Botschaft der Bischofskonferenz von Guatemala: Johannes Paul II

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Newsletter zur aktuellen Online-Ausgabe der „Weltkirche“
Nr.3(2005)
www.weltkirche-online.de
Liebe Bezieher der weltkirche-online,
ganz herzlich dürfen wir Sie zur dritten Online-Ausgabe der „Weltkirche“ begrüßen. Neben den
Dokumenten zu kirchlichen Positionen in den politischen Entwicklungen in Äthiopien und Togo,
wollen wir Ihnen einen Einblick in die Wahrnehmung des Pontifikats Papst Johannes Paul II. in
Afrika, Asien und Lateinamerika verschaffen. Aus den Philippinen, aus Südafrika und Guatemala
haben wir kompakte Darstellungen der Bedeutung des letzten Pontifikats für die Entwicklung der
Ortskirchen gewählt. Die Aussagen der Dokumente beziehen sich teilweise auf ganze Kontinente.
Um diese wichtige Entwicklungsperiode der Weltkirche besser sichtbar werden zu lassen, fügen
wir mehrer graphische Darstellungen statistischer Zahlen hinzu, die Sie auf unserer Homepage
anschauen können.
Wir bedanken uns für Ihr Interesse an weltkirchlichen Themen und wünschen Ihnen weiter
interessante Lektüre.
Wenn Sie weltkirche-online lesenswert finden, freuen wir uns über Ihre Empfehlung.
Die Redaktion
Inhaltsverzeichnis
Botschaft der katholischen Bischöfe Äthiopiens anlässlich der dritten Wahlen in Äthiopien.
22.04.2005
Die Erklärung der katholischen Bischöfe Äthiopiens diskutiert keine Einzelfragen, sondern hebt
die Bedeutung der Wahlbeteiligung hervor. Die Bischöfe betonen mit Nachdruck, dass die
Kandidaten zwei Ziele vor Augen haben müssen: das Gemeinwohl der Nation und ihre Einheit.
Keine innenpolitischen Debatten dürfen den klaren Blick auf diese zwei Ziele verwischen.
Seite 5-8
Konferenz der Kirchen Gesamtafrikas (CETA/AACC): Appell der Kirchen Afrikas zur
Versöhnung in Togo
05.05.2005
Die Vertreter der christlichen Religionsgemeinschaften Afrikas richten einen dringlichen Appell
sowohl an die Regierung als auch an die Opposition, die Interessen aller politischen
Gruppierungen in eine nationale Front der Einheit zu integrieren und es nicht soweit kommen zu
lassen, dass politische Konflikte mit Gewalt ausgetragen werden.
Seite 10-11
2
Erzbischof Orlando Quevedo: Das Vermächtnis Papst Johannes Pauls II. für Asien und die
Philippinen
26.04.2005
Entwickeln sich die so genannten Ortskirchen autonom, oder folgen sie den Richtlinien, die durch
die Römische Kurie vorgegeben werden? Die Reflexionen Erzbischofs Orlando B. Quevedo zur
Entwicklung der Kirche auf den Philippinen lassen die Frage als zu einfach erscheinen. Der Weg
der katholischen Kirche auf den Philippinen und in vielen Ländern Asiens fand eine Bestätigung
und Bestärkung in zahlreichen Schreiben Papst Johannes Paul II. und beansprucht dabei das Recht
auf Eigenständigkeit.
Seite 12-18
Südafrikanische Katholische Bischofskonferenz (SACBC): Die Bedeutung von Papst
Johannes Paul II. für Afrika
06.04.2005
Aus der Sicht der südafrikanischen Bischöfe sind die kulturellen Wurzeln der Afrikaner nicht
mehr in der Lage, die Gesellschaft mit tragenden Werten und Normen zu versorgen. Dennoch darf
das kulturelle Erbe nicht verworfen werden, weil es eine Humusschicht für die Verankerung des
Evangeliums darstellt. Die südafrikanischen Bischöfe sehen die Rolle der Kirche, wie sie durch
das Pontifikat Johannes Paul II. geprägt worden ist, als die einer moralischen Institution, die den
Afrikanern ihre Menschenwürde zurückgegeben hat und dafür Sorge trägt, dass ihre kulturelle
Identität nicht verachtet wird.
Seite 19-22
Botschaft der Bischofskonferenz von Guatemala: Johannes Paul II., unermüdlicher
Missionar, Schützer von Leben und Frieden
16.04.2005
Für die Guatemalteken wie für alle Katholiken Lateinamerikas bleibt Papst Johannes
Paul II. vor allem als authentischer Zeuge des Evangeliums und als reisender Papst in
Erinnerung. Drei Pastoralbesuche in Guatemala haben tiefe Spuren im Leben der
Gläubigen und der Kirche hinterlassen.
Seite 23-26
3
03/2005/1 Äthiopien
Einheit und Gemeinwohl: Wahlhirtenbrief der Bischöfe von Äthiopien
Die Behauptung, die Kolonialgeschichte hätte
negative Auswirkungen gehabt, trifft auf Äthiopien
nicht zu. Das Land hat die längste Tradition der
Unabhängigkeit unter den afrikanischen Ländern.
Mit Ausnahme einer fünfjährigen Besetzung durch
die italienischen Truppen von Mussolini war
Äthiopien niemals kolonisiert. Fast zwei Jahrzehnte,
zwischen 1974 und 1991 befand sich das Land unter
dem Einfluss der Sowjetunion und wurde von einer
marxistischen Junta unter der Führung von Mengistu
Haile Mariam regiert. Durch eine spektakuläre Dürre
und Hungerkatastrophen in den 70-er bis 90-er
Jahren (die letzte Hungerkatastrophe 2002) prägte sich das Land in das öffentliche Gedächtnis ein
als das Hunger- und Dürre-Gebiet schlechthin.
Die zweijährige kriegerische Auseinandersetzung mit Eritrea (1998-2000) um den Verlauf der
gemeinsamen Grenze kostete das Leben von über 70.000 Menschen und brachte das Land an den
Rand des Zusammenbruchs.
Äthiopien gehört heute zu den ärmsten Ländern der Welt. In einem traditionellen Agrarland, wo
über 80 Prozent der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft beschäftigt sind, ist die Wirtschaft
extrem von Niederschlägen abhängig. Fallen sie aus, dann herrscht Hungersnot.
Auf dem Index der menschlichen Entwicklung befindet sich Äthiopien auf einer der letzten
Stellen. Das durchschnittliche Jahreseinkommen pro Kopf beträgt 90 US-Dollar und die
Lebenserwartung liegt bei 45 Jahren.
Die erste Parlamentswahl mit mehreren politischen Parteien fand 1995 statt und brachte den Sieg
der sozialistisch orientierten Demokratischen Revolutionsfront des Volkes Äthiopiens (Ethiopian
People's Revolutionary Democratic Front, EPRDF) mit dem heutigen Ministerpräsidenten Meles
Zenawi an der Spitze. Heute stellt er sich für seine dritte Amtsperiode zur Wahl.
35 Parteien, die meisten als Mitglieder politischer Koalitionen, kämpfen um Mandate in der
Volksvertretung. Die Chancen der Opposition auf die Stärkung ihrer politischen Rolle scheinen
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gut zu sein, obwohl sie bei der vorletzten Wahl lediglich 16 der 547 Sitze erobern könnte. Bei der
Wahl am 15.Mai 2005 gelang es ihr mehr Wähler zu mobilisieren, dennoch bleibt die absolute
Mehrheit voraussichtlich weiter in den Händen der Regierungskoalition. Die Wahlbeteiligung lag
mit mehr als 90 Prozent ausgesprochen hoch. Inoffiziell hat sich die Regierungspartei EPRDF mit
Ministerpräsident Meles Zenawi an der Spitze zum Wahlsieger erklärt, was massive Proteste
hervorgerufen hat und Fälschungsvorwürfe laut werden ließ. Die Bekanntgabe des Ergebnisses
wurde auf den 8. Juli verschoben
Dennoch wäre nach Meinung der Beobachter (Gesellschaft für bedrohte Völker GfbV) der Sieg
der Protestbewegung nicht wünschenswert, da die Oppositionsparteien die Rückkehr zur alten
Vorherrschaft der wohlhabenden amharischen Bevölkerungsminderheit versprechen.
