PK_Die am Rande stehen_Statement_Renoldner

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Pressemitteilung
Die am Rande stehen hört man nicht!
Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Gesellschaft
Pressekonferenz zum Beginn des sozialen Schwerpunktjahres
UM DER MENSCHEN WILLEN - dioezese-linz.at/sozial
24. 9. 2010
Statement Dr. Severin Renoldner, Leiter des Sozialreferates der Diözese Linz
Das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen,
die Stricke des Jochs zu entfernen,... an die Hungrigen dein Brot auszuteilen,
die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen. (Jesaja 58, 6-7)
Es gab auch keinen unter ihnen, der Not litt. ... Jedem wurde so viel
zugeteilt, wie er nötig hatte. (Apostelgeschichte 4, 34-35)
Wer zahlt für die Krise?
Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Gesellschaft
Die gegenwärtige Finanzkrise hat weitreichende soziale Auswirkungen. Sie ist nicht nur eine
mathematische oder ökonomische Krise, sondern eine Krise des Geistes, des Denkens, der falschen
Lebenseinstellung und Politik sowie einer verantwortungslos gewordenen, zur Religion gewordenen
„Pseudo-Wirtschaftlichkeit“.
Diese Krise beginnt nicht 2008 – sonst hätte es nicht seit 1990 eine vorbereitende Krise der
„Tigerstaaten“, Mexiko-Krise, Russland-Krise, Argentinien-Krise, Brasilien-Krise und zahlreiche
weitere Finanzzusammenbrüche gegeben.
Die gegenwärtige Krise beginnt etwa um 1980, als sich eine für das soziale Zusammenleben
bedrohliche neue Mentalität in der Finanzwelt, aber dann auch in Gesellschaft und Politik
durchzusetzen beginnt.
Diözese Linz
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Verantwortlich:
Mag.a Gabriele Eder-Cakl
Herrenstraße 19
4020 Linz
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Fax 0732 / 7610 - 1175
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http://www.dioezese-linz.at
Eine Korrektur dieser geistig-ökonomischen Fehlentwicklung wird nicht ganz rasch gelingen, sondern
erfordert auch ein Umdenken und entschlossenes politisches Handeln. Es wird vielleicht auch 30
Jahre dauern, so wie sich das Missgeschick auch in 30 Jahren aufgebaut hat. Es ist wichtig, dass wir
nicht nur Schuld zuweisen: „Die Konzerne, die Finanz-Architekten, die Manager und Politiker …“
haben uns das eingebrockt, sondern erkennen, dass das „ökonomistische“ Denken auch weit in die
Gesellschaft, die Massenmedien und das allgemeine Denken Einzug gehalten hat. Heute muss die
Politik wieder stärker in die Wirtschaft eingreifen (Bankenrettung 2008: der finanziell größte
wirtschaftliche Eingriff von Staaten in der Geschichte!) – obwohl sie jahrelang gerade das tabuisiert
hat.
Der Leitsatz für die notwendige geistige Veränderung ist von der christlichen Soziallehre in den
letzten Jahren so formuliert worden: Die Wirtschaft muss dem Menschen dienen.
Dazu 3 Gedanken aus dem Ökumenischen Sozialwort:
Der Staat ist kein Unternehmen, das allein nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten handeln
kann. Politik muss auf das Gemeinwohl ausgerichtet sein. (SW 192) Falsch ist, dass politische
Entscheidungen allein nach wirtschaftlichen Effizienzkriterien getroffen werden.
Die Kirchen fordern die politisch Verantwortlichen auf, sich für gemeinschaftliche EU-Regelungen
einzusetzen, um den für alle schädlichen Standortwettbewerb in Bezug auf Steuern, soziale und
ökologische Regelungen durch Kooperation einzudämmen. (SW 204)
Die Kirchen treten ein für ein gerechteres Steuersystem, das die Belastung der Erwerbsarbeit durch
Steuern und Abgaben verringert, dafür andere Faktoren stärker belastet. (SW 206) Zu diesen
Faktoren müssen zu allererst die explodierenden Vermögen gerechnet werden, darüber hinaus
können Eingriffe in Umwelt / Entropie, Energie und Rohstoffverbrauch (Mineralöl, Erdgas) besteuert
werden.
Wer die Krise verstehen will, muss die Kehrseite der Medaille betrachten:
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Wer arbeitslos ist, ist NICHT selber schuld.
(Bischöfliche Arbeitslosenstiftung: Nicht 300.000/400.000 Arbeitslose, sondern über ½ Mio)
Prekäre Arbeitsverhältnisse – Arbeit von der man (materiell) nicht (gut) leben kann
Armutsentwicklung in Österreich: 1999: 300.000, 2006: 600.000, 2010: knapp 1 Mio
Parallel zu dieser Entwicklung nehmen die Vermögen ins Immense zu. Jahresrenditen von 10, 15
und 20 % werden „erwartet“. Vergessen wird, dass dies die anderen bezahlen. Wer die Krise
„reparieren“ will, muss den Beraubten etwas zurückgeben.
Wir sind nicht „arm“, sondern haben mitten im Luxus Armutszonen. Wir haben auch nicht zuwenig
Arbeit, sondern leisten z.B. (nur offiziell gemeldete!) Überstunden im Ausmaß von 400.000
Halbtagsarbeitsplätzen bzw. 200.000 Vollzeitstellen pro Jahr. Das Problem heißt nicht Knappheit
sondern ungerechte Verteilung.
Hl. Bischof Ambrosius v. Mailand (4. Jh.): Was du den Armen gibst, ist nicht dein Gut, du gibst ihnen
vielmehr einen Teil von dem zurück, was ihnen gehört. Denn das Gut, das du an dich reißt, ist ein
gemeinsames Gut, das allen zum Gebrauch gegeben wurde.
(Die Zahl jener Menschen, die einen oder sogar mehrere Arbeitsplätze haben und trotzdem nicht
davon leben können, nimmt zu („working poor“). (SW 168)
Die Kirchen treten für einen Zugang aller dauerhaft in Österreich lebenden Menschen zum
Arbeitsmarkt ein. (SW 183)
Die Kirchen unterstützen alle Bemühungen, Frauen am Arbeitsmarkt dieselben Chancen
einzuräumen wie Männern. … bezahlte und unbezahlte Arbeit zwischen Frauen und Männern
gerechter zu teilen. (SW 184) Sozialverträglichkeitsprüfung!
Das soziale Engagement der Kirchen verdichtet sich – gemeinsam mit Unternehmern,
Gewerkschaften, Kultur- und Naturvereinen zum Einsatz für den freien Sonntag und die Feiertage –
entgegen der weiteren Ökonomisierung des Lebens!
Die Diözese Linz setzt sich auch ein für einen „aktiven Sozialstaat, der unersetzlich ist, um sozialen
Risiken wie Verarmung und Ausgrenzung entgegenzuwirken.“ (SW 230)
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