Kirchengeschichte in Jahrhunderten

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Kirchengeschichte in Jahrhunderten
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Die beiden ersten Jahrhunderte
Alles beginnt mit Jesus von Nazareth. Er ist von Gott gesandt; mehr noch: Nach seinem Tod
erkennen seine Anhänger: Er war Gottes Sohn. Er ist Immanuel = Gott mit uns.
Jesu Verkündigung war einfach und entschieden: Liebe Gott aus Deinem ganzen Herzen
und liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Diese einfache Botschaft, eine „gute, frohe
Nachricht“ (d.h. griechisch: Evangelium) befreit Menschen. So heilt Jesus die Menschen, er
tröstet, gibt Vertrauen, stärkt das Selbstbewusstsein. Aufgezeichnet in den Evangelien: Mt,
Mk, Lk, Joh.
Seine Jünger tragen die Botschaft in alle Welt.
Unter den Aposteln sind Petrus und Paulus die bedeutendsten. Apostelgeschichte.
Am weitesten kommt dabei Paulus aus Tarsus herum. Mehrere große Reisen führen ihn nach
Kleinasien, Griechenland und zuletzt bis Rom. Auf diesen Reisen gründet er viele
Gemeinden. In zahlreichen Briefen hält er mit ihnen Kontakt. Diese Briefe entfalten und
begründen den jungen Glauben. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil des Neuen Testamentes.
Zwischen den Jahren 50 und 100 entstehen die vier Evangelien. In ihnen berichten Matthäus,
Markus, Lukas und Johannes aus dem Leben Jesu. Von Lukas stammt ein weiteres Buch des
Neuen Testamentes: Die Apostelgeschichte. Sie schildert die Ausbreitung des Glaubens von
Jerusalem bis nach Rom, dem Herzen des römischen Imperiums. Johannes wird die so
genannte Offenbarung zugeschrieben. Dieses Buch versucht in extrem bildhafter Art den
unter Verfolgung leidenden Gemeinden Trost und Zuversicht zu spenden: Auch wenn die
Welt in Trümmer zu fallen scheint („Apokalypse“): Gott wird am Ende siegen.
Die ersten Jahrhunderte sind einerseits Jahre stürmischen Wachstum - entlang der römischen
Handels- und Verkehrswege über Händler und Soldaten. Schon bald gab es in allen mehr oder
weniger großen Städten und Garnisonen Christen. Das Christentum wird zur Religion vor
allem der einfachen Leute und der Angehörigen sozial benachteiligter Gruppen. Sie vor
allem waren ansprechbar für die revolutionären Ideen der Geschwisterlichkeit, der
Menschenwürde, der Barmherzigkeit und Friedfertigkeit.
Andererseits aber dringen immer mehr auch Gedanken der hellenistischen Philosophie in
das Christentum ein (vor allem die Gnosis), Gedanken und Idee, die der Theologie der
kommenden Jahre manchen Verdruss bereiten werden. Mitte dieses Jahrhunderts ist der
christliche Glaube im ganzen Reich verbreitet: Spanien, Frankreich, Südengland, Ägypten,
Kleinasien, Nordafrika, am Schwarzen Meer; auch außerhalb des Imperiums in Armenien, in
Syrien, in Äthiopien. Der Legende nach soll der Apostel Thomas sogar bis hin nach Indien
(Thomaschristen)gekommen sein.
Zum Dritten ist dies eine Zeit der institutionellen Konsolidierung der jungen Kirche.
Strukturen verfestigen sich. Die besondere Rolle des Bischofs von Rom beginnt sich
herauszukristallisieren. Lehrbriefe und Synoden legen Ordnungen fest. Um 200 gibt es die
Kirchenordnung des Hippolyt, die den Aufbau der Gemeinde und liturgische Fragen regelt.
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Das dritte Jahrhundert
Andererseits werden nun aber auch die Probleme der jungen Kirche deutlicher: Es beginnt die
theologische Durchdringung des Glaubens, vor allem des Christusgeheimnisses.
Wer ist Jesus wirklich? Wie kann Gott Mensch sein? Wie können die Geheimnisse des
Glaubens in der Sprache der Vernunft verständlich gemacht werden. Aus einem einfachen
Glauben beginnt sich eine komplizierte Theologie zu entwickeln. Währenddessen hält der
äußere Druck unvermindert an:
Die Christen müssen weiterhin blutige Verfolgungen ertragen.
1. Epoche: Christen als Sündenböcke: Nero bis ca. 100, Brand Roms (Tacitus: Christen
dienten als lebendige Brandfackeln bei den nächtlichen Zirkusspielen, Kreuzigungen,
Tierhetzen…)
Kaiser Domitian (81-96) ließ sich „Dominus et Deus“ anreden, Kaiserkult (Adonai/kyrie)
2. Epoche: Rechtsbestimmung des Staates: Trajan/Hadrian (100 – 250)
Briefwechsel zwischen Trajan und Plinius
3. Epoche: Systematische Verfolgung: Decius/Diokletian (250-311),
„Christen gelten als gottlos (Opferbescheinigung), als Staatsfeinde und als unvernünftig“
(Katakomben in Rom geben Zeugnis vom Glauben der Christen, christl. Symbolik)
Es ist aber auch die Zeit großer Heiliger: Der Bischof und Theologe Origines, Tertullian, der
die Rechtgläubigkeit verteidigt,, die Bischöfe Dionysius von Alexandrien, Cyprian von
Karthago oder der sozial engagierte Diakon Laurentius, den man auf einem Rost zu Tode
quält ...
„Sanguis martyrum semen christianorum“
weiterführende Themen: Christenverfolgung heute
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Das vierte Jahrhundert
Dieses Jahrhundert bringt zunächst das Ende der Unterdrückung. Schlacht an der Milvischen
Brücke Konstantin gegen den Rivalen Maxentius („in diesem Zeichen siege“)
Kaiser Konstantin macht das Christentum zu einem vom Staat anerkannten Kult –
Toleranzedikt von Mailand (313).
Veränderungen: Staat und Kirche gehen zusammen, Ende der Christenverfolgung,
Abschaffung der Kreuzigung, Sklaverei, Gladiatorenkämpfe,
Sonntag wird als freier Tag eingeführt, Kirchenorganisation beginnt (Pfarren, Diözesen,…),
Rechtsdenken und Konzilien, Kirche wird zur Massenkirche (Mitläufer), Kindertaufe,
christliche Soldaten, Intoleranz von Christen gegen die „Heiden“.
Unter dessen Nachfolger Theodosius dem Großen schließlich wird es sogar Staatsreligion
(380). Der Legende nach soll Konstantin sich dem Christentum zugewandt haben, weil er
kurz vor der Entscheidungsschlacht um Rom an der milvischen Brücke eine Kreuzes-Vision
gehabt habe, in der ihm verheißen worden sei: „In diesem Zeichen wirst Du siegen!“
Der wahre Grund ist dagegen vermutlich seine politische Weitsicht. Eine einzige Religion im
Staat, der Glaube an einen Gott, dem Schöpfer der ganzen Welt und dem Herrn aller
Menschen ist allemal staatserhaltender und einheitsstiftender als eine Vielzahl von
Religionen, Kulten und religiösen Überzeugungen. Außerdem war diese neue, junge Religion
noch stark, kraftvoll und voller Dynamik. Für viele Kirchenkritiker jedoch war diese
staatliche Protektion ein verhängnisvoller Schritt mit weit reichenden Folgen für den Glauben:
Dadurch sei die Kirche in eine gefährliche Nähe zur staatlichen Macht gekommen. In der Tat
haben in der Folgezeit römisches Recht, Verwaltungswesen und Organisation das kirchliche
Denken beeinflusst und kirchliche Strukturen mitgeprägt.
Das vierte Jahrhundert ist aber auch die Zeit gefährlicher Irrtümer und Irrlehren. Erste
gesamtkirchliche Konzilien und viele regionale Synoden und Konzilien müssen Klarheit
schaffen.
Überblick zu den Konzilien
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Das fünfte Jahrhundert
In diesem Jahrhundert leben und sterben so bekannte Leute wie: Martin von Tours,
Ambrosius von Mailand, Johannes Chrysostomos, und Augustinus (30).
Der heilige Patrick von Irland missioniert. Von Irland und Schottland aus werden bald darauf
eine Vielzahl von Missionaren das Festland durchwandern und missionieren. Währenddessen
geht das weströmische Reich in die Brüche. Vandalen, West- und Ostgoten, die Franken - sie
werden zusammen mit ihrem König 498 - katholisch- drängen über die Grenzen. Die
Umwälzungen der Völkerwanderung lassen Rom wanken und schließlich stürzen. Mehr und
mehr fällt der Kirche nun die Rolle einer ordnenden Macht zu.
Sie wird Kulturerbe der klassischen Antike und Kulturträger der kommenden Zeit. Unter den
Händen rivalisierender Kaiser und Könige und miteinander kämpfender Völker wird
andererseits das Christentum aber auch zum begehrten Spielball politischer Interessen: Für die
Kirche lebensgefährliche Irrlehren wie der Arianismus oder der Nestorianismus zum
Beispiel werden in den Händen rivalisierender Herrscher zum Mittel der politischen
Auseinandersetzung
Das sechste Jahrhundert
Einer der herausragenden Figuren des 6. Jahrhunderts ist der Heilige Benedikt von Nursia. In
Monte Casino gründet er 529 das erste große Kloster. Der Kernsatz der Ordensregel der
Benediktiner lautet: Bete und arbeite. Gegen die Völkerwanderung setzte er die stabilitas loci
fest. Die Regel des hl. Benedikt ist bis heute Grundlage vieler Ordensgemeinschaften.
Das Weströmische Reich liegt in den letzten Zügen und bricht mehr und mehr unter dem
Ansturm von Goten und Langobarden zusammen. Der Untergang Roms ist nicht aufzuhalten.