Die Themen der politischen Auseinandersetzung konzentrieren sich auf drei Probleme:
Bedingungen für eine friedliche Nachbarschaft mit Eritrea, Notwendigkeit der Privatisierung der
Landwirtschaft und die Garantie der demokratischen Rechte.
Die Staaten der Europäischen Union unterstützen den Prozess der Demokratisierung mit
symbolischen Gesten. Die Rückgabe des 1700-jährigen Obelisks von Aksum bedeutet für die
Äthiopier eine Rückbesinnung auf ihre Wurzeln, die Wiederbelebung des nationalen Stolzes.
Die erste Reise des neuen Bundespräsidenten Horst Köhler führte unter anderem nach Äthiopien.
Dort unterschrieb er den Vertrag über den Erlass von 63 Millionen Euro Schulden.
Die Erklärung der katholischen Bischöfe Äthiopiens diskutiert keine Einzelfragen, sondern hebt
die Bedeutung der Wahlbeteiligung hervor. Die Bischöfe betonen mit Nachdruck, dass die
Kandidaten zwei Ziele vor Augen haben müssen: das Gemeinwohl der Nation und ihre Einheit.
Keine innenpolitischen Debatten dürfen den klaren Blick auf diese zwei Ziele verwischen.
Dennoch betonen die katholischen Bischöfe die besondere Bedeutung allgemeingültiger Rechte,
wie Gewissensfreiheit, Recht auf Leben, Religionsfreiheit und Menschenrechte. Auf die zwischen
Regierung und Opposition umstrittene Problematik des Bodeneigentums gehen die Bischöfe mit
keinem Wort ein und vermeiden damit einen klaren Hinweis auf eine von ihnen bevorzugte
Wahlentscheidung.
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Botschaft der katholischen Bischöfe Äthiopiens anlässlich der dritten Wahlen
in Äthiopien
Die Kirche verbreitet die Werte des Evangeliums, die die Charta des Gottesreiches sind, in der
Überzeugung, dass jene Werte die Menschheit von innen her verändern und Frieden, Glück und
Harmonie unter den Völkern bringen. Die Kirche verfolgt kein anderes Ziel, als die treue Dienerin
des Reiches Gottes auf Erden zu sein.
Soziale Verantwortung der Christen
Jesus Christus vertraute der Kirche die Aufgabe an, der Menschheit die Frohe Botschaft zu
überbringen. Aber die Menschen, die in dieser Welt leben, sind nicht nur spirituelle Geschöpfe
und ihre Sorgen umfassen wirtschaftliche und soziale Aspekte, die nicht von ihrer spirituellen
Natur getrennt werden können. Das ist der Grund, warum das Zweite Vatikanische Konzil lehrte,
dass Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen unserer Zeit auch die Freude und
Hoffnung der Jünger Christi sind. Es gibt nichts, was die Christen von ihrer weltlichen und
sozialen Verantwortung entbinden könnte. „Die Erwartung der endgültigen Wiederkunft Christi
kann »niemals eine Entschuldigung dafür sein, sich nicht für die Menschen in ihrer konkreten
persönlichen Lage und ihrem gesellschaftlichen Leben zu interessieren, und dies auf nationaler
wie auf internationaler Ebene«, denn die irdischen Bedingtheiten beeinflussen den Pilgerweg des
Menschen zur Ewigkeit“ (Apostolisches Schreiben Ecclesia in Africa, Nr.139)
Die Kirche darf nicht mit einer politischen Partei oder einem politischen System gleichgesetzt
werden (vgl. Papst Johannes Paul II., Enzyklika Sollicitudo Rei Socialis, Nr. 48). Doch der Kirche
geht es auch um das Gemeinwohl und sie kann in solch einem wichtigen Augenblick nicht
schweigen und passiv bleiben. Die Kirche möchte alle ihre Gläubigen ebenso wie alle Männer
und Frauen guten Willens ermutigen, bei der bevorstehenden Wahl ihrer bürgerlichen
Verantwortung nachzukommen.
Papst Johannes Paul II. unterstrich in seiner Apostolischen Exhortation nach der
Sonderversammlung der Bischofssynode für Afrika (1) die Bedeutung der aktiven Teilnahme der
Christen am politischen Leben ihres Landes. Die Teilnahme am Gemeinschaftsleben ist nicht nur
eines der höchsten Ziele der Staatsbürger, die aufgerufen sind, ihre Rolle als Bürger frei und
verantwortlich mit anderen und für andere zu spielen (vgl. Pacem in Terris, Nr. 78), sondern sie
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ist auch eine der Säulen aller demokratischen Systeme. „Die katholische Kirche weiß das
demokratische System zu schätzen, insoweit es die Beteiligung der Staatsbürger an politischen
Entscheidungen sicherstellt, den Regierten die Möglichkeit garantiert, sowohl ihre Regierungen
zu wählen und zu kontrollieren als auch dort, wo es sich als notwendig erweist, sie auf friedliche
Weise zu ersetzen“ (Centesimus Annus, Nr. 46).
Christliche Werte und Normen
Anlässlich der bevorstehenden Wahlen in Äthiopien (2) möchten wir, die Oberhirten der
katholischen Kirche, unsere Gläubigen an einige Kriterien und ethischen Werte erinnern, und
zwar an die Freiheit des Gewissens, die Achtung vor dem menschlichen Leben, die Freiheit der
Religionsausübung und die Freiheit der Menschenrechte.
In diesem Zusammenhang möchten wir noch betonen, dass jeder Staatsbürger darauf achten
sollte, seine persönliche Entscheidung - vor jedem anderen Beweggrund – als Beitrag zum
Gemeinwohl der Nation zu verstehen. Die Wahlen sind nicht nur politische Wettkämpfe zwischen
verschiedenen politischen Parteien, sondern die Gelegenheit, jene Führungspersönlichkeiten zu
wählen, die man durch ihre Kompetenz und moralische Integrität für bessere Träger der sozialen
Förderung, der nationalen Einheit und des Gemeinwohls hält. An der politischen Front stößt der
mühsame Prozess, die nationale Einheit zu errichten, in Afrika im Allgemeinen und auch in
unserem Land auf besondere Probleme. Unterschiede miteinander in Einklang zu bringen,
ethnische Animositäten zu überwinden und in das internationale Leben integriert zu werden,
erfordert einen hohen Grad an Kompetenz in der Kunst zu regieren.
Deshalb beteten die 1994 zur Afrikanischen Synode in Rom versammelten Bischöfe inständig
zum Herrn, „dass in Afrika heiligmäßige Politiker - Männer und Frauen - erstehen mögen; dass es
heilige Staatsoberhäupter geben möge, die das eigene Volk bis zum äußersten lieben und lieber
dienen wollen als sich zu bedienen“ (Ecclesia in Africa, Nr. 111.).
„Aus diesem Grund hat die Synode zu Recht versichert, dass eine authentische Demokratie unter
Achtung des Pluralismus „einer der wichtigsten Wege ist, den Kirche und Volk gemeinsam
gehen. Der in den demokratischen Auseinandersetzungen im Geist des Evangeliums engagierte
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christliche Laie ist das Zeichen einer Kirche, die dazu da sein will, um in ganz Afrika einen
Rechtsstaat aufzubauen“ (Ecclesia in Africa, Nr. 112.).
Verpflichtung zur Stimmabgabe
Wenn man sich also der Stimme enthält, bedeutet das, seiner Verantwortung als Staatsbürger
nicht nachzukommen. Manche mögen versucht sein, solch eine Haltung politischer
Gleichgültigkeit und Apathie anzunehmen, weil sie skeptisch sind, was den Nutzen ihrer
individuellen Stimme angeht. Aber wenn eine Stimme wenig beitragen kann zu einem echten
Fortschritt des Landes, dann trägt eine Stimmenthaltung noch weniger dazu bei, und wenn diese
Enthaltung in irgendeiner Weise verallgemeinert wird, können sich die Folgen auf das endgültige
Ergebnis gravierend auswirken. Die Staatsbürger sollten sich der politischen Leitlinien bewusst
werden, die bei der Ausübung ihres Wahlrechts durch ihre Stimmabgabe ihre edlen menschlichen
Werte wie die Heiligkeit des Lebens vom Augenblick der Empfängnis an, die Einheit der Familie
etc. schützen.
