xxxxxxxxx KRANKENBERICHT xxx I. ANAMNESE Die Katze „Midoun“ wurde aus Tunesien mitgebracht. Seit das Tier bei den Besitzern ist, leidet es an Diarrhoe. Midoun wurde am 6.11.95 stationär aufgenommen. Am Tag der Einlieferung war der Kot während der Untersuchung blutig. Desweiteren zeigte das Tier Appathie und Diarrhoe. Die Futteraufnahme war am Tag vor der Einlieferung vermindert, was sich aber am folgenden Tag normalisierte. Das Alter des Tieres ist unbekannt. II. SIGNALEMENT Bei dem Patienten handelt es sich um einen rot gestromten Kater der Rasse Ägyptisch Mau. Midoun ist ca. 6-10 Wochen alt und wiegt 1,1 kg. Die Augenfarbe ist blau. III. KLINISCHE UNTERSUCHUNG Allgemeine Untersuchung Die Katze nimmt aufmerksam an ihrer Umgebung teil. Sie verhält sich während der Untersuchung ruhig und schnurrt. Alle vier Gliedmaßen werden gleichmäßig belastet. 1 Der Ernährungs- und Pflegezustand sind mäßig, der Schwanz und die Hintergliedmaßen sind kotverschmiert. Die Atemfrequenz beträgt 54/min, die Körperinnentemperatur liegt bei 38°C, die Körperoberflächentemperatur nimmt zu den Akren hin ab. Die Pulsfrequenz beträgt 138/min. Das Allgemeinbefinden ist - aufgrund des für das Alter der Katze etwas zu ruhigen Verhaltens - als geringgradig gestört zu bezeichnen. Vermutlicher Sitz der Erkrankung ist der Magen-Darm-Trakt. Spezielle Untersuchung (1) Haare, Haut, Schleimhäute Das Haarkleid ist dicht geschlossen und nicht vermehrt ausziehbar,aber etwas matt und struppig. Der Hautturgor ist herabgesetzt. Im Bereich der Hintergliedmaßen und am Schwanz ist das Fell mit Kot verklebt. Um Maul und Nase kleben eingetrocknete Futterreste. Die Konjunktival- und Maulschleimhaut sind rosarot, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen, die Analschleimhaut ist stark gerötet. (2) Lymphknoten Die Lnn. mandibulares und poplitei sind von physiologischer Größe, Form, Konsistenz und Lage. Sie sind verschieblich und nicht schmerzhaft. (3) Zirkulation Der Puls ist beidseitig gleichmäßig und gut abgesetzt, die Aa. femorales sind gut gefüllt. Die Pulsfrequenz beträgt 138/min. Die Herzauskultation war zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht möglich, da die Katze ununterbrochen schnurrte. Die Episkleralgefäße sind deutlich gezeichnet und stark gefüllt. Die Zeit der kapillären Rückfüllung liegt unter zwei Sekunden. (4) Respiration Die Atemfrequenz liegt bei 54 Atemzügen/min.Der Atmemtyp ist costo-abdominal. Die Atmung ist gleichmäßig und kräftig. Nasenausfluß wurde nicht beobachtet. Auskultation der Lunge war aufgrund der starken Schnurrgeräusche nicht möglich. (5) Digestion Nach der Untersuchung nahm die Katze Futter auf. Wasseraufnahme konnte nicht beobachtet werden. Der Kot ist von dünnbreiiger Konsistenz und ohne blutige Beimengungen. Die Untersuchung der Maulhöhle ergab keine pathologischen Veränderungen. 2 Die Bauchdecke ist gespannt und bei der Palpation des Abdomen sind quatschende Darmschlingen zu fühlen. (6) Harn- und Geschlechtsapparat Harnabsatz konnte während der Untersuchung beobachtet werden. Die Palpation der Nieren ergab in Bezug auf Größe, Form und Konsistenz keine pathologischen Veränderungen. Beide Hoden sind vorhanden. Der Geschlechtsapparat ist adspektorisch und palpatorisch ohne Auffälligkeiten. (7) Bewegungsapparat Die Bewegung sowie die Belastung der Gliedmaßen sind uneingeschränkt. (8) Nervensystem Pupillar-, Corneal- und Analreflex sind auslösbar. Die Oberflächen- und Tiefensensibilität sind erhalten. Gehör-, Geruchs- und Gesichstsinn sind ungesört. (9) Sinnesorgane Es könne keine Hinweise auf Störungen der Sinneswahrnehmung festgestellt werden. An den medialen Augenwinkel befinden sich eingetrocknete Sekretreste. IV. WEITERFÜHRENDE UNTERSUCHUNGEN (1) Laborwerte Monocyten : Lymphocyten : Segmentkernige : Normoblasten : Harnstoff : 6 % 8 % 81 % 1 % 15,8 mmol/l (2) Kotuntersuchung auf Parasiten Coccidien (3) Virologie und Bakteriologie Verdacht auf Panleukopenie Es lagen noch keine Untersuchungsergebnisse vor. (4) Röntgenuntresuchung Lag nicht vor 3 V. DIAGNOSE Enteritis Da die Untersuchungsergebnisse noch nicht vorliegen, kann noch keine eindeutige Diagnose, mit dem Leit-Symptom Diarrhoe, gestellt werden. VI. DIFFERENTIALDIAGNOSEN Endoparasiten (Helminthen, Protozoen) Virusinfektionen (Feline infekt. Panleukopenie, Feline Enteritis-Coronavirus, u.a.) Bakterielle Infektionen (Salmonella, E.coli, etc.) Mykotische Darminfektionen (Candida albicans, Aspergillus,Mucor) Fütterungsfehler und Nahrungsmittelunverträglichkeiten Vergiftungen Immunogene Reaktionen (Eosinophile (Gastro-) Enteritis) Stoffwechsel- und Organkrankheiten (Leber, Pankreas) Darmleukose Lageveränderungen des Darmes (Invagination, Obstruktion) VII. EPIKRISE Durchfall ist durch die Zunahme des Wassergehaltes im Kot (mehr als 80%) gekennzeichnet. Hieraus entwickeln sich vermehrtes Kotvolumen, erhöhter Drang zur Defäkation und gesteigerte Häufigkeit des Kotabsatzes. Ursachen für die Vermehrung des Kot-Wasser-Gehaltes : Die resorptive Kapazität des Darmes (Dünn- und/oder Dickdarm) ist aufgrund insuffizienter enzymatischer Vorgänge (Darmwand, Pankreas, Leber) einerseits oder Fehlzusammensetzung der Nahrung (zu viel Fett, zu hoher Kohlenhydratanteil) andererseits vermindert, es entsteht ein Osmogefälle. Die Sekretionsaktivität der Darmschleimhaut ist durch bestimmte Noxen, z.B. Bakterientoxine (E. coli, Salmonella spec.) erhöht. Darmschädigung wie auch lymphatische und venöse Abflußbehinderungen mit Erhöhung des hydrostatischen Druckes führen zur Erhöhung der Zellwandpermeabilität für Wasser. Diese in sich sehr komplexen und einander beinfussenden Vorgänge führen außer zum Wasserverlust zur Verminderung von Hydrogencarbonat, woraus sich eine Azidose aufbaut; sie führen zum Verlust von Elektrolyten und Proteinen und somit zu schweren Störungen lebensnotwendiger Stoffwechselprozesse. 4 Durchfall variiert in Stärke und Erscheinungsbild in Abhängigkeit von der auslösenden Noxe, den Begleitumständen (Immunsuppression) und der Lokalisation der Entzündungsvorgänge. Der Abgang gering vermehrten, noch breiigen Kotes deutet eine flüchtige oder leichte Enteritis an, wobei das Allgemeinbefinden ungestört sein kann. Dagegen läßt das häufige und unkontrollierte Abgehen vermehrten, ungeformten und wäßrigen Kotes mit unverdauten Nahrungsbestandteilen auf eine schwere Erkrankung des Dünndarmes schließen. Ist zudem der wäßrige Kot durch hämolytisches Blut untermischt und teerfarben (Meläna), liegen schwerwiegende Schleimhautnekrosen mit Gefäßwandarrosionen vor. Akute Dünndarmentzündung führt zu auffallendem und schnell einsetzendem Gewichtsverlust und zu Hinfäligkeit des Tieres. Häufig sinkt die Körpertemperatur in diesem Stadium unter die physiologische Normgrenze. Zeichen der Dehydratation sind verminderter Hautturgor (Stehenbleiben der Hautfalte) und Nickhautvorfall. Ist vorrangig der Dickdarm von entzündlichen Prozessen erfaßt, so erfolgt der Kotabsatz unter Zeichen von Tenesmus sehr häufig und unkontrolliert. Sofern Blut erscheint, ist dieses frisch und in seinen Bestandteilen auszumachen. Ein Gewichtsverlust ist nur im Falle einer chronischen Systemerkrankung zu erwarten. Akute Enteritis Akute entzündliche Erkrankungen der Darmschleimhaut treten bei der Katze vorzugsweise im Dünndarmbereich mit oder ohne Einbeziehung des Magens (Gastroenteritis) auf, gelegentlich auch unter Beteiligung von Dickdarmanteilen. Ursachen sind : - Virusinfektionen (feline Parvovirus-FPV, feline Leukämievirus-FeLV, feline