Einer der größten Päpste der Kirche hat 590 den Papstthron bestiegen: Gregor der Große. In
den Wirren dieser Epoche ist der Papst die einzige noch effektiv funktionierende
Ordnungsmacht in Rom. Seine Politik (Konzentration des Besitzes um Rom, Zentralisierung
der Verwaltung) schafft die ersten Voraussetzungen für die spätere Schaffung des
Kirchenstaates
Weite Teile Europas waren inzwischen zwar getauft. Das Christentum war aber noch lange
nicht „in den Herzen der Menschen verwurzelt“
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Das siebte Jahrhundert
Kennt relativ wenige „große Daten und Ereignisse“. Und dennoch: Was damals geschah,
wirkt sich noch heute aus...
640 zum Beispiel werden die Serben christlich. Einige tausend Kilometer südlich wird zur
gleichen Zeit Mohammed geboren. Und mit ihm der Islam. Noch 1994/95 müssen beide
Religionen als Rechtfertigung und Ausrede herhalten für Völkermord, Nationalismus, Gewalt
und Terror...
In England gewinnt der römische Papst mit Hilfe der iroschottischen Mönche den Sieg über
die Angelsachsen (664 Synode von Whitby). Damit setzt er zugleich auch römisches Denken
durch: Und das bedeutet: Zentralisierung und Hierarchisierung. Es werden Mönche aus dieser
geistigen Tradition sein, die wenig später auf dem Festland die Kirche aufbauen und in eben
diesem Sinn reorganisieren.
Und es sind wiederum diese Staaten, die bis weit ins Mittelalter hinein europäische und
kirchliche Politik dominieren. In Gallien, im Bereich der heutigen Schweiz und in Oberitalien
missioniert oder besser reformiert in diesem Jahrhundert Columban die Kirche. Er wird
unterstützt von Kilian (Würzburg) und Gallus (St. Gallen). Ende dieses Jahrhunderts wird
dann der Mann geboren, der für Deutschlands Kirche von ausschlaggebender Bedeutung ist:
Bonifatius
Für Salzburg beginnt ein Wiederaufbau unter Rupert aus Worms (696) und dem
iroschottischen Mönch und späteren Bischof Virgil
Weiterführende Themen: Salzburger Kirchengeschichte
Das achte Jahrhundert
Das achte Jahrhundert steht - zumindest unter deutscher Sicht- ganz unter dem Namen
Bonifatius. In einem - für frühmittelalterliche Verhältnisse - reifen Alter von 40 Jahren erhält
Winfried Bonifatius den Auftrag, Germanien zu missionieren. Sein Aufgabenbereich reicht
von der Nordsee bis zu den Alpen. Er gründet eine Vielzahl von Bistümern (u.a. Fulda, Erfurt,
Würzburg, Eichstätt). Er kämpft gegen heidnische Vorstellungen, reformiert das
Klosterwesen (unterstellt sie der Regel des hl. Benedikt), er sorgt für eine gediegene
Klerusausbildung, er baut eine funktionierende Verwaltung auf, er schwört die germanische
Kirche auf Rom ein: Ein Mammutlebenswerk. 754 wird er bei einer Tauffeier in Friesland
erschlagen.
Im Westen Europas werden unterdessen ebenfalls Fakten geschaffen. 732 hatte Karl Martell
das Abendland bei Tours und Poitiers vor den Arabern gerettet. Sein Nachfolger Pippin ist der
Kirche eng verbunden. Bonifatius salbt ihn zum König, Papst Stephan wiederholt die Weihe.
Die römische Kirche bindet ihr Schicksal an das Frankenreich. Pippin zeigt sich erkenntlich:
Er schenkt der römischen Kirche weite Bereiche Mittelitaliens zu eigen, ideologisch gestützt
mit der „konstantinischen Schenkung“, einer glatten Fälschung. Angeblich habe Konstantin
die Päpste zu Erben und Rechtsnachfolgern des römischen Reiches gemacht. Obwohl schon
sehr früh die Falschheit des Dokumentes bekannt war, hat die römische Kirche intensiv davon
Gebrauch gemacht und Ansprüche durchgesetzt.
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Das neunte Jahrhundert
Das neunte Jahrhundert ist das Jahrhundert Karls des Großen. Er schafft ein einheitliches
europaweites Reich und ist gleichzeitig Hüter der Kirche. Weihnachten 800 krönt ihn Papst
Leo III. in Rom zum Kaiser. Spätestens jetzt kann man von einem „christlichen Abendland“
im heutigen Sinn sprechen, Militärischen Eroberungen Karls folgen - teils brutale Zwangsmissionierungen (z.B: Sachsen). Dabei mischen sich bei Karl militärpolitische
Überlegungen mit religiösen Überzeugungen. 814 stirbt Karl in Aachen.
Im Osten Europas haben inzwischen die Mönche Methodius und Cyrill ein Werk vollbracht,
das hinter der Leistung des Bonifatius nicht zurücksteht. Sie entwickeln für die Slawen ein
eigenes Alphabet, eine Liturgie und eine Bibel in eigener Sprache. Bei gleichzeitiger
optimaler „Inkulturation“ binden auch sie ihr Werk konsequent an Rom und den Papst an.
Umso verrückter, dass gerade dieses Jahrhundert als eines der schwärzesten in der
katholischen Kirche gilt. Mit ihm beginnt das „saeculum obscurum“, das so genannte
„finstere Mittelalter“.
Rom findet sich nach Karls Tod alleingelassen und den Intrigen und Machtspielen regionaler
Machthaber um Rom ausgeliefert. Das Papsttum wird hineingerissen in den Sumpf von
politischer Gewalt, machtlüsternen Intrigen, feigem Verrat und kalkuliertem Mord, von
Ämterkauf und sexueller Ausschweifung. Betrug, Mord und Todschlag stehen fast auf der
vatikanischen Tagesordnung. 44 Päpste besteigen den Papstthron allein zwischen 882 (Papst
Johannes VIII) und 1049 (Papst Leo IX), ein Personalbedarf, der unter normalen Umständen
für 500 Jahre und mehr gereicht hätte!
Aber wie so oft: Wo alles zu zerfallen scheint, sind die heilenden, die positiven Kräfte des
Neuanfangs nicht fern. Die cluniazensische Reformbewegung (benannt nach dem
burgundischen Reformkloster Cluny) erneuert die Kirche nachhaltig und von innen heraus.
weitere Themen: Taizé und Freré Roger Schutz
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Das zehnte Jahrhundert
Gleichzeitig kommen in Deutschland die „Ottonen“ an die Macht. Heinrich I. deutscher
König von 919-936, Otto der Große, Kaiser seit 963 und mit Kaiser Konrad 1024 das
Geschlecht der Salier. Sie schaffen neu ein starkes, geeintes deutsches Reich, das nun wieder
in die Lage versetzt wird, ordnend in Rom einzugreifen.
In dieser Epoche wird die Kirche in Deutschland konsequent in die Herrschaftsstrukturen
eingebunden. Die Könige geben Bischöfen Anteil an der Macht, machen sie zu Fürsten mit
großem und weit reichenden Einfluss.
Da die Bischöfe ehe- und kinderlos sind und somit keinen familiären- oder Sippeninteressen
unterliegen, erhoffen sich die Könige und später die Kaiser von ihnen besondere Treue,
Verbundenheit und Verlässlichkeit.
Dafür beanspruchen sie entscheidende Mitspracherechte bei der Bischofsernennung. Dieses
System, das im günstigen Fall durchaus zu beider Seiten Vorteil gelingen konnte, trug in sich
den Keim des Missbrauchs („Vetternwirtschaft“, „Ämterkauf“ - Nepotismus, Simonie). Der
Konflikt mit Rom war vorprogrammiert.
Zumal, wenn die Kaiser sich bei der Besetzung des Papststuhls einmischten. Das geschah oft
genug sogar zum Besten der Kirche (Unterstützung von innerkirchlichen
Reformbewegungen).
Das elfte Jahrhundert
Der Kampf darum, wer in der Kirche und im Reich das Sagen und das letzte Wort hat, ist als
„Investiturstreit“ bekannt. Dieser Streit fand 1077 mit dem Bußgang nach Canossa einen
Höhepunkt, aber noch lange nicht das Ende. Papst Gregor VII. schien zwar vordergründig
„Sieger“ über König Heinrich IV. zu sein. Aber kurz danach entbrannte der Streit umso
heftiger, gegenseitige Absetzungen, Bannsprüche, militärisch ausgefochtene Machtkämpfe
zwischen der königlichen und der päpstlichen Partei bleiben an der Tagesordnung.
Denn so einfach lagen die Dinge nicht. Zu sehr waren Kirche und Königreich von dem
Gedanken durchdrungen, dass es vor Gott nur eine Christenheit gebe, gleichsam ein Leib, an
dem Papst und Kaiser lediglich der jeweils „andere“ Arm waren. Der Kampf zwischen beiden
sollte sich noch bis zum Wormser Konkordat 1122 hinziehen.
Doch vielleicht weit reichender und folgenschwerer wurde die Auseinandersetzung des
Papstes mit Byzanz. Der Patriarch von Konstantinopel fühlte sich im Kampf gegen die
islamischen Sarazenen von Rom verraten und verkauft; er sammelt „Glaubensgründe“ gegen
den Papst. Diese theologischen Streitigkeiten führen dann zum großen Schisma von 1054.
Seither gibt es die Westkirche (römisch-katholisch) und die Ostkirchen (Orthodoxe). Zum
ersten Mal in der Geschichte des Christentums kann man nicht einfach nur von „der Kirche“
sprechen.
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Das 12. Jahrhundert
Die kommenden Jahrhunderte haben ein neues Thema: Die Auseinandersetzung mit dem
Islam und der arabischen Expansion. Längst hat der Islam Arabien, Nordafrika, Spanien
erobert. Er ist bis Indien vorgedrungen. Israel, das Heilige Land ist bedroht.
