14.05.2016 Eva Lippok Seminar „Anreizsysteme in Organisationen: Theorie, Gestaltung, Praxis“ 13.12.-15.12.2004 Hagen Anreiz-Beitrags-Theorie als Grundlage der Anreizgestaltung Vortrag 1 zum Thema 1.1 „Motivationstheorien als verhaltenswissenschaftliche Grundlage der Anreizgestaltung“ 1. Begriffsbestimmungen 2. Einordnung der Anreiz-Beitrags-Theorie 3. Zentrale Postulate der Anreiz-Beitrags-Theorie 3.1. Zentrales Postulat 1 und 2: Organisationsteilnehmer / Anreize – Beiträge 3.2. Zentrales Postulat 3: Anreiznutzen – Beitragsnutzen 3.3. Zentrale Postulate 4 und 5: Gleichgewicht 4. Konkretisierung: Beschäftigte 4.1. Blickwinkel „Beschäftigte“ 4.2. Wirkungsmechanismus Fluktuation 5. Kritik, offene Fragen „Anreiz-Beitrags-Theorie als Grundlage der Anreizgestaltung“ Seite 1 von 9 14.05.2016 Eva Lippok 1. Begriffsbestimmungen Bedürfnis Generelles Mangelempfinden; im Unterschied zu Trieben nicht angeboren, sondern mit Sozialisation entwickelt Motiv Zielgerichtetes Mangelempfinden; Motive legen den Beweggrund für Verhalten fest; relativ überdauernde, psychische Dispositionen oder Verhaltensbereitschaften Motivation Aktivierte Verhaltensbereitschaft und psychische Antriebskraft eines Individuums, in einer konkreten Situation eine bestimmte Handlung mit einer bestimmten Intensität, Dauerhaftigkeit und Zielrichtung auszuführen Anreiz Leistungen, die von Seiten des Unternehmens angeboten werden, um Mitarbeiter zu zielgerichtetem Verhalten zu motivieren Anreizarten Intrinsische Anreize: Arbeitstätigkeit selbst bietet Anreiz – Extrinsische Anreize: Anreiz liegt außerhalb der Tätigkeit Materielle Anreize: Entgeltbezogen, monetär erfassbar (z.B. Leistungslohn, fakultative Entgeltbestandteile) – Immaterielle Anreize: Nichtmaterieller Motive (z.B. Arbeitsinhalt, Arbeitszeit, Karriere, Sicherheit, Entscheidungspartizipation) „Anreiz-Beitrags-Theorie als Grundlage der Anreizgestaltung“ Seite 2 von 9 14.05.2016 Eva Lippok 2. Einordnung der Anreiz-Beitrags-Theorie Verhaltenswissenschaftlichen Motivationstheorie Auch: Theorie des organisationalen Gleichgewichts Nach: Chester I. Barnard (30er Jahre) / Herbert A. Simon und James G. March (70er Jahre) Aussagen über die Bedingungen, unter denen eine Organisation ihre Mitglieder dazu bringen kann, daß sie weiterhin mitwirken und folglich das Überleben der Organisation gewährleisten Grundlage der Anreizgestaltung: Anreize mit fundamentaler Bedeutung; unzureichende Anreize bedeuten Zerfall oder Veränderung der Organisationsziele oder Scheitern der Zusammenarbeit „Anreiz-Beitrags-Theorie als Grundlage der Anreizgestaltung“ Seite 3 von 9 14.05.2016 Eva Lippok 3. Zentrale Postulate der Anreiz-Beitrags-Theorie 3.1. Zentrale Postulate 1 und 2: Organisationsteilnehmer / Anreize - Beiträge 1. Eine Organisation ist ein System von wechselseitig abhängigen sozialen Verhaltensweisen einer Anzahl von Personen, die als Organisationsteilnehmer bezeichnet werden. 2. Jeder Teilnehmer (bzw. jede Gruppe von Teilnehmern) erhält Anreize von der Organisation und leistet dafür Beiträge an die Organisation. Anreize Die von der Organisation an ihre Teilnehmer geleisteten „Zahlungen“ Messung der „Zahlungen“ in Einheiten Messung unabhängig von ihrem Nutzen für Teilnehmer möglich Jeder Teilnehmer mit Bündel von Anreizen unterschiedlicher Dimensionen Beiträge Organisationsteilnehmer leisten „Zahlungen“ an die Organisation (Arbeit, Honorar, Kapital) Messung der „Zahlungen“ in Einheiten Messung unabhängig von ihrem Nutzen für Teilnehmer möglich Jeder Teilnehmer mit Bündel von Beiträgen „Anreiz-Beitrags-Theorie als Grundlage der Anreizgestaltung“ Seite 4 von 9 14.05.2016 Eva Lippok 3.2. Zentrales Postulat 3: Anreiznutzen – Beitragsnutzen 1. Eine Organisation ist ein System von wechselseitig abhängigen sozialen Verhaltensweisen einer Anzahl von Personen, die als Organisationsteilnehmer bezeichnet werden. 