2. Malerei - Diözesanmuseum Freising

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Weltkunst - Einführung in die bildende Kunst
Vorlesung WS 2004/05 P.B.Steiner Mo 13-15 HS 16
Den Hörerinnen und Hörern wird der Besuch folgender Museen im Laufe des WS
dringend nahe gelegt:
Diözesanmuseum Freising, Domberg 21 (Kunst von der Romanik bis zur Gegenwart)
Geöffnet täglich außer Montag 10-17 Uhr, für Hörer(innen) Eintritt frei,
Die Öffnungszeiten der Münchner Museen sind ähnlich, z.T.länger, Eintritt werktags
mit Studentenausweis ermäßigt, sonntags frei: Glyptothek am Königsplatz (
Griechisch-römische Skulptur, gegenüber in Antikensammlung griechische Malerei)
München, Barer Straße: Alte Pinakothek (Europäische Malerei 1400-1800)
Neue Pinakothek (Europäische Malerei 19. Jahrhundert)
Pinakothek der Moderne ( Kunst des 20. Jahrhunderts)
Bayerisches Nationalmuseum, Prinzregentenstr. (Skulptur, Kunstgewerbe, Malerei,
800-1900
Städtische Galerie im Lenbach-Haus, Luisenstr. (Kunst des 20.Jahrhunderts)
Schriftliche Prüfung aus Vorlesungsskriptum und den o.g. Museen am 28.2.2004
Skriptum unter www.dommuseum-freising.de (Vorlesung TUM)
Gliederung
1. Was ist Kunst? Kunst, Religion und Wissenschaft. Bildwissenschaft. Wann
beginnt Kunst? Kunst der Frühzeit; Kunst Afrikas
2 Malerei und Zeichnung, seit 20 000 Jahren, von der Höhle in die Galerie;
Gefäßmalerei, Wandmalerei, Tafelbild, Altarbild, Deckenbild; Techniken, Auftrag,
Markt
3. Plastik und Skulptur: modellieren, schnitzen, gießen: Ägypten, Griechenland,
Rom, Romanik, Gotik,
4. Bauen und Baukunst
5. Mittelalter in Europa, Romanik, Gotik, Architektur, Skulptur, Malerei
6. Renaissance, die Erfindung der Perspektive und ihre Wirkungen in Architektur,
Gartenbau, Malerei und Skulptur
7. Barock, Kunst im Dienst der Fürsten und der Kirchen
8. 19. Jahrhundert, von Napoleon bis Bismarck: Architektur, Museen, Kirchen,
Glaspalast, Bahnhof, Wolkenkratzer; Skulptur, Schadow, Canova, Denkmal,
Rodin; Malerei, David, Gericault, Friedrich, Delacroix, Courbet, Menzel, Manet,
Cezanne Van Gogh,
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9. 20. Jahrhundert, Picasso, Der Blaue Reiter, Beckmann, Moore, Pollock, Geiger,
Beuys, Nauman, Jeff Wall,
1. Was Kunst ist, weiß ich nicht.
Aber das macht nichts, denn Sie, die Sie Naturwissenschaften studieren, wissen
auch nicht was Natur ist, oder Wissenschaft oder Religion. Schon so ungefähr, aber
für eine Definition würde ein Semester nicht ausreichen.
Kunst hat etwas mit künstlich zu tun, ist etwas, das Menschen gemacht haben, im
Gegensatz zu den Dingen, die auf natürliche Weise gewachsen sind. Aber gerade
hier in Weihenstephan arbeiten viele Wissenschaftler daran, die Grenzen zwischen
dem natürlichen Wachstum und dem vom Menschen geschaffenen zu verschieben,
z. B in der Gentechnologie. Aber sie waren auch früher schon nicht einfach zu
ziehen; ist Brot, Bier oder Butter ein Naturprodukt ? Ist eine aus einem Lindenstamm
geschnitzte oder aus einem Marmorblock gehauene Figur ein Kunstwerk oder doch
nur ein vom Menschen geformtes Naturprodukt, nämlich Holz oder Marmor?
Aber nicht nur diese an einer technischen Universität naheliegenden Fragen
verwirren den, der über Kunst nachdenkt. Meine eigene Profession, die des
Kunsthistorikers, ist dabei sich in Frage zu stellen, weil sie merkt, daß die meisten
Beispiele, die in einer deutschen oder Welt-Kunstgeschichte abgebildet sind oder
behandelt werden, eben nicht als Kunstwerke entstanden sind, sondern z.B. als
Religionswerke, Statussymbole oder Gebrauchsgegenstände. Der seit dem 15.
Jahrhundert, seit der sogenannten Renaissance, in Westeuropa etablierte
Kunstbegriff stimmt für alle älteren aber auch viele jüngere Werke nicht. Die
akademische Disziplin Kunstgeschichte wandelt sich derzeit vor allem in zwei
Richtungen, in die einer Kommunikationswissenschaft; demzufolge sind die Dinge,
die bisher Kunstwerke genannt wurden nichts anderes als komplexe visuelle Medien,
und in die einer Bildanthropologie, demzufolge sind „Kunstwerke“ visuelle
Definitionen des Menschen von sich, seiner Umwelt, seinen Ängsten, Hoffnungen
und Träumen.
Diese zweite Grundannahme liegt meiner Vorlesung zu grunde. Ich zeige Ihnen in
Diapositiven Artefakte, in denen sich der Mensch selbst definiert. (Dia Afrikanisches
Idol, Dia Pirellikalender). Es ist ganz offensichtlich, daß es sich um Frauenbilder
handelt, also Menschen weiblichen Geschlechts, aber das was unter einer Frau
verstanden wird, hat sich offenbar gewandelt.
Bevor wir zum Frauenbild im Kopf und Herzen der jeweiligen Bildhersteller kommen,
müssen wir die Bilder nach ihrem Maßstab, ihrer Materialität und Technik, ihrem
Gebrauchszusammenhang befragen.:
Holzskulptur
SWDruck nach Photo von Richard Avedon
Einzelstück
Auflagenwerk
Aus innerer Anschauung Photographierte Pose Modell Julia Ortiz
Fruchtbarkeit, Kult Religion Lust, Unterhaltung, Werbung
Der afrikanische Bildhauer beschwört im Bild den Kotakt mit der Welt der Geister, die
Fähigkeit der Frau Lebenspartner zu sein, Leben zu spenden, das Überleben des
Stammes, der Familie zu sichern.
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Photograph und Redakteur wollen verkaufen, Gewinn erzielen, der Käufer will sich
amüsieren.
Auch für das Männerbild zeige ich zwei Beispiele(Dia David von Michelangelo
Buonarotti, 1501-04
Marmorskulptur , 5,15 m
Aufgestellt vor Palazzo Vecchio (Altes Rathaus)Florenz
Erinnerung an eine Geschichte: die Vernichtung des gerüsteten Angreifers Goliath
durch den nur mit einer Schleuder bewaffneten Jüngling David, (1 Sam 17, das
bedeutet 1. Buch Samuel Kapitel 17 der christlichen Bibel; diese Abkürzungen
werden im folgenden nicht mehr aufgelöst, sie gehören zur europäischen
Allgemeinbildung) / Kraft, Selbstbewußtsein des Helden und des Künstlers / Gnade
Gottes für den historischen Helden und aktuell für den Auftraggeber, die Republik
Florenz
Ingo Taubhorn 1984, SW Photo 18x24 cm, Strichjunge in seinem Schlafzimmer
Während man die Marmorskulptur mit den Begriffen Geschichte, Öffentlichkeit,
Selbstbewußtsein, Anspannung und Kraft verbinden muß, so die Photographie, in
der ebenfalls ein kräftiger Körper dargestellt ist, doch in erster Linie mit Intimität,
Lässigkeit (angelehnt) und sexueller Lust. Das zerwühlte Bett macht den Unterschied
zum raumlos präsentierten Akt im Pirellikalender.
Jedes Kunstwerk ist ein gesellschaftliches Produkt, entsteht aus dem Konsens von
Künstler, Auftraggeber und Publikum.
Kunstwissenschaft als Bildanthropologie hat aber nicht nur mit Bildern von Männern
und Frauen, also Menschenbildern im engeren Sinn zu tun, sondern ebenso mit
Landschaftsbildern oder Stilleben, Gattungen der Malerei, in denen kein Mensch als
Gegenstand vorkommt. Aber schon die Tatsache, daß es in ein einigen Kulturen z. B.
in der Malerei der nördlichen, protestantischen Niederlande oder in der zeitgleichen
chinesischen Malerei diese Gattungen gibt, nicht aber im Mittelalter oder in der
Ägyptischen Kunst, erlaubt uns Aussagen über die Menschen dieser Kulturen.
Kunst ist nach den bisher gefundenen, datierbaren Artefakten sehr alt, 30 000 Jahre
ca. Damit ist sie wesentlich älter als Wissenschaft, für die wir üblicherweise Schrift
voraussetzen, Schrift als eine Voraussetzung von Wissenschaft gibt es im Vorderen
Orient seit rund 5000 Jahren, nach Germanien haben sie vor 2000 Jahren die Römer
gebracht und nach Schwarz-Afrika und Australien die europäischen Kolonisatoren
vor 200 Jahren. Nur Menschen, die schreiben, können ihre Geschichte schreiben.
Darum nennen wir die Zeit vor der Anwendung von Schrift Vorgeschichte oder
Prähistorie. Der Eintritt in die Schriftlichkeit und damit in Geschichte und
Wissenschaft erfolgt je nach Weltregion zwischen 3000 vor und 1800 nach Christus.
Wesentlich älter als Wissenschaft und Kunst ist Religion. Wir datieren sie von den
ersten Grablegen. Das heißt von den frühesten Zeugnissen, daß der Leib eines
verstorbenen Menschen künstlich bearbeitet wurde z.B. durch eine Grablege, eine
Färbung der Gebeine, eine Brandbestattung. Diese ältesten Zeugnisse sind 100 000
Jahre alt.
