Strahlengang auch noch die Intensität I, die sich einstellt, wenn die zu untersuchende Probe zwischen
Lichtquelle und Eintrittsspalt oder zwischen Austrittsspalt und Detektor steht, so gilt folgender Zusammenhang, der als Lambert-Beersches Gesetz
bekannt ist:
E  log
I
 εcd
I0
(4.2)
Dabei ist E die Extinktion, c die Konzentration der Probe, l deren Schichtdicke und  der Extinktionskoeffizient. Die Größen E, I0, I und  hängen von
26
der Wellenlänge ab.  steht für die Wahrscheinlichkeit, daß ein Atom oder Molekül bei Angebot eines "passenden" Photons (E Photon = Eij) aus einem
niedrigen Energiezustand (z. B. Grundzustand) in einen angeregten Zustand übergeht. Mißt man E für eine Probe bekannter Konzentration, so kann
man eine unbekannte Konzentration der gleichen Probe durch Messung des entsprechenden Extinktionswertes bestimmen, wenn man  konstant hält.
4.1
Abschätzung von Moleküldimensionen durch Dichtemessungen (L)
Füllen Sie zunächst ein Sicherheitsdatenblatt über Tetrachlorkohlenstoff aus und zeigen Sie dieses einem Assistenten vor.
Ermitteln Sie über die Beziehung
r
3
3M
4NA
(4.3)
den Radius r der als kugelförmig angenommenen Tetrachlorkohlenstoffmoleküle. Dabei ist M die molare Masse und  die Dichte von CCl4. NA ist die
Avogadrosche Zahl (NA = 6,0221023 mol-1). Bei der Ableitung der obigen Beziehung wird die Näherung gemacht, daß die CCl 4-Moleküle eine
vollständige Raumerfüllung gewährleisten. Wenn Sie von dem erhaltenen Wert für r den van der Waals-Radius von Chloratomen (siehe: Handbook of
Physics and Chemistry) abziehen, erhalten Sie in grober Näherung den C-Cl-Abstand.
Die Dichtemessung wird mit einem Pyknometer, das die Ermittlung des Gewichts eines genau definierten Volumens bei definierter Temperatur
gestattet, durchgeführt. Führen Sie den Versuch drei Mal durch und bilden Sie den Durchschnittswert ihrer Ergebnisse
Testiert wird die ermittelte Dichte von Tetrachlorkohlenstoff
Leiten Sie Gleichung (4.1) her. Vergleichen Sie den erhaltenen Wert für den C-Cl-Abstand mit dem Literaturwert, den sie in entsprechenden
Tabellenwerken in der Bibliothek ersehen können. Erklären Sie evtl. Abweichungen!
4.2
Eine einfache Spektralanalyse (L)(T)
Stellen Sie mit Hilfe des Spektroskops fest, welche der Elemente Li, Na, K, Ca, Sr und Ba in der ausgegebenen Probe vorhanden sind (maximal drei).
Dazu untersuchen Sie zunächst ausstehende reine Substanzen, wobei Sie sich mit der Funktionsweise des Spektroskops vertraut machen und Ihre
Beobachtungen mit Literaturwerten aus Tabellen und Tafeln (z. B. Jander-Blasius, Anhang) vergleichen. Um wirklich isolierte Atome untersuchen zu
können, bringen Sie die Probe in die Flamme des Bunsenbrenners, in der einzelne Atome (oder auch Ionen) durch Zufuhr thermischer Energie aus
dem Kristallverband herausgelöst und angeregt werden. Natürlich sehen Sie im Spektroskop dann nicht nur die Emission Ihrer Probe, sondern auch
27
die der Flamme selbst: ein kontinuierliches Spektrum, so wie Sie es auch im täglichen Leben beim Regenbogen beobachten können.
Im einzelnen ist hier unter einem Abzug wie folgt zu verfahren:
(a) Für die Durchführung des Experiments sollte man sich einen dunklen Abzug möglichst weit entfernt von den Fenstern aussuchen und die
Beleuchtung des Abzuges ausschalten.
(b) Ein Magnesiastäbchen wird zunächst in der entleuchteten Flamme eines Bunsenbrenners sorgfältig ausgeglüht. Zu diesem Zweck taucht man das
Magnesiastäbchen von Zeit zu Zeit in konz. HCl, bis das glühende Magnesiastäbchen die Flamme nicht mehr färbt.
(c) Man drückt das noch heiße, ausgeglühte Magnesiastäbchen in einen Teil der Substanzprobe, wobei einige Körnchen haften bleiben.
(d) Das so vorbereitete Stäbchen hält man in die Brennerflamme, die man durch das Spektroskop beobachtet.
Hinweis: Na ist als Verunreinigung in allen Proben, in der Salzsäurelösung und im Brenner vorhanden. Dies sollten Sie beachten! Na bringt noch ein
weiteres Problem mit sich: seine Emission ist sehr intensiv. Sie überstrahlt bisweilen auch im Spektroskop die Emission anderer Elemente, z. B. von
K. Hier schafft ein Kobaltglas als Filter Abhilfe; es absorbiert gelbes Licht und läßt rotes durch. Im Allgemeinen empfiehlt es sich, das Spektroskop
mit Stativmaterial auf die Flamme einzustellen, da manche Flammenfärbungen nur für eine Sekunde auftreten.
Testiert werden die gefundenen unbekannten Substanzen
4.3
Das Lambert-Beersche Gesetz (T)
a) Zur Überprüfung des Lambert-Beerschen Gesetzes wird eine wäßrige Kaliumpermanganatlösung frisch hergestellt. Dazu werden etwa 10 mg
KMnO4 eingewogen und in einem Erlenmeyerkolben in ca 100 ml Wasser gelöst.
Nun wird das Spektralphotometer (Analysenausgabe) vorbereitet. Es muß mindestens 15 Minuten vor der Messung eingeschaltet werden. Dann wird
mit dem Handrad die Meßwellenlänge auf 525 nm (Absorptionsmaximum des Permanganat-Ions) eingestellt und bleibt während des ganzen
Experiments unverändert. Nun wird bei geschlossenem Deckel des Küvettenraumes die Anzeige des Gerätes am entsprechenden Drehknopf auf die
Extinktion (engl. absorbance)  gestellt. Es fehlt jetzt nur noch die Eichung des Gerätes auf die Extinktion 0. Dazu wird eine sorgfältig gereinigte
Küvette (erst mit Wasser, dann mit Aceton waschen und trocknen) mit Wasser gefüllt und in definierter Stellung (Marke!) in den Küvettenraum
eingeführt; die Anzeige wird dann mit dem entsprechenden Drehknopf auf die Extinktion 0 gebracht.
Für die Messungen wird dieselbe Küvette verwendet, die bei der Eichung benutzt wurde. Zuerst wird die Stammlösung (Konzentration c0) verdünnt,
um Lösungen der Konzentrationen 3c0/4, 2c0/3, c0/2, c0/3, c0/4, c0/6, c0/8 und c0/10, zu erhalten. Die neun Lösungen werden – beginnend mit der
kleinsten Konzentration – nacheinander vermessen. Nach dem Einführen der Küvette (Marke beachten) kann die Extinktion jeweils direkt am Gerät
abgelesen werden. Nach jeder Messung ist die Küvette zu reinigen und zu trocknen.
Tragen Sie die gemessenen Extinktionswerte gegen die Konzentration auf. Es sollte sich eine Ursprungsgerade ergeben. Warum?
28
b) Ermitteln Sie unter Beibehaltung aller Geräteparameter die Konzentration der ausgegebenen Farbstofflösung (Rhodamin 6G, 525nm  1,1510-5 lcm1
mol-1) und lassen Sie sie sich vom Assistenten testieren. Anschließend erhalten Sie zwei Konzentrationswerte, die sie durch Verdünnen der zuvor
vermessenen Lösung mit Ethanol einstellen sollen. Überprüfen Sie die Konzentrationen jeweils mit dem Spektrometer.
Testiert wird die unbekannte Konzentration sowie die Extinktion der verdünnten Lösungen.
29
5 DAS CHEMISCHE GLEICHGEWICHT
Eine chemische Reaktion in der Gasphase oder in Lösung, etwa nach der allgemeinen Reaktionsgleichung
 A A   B B   X X   YY
(5.1)
läuft niemals so weit in der einen oder der anderen Richtung ab, daß die Ausgangsstoffe vollständig verbraucht werden. Sie kommt zum Stillstand,
sobald ein bestimmter Umsatz erreicht ist. Dieser Umsatz kann natürlich - was auch in vielen Fällen beobachtet wird - nahe beim vollständigen
Umsatz liegen. Der gleiche Endzustand wird erreicht, wenn man die Reaktion in umgekehrter Richtung ablaufen läßt. Dieser Endzustand ist der
stabile Zustand des Systems: das chemische Gleichgewicht. Pro Zeiteinheit reagieren genau soviel Moleküle A und B miteinander wie durch die
umgekehrte Reaktion aus X und Y entstehen. Bei welchem Mengenverhältnis die Reaktionsteilnehmer im Gleichgewicht sind, wird durch das
Massenwirkungsgesetz (MWG) geregelt. Die Reaktion schreitet so weit fort, bis für die Konzentrationen c A, cB, cX, cY der beteiligten Stoffe die
Gleichung
cXX  cYY
K c   A B
c A  cB
(5.2)
erfüllt ist. Die Massenwirkungskonstante Kc ist ebenso wie die Geschwindigkeitskonstanten keine universelle Konstante, sondern eine Größe, die nur
in Bezug auf die Variable "Konzentration" konstant ist. Von allen anderen physikalischen Parametern, insbesondere der Temperatur, ist sie mehr oder
weniger stark abhängig. Anstelle der Konzentration bei Reaktionen in Lösung werden bei Reaktionen in der Gasphase häufig die Partialdrücke p i oder
die Molenbrüche xi verwendet. Die entsprechenden Massenwirkungskonstanten werden mit Kp bzw. Kx bezeichnet.
Neben chemischen Gleichgewichten in homogener Phase, z. B. in der Gasphase oder in Lösung, gibt es auch Gleichgewichte zwischen verschiedenen
Phasen. So treten aus der Oberfläche eines festen Salzes AB, das mit einer gesättigten Lösung dieses Salzes in Berührung steht, einerseits ständig
Ionen A und B in die Lösung über; andererseits werden ständig vom festen Salz Ionen aus der Lösung aufgenommen und in das Kristallgitter
eingebaut, wofür man formal die folgende Gleichung schreiben kann:
AB  A   B
(5.3)
Die Anwendung des Massenwirkungsgesetzes (5.2) auf dieses Gleichgewicht liefert
30
Kc 
c A   cB 
(5.4)
cA B
Solange festes Salz als Bodensatz vorhanden ist, bleibt die Konzentration cAB konstant und man kann Gl. (5.4) deshalb zu
L  c A   cB 
(5.5)
vereinfachen, wobei an die Stelle der Massenwirkungskonstante Kc jetzt das Löslichkeitsprodukt L tritt. Es ist bei vorgegebener Temperatur eine für
das betreffende Salz und das Lösungsmittel charakteristische Größe. Gl. (5.5) beschreibt nur das Lösungsgleichgewicht eines Salzes vom Typ AB.
