Rebhahn - Didaktik der Physik!

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1. Beschreiben Sie drei verschiedene Typen der Elementarisierung
und illustrieren Sie diese durch je ein Beispiel aus dem
Physikunterricht!
Arten der Elementarisierung nach W. Jung, 1970
Vereinfachung  Elementarisierung
Beachte: Zuverlässigkeitskriterien: fachliche Relevanz, Entwicklungsfähigkeit, Assoziativität
a) Arten der inhaltlichen Reduktion (lokale Betrachtungsweise)
- Reduktion auf das Qualitative
- Mangelnde begriffliche Differenzierung
- Übermäßige Generalisierung
- Unnötige Partikularisierung
- Früheres Stadium der Entwicklung
- Modelle
Inhaltliche Vereinfachungen beziehen sich auf physikalische Begriffe und Sachverhalte.
b) Methodische Vereinfachung
Die experimentelle Methode (Beobachtung, Hypothese, Verifikation, Theorie) im Unterricht
stellt eine erhebliche Vereinfachung der physikalischen Forschungsmethode dar und ist sehr –
sehr weit entfernt von naturwissenschaftlicher Forschung.
c) fachliches Niveau und Elementarisierung (globale Betrachtungsweise)
Unter Elementarisierungsstufen verstehen wir erlaubte Arten der Vereinfachung.
W. Jung unterscheidet folgende Niveau-Konstruktionen:
- Beschränkung auf das Qualitative
- Beschränkung auf Phänomene (das Sinnliche und Offenkundige)
- Beschränkung auf Prinzip-Versuche
(Elementarisierung I)
- Phänomenologische Ordnung
(Elementarisierung II)
- Theorien im Sinne von begrifflichen Konstruktionen (vorgestellte Modelle)
- Theorien im Sinne von Mathematisierung (Elementarisierung III; theoretische
Physik im Sinne mathematischer Axiomatik)
Die Sachstruktur des Physikunterrichts an allgemeinbildenden Schulen unterscheidet sich
(zwangsläufig) von der Sachstruktur der Wissenschaft Physik.
Arten fachlicher Vereinfachung nach Duit et al
Unterschied zu W. Jung: keine diskreten Kategorien
-
-
Reduktion auf das Qualitative
Vernachlässigung
Rückgriff auf frühere historische Entwicklungsstufen
Generalisierung (Verallgemeinerung)
Partikularisierung
Vereinfachung von begrifflichen Differenzierungen
Reduktion auf das Elementare oder Prinzipielle
Vereinfachungen sind nach Zuverlässigkeitskriterien zu prüfen!
(nach: Weber, Theoretische Grundlagen II (Version 2.01), 208- 216)
Arten der Vereinfachung nach R. Duit et al, mit Bezug auf W. Jung
Unterschied: etwas andere Bezeichnungen als Jung – ohne Charakterisierung
(1) Reduktion auf das Qualitative
 Heute: physikalische Theorien sind mathematisiert, also quantitativ gefasst
 Reduktion auf das Qualitative, ist eine Vereinfachung, wobei wesentliche Aspekte der
Theorie ausgeblendet werden
 Beim Erlernen spielen qualitative Erklärungen eine große Rolle
 Reduktion liegt auch bei Reduzierung von quantitativ auf halbquantitative Aussagen
vor- z.B.: B~1/r²  je größer der Abstand von der Lichtquelle, desto kleiner die
Beleuchtungsstärke; Gefahr: je.., desto.. nur als Proportionalität – B~1/r;
!! Kriterium der Assoziativität !!
 Weitere Bsp:
Arbeit F ds  „Arbeit ist die Überwindung eines Widerstands längs eines Weges“
Regenbogen: Wellenoptik  Dispersion beim Durchgang des Lichts durch
Wassertropfen
Beispiel: „Alle Metalle leiten den elektrischen Strom“
-
im Unterricht kann man zu solch einer Aussage kommen, indem man Schülerversuche
durchführen lässt, wobei verschiedene Gruppen verschiedene Metalle testen
im nächsten Schritt untersuchen alle Gruppen die gleiche Metallsorte unterschiedlicher
Temperatur
man kommt auf die nächste Stufe der halbquantitativen Aussagen
„ Je wärmer das Metall ist, desto schlechter leitet es den elektrischen Strom.“
Um auf eine rein quantitative Aussagen zu kommen, gilt es alle relevanten Einflussgrößen
zu bestimmen und in einen mathematischen Zusammenhang zu bringen.