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Der Mensch ist unseres Wissens das einzige Lebewesen, das weiß, daß es sterben
muß und zwar nicht erst im Moment seines Todes, sondern schon sein ganzes
Leben lang, seit er denken kann. Aus dem Nachdenken über den Tod entsteht
Religion. Sie frägt nach dem Woher und Wohin, nachdem Sinn unseres Lebens.
Wenn wir Kunstwerke im Sinn einer Anthropologie des Bildes verstehen, als visuelle
Definition von Menschen, dann gehört die Frage nach dem Sinn seiner Existenz
auch in den Bereich der Kunst. Kunst und Religion gehören von ihren Ursprüngen
her eng zusammen, aber ebenso Kunst und Wissenschaft, nicht nur weil zum
Beispiel für ein Werk der Baukunst(Dia Kolosseum) oder der Bronzeplastik(Dia
Poseidon von Sounion) eine avancierte Technologie notwendig ist.
Das Wort Kunsttechnologie führt zu einer kurzen Rundschau nach dem Namen und
der Bedeutung von Kunst. Das deutsche Wort hängt von der Sprachwurzel her mit
Kunde zusammen, Kunde von etwas haben und geben, kundig sein etwas zu
machen; wer kundig ist, Auto zu fahren, der kann Auto fahren. Im Griechischen heißt,
das was wir Kunst nennen techne, ein Wort, das wir heute z.B. als Technik eines
Klavierspielers nur noch für eine Voraussetzung von Kunst aber nicht mehr für diese
selbst halten. Seit der industriell-technischen Revolution, seit es Technische
Hochschulen und Universitäten gibt, hat sich der technische Bereich enorm
vergrößert und weit von der Kunst entfernt. Das Wort techne erinnert aber
denjenigen, der die griechischen Ursprünge der westlichen Kultur nicht vergessen
hat, immer noch an ihre gemeinsamen Ursprünge in Kenntnis und Geschick des
Menschen. Im Lateinischen und vielen von ihm abgeleiteten Sprachen heißt Kunst,
Ars, arte, art oder art und bezeichnet die ausgebildete, kultivierte Fähigkeit etwas zu
tun. In diesem Sinn gab der römische Dichter Ovid zum Ärger des Augustus gereimte
Hinweise zur sexuellen Vereinigung als ars amatoria, Liebeskunst heraus. Und auch
wenn wir von Kochkunst sprechen, meinen wir das, was lateinisch ars heißt, nämlich
Ausbildung, Erfahrung und Erfolg versprechende Geschicklichkeit in der Zubereitung
von Speisen.
Das deutsche Wort Kunst erhielt im 18. Jahrhundert einen darüber hinaus weisenden
Sinn. Es bezeichnet bei dem Philosophen Immanuel Kant in seiner Kritik der
Urteilskraft von 1790 etwas, das von der Natur unterschieden wird, weil es ein Werk
meint, das durch Freiheit und Vernunft entsteht, im Gegensatz zur Bienenwabe, die
ein Produkt des Instinkts der Biene sei. Ferner unterscheidet sich Kunst von
Wissenschaft als praktisches Vermögen und vom Handwerk durch die Elemente von
Geist und Freiheit. Für Georg Friedrich Wilhelm Hegel ist Kunst wie Religion und
Philosophie eine Art und Weise das Göttliche, die tiefsten Interessen des Menschen,
die umfassendsten Wahrheiten des Geistes zum Bewußtsein zu bringen und
auszusprechen. Diese Form des Nachdenkens über Kunst wird Kunstphilosophie
oder Ästhetik genannt. Ästhetik vom griechischen Wort aisthanomai wahrnehmen
hieß ursprünglich Wahrnehmungslehre hat sich aber im 18. Jahrhundert auf die
Wahrnehmung des Schönen in der Kunst verengt. Nicht damit zu verwechseln ist der
Gebrauch des Wortes als Umschreibung für das alte abgegriffene Wort schön. Eine
ästhetische Erscheinung ist keine kunstphilosophische sondern eine schöne. Davon
ist wiederum abgeleitet die Ästhetik eines Porsche, das heißt der Gebrauch des
Wortes in der Sprache von Mode und Design.
Diese Kunst des deutschen Kunstbegriffs in der Philosophie des Idealismus wird
eingeteilt in die Künste der Sprache, die redenden , nämlich Dichtung und Rhetorik,
die Musik, das Theater, von Kant die Empfindung weckenden genannt und die
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bildenden Künste, nämlich Malerei, Skulptur und Baukunst. Von ihnen ist in dieser
Vorlesung allein die Rede.
Alle Künste wenden sich über unsere Sinne an unseren Verstand und unser Gefühl,
die bildende Kunst in erster Linie über die Augen, kann dabei aber auch andere
Sinneseindrücke erwecken (Kalte Farben). Im Erleben von Kunst wird unsere
Wahrnehmungsfähigkeit gesteigert und unser Gefühlsleben kultiviert. Diese
kultivierte Emotionalität steigert unseren Lebensgenuß und unsere soziale
Kompetenz.
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2. MALEREI
Wir wollen uns heute der Malerei zu wenden, in ihre Techniken und
Anwendungsbereiche einführen.
Zur Malerei gehört die Zeichnung. Sie kann als Vorzeichnung der Malerei zugrunde
liegen, von ihr überdeckt werden. Aber sie kann auch selbständig bleiben. Die
frühesten Zeichnungen mit dem Finger in den Sand oder die Asche oder mit Blut auf
den Leib des besiegten Feindes sind nicht erhalten. Um Zeichnungen Dauer zu
verleihen brauchen wir Zeichenmittel, einen spitzen Stein, ein Stück Kohle oder einen
Bleistift und einen Zeichengrund eine geeignete Fläche, einen größeren Knochen,
eine Felswand oder ein Blatt Papier. (Dia Dürer, Michelangelo) MB war Bildhauer.
Diese haben eine andere Sichtweise und Zeichnungsweise als Maler. Sie
interessieren sich weniger für farbliche und flächige Zusammenhänge, als für
plastische Werte, die Rundung, die Kanten, das Vor und Zurück im Raum. Die
anatomische Zeichnung von Leonardo da Vinci weist auf den typisch westlichen,
neuzeitlichen Zusammenhang von Naturwissenschaft und Kunst, hier Medizin,
Anatomie und Malerei, der menschliche Körper betrachtet als Agreggat seiner Teile.
Zeichnung kann so wohl Vorstudie wie Erinnerung, Geschenk und Sammelobjekt
sein.
Es ist ungerecht gegenüber den graphischen Künsten, wenn ich es bei diesen
Beispielen für heute bewenden lasse. Aber das weltweite Reich der Malerei ist so
ausgedehnt, daß wir es in der verbleibenden Zeit kaum durcheilen können. Zunächst
zum Wort und zum Malmittel. Die deutsche Berufsbezeichnung Maler kommt von
einem besonders kostspieligen und zeitaufwendigen Teil der Malmittelbereitung, dem
Verkleinern, Zerreiben, Malen von Erdbrocken, Steinen, Metallen, Kohlen und Rinden
zu einem mehlfeinen Pulver. Dieses Farbpulver heißt Pigment. Es muß mit einem
Klebstoff auf der Malfläche befestigt werden, auf ihr angebunden werden. Wir
nennen diesen Klebstoff Bindemittel. Heute kaufen wir fertige Farben, bei denen das
Pigment im Bindemittel bereits gelöst ist. Bis zur Entstehung der Farbindustrie in der
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Pigment und Bindemittel getrennt hergestellt und
aufbewahrt und erst im Malvorgang zusammengebracht. Als Bindemittel eignen sich
Blut, Eiweiß, Harze, Wachse, Öle, Leime, Erdölderivate und Kalk. Die Malerei mit
frischem Kalk wird Fresko genannt, die Malerei mit Eiweiß Tempera, sonst sprechen
wir je nach Bindemittel von Wachsmalerei, Ölmalerei usw. Für das Aufbringen von
Farbe und Bindemittel eignen sich die Finger und zusammengebundene Borsten, der
Pinsel, ein steinzeitliches Malmittel, das heute noch hergestellt und benützt wird. Im
20.Jahrhundert entstand als neues Malgerät die Sprühpistole.
Zum Bemalen eignen sich Flächen, die nackte Haut, die Felswand, die Mauer, der
Boden, die Decke, das Holzbrett oder eine zur Fläche aufgespannte Leinwand.
Wenn der Bildträger tragbar ist, sprechen wir von Tafelmalerei, sonst von
Wandmalerei, Deckenmalerei, Körperbemalung. Auch Möbel und Gefäße wurden als
Bildträger verwendet. Die Bildträger eignen sich auf unterschiedliche Weise für die
Bindemittel, so kommt die Freskotechnik mit Kalk in erster Linie auf Wänden und
Decken vor, während auf Holz Wachs, Öl und Harz zur Anwendung kamen.
Die ältesten erhaltenen Malereien sind die Deckenbilder und Wandbilder in den
Höhlen der Steinzeit seit dem 20. Jahrhundert vor Christus. Malerei wird also auch
nach ihrem Anbringungsort unterschieden, als Wand-, Decken-, Gefäß-, Buch-,
Möbel- oder Tafelmalerei. Nach ihrer Technik als Kalk-, Öl-, Harz- oder
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Wachsmalerei, bzw. als Aquarell oder Tempera(Eiweiß) oder nach ihrer Funktion,
Altarbild, Votivbild, Illustration, oder nach ihren Inhalten Historienbild, Portrait,
Stilleben, Genre, Landschaft. Nicht alle Arten gibt es auf der ganzen Welt, aber die
genannten in Europa seit der Antike. Die Alexanderschlacht von Albrecht Altdorfer ist
nach ihrem Träger ein Tafelbild, nach ihrem Bestimmungsort ein Galeriebild, nach
ihrem Inhalt ein Historienbild, ihre Technik wird als Mischtechnik (Öl und Harz als
Bindemittel) angegeben.