Die allgemein gültige Form des Löslichkeitsproduktes für ein Salz ABµ, das in  Anionen Aµ+ und in µ Kationen B- zerfällt, lautet
L  c    c  
A
(5.6)
B
Besonders für technische Zwecke ist es wichtig, zu wissen, wie sich ein chemisches Gleichgewicht durch äußere Faktoren beeinflussen läßt. Ganz
allgemein wird das Verhalten einer Gleichgewichtsreaktion durch das Prinzip von Le Chatelier und Braun (Prinzip vom kleinsten Zwang)
beschrieben. Dieses besagt: übt man auf ein System im Gleichgewicht durch Änderung der äußeren Bedingungen einen Zwang aus, so verschiebt sich
das Gleichgewicht derart, daß es dem äußeren Zwang auszuweichen versucht.
Bei Gleichgewichtsreaktionen in Lösung stehen z. B. die folgenden ''Zwangsmaßnahmen" zur Verfügung:
a) Temperaturänderungen
b) Konzentrationsänderungen
c) Änderung des Lösungsmittels
Ein chemisches Gleichgewicht wird bei einer Temperaturerhöhung so verschoben, daß die wärmeverbrauchende (endotherme) Reaktion abläuft. Die
Verschiebung eines Gleichgewichts in Lösung durch Konzentrationsänderungen kann man z. B. über eine Verdünnung der Lösung in bestimmten
Fällen (in welchen?) erreichen. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Zugabe oder Wegnahme einer Komponente des Gleichgewichtssystems.
Entfernt man z. B. bei der Reaktion
A  B  AB
(5.7)
die Komponente AB aus dem Gleichgewicht (Abdestillation oder Ausfällung), so werden sich die Konzentrationen im MWG
31
Kc 
cA B
c A  cB
(5.8)
so einstellen, daß cA und cB verkleinert werden, um Kc konstant zu halten. Ist eines der Edukte, z. B. A in Gl. (5.7), polar, so werden die Moleküle A
versuchen, sich umso mehr mit Lösungsmittelmolekülen zu umgeben, je polarer das Lösungsmittel selbst ist. Bei sonst gleichen Bedingungen wird
somit die Gleichgewichtskonstante Kc umso kleiner sein, je polarer das Lösungsmittel ist (die Hinreaktion wird durch die Lösungsmittelhülle
behindert).
5.1
Verhalten einer wäßrigen Lösung von Antimontrichlorid (L)
Zu einer Lösung weniger Tropfen Wasser und etwas SbCl3 gibt man zunächst etwas mehr Wasser und anschließend konz. HCl.
Notieren Sie Ihre Beobachtungen.
5.2
Dissoziationsgleichgewicht von Fe(SCN)3
2 Tropfen Eisen(III)-chlorid- und 2 Tropfen Ammoniumthiocyanat-Lösung (beide Stammlösungen stehen aus) werden mit 5 ml verd. Salzsäure
versetzt. Geben Sie die Lösung in 100 ml Wasser, und versetzen Sie je 10 ml dieser Lösung mit einigen Tropfen der Ammoniumthiocyanat- bzw.
Eisen(III)-chlorid-Stammlösung. Diskutieren Sie im Protokoll die Beobachtungen, die Sie machen, wenn Sie von oben durch das Glas blicken, anhand
der Reaktionsgleichung
Fe3+ +
schwach gelb
3 SCNfarblos

Fe(SCN)3
tiefrot
(5.9)
Notieren sie ihre Beobachtungen
5.3
Herabsetzung der Löslichkeit durch Zusatz gleichioniger Stoffe (L)
Bereiten Sie eine bei Raumtemperatur gesättigte Kaliumperchlorat-Lösung, indem Sie eine Probe Kaliumperchlorat in heißem Wasser lösen und die
Lösung unter Umschwenken im Strahl der Wasserleitung auf etwa Raumtemperatur abkühlen lassen. Hierbei soll ein Teil des gelösten
Kaliumperchlorats auskristallisieren. Dekantieren Sie vom auskristallisierten Kaliumperchlorat ab, und versetzen Sie je eine Probe der Lösung mit
einigen Tropfen Kaliumchlorid-, Kaliumnitrat-, Natriumperchlorat- und Natriumchlorid-Lösung.
32
Notieren Sie Ihre Beobachtungen.
5.4
Kopplung von zwei Lösungsgleichgewichten (L)
Zu 25 ml einer 0,01 M NaCl-Lösung (steht aus) geben Sie 0,5 ml einer K2CrO4-Lösung, die 5g K2CrO4 in 100 ml Wasser enthält. Anschließend lassen
Sie aus einer Bürette von der ausstehenden 0,1 M AgNO3-Lösung unter Schütteln einige ml zutropfen.
Notieren Sie Ihre Beobachtungen.
Berechnen Sie in der Auswertung des Versuchs die Reihenfolge der Fällungen mit Hilfe der Löslichkeitsprodukte. Die Löslichkeitsprodukte von AgCl
und Ag2CrO4 betragen ca. 10- 10 mol2/dm6 bzw. 10- 12 mol3/dm9.
33
6 SÄUREN UND BASEN
Dissoziiert eine Substanz in wäßriger Lösung entsprechend
HA  H   A 
(6.1)
so bezeichnet man diese Substanz als Säure. Entsprechend gilt für eine Base
BOH  B  OH 
(6.2)
Sowohl das Wasserstoffion H+ als auch das Hydroxylion OH- treten in Wasser nicht frei, sondern nur solvatisiert auf. Es bilden sich Komplexe aus,
für die beim Wasserstoffion neben anderen die Komplexe H3O+ und H9O4+ nachgewiesen worden sind. Viele Säuren (H2SO4, H3PO4) und Basen
(Ca(OH)2) können mehrere Wasserstoff- bzw. Hydroxylionen abgeben.
Je nach Lage der Gleichgewichte (6.1) bzw. (6.2) unterscheidet man zwischen starken und schwachen Säuren bzw. Basen. Bei den starken Säuren
(HCl, HNO3) und starken Basen (NaOH) liegt das Gleichgewicht in wäßrigen Lösungen weitgehend vollständig auf der rechten Seite, und die
undissoziierte Form kann in verdünnten Lösungen nicht nachgewiesen werden. Bei den schwachen Säuren (CH 3COOH, H2CO3) und Basen (NH4OH)
wird eine stärkere Dissoziation erst in sehr verdünnten Lösungen beobachtet. Im Fall der Kohlensäure und des Ammoniumhydroxyds besteht die
undissoziierte Form aus einer Lösung von CO2 bzw. NH3 in Wasser.
Für die Gleichgewichte (6.1) und (6.2) gilt:
KS 
KS 
cH  c A
cHA
cB  cO H
cBO H
(6.3)
(6.4)
wobei unter cH+ und cOH- die Gesamtkonzentration aller Spezies verstanden wird, die aus den H+ bzw. OH--Ionen durch Solvatisierung entstanden
sind. KS und KB werden als Säurekonstante oder Säure-Dissoziationskonstante bzw. Basekonstante bezeichnet.
Bei vielen Prozessen spielt die Konzentration der Wasserstoffionen eine wichtige Rolle. Da sich diese Konzentration über viele Zehnerpotenzen
ändern kann, hat man eine logarithmische Größe eingeführt und definiert als pH-Wert den negativen dekadischen Logarithmus der Wasserstoffionen34
Konzentration
pH   log(cH / c )
(6.5)
wobei die Standardkonzentration c 1 mol/dm3 beträgt. Sie werden feststellen, daß der für eine korrekte Definition wichtige Term c in fast allen
Büchern fehlt.
Wie berechnet man den pH-Wert einer Säure- bzw. Base-Lösung? Bei starken Säuren stimmt cH+ mit der Säure-Konzentration überein. Bei den
starken Basen gelangt man so zur Konzentration der OH--Ionen. In wäßrigen Lösungen sind nun die Konzentration der H+- und OH -Ionen nicht
unabhängig voneinander. Es gilt
(6.6)
H2O  H   OH 
K
cH  cO H
(6.7)
cH2O
Weitgehend unabhängig von der Säure- bzw. Base-Konzentration beträgt die Konzentration des Wassers 55mol/dm3. Sie kann daher in die Konstante
mit einbezogen werden.
K W  cH  cO H
(6.8)
Das Produkt auf der rechten Seite wird als Ionenprodukt des Wassers bezeichnet. Der Wert von K w beträgt bei Raumtemperatur etwa 10-14 mol2/dm6.
Mit Hilfe dieser Gleichung läßt sich der pH-Wert der Lösung einer starken Base aus der Hydroxylionen-Konzentration berechnen.
Die schwache Dissoziation soll nur für den Fall der Säuren behandelt werden. Zu einer anschaulichen Gleichung und Darstellung kommt man auf
folgendem Weg. Gl. (6.3) wird logarithmiert und umgeordnet
 pH   log KS  log
cHA
c A
(6.9)
Bezeichnet man den negativen dekadischen Logarithmus der Säure-Dissoziationskonstanten mit pKS
pKS   log KS
(6.10)
35
so erhält man
pH  pKS  log
c A
(6.11)
cHA
Abb. 6.1: Pufferfunktionen verschiedener
Puffergemische gemäß Gleichung 6.11.
Bei 50 %-iger Dissoziation gilt daher pH = pKS. In Abb. 6.1 ist der pH-Wert verschiedener Lösungen als Funktion des Molenbruchs
c A
x A 
(6.12)
c A   cH A
dargestellt. Dieser Molenbruch entspricht dem Dissoziationsgrad. Durch einige Umstellungen findet man
c A
cH A

1
x 1
(6.13)
1
A
so daß mit Gl. (6.11) der pH-Wert aus dem Molenbruch xA- berechnet werden kann. Die Kurven weisen für alle Säuren die gleiche Form auf; sie sind
nur in der Ordinatenrichtung entsprechend dem Wert von pKS gegenseitig verschoben. Dabei liegen im unteren Bereich die mittelstarken, darüber die
36
schwachen und ganz oben schließlich die äußerst schwachen Säuren. NH4+ kann man nach einer erweiterten Säuredefinition von Brönstedt auch als
Säure auffassen. Die Kurven für die starken Säuren, die in verdünnter wäßriger Lösung vollständig dissoziiert sind (HCl, HNO3, H2SO4), fehlen in
dieser Darstellung; sie liegen unterhalb der Abszisse im negativen pH-Bereich. Für Säuren, die mehr als ein Proton abgeben können, d. h. also für die
sog. 2-basigen (H2SO4, H2S u. a.) und 3-basigen Säuren (H3PO4 u. a.) existieren 2 bzw. 3 gegeneinander versetzte Kurven des in Abb. 6.1
dargestellten Typs. Für die 3-basigen Säuren sind die 3 Gleichgewichte:
AH3  H   AH2
(6.14)
AH2  H  AH2
(6.15)
AH2  H  A3
(6.16)
Die Säurestärke nimmt von AH3 über AH2- bis AH2- deutlich ab. Die Säurekonstanten sind so unterschiedlich, daß man die 3 Gleichgewichte als
voneinander unabhängig ansehen kann. Im flachen Bereich der Kurven ändert sich der pH-Wert nur verhältnismäßig geringfügig, wenn der
Molenbruch von A- geändert wird. In diesem Bereich ist der pH-Wert somit ziemlich stabil gegenüber dem Zusatz von Wasserstoff- bzw.
