Peter Paulus

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Prof. Dr. Peter Paulus  Institut für Psychologie  Universität Lüneburg
Schulische Gesundheitsförderung und psychische Gesundheit
Ein Thesenpapier
Peter Paulus
1. Schulische Gesundheitsförderung hat sich in den letzten Jahren in zwei Richtungen
entwickelt, die sich knapp als (1) Qualifizierung von Gesundheit durch Bildung und
(2) als Qualifizierung von Bildung durch Gesundheit kennzeichnen lassen (vgl.
Brößkamp 1994; Barkholz u.a. 1998a,b) In beiden Richtungen spielt die Förderung
der psychischen Gesundheit eine Rolle. Sie ist aber bislang noch kaum entfaltet
worden.
2. Qualifizierung von Gesundheit durch Bildung: Hier geht es um die Erfüllung des
Bildungs- und Erziehungsauftrags von Schule, der auch vorsieht, Schülerinnen und
Schüler zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der (eigenen) Gesundheit zu
befähigen. Verhaltens-, Life-Skills bzw. problembezogen Ansätze, zumeist
Programme, setzten hier an und versuchen Verhalten, Einstellungen und Kognitionen
(Bewusstsein) zu beeinflussen (vgl. Weltgesundheitsorganisation 1993) Das LionsQuest-Programm „Erwachsen werden“ (vgl. Lions Clubs International & Quest
International 1997) das „BZgA-Programm „Gut drauf“, das Programm „Fit fürs
Leben“ (vgl. u.a. Burow & Hahnewinkel 1996) beziehen Elemente psychischer
Gesundheit mit ein, sind selbst aber keine ausgewiesenen Programme zur Förderung
psychischer Gesundheit. Soweit mir bekannt, werden sie evaluiert in bezug auf ihre
suchtpräventiven Wirkungen. Auch das Projekt der „Selbstwirksamen Schule“, in dem
das Efficacy-Konzept von Bandura zentral ist, läuft nicht als „Mental-HealthPromotion“- Programm. Neben diesen, vom Konzept bzw. von der Umsetzung her
eher umfassenderen Programmen gibt es einzelne Vorhaben, die gezielt Aspekte
psychischer Gesundheit ansprechen, so z.B. das Programm „Go!“ („Gesundheit und
Optimismus“) der Universität Dresden (Manz). Daneben gibt es eine Vielzahl kaum
zu überblickender Einzelaktionen, die z.T. gezielt Themen psychischer Gesundheit für
die Schule aufgreifen und gesundheitsförderlich wirken wollen, so z.B. das Projekt
„Anti-Stigma Gruppe des Marie-Curie-Gymnasiums und der Alfred-Adler-KlinikSchule“ aus Düsseldorf, wo es um den Abbau von Vorurteilen gegenüber psychisch
kranken Kindern und Jugendlichen geht und um deren Reintegration. In gleiche
Richtung weist das Projekt „Irre Menschlich: es ist normal, verschieden zu sein“ des
Vereins „Irrsinnig Menschlich“ aus Leipzig. An der Grenze zu dem nachfolgend
beschriebenen Ansatz steht das Projekt „MindMatters“, ein englischsprachiges
Programm, das psychische Gesundheit als Thema aufgreift und insofern
problembasiert ist, zugleich aber auch ein settingbezogener Ansatz ist, weil es die
ganze Schule und die „Schulgemeinde“ anspricht. Es verbindet die Aspekte „Lehren
und Lernen“, „Schulkultur und Organisation“ und „psychosoziale und medizinische
Dienste“. Es wird ab 2002 für Deutschland adaptiert und in einem Modellversuch
erprobt.