Elemente der Malerei sind Hell/Dunkel; Linie/Fläche; geschlossene Form/ offene
Form; oben/unten; rechts/links; geometrisch/organisch; spitz/rund
Kühles Blau der fernen Inseln und Berge, der Sehnsucht
Aufdringliches Gelb der Nähe, der Zitrone, der Aufmerksamkeit
Dazwischen das sanfte Grün der Gräser, Blätter, Tannen und Kakteen
Das kräftige Rot des Feuers, der Wärme, der Liebe
Das pelzwarme Braun etc.
Alle Farben sind mit klimatisch und kulturell bedingten Erinnerungen an
Gegenstände und Lebewesen und dadurch mit Gefühlen verbunden.
Lit: Heinrich Wölfflin, Kunstgeschichtliche Grundbegriffe, 1916; Wassily Kandinski,
Das Geistige in der Kunst, 1912; Paul Klee, Bauhausschriften u.a.
Die Beschäftigung mit Malerei steigert unsere Farbensinn, unsere optische
Wahrnehmung und damit die Lebensintensität.
Albrecht Dürer, Selbstbildnis mit 20
Jahren
Federzg. auf Papier,1491,
204x208mm,Erlangen
Leonardo da Vinci, Studien, 1510
Windsor Castle,
Attische Strickhenkel-Amphora,
Suessula-Maler,
um 390 v. Chr., Paris, Louvre
Wisent, Felsmalerei, Höhle Altamira bei
Santillana,
um 13000 v. Chr.
Casa dei Vettii, Ixionszimmer, Pompeji,
70/79 n. Chr.
Gott und Musikantin, Fresco-Höhle in
Oizil, Ost-Turkistan, 600-650, heute
Berlin
Mutter des Jakobus und Johannes,
Sant’Angelo in Formis, Capua, 10721087, Fresko
Annibale Carracci, Galleria Farnese im
Palazzo Farnese, Rom, 1597-1604,
Deckenfresko
Prager Meister, Sechstagewerk, sog.
Korczek-Bibel, um 1405 Wien,
Albrecht Dürer, Bildnis seiner Mutter,
1514
Kohlezg. auf Papier, 491x303 mm, Berlin.
Michelangelo, Auferstehung, Windsor
Royal Library
Meefahrt des Dionysos, Schale, um 530
v. Chr., München, Antikensammlung
Alexandermosaik ursprünglich aus
Pompeji, nach einem griech. Vorbild von
317/15 v. Chr.
Neapel, Museum Capodimonte
Asparus Blumen streuend, Siyirayon
Ceylon, 5. Jh.
Maria mit Engeln und Heiligen, Basilika
des Euphrasius, Poreč, Mitte 6.
Jh.,Fresko
Paul Troger, Apotheose Karls VI., Stift
Göttweig, 1739
Deckenfresko über dem Stiegenhaus
Evangeliar des Erzbischof Ebo,
Evangelist Matthäus, Hautvillers (Reims),
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Buchmalerei
Miniatur aus Madhya oder Uttar Pradés,
Laur und Canda, um 1550/75, Manclort
Albrecht Altdorfer, Alexanderschlacht,
1529, München, Alte Pinakothek,
Historienbild auf Holz
Cimabue, Thronende Madonna, um 1280
Florenz, S. Trinita, Altarbild, Holz
Frans Hals, Mann mit Schlapphut,
um 1660/66, Kassel, Staatl.
Kunstsammlungen
Nicolas Poussin, Selbstbildnis, 1650
Paris, Louvre
Su Han-ch’ên, Dame am Frisiertisch, 1.
Hälfte 12. Jh.
Boston, Museum of Fine Art
Velàzquez, Die Spinnerinnen, 1650,
Madrid, Prado
Genrebild + Historeinbild auf Lwd.
Jean François Millet, Ährenleserinnen,
1857
Paris, Genrebild
J.B.S. Chardin, Stilleben mit Rauch- und
Trinkutensilien, um 1760/63
Paris, Louvre
Hubert Robert, Abbruch der Häuser auf
der Pont-au-Change, 1788, München,
Neue Pinakothek
Claude Monet, Die Kathedrale von
Rouen, 1894, Paris
Franz Marc, Die kleinen gelben Pferde,
1912
Stuttgart, Staatsgalerie
vor 835, Epernay, Buchmalerei
Govardhas, Fürst von Suler, Miniatur, um
1750 Allahabad
Eugène Delacroix, Clorinde befreit Olindo
und Sofronia, 1855/56, München,
Historienbild auf Lwd.
Velàzquez, Infant Philipp Prosper, 1659
Wien, Kunsthistorisches Museum, Portrait
auf Lwd.
Jan Vermeer van Delft, Mädchenbildnis,
1660/70
Den Haag, Mauritshuis
Jan van Eyck, Arnolfini-Hochzeit,
1434,London, National Gallery,
Portrait,Gedenkbild auf Holz
Jean-Honoré Fragonard, Das neue
Modell,
um 1768/70, Paris, Louvre
Honoré Daumier, Wäscherin, um 1863
Paris, Genrebild auf Lwd.
Peter Paul Rubens, Landschaft mit
Philemon und Baucis, um 1630/35
Wien, Kunsthistorisches Museum
Anonym, Winterlandschaft, 12./13. Jh.
Kyoto, Tuschmalerei auf Papier
Caspar David Friedrich, Einsamer Baum,
1823
Berlin
Picasso, Demoiselles d’Avignon, 1907
New York, Museum of Modern Art
Barnett Newmann, Who’s afraid of red,
yellow and blue III., 1966, Amsterdam,
Stedelijk Museum
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3. SKULPTUR UND PLASTIK
Während wir letzte Woche die Entfaltung von Zeichnung und Malerei auf Flächen
besprochen haben, geht es heute um körperhafte, tastbare Gebilde. Sie werden
Skulptur oder Plastik genannt. Das erste Wort kommt aus dem Lateinischen, von
sculptere schneiden, schnitzen und meint ein greifbares Gebilde, das entstanden ist
durch die Entfernung von Materie mit dem Meißel, Hohleisen, Schnitzmesser.
Dia Venus von Willendorf, Arme und Hände sind kaum spürbar, an der Schulter war
noch Material vorhanden, aus dem heraus der Oberarm geschlagen werden konnte,
über den Brüsten nicht mehr, darum Unterarm und Hände verkümmert. Der
Bedeutungsmaßstab, von dem ich das letztemal sprach, läßt sich somit auch
technologisch erklären, durch die „forza di levare“ , wie es Michelangelo nennt, die
Kraft des Wegnehmens.
Der Skulptor „findet“ sein Werk im Marmorblock, oder im Baumstamm oder im
Stoßzahn des Elefanten.
Ganz anders der Plastiker, das Wort von griechisch plazein=bilden, formen. Er baut
aus weichem, mit den Händen formbaren Material sein Werk auf.
(Dia Venus von Vestonice (Prestel S 12)die zweite Figur enstand im Gravettien
zwischen 25 000 und 18000 v.Chr.) Durch das plastische Formen einer feuchten
Tonerde, ohne Werkzeug wurde die weiche Masse zwischen Handflächen und
Fingern geformt. Bei ihr hätte man Arme hinzufügen können, ein Vorgang der bei
Skulptur im strengen Sinn unmöglich ist. Materialien, die sich für das plastische
Modellieren eignen, sind Ton, Wachs, Gips, aber auch Schnee, nasser Sand, Teig.
Alle diese Materialien bedürfen der Härtung damit sie stabil bleiben. Dies erreicht
man beim Ton durch Brennen, bei Gips durch Trocknung oder durch Ersatz des
Materials durch flüssige Metalle. Metallguß. Metallbildwerke sind immer Plastik, nie
Skulptur.
Durch ihren fühlbaren Körper eignen sich Skulpturen und Plastiken mehr zur
Verkörperung als gemalte oder gezeichnete Bilder. Sie spielen deshalb in Kult
(Kultbild + Kultbildverbot in Israel), Politik (Denkmal) und Totenkult (Grabmal) eine
besondere Rolle. Skulpturen und Plastiken können entweder materialsichtig sein:
das Holz, der Stein bildet in seiner Materialität die Oberfläche oder farbig behandelt.
Die Farbigkeit kann ein- oder mehrfarbig, monochrom oder polychrom angelegt sein.
Sie kann das Grundmaterial ganz verdecken; in diesem Fall sprechen wir von
monochromer oder polychromer Farbfassung. Oder sie kann nur Teile (Lippen,
Augen, Gewandpartien) akzentuieren; das nennen wir dann eine Teilfassung. Nicht
zu verwechseln mit der Fassung ist der Anstrich, ein laienhaftes Wort für eine nicht
kunstgerechte farbige Behandlung.
Skulpturen, die Teil von Gebäuden sind, nennen wir Bauplastik. Die Auszeichnung
vor allem von Portalen und Altären durch Werke des Bildhauers, in der Regel in
Stein, gehört zu den ältesten Aufgaben der Skulptur auf der ganzen Welt. Sie deutet
die Funktion des Gebäudes, bereitet den Besucher vor, auf den Gottesdienst oder
die Audienz beim König.
Wie überall gibt es Grenzüberschreitungen. Der Schutzengel von Ignaz Günther ist
zwar ein Werk der Holzskulptur. Aber er wurde nicht in einem Baumstamm gefunden,
sondern greift mit seinen Armen und Flügeln weit über den Umfang eines
gewachsenen Holzes hinaus. Hier sind die einzelnen Teile aus Holz geschnitzt und
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zusammengesetzt, die Gesamtform aber über die Bildhauerzeichnung und das
plastische Modell (Ton oder Wachs) entwickelt.
Elemente des Plastischen sind: Groß/klein; Vor/zurück; Konvex/Konkav(=
Wölbung/Mulde); Licht/Schatten; Rauh/Glatt; Hart/weich; Kante/Kurve; Schwer/leicht;
Dazu die farbigen Wirkungen als Materialfarbe: Marmor weiß, rot, grün; Holz von
Ahorn über Kirsche bis Nuß; Gold, Silber, Bronze etc. auch Materialkombinationen
oder Farbfassung.
Wir nehmen Plastik mit den Augen wahr, verbinden diese optische Wahrnehmung
aber mit Gefühlen, Tasterlebnissen, die wir als kleine Kinder hatten, als wir sehen
und gehen lernten.