Hydroxylionen, solange die zugesetzten Mengen nicht zu groß werden. Gemische von schwachen Säuren (schwachen Basen) mit ihrer entsprechenden
Salzen (z. B. CH3COOH/CH3COONa) im Verhältnis 1:1 nennt man Puffer, Puffergemische oder Pufferlösungen. Sie sind in der Lage, den pH-Wert
bei Zusatz nicht allzu großer Mengen Säuren oder Basen konstant zu halten.
Wie schon in Gl. (6.6) und (6.7) zum Ausdruck kommt, gibt es keine wäßrigen Lösungen, in denen nur Wasserstoff- oder Hydroxylionen vorkommen.
Beide liegen immer gleichzeitig vor, wobei ihre Konzentrationen durch das schon genannte Ionenprodukt des Wassers verknüpft sind. Liegen gleiche
Konzentrationen
cH  cO H  107 mol / dm3 (bei 25°C)
(6.17)
vor, so nennt man die Lösung neutral. Ist die Wasserstoffionen-Konzentration größer als die Hydroxylionen-Konzentration, so ist die Lösung sauer,
im umgekehrten Fall ist sie basisch oder alkalisch.
Wie stellt man fest, ob eine Lösung sauer, neutral oder basisch ist?
Benutzung von Indikatoren
Indikatoren sind Säuren (oder Basen), bei denen die Säure AH eine andere Farbe aufweist als das zugehörige Säureanion A-. Die wichtigsten
Indikatoren sind in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt:
37
Indikator
Thymolblau
Methylorange
Bromkresolgrün
Methylrot
Lackmus
Bromthymolbla
u
Kresolrot
Phenolphthalein
Alizaringelb
Farbe im Sauren
rot
rot
gelb
rot
rot
gelb
gelb
farblos
gelb
pH-Bereich des Farbumschlags
1,2
3,1
3,8
4,2
4,4
6,2
-
Farbe im Alkalischen
2,8
4,5
5,5
6,3
6,6
7,6
7,2 - 8,8
8,3 - 10,0
10,0 - 12,1
gelb
gelb
blau
gelb
blau
blau
rot
rot
lavendelfarben
Für die aus Säuren bestehenden Indikatoren gilt der in Abb. 6.1 gezeigte Zusammenhang zwischen pH-Wert und Molenbruch xA-. Der jeweilige pKSWert liegt etwa in der Mitte des in obiger Tabelle angegebenen pH-Bereichs, in dem der Farbumschlag erfolgt. Bei pH-Werten, die unterhalb dieses
Bereichs liegen, beobachtet man überwiegend die Farbe der Indikatorsäure, bei pH-Werten oberhalb dieses Bereichs überwiegend die Farbe des
Anions. Die Überprüfung der zu untersuchenden Lösung mit verschiedenen Indikatoren gestattet somit, nicht nur die Unterscheidung zwischen 2 pHBereichen (z. B. sauer oder basisch), sondern die Bestimmung des pH-Werts im Umschlagsbereich auf 1 bis 2 pH-Einheiten genau. Üblicherweise
wird heute Universalindikatorpapier verwendet, dessen Papier mit Indikatormischungen getränkt ist. Der Vergleich des damit an einer Lösung
erhaltenen Farbtones mit einer Farbskala liefert den gesuchten pH-Wert. Bei konzentrierten Salzlösungen können durch die Nichtidealität der Lösung
Fehler von mehr als 1 pH-Einheit entstehen.
Versetzt man eine bestimmte Stoffmenge H+-Ionen in Form einer wäßrigen Lösung einer starken Säure mit einer äquivalenten Menge OH -Ionen in
Form einer wäßrigen Lösung einer starken Base, so beobachtet man folgendes:
(a) Der pH-Wert beträgt nach dem Zusammengeben etwa 7. Die Konzentration der H+- als auch der OH -Ionen beträgt 10-7 mol/dm3. Dies ist
unabhängig davon, welche starke Säure bzw. starke Lauge verwendet wurde, und unabhängig davon, wie hoch die Konzentrationen der
Ausgangslösungen waren. Die Wasserstoff- und Hydroxylionen haben sich miteinander zu Wasser umgesetzt.
H  OH   H2O
(6.18)
38
Diese Reaktion stellt die eigentliche Neutralisation dar. Sie ist beendet, wenn das chemische Gleichgewicht, das durch das Ionenprodukt des Wassers
entsprechend Gl. (6.7) beschrieben wird, erreicht ist. Dies geschieht nach weniger als 10-10 s.
(b)Während der Reaktion erwärmt sich die Lösung. Bei der Neutralisation handelt es sich also um eine exotherme Reaktion. Die Reaktionswärme
beträgt 55,8 kJ/mol.
Führt man dieses Experiment mit einer schwachen anstelle der starken Säure durch, gibt man also äquivalente Mengen einer schwachen Säure und
einer starken Base zusammen, so liegt der pH-Wert nach der Reaktion immer oberhalb 7 und zwar umso stärker, je schwächer die Säure ist, d. h. je
kleiner die Säurekonstante KS ist. Der Grund liegt darin, daß das formal entstandene und vollständig dissoziierte Salz, z. B. CH 3COONa, in wäßriger
Lösung mit Wasser entsprechend
CH3COO  H2O  CH3COOH  OH
(6.19)
reagiert.
Ganz analoge Überlegungen kann man im Fall der Neutralisation einer starken Säure durch eine schwache Base anstellen, wobei sich ein pH < 7
einstellt. Bei der Auswahl des Indikators, der den Äquivalenzpunkt möglichst genau anzeigen soll, muß das beachtet werden. So ist Bromthymolblau,
dessen Umschlagspunkt bei pH = 7 liegt und das für die Anzeige der Neutralisation einer starken Säure durch eine starke Base sehr gut geeignet ist,
im Fall der Neutralisation von Essigsäure mit Natronlauge nicht brauchbar. Es würde vor Erreichen des Äquivalenzpunktes bereits einen
schleppenden Umschlag aufweisen. Hier verwendet man besser Phenolphthalein mit einem Umschlagspunkt bei etwa pH 9.
Benutzung der Glaselektrode
Dabei handelt es sich um eine elektrochemische Meßmethode, bei der die durch die Nernstsche Gleichung gegebene Abhängigkeit der EMK von der
Konzentration entsprechender Ionenlösungen ausgenutzt wird (Kapitel 9). Die Geräte zur Bestimmung der Wasserstoffionen-Konzentration nennt
man pH-Meter. Sie bestehen im Prinzip aus einer Meß-, einer Vergleichselektrode und einem Spannungsmeßgerät. Als Meßelektrode wird heute i. a.
eine Glaselektrode verwendet, deren Prinzip erst zu einem späteren Zeitpunkt behandelt werden kann. Meß- und Vergleichselektrode werden in einer
Einstabmeßkette zusammengefaßt. Zum Eichen des pH-Meters werden 2 Pufferlösungen verwendet, deren pH-Werte den interessierenden Bereich
möglichst gut einschließen.
Anmerkung: Die pH-Meter sowie drei Pufferlösungen (pH 4, pH 7 und pH 10) werden in der Analysenausgabe ausgegeben. Die Handhabung und
Kalibrierung der Geräte wird vom Assistenten erklärt.
39
6.1
Das Verhalten starker und schwacher Säuren und Basen (L)
Versetzen Sie nacheinander:
-
genau 20 ml 0,025 M HCl-Lösung mit 40 ml 0,025 M NaOH-Lösung
-
genau 20 ml 0,025 M CH3COOH-Lösung mit 40 ml 0,025 M NaOH-Lösung
Dabei ist die Säure in einem 100 ml-Becherglas vorzulegen, zu der wenige Tropfen eines geeigneten Indikators gegeben werden. Lassen Sie dann aus
einer Bürette langsam die Base zulaufen, wobei Sie den pH-Wert mit einem pH-Meter als Funktion der zugelaufenen Menge Base messen und in einer
Tabelle protokollieren. Beobachten Sie genau, wann und wie der Umschlag erfolgt.
Testiert wird die angefertigte Tabelle.
6.2
Eigenschaften von Puffergemischen
Stellen Sie die folgenden Lösungen her:
-
50 ml Wasser mit einigen Spatelspitzen NaCl
-
50 ml 0,025 M CH3COOH und 0,025 M CH3COONa
Teilen Sie die Lösungen in gleiche Mengen auf. Der eine Teil wird wie im Versuch 6.1 mit HCl-Lösung, der andere mit NaOH aus der Bürette ohne
die Zugabe des Indikators versetzt. Bestimmen Sie während der Zugabe den pH-Wert und das Volumen zugegebener Säure oder Base und
protokollieren sie diese in einer Tabelle
Testiert wird die angefertigte Tabelle.
Vergleichen Sie im Protokoll Ihre Beobachtungen und interpretieren Sie sie.
7 FLÜSSIGKEITEN UND FLÜSSIGE MISCHUNGEN
40
Der Aufbau der Moleküle aus elektrisch geladenen Teilchen führt zu Wechselwirkungen zwischen den Molekülen, die den Zusammenhalt der festen
wie der flüssigen Materie gewährleisten. Bei diesen Wechselwirkungen unterscheidet man im Fall elektrisch neutraler Teilchen hauptsächlich:
- Die Dispersionskräfte (oder van der Waals-Wechselwirkungen im eigentlichen Sinne), die für die Stabilität des festen und flüssigen Zustandes von
unpolaren Substanzen, insbesondere der Edelgase, verantwortlich sind.
- Die Dipol-Dipol-Wechselwirkung, die man zwischen polaren Teilchen beobachtet, d. h. zwischen Teilchen, bei denen der positive und der
negative Ladungsschwerpunkt nicht zusammenfällt.
- Die Wasserstoff-Brücken oder H-Brücken, die eine Wechselwirkung über eine schwache Bindung darstellen und folgendermaßen dargestellt
werden:
- X - H .........Y -
( 7.1)
Dabei sind X und Y in der Regel O-, N- oder F-Atome der beiden Wechselwirkungspartner.