infekt. Peritonitisvirus-FIP, feline Immunschwächevirus-FIV, feline enterale CoronavirusFecV2 und selten das feline Rotavirus) - Bakterielle Erreger (Salmonella typhimurium, E.coli, Klebsiella, Proteus, Enterobacter, Citrobacter, Campylobacter jejuni, Clostridium perfringens, Yersinia pseudotuberculosis, Listeria monocytogenes, Bacillus piliformis) - Mykotische Darminfektionen (Candida albicans, Aspergillus und Mucor) - Endoparasiten (Askariden, Giardia, Toxoplasma gondii, Cystisospora, Entamoeba histolytica - Futtermittelunverträglichkeiten (zu hoher Kohlenhydratanteil; Kuhmilch; unterkühltes, verdorbenes, verunreinigtes Futter) - Exogene Giftstoffe (Organophosphate, chlorierte Kohlenwasserstoffe, Thallium-IVerbindungen - Immunogene Reaktionen (Eosinophile enteritis) - Schock (Die provozierte Catecholaminausschüttung bewirkt Gefäßverengungen, die in der Darmschleimhaut Ischämie, Azidose und Gewebeuntergang hervorrufen, Schleimhautnekrosen und daraus resultierende Atrophie von Arealen des Zotten- und Kryptenepithels führen zum enzymatischen Aktivitätsverlust. Maldigestion und Malabsorption sind die Folge. 5 Chronische Enteritis Chronische Entzündungszustände betreffen sowohl den Dünn- als auch den Dickdarm. Alle genannten Ursachen, die eine akute Entzündung des Darmes verursachen, können auch für die chronische maßgebend sein. Die klinische Symptomatik ist vorrangig von Durchfall bestimmt (anhaltend oder auch wechselnd). Der über längere Zeiträume herrschende Flüssigkeitsverlust kann zur Dehydratation führen. Außerdem verlieren die Tiere, Über längere Zeiträume gesehen, an Körpergewicht, haben keinen Spieltrieb, aber um so größeres Ruhebedürfnis. Dem Erkennen der Ursache dienen Laboruntersuchungen (z.B. Antikörpernachweis bei FIV-Infektionen, Antigennachweis bei FeLV). Das weiße Blutbild gibt anhand der Lymphocyten Auskunft über die Chronizität, die Erhöhung der Bluteosinophilen kann auf allergische Prozesse hinweisen. Leberenzyme, Serumharnstoff und Kreatinin lassen die Beteiligung von Leber oder Nieren am Geschehen erkennen. Sehr wichtig ist die parasitologische Untersuchung, während bakteriologische Kotuntersuchungen in ihrer Interpretation Schwierigkeiten bereiten können. Durch das Röntgen lassen sich Gasansammlungen und verdickte Darmwände darstellen. Mit Hilfe von Kontrastmittel werden entzündlich verdickte Schleimhautfalten, Obstipation, Ulzeration und Obstruktion erkennbar. Durch Endoskopie können Auflagerungen und Ulzerationen erkannt werden. Eine genaue Erhebung der Anamnese kann Aufschluß über Fütterungsfehler und Nahrungsunvertäglichkeiten geben. Parasitosen Giardiose tritt hauptsächlich bei Jungtieren im Alter zwischen 6 und 12 Monaten klinisch manifest auf. Ältere Tiere entwickeln wohl eine Immunität gegeüber Giardia Infektionen. Kohlenhydratreiche Ernährung, verminderte Magensaftsekretion und Veränderungen der Darmflora bieten gute Bedingungen für eine Massenvermehrung der Giardien und zählen zu den prädisponierenden Faktoren für den Ausbruch einer klinisch manifesten Giardiose. Diese verläuft mit Anorexie, akuter bis chronischer Enteritis mit intermittierendem Durchfall und daraus resultirender Exsikkose und Abgeschlagenheit. Toxoplasmose : Die Initialphase verläuft bei älteren Katzen im allgemeine ohne jegliche klinische Erscheinungen ; nur selten treten Verdauungsstörungen, wie leichte Diarrhoe auf. Bei akutem Verlauf treten vorwiegend bei Jungtieren eine fieberhafte Allgemeinerkrankung mit Husten, Dyspnoe, Diarrhoe, Ikterus und Paralysen infolge von Enteritis, Myokarditis, Enzephalitis oder Myositis auf. Cystoisospora-Infektionen verlaufen bei adulten Tieren in der Regel ohne klinische Krankheitserscheinungen. Bei Jungkatzen können gelegenklich Verdaungsstörungen, 3-6 Tage anhaltende Diarrhoe und Apathie auftreten. Bei stärkeren C.