2. Jeder Teilnehmer (bzw. jede Gruppe von Teilnehmern) erhält Anreize von der Organisation und leistet dafür Beiträge an die Organisation. 3. Jeder Teilnehmer hält seine Mitwirkung in der Organisation solange aufrecht, wie die ihm gewährten Anreize so groß wie oder größer als die von ihm geforderten Beiträge sind. Anreiznutzen Zuordnung einer Nutzengröße zu jeder Komponente im Bündel von Anreizen Wahrnehmung geprägt von Motiven, Bedürfnissen und Zielen Reduzierung der Nutzenfunktion eines bestimmten Individuums auf eine gemeinsame Dimension Beitragsnutzen Zuordnung einer Nutzengröße zu den Beiträgen des Beitragsleistenden Definition des Beitragsnutzens: Wert der Alternativen, die vom Individuum aufgegeben werden, um den Beitrag leisten zu können „Anreiz-Beitrags-Theorie als Grundlage der Anreizgestaltung“ Seite 5 von 9 14.05.2016 Eva Lippok 3.3. Zentrale Postulate 4 und 5: Gleichgewicht 1. Eine Organisation ist ein System von wechselseitig abhängigen sozialen Verhaltensweisen einer Anzahl von Personen, die als Organisationsteilnehmer bezeichnet werden. 2. Jeder Teilnehmer (bzw. jede Gruppe von Teilnehmern) erhält Anreize von der Organisation und leistet dafür Beiträge an die Organisation. 3. Jeder Teilnehmer hält seine Mitwirkung in der Organisation solange aufrecht, wie die ihm gewährten Anreize so groß wie oder größer als die von ihm geforderten Beiträge sind. 4. Die von den Teilnehmern geleisteten Beiträge sind die Quelle, der die Organisation die den Teilnehmern angebotenen Anreize entnimmt. 5. Die Organisation ist solange solvent/überlebensfähig wie die Beiträge in genügendem Maße ausreichen, genügend große Anreize zu gewähren, um diese Beiträge weiter beziehen zu können. „Anreiz-Beitrags-Theorie als Grundlage der Anreizgestaltung“ Seite 6 von 9 14.05.2016 Eva Lippok 4. Konkretisierung: Beschäftigte 4.1. Blickwinkel „Beschäftigte“ Funktionen eines Anreizsystem (Summe aller abgestimmten Anreize) im Hinblick auf Mitarbeiter: Erhöhung/Erhalt Motivation Bindung Akquisition Messung der Teilnahme von Beschäftigten: Leistung des individuellen Mitarbeiters Absentismus (gewohnheitsmäßige, physische Abwesenheit vom Arbeitsplatz) Fluktuation „Anreiz-Beitrags-Theorie als Grundlage der Anreizgestaltung“ Seite 7 von 9 14.05.2016 Eva Lippok 4.2. Wirkungsmechanismus Fluktuation Verbesserung des Verhältnisses zwischen Anreiz- und Beitragsnutzen vermindert die Neigung des Beschäftigten, aus der Organisation auszuscheiden. Verhältnis Anreize – Beiträge als Funktion zweier Komponenten: Übereinstimmung von Stellenmerkmalen mit Selbstimage Prognostizierbarkeit der Entscheidungskonsequenzen Kompatibilität formaler und anderer Rollenerfordernisse Größe der Organisation Subjektive Arbeitsbefriedigung Wahrgenommene Veränderungsmöglichkeiten in der Organisation 1. Wahrgenommener Wunsch, aus der Organisation auszuscheiden Suchneigung Konjunkturelle Lage Bekanntheit des Individuums Zahl der bekannten Organisationen Persönliche Merkmale der Teilnehmer Zahl der wahrgenommenen außerorganisationalen Alternativen 2. Wahrgenommene Einfachheit des Ausscheidens „Anreiz-Beitrags-Theorie als Grundlage der Anreizgestaltung“ Seite 8 von 9 14.05.2016 Eva Lippok 5. Kritik / Offene Fragen Kritik Keine Aussagen zu konkreten Inhalten von Anreizen und Beiträgen Keine Aussagen zu Einflüssen auf Bewertungen von Anreizen und Beiträgen Keine Effektivitätskriterien Keine Aussagen zur Wirkungsentfaltung von Anreizsystemen Mangelnde Operationalisierbarkeit aufgrund hoher Komplexität Verhaltensweisen können nicht befriedigend erklärt werden Offene Fragen Können Aussagen zu Anforderungen an Anreizsysteme getroffen werden? (z.B. Gerechtigkeit, Gleichheit, Transparenz, Erfüllung von Erwartungen) Wie kommt bestimmtes Verhalten zustande? „Anreiz-Beitrags-Theorie als Grundlage der Anreizgestaltung“ Seite 9 von 9