(Bleichroth, W. et.al, (1991), S.73 f)
(2) Vernachlässigung
 häufigste Form: Vernachlässigung von „Störungen“, welche das Phänomen nicht
wesentlich beeinflussen: Vernachlässigung des Luftwiderstands bei Untersuchung des
freien Falls
 Vernachlässigung relativistischer Effekte
„..., dass der Schüler erkennen soll, dass die relativistische Mechanik für die klassische
Physik keine praktische Bedeutung hat, wir also so vorgehen konnten, wie wir es
getan haben, denn es gibt auf der Erde keine beobachtbaren Geschwindigkeiten von
größeren materiellen Körpern, die so groß sind, dass eine relativistische Korrektur bei
ihnen feststellbar ist.“
(Hahn-Töpfer, 1997, S. 211)
 Vernachlässigung von Erscheinungen der Wellenoptik im Rahmen der Strahlenoptik
(3) Rückgriff auf frühere historische Entwicklungsstufen
 Kenntnis der Wissenschaftsgeschichte (Begriffe, Theorien, Untersuchungsmethoden)
hat große Bedeutung für das Verständnis der modernen Physik
 Schüler soll heutige Physik über das Werden bestimmter Theorien besser verstehen
 Hilft Lehrer eventuell, Verständnisschwierigkeiten der Schüler zu verstehen, da
manche überholte wissenschaftliche Vorstellung im Denken der Schüler wieder
auftaucht
 Ausweichen auf Grund der Verständlichkeit für den Schüler
 Bsp: Energiebegriff verkürzt auf Mechanik: Energie ist die Fähigkeit, Arbeit zu
verrichten (bereits von Leibniz verwendet „Vis Viva“)
 es fehlen Erweiterungen des 19. und 20. Jhdt. Energiequantelung;
Äquivalenzprinzip von Masse und Energie
Beispiel: Atommodelle
-
beginnend mit Demokrit: „ Die Welt besteht aus leerem Raum und Atomos“
über Dalton (Chemie): „ Chemische Elemente bestehen aus kleinsten Bauteilen.“
Avogadro: „ Gleiche Gasvolumen enthalten bei gleicher Temperatur gleich viele
Teilchen.“
.... bis Rutherford: Streuversuche  Kern-Hülle-Modell
Bohr: Bohr´sche Modell des Wasserstoffatoms
(4) Generalisierung (Verallgemeinerung)
 Ursache: Wechsel von Deduktion und Induktion
 ... als grundlegendes Erkenntnisverfahren, Bilden physikalischer Begriffe und
Auffinden von Gesetzen
 Problem der übermäßigen Generalisierung im Unterricht
 Bsp: Alle festen Körper und Flüssigkeiten dehnen sich bei Erwärmung aus!?
 Anomalie des Wassers?, Gummi als Festkörper?
(5) Partikularisierung
 Einführung von Begriffen m. H. von Musterbeispielen
Bsp: Kraft als Ursache für Verformung, es fehlt der dynamische Aspekt
(Bewegungsänderung)
 Wichtig: Einführungsparadigma muss spätere Erweiterungen zu lassen;
!! Kriterium der Entwicklungsfähigkeit !!
(6) Vereinfachung von begrifflichen Differenzierungen
 physikalische Begriffsbildung fordert klare Differenzierung (Inhalt, Unterscheidung)
 Vereinfachung  mangelnde Differenzierung, Bsp: Gewichtskraft vs. schwere Masse
 Stromstärke- Spannung- Widerstand: erfordert klare Differenzierung
 kognitive Erfassung fällt Schülern oft schwer
 evtl. falsche Assoziationen zum Begriff Stromstärke
 Ausubel: schlägt Prinzip der fortschreitenden Differenzierung vor
(7) Reduktion auf das Elementare oder Prinzipielle
 Konzentration auf das Wesentliche des Verfahrens
 Bsp. Prinzip von der Erhaltung der Energie
 Oft in Analogie-, Modell- oder Black-Box- Betrachtungen
 Bsp: Blackbox – Reduktion von Schaltelementen auf Funktionsweise (WAS vs. WIE)
 Verweis auf Wagenschein: Reduktion auf das Elementare im Physikunterricht (1968)
Beispiel: aus der Optik – Sammellinsen
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dies bedeutet eine Reduktion auf das, was der Schüler von seinen
Lernvoraussetzungen verstehen kann
„ Vom Einfachen zum Komplexen“ und „Vom Konkreten zum Abstrakten“ als
Leitgedanken; orientiert sich an lernpsychologischen Gesichtspunkten
Stufe „einfach- konkret“: mit einer Linse arbeiten
Stufe „einfach- abstrakt“: das Abbildungsgesetz und die Funktion des Auges bewirken
die Vergrößerung der Lupe
Stufe „komplex- konkret“: Fernrohr/ Mikroskop als zwei hintereinander geschaltete
Sammellinsen verstehen; mit Anleitung selbst herstellen
Stufe „komplex- abstrakt“: Vergrößerung von Fernrohr/ Mikroskop auf Grund der
Abbildungsgesetzte und der Funktion des Auges verstehen und begründen können
(Bleichroth, W. et.al, (1991), S.261 f)
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kein Anspruch auf Vollständigkeit
Arten überschneiden sich zum Teil: Energiebegriff bei (3) und (5) möglich
2. Analogien stellen eine Form der Elementarisierung dar. Diskutieren
Sie den Einsatz von Analogversuchen im Bereich der Atom- und
Kernphysik unter didaktischen und methodischen Aspekten.