Flüssigkeiten unterscheiden sich von den völlig ungeordneten Gasen einerseits und den Kristallen mit ihrer regelmäßigen, räumlichen Anordnung der
Bausteine andererseits durch eine Ordnung, die zwischen diesen beiden Extremen liegt. Der Aufbau einer Flüssigkeit aus unpolaren Molekülen wird
durch die Konkurrenz der Dispersionskräfte, die zu einer möglichst dichten Packung führen würden, und der ungeordneten Bewegung aufgrund der
thermischen Energie bewirkt. Eine bestimmte Struktur, wie sie bei Kristallen vorliegt, wird durch dieses Aufbauprinzip nicht bewirkt. Für polare
Teilchen führen starke Dipol-Dipol-Wechselwirkungen und Wasserstoff-Brücken in vielen Fällen zu einer Flüssigkeitsstruktur, die eine bestimmte
Orientierung benachbarter Moleküle aufweist. Dies hat zur Folge, daß solche Flüssigkeiten oft Hohlräume enthalten, was in besonders ausgeprägtem
Maß bei flüssigem Wasser der Fall ist. Eis und Wasser weisen eine Struktur auf, bei der jedes Sauerstoffatom von vier anderen Sauerstoffatomen
tetraedrisch mit einem Wasserstoffatom dazwischen umgeben ist. Beim Wasser ist diese Struktur sehr stark gestört; beim Eis weniger.
Natürlich muß eine polare Gruppe überhaupt in der Lage sein, mit einem Partner in Wechselwirkung zu treten. Ist sie durch voluminöse unpolare
Gruppen des Moleküls ganz oder teilweise nach außen abgeschirmt, so kommen die erwarteten Wechselwirkungen nicht oder nur teilweise zum
Tragen.
Die Stärke der intermolekularen Wechselwirkungen bestimmt mehr oder weniger alle physikalischen Eigenschaften einer Flüssigkeit. Als Beispiele
seien genannt:
- der Dampfdruck, der ein Maß dafür ist, wieviele Moleküle der Flüssigkeit bei gegebener Temperatur ausreichend kinetische Energie besitzen,
um die Oberflächenkräfte zu überwinden.
- die Oberflächenspannung, die ein Maß für die Energie ist, die aufgewendet werden muß, um ein Molekül aus dem Inneren der Flüssigkeit an
die Oberfläche zu befördern.
- die Viskosität oder Zähigkeit, die ein Maß dafür ist, wieviel Energie aufgewendet werden muß, um beim Fließvorgang eine Flüssigkeitsschicht
relativ zu den benachbarten zu verschieben (siehe auch Kapitel 8).
41
Ob zwei flüssige Stoffe A und B miteinander mischbar sind, wird durch die beiden folgenden Kriterien bestimmt:
-
die Energie der Wechselwirkung zwischen den Teilchen A und B sollte im Vergleich mit den entsprechenden Energien für die Wechselwirkung
zwischen den Teilchen A bzw. B in den reinen Komponenten möglichst groß sein.
die Erhöhung der Unordnung durch den Mischvorgang sollte möglichst groß sein.
Die physikalischen Eigenschaften einer reinen Flüssigkeit werden, wie wir gesehen haben, durch die intermolekularen Wechselwirkungen geprägt.
Dies gilt in gleicher Weise für binäre flüssige Mischungen aus den Komponenten A und B, wobei aber hier drei unterschiedliche Typen von
Wechselwirkungen zu berücksichtigen sind, nämlich Wechselwirkungen
-
von A mit A
von A mit B und
von B mit B.
Beim Mischen zweier Flüssigkeiten beobachtet man häufig beträchtliche
-
Temperaturänderungen und/oder
Volumenänderungen.
Beim Mischen der Komponenten A und B muß einerseits Energie aufgewendet werden, um Moleküle aus dem Verband der reinen Komponenten
herauszulösen, andererseits wird Energie entsprechend der Wechselwirkungsenergie zwischen nicht gleichartigen Teilchen gewonnen. Je nachdem,
welche dieser Energien überwiegt, tritt beim Mischen Abkühlung oder Erwärmung auf. Volumenänderungen sind nicht so einfach zu erklären. Eine
starke Volumenabnahme beim Mischen zweier flüssiger Komponenten hängt mit der Zerstörung einer ausgeprägten Struktur (Verringerung der
Hohlräume) in einer oder beiden Komponenten zusammen; dies gilt vor allen Dingen für Mischungen von Wasser mit anderen Flüssigkeiten.
Ähnliche Überlegungen wie für Mischungen aus zwei flüssigen Substanzen lassen sich für die Mischungen einer festen Substanz mit einem
Lösungsmittel anstellen. Man nennt diese Mischungen i. a. Lösungen, wobei wir die bisherige Thematik insoweit erweitern, als auch Lösungen von
geladenen Teilchen, den Ionen, zugelassen sein sollen. Sie entstehen beim Auflösen von Ionenkristallen in einem polaren Lösungsmittel. Über
gesättigte Lösungen wurde früher schon gesprochen, hier wollen wir uns hauptsächlich mit nicht gesättigten Lösungen beschäftigen.
Wir erwarten wie beim Mischen zweier Flüssigkeiten auch beim Lösen einer festen Substanz Temperatur- und Volumenänderungen. Die
Temperatureffekte werden durch Angabe der spezifischen Lösungswärme beschrieben. Sie stellt die beim Lösevorgang aufgenommene oder
abgegebene Wärme pro Mengeneinheit des gelösten Stoffes dar. Sie kann in einem Kalorimeter experimentell bestimmt werden.
Wie nicht anders zu erwarten, ist in den meisten Fällen der Zusammenhang zwischen den physikalischen Eigenschaften der Mischung (z.B.
Dampfdruck, Viskosität, Oberflächen-spannung etc.) einerseits und den entsprechenden Größen der reinen Komponenten sowie ihrem
42
Mischungsverhältnis andererseits sehr kompliziert. Einfacher ist die Situation in extrem verdünnten Lösungen. Dabei darf man auf Grund des großen
mittleren Abstandes zwischen den gelösten Teilchen die Annahme machen, daß sie nicht mehr miteinander wechselwirken. Zu dieser Annahme ist
man sogar in Ionenlösungen berechtigt, in denen die weitreichenden Coulomb-Kräfte wirksam werden, wenn die Konzentration unter 10- 3 mol/dm3
liegt.
Besteht eine Mischung zweier Flüssigkeiten aus zwei ähnlichen oder unpolaren Komponenten, so kann man i. a. annehmen, daß die oben genannten
Wechselwirkungen sehr ähnlich sind und daher einfache Gesetze für derartige Mischungen gelten.
Zuerst soll die Zusammensetzung der Gasphase über einer Mischung diskutiert werden. Zur Beschreibung der Zusammensetzung der Lösung werden
die Molenbrüche
xA 
nA
nB
; xB 
nA  nB
nA  nB
(7.1)
verwendet, wobei nA und nB die Stoffmengen der Komponente A (Lösungsmittel) bzw. der Komponente B (Gelöstes) sind. Nach dem Raoultschen
Gesetz gilt für die Partialdrücke pi in der Gasphase
pA  x Ap0A ; pB  xBpB0
(7.2)
Dabei sind pA0 und pB0 die Dampfdrücke der reinen Komponenten und pA sowie pB die entsprechenden Partialdrücke. Für den gesamten Dampfdruck
gilt
p  pA  pB  x Ap0A  xBpB0
(7.3)
Die einzelnen Drücke sind in Abb. 7.1 in Abhängigkeit vom Molenbruch xB dargestellt.
Aus Gl. (7.2) kann man die Dampfdruckerniedrigung ?p für die Einzelkomponenten ausrechnen, z. B. gilt
pB  pB0  pB  pB0 (1  xB )  pB0 x A
(7.4)
und die relative Dampfdruckerniedrigung wird:
pB
pB0
 xA
(7.5)
43
Abb. 7.1: Raoultsches Gesetz: Die
Partialdrücke pA , pB und der Gesamtdruck
p in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der flüssigen Phase.
Weist eine der Komponenten einen vernachlässigbar kleinen Dampfdruck auf, z. B. die Komponente A in dem diskutierten System, so darf man den
Index B in Gl. (7.5) streichen und die Größen auf der linken Seite der Gleichung entsprechen dann den Gesamtdrücken.
Der Dampfdruckerniedrigung eines Lösungsmittels durch eine nichtflüchtige gelöste Substanz entspricht eine Siedepunktserhöhung, da die
Temperatur zum Sieden nach Zusatz der zweiten Komponente so erhöht werden muß, daß der vorgegebene Druck - meist 1 atm - wieder erreicht
wird. Kann man die Krümmung der Dampfdruckkurve zwischen To und TS vernachlässigen, so gilt
T  TS  T 0  x A
(7.6)
44
Abb. 7.2: Siedepunktserhöhung durch
Zusatz nichtflüchtiger Verunreinigungen.
Ganz ähnlich liegen die Dinge beim Gefrierpunkt, für den es eine Gefrierpunktserniedrigung beim Zusatz einer zweiten Komponente gibt. Die
Gefrierpunktserniedrigung ist auch proportional zum Molenbruch der gelösten Komponente. Die Proportionalität stimmt sogar noch besser, wenn
anstelle des Molenbruchs die Molalität verwendet wird. Die Molalität gibt die Stoffmenge der gelösten Substanz 2 bezogen auf die Masse des
Lösungsmittels 1 an.
n2
m1
Mit dieser Größe wird die Gefrierpunktserniedrigung T = T0-TG
m
(7.7)
T  k f m
(7.8)
Die lösungsmittelspezifische Konstante kf wird als molale Gefrierpunktserniedrigung bezeichnet. Die Messung der Gefrierpunktserniedrigung kann
zur Bestimmung der molaren Masse der gelösten Substanz benutzt werden. Dazu wird in Gl. (7.8) die Molalität gemäß Gl. (7.7) eingeführt und eine
Umstellung durchgeführt
45
M2 
k f m2
Tm1
(7.9)
Bei der Auswertung einer Messung mit Gl. (7.9) ist zu beachten, daß die Einheit von kf korrekt berücksichtigt wird. Handelt es sich bei der gelösten
Substanz um ein Gemisch oder einen Ionenkristall, so ergibt sich als molare Masse ein Mittelwert (Zahlenmittel) über die verschiedenen
Teilchentypen. Der Meßeffekt - dies ist wichtig - ist in erster Näherung unabhängig von der Art des gelösten Stoffes und wird nur bestimmt durch die
Anzahl der gelösten Teilchen. Man spricht hier von kolligativen Eigenschaften.
Aus Gl. (7.8) kann man mit einer bekannten molalen Gefrierpunktserniedrigung kf auch die Molalität einer Lösung bestimmen. Bei Salzlösungen ist
die Dissoziation zu beachten. So entstehen z. B. beim Auflösen von 1 mol Salz vom AB-Typ in der Lösung 2 mol Teilchen.Wegen der
unterschiedlichen Wechselwirkungen einer gelösten Substanz mit verschiedenen Lösungsmitteln wird sich eine gelöste Substanz ungleich auf zwei
nicht oder nur teilweise mischbare Lösungsmittel verteilen. Im Gleichgewicht gilt der Nernstsche Verteilungssatz:
c1
k
c2
(7.10)
wobei c1 und c2 die Konzentrationen des Gelösten im Lösungsmittel 1 bzw. 2 sind und k eine Konstante ist, die von der Temperatur abhängt.
