Klassische Bereiche der Grammatikbeschreibung Grammatik bedeutete ursprünglich „die Lehre von den Buchstaben“, sehr früh verstand man unter „die Lehre von den Regeln des Sprachbaus“. diesem Begriff: Unter dem Aspekt der systematischen Regelhaftigkeit nennt man die Grammatik auch „Systemlinguistik“. Der Terminus Grammatik ist mehrdeutig: 1. Lehre vom Sprachbau 2. Regeln für diesen Sprachbau (Gegenstand der Lehre) 3. menschliches Vermögen, Ausdrücke gemäß den Regeln einer Sprache zu bilden und zu verstehen 4. ein Buch, als das Produkt einer wissenschaftlichen Arbeit Gegenstände der Grammatik: a) Lehre vom Wort – innerer formaler Aufbau der Wörter (Morphologie) und die Wortarten b) Lehre vom Satz (Syntax) - die Lehre von den Regeln, nach denen man aus Wörtern Sätze bildet. Die Grammatikschreibung betrieb man erst im 19. Jh. an historisch vergangenen Sprachstufen (Grammatik des Althochdeutschen), Beschreibung der Gegenwartsprachen wurde erst im 20. Jh. als wissenschaftliche Disziplin anerkannt. Bestimmung der Grammatik: 1. Extensionale – Auflisten der Gegenstände, die dazu gehören 2. Intensionale – Definizion der Grammatik und Erfassung der Merkmale, die den gramm. Gegenständen gemeinsam sind. Extensionale Bestimmung: 1. Lehre vom Wort Hier gehören: A) Wortklassen (Wortarten), - die nach grammatischen Kriterien gebildet werden. - die sich aufgrund der formalen Eigenschaften der Wörter ergeben (z.B. Eigenschaft der Konjugierbarkeit) - die sich aufgrund der syntaktischen Verwendung ergeben B) Morphologie – Lehre vom Bau der Wörter, Grundheinheit morph. Prozesse ist das Morphem C) Wortbildung – reguläre Bildung neuer Wörter aus vorhandenem Material D) Morphosyntax – die Lehre von syntakt. Verwendungsmöglichkeiten bestimmter Wortformen 1 2. Lehre vom Satz sind die Regeln, wonach aus den Wörtern zusammengehörige Wortgruppen (Phrasen oder Satzglieder), einfache Sätze und zusammengesetzte Sätze gebildet werden. Zur Lehre vom Satz gehört auch Typologie der Sätze: - Satzbaupläne (z.B. Subjekt + Prädikat +Akkusativobjekt) - Satzarten (Aussage-Aufforderungs- Fragesatz) 3. Laut und Buchstabe a) Phonologie/ Lautlehre – beschribt Laute oder Phoneme b) Laukombinatorik/ Phonotaktik – welche Lautreihen sind in einer Sprache möglich Zur Phonologie gehören noch: Wort und Satzakzent, Intonation, Rhytmus, Pausen – suprasegmental und prosodische Phänomene. c) Graphematik/ Schreibung – beschäftigt sich mit den einzelnen Schriftzeichen oder Graphemen. Zwischen Buchstaben und Lauten bestehen Graphem-Phonem Korrespondenzen (jedem Laut senen Buchstaben). Weitere Schriftzeichen: - Punkt, Komma (Grenzsignale für syntaktische Einheiten) – werden Satzzeichen/ Interpunktionszeichen genannt. - Ideogramme, graphische Zeichen, die für ganze Wörter oder Begriffe stehen (Zahl-Zeichen 1, 2, 3..., Spezialzeichen §, %) d) Ortographie (Rechtschreibung) – Kopmlex der Schreibregeln für eine Sprache d) Orthoepie – Regeln der lautlichen Realisierung einer Sprache 4. Text Ausgangpunkt bilden Phänomene innerhalb der Satz, die mit blossen Blick auf den Einzelsatz nicht erfasst werden können (Verweisenelemente – Pronomen; Verknüpfungselemente – deshalb, Wortstellung, Satzakzent...) Es lassen sich textsyntaktische und textgrammatische Regeln formulieren, wonach aus Texten Sätze gebildet werden. 