Rinder an der Tränke, Felsgravierung,
5./4. Jahrtausend v. Chr.
Terarart b. Djanet, Süd/Ost-Algerien
Sog. Venus von Willendorf, 23000 v.
Chr.
Wien, Kunsthistorisches Museum
Abu Simbel, Felstempel Ramses II.,
Ansicht von Osten, 19. Dynastie, 12901224 v. Chr.
Chartres, Skulpturen, um 1145
Steinzaun des Stūpa von Bharhut,
125-75 v. Chr., Kalkutta
Gero-Kruzifix, um 970
Kölner Dom
Venus von Wisternitz, um 23000 v. Chr.
Brünn
Krieger, attisch, Ende 8./Anfang 7. Jh. v.
Chr.
Heute Athen, Akropolismuseum
Poseidon , um 460/450 v. Chr. (Detail)
Athen
Ludwig von Schwanthaler, Bavaria,
1837/48
München, Theresienhöhe, Bronzeguß,
Denkmal
Fritz König, Flora, 1970, Bronzeguß
Mehrere Fassungen, u.a.
Weihenstephan
Schreiberfigur aus Saqqâra, 5. Dynastie,
ca. 2400 v. Chr.,Steinskulptur mit
Farbfassung,Grabmal, Kairo
Melkszene, Sarkophag der Prinzessin
Kawit
11. Dynastie, ca. 2040 v. Chr. Steinrelief
aus Dêr el-Bahari, heute Kairo
Nike, eine Sandale lösend, ehem. An der
Balustrade des Niketempels auf der
Akropolis,,410/400 v. Chr.
heute Athen, Akropolismuseum
Chartres, West-Portal (Portal Royal), 12.
Jh.
Naumburg, Stifterfiguren Ekkehard und
Uta
um 1250
Giovanni Bologna, Der Apennin, um 1580
Florenz, Villa Pratolino-Demidoff
Aitu Bale???
Kruzifix, um 1300
Therr, Krs. Bergheim
Franz Anton Bustelli, 18. Jh.
Nymphenburger Porzellan
Poseidon , um 460/450 v. Chr.
Athen, Bronzeguß, Kultbild
Afrikanischer Kopf,
Benin, Bronzeguß, Denkmal,
München, Museum für Völkerkunde
Frédéric Auguste Bartholdi,
Freiheitsstatue, 1871/84
New York, Kupfertreibarbeit, Denkmal
Fritz König, Mahnmal der BRD in
Mauthausen, 1982,
Eisen (Cortenstahl)
Fritz König, Mahnmal der BRD in
Mauthausen, 1982 (Detail)
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Muttergottes mit Kind, um 1200
Rom, Holzfigur mit farbiger Fassung,
Altar
Niki de Saint Phalle, Schwarze Nana,
1968/69, Polyester, Köln
Madonna, um 1300; Steinskulptur mit
Farbfassung, Bauplastik am Chorpfeiler
des Kölner Domes
Franz Ignaz Günther, SchutzengelGruppe, 1763
München, Bürgersaalkirche, Holzskulptur
mit Farbfassung
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4. BAUEN UND BAUKUNST
Damit ist ein Unterschied angedeutet. Wir sprechen vom Fuchsbau und meinen
damit eine Erdhöhle mit verschiedenen Ausgängen; der Bau des Bibers ist eine
Holzkonstruktion im Wasser, deren Zugänge unterhalb der Wasseroberfläche liegen,
die Nester vieler Vögel sind Geflechte aus Fasern, Federn und Haaren, die
Schwalben aber auch die Termiten bauen mit Erde, Holzmehl und Körperflüssigkeit
zementharte Gebilde. Dies alles ist Bau, kann aber nach Immanuel Kant nicht Kunst
sein, weil Freiheit und Vernunft fehlt. Leider gibt es auch viele von Menschen
errichtete Bauten, denen Freiheit und Vernunft fehlt. Dies gilt für einen Großteil
unserer Gewerbebauten, für die Mehrzahl unserer Wohnsiedlungen, aber es gibt
eben auch Bauten, die durch ihre Erscheinung die tiefsten Interessen des Menschen,
die umfassendsten Wahrheiten des Geistes aussprechen. Diese Baukunst
bezeichnen wir mit dem griechischen Wort als Architektur von Arche der Anfang und
Tektein Fügen Zimmern. Wir beginnen diese Annäherung an die Weltarchitektur, wie
immer mit den Materialien und dann mit den Zwecken und Formen.
Holzbau
Im 17. und 18. Jahrhundert wurde in Westeuropa darüber debattiert ob die ersten
Menschen in einer Hütte oder in einer Höhle gewohnt haben. Höhle und Hütte
verhalten sich wie Skulptur und Plastik, das eine wird gehöhlt aus Erde und Fels, das
andere gefügt aus Holz, Rinden und Blättern. Von der Höhle kann man den
Mauerbau ableiten und das Gewölbe, von der Hütte den Skelettbau, das Dach und
die Säulen. Holz ist wie Sie wissen ein organischer Werkstoff, der in zahlreichen
Pflanzen durch Verhärtung der Zellwände, das sogenannte Dendrin, entsteht. Für die
Zwecke des Bauens kommt in erster Linie das Holz von Baumstämmen in Frage. Es
wird als runder Stamm, als Rundling, verwendet, als gebeilter oder gesägter Balken,
als Bohle, Brett oder Brettchen auch Schindel genannt. Das Holz von Sträuchern
und Ästen reicht nur zum Bau von Zäunen und Verhauen. Allen Hölzern gemeinsam
ist, daß sie auf Druck und Zug gleichmäßig belastbar sind und daß sie durch Wasser
und Feuer gleichermaßen gefährdet sind. Dabei gibt es zwischen den einzelnen
Hölzern große Unterschiede in Gewicht und Festigkeit. In unseren Breiten liefert die
Eiche das härteste, beständigste Holz. Es wird deshalb für Bauteile, die stark
beansprucht werden, z.B. Dachbalken und Türschwellen verwendet. Das weicheste
unserer Hölzer liefert die Fichte, ihr Holz wird deshalb vor allem im Innenausbau und
wenn man sparen muß, verwendet. Alle Holzarten sind hygroskopisch. Sie nehmen
Feuchtigkeit aus der Luft auf und geben sie bei Trockenheit wieder ab, dabei ändern
sie ihr Volumen. Darum muß Holz so verarbeitet werden, daß es Spielräume zum
Arbeiten hat. Nur unter Einsatz von Hitze und Chemie kann man seit 100 Jahren aus
Holzteilen Werkstücke von beliebiger Größe fertigen, die ihr Volumen nicht mehr
ändern, Sperrholz, Spanplatte, Leimbinder und anderes. Bis dahin hatte jede
Holzarchitektur ihre Maßstäblichkeit durch die Länge und Breite der zur Verfügung
stehenden Baumstämme. Beispiele
12
Steinbau, Mauer, Gewölbe, Turm, Bauplastik, Farbigkeit
Hölzer werden zu Gebinden gefügt, Steine zu Mauern auf einander geschichtet. Die
ursprünglichste Bauform verwendet die Steine, so wie man sie findet, in
verschiedenen Größen und Formen, dann sprechen wir vom Feldsteinbau. Weil
Steine verschiedener Form und Größe nicht fest aufeinander gelegt werden können,
müssen Feldsteinmauern sehr dick sein. Sie sind eher geformte Steinhaufen. Wenn
Steine zu Würfelformen behauen werden, kann man sie mit ebenen Flächen
aufeinander legen. Diese behauenen Steine werden aus Steinbrüchen möglichst in
der Nähe der Baustelle gebrochen, heute mit Dynamit früher mit quellenden Hölzern.
Zum behauen verwendet man heute Werkzeuge aus Stahl, früher aus härteren
Steinen. Mit Obsidian kann man z.B. Kalkstein behauen. Die zu Würfelform
behauenen Steine werden auch Quader genannt. Quadermauern brauchen eine
geringere Grundfläche als Feldsteinmauern. Ihre Glätte leitet Wasser schneller ab
und erschwert das Besteigen. Darüber hinaus wirkt die Quadermauer in ihrer
regelmäßig gefugten Glätte künstlich; sie setzt sich als Bauwerk in der Natur
gegenüber Fels und Hügel ab. Die Stabilität der Mauer ist in erster Linie durch ihr
Gewicht verbürgt. Bei hohen und mehrgeschoßigen Bauwerken wird dies zum
Problem. Im Prinzip kann man nur senkrecht mauern, eben Stein auf Stein legen.
Wenn ein Gebäude eine waagrechte Decke erhalten soll, muß man zu Holz (später
zu Stahl) greifen, das große Spannweiten überbrücken kann. Vor 4000 Jahren wurde
im alten Iran eine Mauertechnik entwickelt, die Steine in Kreisbogen vermauert, das
sogenannte Gewölbe. Es taucht zum erstenmal im Grabbau auf. Es hält weil alle
Steine zu gleich fallen wollen und sich gegenseitig behindern. Das Gewölbe ist ein
Bild des Himmels, den alle Menschen auf Grund seiner Farbverschiebung vom
Zenith zum Horizont und wegen der scheinbar kreisförmigen Bahn der Gestirne als
gewölbt empfinden. Sprachgeschichtlich geht das lateinische Wort für Himmel
caelum, celo, ciel auf ein indogermanisches Wort für Höhle zurück. Die Menschen
fühlen sich unterhalb des Himmels in einer Höhle geborgen. Das deutsche Wort
Himmel geht auf das indogermanische Wort hem zurück, das wir im Hemd noch
haben. Hem heißt bedecken. Der Himmel bedeckt die Erde. Ein Bild davon ist das
Gewölbe, das eine bedeckende Höhle für den Menschen ausbildet. Im Gegensatz zu
Holzdecken sind Gewölbe feuerfest. Weil die Steine im Gewölbebogen verkeilt sind,
üben sie einen Druck nach den Seiten aus, den man entweder durch die
Mauerstärke, Auflager oder Stützen auffangen muß. Die Statik eines Gewölbes zu
berechnen, ist seit Isaac Newton möglich und seit dem 19. Jahrhundert üblich. Alle
älteren Gewölbe wurden aus dem geschulten Gefühl, der Erfahrung der Baumeister
und Steinmetzen für die Belastbarkeit ihrer Verbindungen errichtet.
