Predigt im Gottesdienst am 25 - Evangelische Gemeinde deutscher

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Predigt im Gottesdienst am 25.01.09 in
der Ev. Gemeinde dt. Sprache in Oslo
Mt 8, 5-13
8,5 Als aber Jesus nach Kapernaum
hineinging, trat ein Hauptmann zu ihm;
der bat ihn
8,6 und sprach: Herr, mein Knecht liegt
zu Hause und ist gelähmt und leidet
große Qualen.
8,7 Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen
und ihn gesund machen.
8,8 Der Hauptmann antwortete und
sprach: Herr, ich bin nicht wert, daß du
unter mein Dach gehst, sondern sprich
nur ein Wort, so wird mein Knecht
gesund.
8,9 Denn auch ich bin ein Mensch, der
Obrigkeit untertan, und habe Soldaten
unter mir; und wenn ich zu einem sage:
Geh hin!, so geht er; und zu einem
andern: Komm her!, so kommt er; und zu
meinem Knecht: Tu das!, so tut er's.
8,10 Als das Jesus hörte, wunderte er
sich und sprach zu denen, die ihm
nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch:
Solchen Glauben habe ich in Israel bei
keinem gefunden!
8,11 Aber ich sage euch: Viele werden
kommen von Osten und von Westen und
mit Abraham und Isaak und Jakob im
Himmelreich zu Tisch sitzen;
8,12 aber die Kinder des Reichs werden
hinausgestoßen in die Finsternis; da wird
sein Heulen und Zähneklappern.
8,13 Und Jesus sprach zu dem
Hauptmann: Geh hin; dir geschehe, wie
du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde
gesund zu derselben Stunde.
Liebe Gemeinde!
Warum wurde eigentlich unsere
„evangelische Gemeinde deutscher
Sprache in Norwegen“ vor 100 Jahren
gegründet?
Deutschsprachige evangelische
Gottesdienste wurden auch davor schon
in Norwegen gefeiert.
In Bergen, im Bereich der Hanse, bei
deutschen Bergleuten in Kongsberg zum
Beispiel.
Aber auch in Oslo unter deutschen
Fachleuten der Münze auf der Festung
Akershus und bei deutschen Soldaten und
Offizieren in der Garnison hören wir von
deutscher Predigt und deutschen
Pastoren.
Deutsche Prediger der Herrnhuter
wirkten unter den Deutschen in
Christiania in den Jahren 1850 bis 1902
immer wieder etwa so wie
Auslandspfarrer.
Aber zu einer Gemeindebildung kam es in
dieser Zeit nicht.
Warum wurde unsere Gemeinde vor 100
Jahren gegründet?
1905 nahm der zweite deutsche gesandte
in dem 1905 aus der Union mit Schweden
gelösten und damit selbständig
gewordenen Norwegen, von Treutler den
Gedanken einer Gemeindegründung
wieder auf.
Es waren weniger religiöse Motive, die
den kirchlichen und frommen Mann
motivierten.
Den eigentlichen Anstoß gaben soziale
Missstände in der deutschen Bevölkerung
in Oslo.
Standesvorurteile schufen einen
unüberbrückbar scheinenden Gegensatz
zwischen den meist sehr angesehenen
Kaufleuten, Direktoren,
Diplomingenieuren etc. und den
Industriehandwerkern, Werkmeistern,
Fabrikleitern.
Das alles berichtet der erste Pfarrer der
Gemeinde Victor Herrmann Günther in
seinem Buch „Neue Heimat in
Norwegen“.
Die Gründung der Gemeinde wurde von
diesem Gesandten von Treutler angeregt,
um Missstände, Streit, soziale
Spannungen zu überbrücken.
Man dachte auch an andere Maßnahmen,
etwa die Gründung einer deutschen
Schule, was sich damals als
undurchführbar erwies.
Aber es wurde vor 100 Jahren - die
Gemeinde.
Es war eine Art Glaubensschritt, es zu
versuchen, die verschiedenen Stände und
Gruppen und Vereine ausgerechnet mit
einer Gemeinde zu vereinen.