Voraussetzung für die Gültigkeit von Gl. (7.10) ist, daß der gelöste Stoff in beiden Lösungsmitteln weder assoziiert noch dissoziiert und daß seine
Konzentrationen c1 und c2 klein sind. Eine große praktische Bedeutung hat der Nernstsche Verteilungssatz beim Ausschütteln (siehe Kapitel 3).
7.1
Untersuchung der Mischbarkeit von Alkoholen mit Wasser und n-Hexan (L)
Versuchen Sie, je 1 ml Methanol, Ethanol, iso-Propanol, n-Butanol und n-Amylalkohol mit je 1 ml H2O und 1 ml n-Hexan zu mischen.
Notieren Sie Ihre Beobachtungen.
7.2
Untersuchung der Mischbarkeit von Carbonsäuren mit Wasser
Versetzen Sie Eisessig (wasserfreie Essigsäure), Benzoesäure und Stearinsäure (1 ml bzw. 1 Spatelspitze) allmählich mit Wasser (bis zu ca. 5 ml).
Überprüfen Sie, ob Erwärmen den Lösevorgang fördert, und beobachten Sie die Lösung beim Abkühlen. Testen Sie die Lösung mit
Universalindikatorpapier, das Ihnen anzeigt, wie sauer die Lösung ist.
46
Notieren Sie Ihre Beobachtungen.
7.3
Volumen- und Temperaturänderungen beim Mischen von Flüssigkeiten (L)
Mischen Sie gleiche Mengen (je genau 50 ml) der nachfolgenden Substanzen, und ermitteln Sie die Temperaturänderung T sowie die
Volumenänderung V nach Erreichen der ursprünglichen Temperatur:
a) Aceton/Wasser
b) Aceton/Cyclohexan
c) Cyclohexan/Ethanol
Bei der Durchführung des Experiments ist wie folgt zu verfahren:
- Überprüfen Sie zunächst die Eichung der zu verwendenden 25 ml-Pipette und des 100 ml-Meßkolbens mit Wasser.
- Bestimmen Sie die Temperatur der beiden zu mischenden Komponenten (sie sollten Raumtemperatur haben), und pipettieren Sie je 50 ml in
den Meßkolben. Messen Sie sofort nach dem Mischen (kurzes Schütteln) die Temperatur.
- Lassen Sie die Mischung dann auf die Ausgangstemperatur abkühlen, und ermitteln Sie die Volumenänderung. Dazu ist der Hals des
Meßkolbens mit einem Streifen Millimeterpapier zu versehen. Zur Umrechnung des beobachteten Höhenunterschiedes auf die
Volumenänderung lassen sie zunächst in den mit Wasser gefüllten Meßkolben Wasser aus einer Meßpipette zutropfen.
Das zur Temperaturmessung erforderliche Thermometer mit 1/100-Teilung ist in der Analysenausgabe auszuleihen.
Testiert werden die gemessenen Temperaturänderung T sowie die Volumenänderung V.
7.4
Bestimmung der Löslichkeitskurve einer Verbindung (T)
Stellen Sie eine bei ca. 80 0C gesättigte Lösung des ausgegebenen Salzes her, und lassen Sie diese dann abkühlen. Bei 60, 50, 40, 30 und 20 0C
dekantieren Sie jeweils 10 - 20 ml der Lösung in ein 400 ml Becherglas ab. Nun bestimmen Sie das Gewicht der abdekantierten Lösung und engen
diese anschließend mit dem Bunsenbrenner auf dem Drahtnetz ein. Die restliche Feuchtigkeit wird im Trockenschrank bei 80 0C entfernt.
Bestimmen Sie die Masse der gelösten Substanz aus dem Gewicht des leeren Becherglases und dem Gewicht des Becherglases nach dem Abdampfen.
Testiert wird eine Tabelle der Löslichkeit der Substanz in g/100 g Lösungsmittel gegen die Temperatur.
47
Stellen Sie im Protokoll die Löslichkeit der Substanz in g/100 g Lösungsmittel logarithmisch als Funktion der reziproken absoluten Temperatur
graphisch dar.
7.5
Lösungswärme von CaCl2 und CaCl26H2O (L)
Zwei 25 ml Meßzylinder werden mit je 10 ml Wasser gefüllt, dessen Temperatur gemessen wird. Es werden 5 g wasserfreies CaCl2 und die gleiche
Stoffmenge (nicht Masse!) CaCl26H20 möglichst rasch in den beiden Meßzylindern gelöst und die Temperaturänderung und später die
Volumenänderung bei konstanter Temperatur für beide Lösungen beobachtet.
Testiert werden die beobachteten Temperatur und Volumenänderungen.
7.6
Bestimmung der Wärmekapazität eines einfachen Kalorimeters
Unter der Wärmekapazität C eines Kalorimeters versteht man die Wärme, die einem Kalorimeter zugeführt werden muß, um den Kalorimeterinhalt
um 1 K zu erwärmen. Sie wird daher in Joule pro Kelvin angegeben. Der Versuch wird wie folgt ausgeführt:
Leihen Sie sich zunächst ein Kalorimeter in der Chemikalienausgabe aus. Die Durchmischung des Kalorimeterinhalts wird durch einen Magnetrührer
gewährleistet. Den entsprechenden Rührfisch legt man in das Kalorimeter, das sauber und trocken ist und die Raumtemperatur T o angenommen hat.
Man erwärmt ca. 0,3 kg Wasser auf ca. 45 °C; dies ist die gleiche Wassermenge, die bei Versuch V7.7 bei der Ermittlung einer unbekannten
Lösungswärme eingesetzt wird. Dann bestimmt man die Temperatur T2 dieses Wassers und gießt es unmittelbar danach (Zeitpunkt t = 0) in das
Kalorimeter. Während des Abkühlens wird die Temperatur in geeignet gewählten Zeitintervallen gemessen und in einer Tabelle protokolliert.
48
Abb. 7.3
Abb. 7.4
Zur Temperaturmessung wird ein Thermometer mit 1/10°-Teilung verwendet, das in der Analysenausgabe ausgeliehen werden kann.
Tragen Sie entsprechend Abb. 7.3 die gemessene Temperatur gegen die Zeit auf und Ermitteln Sie durch Extrapolation des langsam abfallenden
Kurventeils auf t = 0 die Temperatur T1, die das gesamte Kalorimeter (Gefäß plus Wasser) bei unendlich schnellem Wärmeaustausch annehmen
würden. Die Wärmekapazität C ergibt sich dann wie folgt:
C
mH2O  cH2O  ( T2  T1 )
(7.11)
( T1  T0 )
wobei cH2O die spezifische Wärme des Wassers ist (4184 J/K kg), d. h. diejenige Wärme, die man einem Kilogramm Wasser zuführen muß, um seine
Temperatur um 1 K zu erhöhen.
Testiert wird der erhaltene Wert C der Wärmekapazität des Kalorimeters.
Leiten Sie im Protokoll Gl. (7.11) ab.
49
7.7
Bestimmung der spezifischen Lösungswärme eines unbekannten Salzes (T)
Falls das ausgegebene Salz feucht aussieht, ist es vor dem Versuch im Trockenschrank bei 100oC zu trocknen. Dann wird die gleiche Wassermenge
wie in V7.6 in dasselbe Kalorimeter das sie bei Versuch 7.6 benutzt haben, eingewogen. Eine bekannte Menge mS des zu untersuchenden Salzes wird
in einem verschlossenen Reagenzglas durch die entsprechende Öffnung des Deckels in das Kalorimeter gehängt. Lesen Sie jetzt unter ständigem
Rühren alle 30 s die Temperatur ab, bis Sie genügend Meßpunkte für eine Extrapolation gewonnen haben. Dann wird die inzwischen temperierte
Substanz aus dem Reagenzglas unter gleichmäßigem Rühren rasch in das Wasser im Kalorimeter eingeworfen. Anschließend lesen Sie wieder alle 30
s die Temperatur bis mindestens fünf Minuten nach der völligen Auflösung des Salzes ab.
Erstellen Sie aus Ihren Meßdaten ein Temperatur-Zeit-Diagramm, und ermitteln Sie daraus die Temperaturdifferenz T1 - T0 = T, wie in Abb. 7.4
dargestellt. Dabei wird der idealisierte Kurvenverlauf ermittelt, der sich einstellen würde, wenn der Lösevorgang und der entsprechende
Wärmeaustausch unendlich schnell ablaufen würden. Diesen Verlauf erhält man, indem man im Bereich der starken Temperaturänderung eine
Parallele zur T-Achse derart zieht, daß die schraffierten Flächen gleich groß werden. Die spezifische Lösungswärme L ergibt sich dann aus:
L
C T
ms
(7.12)
wobei C die in Versuch V7.8 gemessene Wärmekapazität des Kalorimeters ist.
Anmerkung: Alle Temperaturmessungen werden mit einem Thermometer mit 1/10°-Teilung durchgeführt, das in der Analysenausgabe erhältlich ist.
Testiert wird der erhaltene Wert für die spezifische Lösungswärme.
7.8
Bestimmung der Molalität einer Salzlösung (T)
Es soll die Molalität von zwei wäßrigen Salzlösungen (Typ AB  A+ + B-) bestimmt werden. Dazu wird erst Wasser und dann die ausgegebene
Lösung in einem mit einem Rührer und einem Thermometer (1/10°-Teilung) versehenen Gefäß in eine Eis-Kochsalz-Mischung getaucht. Notieren Sie
regelmäßig in Zeitabständen von 30 s die Temperatur der Lösung. Der Gefrierpunkt zeigt sich durch eine über längere Zeit nahezu konstant bleibende
Temperatur und die Ausscheidung feiner Eiskristalle an.
Bestimmen Sie in Ihrem Protokoll aus der Temperaturdifferenz T zwischen dem Gefrierpunkt des reinen Wassers, der mit dem gleichen Verfahren
zu bestimmen ist, und dem der Lösung dann nach Gl. (7.8) die Molalität der Lösung für nicht dissoziierende (!) gelöste Stoffe. Verwenden Sie hierzu
für die molale Gefrierpunktserniedrigung von Wasser kf = 1,86 Kkg/mol.
Führen Sie den Versuch dreimal durch, geben Sie den Mittelwert der Einzelmessungen an.
50
Testiert werden die gemessenen Gefrierpunktserniedrigungen T.
7.9
Der Nernstsche Verteilungssatz, nur (L)
Füllen Sie zunächst ein Sicherheitsdatenblatt für Tetrachlorkohlenstoff und Chlor aus.