Steine können auch zu höheren Gebilden als es Häuser sind aufgeschichtet werden.
Dann entsteht der Turm. Türme können neben Gebäuden stehen, wie das Minarett in
Samarra oder in Gebäude einbezogen werden wie am Kölner Dom oder der
Wallfahrtsmoschee in Qum im Iran. Türme haben vielfältige Funktionen: sie dienen
der Aussicht, zum Gebetsruf, oder zum Aufhängen von Glocken. Seit der Erfindung
von Aufzügen dienen sie auch zum Übereinanderstapeln von Büroräumen. Nach
Größe und Zahl weisen sie aber in der Regel über diese Funktionen hinaus, als
optisches Signal im Städtebau, als Hinweis auf Macht und Ziele des Bauherrn.
13
Backsteinbau
Vom Bau aus im Steinbruch aus Felswänden gebrochenen Steinen unterscheiden
wir den Bau aus gebackenen Steinen. Bestimmte lehmige Bodensorten eignen sich
dafür mit Wasser zu einem Brei angerührt, geformt und dann gebrannt zu werden.
Dabei werden sie so hart wie die meisten Natursteinsorten. Um Gewicht zu sparen,
das Volumen und die Wärmeisolierung zu erhöhen, werden seit dem 20. Jahrhundert
Backsteine auch hohl gebrannt. Ältere Backsteine sind immer massiv. In Afrika,
Asien und Amerika hat man Lehmziegel auch ohne Brand, nur luftgetrocknet,
verbaut. Diese Lehmarchitektur kann in trockenen Klimazonen auch einige
Generationen überleben.
Im 19. Jahrhundert wurden neue Baumaterialien entwickelt, Gußeisen, Glas und
Beton, die neue Bauformen hervorbrachten. Eisen ist wie Holz auf Zug belastbar,
formbar und verbindet ein geringes Volumen mit großer Festigkeit, aber steter
Gefährdung durch Korrosion. Beton erlaubt glatte, wasserabweisende Flächen und
Kurvierungen, die über das in Backstein mögliche hinausgehen.
Holzverbindungen
London, Haus am High Holborn, 16. Jh.
Straßburg, Kammerzellsches Haus, 1589 Miltenberg a./Main, Marktplatz mit
Rathaus, um 1500
Kizi (Karelien), Dach der Kirche Christi
Borgund, Stabkirche, um 1150
Verklärung, 1714
Nanzenji, Garten der Abtwohnung,
Yokohama, Rinshunkaku, im ParkSankeiAnfang 17. Jh.
en, um 1600
Katsura, Kaiserliche Villa, Goten,
Innenräume, 1620/53
Enan (Mallaha), Emeq Hula, Israel, Abri
Stonehenge bei Salisbury Wilts, um 2000
62,
v. Chr.
um 9000 v. Chr.
El Tajin, Veracruz, Mexiko, sog.
Giza, Pyramidenfeld, 4. Dynastie, 2540Nischenpyramide Tajin V (klass.
2450 v. Chr.
Periode), 6. Jh. n.Chr.
Dachformen
Gewölbeformen
Athen, Akropolis, Parthenon, 447-438/32 Bhājā, Mahārāstra, Caitya und
v. Chr.
Klosterhöhlen, Ende 2. Jh. v. Chr.
Baia, sog. Merkurtempel, 1. Viertel 1. Jh. Jerusalem, Felsendom
N. Chr.
Bhuvanesvar, Orissa, Lingaraja-Tempel, Filippo Brunelleschi, Dom, Florenz, um
um 1000
1434
Damaskus, Tekke der Sultane
Dom, Florenz (Detail)
Süleymans und Selim II., begonnen 1554
Chartres, Notre Dame, Westfassade,
Jakob Prandtauer, Benediktinerstift Melk,
1134-nach 1194
1701-1738
SOM, John Hancock Center, Chicago,
Stift Melk
1965/70
Rom, Kolosseum, flavisches
Rom, Kolosseum, flavisches
Amphitheater, 80 n. Chr.
Amphitheater, 80 n. Chr.
Rom, Pantheon, 118-128 n. Chr.
Istanbul, Hagia Sophia, um 535/560
Lübeck, Holstentor von Hinrich
Tangermünde, Rathaus von Hinrich
Helmstede, 1466-78
Brunsberg, um 1430
Athen, Akropolis, Parthenon, 447-438/32 Monreale, Dom, 1174-1189
14
v. Chr.
Vaux-le-Vicomte bei Melun, André Le
Nostre, 1653/60
Jacques Schader, Kantonsschule
Freundenberg, Zürich, 1956/60
J.J.P. Oud, Siedlung Kiefhoek, Rotterdam
Jorn Utzon, Opernhaus Sydney, 1957/73
15
5. MITTELALTER
Der Begriff Mittelalter stammt aus der Neuzeit, aus einer Zeit, die sich überlegen
dünkte und gleichrangig an die Kultur des Altertums anschließen wollte. Den
Zeitgraben, der sie vom Altertum trennte, nannten die Intellektuellen der Neuzeit
Mittelalter. Auf Westeuropa bezogen kann man die Jahre 500-1500 als Grenzen
angeben:
500 Völkerwanderungszeit
Franken besetzen das nördliche Gallien, werden Christen, Dynastie der Merowinger.
In Italien herrschen die Goten (Theoderich), dann die Langobarden, in Deutschland
bilden sich die Stammesherzogtümer der Schwaben, Franken, Thüringer, Sachsen,
Baiern. In England wandern Angeln und Sachsen ein. In Spanien herrschen die
Westgoten bis 711 dann die Omajaden, langsame christliche Rückeroberung von
Norden her. Die Slawen siedeln in Polen, Böhmen, auf dem Balkan. Aus Osten fallen
die Hunnen ein,(5.Jh.) später die Awaren (7.Jh.) schließlich die Ungarn, die seit 955
im Donauraum ( Dacien) seßhaft werden, aus Norden die Normannen (Wikinger), die
seit 900 in der Normandie seßhaft werden und von dort aus England, Sizilien und
Unteritalien erobern und den russischen Staat gründen (Kiewer Rus).
Christianisierung Europas, Ausbau von Bischofssitzen, Klöstern und Pfarreien.
Klöster sind die wesentlichen Träger einer lateinischen Schriftkultur. Die Klosterregel
des hl. Benedikt von Nursia (+ 547) führt zur Heiligung der Arbeit, erzwingt
Organisation des Zusammenlebens und der Architektur. Sie wird von Kaiser Karl für
alle Klöster im Reich vorgeschrieben: Musterplan von St. Gallen.
800 Karolingische Renaissance
Römische Kultur als Vorbild im ganzen Reich Karl des Großen. Aus der
karolingischen Minuskel entsteht unsere heutige Schrift. Angeregt durch politische
und kirchliche Strukturen entstehen Kunstlandschaften um Klöster, Bischofssitze und
Städte, die nicht mit heutigen Grenzen übereinstimmen. Zwischen Klöstern und
Bischofssitzen reger Austausch über große Entfernungen.Die Kunst, die wir im
heutigen Italien finden, ist römisch, lombardisch, toskanisch, sizilianisch. Die Kunst
im Raum von Maas, Mosel, Schelde und der Rheinmündung, wäre nach heutigen
Maßstäben belgisch, deutsch, französisch, niederländisch: Ihre Hauptwerke heute in
Lüttich, Köln und Klosterneuburg bei Wien. Auch der Bodenseeraum bildete mit dem
Oberrhein eine Kunstlandschaft von St.Gallen über die Reichenau, Konstanz, Basel,
Colmar, Freiburg bis Straßburg.
Kirchen erhalten Türme, in der Regel wird das System der frühchristlichen Basilika
mit drei Schiffen beibehalten, aber die Proportionen ändern sich, sie werden höher
und enger, viele Altäre in stark differenzierten Teilräumen: Chören, Schiffen,
Emporen. Wandmalerei fast nicht mehr erhalten, Buchmalerei und Elfenbeinreliefs
übermitteln heute am besten karolingische Kunst.
900 Ottonische Kultur
Frankreich und England von Normannen verwüstet, Deutschland von Ungarn. Verfall
und Neubeginn. Vergeistigung des Menschenbildes. (Nieder-)Sachsen wird zum
Kulturraum, Beziehung zu Ostrom (Magdeburg, Hildesheim, Naumburg) Buchmalerei
der Reichenau.
1000 Romanische Kunst
16
Dome in Speyer, Worms, Mainz, Im Kirchenbau, dreischiffige Basiliken mit
Wandmalerei und bemalten Holzdecken, setzt sich um 1100 die Wölbung
(Tonne/Kuppel) durch. Bauskulptur an Portalen und Kapitellen, seit 1000 vor allem
auf der Pilgerstraße nach Santiago de Compostela, Galizien, Asturien, Kastilien,
Katalonien, Provence;
Kirchen sind Gottesburgen mit starken Mauern (Massenbau). Wandmalerei.
Feudalisierung der europäischen Gesellschaft: Adel, Ritter, Wappen, Minnedienst,
Kreuzzüge und Wallfahrten verbinden die europäischen Länder untereinander in
regem Austausch aber auch mit der islamischen Welt.
In der gregorianischen Reform und im Investiturstreit treten Kirche und Staat
auseinander, Unterscheidung von Religion und Politik (nur in Westeuropa). In der seit
1054 getrennten Ostkirche wird Kaiser zum Kirchenherrn, in Rußland bis 1917,
ähnlich Kalif, Herrscher aller Gläubigen.