Beschreiben Sie je ein Analogieexperiment zur Veranschaulichung
der „Kettenreaktion“ und des „radioaktiven Zerfalls“!



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forschender Physikunterricht basiert auf Schülerversuchen
aufeinander aufbauendes experimentelles Handeln führt zu Erkenntnisgewinn
für S I stehen zu vielen Themen keine geeigneten Versuche zur Verfügung Gründe:
zu großer Aufwand, Durchführung lohnt nicht (Rutherfords Streuversuch)
in Strahlenbiologie und Kernenergietechnik sind grundsätzlich keine Experimente
möglich (dafür geeignete Simulationen)
- deutlich eingeschränkte Experimentiermöglichkeiten bei Schülerversuchen durch die
Strahlenschutzverordnung
 Auswahl der Versuche nach Aufwand der Durchführung und
Belange des Strahlenschutz
Analogiemodelle:= „ Unter Analogie soll im folgenden eine Ähnlichkeit zwischen zwei
Bereichen bezüglich gewisser Eigenschaften verstanden werden. Genauer ist eine Analogie
eine Relation im mathematischen Sinn zwischen diesen Bereichen. Der Analogiebereich kann
in der Regel als Modell des Zielbereichs angesehen werden.“
(Weber, Fachdidaktik I (4.0), S. 170)
Analogieversuche – Sinn und Zweck
- ermöglichen Einblick in das nicht Sichtbare
- Veranschaulichen Gesetzmäßigkeiten
- Verdeutlichen (Atom)Modelle
(Massenspektrographen)
(Zerfallsgesetz)
(Heulschlange)
Analogieversuch zur Kettenreaktion
a) Domino-Modell
 Geschichtlich: Im Jahr 1939 gelang den beiden Atomforschern Otto Hahn und Fritz
Strassmann die erste Kernspaltung. Der Kern des Uranisotops U 235 zerbrach beim
Beschuss mit langsamen Neutronen in zwei mittelschwere Bruchstücke, in einen
Bariumkern und einen Kryptonkern. Es gibt noch andere Zerfallsmöglichkeiten.
 Je Neutron werden mehrere neue wiederverwertbare Neutronen frei  Kettenreaktion
 Kettenreaktion:= Prozess bei dem eine bestimmte Reaktion gleichartige Reaktionen
auslöst
 Dominosteine stellen Neutronen dar, es sollte mindestens in Y- Formation aufgebaut
werden (Schaubild ist ähnlich umgedrehten Baumdiagramm)
b) „Mäusefalle“
Analogieversuch zum radioaktiven Zerfall
a) Münzmodell
 Darstellung radioaktiver Atomkerne durch Münzen
 Durchführung mit 100 – 200 Cent- Münzen; In Packung mit 12 * 12 * 7cm
 Ca. zehnmaliges Schütteln; Öffnen und schwungvoll auskippen
 Münzen sollten am Boden möglichst breit verteilt liegen
 Münzen mit der Zahl nach oben aussortieren Kernumwandlung hat stattgefunden
 Münzen mit Wappen nach oben beginnen von vorn
 Auswertung:
Es zeigt immer näherungsweise die Hälfte der Münzen mit Zahl nach
oben. Genauere Werte erhält man unter Verwendung größerer Stichproben.
!! Nachteil: Die Größe ZEIT tritt nur indirekt in Erscheinung!!