Man stelle sich einen kleinen Gasentwicklungsapparat unter Verwendung eines Erlenmeyerkolbens und eines Gaseinleitungsrohres her (siehe Kapitel
1). In dem Kolben bringe man 2 g Mangandioxid und 6 ml konzentrierte Salzsäure durch leichtes Erhitzen zur Reaktion. Das entstehende Gas leite
man in ein mit Wasser (1/3) gefülltes Reagenzglas. Man gebe je einen Tropfen der so hergestellten Lösung von Chlor in Wasser zu einigen Tropfen
Natriumiodid-Lösung bzw. Kaliumbromid-Lösung. Dann wird etwas Tetrachlorkohlenstoff (CCl4) zugegeben und geschüttelt. In ähnlicher Weise
führe man diesen Versuch mit Chloroform und Ether durch.
Notieren Sie ihre Beobachtungen.
7.10 Bestimmung des Verteilungskoeffizienten von Iod zwischen CHCl3 und Wasser (T)
Es ist die Verteilung von Iod auf die beiden Lösungsmittel H2O und CHCl3 bei Raumtemperatur für zwei unterschiedliche Iod-Einwaagen zu
bestimmen. Anzugeben sind jeweils die Konzentrationen in den beiden Phasen und der Verteilungskoeffizient k in Gl. (7.10).
Die eigentliche Messung besteht bei diesem Experiment in der Ermittlung der Iod-Konzentrationen in den beiden flüssigen Phasen. Sie wird nach der
Trennung der Phasen im Scheidetrichter durch Titration mit einer Lösung von Natriumthiosulfat (Na2S2O3) bekannter Konzentration durchgeführt.
Dazu wird die wäßrige Phase mit etwas Stärkelösung versetzt, die die Iodlösung tief dunkelblau färbt, wodurch die Anwesenheit von Iod sehr
empfindlich zu erkennen ist. Die Bindung des Iod an die Stärke beeinträchtigt die Reaktion von Iod mit den S2O32--Ionen nicht.
I2Stärke + 2 S2O32-  2 I- + S4O62- + Stärke
(blau)
(farblos)
(7.13)
--------(farblos)----------
Die Rückreaktion erfolgt praktisch nicht, da das Gleichgewicht nahezu vollständig auf der rechten Seite liegt. Entsprechend Gl. (7.13) ist bei der
Titration zum Zeitpunkt der Entfärbung gerade die doppelte Stoffmenge an S2O32- aus der Bürette zugelaufen, wie an I2 in der vorgelegten Lösung
vorhanden war. Bezieht man nun die ermittelte Stoffmenge auf das Volumen der vorgelegten Lösung, so erhält man die gewünschte Konzentration.
Bei der Bestimmung der I2-Konzentration in der CHCl3-Phase verfährt man ähnlich, wobei aber vor der Titration dest. Wasser zugegeben wird. Dabei
stellt sich wieder ein Verteilungsgleichgewicht zwischen der Wasser- und der CHCl3-Phase ein, das beim Titrieren ständig gestört wird. I2 in der
51
wäßrigen Phase wird durch Zugabe der wäßrigen Thiosulfat-Lösung verbraucht und aus der CHCl3-Phase nachgeliefert, so lange der Vorrat reicht.
Dementsprechend stellt sich der Umschlagspunkt mit einer Zeitverzögerung ein. Aus diesem Grund ist langsam zu titrieren.
Im einzelnen ist wie folgt zu verfahren:
-
In einen Scheidetrichter füllt man 250 ml destilliertes Wasser.
-
Das Iod (0,15 g bzw. 0,3 g in einem weiteren Versuch) wird zunächst in 50 ml Chloroform gelöst (evtl. erwärmen). Erst wenn sich das gesamte
Iod gelöst hat, wird die Lösung ebenfalls in den Scheidetrichter überführt.
-
Der Inhalt des Trichters wird nun kräftig durchgeschüttelt (Belüften nicht vergessen!). Anschließend wartet man, bis sich die beiden flüssigen
Phasen Iod-Wasser-Lösung und Iod-Chloroform-Lösung vollständig getrennt haben.
-
Die CHCl3-Phase läßt man in einen 400 ml-Erlenmeyerkolben ablaufen.
-
Von der wäßrigen Phase pipettiert man 200 ml und von der CHCl3-Phase 5 ml in je einen 400 ml-Erlenmeyerkolben. Zu der CHCl3-Lösung
gibt man außerdem 100 ml dest. Wasser und schüttelt durch. Nun werden die Lösungen mit einigen ml Stärkelösung versetzt.
-
Die so erhaltenen Lösungen werden am einfachsten auf dem Magnetrührer wie oben beschrieben mit 0,01 M Na2S2O3-Lösung titriert.
Die in Ihrer Ausrüstung nicht vorhandenen Teile (Scheidetrichter, evtl. zusätzliche Erlenmeyerkolben) können Sie in der Chemikalienausgabe
ausleihen.
Testiert werden die bestimmten Iodkonzentrationen in den verschiesenen Phasen und die berechneten Verteilungskoeffizienten.
52
8 TRANSPORTVORGÄNGE
Chemische Reaktionen laufen mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten ab. Dies liegt unter anderem daran, daß die Reaktionspartner erst
zueinander gelangen müssen, um zu reagieren, und daß dieser Transport unter Umständen deutlich langsamer abläuft als die Reaktion selbst. Es ist
somit für den Chemiker von großem Interesse, Transportvorgänge von Atomen, Molekülen oder Ionen genauer zu studieren. Neben diesen Prozessen,
bei denen Stoffmengen (geladene wie ungeladene Teilchen) transportiert werden, spielt der Transport von Wärme und Impuls in der Natur eine
wichtige Rolle. Bei allen genannten Vorgängen beobachtet man den Fluß J einer bestimmten physikalischen Größe Q pro Zeit- und Flächeneinheit,
der durch den Gradienten (treibende Kraft) einer anderen physikalischen Größe A hervorgerufen wird. Es zeigt sich, daß der Fluß J häufig
proportional zum Gradienten der Größe A ist und versucht, diesen auszugleichen. Wenn wir den eindimensionalen Fall des Flusses in z-Richtung
betrachten, gilt allgemein die Beziehung:
J
1 Q
A
 L
F t
z
(8.1)
wobei L eine für das betrachtete System und den Prozeß spezifische Konstante ist und F den Querschnitt darstellt, durch den der Fluß vonstatten geht.
Im einzelnen bestehen folgende Zusammenhänge:
Transportvorgang
Diffusion
Elektrischer Strom
Wärmeleitung
Viskosität
Transportierte
physikalische Größe
Stoffmenge
Elektrische Ladung
Wärme
Impuls
Treibende Kraft
Konzentrationsgradient
Gradient des elektrischen
Potentials = elektrisches Feld
Temperaturgradient
Geschwindigkeitsgradient
Aus der vorstehenden Tabelle und Gl. (8.1) ergeben sich das 1. Ficksche Gesetz für die Diffusion:
n
c
 D
F
x
(8.2)
53
das Ohmsche Gesetz für den elektrischen Strom

q

 
F
x
(8.3)
das Fouriersche Gesetz für die Wärmeleitung

Q
T
 
F
x
(8.4)
sowie die Definitionsgleichung für den Viskositätskoeffizienten
K
v
 
F
x
(8.5)
Daß es sich bei der Viskosität um ein Transportphänomen im definierten Sinne handelt, ist wie folgt einzusehen: Ein Gas oder eine Flüssigkeit soll
zwischen zwei Platten geschert werden. Dabei tritt ein Geschwindigkeitsgradient senkrecht zur Strömungsrichtung auf. Schneller fließende Schichten
werden durch langsamere auf Grund der zwischen ihnen wirkenden Reibungskraft gebremst, umgekehrt werden langsamere Schichten durch
schnellere beschleunigt. Dies bedeutet, daß Impuls senkrecht zur Fließrichtung übertragen wird, wobei die treibende Kraft der
Geschwindigkeitsgradient ist. Gl. (8.5) ergibt sich aus dieser Überlegung, wenn man beachtet, daß der Impulsänderung pro Zeit einer Kraft entspricht.
Sie ist die Definitionsgleichung für die Viskosität und die Ausgangsgleichung für die Herleitung des Gesetzes von Hagen und Poiseuille.
8.1
Untersuchung der Diffusion von NH3 und HCl in Luft (L)
Es ist die Diffusion von NH3 und HCl bei Raumtemperatur qualitativ zu untersuchen. Dazu bringen Sie einen Tropfen konzentrierte Salzsäure ohne
die Wandung zu berühren auf den Boden eines senkrecht stehenden Reagenzglases; in einem zweiten Reagenzglas verfahren Sie genauso mit
konzentrierter NH3-Lösung (am besten verwenden Sie bei dieser Prozedur die früher hergestellte Tropfpipette). Dann halten Sie die Öffnungen der
beiden Reagenzgläser genau gegeneinander und richten die Längsachsen der Reagenzgläser horizontal aus. Eventuell umwickeln Sie die
Berührungsstelle mit Tesafilm oder einem schmalen Streifen Isolierband, wobei die beiden Reagenzgläser dabei möglichst in Ruhe bleiben sollten.
Interpretieren Sie Ihre Beobachtungen. Für die Konstante L der Gl. (8.1), die beim Diffusionsvorgang als Diffusionskoeffizient D bezeichnet wird, gilt
bei gleicher Molekülgröße folgender Zusammenhang:
54
D
1
(8.6)
M
wobei M die molare Masse ist.
Notieren sie ihre Beobachtungen.
8.2
Leitfähigkeit von Elektrolyten (T)
Für eine Reihe von Lösungen ist der elektrische Strom zu ermitteln, der sich unter der Einwirkung einer elektrischen Potentialdifferenz (Spannung) als
treibende Kraft einstellt. Aus den Meßwerten sollten Sie schließen, welche der Lösungen als Leiter und welche als Nichtleiter anzusehen sind, welche
von ihnen also Ladungsträger (positive Teilchen = Kationen, negative Teilchen = Anionen) enthalten und welche nicht. Wieso darf man bei diesem
Experiment den elektrischen Strom als Maß für die elektrische Leitfähigkeit verwenden? Versuchen Sie unter Berücksichtigung aller weiteren
Eigenschaften (Farbe, Geruch, Siedepunkt etc.) und der Beobachtungen an den Elektroden (positive Elektrode = Anode, negative Elektrode =
Kathode), die acht Lösungen, die Sie in der Analysenausgabe erhalten, zu identifizieren.
Bei der experimentellen Durchführung ist wie folgt zu verfahren:
- An einem Stativ befestige man 2 Kohleelektroden in etwa 2 cm Abstand in solcher Höhe, daß sie fast bis auf den Boden eines 100 mlBecherglases reichen. Die beiden Kohlen verbinde man mittels isolierter Zuleitungen mit den Klemmen einer Gleichspannungsquelle von 6 Volt und
schalte ein Amperemeter mit einem Meßbereich von 3 A in den Stromkreis
- Gießen Sie nun etwa 40 ml der Lösung mit der Nr. 1 in das Becherglas, und notieren Sie die Stromstärke in ihrem Protokollheft, sobald sich ein
konstanter Wert eingestellt hat.