Freie Wahl
Eine weitere Haltung, die absolut vermieden werden muss, besteht darin, politischen oder
wirtschaftlichen Zwängen nachzugeben, die auf die einzelne Person von anderen Personen oder
Institutionen ausgeübt werden, damit sie für einen bestimmten Kandidaten oder eine bestimmte
Partei ihre Stimme abgeben, eine Wahl, die letztendlich nicht wirklich frei genannt werden kann.
Die Gewissensfreiheit ist heilig und niemand sollte versuchen, die Freiheit einer anderen Person
zu verletzen, weder durch Geld noch durch Drohungen.
Wir ermutigen alle unsere politischen Führer, die mit der Organisation der bevorstehenden
Wahlen befasst sind, und in besonderer Weise die Mitglieder der Wahlkommissionen, ihr Bestes
zu tun, damit diese Wahlen ablaufen entsprechend der Rechtsstaatlichkeit und in
Übereinstimmung mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie dem Internationalen
Pakt über bürgerliche und politische Rechte (vgl. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Art.
21; Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, Art. 25.).
Verpflichtung dem Gemeinwohl gegenüber
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Wir wollen auch daran denken, dass eine Wahl in einer demokratischen Ordnung nur ein Prozess
ist, bei dem sich herausstellt, wen das Volk sich als seine Vertreter und seine Führer wünscht. Sie
ist kein Selbstzweck, und gerade deshalb sollten nach der Wahl alle, einschließlich aller
politischen Parteien, ob Gewinner oder Verlierer, als eine patriotische Front zusammenstehen und
miteinander für Fortschritt und Entwicklung arbeiten.
Wir ermutigen alle unsere Gläubigen, ihre politische Pflicht mit einem rechten Gewissen zu
erfüllen und dabei zuerst an das Gemeinwohl und die Einheit unseres Landes zu denken, anstatt
sich von bestimmten persönlichen Interessen bewegen zu lassen. Betet zu Gott, dass er unsere
Nation segne und sie in Einheit, Gerechtigkeit und Frieden erhalte.
Abune Berhaneyesus D. Souraphiel C.M.
Metropolitan-Erzbischof von Addis Abeba, Präsident der Versammlung der Bischöfe von
Äthiopien
Die Bischöfe von Äthiopien
22.04.2005
Quelle: CISA Nr.422b vom 22.04.05
Übersetzung aus dem Englischen
Anmerkungen der Redaktion:
1) Das Schlussdokument der Synode, die zwischen 10.April und 8.Mai 1994 abgehalten wurde,
trägt den Titel „Ecclesia in Africa“ (Kirche in Afrika) und ist am 14.09.1995 erschienen.
2) Die Wahl hat am 15.05.05 stattgefunden. Es war die dritte Parlamentswahl in der Geschichte
des Landes, bei der mehrere Parteien ihre Kandidaten aufstellen durften. Die Ergebnisse werden
vermutlich Anfang Juli bekannt.
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03/2005/2 Togo
Die Ökumenische Kirchenkonferenz (CETA/AACC) zur Situation in Togo
Nicht nur im Leben eines Menschen sind Wechselzeiten und Übergänge von Krisen begleitet.
Auch das Leben einer Nation ist in Zeiten gravierender politischer Veränderungen vielen
Gefahren ausgesetzt. Togo befindet sich in einer solchen Umbruchsphase. Nach dem Tod des
Präsidenten Gnassingbé Eyadéma, der durch einen Militärputsch an die Macht gelangte und das
Land 38 Jahre regierte, entstand ein Machtvakuum, das sein Sohn Faure Eyadéma dazu nutzte,
das Amt seines Vaters zu übernehmen. Da das politische System Togos keine Erb-Monarchie ist,
rief die putschähnliche Nachfolgeregelung einen heftigen Protest hervor.
Durch die Proteste der Oppositionsparteien, der katholischen Kirche und der internationalen
Gemeinschaft, die darauf folgten, beschloss das Parlament die Ausrufung einer neuen
Präsidentschaftswahl. Sie fand am 24. Februar 2005 statt und brachte, wie es zu erwarten war, den
Sieg des Faure Gnassingbé Eyadéma. Sowohl die Opposition als auch die katholische Kirche, und
allen voran die Kommission Justitita et Pax der togolesischen Bischofskonferenz bemängelten die
Vorbereitung und den Verlauf der Wahl und stellten massive Wahlmanipulationen fest. Die
Unregelmäßigkeiten wurden teilweise von den zum ersten Mal zugelassenen internationalen
Wahlbeobachtern bestätigt. Dennoch erging in Kürze die Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofes, die die Wahl als rechtsmäßig anerkannte. Natürlich muss jeder
politische Beobachter die Frage nach der Unabhängigkeit der staatlichen Institutionen bei einer
dermaßen zügigen und den Interessen des Machthabers dienenden Entscheidung stellen. Auch die
bisherige Regierungspraxis deutete darauf hin, dass der Machthaber sämtliche Institutionen des
Staates fest im Griff hat.
Dennoch wird der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes von einem renommierten
ökumenischen Gremium wie die Konferenz der Kirchen Gesamtafrikas (CETA/AACC) nicht in
Frage gestellt. Die Vertreter der christlichen Religionsgemeinschaften Afrikas richten einen
dringlichen Appell sowohl an die Regierung als auch an die Opposition, die Interessen aller
politischen Gruppierungen in eine nationale Front der Einheit zu integrieren und es nicht soweit
kommen zu lassen, dass politische Konflikte mit Gewalt ausgetragen werden. Nach Auffassung
der afrikanischen Kirchenkonferenz gehören nationale Einheit und Gewaltverzicht bei der
Durchsetzung politischer Ziele zu den obersten Geboten der Stunde. Als Begleitmaßnahme
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fordern die Kirchen die internationale Gemeinschaft dazu auf, den Flüchtlingen in den Lagern an
der Grenze zu Benin humanitäre Hilfe zukommen zu lassen.
Appell der Kirchen Afrikas zur Versöhnung in Togo
Erklärung der Konferenz der Kirchen Gesamtafrikas
Das Leben der Bürger schützen
Die Konferenz der Kirchen Gesamtafrikas (CETA) (1) richtet einen dringenden Appell an die
togolesischen Behörden, die Sicherheit aller togolesischen Staatsbürger zu garantieren. Die
Berichte, die wir aus Togo erhalten, bleiben weiterhin Besorgnis erregend: Mehr als Hundert
Personen sind angeblich bei den Tumulten getötet worden, während viele Menschen, darunter
Angehörige des Klerus, sich aufgrund von Drohungen gegen ihr Leben versteckt halten.
Wir fordern die regierende Partei und die Opposition dazu auf, unverzüglich nach neuen Mitteln
zu suchen, um ihre Differenzen durch den Dialog und nicht durch ein Gemetzel beizulegen. Wir
raten den Oppositionsparteien dringend, um das Volk von Togo zu schützen, den Dialog
anzuwenden als einen legitimen Weg, ihren Standpunkt und ihre Missbilligung zum Ausdruck zu
bringen.
Die CETA als Kirche Christi versucht, die Werte zu stärken, die den Fortbestand des Lebens
aufrechterhalten und den heiligen Charakter des menschlichen Lebens garantieren. Auf dieser
Grundlage verlangen wir von der Regierung und von der Opposition, sich bei der Suche nach
Lösungen für die Krise in Togo weiterhin um Gerechtigkeit und Gleichheit zu bemühen.