1119 gründen französische Ritter zum Schutz der Pilger im Heiligen Land den „TemplerOrden“. In Spanien kann König Alfons I. von Arragon einen Teil Spaniens den Muslimen
wieder entreißen Spanien tritt allmählich ins Rampenlicht der europäischen Machtpolitik.
Allerdings dauert es noch ca. 300 Jahre, bis unter dem Spanier Philipp II. ein Weltreich
entstanden ist, in dem „die Sonne nicht untergeht“. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts
beginnen die Kreuzzüge. Dem Zisterziensermönch Bernhard von Clairveaux gelingt es, in
feurigen Predigten den deutschen und französischen König und die Ritterschaften Europas für
den Kreuzzug zu begeistern.
In dieser Zeit lebt auch Hildegard von Bingen.
Inzwischen ist es Kaiser Friedrich I., der sich mit dem Papst herumschlägt und am Ende
unterliegt.
Er wird zweimal gebannt, sein Sohn wird hingerichtet. Das Ende der Stauffermacht drängt für
lange Zeit Deutschland aus der europäischen Machtpolitik.
1187 wird Jerusalem von den Sarazenen erobert und das christliche Heer vernichtend durch
Saladin geschlagen. Während die Päpste und bischöflichen Fürsten in der „Weltpolitik“
engagiert sind, finden sich an der Basis immer wieder Reformer, die den Kern des christlichen
Glaubens entschieden leben. Einer, der bis heute den Geist der Kirche entscheidend mitprägte,
ist der Bettelmönch Franziskus.
Auch heute sind es vor allem Mönche aus den franziskanisch geprägten Orden, die sich für
soziale Gerechtigkeit auch politisch engagieren (Theologie der Befreiung). Neben den
Reformbewegungen in der Kirche entstehen auch kirchenkritische und sozialrevolutionäre
Bewegungen. Eine kirchliche und staatliche Interessengemeinschaft führt in Südfrankreich zu
einem brutalen und grausamen Krieg gegen die Albigenser. Ein Massaker im Namen des
rechten Glaubens.
Nachdem Jerusalem von Kreuzfahrern in einer blutigen Schlacht zwischenzeitlich
zurückerobert werden konnte, geht Jerusalem 1244 der Christenheit endgültig verloren. Rund
50 Jahre später ist das gesamte Kreuzzugsunternehmen gescheitert: Mit dem Fall der Burg der
Hafenstadt Akko 1291 werden die letzten Kreuzritter vertrieben.
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Das 13. Jahrhundert
Es ist das Jahrhundert der Hochscholastik. In ihm leben und sterben so große Theologen wie
Thomas von Aquin (+1274), Bonaventura (+1274), der „doctor universalis“ Albertus
Magnus (+1280), Hochschullehrer in Köln und Paris, Alexander von Hales, Johannes
Dunscotus.
Es ist aber auch das Jahrhundert aufgewühlter religiöser Erneuerung, apokalyptischer Ängste,
schwärmerischer und sozialer Bewegungen. Es ist das Jahrhundert eines Franziskus, aber
auch das der Geißlerbewegung und der Albigenserkriege. Die Geißler (lat. Flaggelanten),
zogen singend und betend durch das Land, geißelten sich zur Buße die nackten Oberkörper,
um so -schwärmerisch verzückt- am Leiden Jesu teilzuhaben und die Welt zu erlösen.
Fanatisierte Kinder rotten sich zusammen und ziehen gegen Jerusalem (Kinderkreuzzug) und
gehen unterwegs elend zugrunde. Der nach Joachim von Fiore genannte Joachimismus
(Warten auf den Weltuntergang) findet rund 50 Jahre nach dem Tod Joachims in dieser Zeit
seinen Höhepunkt.
Wie verunsichert die offizielle Kirche auf diese Aufbrüche reagiert, zeigt das Verbot von
Ordensgründungen. 1215 und 1231 wird die Inquisition gegründet, in ihren schlimmen
Auswirkungen eine Art "kirchliche Gesinnungspolizei".
In der gleichen Zeit leben und dichten in Deutschland Walter von der Vogelweide, Wolfram
von Eschenbach und Gottfried von Straßburg. In Italien entstehen die ersten Werke Dantes.
Im Kloster Helfta lebt eine große Mystikerin: Die heilige Mechthild.
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Das 14. Jahrhundert
Das vierzehnte Jahrhundert steht für das Aufkommen der Renaissance und dem gleichzeitigen
Verfall des Papsttums. Es ist eines der dunkelsten Kapitel der Kirche. Anfang des
Jahrhunderts bereits geraten die Päpste unter den Einfluss Frankreichs und müssen nach
Avignon umsiedeln (1309) und bleiben dort bis 1377. Papst Gregor XI kehrt nach Rom
zurück. Ein Jahr später setzt Frankreich einen Gegenpapst durch. Das abendländische
Schisma ist da und dauert bis 1415. Der Wunsch nach kirchlicher Erneuerung und religiöser
Vertiefung bewegt dagegen die Basis. Bußprediger wie Vinzenz Ferrer und Bußwallfahrten
finden breiten Anklang.
Unter dem französischen Druck löst der Papst 1312 den Templerorden auf, das Vermögen
fällt an den französischen König. In Frankreich wachsen auch innerkirchliche, theologische
Bestrebungen, die zentrale Rolle Roms infrage zu stellen: die Ideen des Konziliarismus (ein
Konzil ist die oberste Autorität der Kirche und dem Papst übergeordnet)
und Gallikanismus (die Forderung nationaler Staatskirchen) werden die kommenden Jahre
Kirche, Theologie und Staat beschäftigen und bis ins 19. Jahrhundert hineinwirken.
Die Schwäche des Papsttums und seine Abhängigkeit von französischen Interessen führt
umgekehrt dazu, dass sich die deutschen Fürsten und Könige von Rom und päpstlichen
Machtansprüchen emanzipieren.
Mit Ludwig wird 1328 zum ersten Mal ein Kaiser in Abwesenheit eines Papstes gekrönt. 1338
regelt der Rhenser Kurverein und 1356 die Goldene Bulle das Wahlrecht neu: Sieben
Kurfürsten wählen den deutschen König; eine päpstliche Bestätigung ist dazu nicht mehr
erforderlich.
In diesem Jahrhundert beginnen die - vorher so nicht erahnten- die Kontaktes des
Abendlandes mit dem Morgenland in den Kreuzzügen Früchte zu tragen: Die abendländische
Kultur lernt arabische Wissenschaften kennen, über sie findet sie wieder Kontakt zu verloren
gegangenen antiken, hellenistischen Quellen. Das führt zu einer Wiedergeburt (Renaissance)
antiken Denkens. Der klassisch-schöne, göttliche Mensch wird Leitbild der Epoche. Diese
Ausgangslage führt zu einer fast explosionsartigen Entwicklung von Kunst, Erforschung,
Entdeckung und Bildung. 1348 wird die Universität Prag gegründet, 1365 folgen Wien, 1386
Heidelberg, 1388 Köln, 1392 Erfurt.
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Das 15. Jahrhundert
Dieses Jahrhundert bringt den Höhepunkt der Renaissance. Das zeigen so berühmte Namen
wie: Erasmus von Rotterdam, Theologe und humanistischer Philosoph; die Maler
Michelangelo, Leonardo da Vinci und Raffael; der Theologe Nikolaus von Cues, der
Mystiker Thomas von Kempen. Gutenberg entdeckt den Buchdruck (1445), Kolumbus
entdeckt Amerika (1492).
Gleichzeitig aber wütet in Spanien aufs Grausamste die Inquisition gegen Mauren, Juden,
Katharer und Waldenser. 1483 wird Luther geboren, 1484 Zwingli. Die Päpste in Rom
zeichnen sich eher durch Kunstverstand und Bauwut aus als durch theologische oder religiöse
Kompetenz.
Das 16. Jahrhundert
Das 16. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Reformation.
Vieles trägt zu dieser Entwicklung bei: Da ist einmal das veränderte geistige Klima der
Epoche, das gewachsene Selbstbewusstsein (Humanismus) der Menschen, ihr Anspruch auf
Selbstverantwortung (beginnender Individualismus), der die am Subjekt und an moralischer
Eigenverantwortung orientierte reformatorische Frömmigkeit mehr entsprach als die eher an
Gemeinschaft und Gehorsam orientierte katholische Mentalität.
Dem hatte eine degenerierte Kirche - zumal in Rom - wenig entgegenzusetzen. In den
entscheidenden Jahren sitzt ein Medici auf dem Papstthron, dem Glaube, Theologie und
Kirche weniger bedeuten als Kunst, prachtvolle Hofhaltung und Machtpolitik.
Der Buchdruck und die damit gegebene Publizität der Gedanken spielt eine wichtige Rolle
und macht die Reformation zu einer Massenbewegung. Die Übersetzung der Bibel durch
Martin Luther ins Deutsche erlaubt den Gläubigen einen eigenen Einblick in die Quellen des
Glaubens und macht sie damit kritischer und unabhängiger.
Sicherlich kam die Reformation mit ihrer antirömischen und faktisch auch antikaiserlichen
Dynamik den Unabhängigkeitswünschen der Fürsten entgegen. Zumal der Habsburger Kaiser
mit vier Kriegen (1521, 1527, 1536, 1442) gegen Franz I., König von Frankreich, hinreichend
beschäftigt war. Außerdem stehen die Türken vor Wien. (1529)
Als Rom dem englischen König Heinrich VIII. die Scheidung von seiner spanischen Frau
und eine Heirat mit Anna Boleyn verbietet (1533), macht ihn die Suprematsakte (1534) zum
Oberhaupt einer unabhängigen englischen Staatskirche. 1588 vernichtet seine kleine, aber
wendige Flotte die Armada, die berühmte Großflotte Spaniens.
Nach den Auseinandersetzungen mit Rom in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts folgt in der
zweiten eine Konsolidierung der Reformation zugleich auch ihre Ausdifferenzierung
(Calvinisten, Zwinglianer), gleichzeitig besinnt sich endlich auch die katholische Kirche und
beginnt ihre Selbstreform mit dem Konzil zu Trient 1545-1563. Papst Pius IV. stützt und
fördert die theologische und pastorale Erneuerung der Kirche.
