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Rede des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy beim Gipfel der Vereinten
Nationen über die Millenniumsziele
New York, 20. September 2010
Meine Damen und Herren (Staats- und Regierungschefs),
Herr Generalsekretär,
Herr Präsident (der Generalversammlung),
vor zehn Jahren beschloss die Welt, die extreme Armut zu halbieren, die Schulbildung für alle
Kinder zu garantieren, die Kindersterblichkeit um zwei Drittel zu senken, die
Gesundheitsversorgung der Mütter zu verbessern, HIV/AIDS und Malaria zu bekämpfen und
die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern.
Das war vor zehn Jahren. Es wurden seitdem viele Fortschritte erzielt, aber vor uns liegt noch
immer ein sehr langer Weg. Uns bleiben noch fünf Jahre, um unsere Ziele zu erreichen. In den
letzten zwei Jahren hat die Welt eine nie da gewesene Wirtschaftskrise erlebt. Nun stellt sich
folgende Frage: Wollen wir die Krise zum Vorwand nehmen, um weniger zu tun, oder wollen
wir uns vielmehr den notwendigen Ruck geben und das halten, was wir versprochen haben?
Frankreich hat beschlossen, aktiv zu werden. Mit 10 Milliarden Euro jährlich sind wir der
zweitgrößte Geldgeber im Bereich der öffentlichen Entwicklungshilfe weltweit. Als
zweitgrößter Geldgeber des Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und
Malaria haben wir überdies beschlossen, unseren Beitrag in den kommenden drei Jahren um
20 % zu erhöhen. Wir wollen ihn also weder reduzieren noch konstant halten, wir wollen ihn
um 20 % erhöhen.
Die Krise hat die reichen Länder hart getroffen; die Defizite stiegen. Für die armen Länder
jedoch sind die Folgen weitaus verheerender. Wir haben nicht das Recht, weniger zu tun.
Deshalb haben wir beschlossen, mehr zu tun und zwar in erster Linie für Afrika – und wir
würden uns wünschen, dass alle Industrieländer unserem Beispiel folgen. Jedes Jahr sterben
in Afrika eine Million Kinder an Malaria. Zur Verdeutlichung: Noch vor Ende meiner Rede
werden 30 Kinder in Afrika an Malaria gestorben sein. Wir haben nicht das Recht, die
Wirtschaftskrise als Vorwand zu benutzen, um weniger zu tun. Der Globale Fonds übernimmt
die Behandlung von 2,5 Millionen Aidskranken. Würden alle Länder sich uns anschließen,
könnte die Behandlung von 4 Millionen Aidskranken sichergestellt werden. Es geht also nicht
darum, Reden zu halten; es geht vielmehr darum, Entscheidungen zu treffen.
Ich möchte aber auch meine Überzeugung zum Ausdruck bringen, dass wir es mit
öffentlichen Geldern allein nicht schaffen werden und den Privatsektor mit einbeziehen
müssen. Als nächster Vorsitzender der G-20 und der G-8 werde ich außerdem Ende Januar am
Gipfeltreffen der Afrikanischen Union in Addis Abeba teilnehmen; und ich werde während
meines einjährigen Vorsitzes der G-20 und der G-8 für das Konzept der innovativen
Finanzierungsinstrumente werben, für das Bernard Kouchner sich einsetzt. Ich bin auch davon
überzeugt, dass wir in einer Zeit, da alle Industrieländer Haushaltsdefizite aufweisen, neue
Finanzierungsquellen für die Bekämpfung von Armut, für die Schulbildung und für die
Lösung der größten Gesundheitsprobleme Afrikas finden müssen. Innovative
Finanzierungsinstrumente, die Besteuerung von Finanztransaktionen, das können wir jetzt
beschließen. Worauf sollen wir noch warten? Die Finanzbranche ist global geworden. Aus
welchem Grund sollten wir nicht die Finanzbranche dazu auffordern, sich an der
Stabilisierung der Welt durch eine minimale Abgabe auf jede Finanztransaktion zu beteiligen?
In Kopenhagen sind wir alle Verpflichtungen eingegangen: 30 Milliarden Dollar jährlich für
die Fast-Start-Finanzierung, 100 Milliarden für die Entwicklung. Wir werden sie nicht
einhalten können, wenn wir in Bezug auf innovative Finanzierungsinstrumente keine
Fortschritte erzielen. Als nächster Vorsitzender der G-20 und der G-8 werden wir für die
Durchsetzung dieses Konzepts kämpfen. Es ist von wesentlicher Bedeutung, und unsere
Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel.
Abschließend möchte ich unsere Aufgaben noch einmal zusammenfassen: Unsere
Verpflichtungen für die Entwicklungsfinanzierung einhalten, innovative
Finanzierungsinstrumente finden, Afrika den ihm gebührenden Platz einräumen, insbesondere
in der neuen globalen Politik. Das werde ich von diesem Rednerpult aus auch immer wieder
bekräftigen. Wir leben im 21. Jahrhundert, da können wir nicht einfach mit einer globalen
Ordnungs- und Strukturpolitik aus dem 20. Jahrhundert weitermachen. Das kommende Jahr
ist das Jahr aller möglichen Veränderungen. Sie sind die Staats- und Regierungschefs dieser
Welt. Nach der Krise dürfen wir uns nicht wieder die schlechten Gewohnheiten aneignen und
in den Alltagstrott zurückfallen. Das kommende Jahr muss das Jahr großer Veränderungen
werden. Und wie Sie bemerkt haben, möchte Frankreich daran teilhaben; nicht um schöne
Reden zu halten; auch nicht um Lektionen zu erteilen; sondern um die ganze Welt für eine
neue globale Regierungsführung, für mehr Solidarität und für die Entwicklung innovativer
Finanzierungsinstrumente zu gewinnen. Nur unter dieser Bedingung werden uns alle anderen
Völker der Welt Glauben schenken und respektieren.
Ich danke Ihnen.
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