5. Wortschatz und Lexikon Um sämtliche möglichen Ausdrücke einer Sprache umfassend beschreiben zu können, enthält die Grammatik ein sogennates Lexikon – das Inventar sämtlicher Wörter einer Sprache mit all ihren Eigenschaften. Lexikologie – eine Lehre vom Wort, Form- und Bedeutungsseite und Eigenschaften der syntaktischen Verwendbarkeit. Mit der Schreibung von Wörterbüchern beschäftigt sich die Lexikographie. 2 Intensionale Bestimmung: - erfaßt Merkmale, die grammatischen Gegenständen gemeinsam sind. Grammatikschreibung beschreibt die formale oder auch signifiant Seite sprachlicher Ausdrücke. Semantik (Bedeutung der sprachlich. Einheiten) und Pragmatik ( Bedingungen ihrer Verwendung in sprachl. Kommunikation) sind traditionellerweise nicht Gegenstand der Grammatikbeschreibung. Typologie moderner Grammatiken 1. Typologie nach dem inneren Aufbau – von Kleinen zu Grossen von (Lauten zu Texten) – aszendente Grammatik x deszentente Grammatik 2. Typologie nach dem Volständigkeitsanspruch - umfassender Überblick über das gramm. System x exemplarische Ausschnitten 3. Typologie nach der Zweckbestimmung: – wissenschaftliche Grammatiken (führen wissensch. Disskusion) x Resultatsgrammatiken (für Laien oder Schulen) 4. Typologie nach der Einstellung zum Gegenstand: - deskriptive Grammatik (zeigt Möglichkeiten und Grenzen eines Sprachsystems) x normativpräskriptiv Grammatik (zeigt mögliche Alternativen) 5. Typologie nach dem Gegenstand: vergleichende oder kontrastive Grammatik und allgemeine / universale Grammatik Überblick über wichtige Grammatiken a) Traditionelle Grammatik: arbeitet auf Resultatsgrammatiken, wurzelt deutlich in der Tradition, wirkt in die Praxis (Schulgrammatik), ist präskriptiv und am Bau der Ausdrücke orientiert. Z.B. Duden, Helbig/ Buscha, Erben, Eichler b) Valenz – Dependenzgrammatik: geht auf Lucien Tesniere zurück. Z. B. Engel, Heringer c) Funktionelle Grammatik: versucht die Regeln aus semantischen und praktischen Verhälnissen begründen d) Konstituenten- Phrasenstrukturgrammatik: entwickelte sich in 50er Jahren in den USA, beeinflusste Generative Grammatik e) Generative Grammatik: reflektiert eingehend die Abgrenzung zw. Grammatik, Semantik und Pragmatik, ist eine wissenschaftliche Gramm. ohne direkten Praxisbezug f) Generative Semantik: versucht eine semantische Grundlegung der Syntax g) Kasusgrammatik: versucht syntaktische Strukturen aus semantischen Strukturen abzuleiten (Agens, Patiens) 3 f) Formale Semantik- expliziert auch die Bedeutung der Sätze Morphologie (Morphemati, Pleremik) ist die Lehre von den Forme. Man unterscheidet diese Termini: 1. Syntaktisches Wort - ist spezifische gramm. Ausprägung eines Wortes (Fliege, Fliegen, fliegt zählt man je einmal) 2. Lexem – Zusammenfassung verschiedener syntaktischer Wörter, die gewisse wesentliche Dinge gemeinsam haben. Fliege/ Fliegen sind Substantiv, Nomen, fliegt gehört nicht dazu, denn es ist eine Verbform. Gewisse Merkmale sind neutral gesetzt (Numerus, Person, Tempus). 3. Lexemverband – das Merkmal der Wortart ist neutral, relevant ist ein gemeinsamer Bestandteil flieg- . Fliege, Fliegen, fliegt aber auch Flug, Abflüg zählt man zusammen. Syntaktische Wörter sind Bündelungen (vazani) von Merkmalen – sie werden als signifie der syntakt. Wörtern verstanden. Es gibt: semantische Merkmale (Bedeutung) und morphosemantische Merkmale (Numerus, Kasus, Person..) Morphologie untersucht: - signifiant -Seite der syntakt. Wörter (Wortformen) und ihre signifie - Seite - Methoden, mit denen man diese Wortformen aufdeckt - stellt Kategorien zur Klassifikation - Regeln, nach denen Wortformen gebildet werden Morphem – die kleinste bedeutungstragende Einheit, hat eine Bedeutung oder gramm. Funktion - z. B. un-frucht-bar-keit Morphemtypen: freie Morpheme: können als eigenständiege Wortform auftreten (frucht). gebundene Morpheme: treten nie als selbständige Wortform, sonder zusammen mit anderen Morphemen in einer Wortform auf (un, bar, keit..) lexikalische Morpheme (Grund-, Wurzel-, Basis-, Kernmorpheme): tragen eine Bedeutung im engerem Sinne (gott, frucht) grammatische Morpheme: tragen eine gramm. Bedeutung (Flexionsmorpheme, Derivationsmorp. wie z.B. –lich, - haft) Lexikalische Morpheme sind meistens freie Morpheme (gott), ausnahmeweise auch gebundene (zu). 4 Affixe : gebundene grammatische Morpheme, man unterscheidet: - Präfixe (vorn) - Suffixe (hinten) – Endungen - Infixe (binnen) – in ein Morp. hinein - Zirkumfixe – um ein anderes Morp. herum: ge-VERBSTAMM-en (ge-flog-en) Man affigiert an Stamm – ein einzeilnes freies Morp. (gott – es) - ein moprhologischer Komplex (gott-heit –en) leere Morpheme (Fuge) – tragen keine Bedeutung r Landmann (venkovan) – Landsmann (krajan) unikale Mopr. – treten in einer einzigen Verbindung auf (Him-beere) Halbaffixe – urspr. selbständige Wörter, haben die Funktion wie Suffix (s Werk – Schulwerk) Alomorph – phonemische Variante, nicht mit semantisch. Veränderung verbunden (Hof – Höf-e) Flexion - für die Flexion verwendet man im Dt. Suffixe. Man unterscheidet 2 große Kategorien: Deklination (+Komparation) und Konjugation. Morpheme sind wichtig für Wortbildung: 1. Komposition (Zusammensetzung) - bestehen minim. aus 2 lexikalischen Morphemen. 3 Möglichkeiten: a) freie Grundmoprheme (Lesebuch) b) ein gebundenes Morphem + ein Grundmorphem (Biogas) c) Kombination von Konfixen (Diskothek) Determinativ Komposita – ein Grundwort + ein Bestimmungswort (Großstadt) Kopulativ Komposita – sind manchmal vertauschbar (Hosenrock-Rockhose) 2. Derivation - das Erbebnis ist ein Derivat, besteht aus Derivationsbasis (freies Grundmorp.) und Derivationsaffix (Präfixe und Suffixe). Für Adjektiv typisch – bar, - lich Substantiv typisch – keit, -heit, Ge3. Wortkreuzung – Motor + Pedal = Moped 4. Verdoppelung - einfache – Mama, Papa, Bonbon - Reimbildung – Larifari - Ablautbildungen – pif-paf 5. Konversion – syntaktische Transformation ohne Stammvokalverändung und ohne Affigierung (hoch – s Hoch) 6. Implizite Derivation – hängt mit dem Wechsel des Stammvokals zusammen, wird durch die Stammderivation impliziert (werfen – Wurf) 5 7. Rückbildung – Derivation durch Tilgung oder Austausch eines Wortbildungssuffixes mit gleichzeitigen Konversion (Notlandung – notlanden; elastisch – Elast) 8. Kurzwortbildung : a) Reduktion zu Kurzwörter – Weglassung des Grungmorp. (Oberkellner – Ober) b) Univerbierung bei Wortgruppen – Zoo – Zoogarten c) Codawörter – man lässt das Bestimmungswort weg (Fahrrad – Rad) d) Klammerformen- Sanitärzelle – Sannizelle Abkürzungen- Silbenwörter – Kriminalpolizei - Kripo Buchstaben – Lkw Flexive Veränderungen am Stamm- Morphem: Umlaut – Mutter – Mütter Ablaut – find – fand – fund Wortartlehre Lexeme haben ihre semantischen Merkmale, nach ihnen unterscheidet man: Autosemantika – Lexeme mit einem lexikalischem Morphem , mit einer referentiellen Bedeutung Synstemantika – Funktionswörter, Lexeme nur mit gramm. Morphemen Konkreta – bezeichnen etwas Gegenständiges oder Sinnlichwahrnehmbares a) Appelativa – Gattungsbezeichnungen (Stadt) 1. Kollektiva – benannt als Singular eine Mehrzahl von Lebewesen oder Elementen (Familie, Obst) 2. Stoffbezeichnungen – kaum b) Eigennamen – Propria (Prag) Abstrakta – bezeichnen etwas