Abschlussprüfung im Fach Pädagogik/Psychologie an der Fachoberschule 12. Klasse: Dauer: 3 Stunden Inhalte: Geprüft werden die Lerninhalte der 11. und 12. Jahrgangsstufe. Der Schüler/die Schülerin hat drei mögliche Aufgaben zur Auswahl, davon ist eine Aufgabe zu bearbeiten. Gewichtung: Die Notenbildung erfolgt aus Jahresfortgangsnote und Abschlussprüfungsnote. Es überwiegt jedoch die Note der Abschlussprüfung, z.B. Jahresfortgang Note 2, Prüfungsnote 3, ergibt die Note 3, wenn der Schüler nicht die Möglichkeit einer freiwilligen mündlichen Prüfung wahrnimmt. Tendenznoten sind dabei zu berücksichtigen. 13. Klasse: Dauer: 3 Stunden Inhalte: Geprüft werden die Lerninhalte der 13. Jahrgangsstufe Der Schüler/die Schülerin hat zwei mögliche Aufgaben zur Auswahl, davon ist nur eine zu bearbeiten. Gewichtung: Die Notenbildung erfolgt aus Jahresfortgangsnote und Abschlussprüfungsnote. Es überwiegt jedoch die Note der Abschlussprüfung, z.B. Jahresfortgang Note 2, Prüfungsnote 3, ergibt die Note 3, wenn der Schüler nicht die Möglichkeit einer freiwilligen mündlichen Prüfung wahrnimmt. Tendenznoten sind dabei zu berücksichtigen. Prüfungsbeispiel für die FOS 12: Abschlussprüfung im Fach Pädagogik / Psychologie 2005 Aufgabe I: Fallbeschreibung „Marco“ Der 19-jährige Marco S. ist beim Jugendgericht wegen mehrfachen Diebstahls angeklagt. Der Richter bittet die Sozialpädagogin von der Jugendgerichtshilfe ihren Bericht abzugeben. Hier eine Zusammenfassung ihrer Stellungnahme: Marco ist das jüngste von sechs Kindern. Die Mutter war schon vor der Geburt von Marco durch die fünf Kinder und die Probleme, die sich aus der Alkoholkrankheit ihres Mannes ergaben, überfordert. Die zusätzlichen Anforderungen, die der unerwünschte Familienzuwachs mit sich brachte, führten zu einer weiteren Verschlechterung der Familiensituation. So entstanden immer häufiger aggressive Konflikte zwischen den Eltern und auch der Hausalt verwahrloste zusehends. Das Jugendamt wurde durch Nachbarn auf die Situation aufmerksam gemacht. Bei einem Hausbesuch stellte eine Mitarbeiterin fest, dass Marco unversorgt in seinem Bettchen lag. Die Windeln waren schon längere Zeit nicht gewechselt worden, der Säugling war offensichtlich hungrig und schrie. Auf Nachfrage erklärte die Mutter, dass das Baby dauernd schreie und sie es daher in ein anderes Zimmer gelegt habe. Stillen würde sie zu viel Zeit kosten, schließlich müsse sie sich ja auch noch um die anderen Geschwister kümmern. Die Flaschenkost vertrage Marco nicht gut, weshalb das Füttern immer ein „Theater“ sei. Der „Balg“ habe ihr gerade noch gefehlt – jetzt, wo die anderen doch endlich aus dem Gröbsten ’raus seien. Bei mehreren Hausbesuchen zeigten sich eine überaus problematische Situation der Familie und ein grober Umgang mit dem Säugling. Im Einvernehmen mit den Eltern wurde Marco schließlich im Alter von drei Monaten in eine Pflegefamilie gegeben. Marco war ein „Schreikind“, was dazu führte, dass sich die Pflegefamilie der Aufgabe bald nicht mehr gewachsen fühlte und sich bereits nach einem halben Jahr entschloss, in wieder abzugeben. Der erst neun Monate alte Junge wurde kurzfristig in einem Heim untergebracht. In dieser Zeit gaben die Eltern Marco auch zur Adoption frei. Das Ehepaar Kern hatte schon immer den sehnlichen Wunsch nach einem Kind. Da sie keine leiblichen Kinder bekommen konnten, entschieden sie sich schon sehr früh für eine Adoption. Sie informierten sich bei den zuständigen Stellen über alles, was für ein Adoptionsverfahren wichtig ist und ließen sich von verschiedenen Seiten fachlich beraten, zudem besuchten sie regelmäßig eine Interessensgruppe für adoptionswillige Eltern. Nach drei Jahren Wartezeit war eine Adoption zum Greifen nahe. Sie wollten ein kleines Mädchen, das sie bereits seit mehreren Monaten als