Theologie der Befreiung ,,Theologie der Befreiung" ist eine Form der Theologie die aus der unmittelbaren Erfahrung beispiellosen Elends und der Unterdrückung in den Dörfern und überfüllten Städten Südamerikas - einem Kontinent, in dem Folter, Unterernährung und Analphabetentum alltägliche Wirklichkeit sind – entstanden ist.. Text 1 zur Theologie der Befreiung - von Gustavo Gutierrez Irdischer Fortschritt oder ... Befreiung des Menschen und Wachstum des Gottesreiches sind ausgerichtet auf die vollgültige Gemeinschaft der Menschen mit Gott und der Menschen untereinander. Beide haben ein und dasselbe Ziel. Ihre Wege jedoch verlaufen nicht parallel nebeneinander her, noch aufeinander zu. Das Wachsen des Reiches [Gottes] ist ein Prozeß, der sich geschichtlich in der Befreiung vollzieht, insofern diese eine größere Realisation [Verwirklichung] des Menschen ermöglicht und die Bedingung für eine neue Gesellschaft ausmacht.... Das Reich nimmt Gestalt an in geschichtlichen Befreiungsversuchen, weist auf ihre Grenzen und Doppeldeutigkeiten hin, kündigt ihre letztgültige Vollendung an und treibt sie wirksam bis zur Schaffung der vollen Gemeinschaft. Wir identifizieren nichts [wir betreiben keine Gleichmacherei von Reich Gottes und sozialer Befreiung]. Dennoch wird ohne geschichtliche Befreiungsinitiativen das Gottesreich nicht wachsen können, und der Befreiungsprozeß wird die Wurzeln der Unterdrückung und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen erst mit dem Advent [Ankunft] des Reiches besiegen, das aber vor allem ein Geschenk bleibt. Mehr noch: Man kann sagen, das politische und geschichtliche Befreiungsgeschehen sei Wachstum des Reiches, sei Heilsereignis. Jedoch ist es weder das Kommen des Reiches selbst noch die ganze Erlösung. In ihm [im Befreiungsgeschehen] realisiert sich historisch das Reich und, weil das so ist, kündigt es auch die Vollendung an. Text 2 zur Theologie der Befreiung - von Leonardo Boff Am Anfang hat Jesus weder sich selbst noch die Kirche gepredigt, sondern das Reich Gottes. Das Reich Gottes ist die Verwirklichung der Grundutopie des menschlichen Herzens, dass diese Welt ganz und gar verändert und von allem Entfremdenden befreit wird - von Schmerz, Sünde, Spaltung und Tod. Jesus kommt und verkündet: ,,Das Warten hat jetzt ein Ende. Das Reich ist nahe!" Aber Jesus verkündet nicht nur diese neue Wirklichkeit, sondern beginnt bereits, sie in die Tat umzusetzen und zu zeigen, daß sie in dieser Welt möglich ist. Jesus ist also nicht gekommen, den Menschen zu entfremden und in eine andere Welt zu versetzen. Er ist gekommen, eine gute Nachricht zu bestätigen: Diese unheilvolle Welt hat ein gutes, menschliches und göttliches Ende. Das Reich Gottes, das Christus verkündet, ist keine Befreiung von diesem oder jenem Übel, von der politischen Unterdrückung durch die Römer, von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Volkes oder auch nur von der Sünde. Das Reich Gottes darf nicht auf diesen oder jenen Aspekt privatisiert werden, es umfaßt alles: Welt Mensch und Gesellschaft. Das Gesamt der Dinge soll durch Gottes Eingreifen anders werden. Deshalb sagt Christus auch: ,,Das Reich Gottes kommt nicht so, daß man es an äußeren Zeichen erkennen könnte. Man kann auch nicht sagen: Seht hier ist es!, oder: Dort ist es! Denn: Das Reich Gottes ist mitten unter euch" (Lukas 17,20-21). ... Die entscheidende Perspektive des südamerikanischen Menschen ist nicht die Vergangenheit (...), sondern die Zukunft. Deshalb ist das utopische Element bei uns so aktivierend. Aber Utopie darf nicht als Illusion oder Flucht vor der gegenwärtigen Welt mißverstanden werden. Wie philosophische und theologische Studien in den letzten Jahren gezeigt haben, wird die Utopie aus dem Prinzip Hoffnung geboren; dieses ist verantwortlich für die Modelle zur Vervollkommnung unserer Gesellschaft, die ihrerseits den sozialen Prozeß nicht stagnieren oder sich ideologisch verabsolutieren lassen darf, sondern ihn unentwegt offen halten muß für eine sich ständig intensivierende Veränderung. Der Glaube verkündet die Utopie einer ganz und gar versöhnten Welt - als Potenzierung dessen, was wir hier mit Sinn und Liebe schaffen - , und zeigt, dass dies in Christus [zeitweise] bereits Wirklichkeit geworden ist. Unser Einsatz beim Aufbau einer menschlicheren und brüderlicheren Welt ist auch theologisch relevant: Er [der Einsatz] schafft und antizipiert [teilweise vorwegnehmen] die endgültige Welt, die uns verheißen ist und von der Jesus Christus gezeigt hat, daß sie möglich ist. BEI AUFGABENSTELLUNG BEACHTEN ! Keine allgemeinen Aussagen (zum Beispiel was Jesus sagt) zum Reich Gottes mit notieren, sondern nur die speziellen, die durch die beiden Theologen konkret auf das Leben und die Gesellschaft bezogen werden!