Durch Gottesdienste und Treffen, einen
Pfarrer und Kirchenälteste, durch ein
christliches Gemeindeleben, durch
Gemeinschaft in der Gemeinde Jesu.
- Heute ist die Situation der
Deutschsprachigen wahrscheinlich weit
weniger dramatisch.
Man könnte wohl kaum sagen, dass die
Deutschen in Norwegen ohne unsere
Gemeinde viel zerstrittener wären.
Und doch sind wir als „ev. Gemeinde
deutscher Sprache“ ein wichtiger Ort der
Begegnung, eine Heimat und eine Brücke.
Und es ist auch heute ein
Glaubensschritt, wenn wir gegenüber
anderen Treffpunkten und
Begegnungsstätten unser besonderes
Profil haben - dass wir das als Gemeinde
Gottes sind.
Wir erleben in unseren Gottesdiensten,
dass Gott selbst der Gastgeber ist. Das ist
unsere Ressource und unser Potenzial.
Darum ist das Einladende in unserem
Gemeindeleben nicht nur ein
gewünschter Nebeneffekt einer
christlichen Gemeinde, sondern nimmt
seine Kraft von dem, was Gott uns
gegenüber praktiziert.
Gott ist nicht nur da, wo gebetet und
über den Glauben geredet wird. Aber von
da gewinnt unsere Gemeinde ihre Farbe
und ihren „Biss“ und ihren Auftrag.
Von einem Glaubensschritt ist auch in
unserem heutigen Predigttext die Rede.
Textlesung
Da setzt ein römischer Hauptmann in der
Sorge um seinen Knecht alles auf eine
Karte.
Er traut Jesus zu, dass er durch ein Wort
seinen leidenden Knecht gesund machen
kann. Aus der Ferne.
1. Ein einfältiger Glaube begegnet uns
hier.
Etwas, das heute oft ein wenig
Unbehagen auslöst.
Wir lieben wohl eher das Abgeklärte,
Ausgewogene.
Es scheint besser zu sein, mit allen
Wassern gewaschen zu sein, alles stehen
zu lassen, nichts zu ernst zu nehmen.
Auf dem Teppich zu bleiben. Immer
„sowohl als auch“ zu sagen.
Wo kämen wir denn hin, wenn jede und
jeder sein Verständnis, seine
Erfahrungswelt, seine Sehnsüchte und
unausgewogenen Einschätzungen
einbringt, wie der Hauptmann seine
Erfahrungen im Militär direkt auf Jesus
anwendet.
Und meint, das könne hier genauso
funktionieren.
Beispiele für so einen einfältigen Glauben
finden wir allerdings viele im Neuen
Testament.
Ein einfältiger Glaube, den Jesus
akzeptiert, obwohl er sehr eigen
daherkommt.
Da hören wir von der Frau, die am
Blutfluss leidet und sich an Jesus im
Gewimmel herandrängt. Sie versucht, ihn
zu berühren, weil sie meint, eine Kraft
könne von ihm ausgehen, die sie heilen
kann.
Und Jesus akzeptiert diese steile
Erwartungshaltung, lässt es geschehen
und verschafft ihr Heilung.
Oder Petrus, der mit den Jüngern im Boot
sitzt, es ist nachts und stürmisch und
jemand, den sie für ein Gespenst halten,
kommt ihnen entgegen.
Als Petrus mitbekommt, dass es Jesus ist,
hat er eine eigenartige Idee: er will auf
dem Wasser zu Jesus gehen und fordert
Jesus auf, ihm das zu befehlen.
Jesus akzeptiert diese Zumutung, auch
wenn angesichts von Wind und Wellen
seine haltende Hand notwendig wird.
2. Ein einfältiger Glaube und ein
Wunder.
Das Wunder, was war eigentlich das
Wunder.
Sprich nur ein Wort – sagt der
Hauptmann. Und Jesus wundert sich.
Selten wird das von Jesus gesagt.