Regierung der nationalen Einheit
Angesichts der Differenzen und der politischen und ideologischen Vielschichtigkeiten des
Problems von Togo, müssten die Opposition und die Regierung sich zusammenschließen und über
die Vor- und Nachteile der Regierung einer nationalen Einheit sprechen. Am Beispiel von
Südafrika können wir sehen, dass Regierungen eines nationalen Zusammenschlusses überall nur
dann Erfolg haben konnten, wenn sie im Rahmen eines von allen akzeptierten Konsenses arbeiten,
bei dem nicht die Mehrheit der Minderheit ihren Willen aufzwingt. Es ist eine Herausforderung
für die Opposition und für die Partei an der Macht, zu einem Konsens zu gelangen – indem man
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jeder Partei einen gewissen Handlungsspielraum garantiert – zum Schutz der nationalen Einheit
und des Wohlergehens der Bürger.
Nun, da der Verfassungsgerichtshof die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl bestätigte, müsste es
für alle Parteien eine Priorität sein, den Dialog und die Eintracht unter dem togolesischen Volk zu
fördern, als das sicherste Mittel, das Land zum Normalzustand zurückzuführen, die
Menschenleben zu schützen und die kommenden Parlamentswahlen vorzubereiten.
Die Konferenz der Kirchen Gesamtafrikas mit ihren 174 auf dem ganzen Kontinent verteilten
Mitglieder-Kirchen ist solidarisch mit dem togolesischen Volk und der internationalen
Gemeinschaft bei ihrer Suche nach einem dauerhaften Frieden in einer demokratischen,
transparenten und verantwortungsbewussten Nation. Wir werden das togolesische Volk in dieser
Zeit der Herausforderungen für Togo weiterhin begleiten.
Appell an die internationale Gemeinschaft
Wir richten schließlich einen inständigen Appell an die internationale Gemeinschaft, Hunderten
von Vertriebenen in Togo selbst sowie Zigtausenden von Menschen, die sich derzeit in Lagern an
der Grenze zu Benin aufhalten, unverzüglich zu Hilfe zu kommen. Nach den Berichten der
Kirchen von Togo muss den Flüchtlingen, die Nahrung, Wasser, Unterkunft, Medikamente und
Sicherheit brauchen, sofort Hilfe geleistet werden. Nachdrücklich fordern wir die
Verantwortlichen der Afrikanischen Union, der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer
Staaten (ECOWAS) und der Vereinten Nationen (UNO) auf, Togo in dieser Zeit großer Not eine
ganz besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Pfarrer Mvume Dandala,
Generalsekretär der Konferenz der Kirchen Gesamtafrikas
Quelle: Zenit 15.05.05
Übersetzung aus dem Französischen
Anmerkungen der Redaktion:
(1) Die Konferenz der Kirchen Gesamtafrikas (Conférence des Églises de Toute l’Afrique CETA)
ist 1963 in Kampala (Uganda) als internationales ökumenisches Gremium gegründet worden.
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Bekannter ist sie unter der englischen Abkürzung AACC (All African Conference of Churches).
Sie vereint 174 christliche Religionsgemeinschaften aus 32 Ländern Afrikas und hat ihren Sitz in
Nairobi. Obwohl die Mehrheit der Mitglieder den protestantischen Kirchen zuzuordnen ist,
arbeitet die Konferenz eng mit der katholischen Kirche zusammen.
Philippinen: Entwicklung der Ortskirche als Balanceakt
Entwickeln sich die so genannten Ortskirchen autonom, oder folgen sie den Richtlinien, die durch
die Römische Kurie vorgegeben werden? Die Reflexionen Erzbischofs Orlando B. Quevedo zur
Entwicklung der Kirche auf den Philippinen lassen die Frage als zu einfach erscheinen.
Der Weg der katholischen Kirche auf den Philippinen und in vielen Ländern Asiens fand eine
Bestätigung und Bestärkung in zahlreichen Schreiben Papst Johannes Paul II. und beansprucht
dabei das Recht auf Eigenständigkeit. Erzbischof Orlando B. Quevedo unterstreicht in seiner
sorgfältigen Analyse vor allem die Bedeutung des Pontifikats Papst Johannes Paul II. in Hinblick
auf den Sendungsauftrag der Kirche unter den soziokulturellen und wirtschaftlichen Bedingungen
asiatischer Länder. Die maßgeblichen
Bestimmungsfaktoren stellen dort
traditionsreiche Religionen und die
Armut der Bevölkerung dar. In diesem
Kontext sucht die Kirche den Dialog
mit den Religionen auf der Basis
gemeinsamer Werte und versucht durch
soziales Engagement die Wege zur
Eigenverantwortung zu ebnen.
Das Vermächtnis Papst Johannes Pauls II. für Asien und die Philippinen
Einleitung
Es wäre anmaßend von mir, über das Verhältnis von Papst Johannes Paul II. zur Kirche in Asien
zu schreiben. Es ist leichter und exakter, über den Einfluss zu schreiben, den Papst Johannes Paul
II. auf mich persönlich ausgeübt hat. Was ich also schreibe, erstreckt sich zunächst auf die Kirche
in den Philippinen und dann mehr oder weniger genau auf die Kirche in Asien durch meine eigene
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unmittelbare Erfahrung in der Föderation Asiatischer Bischofskonferenzen (FABC): Das ist die
klare Einschränkung dessen, was ich schreibe.
Eine Gesamtbetrachtung
Papst Johannes Paul II. besaß das außergewöhnliche Charisma, sich auf andere Kulturen und
Völker einzustellen. Das gilt besonders für Asien und sein reiches Mosaik an Kulturen. Seine
Besuche in Asien waren eine Quelle der Inspiration und Energie für die Kirche, seine Reden und
Schriften über den interreligiösen Dialog, über soziale Sorgen, über die Familie, die Frauen und
Jugendlichen waren reich an religiösen und sozialen Empfindungen ebenso wie an den
allgemeinen kulturellen Werten der Asiaten.
In den Regionen, die in den Bereich der Föderation Asiatischer Bischofskonferenzen (FABC)
fallen, d.h. Südasien, Südostasien und Ostasien, war der Einfluss Johannes Pauls II. ganz
besonders zu spüren. Obwohl die pastoralen Betrachtungen asiatischer Bischöfe normalerweise
von der pastoralen Situation ausgehen, waren die Schreiben von Papst Johannes Paul II. stets ein
Bezugspunkt für das Denken asiatischer Bischöfe.
Folgende Dokumente beeinflussten unser asiatisches pastorales Denken in bemerkenswerter
Weise: über die Katechese, Catechesi Tradendae (1979); über die menschliche Arbeit, Laborem
Exercens (1981); über die Werte der Familie, Familiaris Consortio (1982) und Evangelium Vitae
(1995); über die Laien, Christifideles Laici (1988); über soziale Sorgen, Sollicitudo Rei Socialis
(1987) und Centesimus Annus (1991) sowie seine Botschaften zum jährlichen Welttag des
Friedens; über die Mission, Redemptoris Missio (1990); über die Priester und das geweihte Leben,
Pastores Dabo Vobis (1992) und Vita Consecrata (1996); über die Kirche in Asien, Ecclesia in
Asia (1999); über die Herausforderungen des Dritten Jahrtausends, Tertio Millennio Adveniente
(1994). Zweifellos ist im Lauf der Jahre das Denken von Papst Johannes Paul II. in das
Bewusstsein eines jeden durchgesickert, der die Dokumente sorgfältig im Licht der asiatischen
Situation gelesen hat.
Die Sendung der Kirche und der interreligiöse Dialog
Wenngleich vielleicht einige asiatische Theologen zu einigen spezifischen Punkten eine negative
Kritik äußern, besteht kein Zweifel darüber, dass die Kirche in Asien das päpstliche Denken
begrüßt und akzeptiert hat. Ich persönlich wurde auf dem Gebiet der Mission und des
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interreligiösen Dialogs geleitet von der klaren Neuformulierung der immer währenden Lehre der
Kirche durch den Papst im Hinblick auf den missionarischen Auftrag der Kirche und seine
verschiedenen Formen, das göttliche Mysteriumswirken des Heiligen Geistes in Asien und in der
Welt im Hinblick auf verschiedene Religionen. Diese findet man vor allem in Redemptoris Missio
und Ecclesia in Asia. Ich glaube, dass diese Lehren asiatischen Bischöfen stets als Hintergrund für
eine Reflexion dienten.
