PHILIPPS-UNIVERSITÄT MARBURG FACHBEREICH: 15 LEITUNG: PROF. DR. BERNHARD NEUMÜLLER, PHILIPP REIß REFERENT: LUISA WANKA SS 2009 Lebensmittelkonservierung AC-Experimentalvortrag 1. Allgemeine Aspekte und Geschichte der Lebensmittelkonservierung 1.1 Definition: Was bedeutet Konservieren? Der Begriff Konservierung leitet sich allgemein vom lateinischen Wort conservare ab. Dies bedeutet übersetzt „erhalten“ oder „bewahren“. Lebensmittelkonservieren beabsichtigt Lebensmittel in einen Zustand zu versetzen, in dem äußere und innere Verderbsursachen beseitigt oder der Prozess des Verderbs verlangsamt wird, das heißt, Konservierung soll generell die Haltbarkeit verlängern. Ziel der Konservierung ist, dass das äußere Erscheinungsbild, der Geschmack und die Konsistenz der Nahrung durch den Prozess der Konservierung so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Frische Lebensmittel können durch viele verschiedene Einflüsse verderben oder an Qualität abnehmen. Zu diesen Einflüssen gehören Mikroorganismen, vor allem Bakterien und Pilze, aber auch die in der Nahrung selbst enthaltenen Enzyme, die organische Zerfallsreaktionen beschleunigen und insbesondere den Geruch und die Konsistenz der Nahrung sowie ihren Nährwert verändern. Atmosphärischer Sauerstoff kann mit bestimmten Komponenten in der Nahrung reagieren und deren Farbe und Geschmack verändern, so dass Lebensmittel unansehnlich werden oder etwa ranzig schmecken und riechen. Man unterscheidet heutzutage Konservierungsmethoden. Am zwischen weitesten physikalischen verbreitet sind und die chemischen physikalischen Methoden, insbesondere die thermischen Verfahren. Ca. 95 % der konservierten Nahrungsmittel werden mit physikalischen Methoden haltbar gemacht, nur 5 % werden chemische Substanzen zugesetzt. Verwendung finden chemische Konservierungsmittel besonders in Fisch- und Fleischprodukten, Konserven, Trocken- und Fertignahrung, sowie in vielen Getränken und Soßen. Eine ideale Konservierung von Lebensmitteln gegen alle möglichen Schäden und für alle Zeiten gibt es nicht. Neben modernen Methoden, wie der Konservierung von Lebensmitteln in Dosen, dem Tiefgefrieren oder der Gefriertrocknung gibt es traditionelle Verfahren der Haltbarmachung von Nahrung, wie das Trocknen, 2 Einsalzen und Räuchern. energiereichen Strahlen, Andere werden Methoden, etwa wenig verwendet die Bestrahlung oder befinden sich mit im experimentellen Stadium. 1.2 Verursacher des Lebensmittelverderbs Allgemein lässt sich sagen, dass ein durch Mikroorganismen verursachter Lebensmittelverderb sowohl durch Bakterien als auch durch Pilze (meist Schimmelpilze) und Hefen verursacht werden kann. Bakterien können verschiedene Formen des Lebensmittelverderbs verursachen. Zu diesen Formen zählen Fäulnis, Ansäuerung, Verfärbungen und Schleimbildung. Fäulnis entsteht durch den Abbau von Aminosäuren und Proteinen unter Freisetzung von Gasen wie Schwefelwasserstoff (H2S) oder Ammoniak (NH3). Aminosäuren und Proteine befinden sich hauptsächlich in eiweißreichen Lebensmitteln, daher sind besonders Lebensmittel, wie Fleisch, Fisch oder Meerestiere von einem BakterienBefall betroffen. In der Natur entsteht Schwefelwasserstoff bei Faulprozessen, z. B. am Boden des Schwarzen Meeres durch Bakterien vermittelte Reduktion von Sulfaten zu Sulfiden. Ausgangsprodukte bilden schwefelhaltige, organische Substanzen wie Eiweiß und Tang. Den Verderb durch Bakterien erkennt man meistens durch Veränderungen des Aussehens oder des Geschmacks. Hefe verursacht einen Lebensmittelverderb in erster Linie in Form von Gärung. Davon betroffen sind vor allem Lebensmittel mit hohen Zuckeranteilen wie Säfte, Sirup oder Konfitüren. Typisch ist hierfür eine Schaumbildung an der Oberfläche, die durch die Bildung von Kohlenstoffdioxid verursacht wird. Durch Schimmelpilze hervorgerufene Verderbsformen sind das Verschimmeln und die Erweichung von Lebensmitteln. Schimmelpilze benötigen für ihren Wachstum keine bestimmten Lebensbedingungen, so dass fast alle Lebensmittel davon betroffen sind. Kennzeichnend für verschimmelte Lebensmittel ist ein sichtbarer Schimmelpilzrasen sowie der typisch unangenehme Geruch und Geschmack. Die Vermehrung von Bakterien und Pilzen verläuft sehr schnell. Sie wird besonders durch Faktoren, wie zum Beispiel der Temperatur oder den pH-Wert begünstigt. 1.3 Wirkungsweise von Konservierungsstoffen Konservierungsstoffe können auf verschiedene Arten und Weisen wirken. 3 Generell kann man zwei Wirkungsklassen unterscheiden: mikrobiozide Stoffe (z.B. in Pflanzenschutzmitteln): Abtöten von schädlichen Organismen mikrobiostatische Stoffe (z.B. Lebens- oder Futtermittelkonservierung): Hemmen Vermehrung und Wachstum der Keime, verhindern die Bildung von hoch giftigen Toxinen Die mikrobiostatische Wirkungsweise kann auf zwei verschiedenen Methoden erfolgen: 1.3.1 Physikalische Verfahren Physikalische Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass man das Lebensmittel einer physikalischen Maßnahme unterwirft, die dem Mikrobenwachstum entgegenwirkt. Dabei ist die Temperatur der wichtigste Faktor, der das Wachstum von Mikroorganismen beeinflusst. Bei niedrigeren Temperaturen, z.B. beim Kühlen kommt das Wachstum zum völligen Stillstand, bei höheren Temperaturen werden die Organismen abgetötet. 