10. Juli 2003 Jeder Dritte geht wegen Schmerzen des Bewegungsapparates in Pension Neue Abteilung in Speising weist Erfolge nach: Orthopädische Schmerztherapie behandelt Körper und Seele. 22,3% aller Krankenstandstage bzw. 10% aller Spitalstage und 35% aller Neuzugänge an Pensionen in Österreich gehen auf Schmerzen des Bewegungsapparates zurück. Damit stehen diese Leiden jeweils an erster Stelle unter allen Krankheitsgruppen. An der neu eröffneten Abteilung für Orthopädische Schmerztherapie am Orthopädischen Spital Wien-Speising entwickelte Primarius Martin Friedrich ein Motivationsprogramm zur Vermeidung und Besserung von Wirbelsäulenschmerzen. Der Leiter der Station kann bereits erste Erfolge nachweisen. Entzündliche Reizzustände und Osteoporosepatienten behandelt Friedrich mit neuen Therapien. Bewegungsmangel, Fehlhaltungen bei Arbeitsabläufen, Stress und psychische Überforderung am Arbeitsplatz und/oder im privaten Bereich sind Hauptverursacher Schmerzbedingter Wirbelsäulen-Erkrankungen. Nahezu ein Viertel aller Krankenstandstage sind auf Kreuzschmerzen zurückzuführen. Ganzheitliche Sicht des Menschen "Die Wirbelsäule als Stütze des gesamten Körpers soll kräftig und fest, gleichzeitig beweglich und flexibel sein", so Friedrich. Um Patienten mit schmerzhaften Störungen der Wirbelsäule rasch und effizient helfen zu können, arbeitet der Primar mit einem 3-Säulen-Modell, wobei die ganzheitliche Sicht auf den Menschen im Vordergrund steht: Der erste Schritt gilt der Abklärung diverser Schmerzmerkmale: wo, seit wann, wodurch wurde das Leiden schlimmer oder besser? Gibt es Zusammenhänge mit bestimmten Ereignissen oder Situationen? Mehr als die Hälfte der Diagnose ergibt sich aus den Antworten auf diese Fragen. Darauf folgt dann die ausführliche körperliche Untersuchung, und als letzter Schritt dann der Ausschluss der seltenen, messbaren, organischen Schäden als Schmerzursache mittels Röntgen, Magnetresonanz usw. Allein die Diagnose "Kreuzschmerz" hat über 30 bekannte Ursachen in Kombinationen. Der klassische Hexenschuss ist vermeidbar Die Schmerzen werden erst beim Zusammentreffen mehrerer Faktoren für den Patienten spürbar. Wenige oder nur ein Faktor werden vom Patienten meist noch selbst verkraftet (kompensiert), ohne dass er Beschwerden spürt. Ein deutlich kürzeres Bein, ein ungeeignetes Bett oder auch nur eine schlechte Schlafhaltung haben einen sehr lange dauernden Einfluss auf den Organismus, der sich dann früher oder später in Form von Beschwerden auswirkt. Diese Schmerz verursachenden Faktoren müssen bei jedem einzelnen intensiv aufgespürt, werden, um dann möglichst viele von ihnen behandeln zu können. 1 ein Unternehmen der St. Vinzenz Holding Nach einer ungewohnten Hebebelastung oder nach einer Fehlbewegung oder aber auch nach Kälte oder Zuglufteinwirkung kann es zu Schmerzen im Bereich eines kleinen Wirbelgelenks mit der in reflektorischem Zusammenhang stehenden Muskulatur kommen. Der klassische Hexenschuss ist das Ergebnis. Beim Wirbelsäulenschmerz ist fast immer die Psyche mit im Spiel Nach Abklärung des organischen Status wird in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Psychologen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Röntgenologen, Arbeitsmedizinern, Neurologen, Rheumatologen den Ursachen für den Wirbelsäulenschmerz auf den Grund gegangen. Insbesondere bei chronischen Wirbelsäulenbeschwerden sind häufig (bei bis zu 70 % der Fälle) mitbeteiligt: Partnerschaftsprobleme, Probleme am Arbeitsplatz mit folglich verminderter Arbeitszufriedenheit etc. Werden diese jahrelang falsch oder gar nicht behandelt, führt dies zu chronischen Wirbelsäulenerkrankungen. Das "Modell Friedrich": Den ganzen Menschen behandeln Entsprechend der erhobenen Diagnose erhält der Patient/ die Patientin eine interdisziplinäre Therapie unter Einbeziehung von Psychotherapeuten und Psychologen bei gleichzeitiger Anwendung manualmedizinisch-osteopathischer, physikalischer und neuraltherapeutischer Therapien. Auch Methoden der traditionell chinesischen Medizin finden Anwendung. Mit diesem inter- und multidisziplinären Ansatz unter sehr viel menschlicher Zuwendung und dem Motto "nicht nur einen Wirbel, auch nicht nur die Wirbelsäule, sondern den ganzen Mensch behandeln" kann Friedrich bereits Erfolge erzielen: nämlich weniger OPZuweisungen, raschere Heilungserfolge bei etwa einem Drittel kürzerer Verweildauer. Jeder dem Patienten "ersparte Schmerztag" führt für ihn zu mehr Mobilität und damit Lebensqualität. Jüngere Menschen können rascher wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden. Enorme Entlastung für das Gesundheitsbudget Die riesigen Kosten bei Wirbelsäulenpatienten entstehen nicht so sehr durch