Oesch Felix, dipl. Ing ETH/BWI Unternehmensberatung und Coaching Hottigergasse 20c, 4665 Oftringen Tel + Fax: 062 / 797 78 22 Natel: 079 / 300 77 41 E-mail: [email protected] Macht und Hingabe Aus der naturgegebenen Abhängigkeit des Menschen ergibt sich zwangsläufig, dass er Macht benötigt, um seine Bedrüfnisse zu befriedigen. (...). Das Motiv Macht ist somit ein zentrales Bedürfnis, dessen Befriedigung als Voraussetzung für die Befriedigung aller anderen Bedürfnisse gesehen werden muß. Die gesunde Befriedigung des Machtbedürfnisses bewirkt ein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, die Wahrnehmung einer wohlwollenden Umwelt sowie eine erfolgszuversichtliche Herangehensweise an Menschen und Situationen. Eine Fixierung auf den Machtpol führt zur Machtbesessenheit. Bei einer zu starken Dominanz des Machtmotivs kommt es zu einer Verbissenheit, zum Bedürfnis nach Macht um der Macht willen. Dies pervertiert über kurz oder lang unweigerlich zu Intrige, Manipulation, Zwang und Gewalt. Bei machtfixierten Menschen ist das Hingabemotiv ausgeblendet bzw. wird als Unterwerfung gewertet. Ein fixiertes Machtmotiv zeigt sich z.B. in der Unfähigkeit, mit anderen Menschen mitzufühlen. Empathie, Einfühlsamkeit und Mitleid als Eigenschaften des Hingabemotivs sind dann nur sehr rudimentär ausgeprägt. Dafür wird die eigene Wirklichkeit als einzig wichtige geltend gemacht, der die anderen sich zu unterwerfen haben. Machtfixierte Menschen sind kaum konsensfähig und versuchen mit allen Mitteln, ihren Willen durchzusetzen. Sie empfinden selbstbewußte Menschen mit eigener Meinung als Bedrohung. In Führungssituationen zeigt sich das fixierte Motiv u.a. als die Unfähigkeit, Kompetenzen zu delegieren. Die Mitarbeiter erhalten weder vollständige Informationen noch die Entscheidungsfreiheiten, die nötig wären, um eine erfolgreiche Arbeit zu leisten; sie sollen lediglich Anweisungen befolgen, alle Entscheidungen behält sich der Machtfixierte vor. Ein Mitarbeiter, der engagiert darüber hinaus handeln möchte, wird als Bedrohung erlebt und entsprechend blockiert. In Verbindung mit dem Wettkampfmotiv entartet beim Machtfixierten jede Rivalitätssituation zu einem Vemichtungskampf. Wie bei allen Motivpolaritäten, muß auch hier die Einheit mit dem Gegenpol vollzogen werden. Während Macht zielbewußte Wirksamkeit und entsprechendes Handeln betrifft, geht es beim Gegenpol »Hingabe« eher um Sein. Sich dem Augenblick hingeben, in einer Tätigkeit aufgehen, so daß Raum, Zeit und Ziel vergessen sind, ein Ziel ohne Bitterkeit loslassen können, etwas »sein lassen können« sind die Qualitäten, die Hingabe auszeichnen. Zur Hingabe gehört partieller bewußter Machtverzicht, was gleichbedeutend ist mit der Aufgabe eines bewußten Strebens, und statt dessen ein Praktizieren des Sich-Überlassens dem was kommt. Hingabe ist auch das Anerkennen von Schicksalshaftem, das Anerkennen einer höheren Macht und das Akzeptieren, daß nicht alles »machbar« ist. Hingabefähigkeit zeigt sich im Alltag z.B. auch im Nachgeben-Können, im Erkennen und Akzeptieren von momentanen Einflüssen, die ein NichtHandeln verlangen, im Sichanpassen an Situationen und Menschen. Hingabe im Sinne von Sich-selbst-Hingeben heißt, darauf zu vertrauen, daß das eigene Sein im Akt der Hingabe nicht verletzt wird. Sich einer Person hinzugeben bedeutet, darauf zu vertrauen, daß das eigene So-Sein respektiert und geachtet