4 1.3.2 Chemische Verfahren Chemische Verfahren zur Konservierung von Lebensmitteln führen teils zur Hemmung, teils zur Abtönung einzelner Gruppen von Mikroorganismen in Lebensmitteln. Werden chemische Substanzen Lebensmitteln zum Zweck der Konservierung zugesetzt, so sind sie auch zum Verzehr bestimmt und werden damit selbst zu Lebensmittel. Aus diesem Grund müssen alle Lebensmittelzusatzstoffe, die zur Haltbarmachung dienen, gesundheitlich unbedenklich sein. 2 Geschichte der chemischen Lebensmittelkonservierung Die Konservierung von Lebensmitteln hat eine lange Tradition. Die ältesten, bekannten Methoden sind das Trocknen, das Räuchern und das Salzen. Welche dieser Methoden angewendet wurde, hing hauptsächlich von den klimatischen Bedingungen ab. Archäologische Befunde belegen, dass schon um 7000 vor Chr. Fleisch geräuchert wurde. Das Trocknen ist eine der ältesten Methoden. Beim Trocknen entweicht das Wasser auf „natürliche” Weise durch Verdunstung, beispielsweise im Sonnenlicht. Das Räuchern wird vor allem in der Herstellung von Würsten und Schinken angewandt. Dabei hängt man das Räuchergut mehrere Stunden oder Tage in eine Rauchkammer. Dabei produziert ein langsam schwelendes Holzfeuer den Rauch, der auf die Nahrungsmittel einwirkt. Die konservierende Wirkung entsteht dabei durch Formaldehyd und Kreosot, die im Rauch enthalten sind und die Lebensmittel zugleich geschmacklich beeinflussen. Darüber hinaus entwickelt sich durch die austrocknende Hitze ein konservierender Effekt. Vor dem Räuchern werden die Lebensmittel mit Salz behandelt. Durch den Ruß verfärbt sich das Geräucherte dunkel. Um 3000 v. Chr. legte man in Mesopotamien die zu konservierenden Lebensmittel in Öl ein, die Ägypter benutzten dazu um 2000 v. Chr. Essig und Honig. Essig als Konservierungsstoff für Lebensmittel war allerdings schon seit dem 5. Jahrtausend v. Chr. im Orient bekannt. Essig eignet sich aufgrund seines Säuregehalts sehr gut, um Nahrung nach dem Erhitzen haltbar zu machen. Die meisten Mikroorganismen (abgesehen von Pilzen) sind auf ein neutrales oder alkalisches Milieu angewiesen. Sie werden deshalb beim Einlegen in Essig in ihrer Entwicklung gehemmt oder abgetötet. 5 Um 9000 v. Chr. nutze man die haltbar machenden Eigenschaften von Milch und Pflanzensäften. Anschließend legte man um 1000 v. Chr. die Lebensmittel in Alkohol (Arabien) oder in Milchsäure (Ostasien) ein. 1353 hatte dann das Konservieren mit Zucker in Europa den Durchbruch und schließlich auch das Pökeln um 1397. Moderne Techniken, wie zum Beispiel die Dosenkonservierung wurden erst ca. 1809 entwickelt. Erst seit 100 Jahren gilt es nicht mehr nur Lebensmittel „irgendwie“ zu erhalten, sondern mithilfe von Konservierungsstoffen auch deren oft empfindliche Inhaltsstoffe sowie ihren Nähr- und Geschmackswert. Dafür wurden die Borsäure und die antiseptisch Konservierungszusatzstoffe („fäulniswidrige“) eingesetzt. Ende wirkende der zweiten Salicylsäure Hälfte des als 19. Jahrhunderts kam zu den Konservierungsmitteln die Ameisensäure hinzu. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts begann man die heute noch im weiten Umfang verwendete Benzoesäure in der Lebensmittelkonservierung zu verwenden. Natriumbenzoat in geringen Konzentrationen (unter 0,1 Prozent) ist geeignet, Früchte vor Pilzbefall zu schützen. Mitte der 1950er Jahre wurde die Konservierung mithilfe einer Lebensmittelbestrahlung entwickelt. Die Strahlung (meistens UV-Strahlung) verlangsamt den Reifeprozess und verhindert das Wachstum von Mikroorganismen. Es desinfiziert Saatgut, Getreideprodukte, Frisch- und Trockenfrüchte sowie Gemüse von vorhandenen Insekten und tötet auch die Bakterien im Fleisch ab. Allerdings werden dabei auch Geschmacksstoffe verändert, so dass diese Methode nur selten verwendet wird. Vorteilhaft an dieser Methode ist, dass die Strahlenempfindlichkeit der Moleküle von ihrer Größe abhängt und somit die Bestandteile, die für den Nährwert des Lebensmittels entscheidend sind (Eiweiß, Fette, Kohlenhydrate, Vitamine) – wegen ihrer geringen Größe-, nur wenig verändert werden. Heutzutage spielt die Lebensmittelkonservierung eine besonders wichtige Rolle, da hauptsächlich auf Vorrat eingekauft wird, der für längere Zeit haltbar sein muss. Dies wird vor allem durch Kühlung erreicht. Durch das Einfrieren der Nahrung wird verhindert, dass sich die darin enthaltenen Mikroorganismen vermehren. Weil dieses Verfahren jedoch nicht alle Arten von Bakterien abtötet, vermehren sich einige Bakterien nach dem Auftauen wieder, oft sogar (wegen der geringeren Konkurrenz durch andere Arten) schneller als zuvor. Enzyme bleiben dagegen teilweise auch in gefrorenem Zustand aktiv, wenn auch mit stark verlangsamter Geschwindigkeit. Reichen physikalische Methoden zur Konservierung nicht aus, so werden 6 Zusatzstoffe hinzugefügt. Der meist eingesetzte Zusatzstoff ist die Sorbinsäure. Die konservierenden Eigenschaften der Sorbinsäure, des heute wohl bedeutendsten Konservierungsstoffs, wurden 1939 von E. Müller bei Untersuchungen von ungesättigten Fettsäuren entdeckt. Unabhängig davon stellte Gooding 1940 die konservierende Wirkung von Sorbinsäure in Margarine fest. 2.1 Notwendigkeit der Lebensmittelkonservierung In der heutigen Gesellschaft sind Konservierungsstoffe von wichtiger Bedeutung. Durch die Trennung der Orte der Produktion und des späteren Konsums wird Konservierung bei einer Vielzahl von Produkten notwendig. Für den internationalen Warenaustausch ist es wichtig, frische und haltbare Produkte zu verkaufen, die gesundheitlich unbedenklich sind. Die Entwicklung von Ballungszentren mit umfassenden, differenzierten Ernährungsbedürfnissen fordert von der Produktion lang haltbare Lebensmittel, da immer genügend neue Nahrungsreserven vorhanden sein müssen. Um allerdings einen Missbrauch beim Einsatz der Konservierungsmittel vorzubeugen, hat die Europäische Gemeinschaft in Zusammenarbeit mit der WHO Richtlinien für Konservierungsstoffe entwickelt. In diesen Richtlinien wird dem Einsatz der Konservierungsmittel mittels des ADI-Wertes (acceptable daily intake) ein Limit auferlegt. Die ADI-Werte drücken in mg/kg-Körpergewicht die Menge eines Stoffes aus, die man ohne Bedenken pro Tag ein Leben lang zu sich nehmen kann. Darüber hinaus sind heutzutage Zusatzstoffe kennzeichnungspflichtig. Sie werden durch die von der EU bestimmten E-Nummern kenntlich gemacht. Bei den ENummern handelt es sich um einen Code (z.B. E210 für Benzoesäure), mit dem die derzeit zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe nummeriert und gekennzeichnet werden. Die Zusatzstoff-Zulassungsverordnung weist heute den Charakter einer Positivliste auf. Das heißt, alle nicht dort aufgeführten Stoffe dürfen nicht in Lebensmitteln verwendet werden. Demo 1: Trocknen und Einsalzen mit Essig Das wohl älteste Konservierungsverfahren ist das Trocknen. Hierbei wird den für den Lebensmittelverderb verantwortlichen Mikroorganismen die wichtige Lebensgrundlage Wasser entzogen. 