Wozu brauchen wir Physik? Die Ergebnisse der modernen Physik zwingen uns, Begriffe wie Wirklichkeit, Raum und Zeit neu zu diskutieren. Wenn neue und alte Denkweisen und unterschiedliche Kulturen konstruktiv aufeinandertreffen, führt das meist zu tiefgehenden Diskursen und vielfach zu neuartigen interessanten Entwicklungen. - Diese Option birgt auch die Internationalität der Naturwissenschaft. Wozu braucht ein Ingenieur Kenntnisse in den Naturwissenschaften, insbesondere in der Physik? Die moderne Physik ist ein Glied in einer langen Kette von Vorgängen und technischen Entwicklungen, die mit der praktischen Anwendung der Naturwissenschaft im 17. / 18. Jahrhundert begonnen haben. „Die Beziehung von Naturwissenschaft und Technik ist von Anfang an von gegenseitiger Unterstützung geprägt gewesen. Der Fortschritt der Technik, die Verbesserung der Werkzeuge, die Erfindung neuer Mess- und Beobachtungsapparate haben die Grundlage für erweitertes und genaueres empirisches Wissen über die Natur geschaffen. Der Fortschritt im Verständnis der Natur und schließlich die mathematische Formulierung von Naturgesetzen haben den Weg für eine neue Anwendung dieses Wissens in der Technik eröffnet. Es war z.B. die Erfindung des Fernrohrs, die die Astronomen in die Lage versetzt hat, die Bewegungen der Sterne genauer zu messen, als es vorher möglich war. Dadurch wurde ein beträchtlicher Fortschritt in der Astronomie und in der Himmelsmechanik erzielt. Andererseits war die genaue Kenntnis der mechanischen Gesetze von größtem Wert für die Verbesserung mechanischer Werkzeuge, für die Konstruktion von Energie liefernden Maschinen, usw. Der große Siegeszug dieser Verbindung von Naturwissenschaft und Technik begann, als man gelernt hatte, einige Naturkräfte in den Dienst des Menschen zu stellen. Die Energie, die z.B. in der Kohle aufgespeichert war, konnte dann einige der Arbeiten übernehmen, die sonst vom Menschen selbst getan werden mussten. Die Industrien, die sich aus diesen neuen Möglichkeiten entwickelten, konnten zunächst als eine natürliche Fortsetzung und Erweiterung des älteren Handwerks angesehen werden. An vielen Stellen ahmten die Maschinen noch das alte handwerkliche Tun nach und die Arbeit in den chemischen Fabriken konnte als eine Fortsetzung der Arbeit in den Färbereien und den Apotheken der alten Zeit betrachtet werden. Aber später entwickelten sich ganz neue Industriezweige, zu denen es kein Gegenstück im älteren Handwerk gab, wie z.B. die Elektrotechnik. Das Eindringen der Naturwissenschaft in die entlegeneren Teile der Natur gab den Ingenieuren die Möglichkeit Naturkräfte auszunützen, die in früheren Perioden kaum bekannt waren. Und eine genaue Kenntnis dieser Kräfte in Form einer mathematischen Festlegung der sie beherrschenden Naturgesetze bildet eine feste Grundlage für die Konstruktion aller Art von Maschinen.“ Die technische Zivilisation bekam durch die erfolgreiche Verbindung von Naturwissenschaft und Technik ein so starkes Gewicht, dass Nationen mit anderen Traditionen diese Entwicklung aufgriffen. Die modernen Medien zur Verständigung und des Verkehrs haben die Ausbreitung noch vollendet. Der ganze Prozess hat die Lebensbedingungen auf der Erde grundsätzlich verändert. Insbesondere seit dem 19. Jahrhundert wird jede neue Erkenntnis daraufhin überprüft, welcher praktische Nutzen daraus gezogen werden kann. Das Vertrauen in die wissenschaftliche Methode und in das rationale Denken ersetzten alle anderen Sicherungen des menschlichen Geistes. Es entwickelte sich ein starrer Rahmen für die Naturwissenschaft, der getragen wurde durch die grundlegenden Begriffe der klassischen Physik: Raum, Zeit, Materie, Kausalität. Der Begriff Wirklichkeit bezog sich auf die Dinge oder Vorgänge, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen oder die mit Hilfe der verfeinerten Werkzeuge, die die Technik zur Verfügung stellt, beobachtet werden können. Die Newtonsche Mechanik wurde irrtümlich als etwas Endgültiges angenommen. Aus dem mechanistischen Weltbild folgte der Versuch, neue Phänomene den „alten“ Theorien unterzuordnen: Beispielsweise ist versucht worden, elektromagnetische Induktion mit Hilfe mechanischer Modelle zu erklären oder Atome sind als physikalisch-chemisches Gedankenspiel ohne Bezug zur Realität bezeichnet worden. Ob man diesen Prozess billigt oder nicht, ob er als Fortschritt oder Gefahr gesehen wird, er ist längst der Kontrolle durch menschliche Kräfte entwachsen. Die Erfindung der Atomwaffen hat für die Wissenschaft und die Naturwissenschaftler ganz neue Probleme aufgeworfen. Der politische Einfluss der Wissenschaft ist viel stärker geworden und hat insbesondere dem Atomphysiker eine doppelte Verantwortung aufgeladen. Aktuell wird diskutiert und erforscht, inwiefern der Mensch durch Wirtschaft und Technik den Klimawandel auf der Erde herbeigeführt haben kann und die Veränderungen aufzuhalten sind.