Pressemitteilung NMI 15/2012 Reutlingen, den 18. Dezember 2012 NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität Tübingen Markwiesenstraße 55 72770 Reutlingen, Germany Telefon +49 7121 51530-0 Telefax +49 7121 51530-16 www.nmi.de Stiftung bürgerlichen Rechts Stiftungsbehörde Regierungspräsidium Tübingen, Az. 0563-16 RT Institutsleiter: Prof. Dr. Hugo Hämmerle USt-IdNr: DE146484816 StemBANCC startet – Multinationales Großprojekt ausgestattet mit 55,6 Mill. Euro Nobelpreistechnologie für eine verbesserte Medikamentenentwicklung Noch in diesem Jahr startet StemBANCC – ein ambitioniertes, internationales Forschungsprojekt unter Beteiligung von 25 akademischen Partnern und 11 Partnern der Pharmaindustrie aus ganz Europa. Ausgestattet mit einem Budget von insgesamt 55,6 Millionen Euro hat StemBANCC die Entwicklung neuer Therapieansätze für Alzheimer, Parkinson, Diabetes und andere wichtige Volkskrankheiten zum Ziel. Dabei setzt das auf 5 Jahre angelegte Projekt auf Erkenntnisse aus der Stammzellenforschung für eine verbesserte Wirkstoffforschung und wird eine Plattform mit insgesamt 1500 pluripotenten Stammzelllinien, sogenannten iPS (induzierte pluripotente Stammzellen), aufbauen. Für die iPS-Technologie wurde dieses Jahr der Nobelpreis in Medizin verliehen. Das NMI bringt bei StemBANCC seine Expertise im Bereich Elektrophysiologie ein. Unter Leitung von Prof. Dr. Elke Guenther, Leiterin des Fachbereichs Zellbiologie am NMI, übernimmt ihr Forscherteam die Charakterisierung der Funktionsfähigkeit der Stammzellen und deren pharmakologische Validierung. Die Entwicklung effektiver und sicherer Medikamente ist ein schwieriger und äußerst aufwändiger Prozess. Auf dem Weg zur Zulassung scheitern viele Medikamente erst spät, da die ersten Studien und Tests die Bedingungen im menschlichen Körper nur unzureichend abbilden. Zum Teil werden tierische Zellen zur Prüfung herangezogen, zum Teil werden menschliche Zellen verwendet, die für ihren Einsatz in Zellkulturen derartig verändert werden müssen, dass sie ihr natürliches Verhalten verlieren. Beide Wege sind wenig effektiv und brauchen viel Zeit. Für eine verbesserte Medikamentenentwicklung werden daher Zellen benötigt, die die Bedingungen im menschlichen Körper exakter imitieren. Hier setzt StemBANCC an. PG05F018 Seite 2 Pressemiteilung NMI 15/2012, 18.12.2012 Nobelpreistechnologie iPS-Zellen Vorläuferzellen von Funktionszellen können nur in Zellen des gleichen Typs differenziert werden – so können beispielsweise aus Vorläuferzellen von Hautzellen nur andere Hautzellen oder aus Blutzellen nur andere Blutzellen gewonnen werden. Nur embryonale Stammzellen sind pluripotent, d.h. sie sind in der Lage, sich in jegliche Zellen des menschlichen Körpers zu entwickeln. Vor einigen Jahren haben Forscher jedoch einen Weg gefunden, gewöhnliche Vorläuferzellen in sogenannte iPS (induzierte pluripotente Stammzellen) zu reprogrammieren. iPS können wie embryonale Stammzellen in alle Zelltypen differenzieren. Das medizinische Potenzial solcher Zellen ist enorm und soll im Rahmen von StemBANCC für eine verbesserte Wirkstoffforschung genutzt werden. Für die Entwicklung der ersten iPS erhielten John Gurdon und Shinya Yamanaka 2012 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Aufbau einer einzigartigen iPS-Plattform Herzstück von StemBANCC ist der Aufbau einer Plattform mit 1500 iPS von 500 Patienten. Verbunden mit einer umfassenden Charakterisierung und Qualitätsprüfung der Zellen wird die Plattform die Grundlage für die Entwicklung neuer Therapieansätze bilden. Für das Projekt werden Haut- und Blutzellen verwendet, die von Patienten mit bekannten Krankheiten oder bekannter Medikamentenunverträglichkeit aber auch von gesunden Menschen gespendet werden. Bei der Auswahl werden strenge ethische Standards eingehalten. Im Fokus der Forschungen bei StemBANCC stehen Störungen im peripheren und im zentralen Nervensystem sowie Neurodysfunctional-Krankheiten (wie z.B. Parkinson, Migräne, Schizophrenie, Depression) und Diabetes. Gleichzeitig wird StemBANCC die iPS für toxikologische Prüfungen nutzen. Vorgesehen ist hierfür die Entwicklung von Leber-, Herz-, Nerven- und Nieren-Zellen aus den iPS. StemBANCC soll damit einen einzigartigen Pool speziell auf Patienten angepasster, gut charakterisierter iPS-Zellen generieren. Das schafft die Voraussetzung für die Entwicklung neuer Therapieansätze für bisher unheilbare Krankheiten und die verbesserte Prüfung neuer Medikamente auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit. Die Innovative Medicines Initiative Die Innovative Medicines Initiative (imi) ist Europas größte öffentlich-private Initiative für die Förderung pharmazeutischer Innovationen unter Beteiligung der Europäischen Union und EFPIA. Bei IMI arbeiten Unternehmen aus Industrie und Forschung zusammen, um die schnellere Entdeckung und Entwicklung besserer und sicherer Medikamente für Patienten voranzutreiben sowie die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von europäischen Produkten zu unterstützen. Schwerpunkte der Initiative liegen auf der Sicherheit der Produkte, der Förderung junger Forscher und dem Ausbau des internationalen Wissensnetzwerks. www.imi.europa.eu NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität Tübingen Das NMI betreibt anwendungsorientierte Forschung an der Schnittstelle von Bio- und Materialwissenschaften. Es verfügt über breite, interdisziplinäre Kompetenzen in Seite 3 Pressemiteilung NMI 15/2012, 18.12.2012 Geschäftsfeldern Pharma / Biotechnologie, Biomedizintechnik und Oberflächen- / Grenzflächentechnologie. Seit seiner Gründung im Jahr 1985 hat sich das NMI, eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts, zu einer soliden Brücke zwischen Grundlagenforschung und Wirtschaft entwickelt. Im Geschäftsbereich Pharma und Biotechnologie unterstützt das NMI die Entwicklung neuer Medikamente. In der Biomedizintechnik geht es um Zukunftstechnologien wie die Regenerative Medizin und Mikromedizin für neue diagnostische und therapeutische Ansätze. www.nmi.de Mikroelektroden-Array (MEA) Myozyten auf miniaturisierten Elektroden mit denen elektrische Ströme von einzelnen Zellen abgeleitet werden können. Bei Herzzellen lassen sich EKG-ähnliche Signale in der Petrischale ableiten. Pressekontakt NMI Dr. Nadja Gugeler Öffentlichkeitsarbeit Tel.: 07121 51530 842 E-Mail: [email protected] Das Forschungsprojekt wird unter der Zuwendungsvereinbarung GA Nr.115439 durch die Innovative Medicines Initiative (imi) unterstützt und im Rahmen des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms (FP7/2007-2013) finanziell gefördert. Gleichzeitig unterstützen die Unternehmen von EFPIA das Projekt.