7 Durch das Entziehen von Wasser ist ein Lebensmittel fast unbegrenzt haltbar, wenn dessen Wassergehalt beim Trocknen unter 4% gesenkt und es anschließend trocken aufbewahrt wird. Zum Trocknen benötigt man warme, trockene Gegenden, wie zum Beispiel Nordamerika. Heutzutage verwendet man zum Trocknen dazu hauptsächlich Öfen. „Nudeln“ beispielsweise werden heutzutage durch einfaches Trocknen haltbar und marktfähig gemacht. Ebenso wurden früher wie auch heute noch Pilze getrocknet. Demo 1a: Trocknen von Champignons Aus verschiedenen Quellen geht hervor, dass zum Beispiel die Yosemite-Indianer früher Pilze klein schnitten und trockneten. Zum Essen wurden diese gekocht und mit Salz gegessen oder als Pilzsuppe zubereitet. Materialien: Messer Trockenschrank Alufolie Frische Champignons Durchführung: Zunächst werden die Champignons sorgfältig gesäubert und in Scheiben geschnitten. Die Pilzscheiben werden auf einer Alufolie locker ausgelegt und mitsamt der Folie in einen Trockenschrank gelegt und bei 70 °C für 3 Stunden getrocknet. Beobachtung: Die Pilzscheiben werden nach einiger Zeit kleiner und bekommen eine runzelige Form. Auswertung: Durch den Wasser-Entzug sind die Champignons nun haltbarer als die nicht getrockneten Champignons. Neben dem Trocken kann noch zusätzlich das Salzen für das Konservieren eingesetzt werden. Das Salz entzieht dem Lebensmittel das Wasser und damit die Lebensgrundlage für Mikroorganismen. Allerdings benötigt man dazu erhebliche Mengen an Salz, die gesundheitsschädlich sein können. Erst eine etwa 8-24 %ige 8 Kochsalzlösung wirkt antibakteriell. So kann das als harmlos bzw. lebensnotwendig, geltende Kochsalz auch beim Erwachsenen zu gesundheitlichen Problemen, wie zum Beispiel zu Bluthochdruck, führen. Kochsalz wird heute nur noch selten als alleiniges Konservierungsmittel verwendet, jedoch häufig in Kombination mit anderen Konservierungsstoffen (z.B. Essig) und Konservierungsverfahren (z.B. Trocknen). Diese Vorgehensweise hat zur Folge, dass der Kochsalzzusatz verringert und das Wirkungsspektrum gegen Mikroorganismen erweitert werden kann. Demo 1b: Konservierung mit Salz und Essig Materialien: Große Schüssel Löffel Schraubdeckelgläser Messer Waage Haushaltsfolie Chemikalien: Speiseessig Kochsalz frische Champignons Durchführung: 200 g frische Champignons werden gewaschen und sorgfältig getrocknet. Anschließend werden sie in Scheiben geschnitten und in eine Schüssel gegeben. Anschließend wird 8 g Kochsalz darüber gestreut, 16 g Essigessenz zugegeben und umgerührt. Die Schale wird abgedeckt und in einen Kühlschrank gestellt. Am nächsten Tag wird ein weiteres Mal umgerührt und 30 Minuten gewartet. Dann werden die Champignons gemeinsam mit der entstandenen Flüssigkeit in die Schraubdeckelgläser gefüllt und in einem Kühlschrank aufbewahrt. 9 Auswertung: Durch das Salz und Essig sind die Champignons nun haltbarer, da sie das Wachstum von Mikroorganismen verhindern. 3. Lebensmittelkonservierung durch Senkung des pHWertes 3.1 Konservierung mit Essigsäure Das Einlegen von Lebensmitteln in Essig ist eines der ältesten Konservierungsverfahren der Menschheit und wird auch heute noch in großem Umfang durchgeführt. Essigsäure ist die E-Nummer 260 zugeordnet und sie wird neben ihrer Verwendung als Konservierungsmittel auch als Genusssäure eingesetzt. Sie gilt allgemein als gesundheitlich ungefährlich, so dass kein ADI-Wert festgelegt ist. Die konservierende Wirkung der Essigsäure beruht allein auf einer Absenkung des pH-Wertes im Lebensmittel. Dafür notwendig ist jedoch eine Essigsäurekonzentration von mindestens 0,5%. Die konservierende Wirkung ist pHWert-abhängig und steigt deutlich mit sinkendem pH-Wert. Bei niedrigen pH-Werten liegt Essigsäure als mittelstarke bis schwache Säure (pKS = 4,75) zum Großteil undissoziiert vor und kann so leicht die Zellmembran der Mikroorganismen durchdringen. Im Zellinneren stellt sich ein neues Gleichgewicht zwischen Essigsäure und Acetat-Ionen ein, wodurch der pH-Wert in der Zelle sinkt und es zur Denaturierung vorhandener Zellproteine kommen kann. 3.2 Wirkung und Anwendung der Essigsäure Die meisten Bakterienarten wachsen nur in einem neutralen Milieu, so dass die Essigsäure besonders effektiv gegen einen Verderb durch Bakterien ist. Aufgrund dessen, dass die konservierende Wirkung der Essigsäure insgesamt jedoch eher gering ist, wird das Einlegen in Essig häufig mit weiteren Konservierungsverfahren, wie dem Pasteurisieren oder dem Versetzen mit Kochsalz oder Sorbinsäure kombiniert. Von großer Bedeutung ist das Einlegen in Essig heute noch für Gemüseprodukte, bei 10 denen das Gemüse in roher Form in 0,5 – 3 %igen Essigsäure-Lösungen eingelegt wird, die zusätzlich Gewürze, Salz oder Zucker enthalten können. Um einen mikrobiellen Verderb sicher zu verhindern, werden die eingelegten Gemüseprodukte zusätzlich pasteurisiert oder sogar sterilisiert. „Saure Gurken“ sind aufgrund ihres säuerlichen Geschmacks beim Verbraucher sehr