3. Qualifizierung von Bildung durch Gesundheit: Hier geht es um die Verbesserung der
Gesundheit der Schule als Organisation („Schule als Betrieb“) damit Schule leistungsund damit entwicklungsfähiger wird (vgl. Hoy u.a. 1991; Henderson 1993; Paulus
1995; Marx u.a. 1998). Erfolgreiches „schulisches Gesundheitsmanagement“
verbessert die Bedingungen der Bildungsprozesse und damit die Bildungsqualität der
Schule. In diesem Zusammenhang hat vor allem die Diskussion um die
LehrerInnengesundheit an überragender Bedeutung gewonnen (vgl. Rudow 1994;
Ulich 1996). Untersuchungen von Schaarschmidt u.a. (belegen, dass die
Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit der Lehrkräfte eine bedeutende Rolle in
der Beurteilung der Lehrergesundheit bzw. -krankheit („Burn-Out“) spielt. Ein hoher
Prozentsatz der krankheitsbedingten Frühpensionierungen der Lehrkräfte sind Folge
psychischer Erkrankungen, insbesondere Folge depressiver Störungen (vgl. Jehle
1996; 1997). Den Untersuchungen zufolge stehen sie in engem Zusammenhang mit
vielfältigen beruflichen Belastungssituationen. Präventions- und
Gesundheitsförderungsmaßnahmen, die nicht nur am Verhalten ansetzen, sondern
auch Veränderungen an den aktuellen und überdauernden Arbeitsbedingungen des
Lehrerberufs ansetzen sind deshalb dringend geboten (vgl. Kretschmann 2001, Sieland
& Rissland 2000). Untersuchungen hierzu stehen aber noch aus. Die Diskussion um
die LehrerInnengesundheit darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch
Schülerinnen und Schüler sowie das nicht-unterrichtende Personal psychischen
Beanspruchungen in der Schule ausgesetzt sind, die nicht unerheblich sind (vgl.
Hurrelmann 1994; Kolip u.a. 1995; Freitag 1998; Currie 1998). Auch von diesen
Untersuchungen gehen klare Botschaften an die Schule, sich zu zeitgemäßen
Organisationen zu wandeln, die Lehren und Lernen attraktiv und kreativ gestaltend
ermöglichen.
4. Insgesamt ist bei den Konzeptionen zur Förderung schulischer Gesundheit zu
beobachten, dass zunehmend komplexere theoretische Konzepte herangezogenen
werden, die sich anlehnen an gesundheitswissenschaftliche Theoriebildung und von
daher immer mehr auch die zentralen Informationsverarbeitungs- und kognitivemotiven Steuerungsmechanismen berücksichtigen(vgl. Hurrelmann & Laaser 1998;
Schwarzer 1997). Hierdurch rücken zwangsläufig Merkmale psychischer Gesundheit
stärker ins Blickfeld auch der schulischen Gesundheitsförderung, z.B. das Konzept des
Kohärenzsinns von Antonovsky (1997; Bengel & Strittmatter 1998).
5. Literatur
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Barkholz, U. & Paulus, P. (1998). Gesundheitsfördernde Schulen. Konzept, Projektergebnisse und
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Barkholz, U., Israel, G., Paulus, P. & Posse, N. (1998). Gesundheitsförderung in der Schule. Ein
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Bengel, J., Strittmatter, R. & Willmann, H. (1998). Was erhält Menschen gesund? Antonovskys Modell
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Aufklärung
Brößkamp, U. (1994). Gesundheit und Schule. Beitrag zu einer neuen Perspektive der
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Burow, F. & Hahnewinkel, R. (1996). Fit fürs Leben. Persönlichkeitsförderung an Schulen. Prävention
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Hurrelmann, K. (1994). Familienstreß, Schulstreß, Freizeitstreß. Gesundheitsförderung für Kinder und
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Weinheim: Juventa
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und Interventionsbereiche. Weinheim: Juventa
Lions Clubs International & Quest International (Hrsg.) (1997). Erwachsen werden Persönlichkeitsentfaltung von Jugendlichen. Wiesbaden: Lions Clubs International
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Sieland, B. & Rißland, B. (2000). Qualitätssicherung in der Lehrerbildung. Hamburg: Kovac
Ulich, K. (1996). Beruf: Lehrer/in. Arbeitsbelastungen, Beziehungskonflikte, Zufriedenheit. Weinheim:
Beltz
Weltgesundheitsorganisation (1993). Life Skills Approach. Genf: WHO
Prof. Dr. Peter Paulus
Institut für Psychologie
Universität Lüneburg
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