Die Plastizität des auditorischen Hirnstamms nach einseitiger

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Abstract DGA 2004
Die Plastizität des auditorischen Hirnstamms nach einseitiger
Schwerhörigkeit oder Ertaubung.
R.-B. Illing, M. Meidinger, K.S. Kraus
Neurobiologisches Forschungslabor, Universitäts-Hals-Nasen-Ohrenklinik,
Universität Freiburg, [email protected]
Hintergrund und Fragestellung: Räumliches Hören beruht auf der binauralen Verrechnung neuronaler Signale. Nach plötzlicher einseitiger Minderung des Hörvermögens kann eine zunächst fehlerhafte Schallortung innerhalb einiger Tage wieder korrigiert werden. Die dieser Plastizität zugrundeliegenden zentralen neuronalen Vorgänge sind bisher unbekannt.
Methode: Wir haben an erwachsenen Ratten eine einseitige Hörstörung/Ertaubung
durch Schalltrauma oder Cochleotomie induziert und mit Kainatläsionen des Oberen
Olivenkomplexes kombiniert. Nach unterschiedlich langen posttraumatischen Zeiten
wurden Schnitte des auditorischen Hirnstamms immuncytochemischen Methoden
unterzogen, verschiedene Neurotransmitter, Neuromodulatoren und GAP-43, ein
molekularer Marker für axonales Wachstum und Synaptogenese, wurden in Neuronen des auditorischen Hirnstamms angefärbt und mit Licht- und Elektronenmikroskop
lokalisiert.
Ergebnisse: Infolge einer einseitigen Ertaubung kommt es im Cochleariskern zu einer
massiven Zunahme an GAP-43 in Nervenfasern und Boutons, aber nicht in Zellkörpern. Läsionsversuche haben zeigen können, dass die Zellkörper dieser neuronalen
Fortsätze Neurone der medialen cochleären Efferenz (MOC-System) sind. Die Analyse der Ultrastruktur zeigte GAP-43 in präsynaptischen Endigungen an Zellkörpern
und Dendriten im Cochleariskern. Immuncytochemische Doppelfärbungen ließen erkennen, dass diese GAP-43 positiven Afferenzen an postsynaptischen Profilen enden, die Glutamat oder Calretinin aber nicht GABA enthielten.
Schlussfolgerungen: Diese Befunde lassen vermuten, dass die Expression von GAP43 nach einseitiger Hörstörung einen Kompensationsprozess im zentralen auditorischen System anzeigt. Um Schallquellen korrekt lokalisieren zu können müssen die
Signale von beiden Ohren verrechnet und gewichtet werden. Eine Minderung afferenter Aktivität in einem Cochleariskern kann nun Wachstumsprozesse für eine kompensatorische Aktivierung auslösen. Das MOC-System scheint Dank seiner Axonkollateralen in den Cochelariskern in der Lage zu sein, diesen Bedarf zu registrieren
und darauf mit axonalem spouting zu reagieren. Der An- oder Umbau von Synapsen
erfolgt offenbar an erregenden, aber nicht an hemmenden Neuronen des Cochleariskerns. Im Falle einer partiellen einseitigen Ertaubung können diese Prozesse zu
einer verstärkten Aktivierung erregender Neurone führen und das System wieder in
eine Balance bilateraler Aktivität für korrektes räumliches Hören versetzen. Bei einer
kompletten einseitigen Ertaubung muss diese plastische Reaktion zentraler Neurone
jedoch erfolglos bleiben.
Literatur:
Illing RB, Horváth M, Laszig R. 1997. Plasticity of the auditory brainstem: effects of
cochlear lesions on GAP-43 immunoreactivity in the rat. J. Comp. Neurol. 382: 116138.
Illing RB. 2001. Activity-dependent plasticity in the adult auditory brainstem. Audiol.
Neurootol. 6: 319-345.
Deutsche Gesellschaft für Audiologie . Siebte Jahrestagung Leipzig, 10. - 13. März 2004
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