beliebt. Im folgenden Versuch wird das Einlegewasser von „Sauren Gurken“ daher qualitativ und quantitativ auf Essigsäure hin untersucht. Demo 2: Aufnahme einer Titrationskurve von Gurkenwasser Materialien: Glastrichter Faltenfilter Erlenmeyerkolben (300 mL) Vollpipette (50 mL) Peleusball Becherglas (250 mL) Glaselektrode Magnetrührer mit Rührfisch Bürette Stativmaterial Chemikalien: Gurkenwasser (aus einem Glas „Saure Gurken“) Natronlauge (c = 0,1 mol/L) Durchführung: Aus einem Glas „Saure Gurken“ wird das Gurkenwasser abgeschüttet und filtriert. Anschließend werden mithilfe einer Vollpipette 50 mL des filtrierten Gurkenwassers in ein 250 mL Becherglas überführt und dort mit der gleichen Menge ention. Wasser verdünnt. Mithilfe einer Glaselektrode wird der pH-Wert des Gurkenwassers gemessen (vorher umrühren). Die Bürette wird mit Natronlauge (c = 0,1 mol/L) befüllt und es werden nun schrittweise 1 mL Natronlauge zu dem Gurkenwasser hinzu gegeben. Nach jeder Zugabe wird die Lösung im Vorlagekolben zunächst verrührt, und es wird anschließend der pH-Wert gemessen und notiert. Die Messung wird 11 beendet, wenn sich der pH-Wert der Lösung im Vorlagekolben bei Zugabe von Natronlauge dauerhaft nicht mehr ändert. Beobachtung: Der pH-Wert des Gurkenwassers liegt vor der Zugabe von Natronlauge bei 2,74. Bei Zugabe von Natronlauge steigt der pH-Wert zunächst relativ langsam, aber stetig an. Ab einem zugegebenen Volumen Natronlauge von 10,0 mL steigt der pH-Wert bei weiterer Zugabe stark an. Nach Zugabe von ungefähr 12,0 mL Natronlauge ändert sich der pH-Wert bei weiterer Zugabe wieder nur sehr langsam und stetig. Die gemessenen pH-Werte sind in folgender Tabelle aufgeführt: V(NaOH)/mL pH-Wert V(NaOH)/mL pH-Wert 0 2,74 7 4,92 1 3,66 8 5,16 2 3,94 9 5,50 3 4,16 10 6,90 4 4,37 11 12,14 5 4,53 12 12,44 6 4,74 13 12,63 V(NaOH)/mL pH-Wert 14 12,74 15 12,86 16 12,94 17 13,02 18 13,08 19 13,12 20 13,13 Auswertung: Zur Auswertung des Versuches werden die gemessenen pH-Werte in Abhängigkeit des zugefügten Volumens Natronlauge in einer Graphik aufgetragen: 12 Graphische Darstellung der gemessenen pH-Werte in Abhängigkeit des zugegebenen Volumina Natronlauge: Bei Zugabe von Natronlauge zu der Lösung im Vorlagekolben findet eine SäureBase-Reaktion nach Brønsted statt. Die im Gurkenwasser vorhandene Säure reagiert mit den Hydroxid-Ionen der Natronlauge unter Bildung von Wasser und einem Salz. Zu erkennen ist dies am langsamen Anstieg des pH-Wertes bei Zugabe von Natronlauge. Die Titrationskurve zeigt zudem, dass es sich bei der im Gurkenwasser vorhandenen Säure um eine schwache Säure handeln muss. Festgestellt werden kann dies anhand des Verlaufs der Titrationskurve, sowie an der Lage des Äquivalenzpunktes. Die Titrationskurve zeigt zu Beginn einen langsamen, stetigen Anstieg des pHWertes und der Bereich des steilen Anstiegs in der Nähe des Äquivalenzpunktes ist relativ schmal. Der Äquivalenzpunkt stimmt darüber hinaus nicht mit dem Neutralpunkt überein, wie es bei der Titration einer starken Säure mit einer starken Base wäre, sondern liegt im leicht basischen Milieu. Graphisch können mithilfe der Titrationskurve der Äquivalenzpunkt, der pKS-Wert der Säure im Vorlagekolben und der pH-Wert am Äquivalenzpunkt bestimmt werden. Die oben eingetragenen Punkte werden dafür, der Einfachheit halber, durch eine Eichkurve miteinander verbunden: 13 Graphische Auswertung der aufgenommenen Titrationskurve: Die graphische Auswertung wird mit der Bestimmung des Äquivalenzpunktes begonnen. Hierzu werden an die beiden Kurven zu Beginn und am Ende des steilen Anstiegs zwei zueinander parallele Tangenten angelegt und zwischen diese, genau in der Mitte, eine weitere Parallele eingezeichnet. Der Schnittpunkt dieser Geraden mit der Titrationskurve markiert den Wendepunkt und gibt so die Lage des Äquivalenzpunktes an. Dieser liegt hier bei einem zugegebenen Volumen Natronlauge von 11,5 mL und besitzt einen pH-Wert von 8,48. Im Anschluss kann der Pufferpunkt bestimmt werden. Wird eine schwache Säure mit einer starken Base titriert, so liegen nach Zugabe einer kleinen Menge der starken Base, die schwache Säure und ihre konjugierte Base nebeneinander in der Lösung vor. Es handelt sich hierbei um eine Pufferlösung. Für einen Puffer gilt, dass bei Vorliegen gleicher Stoffmengen der schwachen Säure sowie der konjugierten Base der pH-Wert dieser Lösung dem pKS-Wert der schwachen Säure entspricht. Für die oben betrachtete Titration gilt, dass bei Zugabe von 5,75 mL Natronlauge die Hälfte der Säure 14 umgesetzt worden ist und nun als konjugierte Base in der Lösung vorliegt. An diesem Punkt entspricht der pH-Wert der Lösung dem pKS-Wert der schwachen Säure im Vorlagekolben. Der pH-Wert an dieser Stelle liegt in der Messung bei 4,39. Aus diesen Ergebnissen kann geschlossen werden, dass es sich bei der Säure im Gurkenwasser um Essigsäure handelt. Gründe hierfür sind, dass Essigsäure eine schwache Säure darstellt, als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen ist und der graphisch ermittelte pKS-Wert in etwa mit dem pKS-Wert der Essigsäure (pKS = 4,75) übereinstimmt. Die Reaktionsgleichung für die während der Titration ablaufende Reaktion lautet damit wie folgt: CH3COOH (aq) + Na+(aq) + OH-(aq) CH3COO-(aq) + Na+(aq) + H2O Anhand des Äquivalenzpunktes kann im Anschluss die im Gurkenwasser vorhandene Menge Essigsäure bestimmt werden. Der Titer der Natronlauge betrug hier t = 1,0. n(CH3COOH) = c(NaOH)*V(NaOH)* t = 0,1*11,5 mL*1,00 = 1,15 mmol/mL m(CH3COOH) = M(CH3COOH)*n(CH3COOH) = 60,05 mg/mmol*1,15 mmol = 69,05 mg/mmol In 50 mL Gurkenwasser sind demnach 69,05 mg Essigsäure enthalten. 