1200 Gotische Kunst
In der Ile de France entsteht aus normannischen, burgundischen und
provenzalischen Vorbildern die gotische Kirchenkunst mit Kreuzrippengewölbe über
Spitzbogen und Strebepfeilern im Wettbewerb der Klöster und Bischofskirchen in und
um Paris, St. Denis, Reims, Laon, Chartres, Amiens. Sie wird zum Vorbild für ganz
Westeuropa von Schottland bis Böhmen und Kastilien. Kirchen stellen das
Himmelreich dar, so leicht und licht wie möglich. Die Wände durch Pfeiler und
Fenster ersetzt (Gliederbau): Glasmalerei, das farbige Licht erzählt von Gott und den
Heiligen. Zisterzienser verbreiten Gotik und landwirtschaftliche Techniken (Weinbau
etc.) über Europa. Systematisierung von Architektur und Bildung (Scholastik),
arbeitsteilige Gesellschaft.
Städte lösen Klöster als Kulturträger ab. Bettelorden (Franziskaner, Dominikaner)
betreiben Stadtseelsorge durch Predigt. Kunst wird zum differenzierten Gewerbe.
In Rom, Florenz und Venedig setzt sich die Gotik nur oberflächlich durch:
Erneuerung der Wandmalerei (Cavallini, Giotto) und der narrativen Reliefkunst
(Pisano).
1347 Spätgotische Kunst
(Der Pest fällt ein Drittel der Bevölkerung Europas zum Opfer.) Die religiöse
Bewegung der Mystik führt zu Individualisierung, Emotionalisierung und
Vergeistigung. Hallenkirchen mit Netzgewölben. Kunst und Luxus werden zu Mitteln
fürstlicher Politik (Burgund und konkurrierende Höfe).
1400 Internationaler, Schöner Stil in ganz Europa, dann wieder landschaftliche
Differenzierung.
In Florenz Frührenaissance: Brunelleschi (A) Alberti (A+T) Donatello (B)
Masaccio(M). Linearperspektive (das Ferne wird klein, die Welt in ihren Maßen
berechenbar). In Florenz wird das Wort Gotik=Barbarisch geprägt.
In Flandern Farbperspektive (das Ferne wird blau), Oberflächenrealismus in der
Malerei (van Eyck, Rogier van der Weyden). Das Altarbild wird zur führenden
Kunstaufgabe. Aufkommen von Portraits.
In Deutschland große Schreinaltäre Multscher, Pacher, Riemenschneider,
Leinberger, Veit Stoß. Druck von Bildern seit 1400, von Büchern seit 1445.
Karte: Völkerwanderung
Karte: St. Galler Klosterplan, um 800, St.
Gallen Klosterbibliothek (Umzeichnung)
17
Aachen „Münster“, um 800, Oktogon (von
S/W), 798 im Rohbau vollendet, 805
geweiht
Book of Kells, Gefangennahme Christi,
Ende 8. Jh., Dublin, Trinity College
Library
Evangeliar des Erzbischofs Ebo, der
Evangelist Matthäus, Hautvillers (Reims),
vor 835, Epernay Bibliothèque Municipal
Antiphonar von St. Peter, Hl. Drei Könige
und Taufe, Salzburg um 1160, Wien,
Österreichische National Bibliothek
Aachen „Münster“ mit Kreuzgang,
Grundriß
Prager Meister, Sechstagewerk, sog.
Korczek-Bibel, um 1405, Wien ÖNB
Codex Aureus von St. Emmeram,
Zierseite, Hofschule Karls des Kahlen,
870, München, Bayer. Staatsbibl.
Codex Aureus Epternacensis, Illustration
zum Matthäus Evangelium, Echternach
um 1030, Nürnberg, Germanisches
National Museum
Meister der Katharina von Kleve, Hll.
Evangelistar des Speyrer Doms, Traum
Kornelius und Cyprian, Stundenbuch
und Heimreise der Hl. drei Könige,
Katharinas von Kleve, 1435/45, New
Mittelrhein um 1197, Karlsruhe, Badische
York, Pierpont Morgan Library
Landesbibliothek
Meister des Königs René,
Meister der Maria von Burgund,
Sonnenaufgang am Glücksbrunnen, Livre Kreuzigung Christi, Gebetbuch der Maria
du Coeur d’amour épris von René
von Burgund, 1477-1482, Wien ÖNB
d’Anjou, um 1465, Wien ÖNB
Lorsch, Torhalle, Ansicht von West, 774
Reichenau, Oberzell, St. Georg, Blick von
Ost, 890-896 (?) oder um 1000
Caen, St-Etienne, Südwand des
Caen, St.-Etienne, Ansicht von West, um
Mittelschiffs, Blick von Nordwest, um
1065-1081
1065-1081
Maursmünster (Marmoutier), ehem.
Speyer, Dom, Ansicht von Ost, um
Abteikirche, Westfassade, Mitte 12. Jh.
1030/61 und um 1080-1106
Périgueux, Kathedrale, nach 1120
Worms, Dom, 11. Jh. Und um 1200
Santiago de Compostela, Kathedrale,
Avila, Nordflanke der Stadmauer, Ansicht
Südfassade des Querhauses, um 1100von Südwest, um 1090-1101
1128
León, San Isidoro, Pantéon de los Reyes, Santo Domingo de Silos, Kreuzgang,
Blick von Südost, 1054/67
Nordflügel, Ende 11. Jh.
Fassade von St. Trophime in Arles, um
1170
Chartres, West-Portal (Portal Royal), 12. Chartres, West-Portal (Portal Royal), 12.
Jh.
Jh, Mitte. Majestas Domini und Apostel
Vézelay, Ste.-Madeleine, Blick von West, Vézelay, Ste.-Madeleine, Hauptportal
um 1120-1150
zwischen Vorkirche und Mittelschiff, um
1130
Lucca, S. Michele in Foro, Ansicht von
Florenz, Baptisterium S. Giovanni, um
West, 1143-Anfang des 13. Jh.
1060-1150
Prophetenfenster David und Hosea,
Lesepult, Süddeutsch, Mitte des 12. Jh.,
Süddeutsch, 1. Drittel 12. Jh., Augsburg
Freudenstadt, Evang. Stadtkirche
Hoher Dom
Chartres Kathedrale Notre-Dame,
Saint-Denis, ehem. Abteikirche,
Westfassade, 1134 – nach 1194
Chorumgang, Südseite, 1141-44
Chartres Kathedrale Notre-Dame, Aufriß Zeichnung: Gotisches Gewölbe
und Querschnitt, 12. und 13. Jh.
Chartres Kathedrale Notre-Dame,
Chartres Kathedrale Notre-Dame,
18
Strebepfeiler am Langhaus, 1134 – nach
1194
Grundrisse gotischer Kathedrale:
Chartres (1194), Reims (1211), Amiens
(1220)
Chartres, Außenansicht
Paris, Kathedrale Notre-Dame,
Westfassade, um 1200- um 1245
Paris, Kathedrale Notre-Dame, Blick von
West, um 11630- um 1225
Amiens, Kathedrale Notre-Dame,
Mittelschiff-Südwand, Blick von Nordost,
1220-1233/36
Stift Heiligenkreuz im Wienerwald, 12.
Jh., Luftbild
Kloster Eberbach
Wells, Somerset, Kathedrale, geweiht
1239
Köln, Dom St. Peter und Maria, Ansicht
von Ost, begonnen 1248
Naumburg, Dom St. Peter und Paul,
Portal des Westlettners, um 1250
Naumburg, Dom St. Peter und Paul,
Westchor, Stifterfiguren Ekkehard und
Uta, um 1250
Straßburg, Münster Unserer Lieben Frau,
Westbau, 1277-1439
Giotto, Verkündigung an die Hl. Anna,
Padua, Arena-Kapelle, um 1304/05
Ulrich von Ensingen und Johannes Hültz:
Münster in Straßburg, Nordturm,
vollendet 1439
Masaccio: Schattenheilung, Fresko,
Florenz, S. Maria del Carmine, um 1428
Rogier van der Weyden, Bildnis einer
jungen Frau, um 1455/60, London,
National Gallery
Wirkteppich aus der Folge „Dame mit
Einhorn“, Brüssel, um 1480/90, Paris
Musée de Cluny
Christus-Johannes-Gruppe,
Oberschwaben, um 1330, Berlin, SMPK
Mittelschiff am Langhaus, 1134 – nach
1194
Chartres Kathedrale Notre-Dame,
Strebebögen, 1134 – nach 1194
Zeichnung: Gotische Kathedrale, Schnitt
Paris, Kathedrale Notre-Dame,
Außenansicht, 12./13. Jh.
Reims, Kathedrale Notre-Dame, Blick von
West, 1211-um 1300
Stift Heiligenkreuz im Wienerwald,
Klosteranlage
Stift Heiligenkreuz im Wienerwald,
Klosteranlage
Salisbury, Wiltshire, Kathedrale, Ansicht
von Südwest, begonnen 1120
Cambridge, King’s College Chapel, Blick
von West, 1446-1515
Paris, Sainte-Chapelle, Oberkirche, Blick
von West, 1243/48
Triumphkreuz, Halberstadt Dom St.
Stephan, um 1220
Bamberger Reiter am Georgenchor,
Bamberg, Dom St. Peter, um 1225/37
Freiburg i. Br., Münster Unserer Lieben
Frau, Westturm und Helm, nach 1301
Florenz, S. Croce, Blick von West, beg.
1294/95
Duccio, Die Passion Christi, Ausschnitt
aus Maestas-Altar, 1308/11 urspr. im
Dom S. Maria in Siena, heute Siena,
Museo dell’Opera
Filippo Brunelleschi, S. Maria del Fiore,
Florenz, Ansicht von Südost, vollendet
1434 (bis zur Laterne)
Jan van Eyck, Arnolfinihochzeit, 1434,
London, National Gallery
Rogier van der Weyden, Jüngstes
Gericht, vor 1450, Beaune, Hôtel-Dieu
Jehan Josès, Lesepult, Dinant, um 1370,
Tongeren
Bernt Notke, Hl. Georg, Stockholm
Storkyrka, geweiht 1489
19
Nürnberg, Schöner Brunnen und
Frauenkirche, Ansicht von Südwest nach
1349
Hans Leinberger, Maria mit Kind, um
1515, St. Martin, Landshut
Lorenz Helmschmied, Harnisch Herzog
Sigmund von Tirol, Augsburg um
1470/80, Wien KHM
6. RENAISSANCE
1500 Renaissance Wiedergeburt der antiken römischen Kultur ist das Ziel der
italienischen und deutschen Humanisten. Rom löst Florenz als Kunstzentrum ab.