nicht Gegenständiges (Vorstellungen, Handlungen) Lexeme werden nach bestimmten Kriterien klassifiziert: - nach semantischen Kriterien - nach morphosyntaktischen Kriterien: deklinierbar, konjugierbar, komparierbar, flektierbar So kann eine Mischklassifizierung entstehen, ihre Folgen sind: 1. NICHT-DISTINKTIVITÄT der Klassen – ein konkretes Wort kann mehreren Klassen zugeordnet werden (sie ist schön – Adj; sie singt schön –Adv.) 2. NICHT-EXHAUSTIVITÄT der Klassen – ein Wort kann keiner Klasse zugewiesen werden 6 Traditionelle Grammatik: unterscheidet 10 Wortartenlehre: Substantiv Adverb Adjektiv Präposition Pronomen Konjunktion Numeralien Interjektion Verb Artikel Die Lehre vom Syntax - die Lehre von der Anordnung der Wörter zu Sätzen. Der Satz wird aus syntaktischen Wörter durch eine bestimmte Ordnung gebildet. Diese Ordnung wird von den Regeln der Wortfolge bestimmt. Man unterscheidet zwischen: 1. einfacher Sazt 2. komplexer Satz (zusammengesetzter Satz) – besteht aus mehreren Teilsätzen, diese bilden einen Ganzsatz. Teilsätze werden traditionell nach Haupt- und Nebensätzen unterscheidet. Entscheident sind verschiedene Kriterien wie Stellung des Verbs oder syntaktische Selbständigkeit. A) Parataxe – Nebenordnung gleichrangiger Teilsätze B) Hypotaxe – Unterodnung ungleichrangiger Teilsätze Der Satz besteht aus Satzteilen. Satzteil – selbständige und auch unselbständige Teile des Satzes Satzglied – selbständige Teile des Satzes (Subjekt, Objekt, Adverbialbestimmung + Prädikat). Nach Eisenberg ist aber Prädikat den anderen Satzgliedern übergeordnet. Satzgliedteil – Attribute – Teile von Satzgliedern Die Phrasenstrukturgrammatik spricht von Phrasen oder unmittelbaren Konstituenten Die Valenz-Dependenzgrammatik spricht von Ergänzungen oder Akten. (Valenz – Fähigkeit, andere Elemente an sich zu binden. Rektion – den Kasus anderen Wörter zu bestimmen) Die ältere Satzgliedlehre unterscheidet: - Subjekt (Ich schlafe) - Prädikat – einfaches (schlafe) - Kopula + Prädikativ (ist rund) - Kopula + Prädikativsnomen (ist eine Kugel) 7 (grammatische Prädikative – ist verkauft worden // lexikalische -schreibt Maschine, gehe aus Köln weg, freut sich) Subjektprädikativum – nach sein, werden, bleiben, heißen, auch Adjektiv möglich (sie ist Lehrerin, sie ist optimistisch) Objektprädikativum – nach finden, halten, nennen, heißen (er findet das Buch) - Objekt – Genitiv (Ich denke deiner), Dativ (Ich helfe dir), Akkusativ (Ich liebe dich), Präpositional (ich denke an dich) - Adverbialbestimmung – (des Ortes, der Zeit, des Grundes – vor Angst, der Art und Weise) - Attribut – Teil des Satzglieds Mängel dieser Theorie: - bietet keine allgemeine Definition von Satzglied - Attribute sind keine Satzglieder - Objekte klassifiziert nach der Form, Adverbiale nach der Semantik - Unterscheidung von Objekt und Advbestimmung problematisch Die neuere Satzgliedlehre: unterscheidet im Satz: a) verbale Teile – finite Verbformen +übrige Verbformen (Infinitiv, Partizip II, Verbzusatz – trennbare Vorsilbe). Prädikat gibt es in dieser Theorie nicht mehr. b) Satzglieder, die der Definition genügen: Kleinste Wortgruppe, die gesamthaft ersetzt und verschoben und vor das finite Verb in einfachen Aussagesätzen gestellt werden kann. Kausalsätze – příčina – weil, da, weshalb, weswegen Konsekutivsätze – účinek – so dass, dermasßen ...., daß; derart....., daß Konditionalsätze – podmínka – wenn, falls, angenommen, dass .... Konzessiv – přípustka – obwol, auch wenn Finalsätze – účel, damit, dass 8