4. Schwefeln von Lebensmitteln 4.1 Allgemeines Beim Schwefeln werden die Lebensmittel mit Stoffen, wie Schwefeldioxid oder Salzen der schwefligen Säure behandelt. Das Schwefeln von Lebensmitteln zwecks Konservierung ist schon ein altes Verfahren, welches sogar schon die Römer um 50 n. Chr. nutzten. Sie schwefelten die Weinfässer, um den Pilz- und Schimmelbefall zu verringern. Ende des 15. Jahrhunderts wurde in Teilen Deutschlands das Schwefeln aufgrund der Belästigung der Natur des Menschen und der Gesundheitsgefährdung des Trinkers verboten. 15 4.2 Wirkung und Toxizität Schwefeldioxid und die Salze der schwefligen Säure (Sulfite) werden in der Lebensmitteltechnologie wegen ihrer antimikrobiellen, antioxidativen, enzymhemmenden und reduzierenden Eigenschaften eingesetzt. Schwefeldioxid wird häufig bei Obstprodukten als temporäres Konservierungsmittel eingesetzt. Es wird den Produkten zur Verhinderung von Bräunungsreaktionen und unerwünschten Farbänderungen zugesetzt und im weiteren Verarbeitungsprozess durch Hitze oder Vakuum wieder weitgehend entfernt. Bei der Weinherstellung dient der Zusatz von Schwefeldioxid neben dem Schutz der Weine vor dem Braunwerden, der Verhinderung des Wachstums schädlicher Mikroorganimsen. Der ADI-Wert für Schwefeldioxid bzw. Salze der schwefligen Säure liegt bei 0,7 mg/kg Körpergewicht, d.h. ein Erwachsener (KG = 70 kg) kann ohne Gefahr täglich 49 mg SO2 zu sich nehmen. Aus toxikologischer Sicht sind Schwefeldioxide bzw. die Sulfite heftig umstritten, vor allem deshalb, weil sie das Vitamin B1 im Organismus zerstören. Außerdem können Allergien und Krämpfe der Bronchialmuskulatur ausgelöst werden. 4.3 Anwendungsgebiete Der Einsatz von Schwefeldioxid und den Salzen der schwefligen Säure ist beschränkt auf Trockenfrüchte oder –gemüse, Konfitüre, Marmelade oder kandierte Früchte. Weiterhin ist Schwefeln zugelassen für getrocknete Kartoffelerzeugnisse und in der Weinherstellung. Ab einem Restgehalt von mehr als 50 mg Schwefeldioxid pro kg Produkt muss dieses als „geschwefelt“, bei mehr als 500 mg als „stark geschwefelt“ gekennzeichnet sein. Rotwein hat zum Beispiel in den meisten Fällen einen Gesamtgehalt an Schwefeldioxid von 175 mg/L. Versuch 1: Schwefeln von Apfelstücken Materialien: Messer Erlenmeyerkolben Porzellanschale Bunsenbrenner Gummistopfen 16 Chemikalien: Schwefelpulver Apfel Durchführung: Zunächst wird der Apfel geschält und in kleine Stücke geschnitten. Anschließend werden in einer Porzellanschale zwei Spatel Schwefelpulver mithilfe eines Bunsenbrenners erhitzt. Das entstehende Gas wird mit einem Erlenmeyerkolben aufgefangen. Nach wenigen Minuten werden mehrere Apfelstücke in den mit Gas gefüllten Erlenmeyerkolben gegeben. Der Erlenmeyerkolben wird mit einem Gummistopfen verschlossen. Nach ca. drei Minuten werden die Apfelstücke aus dem Kolben heraus genommen und mit ungeschwefelten Apfelstücken, die an der Luft lagen, verglichen. Beobachtung: Die geschwefelten Apfelstücke bleiben selbst nach Stunden unverändert gelb und saftig. Im Gegensatz dazu werden die ungeschwefelten Apfelstücke braun. Auswertung: Der Schwefel wird durch den Sauerstoff der Luft zu Schwefeldioxid oxidiert. Das entstandene Schwefeldioxid-Gas wirkt konservierend auf die Apfelstücke, indem es die Bräunungsreaktion durch Phenoloxidation verhindert. Äpfel besitzen verschiedene Phenole, die für den Geschmack des Apfels verantwortlich sind. Ist ein Apfel ungeschnitten, dient die Ascorbinsäure dazu, den Apfel vor einer Phenoloxidation und somit einer Braunfärbung zu schützen. Wird der Apfel in Stücke geschnitten, kann die Ascorbinsäure die Oxidation nicht mehr komplett verhindern. Um Lebensmittel vor einer Oxidation an der Luft zu schützen, verwendet man heutzutage Antioxidantien (hier: SO2). Diese Antioxidantien können Luftsauerstoff abfangen und somit eine Braunfärbung verhindern. Nach dem eigenständigen Schwefeln von Apfelstücken kommt folgende Fragestellung auf: Kann man anhand von ausgewählten Versuchen nachweisen, ob ein Produkt tatsächlich geschwefelt ist? Für die Untersuchung lassen sich generell 17 zwei Nachweismethoden anwenden. Man kann Schwefeldioxid entweder durch Reduktion zu Schwefelwasserstoff mithilfe von Bleiacetat-Papier oder durch Oxidation zu Sulfat mit KIO3-Stärke-Papier nachweisen. In diesem Fall wird das erste Nachweis-Verfahren angewandt. Versuch 2: Nachweis von SO2 in Trockenobst mit Bleiacetat-Papier Materialien: 200 mL-Erlenmeyerkolben Gummistopfen Tesafilm Magnetrührer mit Rührfisch Messer Chemikalien: Zink-Pulver Salzsäure (c = 2 mol/L) Bleiacetat-Papier Geschwefeltes Trockenobst: Aprikosen Durchführung: In einem 200 mL-Erlenmeyerkolben werden ca. 20 g fein zerkleinerte, getrocknete Aprikosen mit 50 mL ention. Wasser übergossen. Anschließend werden eine Spatelspitze Zink-Pulver und 20 mL Salzsäure zugesetzt. Darauf wird der Kolben sofort mit einem Gummistopfen verschlossen. An dem Stopfen wird mit Tesafilm ein angefeuchtetes Bleiacetat-Papier befestigt, dass sich etwa 1 cm über dem Kolbeninhalt befindet. Der Kolben wird nun auf einem Magnetrührer leicht erwärmt. Beobachtung: Nach wenigen Minuten zeigt sich eine Braun-bis Schwarzfärbung. Auswertung: Die Braun-bis Schwarzfärbung des Bleiacetat-Papiers beruht darauf, dass in Gegenwart von Salzsäure das Zink-Pulver oxidiert wird. Dabei bildet sich nascierender Wasserstoff. Dieser reduziert das Schwefeldioxid zu 18 Schwefelwasserstoff. Das Bleiacetat-Papier färbt sich dann durch den Schwefelwasserstoff nach wenigen Minuten langsam braun. Die Schwarzfärbung erfolgt durch die Bildung von Bleisulfid. 