Pflegeeltern betreuten, adoptieren, doch die leiblichen Eltern zogen ihr Einverständnis zur Adoption in letzter Minute zurück und holten das Kind wieder zu sich. Für das Ehepaar Kern war das eine sehr schwere Zeit, aber sie ließen sich nicht entmutigen und bemühten sich weiter um ein Adoptivkind. Mit der Adoption des einjährigen Marco ging für das Ehepaar schließlich ein Traum in Erfüllung. Frau Kern gab ihren Beruf auf, um sich ganz dem Kind widmen zu können. Das Ehepaar Kern war stets bereit, seine eigenen Interessen zurückzustellen, um die Ansprüche des Jungen zu erfüllen. Der Junge bekam zum Beispiel jedes Spielzeug, das er sich wünschte. Die Ansprüche des Kindes wurden aber mit zunehmendem Alter immer fordernder. Marco fiel öfter dadurch auf, dass er den anderen Kindern die Dinge einfach wegnahm, die er haben wollte; oft kam es daher auch zu Prügeleien. Seit seinem 14. Lebensjahr gehörte Marco nun zu einer Clique, deren Mitglieder oft negativ auffallen, weil sie Leute anpöbeln, Autos beschädigen oder auch Sachen „mitgehen“ lassen. Nach dem letzten Diebstahl befragt, antwortete Marco dem Richter, dass der Bestohlene in der Disco mit seinen großen Geldscheinen im Geldbeutel geprahlt habe. Da habe er sich vorgestellt, was er sich von dem Geld alles kaufen könne. Er habe zunächst nicht vorgehabt, den „Typen“ zu bestehlen, aber als dieser den „gefüllten Geldbeutel“ auch noch unbeaufsichtigt auf dem Tisch liegen ließ, habe er zugegriffen. Er konnte gar nicht anders. Ein schlechtes Gewissen habe er wegen des Diebstahls nicht, schließlich treffe es ja keinen Armen. Aufgaben zur Fallbeschreibung Marco: 1. Das Ehepaar Kern zeigte eine starke Motivation ein Kind zu adoptieren. Beschreiben Sie die Merkmale von Motivation und verdeutlichen Sie diese am Beispiel der Motivation des Ehepaars Kern ein Kind zu adoptieren. 2. In der Erziehung von Marco wurden einige Fehler gemacht. a) Beschreiben Se auf der Basis der Theorie der psychosexuellen Entwicklung nach Sigmund Freud die Erziehungsfehler, die im ersten Lebensjahr bei Marco begangen wurden. b) Erklären Sie auf der Grundlage dieser Theorie die Auswirkungen dieser Erziehungsfehler auf Marco. 3. Das Instanzenmodell von Sigmund Freud ist geeignet, die Struktur der menschlichen Persönlichkeit zu beschreiben. Stellen Sie auf der Grundlage des Instanzenmodells das dynamische Zusammenspiel der Persönlichkeitsinstanzen dar und verdeutlichen Sie diese theoretischen Annahmen am Beispiel des Diebstahls, von dem Marco dem Richter erzählt. Aufgabe II: Bildungs- und Erziehungseinrichtungen beklagen immer wieder verbal und körperlich aggressives Verhalten bei Kindern und Jugendlichen. Unabhängig davon, welche fachliche Position man vertritt, ist es unstrittig, dass das Verständnis individueller Lernvorgänge Grundlage für verschiedene Erklärungsansätze von Aggression ist. 1. Bestimmen Sie den Begriff Lernen und zeigen Sie anhand einer konkreten Erziehungssituation in einer sozialpädagogischen Einrichtung (zum Beispiel Kindergarten, Jugendzentrum) auf, dass es sich hierbei um Lernen handelt. 2. Beschreiben Sie an einem Beispiel, wie auch in der in Teilaufgabe 1 genannten sozialpädagogischen Einrichtung aggressives Verhalten entstehen und sich verfestigen kann. Erklären Sie diesen Lernprozess mit Hilfe der operanten Konditionierung. Stellen Sie dabei die grundlegenden Aussagen des operanten Konditionierens dar. 3. Zeigen Sie zwei Möglichkeiten auf, wie in der in Teilaufgabe 1 genannten sozialpädagogischen Einrichtung kindlichen bzw. jugendlichen Aggressionen wirkungsvoll begegnet werden könnte. Begründen Sie Ihre Ausführungen auf der Grundlage einer Theorie. Aufgabe III: 1. a) Bestimmen Sie den Begriff psychische Störung. b) Weisen Sie am Beispiel einer emotionalen Störung oder einer Verhaltensstörung (z.B. entwicklungsuntypische Ängstlichkeit, starke Aggressivität) nach, dass es sich hierbei um eine psychische Störung handelt. 