-felis-Infektionen sind bei Jungtieren katarrhalische Enteritiden und Diarrhoe mit schleimigem bis blutigem Kot, verbunden mit Depression, Anorexie, Exsikkose und Kachexie beobachtet worden. 6 Entamoebiose : Erkrankte Tiere zeigen Schwäche, Bauchschmerzen, Anämie, Appetitlosigkeit. Stets ist Diarrhoe charakteristeisch. Virusinfektionen Feline Enterale Coronavirus-Infektion führt zu mildem bis mäßig schwerem Durchfall, welcher 2-5 Tage lang andauert. Außerdem kann gelegentlich geringgradiges Fieber beobachtet werden. Nach wenigen Tagen genesen die Tiere spontan. Als Eintrittpforte dürfte hauptsächlich die Maulhöhle in Frage kommen, von wo aus das Virus mit der Nahrung in den Dünndarm gelangt. Im Anschluß an die Infektion kann das Virus während langer Zeit im Kot ausgeschieden werden, wodurch v.a. Jungtiere gefährdet sind. Das feline Parvovirus führt zu Durchfall, Erbrechen und Apathie, oft auch zum Tode. Die dramatische Verminderung der Blutleukozyten führte zu der Bezeichnung Panleukopenie. Eintrittspforte des FPV Ist die Schleimhaut der Nase und der Maulhöhle. Klinische Symptome beginnen 2-5 Tage p.i. Sofern die Katze die Infektion überlebt, halten die Krankheitssymptome 4 bis 8 Tage an. Hohe Virustiter können in den Organen und im Blut bis ca. 4 Tage nach Beginn der Symptome gefunden werden. Danach lassen sich Antikörper nachweisen, deren Auftreten mit einem gleichzeitign Rückgang des Virustiter im Blut einhergeht. Die FPV-Infektion führt v.a. bei Jungtieren im Alter von 6 Wochen bis 4 Monaten zu ausgeprägten Symptomen; bei ältere Katzen kommt es höchstens zu leichten Symptomen, bei Immunsuppression. Man untreschidet einen perakuten, akuten, subakuten und subklinischen Verlauf. Beim perakuten Verlauf kommt es innerhalb weniger Stunden zum Tod. Beim akuten Verlauf sind die Katzen zunächst apathisch, zeigen Koliksymptome, verweigern jede Nahrungs- und Wasseraufnahme und erbrechen häufig. Das Fell erscheint matt, und oft kann Vorfall des 3. Augenlides beobachtet werden. Die Palpation des Abdomen ist schmerzhaft. 1-2 Tage apäter kommt es zu dünnflüssigem, in besonders schweren Fällen zu blutigem Durchfall. Die Därme enthalten Flüssigkeit und Gas und die Mesenteriallymphknoten sind vergrößert. Ohne Wasserzufuhr kann der Flüssigkeitsverlust innerhalb weniger Tge zu Schock und Tod führen. Der subakute Verlauf ist charakterisiert durch mäßige Apathie und geringgradigem Durchfall, der bis zu mehreren Tagen andauern kann. Aus diesem zunächst FPV-bedingtem Durchfall kann sich infolge Zerstörung des Darmepithels und anschließender bakterieller Sekundärinfektionen ein chronischer, kaum mehr zu beeinflussender Durchfall resultieren. 7-8 Tage nach Beginn der Virämie lassen sich niedrige Titer von virusneutralisierenden oder hämagglutinationshemmenden Antikörpern nachweisen, die nach 12-14 Tagen ein Maximum erreichen. Nach Aufnahme von Kolostrum sind Jungtiere mehrere Wochen lang vor Infektion geschützt, aber im Alter von 10 Wochen lassen sich, auch unter idealen Bedingungen keine maternalen Antikörper mehr nachweisen. Die Ergebnisse der Blutuntersuchung sprechen in diesem Fall eher nicht für eine Panleukopenie, da die Leukozyten nicht vermindert sind. VIII. PROGNOSE 7 Sie wird von der Grundkrankheit bestimmt. Chronische Durchfälle sind ungünstig zu beurteilen. IX. THERAPIE Neben der Behandlung der auslösenden Ursache ist v.a. auf Ausgleich von Wasserund Elektrolytverlusten Wert zu legen. Energie kann mit Hilfe von Glucose per Dauertropfinfusion zugeführt werden. Bakteriell bedingte Durchfälle werden zur Therapie, andere schwere akute, besonders hämorrhagische Durchfälle zur Infektionsprophylaxe mit Antibiotika behandelt. __________________________ 8