Cicero – Die Bedeutung Siziliens für Rom 2) Ehe ich über die Benachteiligungen Siziliens spreche, muss ich scheinbar einiges wenige über die Würde, das Alter und den Nutzen der Provinz sagen. Denn ihr müsst sowohl sorgfältig Rücksicht auf alle Bundesgenossen und Provinzen nehmen, als auch besonders auf Sizilien, ihr Richter, aus sehr vielen und gerechten Gründen, erstens, weil Sizilien sich als erste aller ausländischen Nationen an die Freundschaft und den Schutz des römischen Volkes angeschlossen hat. Als erste aller, weshalb sie der Schmuck des Reiches ist, ist sie Provinz genannt worden, als erste lehrte sie unsere Vorfahren, wie ehrenvoll es ist fremde Völker zu beherrschen, sie allein war von einer Treue und Zuneigung zum römischen Volk, dass die Gemeinden dieser Insel, die einmal in unsere Freundschaft getreten waren, niemals später abfielen, die meisten aber und die besonders angesehenen fortwährend in der Freundschaft blieben. 3) Deshalb ist der erste Schritt zur Weltherrschaft von unseren Vorfahren von dieser Provinz aus nach Afrika getan worden. Denn die große Macht Karthagos wäre nicht so einfach zusammengebrochen, wenn jenes unseren Flotten nicht sowohl als Stütze für Getreideversorgung diene, als auch als Zufluchtsort offen stünde. Und deshalb hat P. Afrikanus, nachdem Karthago zerstört worden war, die Städte der Sizilianer mit den schönsten Statuen und Denkmälern versehen, um, bei denen, von denen er glaubte, dass sie sich am meisten über den Sieg des römischen Volkes freuten, die meisten Denkmäler aufzustellen. 4) Sodann hat jener berühmte M. Marcellus, dessen Barmherzigkeit die Besiegten und dessen Treue die übrigen Sizilianer genau erkannten, nicht nur den Bundesgenossen in diesem Krieg geholfen, sondern auch die besiegten Feinde geschont. Er duldete nicht nur, dass die sehr schöne Stadt Syrakus, die von Hand hervorragend befestigt war und damals in natürlicher Lage vom Land und vom Meer eingeschlossen wurde, als er sie mit Gewalt und Klugheit erobert hatte, unversehrt blieb, sondern ließ sie so geschmückt zurück, dass sie zugleich ein Denkmal des Sieges, des Sanftmutes und der Selbstbeherrschung war, wenn die Menschen sähen, was er erobert, wen er geschont und was er zurückgelassen hatte. Nur jener glaubte Sizilien so große Ehre erweisen zu müssen, dass er meinte, nicht einmal die Stadt der Feinde dürfe von der Insel der Bundesgenossen beseitigt werden. 5) Deshalb haben wir jene Provinz stets in allem so genutzt, dass wir glauben, dass dies, alles was sie aus sich hervorbringen konnte, nicht bei diesen entstehe, sondern schon bei uns zu Hause gelagert sei. Wann hätte jene uns Getreide, das sie schuldete, nicht zum festgesetzten Termin geliefert? Wann hätte sie das, von dem sie glaubte, dass es nötig sei, nicht von sich aus versprochen? Wann hätte sie das, was ihr auferlegt wurde, verweigert? Deshalb pflegte jener berühmte M. Cato Sapiens Sizilien die Kornkammer unseres Staates, Ernährerin des röm. Volkes zu nennen. Wir aber haben im größten und allzu schwierigen Bundesgenossenkrieg, erfahren, dass Sizilien uns nicht als Kornkammer, sondern als alte und reich gefüllte Staatskasse der Vorfahren diente. Denn sie hat ohne jede Kosten unsererseits unsere sehr großen Heere bekleidet, ernährt und ausgerüstet, indem sie uns Leder, Tuniken und Getreide verschaffte. 6) Was soll man dazu sagen? Wie groß jene, von denen wir es vielleicht nicht einmal bemerken, sind, ihr Richter! Die Tatsache, dass wir viele, ziemlich reiche Bürger haben, weil sie eine nahe gelegene, treue und einträgliche Provinz haben, wohin sie mühelos eine Geschäftsreise machen können, wo sie gerne ihre Geschäfte verrichten können. Sie entlässt diese teils mit den zu liefernden Waren bei reichem Gewinn, teils behält sie sie zurück, um nach belieben Ackerbau, Viehzucht und Handel zu treiben, und außerdem um Wohnsitze und Häuser zu errichten. Dieser Vorteil ist für den Staat nicht gering, dass eine so große Zahl von Bürgern so nahe von daheim in so guten und einträglichen Verhältnissen festgehalten wird. 7) Und da ja gewissermaßen die Domänen des römischen Volkes unsere Steuergebiete und Provinzen sind, wie ihr durch eiere nahen Landgüter sehr erfreut werdet, so ist dem röm. Volk die Nähe gerade dieser Provinz angenehm. Und vor allem, ihr Richter, herrscht bei diesen Menschen ein solcher Arbeitseifer, eine solche Tugend und Mäßigung, dass sie nahe an jene unsere alte Disziplin heran zu kommen scheint, nicht an diese, die sich nun breit gemacht hat. Sie haben nichts mit den übrigen Griechen gemeinsam, keine Trägheit, keine Verschwendungssucht, dagegen höchster Einsatz in öffentlichen und privaten Dingen, größte Sparsamkeit und äußerste Sorgfalt. Ferner lieben sie unsere Leute, so dass einzig ihnen weder die Steuerpächter noch die Großkaufleute verhasst sind. 8) Sie aber haben die Ungerechtigkeiten vieler unserer Beamten so ertragen, dass sie sich niemals vor diesem Zeitpunkt von Staatswegen zum Altar der Gesetze und in eueren Schutz geflüchtet haben, wenn sie auch jenes Jahr ertragen hatten, das diese so entmutigt hatte, dass sie nicht wohlbehalten bleiben konnten, wenn nicht C. Marcellus , gewissermaßen durch göttliches Schicksal, gekommen wäre, so dass 2x aus derselben Familie die Rettung Siziliens beschlossen wurde, und später hatten sie jene berüchtigte grenzenlose Herrschaft Marc Antons zu spüren bekommen. So hatten sie es von ihren Vorfahren übernommen, dass die Wohltaten des röm. Volkes gegenüber den Sizilianern so groß seien, dass sie glaubten, sogar die Ungerechtigkeiten unserer Leute ertragen zu müssen. 9) Die Gemeinden haben vor diesem gegen niemanden öffentlich ausgesagt. Sie hätten sogar selbst diesen ertragen, wenn er auf menschliche Weise, wenn er auf übliche, wenn er sich schließlich nur auf irgendeinem einzigen Gebiet vergangen hätte. Aber weil sie die Verschwendungssucht, die Grausamkeit, die Habsucht und Arroganz nicht ertragen konnten, weil sie alle ehre Vorteile, Rechte und Wohltaten des Senates und des römischen Volkes durch das Verbrechen und die Willkür eines einzigen verloren hätten, haben sie dies beschlossen, entweder die Ungerechtigkeiten dessen da durch euch gerichtlich verfolgen zu lassen, oder, wenn sie euch als unwürdig erschienen wären, dass ihr ihnen die tatkräftige Hilfe bringt, ihre Städte und Häuser zu verlassen, da sie ja die Felder bereits vorher verlassen hätten, nachdem sie durch dessen Ungerechtigkeiten verjagt worden waren.