Fachtagung Sozialpartnerschaft Sehr geehrte Frau Bundesrätin Tiszelt Miniszterùr Sehr geehrte Damen und Herren Frau Bundesrätin Calmy-Rey hat in ihrer Rede den Kontext und die politische Relevanz des Sozialdialogs in Europa skizziert und das schweizerische Engagement in Mittel- und Südosteuropa in seinen Grundzügen erörtert. Das Schweizerische Arbeiterhilfswerk ist in der Schweiz das einzige Hilfswerk, das den Sozialdialog in Mittel- und Osteuropa in der Praxis mit konkreten Projekten unterstützt. Wir tun dies in Kooperation mit der DEZA und arbeiten in einem Netzwerk von verschiedenen Partnern in ganz Europa. Der Sozialdialog besteht in seinem Kern darin, dass im offenen Dialog, mittels Konsultation und Verhandlung gemeinsam Lösungen gesucht werden. Dabei haben die Dialogpartner oft diametral entgegengesetzte Interessen. Wenn wir nun einen Blick auf Mittel- und Südosteuropa werfen, so stellen wir fest, dass erst seit 20 Jahren überhaupt die Möglichkeit besteht, einen Dialog zwischen verschiedenen Interessengruppen zu führen. Diese Zeitspanne ist historisch gesehen sehr kurz. Und wir sollten uns in der Schweiz daran erinnern, wie lange wir brauchten, bis der heutige Status eines ausgereiften Sozialdialogs – auch mit Konflikten – erreicht war. Es geht also im Kern darum Dialogfähigkeit zu fördern und Räume des Vertrauens zu schaffen. Dies ist im Wesentlichen der Schlüssel zum Erfolg für Projekte in diesem Themenbereich. Um Projekte im Rahmen des Sozial Dialoges umzusetzen ist es wesentlich, dass wir von allen Seiten als vertrauenswürdige Organisation anerkannt werden. Referat Zoltan Doka, SAH Seite 1 Wir nehmen daher die Rollen des Trustfull Brokers ein. Ganz im Sinne der schweizerischen Tradition der Guten Dienste schaffen wir neutrale Begegnungsorte für die Sozialpartner und damit Raum für Debatten und Austausch, die so sonst kaum möglich sind. Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass wir keine Rezepte und Ideologien verkaufen. Die Partner müssen ihre eigenen Lösungen finden und umsetzen. Dies bedeutet auch, dass wir ein Höchstmass an Flexibilität an den Tag legen und die Ideen und Konzepte unserer Partner ernst nehmen müssen. Projekte gehen von klaren Zielsetzungen aus. Oft werden wir aber mit Situationen konfrontiert, die mit dem ungarischen Sprichwort von Hofi Geza „Bei uns geht alles nach Plan, nur nicht so, wie wir es gedacht haben“ am besten zu umschreiben sind. Dass wir den Weg gemeinsam gehen, wenn er auch manchmal über Umwege führt, wird von unseren Partnern immer wieder sehr geschätzt. Neben der Fähigkeit zum Dialog ist die Organisationsstärkung ein weiteres wichtiges Element. Nur starke und professionelle Verbände sind in der Lage, ihre Interessen zu artikulieren und in die Verhandlungen einzubringen. Hier müssen wir aber feststellen, dass in der Regel die Gewerkschaften besser aufgestellt sind, dies auch dank verschiedenster Unterstützungsprogramme von Gewerkschaften aus Westeuropa und den USA. Eine stärkere Unterstützung der Arbeitgeberseite wäre daher sicher angebracht. Nun, was ist die Wirkung dieser Projekte? Die Frage nach der Wirkung wird ja heute kontrovers diskutiert. Bei der Wirkung unterscheiden wir verschiedene Ebenen. Eine Ebene ist die Wissensvermehrung der in den Projekten involvierten Personen. Wenn einfache Verbandsmitglieder, Funktionäre und Führungspersonen durch diese Projekte ihren Wissenshorizont erweiterten, stärkt das nicht nur einzelne Personen, sondern auch die Organisationen. Eine zweite Wirkungsebene ist die institutionelle Stärkung. Optimierte interne Prozesse, bessere Dienstleistungen und für Mitglieder Referat Zoltan Doka, SAH Seite 2 attraktivere Organisationen stärken die Position in Verhandlungen und in gemeinsamen Projekten. Die Herausforderung bei der Institutionsstärkung ist ja, die Schwächen einer Organisation zu erkennen und zu beheben. Die gemeinsame Analyse der Schwächen und Stärken einer Organisation ist ein erster grosser Schritt. Wenn dann durch die Projekte gemeinsam die erkannten Schwächen behoben und nach einer gewissen Zeit feststellt wird, dass die neuen Erkenntnisse und Prozesse auch ohne unser Zutun funktionieren, haben wir eine nachhaltige Organisationsentwicklung in Gang gesetzt. Die Wirkung in einer erweiterten Betrachtungsweise, ist das veränderte agieren der Akteure in ihrem Umfeld. Exemplarisch möchte ich die Zeitschrift Odjek in Serbien erwähnen, die von Gewerkschaften, Arbeitgebern und Behörden herausgegeben wird. Für schweizerische Verhältnisse wäre dies gleichzusetzen mit einer gemeinsamen Monatszeitschrift von Unia, Swissmem und Seco zu ökonomischen und sozialpolitischen Fragen. Oder wenn in GAV Verhandlungen konstruktiver um Lösungen gerungen wird, weil alle Akteure sich professionalisiert haben, ist das eine Wirkung die über die eigentlichen Projekte hinaus geht und bestand hat. Zum Schluss will ich noch einen anderen Punkt beleuchten. Frau Bundesrätin Calmy-Rey hat die grossen Veränderungsprozesse in Mittel- und Südosteuropa angesprochen. Wir können nur den Hut ziehen vor all diesen Menschen, die in so kurzer Zeit einen solch dramatischen gesellschaftlichen Wandel miterlebten und sich nicht entmutigen liessen, sich für eine sozial gerechte, wirtschaftlich prosperierende und friedliche Gesellschaft einzusetzen! Wenn wir als SAH diesen Menschen und ihren Organisationen nicht nur „technische Hilfe“ anbieten, sondern ihnen auch unsere Solidarität erweisen, dann können wir gemeinsam zu einem besseren Europa beitragen. Herzlichen Dank Referat Zoltan Doka, SAH 11.11.2009 Seite 3