„Solchen Glauben habe ich in Israel bei
keinem gefunden“.
- Sei selbst das Wunder – das ist so ein
Spitzensatz in dem Film „Bruce
allmighty“, den wir uns als
Konfirmandengruppe vor 2 Wochen
angeschaut haben. Bruce Nolan, ein
erfolgloser Reporter, bekommt in
begrenztem Umfang die Macht, Wunder
zu tun, wie nur Gott sie tun kann und
scheitert daran.
Sei selbst das Wunder, wird ihm gesagt.
Ein Mensch, der ein Wunder ist – das ist
der Hauptmann von Kapernaum in
unserer Geschichte.
Dass ein Mensch Vertrauen wagt.
Dass es da auf einmal aufleuchtet, was
hier bei Jesus möglich ist.
- Dieses Wagnis, dieses Zutrauen, berührt
Jesus tief und er hilft.
In der Not – der eigenen oder der Not
anderer – können Verbindungen
entstehen zwischen der eigenen
Lebenswelt und dem, was man von Jesus
erwartet.
Da spüren wir etwas vom Glück eines
Vertrauensverhältnisses.
Ein Mensch wagt es mit mir – wie sehr
verbindet mich das mit diesem Menschen.
Jemand traut mir etwas zu, erwartet
etwas von mir, verlässt sich auf mich.
Wenn Menschen ihre Hilflosigkeit und ihr
Angewiesensein vor Jesus Christus
zugeben können.
Das scheint auch in der Beziehung eines
Menschen zu Gott, zu Jesus Christus, eine
Rolle zu spielen.
Gott fühlt sich dadurch herausgefordert.
- Die Menschen der Gemeinde, deren
Geburtstag wir an diesem Wochenende
feiern, wagten im Lauf der letzten 100
Jahre eine ganze Menge.
- Sprich nur ein Wort, so wird meine
Seele gesund – das ist die Variation des
Hauptmann-Satzes, der in christliche
Abendmahlsliturgien einging.
Das ist das Zutrauen, dass wir haben,
wenn wir das Abendmahl feiern.
Man wagte, eine Gemeinde zu gründen,
um Gruppen und Stände zusammen zu
bringen.
Man wagte finanzielle Schritte.
Dieses Haus hier 1960 zu erwerben zum
Beispiel.
Sprich nur ein Wort: dahinter steckt das
Vertrauen, das wir gestern in der
Schriftlesung vernommen haben Gottes Wort kommt nicht leer zurück.
Man wagte, Menschen zu Veranstaltungen
einzuladen, bei denen man nicht sicher
war, ob jemand kommen würde.
Und wir glauben, dass das geweckt wird,
wenn wir als Gemeinde beieinander sind.
Dass unser Misstrauen schwächer wird,
wir ihm mehr zutrauen als uns.
- Dir geschehe, wie du geglaubt hast - bei
mancher Beerdigung, die ich erlebt habe,
wollte das eher wie eine Drohung klingen
als wie ein tröstendes Wort.
Wie hört sich das an für uns, wenn wir
nach unserem oft fehlenden und
kleinherzigen Glauben beurteilt werden.
Wenn eins zu eins darauf reagiert wird.
- Darum ist es wichtig:
Hier geht es nicht um einen
Automatismus, nicht um ein Werk.
Sondern um ein Wunder.
Um einen Menschen, der ein Wunder ist.
Man wagte nach dem Krieg von
Versöhnung zu sprechen.
Man wagte es mit uns Pfarrern, mit
Kirchenältesten und Mitarbeitern.
Man wagte es, aufeinander zu hören auch
da, wo es nicht besonders leicht war.
- In dem allem wagte man es als Christen
mit Gott.
In dem Glauben, dass er Menschen
verbindet und versöhnt.
Und Menschen in die heilende Beziehung
zu sich selber bringen will.
Dazu wollen wir uns herausfordern
lassen.
Egal an welchem Ort, in welchem Land,
in welchem Gemeindealter.
Dazu möge der Geist Gottes der Wind in
unseren Segeln sein.
Amen.
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