Diese innere Reform wird bald zu einer „Gegenreformation“, dem Versuch - kirchlich und
machtpolitisch das an die reformatorischen Kirchen verlorene Terrain zurückzuerobern.
Innerkirchlich sind es vor allem die Jesuiten (in Deutschland Petrus Canisius und sein
Katechismus), auf der politischen und militärischen Seite sind es die spanischen Kaiser.
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Das 17. Jahrhundert
Für viele Menschen in ganz Europa bringt dieses Jahrhundert Elend und Leid, Verfolgung
und Unterdrückung. Europa ordnet sich religiös-kirchlich und machtpolitisch neu. 30 Jahre,
von 1618-1648 tobt auf deutschem Boden ein Krieg zwischen protestantischen Mächten,
angeführt von dem schwedischen König Gustav Adolf und den katholischen Mächten,
angeführt von den spanischen Kaisern. Viele fliehen vor der religiösen Unterdrückung und
dem wirtschaftlichen und sozialen Elend nach Amerika und suchen dort eine neue,
friedvollere und freiere Heimat.
Aber im gleichen Jahr, da die Pilgerväter in Amerika den Staat Massachusetts gründen,
werden in Virginia die ersten Negersklaven importiert.
Wiederum einige tausend Meilen südlich gründen Jesuiten 1608 einen unabhängigen
„Indianerstaat“, den Jesuitenstaat von Paraguay mit dem Ziel, die Unabhängigkeit und
Freiheit der Indianer zu sichern, sie zu bilden und wirtschaftlich unabhängig zu machen und
sie vor allem vor kolonialistischen Zugriffen zu schützen.
1648 wird Oliver Cromwell in England Gewaltherrscher; 1660 versuchen die katholischen
Stewarts eine Restauration auch in England; in der glorreichen Revolution 1688 werden die
Stewarts vertrieben und die englische Hochkirche als alleinige Kirche wiederhergestellt.
Aber dieses Jahrhundert kennt auch andere Namen: Die Maler Peter Paul Rubens und
Rembrand, die Philosophen Descartes und Baruch Spinoza oder John Locke, Thomas
Hobbes, in Frankreich Plaise Pascal, in Italien der Naturwissenschaftler Galileo Galilei. In
Frankreich lebt und wirkt Vinzenz von Paul, der sich für Arme und Kranke einsetzt.
Das 18. Jahrhundert
Die Jahre dieses Jahrhunderts bringen Europa endlich wieder eine gewisse Ruhe; mehr noch:
es erhebt sich aus den Ruinen zu neue Größe und Blüte. Es ist die Zeit des Barock (Johann
Sebastian Bach (+1750), Versaille und Ludwig XIV. (+1715); es ist die Zeit der Aufklärung
und der deutschen Klassik: Goethe, Schiller, Lessing, Klopstock, Kant, Herder, Voltaire,
Leibniz, David Hume ...
Aber Frieden kennt auch dieses Jahrhundert nicht: Österreich und Preußen (Siebenjähriger
Krieg 1756-1763),
die spanischen Erbfolgekriege (1701-14), England und Frankreich kämpfen in den
amerikanischen Kolonien gegeneinander, Polen wird geteilt und schließlich, am Ende dieses
Jahrhunderts: die große französische Revolution.
Nur unter Wehen kommt die Neuzeit zur Welt! Und aufs Ganze gesehen, gehört die
katholische Kirche noch zur alten Welt! Sie tut sich schwer mit dem neuen Denken, mit
protestantischer Freiheit und Selbstbewusstsein. Mit aller ihr noch verbliebenen Macht kämpft
sie gegen erneute Bestrebungen, Nationalkirchen unabhängig von Rom zu errichten (Emser
Punktation 1786; Febronianismus); auf Druck Portugals und Spaniens, die den Jesuitenorden
bereits aus ihren Ländern vertrieben hatten, muss der Papst schließlich 1773 diesen Orden
aufheben. Wegen ihres Einflusses und wegen ihrer antikolonialistischen Indianerpolitik waren
sie diesen Mächten obsolet geworden. Aber in der französischen Revolution 1789 entladen
sich all jene Spannungen ähnlich dem Erdbeben von Lissabon, das 1755 die Stadt dem
Erdboden gleichmachte.
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Das 19. Jahrhundert.
Die Revolution hat erst Frankreich, dann durch Napoleons Kriege ganz Europa grundlegend
verändert. Europa wird neu geordnet. Zunächst befreit man sich von Napoleon; auf dem
Wiener Kongress stecken die Großmächte ihre Claims neu ab. Die deutschen Länder bewegen
sich aufeinander zu (Zollverein, Deutscher Bund), versuchen sich in Demokratie
(Burschenschaft, Paulskirche). Das deutsche Bürgertum konsolidiert sich, sehnt sich nach
Geborgenheit und privater Ruhe (Biedermeier); die Romantik sucht nach neuen Idealen.
Goethes Faust entsteht, Beethoven lebt in Wien. Auch die katholische Kirche versucht Boden
unter die Füße zu bekommen. Der Kirchenstaat war bereits 1809 aufgehoben, der Papst
gefangen gesetzt worden. In Deutschland ist die Kirche enteignet worden. Doch bereits 1848
erhält der Kirchenstaat eine neue Verfassung und der Papst kehrt zurück.
Der äußeren Machtgrundlagen beraubt, sucht die katholische Kirche Halt und Sicherheit
„innen“. Einmal in der Betonung des Papsttums und des Zentrums Rom (Ultramontanismus,
Wiedereinführung der Inquisition, Einführung des Index, Wiederzulassung der Jesuiten). Zum
anderen aber auch in einer pastoralen, religiösen Erneuerung vor allem auch in Deutschland.
Das zeigte sich nicht zuletzt auch in ihrer Sensibilität für die soziale Frage (Aufbau eines
katholischen Vereinswesens, Aufbau des Laienkatholizismus, Einführung von
Katholikentagen; der für soziale Gerechtigkeit kämpfende Bischof Kettler, der
„Gesellenvater“ Adolph Kolping).
Anders Rom: Von einer Sensibilität für die Moderne keine Spur: Statt dessen Abwehr,
Verteidigung und Verfestigung. Während das geistige Leben von Denkern wie Marx,
Feuerbach, Kierkegard, Comte, Hartmann und Nietzsche bestimmt wird, wird seit 1870 im
katholischen Bildungsbereich ausschließlich neuscholastisch gedacht und gelehrt.
Der Papst stellt die Irrtümer der Moderne zusammen (Syllabus) und verurteilt sie. Kirchliche
Amtsträger müssen darauf schwören (Antimodernisteneid 1910). Die Betonung der
päpstlichen Macht führte 1871 zur Unfehlbarkeitserklärung des I. Vatikanischen Konzils; sie
stellt die Kirche in Deutschland vor eine Zerreißprobe und führt zur Abspaltung der
Altkatholischen Kirche.
Auch gegenüber dem Staat muss das Verhältnis neu geordnet werden. Konkordate werden
geschlossen mit den katholischen Ländern Österreich, Spanien, Bayern; mit dem
protestantischen Preußen muss erst ein „Kulturkampf“ ausgefochten werden.
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Das 20. Jahrhundert
Es sind keine kirchlichen Themen, die das 20. Jahrhundert bestimmen, sondern die russische
Revolution und deren Folgen, zwei große Weltkriege, der Holocaust, die Atombomben auf
Japan und schließlich der Zusammenbruch des Kommunismus oder auch die Landung des
ersten Menschen auf dem Mond. Dennoch gelingt der katholischen Kirche im zwanzigsten
Jahrhundert mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil der Anschluss an die Neuzeit. Hatte am
beginn dieses Jahrhunderts noch der Antimodernisteneid gestanden, so wünscht Papst
Johannes XXIII nun ein Aggiornamento, eine Anpassung. Papst Paul VI. setzt das Konzil
fort. Das neue Konzil sollte inhaltlich das Erste Vaticanum ergänzen und die Kirche der
Neuzeit öffnen: Katholische Kirche, das ist nicht nur der Papst, sondern die Gesamtheit aller
Bischöfe weltweit; das ist nicht nur der geweihte Klerus, sondern alle Getauften.
Entsprechend stärkten die Dokumente dieses Konzils die kollegialen Strukturen und die
Rechte und Mitverantwortung des „ganzen Volkes Gottes“.
Das Konzil öffnet sich dem demokratischen Denken und synodalen Strukturen, es bejaht die
Ökumene, bestimmt ihr eigenes Verhältnis gegenüber den anderen Weltreligionen neu. Das
Konzil mit seinen Hunderten von Bischöfen aus allen Ländern der Welt deutet aber auch das
Ende des Eurozentrismus an. Schon lange ist Europa nicht mehr der statistische Mittelpunkt
der Kirche. Mehr und mehr wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten auch der
Schwerpunkt der theologischen Forschung und der Spiritualität in die jungen Kirchen Afrikas,
Asiens und Lateinamerikas verlagern. Was das für die katholischen Kirchen Europas
bedeutet, in welche Richtung sich auch inhaltliche und politische Schwerpunkte der Kirche
verlagern ist noch nicht abzusehen.
Das zwanzigste Jahrhundert bringt mit dem Polen Karol Woityla den ersten Nichtitaliener
seit 500 Jahren als Johannes Paul II. auf den Papstthron. Er zählt zu den bedeutendsten
Päpsten der Kirchengeschichte, seine vielen Reisen haben ihn zu der bekanntesten
Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts gemacht.