5. Pökeln von Lebensmitteln 5.1 Allgemeines Pökelsalz besteht hauptsächlich aus Kochsalz (NaCl) und geringen Mengen an NitritSalzen. Der Massenanteil an Natriumnitrit in Pökelsalz muss laut gesetzlichen Richtlinien zwischen 0,4 % und 0,5 % liegen. Zusätzlich enthält Pökelsalz häufig noch Saccharose und so genannte Pökelhilfsstoffe wie L-Ascorbinsäure zur Umrötung. Das mit Abstand wichtigste Anwendungsgebiet der Konservierung mit Pökelsalz sind Fleischwaren. Bezüglich des Verfahrens der Konservierung wird zwischen Trockenpökelung, bei der das Pökelsalz in fester Form zugefügt wird, Nasspökelung, bei der das Fleisch in eine so genannte Pökellake eingelegt wird und Spritzpökelung, bei der die Pökellake direkt ins Fleisch injiziert wird, unterschieden. Eine Trockenpökelung wird häufig mit einer im Anschluss stattfindenden Nasspökelung kombiniert 19 Pökelarten Trockenpökelung: Das Fleisch wird mit dem Kochsalz-Pökelstoff-Gemisch eingerieben und gekühlt mehrere Wochen bis Monate gelagert. Nasspökelung: Die zu pökelnde Ware wird in eine 15-20 %ige wässrige Lösung von Nitritpökelsalz, die weitere Pökelhilfsstoffe (Kaliumascorbat) enthalten kann, ein bis mehrere Tage eingelegt. Spritzpökelung: Das Fleisch wird durch Injektion von Pökellake mit genau dosierten Mengen Pökelsalz versetzt und anschließend einen Tag in Pökellake gelegt. Der Vorteil der Spritzpökelung besteht darin, dass durch die Injektion das Pökelsalz schneller ins Innere des Fleisches dringt und dieses so viel besser und eher durchgepökelt ist. 5.2 Wirkung Die konservierende Wirkung von Pökelsalz kommt im Wesentlichen durch zwei Faktoren zustande. Zum einen durch die Senkung der Wasseraktivität durch Zugabe hoher Konzentrationen an Natriumchlorid und zum anderen durch die Anwesenheit von Nitrat beziehungsweise Nitrit, die als Konservierungsstoffe in spezifischer Weise auf die Zellen der Mikroorganismen einwirken. Nitrite wirken hauptsächlich antibakteriell und antioxidativ und verstärken so synergetisch die haltbarkeitsverlängernde Wirkung des Kochsalzes. In den letzten Jahren haben Untersuchungen gezeigt, dass der Einsatz von Natriumnitrit in der erwähnten Konzentration zur Hemmung von toxigenen Keimen in Pökelwaren unentbehrlich ist. Clostridium botulinum ist als „Wurstvergifter“ bekannt. Für die Hemmung der Auskeimung von Clostridium botulinum-Sporen in Pökelware ist ein Minimum von 100 mg Nitrit/kg nötig. 20 Die optimale antimikrobielle Aktivität erreicht Nitrit bei einem erniedrigten pH-Wert des Milieus, bei niedrigen Lagertemperaturen und Keimarmut des zu konservierenden Lebensmittels. Einsalzen ist eines der ältesten Methoden in der Konservierung. Ähnlich diesem Einsalzen funktioniert das Pökeln. Auch dieses Verfahren ist bereits seit dem Mittelalter bekannt, der Unterschied zum normalen Einsalzen liegt allein in der Mischung der unterschiedlichen Salze. Beim heutigen Pökeln wird mit einer Kochsalzmischung mit 0,4% NaNO2 - Anteil gearbeitet. Demo 3: Wirkung von Pökelsalz Materialien: Einmachgläser Messer Spatel Chemikalien: Pökelsalz: 100 Teile NaCl + 0,5-0,6 Teile NaNO2 Fleisch (Schwein) Durchführung: Zwei Fleischstücke (je 100 g) werden eine Woche lang in Einmachgläsern gelagert. Eines der Gläser wird zuvor mit 500 ml 11 %iger Pökellake befüllt, so dass eines der Fleischstücke in der Lake schwimmt. Das andere Stück liegt im leeren Einmachglas. Nach einer Woche werden beide Fleischstücke aus den Einmachgläsern herausgeholt und beobachtet. Beobachtung: Zum Zeitpunkt des Umlagerns des Fleischstückes in der Lake war sein Zustand recht ähnlich dem, den es ursprünglich hatte, es war ein rotes, rohes Stück Fleisch. Das nicht gepökelte Fleisch hatte jedoch nach einer Woche bereits seine Farbe verloren und sah grau aus. Es hatte eine leicht schleimige Oberfläche, roch sehr unangenehm und im Glas war etwas grünliche Flüssigkeit. 21 Nach 1 Woche Lagerung Gepökeltes Fleisch Ungepökelte Fleisch Auswertung: Die antimikrobielle Wirkung des Nitrits beruht auf der freigesetzten salpetrigen Säure und den daraus entstehenden Stickoxiden. Durch Protonierung des Nitrits wird daraus zunächst salpetrige Säure gebildet, die über mehrere Zwischenschritte in Salpetersäure und Stickstoffmonoxid zerfällt. Der Zerfall läuft als Disproportionierungsreaktion ab. NO2- (aq) + H3O+ (aq) 3 HNO2 (aq) HNO2 (aq) + H2O HNO3 (aq) + 2 NO (aq/g) + H2O Der gebildete Stickstoffmonoxid wirkt also nicht nur konservierend, sondern auch farbbildend, aromabildend und antioxidativ. 5.3 Weitere Wirkungen des Nitrits: Umrötung von Fleisch Neben der Konservierung hat das Pökeln eine geschmackliche und kosmetische Wirkung. Nitrit ist nicht nur fähig aktiv gegen Bakterien zu wirken, sondern kann darüber hinaus noch mit dem Muskelprotein Myoglobin zu Nitrosomyoglobin reagieren, indem es sich daran bindet. Myoglobin fungiert im Muskel als Sauerstoffspeicher und ist aus einer Proteinkomponente, dem Globin, und einer prosthetischen Gruppe, dem Häm, aufgebaut. Das Globin besteht aus einer einzigen Polypeptidkette, die aus 153 Aminosäuren aufgebaut ist. Durch Faltung werden aus dieser Polypeptidkette acht α-Helices gebildet, die durch Schleifen miteinander verbunden sind. 22 Durch die Fähigkeit des Nitrits sich an den Muskelfarbstoff Myoglobin unter Bildung des Nitrosomyoglobin anlagern zu können, erhält das gekochte Fleisch eine rote Farbe, die so genannte Umrötung. Diese verhindert somit die Braun- bis Graufärbung nach dem Erhitzen. Diese lässt allerdings oft das Fleisch frischer aussehen, als es eigentlich ist . Quelle: http://www.jacksofscience.com/wpcontent/uploads/2008/02/hemegroup.jpg Quelle: http://1.bp.blogspot.com/_oN9Qi7HfHqA/RzyyMYu17 XI/AAAAAAAAAWw/vaRKauDzD_Y/s320/Myoglobin. png Versuch 3: Umrötung von Hackfleisch Materialien: Petrischalen Magentrührer mit Rührfisch Gabel Chemikalien: Pökelsalz Hackfleisch Durchführung: Das Hackfleisch wird zunächst zu zwei Hackbällchen geformt. In eins der beiden wird Pökelsalz eingeknetet. Das gepökelte und „unbehandelte“ Hackfleischbällchen werden jeweils in eine Petrischale, gefüllt mit etwas Wasser, gekocht. 