- Nach der Messung sind Elektroden und Becherglas zu reinigen und mit destilliertem Wasser zu spülen. Anschließend werden der Reihenfolge
nach die anderen Lösungen vermessen, wobei darauf zu achten ist, daß die Anordnung der Elektroden (Abstand, Höhe), die Lösungsmenge und die
Spannung bei allen Messungen gleich ist.
- Zum Schluß wird noch eine Mischung aus gleichen Teilen der Lösungen (7) und (8) vermessen. Was beobachten Sie im Vergleich zu den
einzelnen Komponenten?
55
Testiert wird die Angabe aller unbekannten Lösungen
Abb. 8.1: Anordnung zur Messung der
Leitfähigkeit von Elektrolyten.
8.3
Ermittlung der Viskosität verschiedener Alkohole
Ermitteln Sie die Viskosität von Methanol, Ethanol, n-Propanol und n-Butanol bei Raumtemperatur mit Hilfe eines Kapillarviskosimeters. Die
Messungen werden als Relativmessungen mit der Bezugssubstanz Wasser durchgeführt.
Nach Hagen und Poiseuille beträgt das in der Zeit t unter dem Druck einer Flüssigkeitssäule mit der Dichte p und der Höhe h durch eine Kapillare mit
dem Radius r und der Länge l strömende Volumen V:
V
 r 4  ght
8l
(8.7)
dabei ist g die Erdbeschleunigung und  eine substanzspezifische, stark temperaturabhängige Größe, die Viskosität oder Zähigkeit. Ermittelt man die
Durchflußzeiten t1 und t2 eines bestimmten Flüssigkeitsvolumens für zwei verschiedene Flüssigkeiten 1 und 2, wobei 2 als bekannt vorausgesetzt
wird und V, r, l und h konstant gehalten werden, so folgt aus Gl. (8.4):
1  2
1t1
2 t 2
(8.8)
56
Die unbekannte Viskosität 1 kann somit bestimmt werden, wenn man zusätzlich die Dichten 1 und 2 bei der gewünschten Temperatur, z. B. mit
einem Pyknometer, mißt oder Tabellenwerken entnimmt.
Im einzelnen ist bei der Messung wie folgt vorzugehen:
- Das Viskosimeter wird vorsichtig mit dem Schenkel, der die Kapillare enthält, an einem Stativ befestigt. Sorgen Sie dafür, daß das Viskosimeter
wirklich Raumtemperatur hat. Verdunstende Flüssigkeitsreste an der Außenseite können die Temperatur deutlich erniedrigen.
- 3 ml Meßflüssigkeit werden mit einer Pipette in das weitere Rohr des Viskosimeters eingefüllt.
- Nach etwa 10 min Wartezeit für den Temperaturausgleich wird die Flüssigkeit mit Hilfe einer Wasserstrahlpumpe oder einem Peleusball bis über
die obere Meßmarke hochgesaugt. Den Vakuumschlauch von der Wasserstrahlpumpe vorsichtig auf die Öffnung des engeren Rohres halten, da das
Viskosimeter leicht zerbrechlich ist.
- Dann wird die Durchflußzeit zwischen den beiden Meßmarken gemessen. Die Messung ist zweimal zu wiederholen, und die Meßwerte sind zu
mitteln.
Alle nicht in Ihrer Ausrüstung vorhandenen Geräte (Viskosimeter, Pyknometer, Stoppuhr) sind in der Chemikalienausgabe zu entleihen.
Interpretieren Sie im Protokoll Ihre Ergebnisse, und vergleichen Sie diese mit Literaturwerten.
Testiert wird die erstellt Tabelle aus verwendeten Alkoholen und entsprechenden Durchlaufzeiten.
57
Abb. 8.2: Einfaches Kapillarviskosimeter
9
ELEKTROCHEMIE
Taucht man ein Stück Metall in die entsprechende Metallionenlösung, so stellt sich ein Gleichgewicht ein, das durch die beiden folgenden, einander
entgegenwirkenden Prozesse bestimmt wird:
-
Auflösungstendenz des Metalls, das positive Ionen (Kationen) in die Lösung entläßt:
Me  Me    e-
-
(9.1)
Abscheidungstendenz der Kationen der Lösung zum Metall:
Me    e-  Me
(9.2)
ist e- das Symbol für ein Elektron und  bezeichnet die Anzahl der abgegebenen bzw. aufgenommenen Elektronen. Die Auflösungstendenz hängt
nicht von der Konzentration der Lösung, sondern nur von der Temperatur ab. Die Abscheidungstendenz dagegen ist umso größer, je höher die
58
Konzentration der Lösung ist. Dies führt dazu, daß sich an der Elektrode solange Metall abscheidet oder solange Metall in Lösung geht, bis eine
Spannung zwischen der Lösung und dem Metall entsteht, die eine weitere Abscheidung oder Auflösung verhindert.
Abb. 9.1: Schema einer elektrochemischen Zelle
Da die in Gl. (9.1) und (9.2) angedeuteten Elektronen in Wirklichkeit nicht frei auftreten und auch die Spannung zwischen Lösung und Metall nicht
meßbar ist, ist eine Untersuchung der hier beschriebenen Vorgänge nur durch einen Vergleich unterschiedlicher Metalle möglich. Dazu wird der in
Abb. 9.1 schematisch dargestellte Aufbau eingesetzt.
Zwei Stäbe aus den Metallen Me1 und Me2 (Elektroden) tauchen in die entsprechenden Ionenlösungen. Das zwischen den Elektrolytlösungen
befindliche Diaphragma verhindert eine mechanische Durchmischung der Elektrolyte, läßt aber eine Ionenwanderung und damit einen
Ladungstransport zu. Die beiden Elektroden werden an ein Spannungsmeßgerät angeschlossen. Sind die Metalle Me 1 und Me2 sowie die
Konzentrationen der entsprechenden Ionenlösungen gleich, so ist keine Spannung zu beobachten. Sobald unterschiedliche Metalle oder, bei
Verwendung gleicher Metalle, unterschiedliche Konzentrationen vorliegen, läßt sich eine Spannungs messen. Die Spannung hängt von der Art der
Metalle, vom Konzentrationsverhältnis der Ionenlösungen und von der Temperatur, jedoch nicht von der Art der Gegenionen ab.
Die Erklärung für diese Beobachtungen ist die folgende. Zwischen jeder der Elektroden und der umgebenden Lösung bildet sich eine Spannung aus,
die von der Auflösungs- und Abscheidungstendenz der jeweiligen Elektroden/Elektrolyt-Kombination abhängt. Die Elektrode mit der positiveren
Spannung bezüglich des Elektrolyten ist gegenüber der anderen Elektrode positiv geladen. Im Falle gleicher Metalle in Lösungen unterschiedlicher
Konzentration ist die Auflösungstendenz an beiden Elektroden gleich, die Abscheidungstendenz ist aber in der Lösung höherer Konzentration stärker
ausgeprägt. Die entsprechende Elektrode wird somit wegen der erhöhten Zufuhr an positiver Ladung gegenüber der anderen Elektrode positiv
geladen.
Wären die beiden Elektroden leitend miteinander verbunden, so würden die auf der einen Seite frei werdenden Elektronen
59

Me1  Me1   e-
(9.3)
auf der anderen Seite wieder aufgenommen werden:

Me2
  e-  Me2
(9.4)
Die Vorgänge ließen sich dann durch die folgende Bruttoformel beschreiben:

Me1  Me2

 Me1  Me2
(9.5)
Bei einem Formelumsatz fließen z =  mol Elektronen von der einen Elektrode zur anderen. Natürlich muß - solange keine quantitativen Angaben
über die Konzentrationen gemacht werden - auch die Möglichkeit der Reaktion in der entgegengesetzten Richtung und damit eines Elektronenstroms
in umgekehrter Richtung offen gelassen werden. Dies kommt durch den nach links weisenden Pfeil in Gl. (9.5) zum Ausdruck. Bei geeignet


gewählten Konzentrationen an Me1 und Me 2 fließt kein Strom: das untersuchte System befindet sich im chemischen Gleichgewicht.
Bis jetzt wurde stillschweigend angenommen, daß die Metalle Me1 und Me2 beim Übergang in den in wäßrigen Lösungen vorliegenden ionischen
Zustand die gleiche Anzahl  Elektronen pro Molekül abgeben. Wird z. B. in Abb. 9.1 für Me1 = Ag und für Me2 = Cu gesetzt, so entstehen einfach
geladene Ag+-Ionen und zweifach geladene Cu2+-Ionen. Dies muß in der Reaktionsgleichung durch entsprechende stöchiometrische Koeffizienten
berücksichtigt werden. Aus Gründen der Elektroneutralität - die Elektronen, die an der einen Elektrode abgegeben werden, müssen an der anderen
aufgenommen werden - hängen die stöchiometrischen Koeffizienten mit den Ionenladungen wie folgt zusammen:
 2 Me1   1Me2    2 Me1    1Me2
2
(9.6)
1
Bei einem Formelumsatz fließen somit z = 1  2 mol
Besteht kein leitender Kontakt zwischen den beiden
Ladungsausgleichs, und wir können mit dem
elektromotorische Kraft - abgekürzt EMK an, ob sich das System "links oder rechts vom
(9.6)); ihr Zahlenwert ist ein Maß dafür, "wie weit das
Überlegen Sie sich, was diese lässige Formulierung
Den quantitativen Zusammenhang zwischen der
Elektronen von einer Elektrode zur anderen.
Element
K/K+
Ca/Ca2+
Zn/Zn2+
Fe/Fe2+
Sn/Sn2+
Pb/Pb2+
H2/H+
Cu/Cu2+ 60
Ag/Ag+
Au/Au3+
E/V
-2,92
-2,87
-0,76
-0,44
-0,14
-0,13
0,00
+0,35
+0,80
+1,40
Elektroden, so besteht keine Möglichkeit des
Meßgerät die oben diskutierte Spannung, die man als
bezeichnet, messen. Das Vorzeichen der EMK gibt
Gleichgewichtszustand" befindet (Gl. (9.5) oder
System vom Gleichgewichtszustand entfernt" ist.
bedeutet!
elektromotorischen Kraft E, den Konzentrationen c1
und c2 der Elektrolytlösungen, der Temperatur T sowie einer noch zu erläuternden systemspezifischen Größe Eo liefert die Nernstsche Gleichung:
E  E0 
RT c12
ln
zF c21
(9.7)
wobei R = 8,3143 J/mol K die allgemeine Gaskonstante, F = 96487 C/mol die Faradaysche Konstante, z die bei einem Formelumsatz ausgetauschte
 1
 2
Stoffmenge an Elektronen darstellen und c1 sowie c2 die Konzentrationen der Kationen Me1 bzw. Me2 bedeuten. E0 ist nach Gl. (9.7) diejenige
Spannung, die man für den Fall c1 = c2 = 1 mol/dm3 erhält. Wenn das Experiment bei 25 °C durchgeführt wird, stimmt diese Größe mit der Differenz
der sog. Normalpotentiale oder Standardpotentiale der betrachteten Metalle überein. Dabei handelt es sich um tabellierte, in der sog. Spannungsreihe
zusammengefaßte Spannungswerte, die unter den nachfolgend erläuterten Normalbedingungen gemessen wurden:
- Temperatur: 25 0C

- Meßelektrode: Die zu untersuchende Elektrode des Metalls Me taucht in eine Me1 -Lösung der Konzentration 1 mol/dm3.