Hier wirken Raffael (+1520) und Michelangelo (+ 1564).
Die Hochrenaissance endet mit dem Tod Raffaels, länger war das klassische
Gleichgewicht von Farbe und Zeichnung, Ruhe und Bewegung, Antike und
Christentum nicht durchzuhalten; danach wird es interessantkompliziert: Ausfahrende Bewegung, unruhiger Stand, zugespitzte Charaktere,
schrille Farbigkeit. Die Künstler wollen sich unterscheiden, übertreffen, ihre
Handschrift (ital. Maniera) betonen: Manierismus.
Wichtigstes Bauwerk des neuen Stils ist der Petersdom in Rom, begonnen von
Bramante 1506, fortgeführt von Raffael, Sangallo, Michelangelo, Giacomo della
Porta, vollendet von Carlo Maderno 1614. Neben Florenz und Rom sind Zentren der
manieristischen Kunst Mantua und Fontainebleau. Im Veneto, zwischen Verona und
Venedig entsteht eine eigene Stilrichtung der Architektur (Theater, Kirchen, Villen) im
Werk der Architekten Sanmicheli und Andrea Palladio (1508-80) mit großem Einfluß
auf die englische und amerikanische Architektur.
In Venedig wirken die Maler Tizian 1477-1576, Paolo Veronese 1528-1588 und
Tintoretto 1518-1594, deren farbenprächtigen Werke(Öl auf Leinwand) in ganz
Europa verbreitet wurden.
In Deutschland wird der Bau von Schlössern (Heidelberg, Aschaffenburg) und
Rathäusern (Augsburg, Paderborn) zur künstlerisch führenden Bauaufgabe, da der
Kirchenbau wegen der Reformation zurücktritt: Ausnahme die Jesuitenkirche St.
Michael in München 1583-97, die neue Maßstäbe in der mittelalterlichen Stadt setzt.
20
7. BAROCK
1600 BAROCK In Deutschland setzt sich der Barock erst nach dem Ende des
Dreißigjährigen Krieges 1648 durch, da ist er in Rom schon beinahe zu Ende. Die
Franzosen nannten diese Epoche (Ludwig XIV.,Versailles) Style classique. Erst seit
kurzem geben sie zu, daß ihr style classique eine nationale Variante einer
europäischen Barockkultur ist, die von Sevilla bis St.Petersburg, von Irland bis
Ungarn reicht. Aber diese Kultur ist nicht einheitlich, sie unterscheidet sich nach
Konfessionen und Landschaften oft in dichter Gemengelage: Antwerpen Katholisch,
Peter Paul Rubens 1577-1640; Amsterdam, reformiert Rembrandt1606-1669.
Bamberg, Würzburg katholisch; Bayreuth, Ansbach evangelisch. Frankreich
(bedeutendster Maler Nicolas Poussin 1593-1665), Spanien( bedeutendster Maler
Diego Velazquez 1599-1660), Italien (bedeutendster Bildhauer Gian Lorenzo Bernini
1598-1680) bleiben katholisch.
In Freising wird der romanische Dom 1624-29 zum erstenmal barockisiert, einheitlich
stuckiert und der Hochaltar mit dem Bild von Peter Paul Rubens aufgerichtet, der
zum Vorbild für hunderte von Kirchen in Bayern wurde. 1724 erhält der Dom durch
den Maler Cosmas Damian Asam und den Bildhauer Egid Quirin Asam zur 1000
Jahrfeier ein neues Festkleid aus Malerei und Stuck. Die Asams arbeiten zwischen
der Schweiz, Mannheim, Prag und Schlesien im ganzen Süden des katholischen
Deutschland, zur selben Zeit wie J.S.Bach in Leipzig. Führende Bauaufgabe ist das
fürstliche Schloß, das mit geometrischer Gartenkunst ins Gelände ausgreift, in
katholischen Ländern das Kloster mit symmmetrischer Anlage um die mittige Kirche
(Escorial, Weingarten, Einsiedeln, Ottobeuren)
1740 Rokoko Nach einem asymmetrischen felsenförmigen Ornament (Rocaille)
benannte Stilvariante des Barock in einigen Kunstlandschaften: Sizilien, Altbayern,
Mainfranken, Oberrhein, Potsdam, Venedig. Hauptwerk die Wallfahrtskirche Wies,
erbaut von Dominikus Zimmermann 1746-54. Stukkatorenarchitektur.
1770 Klassizismus Rückkehr zu klassischen Formen, Raffael als Vorbild der
Malerei, römische Architektur mit Säulen und Kuppeln wird dank Napoleons Style
Empire zum Staatsstil von Washington bis Moskau.
André Le Nostre, Vaux-le-Vicomte bei
Idealplan des Stifts Göttweig, 18. Jh.
Melun, 1653/60
Michelangelo, Erschaffung Adams, 1511, Paul Troger, Apotheose Karls VI., Fresko,
Sixtina, Vatikan
Stift Göttweig, 1739
Velàzquez, Die Spinnerinnen, 1650,
Madrid, Prado
21
8. 19. JAHRHUNDERT
Der Klassizismus kann auch als erste Form des Historismus verstanden werden:
Für die dank der technisch-industriellen Revolution notwendigen neuen
Bauaufgaben: Verkehrsbauwerke, Fabriken, Verwaltungszentren,
Ausstellungsgebäude sucht man historische Bauformen, mit denen man die neuen
Zwecke und Techniken verbergen, vermitteln kann. Innerhalb des Historismus
unterscheidet man Neugotik, Neuromanik, Neubarock, die nacheinander und seit
1870 auch nebeneinander auftreten. Dem entsprechend müßte man den
Klassizismus dann als Neuantik bezeichnen, aber das ist nicht üblich.
Der Historismus bleibt in der Architektur für das ganze 19. Jahrhundert maßgebend,
im Kirchenbau auch noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In Malerei und
Skulptur treten mehrere Stile auf und lösen sich ab:
Romantik Der Maler Caspar David Friedrich 1774-1840 macht die
Landschaftsmalerei zur führenden Gattung und zum Spiegel der menschlichen
Seele. In Frankreich hält Eugene Delacroix 1798-1863 am Historienbild fest und malt
auch zeitgenössische Szenen (Barrikadenkämpfe) als großes Figurentheater,
entdeckt den farbigen Reiz des Orients. In England beobachtet William Turner 17751851 in seinen Landschaftsbildern wechselnde Lichtstimmungen, Nebel, schildert
den Kampf von Licht und Dunkel.
Realismus Gustave Courbet 1819-1877 wandte sich der Beobachtung und
malerischen Dokumentation von Realität zu, begründet den Realismus mit großer
Wirkung auf Adolph Menzel 1815-1905, Wilhelm Leibl und die nächste Generation.
Gleichzeitig entsteht in Ausflugsorten südlich von Paris (Barbizon) die Freiluftmalerei:
Millet, Corot, Daubigny
Francisco Goya, Wasserträgerin
William Turner, Bergsee in Morgennebel,
um 1830, London, British Museum
Francisco Goya, Die Erschießung der
Aufständischen
Caspar David Friedrich, Kreuz an der
Ostsee, um 1808, Köln, Wallraf-Richartz
Museum
Claude Monet, St. Germain l´Auxerrois
Eduard Schleich, Ammersee
Eduard Manet, Monet in der Barke, 1874
Eduard Manet, Bar in Folies Bergers
Eduard Manet, Frühstück
Paul Cezanne,(1839-1906)
Bahndurchstich
Vincent van Gogh,(1853-1890) Maler auf
dem Weg zur Arbeit
Paul Cezanne, Stilleben
Vincent van Gogh, Kornfeld, 1890
22
9. 20. JAHRHUNDERT
Impressionismus
In den 60 er Jahren bildete sich in Paris eine Gruppe von jungen Malern: Edouard
Manet, Claude Monet, Camille Pissaro, Paul Cezanne u.a. deren Werke als
„impressionistisch“ beschimpft wurden, weil sie keine klaren Konturen haben, welche
die Farbflächen von einander abgrenzen, sondern einem flüchtigen Augeneindruck
(Impression) entsprechen.
Im 20. Jahrhundert wird die westeuropäische Kunst zur Weltkunst; sie nimmt
Anregungen vom japanischen Holzschnitt, der afrikanischen Skulptur, der
russischen Kunst auf und wird dank der wirtschaftlichen und technischen
Kommunikation (Radio, Telefon, Eisenbahn, Schiffahrtslinien, später Fernsehen und
Flugverbindungen) auf der ganzen Welt verbreitet und als Vorbild empfunden. Dies
ändert sich in den dreißiger Jahren, als die russische und die deutsche Kunst durch
staatliche Verbote und Gebote gelenkt, aus der Kommunikation der Moderne
ausscheiden und in dem seit 1950 New York Paris als Kunstzentrum ablöst.
Die moderne Kunst entstand um 1910 in Paris (Kubismus: Pablo Picasso, Georges
Braque, Henri Matisse),
Dresden (Künstlergruppe Brücke: Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Max
Pechstein, Emil Nolde),
München (Künstlergruppe Der Blaue Reiter: Franz Marc, Wassili Kandinsky, Alexei
Jawlensky, Paul Klee)
Amsterdam (Künstlergruppe De Stijl: Piet Mondrian, Georges Vantongerloo, Theo
van Doesburg)
St.Petersburg Kasimir Malewitsch (Suprematismus)
Die Revolution der modernen Kunst ist zeitgleich (und für das Gesicht der Welt auch
gleich wichtig) mit Atomphysik, Quantenlehre, Relativitätstheorie und Psychoanalyse.
Sie löst sich vom Primat der Nachahmung, „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder,
sondern macht sichtbar“(Paul Klee). Sie behandelt Farben und Formen frei als Mittel
des Ausdrucks und der seelischen Wirkung, wie die Musiker (schon seit 1700) frei
mit Tönen, Klängen und Rhythmen umgehen, ohne Naturlaute nach zu ahmen.