2. Erklären Sie mit Hilfe einer Theorie, wie die in Teilaufgabe 1 b) aufgezeigte Störung entstanden sein könnte. Stellen Sie dabei die relevanten Annahmen und Begriffe der gewählten Theorie dar. 3. a) Beschreiben Sie zwei Wesenszüge der wissenschaftlichen Pädagogik und Psychologie im Unterschied zum alltäglichen Verständnis. b) Zeigen Sie zwei Ziele der wissenschaftlichen Pädagogik und Psychologie am Beispiel der wissenschaftlichen Arbeit mit psychischen Störungen auf. Prüfungsbeispiel für die FOS 13: Abschlussprüfung im Fach Pädagogik / Psychologie 2005 Aufgabe I: Ziel des Behindertengleichstellungsgesetzes Behinderte Menschen haben das Recht, in gleicher Weise wie nichtbehinderte am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und nicht auf die Fürsorge der Gesellschaft angewiesen zu sein. Neben dem Bestehen sozialrechtlicher Ansprüche ist es deshalb wichtig, ihre Bürgerrechte zu sichern. Dazu müssen alle Lebensbereiche so gestaltet werden, dass behinderte Menschen gleiche Chancen haben, am Leben in der Gesellschaft teilzunehmen. Das Gleichstellungsgesetz für behinderte Menschen wird im öffentlichrechtlichen Bereich Gleichstellung und Barrierefreiheit verankern und Diskriminierungen vermeiden. Dabei geht es um die Möglichkeit zur Nutzung barrierefreier Verkehrsmittel, um zugängliche und behindertengerecht ausgestattete Gebäude, um barrierefreie Gaststätten sowie um die Verständigung in der eigenen Sprache mittels Gebärden oder die Übertragung mit geeigneten Kommunikationshilfen und um die Nutzbarkeit moderner Medien – wie das Internet – ohne durch grafische Oberflächen ausgeschlossen zu werden. Das Gesetz wird diskriminierendem Verhalten, ausgrenzenden Bedingungen, baulichen und kommunikativen Barrieren entgegenwirken. Nur so haben behinderte Menschen eine gleiche Chance auf eine selbstbestimmte Lebensführung. Damit ist der Blick von der sozialpolitischen Kompensation von Nachteilen auf die Herstellung universeller und gleicher Bürgerrechte gelenkt. Aus: Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Hg.): Das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen, Bonn, S. 8 1. Erläutern Sie auf der Basis des vorliegenden Textes zwei Aspekte der Wertgebundenheit sonderpädagogischen Handelns und zeigen Sie auf, inwieweit das Behindertengleichstellungsgesetz einen Beitrag zur Förderung der pädagogischen Mündigkeit von Menschen mit Behinderungen leisten kann. 2. Stellen Sie grundlegende Annahmen und Begriffe eines ökologischen Modells dar und analysieren Sie auf dessen Grundlage das Ziel des Behindertengleichstellungsgesetzes. 3. Nehmen Sie auf der Basis des in Teilaufgabe 2 dargestellten Modells und unter Berücksichtigung des Stigmabegriffes Stellung zum vorliegenden Text. Aufgabe II: Psychotherapeuten kämpfen seit Jahren darum, das psychische Störungen als Krankheiten gelten. In der internationalen Klassifikation psychischer Störungen dagegen wird der Begriff psychische Störung in der gesamten Klassifikation verwendet, um den problematischen Gebrauch von Begriffen wie ‚Krankheit’ oder ‚Erkrankung’ weitergehend zu vermeiden. 1. Beschreiben Sie ein Störungsbild einer Form der Depression oder der Angst und diskutieren Sie, inwiefern psychische Störungen aus der Perspektive der Klinischen Psychologie als Krankheit gesehen werden können. 2. Psychische Störungen lassen sich mit verschiedenen Theorien erklären und mit unterschiedlichen therapeutischen Konzepten behandeln. Stellen Sie – bezogen auf die in Teilaufgabe 1 gewählte Störung – ein geeignetes Behandlungsmodell dar. Bewerten Sie dieses hinsichtlich seiner Behandlungseignung und auch im Hinblick auf den Erklärungswert der dabei zugrundegelegten Theorie.