Wo immer der Papst in Asien zu Besuch war, lud er Führer verschiedener Religionen ein und
sprach brüderlich mit ihnen. Durch seine persönliche Haltung des Zuhörens und des respektvollen
brüderlichen Austauschs räumte der Papst bei diesen Treffen rasch anfängliches Misstrauen
gegenüber solchen Treffen aus. Er wies hin auf die positiven Werte, die alle Religionen teilen.
Diese gemeinsamen Werte sind notwendig, pflegte er zu sagen, wenn die Religionen in der Welt
miteinander den Herausforderungen eines postmodernen Geistes entgegentreten sollen, der rasch
seine moralischen und religiösen Wurzeln verliert. Der Papst förderte den interreligiösen Dialog
nicht nur durch Worte. Was wichtiger ist, er förderte den interreligiösen Dialog durch sein
persönliches Beispiel. Das war eine Lektion, die Asien zutiefst zu schätzen weiß.
Ecclesia in Asia ist besonders ermutigend, da der Papst „die Bedeutung des Dialogs als
kennzeichnende Eigenschaft des kirchlichen Lebens in Asien“ (EA, Nr.3) bestätigte. Während
dieses Dokument die Notwendigkeit zu betonen scheint, Jesus explizit zu verkündigen (EA, Nr.
20), ist es geboten, diesen Gedanken auf der Basis des Gesamtkontextes des Dokuments zu
interpretieren.
Denn das Dokument weist ganz deutlich hin auf eine „Pädagogik“ der Verkündigung, „die die
Menschen Schritt für Schritt zur vollen Aneignung des Mysteriums hinführt“ (EA, Nr. 20).
Tatsächlich stellt der Papst fest: „Die Kirche weiß, dass das schweigende Lebenszeugnis auch
heute noch in vielen Gegenden Asiens die einzige Art und Weise ist, das Reich Gottes zu
verkünden“ (EA, Nr. 23).
Eine asiatische Methode der Reflexion und die Kirchlichen Basisgemeinden
Bereits wohl bekannt ist ein asiatischer Ansatz pastoraler und theologischer Reflexion (1). In ganz
Asien beginnen Pfarreien, Diözesen, Bischofskonferenzen und die FABC die pastorale und
theologische Reflexion nicht mit einer Doktrin (von oben), sondern mit der Realität (von unten).
Von da aus geht es spiralförmig in die Glaubens-Reflexion über die pastorale Situation, darauf
folgen pastorale Empfehlungen und Pläne. Deshalb ist es besonders ermutigend, wie Papst
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Johannes Paul II. diese Art asiatischer theologischer Reflexion respektierte und sie praktizierte. In
Ecclesia in Asia beginnt er seine pastorale Reflexion mit einem ersten Kapitel über die asiatische
Situation. Eine Glaubensreflexion folgt. Das Schlusskapitel über „Zeugen des Evangeliums“ kann
als die pastoralen Empfehlungen angesehen werden. Die obige Feststellung veranschaulicht die
Fähigkeit des Papstes, der Kirche in Asien zuzuhören.
Vielleicht hätte er mehr sagen sollen über den asiatischen pastoralen Vorstoß, Kirchliche
Basisgemeinden zu errichten. Aber er hat ein sehr starkes Wort der Inspiration geschrieben. Er
erkannte an, dass Kirchliche Basisgemeinden „ein solider Ausgangspunkt sind, um eine neue
Gesellschaft zu gründen, die ein Ausdruck der Zivilisation der Liebe ist. Zusammen mit der
Synode ermutige ich die Kirche in Asien, diese Basisgemeinden dort, wo es möglich ist, als ein
brauchbares Werkzeug für das kirchliche Werk der Evangelisierung zu betrachten“ (EA, Nr. 25).
Solche Worte förderten das päpstliche Denken über die Kirchlichen Basisgemeinden ganz sicher
seit Evangelii Nuntiandi (1976), worin Papst Paul VI. eine recht zögernde und vorsichtige
Anerkennung der Kirchlichen Basisgemeinden zum Ausdruck kommen ließ.
Die Laien und die Familie in Asien
Das Zweiter Vatikanische Konzil gab der Teilnahme von Laien in der Kirche und in der
Gesellschaft den entscheidenden Auftrieb durch das Dekret Apostolicam Actuositatem (1965).
Papst Johannes Paul II. verlieh der Beteiligung von Laien noch mehr Schwung durch seine
postsynodale Exhortation Christifideles Laici. In Asien ist die Beteiligung von Laien wegen des
Entstehens von Kirchlichen Basisgemeinden wahrscheinlich stärker als im Westen. In diesen
Basisgemeinden ist die Ethik der Mitverantwortung und Teilnahme eine fundamentale
Bedingung. So sind Tausende von Laien als Organisatoren in der Gemeinde und als Gebetsleiter
aktiv und übernehmen soweit als möglich und häufig zahlreiche Aufgaben, die von einem Diakon
erwartet werden. Die Rolle der Priester in diesen Gemeinden ist auch neu gestaltet worden, ohne
den Dienst aufzugeben, den nur er kraft seiner Priesterweihe ausüben kann. Seminare über
partizipatorische Führung für Priester, Laien und Ordensleute sind weit verbreitet.
Papst Johannes Paul II. aber gab der Beteiligung von Laien einen Impuls, indem er die Priester
drängte, den Laien das weite Feld des sozialen Wandels, einschließlich wirtschaftlicher und
politischer Veränderung, zu überlassen. Er drängte die Laien, im Licht des Gottesreiches aktiv an
der Erneuerung der Gesellschaft mitzuarbeiten. Eine solche Ermutigung ist notwendig, denn in
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Ländern der Dritten Welt, wo große Armut herrscht wie in den Philippinen, neigen viele Priester
dazu, eine führende Rolle beim sozialen Wandel zu übernehmen.
Der Ruf nach Beteiligung erstreckt sich auch auf die asiatische Familie. Familiaris Consortio
weist auf die soziale und politische Rolle der Familie hin. Nirgends ist die Rolle herausragender
als in einer Arbeit, die asiatische Familien und Familienkommissionen in asiatischen
Bischofskonferenzen leisten. Diese besteht darin, Einfluss zu nehmen auf politische Führer im
Hinblick auf Werte der Familie, die zu tun haben mit den positiven Rechten von Familie, Frauen
und Kindern ebenso wie mit den negativen Einstellungen in Bezug auf Abtreibung,
Empfängnisverhütung, Homosexualität, Scheidung, Zerrüttung von Familien durch Wanderarbeit,
Sextourismus etc.
Dennoch hat die FABC versucht, die päpstliche Reflexion über Familie und Frauen zu
überschreiten, wie in der FABC-Vollversammlung von 2004 in Korea. Dort verwendeten
asiatische Bischöfe die Idee einer „Kultur des Lebens“, die hinausgeht über die traditionellen
Sorgen der Kirche um das physische Leben (z.B. Abtreibung, Empfängnisverhütung, Euthanasie)
hin zur Qualität des Familienlebens (2). Diese Qualität wird in Asien bedrängt von
wirtschaftlicher und kultureller Globalisierung, von der Armut, von der Zerstörung der Umwelt,
von Einwanderung und sogar von negativen kulturellen Werten wie Patriarchat, Kastenwesen,
Selektion aufgrund des Geschlechts etc. So wäre der Dienst für das Familienleben als „pro-life“
(für das Leben) pro-life in seiner Ganzheit. Folglich würde eine Kultur des Lebens eine Kultur
ganzheitlichen Lebens bedeuten.
Frauen und Jugend
Die asiatische Gesellschaft ist in ihrem Wesen im Allgemeinen patriarchalisch. Die schlimmsten
Formen des Patriarchats sind verwurzelt in kulturellen Werten, die traditionell Frauen in die
Abhängigkeit als Bürger zweiter Klasse und als den Männern untergeordnet betrachten. So wird
in einigen Gesellschaften die fundamentale Gleichheit von Männern und Frauen ignoriert. Jede
Betrachtung des Papstes über die Welt der Frauen wurde genau unter die Lupe genommen. So
war es auch mit dem Dokument Mulieris Dignitatem (1988). Während einige Frauengruppen in
Asien, die zum ultra-liberalen Denken einiger westlicher Feministinnen tendierten, die Ansichten
des Papstes kritisierten, wurde das Dokument in Asien allgemein akzeptiert. Es hat die asiatischen
Bischöfe, einzeln oder in ihrer Bischofskonferenz, angeleitet, auf pastoraler und theologischer
17
Ebene über die Frauen nachzudenken. Es hat auch eine stärkere Reflexion über die Natur des
„weiblichen Genius“ unterstützt.
