Tim Kämmerer Die Geistlichkeit Die Geistlichkeit schloß sich zum geistlichen Stand zusammen und stellte sich den Laien gegenüber. Während der Karolingerzeit vollzog sich diese Kastenbildung. Dies schlug sich sogar im Kirchenbau und im Gottesdienst nieder. Der Chor wurde mit einer Schranke vom Kirchenschiff in allen größeren Kirchen abgetrennt. Der Priester kehrte den Gläubigen beim lesen der Messe den Rücken und sie durften auch nicht wie früher zum Altar schreiten um das Abendmahlsbrot darzubieten. Die höheren Kirchenämter wurden mit Angehörigen des hohen Adels besetzt und Bischöfe und Äbte stiegen zum Range von Pfaffenfürsten auf durch die Übernahme von staatlichen Hoheitsrechten im Lehnsstaate. Aufgrund dieser Umstände wurde die Zulassung von Unfreien zum Ordens- und Priesterstande von kirchlicher Seite erschwert. Die Geistlichen bildeten sogar eine Körperschaft des eigenen Rechts mit einer eigenen kirchlichen Gerichtsbarkeit, welche für Vergehen von Geistlichen zuständig war, die eigentlich nichts mit dem kirchlichen Amt zu tun hatten. Erst die junge Eidgenossenschaft machte den ersten Schritt zur Einschränkung des geistlichen Gerichts mit dem sogenannten "Pfaffenbrief" im Jahre 1370. Ab hier durfte sich kein Geistlicher dem weltlichen Gericht entziehen. Nur was mit Ehesachen zu tun hatte sollte auch weiterhin vor dem geistlichen Gericht bleiben. Das Christentum prägte Europa im Mittelalter in allen Lebensbereichen, es förderte durch seine Kultur und Kirchenorganisationen die Einheit des Kontinents, aber gleichzeitig auch die Abgrenzung gegenüber dem Islam und seit der Kirchenspaltung (1054) gegenüber der griechisch-orthodoxen Welt. Die Christianisierung Europas erstreckte sich über einen langen Zeitraum. Da die Christianisierung meist „von oben“ d. h. durch die Taufe der Herrscher geschah, denen die Bevölkerung der zeitgenössischen Auffassung entsprechend zu folgen hatte, blieb die Bekehrung zunächst oberflächlich. Erst seit dem Hochmittelalter (12./13. Jahrhundert) wurden mit dem Bevölkerungswachstum mehr Pfarrstellen eingerichtet, und die kirchliche Versorgung (Seelsorge, Sakramente) konnte intensiviert werden. So prägte das Christentum zunehmend das Denken, Fühlen und Handeln der Menschen. Geistliche und weltliche Bereiche durchdrangen sich im Mittelalter, ohne dass eine klare Abgrenzung möglich gewesen wäre. So war das Leben der Menschen von der Geburt (Taufe) bis zum Tod (Sterbesakrament), im Alltag und an Festtagen, im Glauben und im Weltverständnis durch die geistliche Sphäre geprägt. Andererseits war der Laieneinfluss in der Kirche erheblich: Die meisten Kirchen- und Klostergründungen gingen darauf zurück, dass Adlige einen Teil ihres Besitzes spendeten (stifteten), so dass Bauten errichtet und Kleriker versorgt werden konnten. Da die Stifter selbst oder andere Familienangehörige häufig Geistliche in den gestifteten Einrichtungen wurden und darüber hinaus kirchliche Erträge an die Gründer flossen, waren diese Eigenkirchen massivem Laieneinfluss ausgesetzt. Die Kirchenreform des 11./12. Jahrhundert mit ihrer Forderung nach Freiheit der Kirche drängte diesen Einfluss erfolgreich, aber keineswegs völlig zurück. In ähnlicher Weise wurde der Einfluss der Könige auf die Kirche beschränkt. Hexenverfolgungen... fanden fast ausschließlich in Mitteleuropa während der Frühen Neuzeit statt. Grundlage für die massenhafte Verfolgung von Frauen (teilweise auch Kindern und Männern) durch die kirchliche und vor allem die weltliche Justiz war die von Tim Kämmerer Theologen und Juristen verbreitete Vorstellung von einer vom Teufel geleiteten Verschwörung gegen das Christentum, deren meist weibliche Mitglieder man schließlich Hexen nannte. Einzelne Fälle von Prozessen gegen magieverdächtige Menschen sind dagegen fast weltweit und aus vielen Zeiten bekannt. Der Hexenbegriff, der für die besonderen frühneuzeitlichen Ereignisse geprägt wurde, sollte hierfür nicht verwendet werden. In so genannten „Tierprozessen“ wurden auch Tiere der Hexerei beschuldigt. Altertum Der Glaube an Zauberer lässt sich bereits in den alten Hochkulturen nachweisen, die juristische Verwendung „Hexe“ wird erst Anfang des 15. Jahrhunderts eingeführt. Magische Praktiken wurden sorgfältig beobachtet und oft als schwarze Magie gefürchtet. Sowohl in Babylonien (Codex Hammurabi: Wasserprobe) als auch in Ägypten wurden Zauberer bestraft. Allerdings kam es niemals zu einer gezielten Verfolgung von vermeintlichen Hexen, wie wir sie später aus der Frühen Neuzeit kennen. Auch die Bibel - besser gesagt - das Alte Testament, kennt Zauberer („Hexe von Endor“) (eigentl. Zauberin oder Wahrsagerin) und ordnet ihre Bestrafung an: „Den Zauberer sollst du nicht leben lassen.“ (Exodus 22,17). Diese eigentlich sowohl männliche als auch weibliche Sichtweise wurde dann durch die Übersetzung des Alten Testaments durch Martin Luther in "Die Zauberinnen sollst du nicht leben lassen" auf die, grammatikalisch richtige, weibliche Richtung gebracht. „Hexen“ im Sinne der Frühen Neuzeit kennt die Bibel aber nicht, was die Hexentheoretiker nicht daran hinderte, diese Stellen als Beweis für die Existenz von Hexen anzusehen und zu zitieren.