die Behandlung, sondern durch Arbeitsausfall und die häufige Frühpension in Folge von Wirbelsäulenproblemen. Dazu sind nicht, wie häufig angenommen, die ältesten Personen am häufigsten von Wirbelsäulen-/ Kreuzschmerzen betroffen, sondern Personen, die im Arbeitsprozess stehen, also Personen zwischen 40 und 55 Jahren. Ein Krankenstandstag eines Wirbelsäulenpatienten im Alter von 40 Jahren kostet durchschnittlich etwa 70 Euro an Lohnfortzahlung und Lohnnebenkosten. In Österreich gibt es rund 4 Millionen Krankenstandstage auf Grund von Wirbelsäulenbeschwerden. In dieser Summe von 280 Millionen sind Produktionsausfälle und Behandlungskosten nicht enthalten. Motivation zur Eigeninitiative – ein Leben lang "In Studien", so Friedrich, "konnten wir nachweisen, dass der ganzheitsmedizinische Ansatz und die Motivation der Patienten‚gesund werden zu wollen, hilft, diesen erfolgreich zu behandeln". Bereits 1998 veröffentlichte er mit seinen Mitarbeitern in einem internationalen Fachjournal (Archives of Physical Medicine and Rehabilitation, Organ des Amerikanischen 2 ein Unternehmen der St. Vinzenz Holding Kongresses für Rehabilitationsmedizin und der Amerikanischen Akademie für Physikalische Medizin und Rehabilitation) in einer Studie die Erfolge seines Motivationsprogramms nach bis zu 12 Monaten. Dabei ergab sich eine signifikante Besserung hinsichtlich der Schmerzen und der Behinderung bei den Patienten, die das Motivationsprogramm durchmachten, gegenüber jenen, die nur "normale" Heilgymnastik bekamen. Völlig neu sind die Ergebnisse 5 Jahre nach Studienbeginn. Es ergaben sich auch noch nach dieser langen Zeit signifikante Unterschiede bei Anwendung des Motivationsprogramms hinsichtlich Schmerzen, Aktivitätseinschränkung und Arbeitsfähigkeit gegenüber einer Kontrollgruppe ohne Motivationsprogramm. Die Säulen des Motivationsprogramms - Nach dem Einführungsgespräch mit dem Arzt muss der Patient die innere Überzeugung kundtun, gesund werden zu wollen und darüber - bewusst einen Vertrag abschließen - Danach wird er vom Team der Abteilung für Orthopädische Schmerztherapie über ein speziell auf ihn zugeschnittene Übungsprogramm instruiert. Das heißt dem Patient wird vermittelt, dass sein Schmerz, sein Problem persönlich wahrgenommen wird - Die Behandlungs-/"Übungs"Phase besteht im Schnitt aus 10 Behandlungen à 25 Minuten, zwei bis dreimal pro Woche. Dabei ist wichtig, dass der Patient daheim alleine weiter übt und erlernt, dass - das spezifisch ausgearbeitete Programm zu einem fixen Bestandteil des eigenen Tagesablaufs wird und mit vermehrter Intensität ausgeübt wird - Wichtig ist das Erlernen von Schmerzbewältigungsstrategien durch den Patient, so dass dieser auch bei (psychosomatisch bedingten) Schmerzen die Übungen weiter ausführen kann. Z.B.: Ich weiß, dass meine derzeitigen Nackenschmerzen der "Schrei meiner Seele" sind; für meine selbst formuliertes Ziel und aus der positiven Erfahrung, dass ich mir mit den Übungen selbst helfen kann, übe ich dennoch weiter." Nach einiger Zeit lässt der Schmerz nach. Neu: Entzündungsmodulatoren aus eigenem Blut Für Patienten mit bereits bestehenden Entzündungen hat Doz. Friedrich die Vorbereitungen für die Anwendung einer völlig neuen Methode in Österreich abgeschlossen. Er wird an seiner Abteilung für Orthopädische Schmerztherapie körpereigene Entzündungsmodulatoren bei entsprechenden Wirbelsäulenschmerzen anwenden: Durch Extraktion von Entzündungsmodulatoren aus dem eigenen Blut, die diesen Patienten wieder injiziert werden, wird eine Kontrolle der Entzündung herbeigeführt. Die Methode besitzt keine Nebenwirkungen auf den Magen/Darmtrakt und andere innere Organe, und ist auch sonst, z.B. hinsichtlich der Infektionsgefahr durch Blutbestandteile, völlig frei von Nebenwirkungen. Osteoporose: Verbesserung durch Gleichgewichtstraining Häufig wird Osteoporose erst bei Knocheneinbrüchen diagnostiziert. Doz. Friedrich entwickelte mit seinen Mitarbeitern ein spezielles Übungsprogramm für OsteoporosePatientInnen. Schwerpunkte sind Gleichgewichtstraining, um die Sturzrate zu reduzieren 3 ein Unternehmen der St. Vinzenz Holding sowie spezielle Übungen zur Verbesserung der Knochenqualität. Damit wird dem Fortschreiten der Krankheit Einhalt geboten. Die genaue Erfolgsrate dieser Übungen will Friedrich mit einer bereits laufenden Studie feststellen. Anhang: Balkendiagramme Rückfragen: Prim. Univ. Doz. Dr. Martin Friedrich Orthopädisches Spital Speising Tel.: +43 1 80 182-269 Mail: [email protected] Pressekontakt: Mag. Sabine Thomas Orthopädisches Spital Speising Tel.: +43 1 80 182-416 Mail: [email protected] Web: www.oss.at (Texte und Fotos zum Download unter News) 4 ein Unternehmen der St. Vinzenz Holding