Gewiss haben nun noch mehr asiatische Bischöfe damit begonnen, das Wesen und Ausmaß des
Patriarchats in asiatischen Gesellschaften zu erkennen und zu sehen, wie dieses die Würde und
Rolle der Frauen und ihre Beziehung zu den Männern negativ beeinflusst hat. Es muss noch viel
getan werden, aber die Inspiration und Führung des päpstlichen Denkens war wirklich wertvoll.
Der Weltjugendtag 1995 in Manila ließ die asiatische Jugend in engeren Kontakt zum Papst
treten. Eine solche Anzahl junger Leute, vor allem aus den Philippinen, die das Ereignis
miterlebten, war noch nie da gewesen. Mehr als vier Millionen junge Männer und Frauen nahmen
teil. Wahrhaftig ein Phänomen! Das Verhältnis zwischen dem Papst und den Jugendlichen war
elektrisierend. In Asien besteht schlicht und einfach eine Liebesbeziehung zwischen jungen
Katholiken und dem Papst, dass sogar jene, die anderen Religionen angehören, das Charisma des
Papstes anziehend finden. So ist wohl durch Papst Johannes Paul II. die Jugend in Asien stärker
als in Ländern der Ersten Welt der Kirche näher.
Soziale Sorgen in Asien
Anlässlich des Weltjugendtages 1995 hielt Papst Johannes Paul II. eine Rede vor der
Vollversammlung der FABC. Er sprach über drei Themen: Evangelisierung in Asien,
Interreligiöser Dialog, Ökologie und Entwicklung. Er empfing die delegierten Bischöfe einzeln.
Aber seine Botschaft bekräftigte und ermutigte die Arbeit der Kirche in Asien im Hinblick auf die
grundlegenden Merkmale ganzheitlicher Evangelisierung in Anbetracht sozialen Wandels.
Die Kirche in Asien hat die menschliche Entwicklung stets aus der Sicht der Armen betrachtet.
Sie kritisiert deshalb das liberal-kapitalistische Entwicklungsmodell. Sie folgte eng der
zweifachen Kritik, die der Papst konsequent (wie in Sollicitudo Socialis) auf das marxistische
Modell ebenso wie auf das liberal-kapitalistische Entwicklungsmodell richtete. Centesimus Annus
lieferte eine moderate Billigung des freien Marktes und demokratischer Regierungen. Aber der
Papst hat auch den derzeitigen Globalisierungsprozess als ungerecht gegenüber armen Ländern
und armen Menschen angeprangert. Er hat darauf bestanden, dass die Globalisierung von
juristischen und ethischen Normen beherrscht werden soll, um Ausgrenzung und Ausschluss zu
verhindern. Das sind Vorstellungen, die das Denken der Kirche in Asien stark ermutigten.
Darüber hinaus haben seine Erklärung zu Frieden und Gewaltlosigkeit, sein Bestehen auf dem
Dialog und der Notwendigkeit einer Weltordnung, um den Frieden zu fördern, die Mitarbeiter der
18
kirchlichen Sozialaktion und Anwälte des Friedens inspiriert. Folglich haben die Aussagen zu
Krieg und Frieden, z.B. Irak, harmonische Beziehungen zwischen einfachen Christen und
Muslimen gefördert. Es besteht kein Zweifel darüber, dass die Botschaften zum Welttag des
Friedens von vielen asiatischen Bischöfen sorgfältig gelesen wurden, dass sie darüber
nachdachten und sie in Pastoralprogramme zu einer Anwaltschaft für den Frieden übertrugen.
Conclusio
Papst Johannes Paul II. betrachtete Asien als einen Kontinent voller Leben und Hoffnung. Er
bezeugte:
„Die Anhänger Christi sind noch eine kleine Minderheit auf diesem weiten und stark bevölkerten
Kontinent. Dennoch sind sie durchaus keine zurückhaltende Minderheit, sondern von lebendigem
Glauben beseelt und von jener Hoffnung erfüllt, die allein der Glaube geben kann. Auf ihre
bescheidene, aber mutige Art haben sie die Kulturen und Gesellschaften Asiens, insbesondere das
Leben der Armen und Schutzlosen, beeinflusst, von denen viele den katholischen Glauben nicht
teilen“ (EA, Nr. 50).
Zweifellos trugen die Besuche von Papst Johannes Paul II. in Asien, seine Kontakte mit
asiatischen Bischöfen, Priestern, Ordensleuten und Laien, seine Botschaften zu verschiedenen
Lebensbereichen der Menschen viel bei zur Lebendigkeit und Kraft der Kirche in Asien.
Orlando B. Quevedo OMI
Erzbischof von Cotabato
26.04.2005
Quelle: E-Mail-Sendung des Verfassers vom 26.04.05
Übersetzug aus dem Englischen
Anmerkungen der Redaktion:
(1) Das Programm ist bekannt unter dem Namen AsIPA (Asian Integral Pastoral Approach) und
stützt sich auf dem partizipatorischen Konzept der Kirche; s.auch: Ein neuer Weg, Kirche zu sein
im neuen Millenium. Erklärung der zweiten Generalversammlung von AsIPA. In:
WELTKIRCHE Nr.1(2001), S.14-17
19
(2) s. Die Familie in Asien unterwegs zu einer Kultur ganzheitlichen Lebens. Schlusserklärung
der 8.Vollversammlung der FABC. In: WELTKIRCHE Nr.7 und 8(2004), S.161-174 und 198210
Südafrika: Bedeutung des Pontifikats Johannes Paul II. für Afrika
Aus der Sicht der südafrikanischen Bischöfe sind die kulturellen Wurzeln der Afrikaner nicht
mehr in der Lage, die Gesellschaft mit tragenden Werten und Normen zu versorgen. Dennoch darf
das kulturelle Erbe nicht verworfen werden, weil es eine Humusschicht für die Verankerung des
Evangeliums darstellt. Die südafrikanischen
Bischöfe sehen die Rolle der Kirche, wie sie
durch das Pontifikat Johannes Paul II.
geprägt worden ist, als die einer moralischen
Institution, die den Afrikanern ihre
Menschenwürde zurückgegeben hat und
dafür Sorge trägt, dass ihre kulturelle
Identität nicht verachtet wird.
Die Bedeutung von Papst Johannes Paul II. für Afrika
Presseerklärung der Südafrikanischen Katholischen Bischofskonferenz
Durch die Heiligsprechung einiger afrikanischer Katholiken, die öffentlich in ihrem Leben
heroische Tugenden übten, versuchte Papst Johannes Paul II. zu zeigen, dass die afrikanischen
Christen zu Reife im Glauben gelangt waren. Jene, die erst spät zum christlichen Glauben kamen,
können nun mit Recht behauten, wirklich und wahrhaftig Jünger des auferstandenen Christus zu
sein. Die afrikanischen Christen sind auch aufgerufen zu einem Leben persönlicher Heiligkeit und
zu einer Lebensführung, die mit den Forderungen des Evangeliums übereinstimmt. Es ist ein
Leben, das das Zeugnis von den Früchten des Geistes anderen gegenüber in den Mittelpunkt
stellt. Die Überzeugung, ein vom Evangelium inspiriertes Leben zu führen, ist äußerst wichtig für
ein Afrika, das seinen eigenen traditionellen Werten den Rücken gekehrt hat. Ein Leben
persönlicher Heiligkeit kann und wird als Gärstoff dienen, als Katalysator für einen Kontinent, der
versucht, eine Kultur moralischer Regeneration und die Stärkung der moralischen Überzeugung
20
der Gesellschaft anzunehmen, um die überhand nehmende Plage der Korruption und
Selbstbereicherung zu bekämpfen.
