46. „„Keine Angst vor Angst!?“

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Kernthesen zu den Vorträgen von Dr. Udo Baer
bei den Remscheider Gesprächen am 14.3.2013
Gesichter und Qualitäten der Angst
Ängste machen wie alle Gefühle Sinn. Sie regulieren spontanes Verhalten und soziale
Begegnungen und sind wichtig, um uns Menschen zu schützen. Therapeutisch und
klinisch relevant sind Ängste, wenn sie sich von diesem Sinnhaften lösen und
Menschen unter ihnen leiden.
Dabei sind vor allem folgende Qualitäten von Ängsten wichtig:
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Reaktive Ängste: Trauma. Traumatische Erfahrungen werden als existenzielle
Bedrohung erlebt und können tiefe Ängste hervorrufen, die durch Trigger
reanimiert werden können.
Ängste können auch als Reaktion darauf entstehen, dass ungelebtes Leben,
das leben will, aber nicht kann, eine Chance bekommt, lebendig zu werden.
Delegierte Ängste sind Ängste, die von Eltern oder Großeltern an die nächste
Generation delegiert werden. Anhaltspunkt dafür können „Ängste ohne
Grund“ sein.
Gefühle können „umgetauscht“ werden – in beider Richtungen. Ängste
können auftreten, wenn z. B. Trauer oder Schuldgefühle nicht lebbar sind.
Wenn andererseits Angstgefühle „zu viel“ und nicht lebbar werden, kann das
„Gefühl der Gefühllosigkeit“ an ihre Stelle treten (siehe: Von einem, der
auszog, das Fürchten zu lernen)
Wenn Ängste vor Veränderungen auftreten, können diese in der
Verunsicherung wurzeln: Wer bin ich, dass ich Erfolg haben kann?
Existenzielle Ängste betreffen die körperliche bzw. seelische Existenz. Sie
unterscheiden sich von Alltagsängsten und bedürfen einer anderen Hilfe.
Ängste würdigen und wandeln – Wege des Umgangs mit der Angst
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Der erste Weg der Hilfe besteht darin, zwischen den Ängsten zu
differenzieren.
Damit verbunden ist das Bemühen, Ängste zu konkretisieren: Wovor genau
haben Sie Angst? Was befürchten Sie konkret? Auch wenn das Konkretisieren
nicht immer gelingt: Je konkreter die Angst, desto eher sind Hilfen möglich.
Angst und „eng“ haben den gleichen Wortstamm. Angst macht eng und starr.
Bewegung macht auch seelisch beweglich und hilft gegen Angst.
Menschen leben in den vier Ebenen: geistig, emotional, körperlich und sozial.
Wenn wie bei starken Ängsten der Fokus auf der emotionalen Ebene liegt,
dann kann es sinnvoll sein, die Ebene zu wechseln. Nicht als Ablenkung,
sondern als Möglichkeit, Starre und Spannung zu lösen, um sich dann wieder
den Ängsten zuzuwenden.
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Menschen mit Suchterkrankungen brauchen Hilfe bei dem Leben in der
Balance zwischen Gefühl und Kontrolle. Sie brauchen Kontrolle, um nicht
rückfällig zu werden, und sie brauchen Kontakt mit ihren Gefühlen, weil die
Überforderung im emotional-sozialen Bereich oft eine Quelle des
Suchtverhaltens war.
Wenn Übergänge zu positiven Lebensveränderungen nicht gelingen, dann ist
es sinnvoll, sich mit früheren Übergängen zu beschäftigen. Dann wird häufig
Trauer lebendig, die bearbeitet werden sollte.
Hilfreich beim Umgang mit Ängsten ist das Aktive Symbolisieren (z. B.
Angstfresser).
Bei existenziellen Ängsten ist die Arbeit mit dem „inneren Kern“ (oder andere
Bezeichnungen) notwendig: Was ist mein innerer Kern? Wie sieht er aus und
was braucht er?
Literaturhinweise:
Baer: Kreative Leibtherapie. Das Lehrbuch (zum therapeutischen Ansatz)
Baer: Gefühlssterne, Angstfresser, Verwandlungsbilder ... (zum Aktiven Symbolisieren)
Baer, Frick-Baer: Gefühlslandschaft Angst
Baer, Frick-Baer: Das ABC der Gefühle (zum „Umtauschen“ von Gefühlen und andere
Regeln der Grammatik der Gefühle)
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