Weitere Möglichkeit: Würfeln- gerade, ungerade Zahlen
b) Auslaufrohr-Modell
 Atomkerne werden durch Wasservolumen dargestellt
 Ausgelaufenes Wasser entspricht umgewandelter Atomkerne
 Noch nicht umgewandelte Atomkerne symbolisiert das Wasser im Rohr
 Kontrolle fließenden Wassermenge pro Zeiteinheit mit Stoppuhr
 Graphische Darstellung: gibt es eine Halbwert- Auslaufzeit?
 Nicht zu verwenden ist eine normale Bürette, sondern ein Exponentialfunktionsrohr:
käuflich zu erwerben oder Selbstbau mit Schaumstoff-, Kaffee-, Papierfilter
c) Bierschaum- Modell
 hohes, zylinderförmiges Gefäß kleiner Weite schwungvoll mit Bier füllen
 15- 30 s warten bis sich eine deutliche Flüssigkeitsschicht abgesetzt hat
 Halbiert sich die Schaumhöhe h in festen Zeitabständen t?
 Haftender Schaum soll mit fettfreiem Messer nach unten gestoßen werden
 Der Versuch liefert keine besonders genauen Ergebnisse
 Aber gut für die Veranschaulichung des Ablaufs des radioaktiven Zerfalls
3. Wie ändert sich der Kern bei der Emission von Alpha-, Beta- bzw.
Gammastrahlung? Ein Präparat sendet verschiedene Strahlenarten aus.
Wie kann man feststellen, ob Gammastrahlung dabei ist?
(1) Alphastrahlung
Beim - Zerfall wird aus dem Kern ein - Teilchen ausgestoßen. Der neu entstehende Kern
hat eine um zwei Einheiten niedrigere Kernladungszahl und eine um vier niedrigere
Massenzahl.
Bsp: Radon 220/ 86 zerfällt in Polonium 216/ 84 und Helium 4/ 2
(2) Betastrahlung
Die - Strahlung kommt dadurch zustande, dass sich im Kern ein Neutron in ein Proton und
ein Elektron verwandelt. Da das bei der Umwandlung entstehende Proton im Kern verbleibt,
hat der neue Kern eine um eine Einheit höhere Kernladungszahl und eine unveränderte
Massenzahl.
Bsp: Actinium 228/ 89 zerfällt in Thorium 228/ 90 und Elektron 0/ -1
(3) Gammastrahlung
Mit der Gammastrahlung ist keine Veränderung der Massen- und Kernladungszahl
verbunden. Durch die Gammastrahlung eines Radionuklids wird lediglich Energie abgestrahlt.
(4) Ist Gammastrahlung dabei?
- Strahlung eines Präparats haben einheitliche Länge von einigen Zentimetern, werden aber
bereits durch ein kräftiges Blatt Papier absorbiert.
- Strahlung lässt sich in einem Magnetfeld ablenken. Durch die Ablenkrichtung schließen
wir auf die negative Ladung und die Ausweitung des magnetisch abgelenkten Strahls lässt auf
uneinheitliche Geschwindigkeiten schließen. Mit Aluminiumschichten von etwa 1mm Dicke
erreicht man eine gute Absorption der - Strahlen.
Hieraus ergeben sich Möglichkeiten zum Nachweis von - Strahlung.
Gegeben sei ein radioaktives Präparat, welches alle drei Strahlungsarten sendet. (Ra 226)
(1) Absorption der - Strahlung mit Hilfe eines Papiers
(2a) Absorption der - Strahlung durch eine Alu-Schicht (> 1mm)
(2b) Ablenkung der - Strahlung mittels Magnetfeld.(Hufeisenmagnet mit engen Polschuhen)
(3) Nachweis der - Strahlung per Zählrohr
Zusatz: - Strahlung wird von Bleiplatten absorbiert.
Literatur:
Bleichroth, W. et.al. (1991). Fachdidaktik Physik. Köln: Aulis Verlag Deubner & CO KG
Duit, R. (1981). Unterricht Physik. Köln: Aulis Verlag Deubner & Co KG Köln.
Götz, R. (1998). Handbuch des Physikunterrichts SI (Band 8). Köln: Aulis Verlag Deubner &
Co KG Köln.
Jung, W. (1970). Didaktik der Physik. Berlin: Diesterweg.
Weber, S. Fachdidaktik I (4.0). Bayreuth: Universität
Weber, S. Theoretische Grundlagen II (2.01). Bayreuth: Universität
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