Beten - Mund-Hand-Werk

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Beten
Liebe Mitchristen!
"Was? Beten? Ich und beten? Ich bin doch keine Betschwester! Beten überlasse ich anderen, da bin ich
großzügig! Also irgendwie paßt das in unsere Zeit nicht mehr!" Schüler einer 8.Klasse machten diese und andere
Aussagen, als sie gefragt wurden, was sie vom beten hielten. Solche Meinungen sind typisch, typisch aber nicht
nur für einen Großteil der Jugendlichen, sondern leider auch für viele Erwachsene.
Was soll man auch vom beten halten - es ist eine nicht exakt erklärbare und begründbare Tätigkeit, die uns
zudem noch mit einem gewissen Unbehagen erfüllt. Dieses Unbehagen führt zu Unsicherheit und das scheint
eine der Hauptschwierigkeiten mit dem Gebet zu sein. Kommt mein Gebet überhaupt an? so fragen wir uns.
Interessiert sich Gott gerade für mich kleinen Menschen? Bewirkt das Gebet überhaupt etwas? Wo bleibt die
Antwort Gottes? Solche und ähnlich geartete Fragen zeigen schon recht deutlich, wie sehr uns die moderne Welt
schon überrollt hat, sie zeigen unser Unverständnis, oder besser: unser Miß-Verständnis gegenüber
Gegebenheiten, die wir nicht mehr als wirklichkeitsbezogen einsehen können.
Unsere Einschätzung des Betens ist vielleicht vergleichbar mit einem Traum, den ein junger Mann einmal hatte:
Er träumte, er betrat einen Laden. Hinter der Theke stand ein Engel. Hektisch und geschäftig fragte der junge
Mann: Was verkaufen Sie, mein Herr? und der Engel antwortete: Alles, was sie wollen! Da begann der junge
Mann aufzuzählen: Ich hätte gern das Ende aller Kriege auf der Welt, bessere Bedingungen für die Randgruppen
der Gesellschaft, die Beseitigung sämtlicher Elendsviertel dieser Welt, Arbeit für die Arbeitslosen, mehr
Gemeinschaft und Liebe in der Kirche und...und...
und! Da unterbrach ihn der Engel: Entschuldigen Sie, junger Mann, sie haben mich falsch verstanden. Wir
verkaufen hier keine Früchte, wir verkaufen nur den Samen!
Liebe Mitchristen, wir sind es heute gewohnt Fertigprodukte aller Art zu bekommen. Um so erstaunter reagieren
wir, wenn es sich herausstellt, daß es Dinge gibt, die noch Arbeit und Engagement von uns fordern. Dies trifft
aber genau auf das Gebet zu. In uns ist der Same gepflanzt diese Welt zu verändern - und wir selbst tragen die
Verantwortung dafür diesen Samen auch aufgehen zu lassen. Auch ist es unsere eigene Schuld, wenn wir ihn
verdorren lassen oder das bereits gewachsene Pflänzchen ausreißen. Durch unsere Trägheit oder unsere
Unkenntnis geschieht das leider allzu oft. Wenn wir uns aber einmal dieses Samens erinnern, wenn wir wirklich
einmal beten, dann erwarten wir von Gott große Veränderungen.
Diese Hoffnung, liebe Mitchristen, ist leider mehr als trügerisch, denn welchen Grund sollte Gott wohl haben sich
in seine eigene Schöpfung einzumischen, wo er doch diese Erde den Menschen als Heimat gab mit dem Auftrag
sie nach eigenem Willen und eigener Freiheit untertan zu machen? Unser Gebet wird niemals einen weltweiten
Donnerschlag zur Folge haben; nur im eigenen Herzen können wir etwas spüren: die Wirkung auf das eigene
Verhalten.
Beten - das heißt nichts anderes als Zwiesprache halten mit unserem Schöpfer. Im Gebet dürfen wir ausdrücken,
was immer uns bewegt: Freude und Leid, Glück und Trauer, unsere Hoffnungen wie unsere Enttäuschungen: es
gibt keinen Lebensbereich, kein Gefühl, das nicht eines Gebets würdig wäre. Damit freilich ist für uns die Sache
meist abgetan - jetzt wollen wir Ergebnisse sehen, anstatt in uns hineinzuhören; jetzt soll Gott eine Antwort parat
haben, die wir aber nur empfinden können, wenn wir still werden und darauf vertrauen, daß Gott uns leitet und
führt. Beim Beten sollen wir möglichst frei sein von Belastungen und Problemen, denn je mehr wir davon
eingenommen sind, desto weniger Platz ist in uns für die eigentliche Bezugsperson unseres Gebets: nämlich für
Gott!
Dazu erzählte der Religionsphilosoph Martin Buber einmal folgende Geschichte: Ein Rabbi überraschte einige
gelehrte Männer, die bei ihm zu Gast waren mit der Frage: Wo wohnt Gott? Sie lachten über ihn und sagten: Wie
redest du? Ist doch die Welt voll von seiner Herrlichkeit! Der Rabbi aber beantwortete seine eigene Frage: Gott
wohnt da, wo man ihn einläßt!
Hier liegt wohl unsere größte Schwierigkeit und zugleich auch unsere größte Chance in Bezug auf das Gebet.
Gott ist in jedem von uns, wir müssen ihn nur wieder zu entdecken versuchen. Wer an Gott glaubt, wer im
Innersten seines Herzens, seiner Seele auf ihn vertraut, dem wird es auch gelingen seine Oberflächlichkeit zu
durchbrechen, der wird Tiefen in sich entdecken, die ihm ungeahnte Möglichkeiten aufzeigen.
Liebe Mitchristen, "Trimm dich - bet mal wieder!" ist der Titel eines äußerst empfehlenswerte Buches. Dieser Titel
besagt nichts anderes, als das Beten nicht von selbst kommt. Es kostet Energie und Überwindung, es kostet Zeit
und Trainingseifer. Eine recht gute Gelegenheit das Training wieder aufzunehmen bieten die nächsten Tage, die
sog. Bittage. Auch wenn sie nicht mehr so großartig begangen werden, wie es früher einmal der Fall war, diese
Chance, verbunden mit dem Wissen, daß an diesen Tagen eine Vielzahl Beter eine große Gemeinschaft bildet,
diese Chance auf einen Neuanfang unseres Gesprächs mit Gott sollten wir uns nicht entgehen lassen.
Amen
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