Irene Hartl

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PONTIFICA UNIVERSITAS GREGORIANA
Anno accademico 2002/2003 II semestre
Christliche Prophetie und Dogmenentwicklung TSD008
Dr. Niels Christian Hvidt
Irene Hartl, 153836
Prophecy
Jedes Offenbarungsmodell bringt also ein anderes Prophetenbild mit sich, so dass sich Prophetie in
viele verschiedene Formen einteilen laesst und man manchmal sogar von einem Ende der Prophetie
spricht. Dass Prophetie jedoch keinesfalls in der Geschichte verschwunden ist, sondern sich
lediglich in ihrer Erscheinungsform wandelte, konnten wir in den letzten Seminarsitzungen immer
wieder fest stellen.
Nach dem Christusereignis wird Prophetie uminterpretiert: den Propheten des Alten Bundes sowie
den Propheten bis zu Johannes dem Taeufer kommt nun eine besondere Rolle zu: in der Theologie
vertritt man nun die These, dass sie auf Jesus Christus hinweisen. Die Propheten des Neuen
Testaments und die Propheten der Kirchengeschichte hingegen fuehren kraft ihres Prophetseins die
Menschen wieder zu Jesus zurueck.
Wie aber kann man die Propheten des Alten Testaments ploetzlich als Verweis auf Jesus sehen?
Handelt es sich hier lediglich um eine theologische Spitzfindigkeit und Interpretation, damit die
Geschichten des Alten und Neuen Bundes zusammen passen und in sich schluessig sind? Sicherlich
kann man diese Position vertreten, denn DIREKT spricht kein Prophet von Jesus von Nazareth als
dem Messias. Andererseits gehoert es ja zu den Kennzeichen der Prophetie,dass sie nicht nur fuer
ein einmaliges Ereignis entscheidend ist, sondern sozusagen „mehrmalig verwendbar“ wird.
So wurden auch im Alten Testament die urspruenglichen Prophetengeschichten aktualisiert, um
auch in der damaligen Gegenwart von Relevanz zu sein.
Jona ist zum Besipiel nicht nur ein Prophet der Stadt Ninive, sondern durch den aeusseren Rahmen,
der seiner Botschaft in der Geschichte gegeben wurde, wird er ein Prophet fuer alle. Ich denke, dass
die eigentliche Botschaft hauptsaechlich fuer die Gegenwart entscheidend ist (damit soll aber nicht
ausgeschlossen werden, dass sie nicht auch fuer die Zukunft von Bedeutung sein kann), und der
aeussere Rahmen einer Prophetengeschichte, als da sind das Verhalten des Propheten zum
Zeitpunkt seiner Erwaehlung, der Weg des Propheten, etc. eine besondere Rolle fuer die Gegenwart
der Zukunft spielt. So koennen also durchaus die Propheten des Alten Bundes auf Jesus Christus
verweisen, auch wenn man diesen Hinweis erst spaeter, wo sich die Geschichte bereits erfuellt hat,
erkennen und dementsprechend deuten konnte.
Das Prophetieverstaendnis nach Jesus hat sich hingegen sehr gewandelt. Die prophetische Botschaft
fuer die Gegenwart bleibt zwar erhalten, jedoch verweisen die (christlichen) Propheten nun
hauptsaechlich auf die Vergangenheit – auf Jesus von Nazareth und seine Botschaft -, die jedoch
auch fuer die momentane Gegenwart und Zukunft von Relevanz sein kann.
Waren die Propheten vor Jesus nur fuer die Gegenwart und Zukunft entscheidend, so beziehen die
Propheten nach Jesus auch die Vergangenheit mit ein, die ja mit Jesus Zukunft wird.
Zudem denke ich, dass die Lebensweise der heutigen Propheten weiterhin von grosser Bedeutung
bleibt. Zum Einen unterstreichen die Propheten damit ihre Glaubwuerdigkeit, wenn sie auch ihrer
Botschaft gemaess leben, zum Anderen wird zwar die Botschaft an sich durch die Lebensweise der
Propheten nicht geschmaelert, aber die Propheten koennen durch ihre Person Vorbild fuer andere
Menschen werden.
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Propheten waren jedoch mit ihrer Botschaft schon immer Gesellschaftskritiker – sie forderten die
Menschen dazu auf, sich wieder mehr auf Gott zu besinnen. Auch heute enthalten noch viele
prophetische Botschaften – ob sie nun von Gott persoenlich, Jesus, Maria oder einem Engel
kommen – die Aufforderung zum Gebet und zu einem gott-bezogenem Leben.
Wie ist jedoch das Verhaeltnis der Propheten zur Institution Kirche?
Zum Einen enthaelt ihre Botschaft auch Kritik an der Kirche selbst – vielleicht steckt sogar in so
manchem Kirchenkritiker eine prophetische Gabe ...
Hier sind wir schon bei einem anderen Problem: die Kirche wird zwar bisweilen von Propheten
kritisiert und zur Umkehr aufgefordert, jedoch glaubt gerade sie, die Kriterien fuer wahre und
falsche Prophetie zu haben und bestimmen zu koennen, wer den Namen Prophet verdient oder auch
nicht.
Was waere also, wenn ein Prophet, der sich ja direkt auf Gott berufen kann, mit den Dogmen der
Kirche auf Grund seiner Botschaft nicht-konform waere?
Hat man also den Namen Prophet nur verdient, wenn man mit der (roemisch-katholischen) Kirche
konform bleibt?
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