Als seine Nachfolger werden Bischöfe aus Schwarzafrika, aus Südamerika, den Philippinen
wahrscheinlich. Sein Nachfolger wird der deutsche Theologe Kardinal Joseph Ratzinger, er
nennt sich Benedikt XVI.
http://www.salvator.net/salmat/reli/2jahrtausend.html#11
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Kirchengeschichte in Jahrhunderten
http://www.salvator.net/salmat/reli/2jahrtausend.html#11
Die beiden ersten Jahrhunderte
Alles beginnt mit Jesus von Nazareth. Er ist von Gott gesandt; mehr noch: Nach seinem Tod erkennen seine
Anhänger: Er war Gottes Sohn. Er ist Immanuel = Gott mit uns.
Jesu Verkündigung war einfach und entschieden: Liebe Gott aus Deinem ganzen Herzen und liebe deinen
Nächsten wie dich selbst. Diese einfache Botschaft, eine „gute, frohe Nachricht“ (d.h. griechisch: Evangelium)
befreit Menschen. So heilt Jesus die Menschen, er tröstet, gibt Vertrauen, stärkt das Selbstbewusstsein.
Aufgezeichnet in den Evangelien: Mt, Mk, Lk, Joh.
Seine Jünger tragen die Botschaft in alle Welt.
Unter den Aposteln sind Petrus und Paulus die bedeutendsten. Apostelgeschichte.
Am weitesten kommt dabei Paulus aus Tarsus herum. Mehrere große Reisen führen ihn nach Kleinasien,
Griechenland und zuletzt bis Rom. Auf diesen Reisen gründet er viele Gemeinden. In zahlreichen Briefen hält er
mit ihnen Kontakt. Diese Briefe entfalten und begründen den jungen Glauben. Sie sind ein wesentlicher
Bestandteil des Neuen Testamentes.
Zwischen den Jahren 50 und 100 entstehen die vier Evangelien. In ihnen berichten Matthäus, Markus, Lukas
und Johannes aus dem Leben Jesu. Von Lukas stammt ein weiteres Buch des Neuen Testamentes: Die
Apostelgeschichte. Sie schildert die Ausbreitung des Glaubens von Jerusalem bis nach Rom, dem Herzen des
römischen Imperiums. Johannes wird die so genannte Offenbarung zugeschrieben. Dieses Buch versucht in
extrem bildhafter Art den unter Verfolgung leidenden Gemeinden Trost und Zuversicht zu spenden: Auch wenn
die Welt in Trümmer zu fallen scheint („Apokalypse“): Gott wird am Ende siegen.
Die ersten Jahrhunderte sind einerseits Jahre stürmischen Wachstum - entlang der römischen Handels- und
Verkehrswege über Händler und Soldaten. Schon bald gab es in allen mehr oder weniger großen Städten und
Garnisonen Christen. Das Christentum wird zur Religion vor allem der einfachen Leute und der Angehörigen
sozial benachteiligter Gruppen. Sie vor allem waren ansprechbar für die revolutionären Ideen der
Geschwisterlichkeit, der Menschenwürde, der Barmherzigkeit und Friedfertigkeit.
Andererseits aber dringen immer mehr auch Gedanken der hellenistischen Philosophie in das Christentum ein
(vor allem die Gnosis), Gedanken und Idee, die der Theologie der kommenden Jahre manchen Verdruss bereiten
werden. Mitte dieses Jahrhunderts ist der christliche Glaube im ganzen Reich verbreitet: Spanien, Frankreich,
Südengland, Ägypten, Kleinasien, Nordafrika, am Schwarzen Meer; auch außerhalb des Imperiums in Armenien,
in Syrien, in Äthiopien. Der Legende nach soll der Apostel Thomas sogar bis hin nach Indien
(Thomaschristen)gekommen sein.
Zum Dritten ist dies eine Zeit der institutionellen Konsolidierung der jungen Kirche. Strukturen verfestigen sich.
Die besondere Rolle des Bischofs von Rom beginnt sich herauszukristallisieren. Lehrbriefe und Synoden legen
Ordnungen fest. Um 200 gibt es die Kirchenordnung des Hippolyt, die den Aufbau der Gemeinde und
liturgische Fragen regelt.
Das dritte Jahrhundert
Andererseits werden nun aber auch die Probleme der jungen Kirche deutlicher: Es beginnt die theologische
Durchdringung des Glaubens, vor allem des Christusgeheimnisses.
Wer ist Jesus wirklich? Wie kann Gott Mensch sein? Wie können die Geheimnisse des Glaubens in der Sprache
der Vernunft verständlich gemacht werden. Aus einem einfachen Glauben beginnt sich eine komplizierte
Theologie zu entwickeln. Währenddessen hält der äußere Druck unvermindert an:
Die Christen müssen weiterhin blutige Verfolgungen ertragen.
Epoche: Christen als Sündenböcke: Nero bis ca. 100, Brand Roms (Tacitus: Christen dienten als lebendige
Brandfackeln bei den nächtlichen Zirkusspielen, Kreuzigungen, Tierhetzen…)
Kaiser Domitian (81-96) ließ sich „Dominus et Deus“ anreden, Kaiserkult (Adonai/kyrie)
Epoche: Rechtsbestimmung des Staates: Trajan/Hadrian (100 – 250)
Briefwechsel zwischen Trajan und Plinius
Epoche: Systematische Verfolgung: Decius/Diokletian (250-311),
„Christen gelten als gottlos (Opferbescheinigung), als Staatsfeinde und als unvernünftig“
(Katakomben in Rom geben Zeugnis vom Glauben der Christen, christl. Symbolik)
Es ist aber auch die Zeit großer Heiliger: Der Bischof und Theologe Origines, Tertullian, der die
Rechtgläubigkeit verteidigt,, die Bischöfe Dionysius von Alexandrien, Cyprian von Karthago oder der sozial
engagierte Diakon Laurentius, den man auf einem Rost zu Tode quält ...
„Sanguis martyrum semen christianorum“
weiterführende Themen: Christenverfolgung heute
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Das vierte Jahrhundert
Dieses Jahrhundert bringt zunächst das Ende der Unterdrückung. Schlacht an der Milvischen Brücke Konstantin
gegen den Rivalen Maxentius („in diesem Zeichen siege“)
Kaiser Konstantin macht das Christentum zu einem vom Staat anerkannten Kult – Toleranzedikt von Mailand
(313).
Veränderungen: Staat und Kirche gehen zusammen, Ende der Christenverfolgung, Abschaffung der
Kreuzigung, Sklaverei, Gladiatorenkämpfe,
Sonntag wird als freier Tag
eingeführt, Kirchenorganisation beginnt (Pfarren, Diözesen,…), Rechtsdenken und Konzilien, Kirche wird zur
Massenkirche (Mitläufer), Kindertaufe, christliche Soldaten, Intoleranz von Christen gegen die „Heiden“.
Unter dessen Nachfolger Theodosius dem Großen schließlich wird es sogar Staatsreligion (380). Der Legende
nach soll Konstantin sich dem Christentum zugewandt haben, weil er kurz vor der Entscheidungsschlacht um
Rom an der milvischen Brücke eine Kreuzes-Vision gehabt habe, in der ihm verheißen worden sei: „In diesem
Zeichen wirst Du siegen!“
Der wahre Grund ist dagegen vermutlich seine politische Weitsicht. Eine einzige Religion im Staat, der Glaube
an einen Gott, dem Schöpfer der ganzen Welt und dem Herrn aller Menschen ist allemal staatserhaltender und
einheitsstiftender als eine Vielzahl von Religionen, Kulten und religiösen Überzeugungen. Außerdem war diese
neue, junge Religion noch stark, kraftvoll und voller Dynamik. Für viele Kirchenkritiker jedoch war diese
staatliche Protektion ein verhängnisvoller Schritt mit weit reichenden Folgen für den Glauben: Dadurch sei die
Kirche in eine gefährliche Nähe zur staatlichen Macht gekommen. In der Tat haben in der Folgezeit römisches
Recht, Verwaltungswesen und Organisation das kirchliche Denken beeinflusst und kirchliche Strukturen
mitgeprägt.
Das vierte Jahrhundert ist aber auch die Zeit gefährlicher Irrtümer und Irrlehren. Erste gesamtkirchliche
Konzilien und viele regionale Synoden und Konzilien müssen Klarheit schaffen.
Überblick zu den Konzilien
Das fünfte Jahrhundert
In diesem Jahrhundert leben und sterben so bekannte Leute wie: Martin von Tours, Ambrosius von Mailand,
Johannes Chrysostomos, und Augustinus (30).
Der heilige Patrick von Irland missioniert. Von Irland und Schottland aus werden bald darauf eine Vielzahl von
Missionaren das Festland durchwandern und missionieren. Währenddessen geht das weströmische Reich in die
Brüche. Vandalen, West- und Ostgoten, die Franken - sie werden zusammen mit ihrem König 498 - katholischdrängen über die Grenzen. Die Umwälzungen der Völkerwanderung lassen Rom wanken und schließlich stürzen.
Mehr und mehr fällt der Kirche nun die Rolle einer ordnenden Macht zu.
Sie wird Kulturerbe der klassischen Antike und Kulturträger der kommenden Zeit. Unter den Händen
rivalisierender Kaiser und Könige und miteinander kämpfender Völker wird andererseits das Christentum aber
auch zum begehrten Spielball politischer Interessen: Für die Kirche lebensgefährliche Irrlehren wie der
Arianismus oder der Nestorianismus zum Beispiel werden in den Händen rivalisierender Herrscher zum Mittel
der politischen Auseinandersetzung
Das sechste Jahrhundert
Einer der herausragenden Figuren des 6. Jahrhunderts ist der Heilige Benedikt von Nursia. In Monte Casino
gründet er 529 das erste große Kloster. Der Kernsatz der Ordensregel der Benediktiner lautet: Bete und arbeite.
Gegen die Völkerwanderung setzte er die stabilitas loci fest. Die Regel des hl. Benedikt ist bis heute Grundlage
vieler Ordensgemeinschaften.
Das Weströmische Reich liegt in den letzten Zügen und bricht mehr und mehr unter dem Ansturm von Goten
und Langobarden zusammen. Der Untergang Roms ist nicht aufzuhalten.