Anerkennung einheimischer Kulturen
Johannes Paul II. erkannte klar, dass der Bruch zwischen dem Evangelium und der Kultur ein
Hindernis ist, der eine authentische Evangelisierung beeinträchtigt. Bei seinen vielen Besuchen in
Afrika betonte er, dass Kirche Christi von ihrem Wesen her missionarisch ist und dass die Kirche
in Afrika eine missionarische Kirche ist, daher müssen die Afrikaner geeignete Mittel finden, um
Afrika zu evangelisieren. Für Johannes Paul II. war es unumgänglich, den Afrikanern das
Evangelium in Bildern, Redewendungen, Symbolen und Begriffen zu verkünden, die ihnen
vertraut waren. Das Evangelium muss in die afrikanische Kultur eindringen, um seine positiven
Werte aufzunehmen und zu entwickeln. Nur durch die gründliche Einfügung des Evangeliums in
eine einheimische Kultur wird die einheimische Kultur ihrerseits einige ihrer negativen Aspekte
verlieren. Mit diesem Ansatz wurde der Papst ein Vorkämpfer für die Würde einheimischer
Kulturen als ein wertvolles Instrument, die befreiende Kraft des Evangeliums zu verkünden. Die
Anerkennung einer einheimischen Kultur ist zutiefst relevant auf einem Kontinent, wo man auf
einheimische Kulturen herabgesehen hat. Kulturelle Identität und Anerkennung gehören
zusammen. Die Kultur definiert „das Verständnis eines Volkes, wer es ist“. Die Kirche in Afrika
hat als Ergebnis der Führung Johannes Pauls II. schließlich kritisch die Rolle der einheimischen
Kulturen gewürdigt als ein unerlässliches Werkzeug bei der Verkündung der Frohen Botschaft der
Erlösung.
Kultur des Lebens
Der Kontinent Afrika ist zerrissen worden durch Kriege, Genozid, Gewaltverbrechen,
Tribalismus, ethnische Konflikte, Handel mit Frauen und Kindern und mutwillige
Selbstzerstörung. Das Schreckgespenst dieser Übel, die Afrika wieder heimsuchen, ist stets
präsent. Auf die rhetorische Frage, „Bin ich der Hüter meines Bruders?“, antwortet Johannes Paul
II. mit Ja. Er verkündete das Evangelium des Lebens, das alle Afrikaner zu einer Fülle des Lebens
ruft. Er förderte unermüdlich „die Kultur des Lebens“. Er behauptete wiederholt, dass die „Kultur
des Todes“ über persönliche Situationen hinausgeht. „Es ist ein Problem auf kultureller, sozialer
und politischer Ebene, … die erwähnten Verbrechen gegen das Leben als legitime Äußerungen
21
der individuellen Freiheit auszulegen“ (Evangelium Vitae, Nr. 18). Das betrachtete er als einen
„überraschenden Widerspruch“ der Kultur „der Menschenrechte“.
Das äußert sich vor allem in der Ausbreitung der Euthanasie und der Zerstörung des
Ungeborenen. Eine „Empfängnis verhütende Mentalität“ wird gefördert. Die Familie als
„Heiligtum des Lebens“ wird ausgespielt gegen gleichgeschlechtliche Verbindungen. Eine
tragische Umkehrung der traditionellen moralischen Werte der Afrikaner! Afrika ist nicht
geschützt gegen die schweren Angriffe auf die Kultur des Lebens. Das Pontifikat Johannes Pauls
II. wurde von einer strengen moralischen Führung gekennzeichnet. Er rief die afrikanischen
Kirchenführer auf, die Fackel einer strengen moralischen Führung zu tragen, wenn Afrika die
Würde seiner Bürger wiederherstellen soll, die „nach dem Bild und Gleichnis Gottes“ geschaffen
sind.
Menschenwürde durch Arbeit
Für einen Kontinent, auf dem die Mehrheit seiner Menschen in Armut gestürzt wurde, ist
Johannes Pauls Lehre über die Arbeitganz besonders relevant. Arbeit ist ein charakteristisches
Merkmal der Menschen. Die Afrikaner müssen wie alle anderen auch ihr Brot „im Schweiße ihres
Angesichtes“ verdienen und dürfen nicht zu stark abhängig sein von Lebensmittelpaketen. Damit
der Kontinent ein gewisses Maß an Würde unter den Nationen erlangt, werden seine Bewohner
schwerer als bisher arbeiten müssen. Das Leben für den Afrikaner kann nur durch menschliche
Arbeit menschlicher gemacht werden. „Die Überzeugung des Verstandes wird ihr zugleich zur
Überzeugung des Glaubens“ (Laborem Exercens, Nr. 4). Zudem muss, nicht wie es der aktuelle
Trend in Afrika zeigt, das Kapital den Bedürfnissen der Arbeit dienen, den Menschen, die
arbeiten und nicht nur den Neureichen.
Interreligiöser Dialog
Johannes Paul II. arbeitete unermüdlich für den interreligiösen Dialog. Er argumentierte
überzeugend, dass eine endemische Spannung zwischen Islam und Christentum nur durch den
Dialog abgebaut werden kann. Echter Dialog, gegenseitige Annahme und Toleranz unter den
verschiedenen Religionen sind wesentliche Merkmale bei der Wiedergeburt eines Kontinents, der
entschlossen ist, seinen Paria-Status abzuwerfen und seinen rechtmäßigen Platz als Ebenbürtiger
unter anderen Nationen einzunehmen.
22
Moralischer Führer
Schließlich hinterlässt Papst Johannes Paul II., ein überragender moralischer Führer, der keine
Kompromisse bei der Morallehre Jesu Christi kennt, wie sie vom Lehramt der Kirche interpretiert,
erläutert, ausgearbeitet und gelehrt wird, ein reiches Vermächtnis. Eine unerschütterliche, starke
Leitung unter Kirchenführern und Laien könnte mithelfen, die moralischen Einstellungen
afrikanischer Gemeinschaften zu stärken, angesichts einer überhand nehmenden Gleichgültigkeit
und eines moralischen Relativismus. Die afrikanische katholische Kirche ist es sich schuldig, das
gediegene und erhöhende Vermächtnis von Johannes Paul II., dem Obersten Hirten, wie er als
solcher von der Kirche und von der Welt anerkannt wird, hochzuhalten, anzunehmen und zu
verinnerlichen. Johannes Paul II., ein wahres Spiegelbild Jesu Christi, des Hohenpriesters! Er ruhe
in Frieden.
Erzbischof Buti Joseph Tlhagale
Bischof von Johannesburg
Südafrikanische Katholische Bischofskonferenz
Presseerklärung
Pretoria, 6. April 2005
Quelle: http://www.africamission-mafr.org vom 02.05.05
Übersetzung aus dem Englischen
23
Guatemala verdankt dem letzten Pontifikat die schmerzvolle Aufarbeitung seiner
Geschichte
Für die Guatemalteken, wie für alle Katholiken Lateinamerikas bleibt Papst Johannes Paul II. vor
allem als authentischer Zeuge des Evangeliums und als reisender Papst in Erinnerung. Drei
Pastoralbesuche in Guatemala haben tiefe Spuren im Leben der Gläubigen und der Kirche
hinterlassen. Papst Johannes Paul II. hat die Menschen ermutigt, sich der Angst zu widersetzen
und Glaubensüberzeugungen zu leben. Vom Mut und der Aufrichtigkeit des Papstes beseelt,
setzte sich Bischof Gerardi Conedera für die Aufklärung der Verbrechen der Militärdiktatur ein
und bezahlte seine Zivilcourage mit dem Leben. Nun kämpft die Kirche seit sieben Jahren für die
Aufklärung dieses Verbrechens.
Johannes Paul II., unermüdlicher Missionar, Schützer von Leben und Frieden.