- Bezugselektrode: Eine Platinelektrode taucht in eine 1M H+-Ionenlösung, durch die bei 1 atm = 101 325 Pa Druck Wasserstoffgas perlt. Man
bezeichnet diese Elektrode als Normalwasserstoffelektrode. Da Wasserstoff gasförmig ist, muß er zur Gewährleistung der elektrischen Leitfähigkeit
der Elektrode an einem Metall, z.B. Pt, adsorbiert werden.
Die Normalpotentiale einiger Elemente sind in der obenstehenden Tabelle aufgelistet. Die Tabelle kann erweitert werden durch Paare mit
unterschiedlichen Oxidationsstufen ein und desselben Elementes, z. B. Cr3+/Cr6+. Neben den hier behandelten Metallen sind alle Elemente, für die
eine geeignete Elektrode aufgebaut werden kann, z. B. Cl-/Cl2, von Interesse.
Wenn die stöchiometrischen Koeffizienten in der Nernstschen Gleichung nicht übereinstimmen, entsteht die Schwierigkeit, daß das Argument des
Logarithmus mit einer Dimension behaftet ist. Diese Schwierigkeit wird vermieden, indem in der Nernstschen Gleichung jede Konzentration durch
den Standardwert, d. h. z. B. 1 mol/dm3, geteilt wird. Bei einer korrekten Herleitung entsteht die Nernstsche Gleichung auch in dieser Form.
Zum Vorzeichen der EMK ist zu bemerken, daß es dem Vorzeichen der Spannung der rechten Elektrode (mit "2" bezeichnet) bezogen auf die linke
entspricht. In vielen Lehrbüchern steht in der Nernstschen Gleichung anstelle des Minus- ein Plus-Zeichen. Die Gleichung ist auch so richtig, wenn
der Zähler und der Nenner im Argument des Logarithmus vertauscht worden sind.
Verwenden wir in der Zelle entsprechend Abb. 9.1 auf beiden Seiten das gleiche Metall und lassen nur die Konzentrationen der entsprechenden
Metallsalzlösungen unterschiedliche Werte c1 und c2 annehmen, so liegt eine sog. Konzentrationskette vor. Da für diesen Fall E0 = 0 und 1 = 2 = 1
gilt, wird aus Gl. (9.7)
E
RT c1
ln
zF c2
(9.8)
61
Die Gl. (9.7) und (9.8) gelten nur für Ionenkonzentrationen < 10-3 mol/dm3. Bei höheren Konzentrationen gilt die Nernstsche Gleichung wegen der
interionischen Wechselwirkungen nur noch näherungsweise. Man müßte, um die Gültigkeit der genannten Beziehungen zu erhalten, anstelle der
Konzentrationen c die Aktivitäten a einführen. So beträgt beispielsweise für eine 1 molare HCl-Lösung die Aktivität nur noch 0,8 mol/dm3. Nur für
hohe Verdünnung sind a und c praktisch identisch.
Bei der Bestimmung der EMK mit dem in Abb. 9.1 angegebenen Aufbau begeht man einen Fehler. Zwischen den Elektrolytlösungen, d. h. über das
Diaphragma hinweg, tritt ein Spannungsprung auf, das Diffusionspotential. Die Entstehung dieses Diffusionspotentials soll am Beispiel einer
elektrochemischen Zelle mit zwei verschieden konzentrierten Silbernitratlösungen erläutert werden. Durch das Diaphragma wird das Silbersalz
bevorzugt von der konzentrierten Seite her hinüberdiffundieren. Da nun Anion und Kation nicht mit der gleichen Geschwindigkeit diffundieren - das
Nitration ist schneller - , wird die verdünnte Silbernitratlösung durch die bevorzugt hineinwandernden Nitrationen negativ geladen, d. h. es bildet sich
das Diffusionspotential aus. Diese Überlegung zeigt auch, wie dieses Diffusionspotential vermieden werden kann: Man muß zwischen die
Elektrolytlösungen eine konzentrierte Lösung bringen, bei der Anion und Kation gleich schnell wandern. Dies ist beispielsweise für eine KNO3Lösung näherungsweise erfüllt.
Eine Möglichkeit für den Aufbau einer Zelle ohne Diffusionspotential - so wird auch im Praktikum gemessen - ist in Abb. 9.2 dargestellt. Die Heber
sind gebogene Glasrohre, die eine durch Agar-Agar-Zusatz gelatinierte KNO3-Lösung enthalten.
In Anlehnung an Abb. 9.2 verwenden wir folgende Kurzschreibweise zur Beschreibung einer elektrochemischen Zelle:
 1
Me1 Me1
 2
KNO3 Me2
(9.9)
Me2
62
Abb. 9.2: Elektrochemische Zelle mit
Salzbrücke
in der für jede Phasengrenze ein senkrechter Strich steht.
Eine wichtige praktische Anwendung der EMK-Bestimmung liegt im Bereich der quantitativen Analyse: Sowohl Gl. (9.7) als auch (9.8) gestatten,
eine unbekannte Konzentration c2 zu ermitteln, wenn für ein bestimmtes System c1 vorgegeben und E gemessen worden ist. Man nennt diese Methode
der Konzentrationsbestimmung Potentiometrie. Ihr Vorteil gegenüber anderen Methoden besteht darin, daß sie wegen der logarithmischen
Abhängigkeit der gemessenen Spannung von der Konzentration besonders zur Bestimmung kleiner Konzentrationen geeignet ist.
Hinweise
Bei allen Versuchen wird der in Abb. 9.2 gezeigte Aufbau verwendet. Lassen Sie sich zuerst das Meßinstrument durch den Assistenten erklären. Dann
werden die Silbernitratlösungen unter Verwendung der ausgegebenen 0,1 M Lösung angesetzt (Vorsicht: Silbernitrat wirkt ätzend und hinterläßt
schwarze Flecken!) Bei der Entnahme von Lösungen müssen trockene Pipetten verwendet werden! Die anderen Lösungen werden durch Verdünnung
gewonnen. Wegen der geringen Konzentrationen ist dabei sehr sauber zu arbeiten. Die Messung wird jeweils mit den niedrigsten Konzentrationen
beginnend (warum?) durchgeführt. Bechergläser, Heber und Elektroden sind jeweils mit der Lösung vorzuspülen.
Um das richtige Vorzeichen für die gemessene EMK zu erhalten, müssen die Elektroden gemäß obiger Definition an das Voltmeter angeschlossen
werden. Die Elektrode der rechten Halbzelle wird an die Buchse für die pH-Elektrode (Meßelektrode, große Buchse) und die Elektrode der linken
63
Halbzelle an die kleine Buchse (Bezugselektrode) daneben angeschlossen.
9.1
Messung der EMK einer Konzentrationskette (zu zweit) (L)
Vermessen Sie das System
Ag Ag ( c1 ) KNO3 Ag ( c2 ) Ag
mit folgenden Konzentrationen
c1/moldm-3
c2/moldm-3
0,1
0,01
0,1
0,001
0,1
0,0001
0,01
0,001
0,01
0,0001
0,001
0,0001
Die gemessenen Werte sind mit den theoretischen zu vergleichen. Interpretieren Sie die Abweichungen.
9.2
Messung des Löslichkeitsprodukts von AgCl (zu zweit)
Das Löslichkeitsprodukt wird mit der Zellanordnung
Ag  0,01 M Ag+  KNO3  0,01 M KCl + 1 Tr. AgNO3  Ag
gemessen. Sie füllen in das linke Becherglas die 0,01 M AgNO3-Lösung und in das rechte die ausstehende 0,01 M KCl-Lösung ein. Dann wird zur
Erzeugung eines AgCl-Niederschlages ein Tropfen der 0,1 M AgNO3-Lösung in das entsprechende Becherglas eingebracht und wegen der
Lichtempfindlichkeit des AgCl möglichst schnell gemessen. Sie kennen jetzt die Chloridionenkonzentration; die Silberionenkonzentration können Sie
gemäß Gl. (9.8) aus der gemessenen EMK berechnen. Der Ermittlung des Löslichkeitsproduktes von AgCl bei Raumtemperatur steht nichts mehr im
Wege. Führen Sie den Versuch auch durch, ohne einen AgCl-Niederschlag zu erzeugen; dabei vermessen Sie formal die 0,01 M AgNO3-Lösung
gegen die 0,01 M KCl-Lösung. Erklären Sie im Protokoll das überraschende Ergebnis.
Notieren sie ihre Beobachtungen.
64
10 EINFACHE ANALYSEN
Sie haben im Verlauf dieses Praktikums eine ganze Reihe von Methoden zur Identifizierung unbekannter Substanzen kennengelernt. All diese
Erfahrungen sollten Sie jetzt einfließen lassen, um die folgende Analyse durchzuführen. Ferner sollten Sie die folgenden Hinweise beachten:
-
Cl- ergibt mit AgNO3-Lösung einen weißen Niederschlag von AgCl, der sich bei Zusatz von Ammoniaklösung wieder auflöst.
Br- ergibt mit AgNO3-Lösung einen hellgelben Niederschlag, der sich bei Zusatz von Ammoniaklösung nur geringfügig löst.
I- ergibt mit AgNO3-Lösung einen gelben Niederschlag, der sich bei Zusatz von Ammoniaklösung nicht auflöst.
Br- und I- lassen sich durch eine Methode, die Sie bereits kennengelernt haben, unterscheiden.
Ziehen Sie die Tabelle auf den letzten Seiten dieses Skriptums heran, um bestimmte Substanzen nach ihrem Schmelz- bzw. Siedepunkt, ihrem
Verhalten an Luft und beim Erhitzen (Vorsicht), sowie ihrer Löslichkeit in Wasser, Alkohol und Ether zu identifizieren.
10.1 Zweistoffanalyse (nur L)
Die Zweistoffanalyse enthält eine organische Flüssigkeit sowie einen organischen Festkörper.
10.2 Dreistoffanalyse (nur B)
Die Dreistoffanalyse enthält eine organische Flüssigkeit, einen organischen Festkörper und ein Salz, das die Ionen Li+, Na+, K+, NH4+, Ca2+, Sr2+,
Ba2+, Cl-, Br-, I- enthalten kann.
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