Kirchliche Zeitgeschichte Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart Eine Veranstaltung im Modul 2: Quellen und Entwicklungen – Das Christentum in seiner Geschichte, Sommer-Semester2005 (Eckehart Stöve) Begriffserläuterungen zum Thema: Kirche und Staat. . Rechtliche und moralische Aspekte einer privilegierten Beziehung (30.6.05) Konkordat, [lateinisch: cordordatum = das in Eintrag Gebrachte], ein völkerrechtlich geltender Vertrag zwischen der katholischen Kirche und einem Staat; betraf im Mittelalter und in der frühen Neuzeit vor allem die Bischofsernennungen, in der Zeitgeschichte die Bereiche Schule, Theologische Fakultäten, Familie Kirchenvertrag, ein Vertrag zwischen dem Staat und einer oder mehreren evangelischen Kirchen, der im Unterschied zu einem Konkordat jedoch nicht als völkerrechtlicher, sondern als öffentlichrechtlicher Vertrag betrachtet wird. Organische Artikel (articles organiques) Erlass Napoléons zur Regelung kirchlich-religiöser Dinge 1802; ein Jahr nach Abschluss des Konkordats mit dem Hlg. Stuhl in Geltung gesetzt; Kirchen sind Staatskirchen, die Kleriker Staatsbeamte; in Elsass-Lothringen, das 1905, im Jahr der Trennung von Kirche und Staat in Frankreich, zum Deutschen Reich gehörte, wurden sie nach dem 1. Weltkrieg wieder eingeführt und bis heute in Geltung geblieben Lateranverträge 1929 Staatsvertrag, Konkordat und Finanzabkommen zwischen dem Heiligen Stuhl (Pius XI.) und dem italienischen Staat (Mussonlini): Schaffung der Vatikanstadt, katholische Kirche ist Staatskirche, staatliche Entschädigungsleistungen; Revision ist durch das Konkordat von 1984 erfolgt, das Zivilstandsregister anerkannt und den Status der Staatsreligion beseitigt. Reichskonkordat von 1933 zwischen dem Heiligen Stuhl (Pius XI.) und dem Deutschen Reich (Adolf Hitler) abgeschlossen; neben den ‚klassischen’ Punkten (öffentlicher Gottesdienst, Religionsunterricht, Hochschulen, kirchliches Eigentum), Ausschluss katholischer Geistlicher von politischer Betätigung; Prestigegewinn für Hitler; aus der Sicht Roms Abwehr atheistischer bolschewistischer Bedrohung. Kulturkampf Konflikt zwischen Staat u. kath. Kirche, speziell in Preußen. Nach der Reichsgründung 1871 Folge von gesetzlichen Maßnahmen zugunsten eines stärkeren staatl. Einflusses auf Familie, Schule und Kirche (bes. Stellenbesetzung); dauerhaft nur: staatl. Schulaufsicht, Zivilehe, Kanzelparagraph, Jesuitengesetz (bis 1919) Laizismus im 19. Jahrhundert in Frankreich entstandene Bezeichnung für die Bestrebungen, den Einfluss der Kirche auf den Staat und das öffentliche Leben einzuschränken. Durch das Gesetz vom 9. Dezember 1905 wurde in Frankreich die Trennung von Staat und Kirche realisiert. - Laizismus ist jedoch nicht notwendig auch antichristlich. landesherrliches Kirchenregiment die vom Landesfürsten über die protestantische Kirche seines Territoriums ausgeübte Kirchenhoheit (Summepiskopat); im 19. Jh. allmählich auf kirchliche Organe übertragen; 1918 endete mit dem Rücktritt der Fürsten auch abrupt das Summepiskopat, die Kirchen waren zur Selbstverwaltung gezwungen. Thron und Altar, Formel, die auf die sakrale Wurzel der Monarchie verweist, entsprechend der Idee des Gottesgnadentums, einer göttlichen Legitimation der Herrschaft. Während der Restauration (181530) wurde sie im positiven Sinne zur Losung eines den Staat stützenden antirevolutionären Denkens. Nach 1830 wandelte sich die Formel zum polemischen Schlagwort des Liberalismus und Sozialismus gegen das enge Bündnis von Monarchie und Geistlichkeit, die sich als die entscheidenden staatserhaltenden Kräfte verstanden. Heilige Allianz, auf Veranlassung des russischen Kaisers Alexander I. am 26. 9. 1815 von den Monarchen Russlands, Österreichs und Preußens unterzeichnete Absichtserklärung, die Prinzipien der christlichen Religion (Gerechtigkeit, Liebe, Frieden) zur Grundlage ihrer Innen- und Außenpolitik zu machen; sie wurde zum Inbegriff der Restauration; sie zerbrach schließlich am Interessengegensatz der Großmächte im griechischen Unabhängigkeitskrieg, bzw. im Krimkrieg 1853/54. Zwei-Reiche-Lehre (zwei Regimenter-Lehre) Aufteilung der christlichen Gesellschaft in einen geistlichen und in einen weltlichen Aktionsbereich. Nur im geistlichen Reich gilt konsequent und ohne Einschränkung das Liebesgebot der Bergpredigt. Im weltlichen Reich hingegen wird die christliche Nächstenliebe nur indirekt, über die allgemeine Gesetzgebung, ausgeübt. Wurde vor allem von der lutherischen Theologie vertreten. Die reformierte Theologie vertritt stärker die Idee der Königsherrschaft Christi. Königsherrschaft Christi universeller Geltungsanspruch christlicher Prinzipien; gegen die lutherische Zwei-Reiche-Lehre und die Eingrenzung des Liebesgebotes auf den geistlichen Bereich in der reformierten, calvinistischen Tradition vertreten; nach alttestamentlichem Vorbild nimmt der Geistliche ein 'prophetisches Wächteramt' in der Gesellschaft wahr Theologie der Schöpfungsordnungen neulutherische Ausformung der Zwei-Reiche-Lehre. Die Aufgabe des weltlichen Reiches, des „Reiches Gottes zur Linken“ wird über die funktionale Bestimmung, für Recht und Frieden zu sorgen, hinaus festgeschrieben. Nach dieser Theologie gibt es feste, von Gott so eingerichtete und unverrückbare Institutionen und Ordnungen (z.B. Familie, Nation, Stand, Volk, teilweise auch Rasse).