Die Architektur des 20. Jahrhunderts entwickelt als beherrschende Baustoffe Beton
und Glas, seit 1960 zunehmend auch Kunststoffe wie Plexiglas und Glasfiber. Neue
Bauaufgabe ist seit der Erfindung des Personenaufzugs 1880 das Hochhaus
(zunächst mit Säulen und Giebeln historisch verkleidet), sowie Verkehrsbauten und
Sportstadien. Die Abkehr vom Bauen in historischen Formen vollzog am radikalsten
das Bauhaus, eine Hochschule für Gestaltung, gegründet 1918 in Weimar von Walter
Gropius, später in Dessau und Berlin angesiedelt, 1933 von der
nationalsozialistischen Regierung aufgelöst. Die führenden Lehrer, vor allem
Architekten (Mies van der Rohe) und Maler (Kandinsky, Klee, Albers) gingen in die
Emigration, und verbreiteten die Ideen des Bauhauses weltweit. In den 50er Jahren
kehrte ihr Stil als internationale Moderne nach Deutschland zurück, seit 1975 von der
sogenannten Postmoderne, die viele Architekten heute noch als Schimpfwort
betrachten, abgelöst.
In Malerei und Skulptur treten mehrere Stilrichtungen neben und nach einander auf:
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Jugendstil (Symbolismus) Dekorativer Stil der Jahrhundertwende mit pflanzlichen
Formen, in der Malerei vielfach religiöse, esoterische Themen und Symbole
Kubismus, erfunden 1906 von Picasso und Braque, Malerei ist Farbe auf Fläche
und kein Fenster zum Raum, deshalb Verzicht auf Perspektive, Montage
verschiedener Ansichten eines Gegenstandes nebeneinander.
Expressionismus, kritische Bezeichnung für eine Kunst, die den Ausdruck
seelischer Zustände sucht und deshalb als subjektiv abgelehnt wurde. Pathos von
Schrei und Gebärde. Begründet von der Künstlergruppe Die Brücke 1905, Zentrum
im Berlin der 20 er Jahre.
Abstraktion, begründet 1912 in München von Künstlergruppe Der Blaue Reiter, kurz
darauf in Amsterdam und St. Petersburg, Verzicht auf die Abbildung von
Gegenständen und Personen, reine Farbigkeit, reine Fläche, bzw. reine
stereometrische Formen in der Plastik, in Weihenstephan, Stelen von Fritz König,
Ernst Herrman u.a.
Surrealismus, begründet 1918 in Zürich, dann in Paris, eng mit Literatur (A.Breton)
und Psychoanalyse verbundene Bewegung, die „Überwirklichkeit“ in Traumbildern
und Projektionen des Unbewußten sucht, Maler und Bildhauer Max Ernst (18911976)
Neue Sachlichkeit, Gegenbewegung gegen Abstraktion und Expressionismus, seit
1923, z.T. sozial engagiert, Grosz, C.Schad, Otto Dix, z.T. konservativ bis
faschistisch
Sozialistischer Realismus, von den kommunistischen Parteien verordnete
Kunstdoktrin in den Ländern des Ostblocks, in der Sowjet Union seit Stalin, im
übrigen Osteuropa und in China seit 1950, z. T. von hoher malerischer Qualität z.B.
W.Sitte.
Pop art, knallig, volkstümliche Kunstrichtung in England seit 1953 R.Hamilton,
später auch in USA Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Tom Wesselman, bezieht
Reklame, Warenwelt und Comic in einem teils heiteren, teils kritischen und sehr
erfolgreichen Ansatz ein.
Op art, Kunstrichtung, die Seh-vorgänge, die Wahrnehmung von Hell-Dunkel, sich
kreuzenden und überlagenden Linien sowie Farbflächen thematisiert, Hauptvertreter
Reginald Neil, Viktor Vasarely, etwas später und parallel zur Pop art, vor allem in 70
er Jahren
Minimalismus, künstlerische Reaktion auf Pop und Op, äußerste Reduktion der
plastischen Formen ohne jeden erzählenden oder deutenden Zusammenhang,
Hauptvertreter Donald Judd, Carl Andre
Am Ende des 20. Jahrhunderts wurde die Weltkunst zum erstenmal in allen
Domänen stark von Künstlerinnen geprägt.
Neben Baukunst, Malerei, Zeichnung, Plastik entstanden im 20. Jahrhundert als
neue Kunstgattungen: Photographie, Film, Video, Installation, Happening, Lichtkunst,
Kinetik, Land art
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Photographie wird als Portrait von Menschen, sozialen Zuständen, oder als
abstrakte Kunst betrieben. Seit 1980 gibt es große (3x4 m) Leuchtkästen mit
Farbdiapositiven vor allem von Jeff Wall.
Ob der Film zur darstellenden Kunst, dem Theater, oder zur bildenden Kunst zu
zählen ist? Er erzeugt Bilder nach den Regeln des Bildermachens und des Theaters
und wirkt auf beide zurück. Er produziert Werke seichtester Unterhaltung und von
höchstem künstlerischen Anspruch und wirkt auf Malerei, Mode und Architektur.
Happening ist eine Mischform aus Theater und Bildender Kunst und Musik: mit
vorgefundenen oder vom Künstler gestalteten Formen z.B. Yves Klein: ein
Streichquartett spielt, dazu wälzen sich zwei nackte Frauen in blauer Farbe und auf
Leinwand. Die Abdrücke kommen ins Museum. Wichtige Happening-Künstler in
Deutschland waren Wolf Vostell und Josef Beuys. Vor allem in den 70er Jahren. Die
Künstlerin Gloria Friedmann nennt heute ihre „Happenings“ „Lebende Bilder“.
Lichtkunst wird mit weißen oder farbigen Scheinwerfern oder Leuchtstoffröhren oder
Leuchtdioden von Künstlern wie Dan Flavin, Keith Sonnier(MUC), Mischa Kuball seit
den 70 er Jahren als flächige, raumbezogene oder städtebauliche Arbeit betrieben.
Installation nannte Dan Flavin 1967 seine Lichtraumarbeiten. Heute werden mit dem
Begriff künstlerische Arbeiten bezeichnet, die Räume umfassen und nicht nur aus
vom Künstler gestalteten Werken sondern auch aus vorgefundenen und künstlerisch
verfremdeten Gegenständen (Badewanne, Bahre, Bett usw.) bestehen. Auch die
Überreste eines Happenings können, wenn sie im räumlichen Zusammenhang
bleiben oder wieder versetzt werden, zur Installation erklärt werden, z.B. Joseph
Beuys (1921-86). Sie können sozialkritisch aktuelle Themen aufgreifen, aber sich
auch zeitlos mit Körpergefühl, Wahrnehmung und psychischen Wirkungen
auseinandersetzen. Installationen dominieren seit 1990 neben den Videoarbeiten
den internationalen Kunstbetrieb.
Video wurde als Kunstform von Nam June Paik 1963 erfunden, in dem er
Fernsehbilder künstlerisch manipulierte. Seither entwickelte sich Video zu einer der
wichtigsten Kunstgattungen, zuerst mit Videokameras und Schwarzweißmonitoren
(oft viele neben und über einander: Videoskulpturen), heute oft mit hochauflösenden
Farbbeamern, die ganze Räume (black boxes) allseitig erfassen. Besonders
Künstlerinnen arbeiten mit Video: Ulrike Rosenbach, Pippilotti Rist, Sam TaylorWood, Sherin Neshat unter den Videokünstlern sind Bruce Naumann und Bill Viola
zur Zeit am bekanntesten.
Kinetik, das Kunstwerk oder seine Teile bewegen sich, sei es im Mobile durch
Luftbewegung, Alexander Calder, sei es durch Motoren, wie bei Grävenitz und
J.Tinguely, Vorläufer Laszlo Moholy-Nagy seit 1920, dann vor allem in 60 er Jahren.
Land art, künstlerische Eingriffe in die Landschaft seit 1968, in USA oft von riesigen
Ausmaßen Michael Heizer, Walter de Maria, in England zart und vergänglich Richard
Long. Beispiel in Weihenstephan Albert Weis, der Hochschulanger südlich der
Mensa.
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Pablo Picasso, Demoiselles d’Avignon,
1907, New York, MOMA
Wassily Kandinsky (1866-1944),
Romantische Landschaft, 1911
Raymond Mathewson Hood, Daily News
Building, New York 1930
Franz Marc, Die kleinen gelben Pferde,
1912, Stuttgart,
Franz Marc, Tirol 1914
Paul Klee, Reicher Hafen, 1938
Alexeij Jawlensky, Spanierin, 1913
Kasimir Malewitsch, Blaues Rechteck
über purpurfarbenem Balken, 1916,
Amsterdam, Stedelijk Museum
Bartholdy/Eiffel, Freiheitsstatue
Auguste Rodin, H. Balzac
Theo van Doesburg, Kontra-Komposition
mit Dissonanzen, Nr. 16, 1925, Den
Haag, Gemeentehuis
SOM Chicago 1965
Pablo Picasso, Absinthglas 1914
Jacques Schader, Kantonsschule,
Freundenberg ZH 1965
William Le Baron Jenney,
Versicherungsgebäude, Chicago, 1883
Gerrits Rietveld Rot-Blau Stuhl, 1918
John Utzon, Oper in Sydney, 1957
Michelangelo Pistoletto, Comizio, 1965
Dan Flavin, Primary Picture, 1964
Bruce Naumann
James Turell
Barnett Newman, Who’s afraid of Red,
Yellow and Blue III., 1966, Amsterdam,
Stedelijk Museum
Dan Flavin: Primary Picture, 1964, Paris,
Galerie Sonnabend
Niki de Saint Phalle, Schwarze Nana,
1968/69, Köln, Sammlung Ludwig
Umberto Boccioni, Dynanismus eines
Fußballspielers, 1913, New York, MOMA
Michelangelo Pistoletto, Comizio Nr. 2,
1965, Köln, Museum Ludwig
Smitson, Spiral Jetty
Fritz König, Votiv 59 und Flora II, 1970
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