wird. Zum anderen bedeutet Hingabe aber auch Empathie, d.h. den anderen in seinem So-Sein wie er ist, frei von Projektionen und Vorbehalten zu akzeptieren, die Welt mit seinen Augen zu sehen und zu fühlen, ohne dieses Sehen und Fühlen bewerten zu wollen. Hingabe an eine Tätigkeit bedeutet die Verschmelzung des eigenen Wollens und Könnens mit dem Objekt der Beschäftigung, so daß die Subjekt-Objekt-Trennung aufgehoben wird. Den Augenblick hingebungsvoll leben heißt, ohne Einschränkungen durch Gedanken an die Vergangenheit oder Zukunft ganz das Gegenwärtige zu gestalten. Vertrauen ist die Grundvoraussetzung für Hingabe, Vertrauen in das Wohlwollen einer Person oder Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten beim Durchführen einer Handlung. Angst und Mißtrauen sind mit Hingabe nicht vereinbar. Wo Angst oder Mißtrauen vorhanden ist, kann es anstelle von Hingabe nur Unterwerfung geben. Eine Fixierung auf Hingabe ohne Befriedigung des Machtbedürfnisses, also Hingabe ohne gleichzeitige Macht, ist Unterwerfung. Hingabe aus der Ohnmacht heraus hat nichts mit der gesunden Quelle: Evelyn Kroschel; Die Weisheit des Erfolgs; Kösel Verlag München, 1996 Seite 1 AU 244 / Os / 08.98 Oesch Felix, dipl. Ing ETH/BWI Unternehmensberatung und Coaching Hottigergasse 20c, 4665 Oftringen Tel + Fax: 062 / 797 78 22 Natel: 079 / 300 77 41 E-mail: [email protected] Befriedigung des Hingabemotivs zu tun, sondern bedeutet die Abspaltung des Machtpols, der dann in der Umwelt wahrgenommen wird. Menschen, die ihre eigene persönliche Macht nicht ausreichend entwickeln, neigen fatalerweise leicht dazu, sich Ideologien und mächtigen Führem zu unterwerfen (im Kleinen wie im Großen), um auf diese Weise ihr eigenes frustriertes Machtbedürfnis kompensatorisch zu befriedigen. Eine andere Ausdrucksform einer Fixierung auf diesem Pol ist die übermäßige Hingabe an eine oder mehrere Personen, bei der niemals Gegengaben gefordert oder zugelassen werden und damit eine solch hoffnungslose Loyalitätsschuld erzeugt wird, die die anderen niemals abtragen können. Eine derartige märtyrerhafte (oft auch als »selbstlos« bezeichnete) Hingabe ist als kompensatorischer Machtersatz zu sehen, bei dem keine Verantwortung für das eigene Machtbedürfnis übernommen und statt dessen versucht wird, eine sehr verdeckte und manipulative Machtausübung über den Gegenpol zu erreichen. Da durch die Abspaltung des eigenen Machtmotivs jedoch nie eine Befriedigung wahrgenommen wird, kommt es dabei leicht zu der Wirklichkeitswahmehmung »Undank ist der Welt Lohn« bzw. zu Gefühlen von »Ich gebe und gebe und bekomme selbst nie etwas«. Die Integration von Macht und Hingabe als sich ergänzende Polaritäten ergeben in ihrer Einheit eine Lebenseinstellung, die man mit »leben und leben lassen« bezeichnen kann. Das eigene Leben wird als sehr erfolgreich, lustvoll und intensiv erlebt, da durch die Macht die Fähigkeit zur Befriedigung der polaren Bedürfnisse gegeben ist und durch die gleichzeitige Hingabefähigkeit ein Aufgehen in Menschen, Natur, Tätigkeiten, Aufgaben und Verantwortlichkeiten die jeweilige Gegenwart als sehr freudvoll genossen wird. Die Umwelt wird wohlwollend erlebt und respektvoll geachtet, da sie einerseits als Bedürfnisbefriediger erkannt wird und man sich andererseits als Teil von ihr empfindet. Quelle: Evelyn Kroschel; Die Weisheit des Erfolgs; Kösel Verlag München, 1996 Seite 2 AU 244 / Os / 08.98