Einer der größten Päpste der Kirche hat 590 den Papstthron bestiegen: Gregor der Große. In den Wirren dieser
Epoche ist der Papst die einzige noch effektiv funktionierende Ordnungsmacht in Rom. Seine Politik
(Konzentration des Besitzes um Rom, Zentralisierung der Verwaltung) schafft die ersten Voraussetzungen für
die spätere Schaffung des Kirchenstaates
Weite Teile Europas waren inzwischen zwar getauft. Das Christentum war aber noch lange nicht „in den Herzen
der Menschen verwurzelt“
Das siebte Jahrhundert
Kennt relativ wenige „große Daten und Ereignisse“. Und dennoch: Was damals geschah, wirkt sich noch heute
aus...
640 zum Beispiel werden die Serben christlich. Einige tausend Kilometer südlich wird zur gleichen Zeit
Mohammed geboren. Und mit ihm der Islam. Noch 1994/95 müssen beide Religionen als Rechtfertigung und
Ausrede herhalten für Völkermord, Nationalismus, Gewalt und Terror...
In England gewinnt der römische Papst mit Hilfe der iroschottischen Mönche den Sieg über die Angelsachsen
(664 Synode von Whitby). Damit setzt er zugleich auch römisches Denken durch: Und das bedeutet:
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Zentralisierung und Hierarchisierung. Es werden Mönche aus dieser geistigen Tradition sein, die wenig später
auf dem Festland die Kirche aufbauen und in eben diesem Sinn reorganisieren.
Und es sind wiederum diese Staaten, die bis weit ins Mittelalter hinein europäische und kirchliche Politik
dominieren. In Gallien, im Bereich der heutigen Schweiz und in Oberitalien missioniert oder besser reformiert in
diesem Jahrhundert Columban die Kirche. Er wird unterstützt von Kilian (Würzburg) und Gallus (St. Gallen).
Ende dieses Jahrhunderts wird dann der Mann geboren, der für Deutschlands Kirche von ausschlaggebender
Bedeutung ist: Bonifatius
Für Salzburg beginnt ein Wiederaufbau unter Rupert aus Worms (696) und dem iroschottischen Mönch und
späteren Bischof Virgil
Weiterführende Themen: Salzburger Kirchengeschichte
Das achte Jahrhundert
Das achte Jahrhundert steht - zumindest unter deutscher Sicht- ganz unter dem Namen Bonifatius. In einem - für
frühmittelalterliche Verhältnisse - reifen Alter von 40 Jahren erhält Winfried Bonifatius den Auftrag, Germanien
zu missionieren. Sein Aufgabenbereich reicht von der Nordsee bis zu den Alpen. Er gründet eine Vielzahl von
Bistümern (u.a. Fulda, Erfurt, Würzburg, Eichstätt). Er kämpft gegen heidnische Vorstellungen, reformiert das
Klosterwesen (unterstellt sie der Regel des hl. Benedikt), er sorgt für eine gediegene Klerusausbildung, er baut
eine funktionierende Verwaltung auf, er schwört die germanische Kirche auf Rom ein: Ein Mammutlebenswerk.
754 wird er bei einer Tauffeier in Friesland erschlagen.
Im Westen Europas werden unterdessen ebenfalls Fakten geschaffen. 732 hatte Karl Martell das Abendland bei
Tours und Poitiers vor den Arabern gerettet. Sein Nachfolger Pippin ist der Kirche eng verbunden. Bonifatius
salbt ihn zum König, Papst Stephan wiederholt die Weihe.
Die römische Kirche bindet ihr Schicksal an das Frankenreich. Pippin zeigt sich erkenntlich: Er schenkt der
römischen Kirche weite Bereiche Mittelitaliens zu eigen, ideologisch gestützt mit der „konstantinischen
Schenkung“, einer glatten Fälschung. Angeblich habe Konstantin die Päpste zu Erben und Rechtsnachfolgern
des römischen Reiches gemacht. Obwohl schon sehr früh die Falschheit des Dokumentes bekannt war, hat die
römische Kirche intensiv davon Gebrauch gemacht und Ansprüche durchgesetzt.
Das neunte Jahrhundert
Das neunte Jahrhundert ist das Jahrhundert Karls des Großen. Er schafft ein einheitliches europaweites Reich
und ist gleichzeitig Hüter der Kirche. Weihnachten 800 krönt ihn Papst Leo III. in Rom zum Kaiser. Spätestens
jetzt kann man von einem „christlichen Abendland“ im heutigen Sinn sprechen, Militärischen Eroberungen Karls
folgen - teils brutale - Zwangsmissionierungen (z.B: Sachsen). Dabei mischen sich bei Karl militärpolitische
Überlegungen mit religiösen Überzeugungen. 814 stirbt Karl in Aachen.
Im Osten Europas haben inzwischen die Mönche Methodius und Cyrill ein Werk vollbracht, das hinter der
Leistung des Bonitfatius nicht zurücksteht. Sie entwickeln für die Slawen ein eigenes Alphabet, eine Liturgie
und eine Bibel in eigener Sprache. Bei gleichzeitiger optimaler „Inkulturation“ binden auch sie ihr Werk
konsequent an Rom und den Papst an. Umso verrückter, dass gerade dieses Jahrhundert als eines der
schwärzesten in der katholischen Kirche gilt. Mit ihm beginnt das „saeculum obscurum“, das so genannte
„finstere Mittelalter“.
Rom findet sich nach Karls Tod alleingelassen und den Intrigen und Machtspielen regionaler Machthaber um
Rom ausgeliefert. Das Papsttum wird hineingerissen in den Sumpf von politischer Gewalt, machtlüsternen
Intrigen, feigem Verrat und kalkuliertem Mord, von Ämterkauf und sexueller Ausschweifung. Betrug, Mord und
Todschlag stehen fast auf der vatikanischen Tagesordnung. 44 Päpste besteigen den Papstthron allein zwischen
882 (Papst Johannes VIII) und 1049 (Papst Leo IX), ein Personalbedarf, der unter normalen Umständen für 500
Jahre und mehr gereicht hätte!
Aber wie so oft: Wo alles zu zerfallen scheint, sind die heilenden, die positiven Kräfte des Neuanfangs nicht
fern. Die cluniazensische Reformbewegung (benannt nach dem burgundischen Reformkloster Cluny) erneuert
die Kirche nachhaltig und von innen heraus.
weitere Themen: Taizé und Freré Roger Schutz
Das zehnte Jahrhundert
Gleichzeitig kommen in Deutschland die „Ottonen“ an die Macht. Heinrich I. deutscher König von 919-936,
Otto der Große, Kaiser seit 963 und mit Kaiser Konrad 1024 das Geschlecht der Salier. Sie schaffen neu ein
starkes, geeintes deutsches Reich, das nun wieder in die Lage versetzt wird, ordnend in Rom einzugreifen.
In dieser Epoche wird die Kirche in Deutschland konsequent in die Herrschaftsstrukturen eingebunden. Die
Könige geben Bischöfen Anteil an der Macht, machen sie zu Fürsten mit großem und weit reichenden Einfluss.
Da die Bischöfe ehe- und kinderlos sind und somit keinen familiären- oder Sippeninteressen unterliegen,
erhoffen sich die Könige und später die Kaiser von ihnen besondere Treue, Verbundenheit und Verlässlichkeit.
Dafür beanspruchen sie entscheidende Mitspracherechte bei der Bischofsernennung. Dieses System, das im
günstigen Fall durchaus zu beider Seiten Vorteil gelingen konnte, trug in sich den Keim des Missbrauchs
(„Vetternwirtschaft“, „Ämterkauf“ - Nepotismus, Simonie). Der Konflikt mit Rom war vorprogrammiert.
Zumal, wenn die Kaiser sich bei der Besetzung des Papststuhls einmischten. Das geschah oft genug sogar zum
Besten der Kirche (Unterstützung von innerkirchlichen Reformbewegungen).
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Das elfte Jahrhundert
Der Kampf darum, wer in der Kirche und im Reich das Sagen und das letzte Wort hat, ist als „Investiturstreit“
bekannt. Dieser Streit fand 1077 mit dem Bußgang nach Canossa einen Höhepunkt, aber noch lange nicht das
Ende. Papst Gregor VII. schien zwar vordergründig „Sieger“ über König Heinrich IV. zu sein. Aber kurz danach
entbrannte der Streit umso heftiger, gegenseitige Absetzungen, Bannsprüche, militärisch ausgefochtene
Machtkämpfe zwischen der königlichen und der päpstlichen Partei bleiben an der Tagesordnung.
Denn so einfach lagen die Dinge nicht. Zu sehr waren Kirche und Königreich von dem Gedanken durchdrungen,
dass es vor Gott nur eine Christenheit gebe, gleichsam ein Leib, an dem Papst und Kaiser lediglich der jeweils
„andere“ Arm waren. Der Kampf zwischen beiden sollte sich noch bis zum Wormser Konkordat 1122 hinziehen.
Doch vielleicht weit reichender und folgenschwerer wurde die Auseinandersetzung des Papstes mit Byzanz. Der
Patriarch von Konstantinopel fühlte sich im Kampf gegen die islamischen Sarazenen von Rom verraten und
verkauft; er sammelt „Glaubensgründe“ gegen den Papst. Diese theologischen Streitigkeiten führen dann zum
großen Schisma von 1054. Seither gibt es die Westkirche (römisch-katholisch) und die Ostkirchen
(Orthodoxe). Zum ersten Mal in der Geschichte des Christentums kann man nicht einfach nur von „der Kirche“
sprechen.
Das 12. Jahrhundert
Die kommenden Jahrhunderte haben ein neues Thema: Die Auseinandersetzung mit dem Islam und der
arabischen Expansion. Längst hat der Islam Arabien, Nordafrika, Spanien erobert. Er ist bis Indien
vorgedrungen. Israel, das Heilige Land ist bedroht.