23 Beobachtung: Das ungepökelte Hackfleischbällchen wird nach kurzer Zeit des Kochens grau, das gepökelte Hackfleischbällchen bekommt eine rote Farbe. Auswertung: Beim Erhitzen von ungepökeltem Fleisch wird das enthaltene Myoglobin stark verändert. Zum einen wird das Eisen(II)-Ion zum Eisen(III)-Ion oxidiert, wobei aus dem Myoglobin das Metmyoglobin entsteht, zum anderen wird das Protein denaturiert. Grundsätzlich lässt sich also sagen, dass das purpurrote Myoglobin beim Kochen zum graubraunen Metmyoglobin umgewandelt wird, indem das zentrale Eisen(II)-Ion zum Eisen(III)-Ion oxidiert wird. Bei Anwesenheit von Nitrit findet die so genannte Umrötung von Fleisch statt. Dabei wird aus Nitrit zunächst Stickstoffmonoxid gebildet, das anschließend mit Myoglobin zu Nitrosomyoglobin oder Nitrosomyoglobonin reagiert. Als erstes wird das zugegebene Nitrit reduziert. Generell wird Nitrit im sauren Milieu unter Aufnahme eines Elektrons (über Zwischenstufen) zu Stickstoffmonoxid reduziert. Es kann daher auch mit dem purpurroten Myoglobin reagieren, indem es dieses zum graubraunen Metmyoglobin oxidiert. 24 Im weiteren Verlauf kann das entstehende Stickstoffmonoxid entweder mit noch vorhandenem Myoglobin zum leuchtend roten Nitrosomyoglobin reagieren, indem es sich an eine der sechs Koordinationsstellen des Eisenatoms anlagert. Als Reaktionspartner des NO kommt auch das dunkel gefärbte vorher entstandene Metmyoglobin in Frage, wobei das ebenfalls leuchtend rote Nitrosometmyoglobin gebildet wird. Beide Verbindungen sind kochbeständig. Die Reaktion hängt entscheidend vom pH-Wert des Fleisches ab. Dieser sollte wenn möglich nicht höher als 6 sein. 5.4 Nachweis und Gehalt-Bestimmung von Nitrit in Pökelsalz Die Menge an Pökelsalz, und somit an Nitrit für ein bestimmtes Produkt ist gesetzlich festgeschrieben. Die derzeit gültige Zusatzstoff-Zulassungsverordnung (ZZulV) enthält Richtwerte für die maximale Zugabemenge. Danach soll gepökelten Fleischerzeugnissen, die nicht hitzebehandelt wurden, nicht mehr als 100 mg/kg Nitrit über Pökelsalz zugegeben werden. Die Zugabe darf als Kaliumnitrit (E249) oder Natriumnitrit (E250) einzeln oder gemischt erfolgen. Für den Nachweis von Nitrit verwendet man meistens Lunges-Reagenz, und Kaliumpermanganat für die Bestimmung des Gehalts an Nitrit in Pökelsalz. Versuch 4: Qualitativer Nachweis von Nitrit in Pökelsalz Materialien: Demonstrationsreagenzgläser Meßpipette Bechergläser Messzylinder Schliffflasche 25 Chemikalien: α-Naphthylamin 30 %ige Essigsäure Sulfanilsäure Eisessig Herstellung des Lunges-Reagenz: Lösung 1: 1 g Sulfanilsäure werden unter Erwärmen in 100 mL 30 %iger Essigsäure gelöst Lösung 2: 0,3 g α-Naphthylamin werden in 70 mL Wasser aufgekocht, vom dunklen Rückstand dekantiert und anschließend mit 30 mL Eisessig versetzt. Die Lösungen jeweils in eine dunkle Schliffflasche füllen. Die Mischung beider Lösungen im Verhältnis 1:1 ist als Lunges-Reagenz bekannt. Durchführung Nitrit-Nachweis: In einem Demo-Reagenzglas löst man einen Spatel Pökelsalz in etwa 50 mL ention. Wasser. Zum Vergleich wird in einem anderen Reagenzglas ebenfalls ein Spatel voll Kochsalz in gleich viel Wasser gelöst. In beide Demo-RGs gibt man nun nacheinander jeweils ca. 1 mL der Lösungen 1 und 2 und schüttelt diese kurz durch. Beobachtung: Bei der Lösung des Pökelsalzes tritt augenblicklich eine intensive Rotfärbung auf, während die Zugabe von Kochsalzlösung keinerlei Farbveränderungen hervorruft. Bei zu hohem Nitritgehalt bilden sich braune Flocken. Auswertung: In saurer Lösung bildet die unbeständige Salpetrige Säure das aktiv nitrosierend wirkende Nitrosylkation. Mit primären aromatischen Aminen wie Sulfanilsäure kann das intermediär gebildete Nitrosyl-Kation zu einem Diazoniumsalz umgesetzt werden. 26 Im zweiten Schritt handelt es sich um eine elektrophile, aromatische Substitution, wobei das Diazonium-Kation als elektrophiler Reaktionspartner fungiert und das fast farblose α-Naphthylamin als Kupplungskomponente. Es bildet sich eine intensiv rote Azoverbindung, deren Farbe aus dem vergrößerten delokalisierten Pi-Elektronen-System resultiert. Reaktion: 1. Schritt: Diazotierung O HO S NH2 + O O N + O + + H3 O (aq) OH HO + S N + 3 H2O N O Sulfanilsäure (aq) Diazonium Ion (farblos) 2. Schritt: Azo-Kupplung + O HO S + N NH2 N + O (aq) + H2O O HO S N CH3 N NH2 + H3O + (aq) O Diazonium Ion (farblos) Azofarbstoff (rot) Die am häufigsten verwendete Methode für einen Nitrit-Nachweis, die bei Pökelsalzen und ähnlichen größeren Mengen Nitrit enthaltenden Salzlösungen zum Einsatz kommt, ist die Titration mit Kaliumpermanganat im sauren Milieu. Versuch 5: Quantitative Bestimmung des Nitrit-Gehalts in Pökelsalz Materialien: Bürette Magnetrührer mit Rührfisch 300 mL-Erlenmeyerkolben Thermometer Messpipette (25 mL) Vollpipette (20 mL) Messzylinder 27 Chemikalien: Kaliumpermanganat-Lösung (c = 0,02 mol/L) Schwefelsäure (c = 2 mol/L) Herstellung der Kaliumpermanganat-Lösung: 0,316 g Kaliumpermanganat werden abgewogen und in ention. Wasser gelöst, anschließend in einen Messkolben filtriert und auf 100 mL mit ention. Wasser aufgefüllt. Durchführung: Zunächst werden 25 g Pökelsalz in 100 mL ention. Wasser gelöst. Die Lösung wird in eine Bürette gefüllt. Dann werden 6,25 mL der Kaliumpermanganat-Lösung mit 20 mL Schwefelsäure versetzt, die Lösung wird auf ca. 300 mL verdünnt, auf 40 °C erwärmt und mit der Pökelsalz-Lösung langsam bis zur Entfärbung titriert. Beobachtung: Verbrauchte Volumina an Pökelsalz-Lösung bis zur Entfärbung der Lösung: V1 = 18,4 mL V2 = 18,3 mL Auswertung: Während der Titration läuft eine Redoxreaktion ab. Die Permanganat-Ionen im Vorlagekolben werden unter Aufnahme von jeweils fünf Elektronen nach folgender Reaktionsgleichung zu Mangan(II)-Ionen reduziert. Gleichzeitig werden die NitritIonen aus der zugefügten Pökelsalz-Lösung unter Abgabe von je zwei Elektronen zu Nitrat-Ionen oxidiert. Ist kein Permanganat mehr in der Lösung vorhanden, so ist die Lösung nur noch schwach rosa bis farblos, woran der Endpunkt der Titration erkennbar ist. Reduktion: 28 Oxidation: Gesamtreaktion: Berechnung: (Beispiel vom 25.6.09) Einwaage Pökelsalz: m(Pökelsalz) = 25,000 g Verbrauch: V(PS-Lösung)= x ml V1Analyse = 18,3 mL V2Analyse = 18,4 mL Mittelwert: VAnalyse = 18,35 mL Berechnung des Massenanteils w(NaNO2) in Pökelsalz: [M(NaNO2)=69 g/mol] 1 mL KMnO4-Lösung, c(KMnO4) = 0,02 mol/L, entspricht 3,45 mg NaNO2. 