Botschaft der Bischofskonferenz von Guatemala
Mit Beendigung unserer ersten ordentlichen Jahresversammlung möchten wir Bischöfe der
Bischofskonferenz von Guatemala einen brüderlichen Gruß an das gesamte Volk Gottes und an
alle Männer und Frauen guten Willens richten. Der Tod seiner Heiligkeit Papst Johannes Pauls II.
hat unsere Herzen mit Trauer erfüllt. Das Zeugnis seines Lebens und das Erbe seines
Magisteriums erfüllen uns mit Hoffnung. In der Tat erfüllten sich im Leben und pastoralen Amt
des Heiligen Vaters immer vollendet die Worte des Apostel Paulus: „Leben wir, so leben wir dem
Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir leben oder ob wir sterben, wir gehören dem
Herrn“ (Röm 14,8). Seine völlige Hingabe bis zum letzten Augenblick hinterlässt in uns die
Überzeugung, dass sein Leben und Amt ein wahres Geschenk Gottes an die Kirche und die
Menschheit war. Aus all diesen Gründen wenden wir uns an alle, um unsere tiefsten
Glaubensüberzeugungen in diesen Augenblicken intensiven Kirchenlebens zu teilen.
1. Der Heimgang Papst Johannes Pauls II. in das Haus des Vaters hinterlässt uns das wunderbare
Erbe seiner reichen Spiritualität, des Schatzes seiner tiefen theologischen und pastoralen
Reflexion, seines Erlebens und seiner Liebe zur Kirche des Herrn, das sich uns während seiner
drei apostolischen Reisen nach Guatemala offenbarte: am 7. März 1983 mit seinem Aufruf, die
Scheidung zwischen Glauben und Leben zu überwinden und als Brüder auf den Wegen des
Evangeliums zu leben; am 6. Februar 1996 mit dem Gedenken der 400 Jahre des Gekreuzigten
24
Christus von Esquipulas mit seiner Aufforderung, das Leben und die Würde eines jeden
Menschen zu achten, da er das Ebenbild Gottes ist; am 30. Juli 2002, als er uns das dauerhafte
Modell von Barmherzigkeit und Solidarität im Zeugnis des Heiligen Bruders Pedro de San José
Betancur mit seiner Kanonisierung hinterließ. Bei all seinen Besuchen war er ein Botschafter des
Friedens und der Hoffnung für alle Guatemalteken, mit besonderer Nähe zu den Indios, den
Katecheten, den Mitarbeitern in der Pastoral, den Jugendlichen, den Laien und den Märtyrern der
Kirche in Guatemala.
2. Wir sind Papst Johannes Paul II. für alle Zeichen der Liebe dankbar, die er unserem Land und
dem Volk von Guatemala zukommen ließ; für seine Nähe und die Bekräftigung unseres Glaubens,
für die Beseelung unserer Hoffnung und die Stärkung unserer Barmherzigkeit und christlichen
Verpflichtung in der Errichtung eines Guatemala nach den Wünschen des Herrn.
3. Im Hinblick auf die Wahl eines neuen Pontifex, der der Vikar Christi und Nachfolger des
Apostel Petrus ist, sind wir jetzt mit der gesamten Kirche dazu aufgerufen, ein Klima des
intensiven und beständigen Gebets zu leben vereint mit Maria, der Mutter des Herrn (vgl. Apg
1,14). Diese Zeit der Gnade ist ein privilegierter Augenblick des kirchlichen Lebens für das
gesamte Volk Gottes, mit unserem Gebet leisten wir hierzu einen bestimmenden Beitrag. Folglich
fordern wir alle auf, durchzuführen, was gleichzeitig eine Empfehlung Johannes Pauls II. war:
bescheidene und beständige Gebete an den Herrn zu erheben (vgl. Mat 21,22; Mk 11,14), damit
er die Wähler des Konklave erleuchte, sein Geist ihnen Eintracht in ihrem Auftrag gewähre und
bald die einstimmige und fruchtbare Wahl erreicht werde, wie es die Erlösung der Seelen und das
Wohl des gesamten Volks Gottes erfordert (vgl. Johannes Paul II., Apostolische Konstitution
Universi Dominici gregis, 84).
4. Mit dem Nahen des 7. Jahrestags der Ermordung von Mons. Juan Gerardi Conedera (1) fühlen
wir uns abermals verpflichtet, an sein Leben, seine Verpflichtung für die Menschenrechte und an
das Gedenken der Opfer der internen bewaffneten Konfrontation zu erinnern, um die Wahrheit zu
erfahren, die die Vergebung und Versöhnung ermöglicht. Seine Erinnerung drängt uns, weiterhin
das Recht für einen gerechten Mann einzufordern. Wir erkennen das Werk der Justiz in diesem
langwierigen Prozess an, in dem entscheidende Schritte in der Aufklärung der Todesursachen
gemacht wurden. Mit der neuen Verurteilung dieses Verbrechens gegen einen eifrigen Hirten
25
unserer Kirche erkennen wir die Notwendigkeit, dass die mit der Durchsetzung des Rechts
beauftragten fortfahren, bis sie die Identität aller Täter und deren Hintermänner aufgedeckt haben,
so dass die Straflosigkeit angesichts der Macht von Gerechtigkeit und Wahrheit keinen Bestand
hat.
5. Bald wird der II. Missionkongress von Guatemala (COMGUA II) abgehalten, der in der Stadt
Quetzaltenango vom 6. bis 8. Mai stattfindet und dessen Motto „Lasst unsere Pfarrei
missionarisch werden“ lautet. Wir haben gesagt, dass dies in dem Maße erreicht wird, wie die
Pfarrei Eucharistie ist: eucharistische Pfarrei, missionarische Pfarrei. „Wer eine wahre Erfahrung
des Auferstandenen gemacht hat und sich durch sein Leib und sein Blut nährt, kann die erlebte
Freude nicht für sich behalten. Die Begegnung mit Christus, die in der Vertrautheit mit der
Eucharistie stetig vertieft wird, erweckt in der Kirche und in jedem Christen den Drang zum
Zeugnisgeben und zur Evangelisierung“ (Johannes Paul II., Mane nobiscum Domine 24). Papst
Johannes Paul II. hat uns auch gesagt: „Für diese Sendung gibt die Eucharistie nicht nur die innere
Kraft, sondern liefert auch – in gewissem Sinne – den Plan. Die Eucharistie ist wirklich eine
Seinsweise, die von Jesus auf jeden Christen übergeht und durch sein bzw. ihr Zeugnis in die
Gesellschaft und in die Kultur ausstrahlen möchte“ (ibid. 25). Wir ermutigen die über 2.000
Delegierten der verschiedenen Diözesen von Guatemala, mit dem Studium und dem Gebet diesen
wunderbaren Augenblick vorzubereiten, den wir bald erleben werden. Möge die Erinnerung an
den missionarischen Papst unser Gebet anregen und die Beteiligung aller an diesem großen
Ereignis beseelen!
Wir stellen diese Sorgen und Pläne unter die mütterliche Obhut der Heiligen Maria, eucharistische
Frau, die uns immer Jesus gibt; möge sie uns in diesen Tagen der missionarischen Verpflichtung
unserer Kirche begleiten und mütterlich und erfüllt von Geist den Kardinälen beistehen, die sich
am 18. im Konklave in Rom versammeln, um den neuen Nachfolger Petri und Hirten der
Weltkirche zu wählen.
Guatemala de la Asunción, Jahr der Eucharistie
15. April 2005
Pablo Vizcaíno Prado
26
Bischof von Suchitepéquez-Retalhuleu
Vizrepräsident der Bischofskonferenz von Guatemala
Mons. Víctor Hugo Palma Paúl
Bischof von Escuintla
Generalsekretär der Bischofskonferenz von Guatemala
Quelle: www.evangelizatio.org vom 16.04.05
Übersetzung aus dem Spanischen
Anmerkungen der Redaktion:
(1) Weihbischof Juan Gerardi Conedera von Guatemala-Stadt fiel am 26.04.1998 einem brutalen
Mordanschlag zum Opfer, nachdem er zwei Tage zuvor den von der katholischen Kirche
Guatemalas im Rahmen des Projekts „Wiederaneignung der geschichtlichen Wahrheit“ (REMHI)
erstellten Bericht „Nunca Más Guatemala“ (Guatemala – Nie wieder) über die seit den frühen
sechziger Jahren begangenen Verbrechen der Militärdiktatur vorgestellt hatte. Darin wurde das
Militär beschuldigt für 150.000 Morde und das Verschwinden lassen von 50.000 Menschen
verantwortlich zu sein.
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