1119 gründen französische Ritter zum Schutz der Pilger im Heiligen Land den „Templer-Orden“. In Spanien
kann König Alfons I. von Arragon einen Teil Spaniens den Muslimen wieder entreißen Spanien tritt allmählich
ins Rampenlicht der europäischen Machtpolitik.
Allerdings dauert es noch ca. 300 Jahre, bis unter dem Spanier Philipp II. ein Weltreich entstanden ist, in dem
„die Sonne nicht untergeht“. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts beginnen die Kreuzzüge. Dem
Zisterziensermönch Bernhard von Clairveaux gelingt es, in feurigen Predigten den deutschen und
französischen König und die Ritterschaften Europas für den Kreuzzug zu begeistern.
In dieser Zeit lebt auch Hildegard von Bingen.
Inzwischen ist es Kaiser Friedrich I., der sich mit dem Papst herumschlägt und am Ende unterliegt.
Er wird zweimal gebannt, sein Sohn wird hingerichtet. Das Ende der Stauffermacht drängt für lange Zeit
Deutschland aus der europäischen Machtpolitik.
1187 wird Jerusalem von den Sarazenen erobert und das christliche Heer vernichtend durch Saladin geschlagen.
Während die Päpste und bischöflichen Fürsten in der „Weltpolitik“ engagiert sind, finden sich an der Basis
immer wieder Reformer, die den Kern des christlichen Glaubens entschieden leben. Einer, der bis heute den
Geist der Kirche entscheidend mitprägte, ist der Bettelmönch Franziskus.
Auch heute sind es vor allem Mönche aus den franziskanisch geprägten Orden, die sich für soziale Gerechtigkeit
auch politisch engagieren (Theologie der Befreiung). Neben den Reformbewegungen in der Kirche entstehen
auch kirchenkritische und sozialrevolutionäre Bewegungen. Eine kirchliche und staatliche
Interessengemeinschaft führt in Südfrankreich zu einem brutalen und grausamen Krieg gegen die Albigenser.
Ein Massaker im Namen des rechten Glaubens.
Nachdem Jerusalem von Kreuzfahrern in einer blutigen Schlacht zwischenzeitlich zurückerobert werden konnte,
geht Jerusalem 1244 der Christenheit endgültig verloren. Rund 50 Jahre später ist das gesamte
Kreuzzugsunternehmen gescheitert: Mit dem Fall der Burg der Hafenstadt Akko 1291 werden die letzten
Kreuzritter vertrieben.
Das 13. Jahrhundert
Es ist das Jahrhundert der Hochscholastik. In ihm leben und sterben so große Theologen wie Thomas von
Aquin (+1274), Bonaventura (+1274), der „doctor universalis“ Albertus Magnus (+1280), Hochschullehrer in
Köln und Paris, Alexander von Hales, Johannes Dunscotus.
Es ist aber auch das Jahrhundert aufgewühlter religiöser Erneuerung, apokalyptischer Ängste, schwärmerischer
und sozialer Bewegungen. Es ist das Jahrhundert eines Franziskus, aber auch das der Geißlerbewegung und der
Albigenserkriege. Die Geißler (lat. Flaggelanten), zogen singend und betend durch das Land, geißelten sich zur
Buße die nackten Oberkörper, um so -schwärmerisch verzückt- am Leiden Jesu teilzuhaben und die Welt zu
erlösen. Fanatisierte Kinder rotten sich zusammen und ziehen gegen Jerusalem (Kinderkreuzzug) und gehen
unterwegs elend zugrunde. Der nach Joachim von Fiore genannte Joachimismus (Warten auf den
Weltuntergang) findet rund 50 Jahre nach dem Tod Joachims in dieser Zeit seinen Höhepunkt.
Wie verunsichert die offizielle Kirche auf diese Aufbrüche reagiert, zeigt das Verbot von Ordensgründungen.
1215 und 1231 wird die Inquisition gegründet, in ihren schlimmen Auswirkungen eine Art "kirchliche
Gesinnungspolizei".
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In der gleichen Zeit leben und dichten in Deutschland Walter von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach
und Gottfried von Straßburg. In Italien entstehen die ersten Werke Dantes. Im Kloster Helfta lebt eine große
Mystikerin: Die heilige Mechthild.
Das 14. Jahrhundert
Das vierzehnte Jahrhundert steht für das Aufkommen der Renaissance und dem gleichzeitigen Verfall des
Papsttums. Es ist eines der dunkelsten Kapitel der Kirche. Anfang des Jahrhunderts bereits geraten die Päpste
unter den Einfluss Frankreichs und müssen nach Avignon umsiedeln (1309) und bleiben dort bis 1377. Papst
Gregor XI kehrt nach Rom zurück. Ein Jahr später setzt Frankreich einen Gegenpapst durch. Das abendländische
Schisma ist da und dauert bis 1415. Der Wunsch nach kirchlicher Erneuerung und religiöser Vertiefung bewegt
dagegen die Basis. Bußprediger wie Vinzenz Ferrer und Bußwallfahrten finden breiten Anklang.
Unter dem französischen Druck löst der Papst 1312 den Templerorden auf, das Vermögen fällt an den
französischen König. In Frankreich wachsen auch innerkirchliche, theologische Bestrebungen, die zentrale Rolle
Roms infrage zu stellen: die Ideen des Konziliarismus (ein Konzil ist die oberste Autorität der Kirche und dem
Papst übergeordnet)
und Gallikanismus (die Forderung nationaler Staatskirchen) werden die kommenden Jahre Kirche, Theologie
und Staat beschäftigen und bis ins 19. Jahrhundert hineinwirken.
Die Schwäche des Papsttums und seine Abhängigkeit von französischen Interessen führt umgekehrt dazu, dass
sich die deutschen Fürsten und Könige von Rom und päpstlichen Machtansprüchen emanzipieren.
Mit Ludwig wird 1328 zum ersten Mal ein Kaiser in Abwesenheit eines Papstes gekrönt. 1338 regelt der
Rhenser Kurverein und 1356 die Goldene Bulle das Wahlrecht neu: Sieben Kurfürsten wählen den deutschen
König; eine päpstliche Bestätigung ist dazu nicht mehr erforderlich.
In diesem Jahrhundert beginnen die - vorher so nicht erahnten- die Kontaktes des Abendlandes mit dem
Morgenland in den Kreuzzügen Früchte zu tragen: Die abendländische Kultur lernt arabische Wissenschaften
kennen, über sie findet sie wieder Kontakt zu verloren gegangenen antiken, hellenistischen Quellen. Das führt zu
einer Wiedergeburt (Renaissance) antiken Denkens. Der klassisch-schöne, göttliche Mensch wird Leitbild der
Epoche. Diese Ausgangslage führt zu einer fast explosionsartigen Entwicklung von Kunst, Erforschung,
Entdeckung und Bildung. 1348 wird die Universität Prag gegründet, 1365 folgen Wien, 1386 Heidelberg, 1388
Köln, 1392 Erfurt.
Das 15. Jahrhundert
Dieses Jahrhundert bringt den Höhepunkt der Renaissance. Das zeigen so berühmte Namen wie: Erasmus von
Rotterdam, Theologe und humanistischer Philosoph; die Maler Michelangelo, Leonardo da Vinci und Raffael;
der Theologe Nikolaus von Cues, der Mystiker Thomas von Kempen. Gutenberg entdeckt den Buchdruck
(1445), Kolumbus entdeckt Amerika (1492).
Gleichzeitig aber wütet in Spanien aufs Grausamste die Inquisition gegen Mauren, Juden, Katharer und
Waldenser. 1483 wird Luther geboren, 1484 Zwingli. Die Päpste in Rom zeichnen sich eher durch
Kunstverstand und Bauwut aus als durch theologische oder religiöse Kompetenz.
Das 16. Jahrhundert
Das 16. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Reformation.
Vieles trägt zu dieser Entwicklung bei: Da ist einmal das veränderte geistige Klima der Epoche, das gewachsene
Selbstbewusstsein (Humanismus) der Menschen, ihr Anspruch auf Selbstverantwortung (beginnender
Individualismus), der die am Subjekt und an moralischer Eigenverantwortung orientierte reformatorische
Frömmigkeit mehr entsprach als die eher an Gemeinschaft und Gehorsam orientierte katholische Mentalität.
Dem hatte eine degenerierte Kirche - zumal in Rom - wenig entgegenzusetzen. In den entscheidenden Jahren
sitzt ein Medici auf dem Papstthron, dem Glaube, Theologie und Kirche weniger bedeuten als Kunst, prachtvolle
Hofhaltung und Machtpolitik.
Der Buchdruck und die damit gegebene Publizität der Gedanken spielt eine wichtige Rolle und macht die
Reformation zu einer Massenbewegung. Die Übersetzung der Bibel durch Martin Luther ins Deutsche erlaubt
den Gläubigen einen eigenen Einblick in die Quellen des Glaubens und macht sie damit kritischer und
unabhängiger.
Sicherlich kam die Reformation mit ihrer antirömischen und faktisch auch antikaiserlichen Dynamik den
Unabhängigkeitswünschen der Fürsten entgegen. Zumal der Habsburger Kaiser mit vier Kriegen (1521, 1527,
1536, 1442) gegen Franz I., König von Frankreich, hinreichend beschäftigt war. Außerdem stehen die Türken
vor Wien. (1529)
Als Rom dem englischen König Heinrich VIII. die Scheidung von seiner spanischen Frau und eine Heirat mit
Anna Boleyn verbietet (1533), macht ihn die Suprematsakte (1534) zum Oberhaupt einer unabhängigen
englischen Staatskirche. 1588 vernichtet seine kleine, aber wendige Flotte die Armada, die berühmte Großflotte
Spaniens.
Nach den Auseinandersetzungen mit Rom in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts folgt in der zweiten eine
Konsolidierung der Reformation zugleich auch ihre Ausdifferenzierung (Calvinisten, Zwinglianer), gleichzeitig
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besinnt sich endlich auch die katholische Kirche und beginnt ihre Selbstreform mit dem Konzil zu Trient 15451563. Papst Pius IV. stützt und fördert die theologische und pastorale Erneuerung der Kirche.