6,25 mL KMnO4-Lösung entsprechen 21,56 mg NaNO2. m(NaNO2)= 18,35 mL · 2500 mg/100mL = 4575 mg NaNO2. w(NaNO2)= 21,56 mg/4575 mg · 100 = 0,0047 0,47 % Richtwert: Massenanteil zwischen 0,4% und 0,5%. 6. Nachteile der Lebensmittelkonservierung Die Lebensmittelkonservierung dient dazu, verschiedene Nahrungsmittel lange haltbar zu machen. Sie hat jedoch neben ihren vielen Vorteilen auch Nachteile aufzuweisen. Nachteilig an der konservierenden Wirkung von schwefeliger Säure beim Schwefeln ist, dass sie auch Vitamine zerstört und bei empfindlichen Menschen (z.B. 29 Asthmatikern) Überempfindlichkeitsreaktionen auslöst. Außerdem reagieren viele Menschen ab 25 mg Schwefel, z.B. pro Liter Wein, mit Kopfschmerzen. Nachteilige Wirkungen des Pökelns sind der Verlust von Vitaminen und Mineralstoffen, es kommt außerdem zum Austritt von Eiweißstoffen. Ein weiterer Nachteil vom Pökeln ist, dass im Pökelsalz Nitrit, welches zu Nitrosaminen umgewandelt werden kann, enthalten ist. Grundsätzlich wirken diese stark krebserregend. Sie kommen besonders in einigen Lebensmitteln, wie z.B. in Bier, Fischprodukten, in gepökelten Fleischerzeugnissen und im Käse direkt vor, sie können aber auch bei der Zubereitung von Lebensmitteln und teilweise auch im menschlichen Körper entstehen. Als wahrscheinlichster Entstehungsort für Nitrosamine gilt der Magen, da hier die chemischen Bedingungen am geeignetsten sind. Bei der Bildung von Nitrosaminen wird zunächst im sauren Milieu aus Nitrit die salpetrige Säure gebildet. Diese reagiert weiter zu dem Nitrosylkation, welches mit einem Amin zu dem so genannten Nitrosamin weiter reagiert. 1) NaNO2 (aq) + H3O+(aq) HNO2 (aq) + H2O + Na+ (aq) 2) HNO2 (aq) + H3O+ (aq) 3) R-NH + NO+ (aq) NO+(aq) + 2 H2O R-N-NO + H+ 7 Schulrelevanz Nach der Beleuchtung des theoretischen Hintergrundes des Themas „Lebensmittelkonservierung“ stellt sich nun die Frage, ob dieses Thema in der Schule behandelt werden kann und wenn ja, in welchen Jahrgangsstufen und Themenfeldern. Zunächst einmal ist festzustellen, dass das Thema „Lebensmittelkonservierung“ in einen direkten Bezug zur Alltags- und Lebenswelt der Schüler besitzt. Die Behandlung des Themas „Lebensmittel“ im Chemieunterricht erregt bei Schülern häufig überaus großes Interesse, da es sich hier um ein Thema handelt, von dem sie direkt betroffen sind und bei dem sie bereits über praktische Vorkenntnisse verfügen. Dieser Aspekt bietet gerade Schülern, die sich ansonsten nur gering am Unterricht beteiligen oder nicht besonders leistungsstark sind, die Chance, sich aufgrund ihrer Erfahrungen im Alltag aktiv ins Unterrichtsgeschehen einzubringen. 30 Beim genaueren Blick in den hessischen Lehrplan für das Fach Chemie fällt auf, dass das Thema nur an wenigen Stellen berücksichtigt wird. Vorgeschlagen wird eine Behandlung der Themen „Konservierung“ und „Zusatzstoffe“ nach G8-Lehrplan allein in der Jahrgangsstufe 12.2. Die Behandlung des Themas kann im Leistungsund Grundkurs innerhalb des Kurses „Angewandte Chemie“ zum Themenbereich „Nahrungsmittel“ erfolgen. Des Weiteren können Aspekte des Themas „Lebensmittelkonservierung“ im Unterricht nach Vorschlag des Lehrplans auch in der Jahrgangsstufe 11.1 zum Thema „Konservierung und Zusatzstoffe“ beziehungsweise dem fakultativen Unterrichtsinhalt „Alkansäuren und Derivate im Alltag“ behandelt werden. Neben der Behandlung des Themas in der Jahrgangsstufe 12.2 bietet sich das Thema auch äußerst gut zur Durchführung innerhalb einer Projektwoche an, da sowohl eine praktische als auch eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Stoff möglich ist, konservierte Produkte selbst hergestellt werden können und zudem außerschulische Lernorte, wie z.B. Supermärkte mit einbezogen werden können. Abschließend ist es möglich fächerübergreifend zu unterrichten. Dafür bietet sich vor allem das Fach Biologie an. In den Jahrgangsstufen 8-10 kann dort beispielsweise vertiefend auf die Thematik der Mikroorganismen, speziell der Bakterien und Pilze, eingegangen werden. 31 8 Literatur BALTES, W.: Lebensmittelchemie, 5. Auflage, Springer Verlag, Berlin. S. 133-153. FLUCK, E./MAHR, C.: Anorganisches Grundpraktikum, 6. Auflage, VCH, Weinheim 1985 RIEDEL, E.: Anorganische Chemie, 5. Auflage, Verlag Walter de Gruyter, Berlin - New York 2002 SEABERT, H./W ÖHRMANN, H.: Konservierung von Lebensmitteln mit und ohne Chemie. Materialien für den Unterricht. Hrsg.: AG Naturwissenschaften - sozial, Marburg 1992 STUTE, R.: Lebensmittel haltbar machen – die Entwicklung einer Technologie. In: NiU-Ch 10, Heft Nr. 49, 1999. S. 7-11 http://www.chemie-macht-spass.de/2003-konservierungsstoffe.html#01 http://www.chids.de/dachs/expvortr/580Lebensmittelkonservierung_Damm_Scan.pdf http://www.schulebw.de/unterricht/faecher/nwt/unterrichtseinheiten/bausteine/ernaehrung/bilder/01Geschichte %20Lebensmittelkonservierung.pdf http://www.chemieunterricht.de/dc2/wsu-bclm/kap_05.htm http://de.encarta.msn.com/encyclopedia_761560675/Lebensmittelkonservierung.html 32