Diese innere Reform wird bald zu einer „Gegenreformation“, dem Versuch - kirchlich und machtpolitisch das an
die reformatorischen Kirchen verlorene Terrain zurückzuerobern. Innerkirchlich sind es vor allem die Jesuiten
(in Deutschland Petrus Canisius und sein Katechismus), auf der politischen und militärischen Seite sind es die
spanischen Kaiser.
Das 17. Jahrhundert
Für viele Menschen in ganz Europa bringt dieses Jahrhundert Elend und Leid, Verfolgung und Unterdrückung.
Europa ordnet sich religiös-kirchlich und machtpolitisch neu. 30 Jahre, von 1618-1648 tobt auf deutschem
Boden ein Krieg zwischen protestantischen Mächten, angeführt von dem schwedischen König Gustav Adolf und
den katholischen Mächten, angeführt von den spanischen Kaisern. Viele fliehen vor der religiösen
Unterdrückung und dem wirtschaftlichen und sozialen Elend nach Amerika und suchen dort eine neue,
friedvollere und freiere Heimat.
Aber im gleichen Jahr, da die Pilgerväter in Amerika den Staat Massachusetts gründen, werden in Virginia die
ersten Negersklaven importiert.
Wiederum einige tausend Meilen südlich gründen Jesuiten 1608 einen unabhängigen „Indianerstaat“, den
Jesuitenstaat von Paraguay mit dem Ziel, die Unabhängigkeit und Freiheit der Indianer zu sichern, sie zu bilden
und wirtschaftlich unabhängig zu machen und sie vor allem vor kolonialistischen Zugriffen zu schützen.
1648 wird Oliver Cromwell in England Gewaltherrscher; 1660 versuchen die katholischen Stewarts eine
Restauration auch in England; in der glorreichen Revolution 1688 werden die Stewarts vertrieben und die
englische Hochkirche als alleinige Kirche wiederhergestellt.
Aber dieses Jahrhundert kennt auch andere Namen: Die Maler Peter Paul Rubens und Rembrand, die
Philosophen Descartes und Baruch Spinoza oder John Locke, Thomas Hobbes, in Frankreich Plaise Pascal, in
Italien der Naturwissenschaftler Galileo Galilei. In Frankreich lebt und wirkt Vinzenz von Paul, der sich für
Arme und Kranke einsetzt.
Das 18. Jahrhundert
Die Jahre dieses Jahrhunderts bringen Europa endlich wieder eine gewisse Ruhe; mehr noch: es erhebt sich aus
den Ruinen zu neue Größe und Blüte. Es ist die Zeit des Barock (Johann Sebastian Bach (+1750), Versaille und
Ludwig XIV. (+1715); es ist die Zeit der Aufklärung und der deutschen Klassik: Goethe, Schiller, Lessing,
Klopstock, Kant, Herder, Voltaire, Leibniz, David Hume ...
Aber Frieden kennt auch dieses Jahrhundert nicht: Österreich und Preußen (Siebenjähriger Krieg 1756-1763),
die spanischen Erbfolgekriege (1701-14), England und Frankreich kämpfen in den amerikanischen Kolonien
gegeneinander, Polen wird geteilt und schließlich, am Ende dieses Jahrhunderts: die große französische
Revolution.
Nur unter Wehen kommt die Neuzeit zur Welt! Und aufs Ganze gesehen, gehört die katholische Kirche noch zur
alten Welt! Sie tut sich schwer mit dem neuen Denken, mit protestantischer Freiheit und Selbstbewusstsein. Mit
aller ihr noch verbliebenen Macht kämpft sie gegen erneute Bestrebungen, Nationalkirchen unabhängig von
Rom zu errichten (Emser Punktation 1786; Febronianismus); auf Druck Portugals und Spaniens, die den
Jesuitenorden bereits aus ihren Ländern vertrieben hatten, muss der Papst schließlich 1773 diesen Orden
aufheben. Wegen ihres Einflusses und wegen ihrer antikolonialistischen Indianerpolitik waren sie diesen
Mächten obsolet geworden. Aber in der französischen Revolution 1789 entladen sich all jene Spannungen
ähnlich dem Erdbeben von Lissabon, das 1755 die Stadt dem Erdboden gleichmachte.
Das 19. Jahrhundert.
Die Revolution hat erst Frankreich, dann durch Napoleons Kriege ganz Europa grundlegend verändert. Europa
wird neu geordnet. Zunächst befreit man sich von Napoleon; auf dem Wiener Kongress stecken die Großmächte
ihre Claims neu ab. Die deutschen Länder bewegen sich aufeinander zu (Zollverein, Deutscher Bund), versuchen
sich in Demokratie (Burschenschaft, Paulskirche). Das deutsche Bürgertum konsolidiert sich, sehnt sich nach
Geborgenheit und privater Ruhe (Biedermeier); die Romantik sucht nach neuen Idealen. Goethes Faust entsteht,
Beethoven lebt in Wien. Auch die katholische Kirche versucht Boden unter die Füße zu bekommen. Der
Kirchenstaat war bereits 1809 aufgehoben, der Papst gefangen gesetzt worden. In Deutschland ist die Kirche
enteignet worden. Doch bereits 1848 erhält der Kirchenstaat eine neue Verfassung und der Papst kehrt zurück.
Der äußeren Machtgrundlagen beraubt, sucht die katholische Kirche Halt und Sicherheit „innen“. Einmal in der
Betonung des Papsttums und des Zentrums Rom (Ultramontanismus, Wiedereinführung der Inquisition,
Einführung des Index, Wiederzulassung der Jesuiten). Zum anderen aber auch in einer pastoralen, religiösen
Erneuerung vor allem auch in Deutschland. Das zeigte sich nicht zuletzt auch in ihrer Sensibilität für die soziale
Frage (Aufbau eines katholischen Vereinswesens, Aufbau des Laienkatholizismus, Einführung von
Katholikentagen; der für soziale Gerechtigkeit kämpfende Bischof Kettler, der „Gesellenvater“ Adolph
Kolping).
Anders Rom: Von einer Sensibilität für die Moderne keine Spur: Statt dessen Abwehr, Verteidigung und
Verfestigung. Während das geistige Leben von Denkern wie Marx, Feuerbach, Kierkegard, Comte, Hartmann
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und Nietzsche bestimmt wird, wird seit 1870 im katholischen Bildungsbereich ausschließlich neuscholastisch
gedacht und gelehrt.
Der Papst stellt die Irrtümer der Moderne zusammen (Syllabus) und verurteilt sie. Kirchliche Amtsträger müssen
darauf schwören (Antimodernisteneid 1910). Die Betonung der päpstlichen Macht führte 1871 zur
Unfehlbarkeitserklärung des I. Vatikanischen Konzils; sie stellt die Kirche in Deutschland vor eine
Zerreißprobe und führt zur Abspaltung der Altkatholischen Kirche.
Auch gegenüber dem Staat muss das Verhältnis neu geordnet werden. Konkordate werden geschlossen mit den
katholischen Ländern Österreich, Spanien, Bayern; mit dem protestantischen Preußen muss erst ein
„Kulturkampf“ ausgefochten werden.
Das 20. Jahrhundert
Es sind keine kirchlichen Themen, die das 20. Jahrhundert bestimmen, sondern die russische Revolution und
deren Folgen, zwei große Weltkriege, der Holocaust, die Atombomben auf Japan und schließlich der
Zusammenbruch des Kommunismus oder auch die Landung des ersten Menschen auf dem Mond. Dennoch
gelingt der katholischen Kirche im zwanzigsten Jahrhundert mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil der
Anschluss an die Neuzeit. Hatte am beginn dieses Jahrhunderts noch der Antimodernisteneid gestanden, so
wünscht Papst Johannes XXIII nun ein Aggiornamento, eine Anpassung. Papst Paul VI. setzt das Konzil fort.
Das neue Konzil sollte inhaltlich das Erste Vaticanum ergänzen und die Kirche der Neuzeit öffnen: Katholische
Kirche, das ist nicht nur der Papst, sondern die Gesamtheit aller Bischöfe weltweit; das ist nicht nur der geweihte
Klerus, sondern alle Getauften. Entsprechend stärkten die Dokumente dieses Konzils die kollegialen Strukturen
und die Rechte und Mitverantwortung des „ganzen Volkes Gottes“.
Das Konzil öffnet sich dem demokratischen Denken und synodalen Strukturen, es bejaht die Ökumene,
bestimmt ihr eigenes Verhältnis gegenüber den anderen Weltreligionen neu. Das Konzil mit seinen Hunderten
von Bischöfen aus allen Ländern der Welt deutet aber auch das Ende des Eurozentrismus an. Schon lange ist
Europa nicht mehr der statistische Mittelpunkt der Kirche. Mehr und mehr wird sich in den kommenden Jahren
und Jahrzehnten auch der Schwerpunkt der theologischen Forschung und der Spiritualität in die jungen Kirchen
Afrikas, Asiens und Lateinamerikas verlagern. Was das für die katholischen Kirchen Europas bedeutet, in
welche Richtung sich auch inhaltliche und politische Schwerpunkte der Kirche verlagern ist noch nicht
abzusehen.
Das zwanzigste Jahrhundert bringt mit dem Polen Karol Woityla den ersten Nichtitaliener seit 500 Jahren als
Johannes Paul II. auf den Papstthron. Er zählt zu den bedeutendsten Päpsten der Kirchengeschichte, seine
vielen Reisen haben ihn zu der bekanntesten Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts gemacht.
Als seine Nachfolger werden Bischöfe aus Schwarzafrika, aus Südamerika, den Philippinen wahrscheinlich. Sein
Nachfolger wird der deutsche Theologe Kardinal Joseph Ratzinger, er nennt sich Benedikt XVI.
http://www.salvator.net/salmat/reli/2jahrtausend.html#11
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